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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Gegenstand der am 27.11.2018 erhobenen Klage sind die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2016 und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2016 mit Bescheiden vom 20.7.2018 und vom 12.7.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.11.2018.
3Streitig ist, ob Sondervergütungen in Gestalt von Zinsen zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages bei der Klägerin berechtigen.
4Die Klägerin, eine GmbH und Co KG, befasste sich mit der Verwaltung eigener Immobilien. Ihre ... Grundstücke hatte sie mit Vertrag vom ...2008 zu einem Kaufpreis von insgesamt ca. 8,2 Mio. Euro von ihrem Mehrheitskommanditisten erworben. Der Kaufpreis wurde (ohne Aufgliederung im Einzelnen) zum ganz überwiegenden Teil durch die Übernahme bestehender, durch die Grundstücke besicherter Verbindlichkeiten beglichen. Der verbliebene Restbetrag i.H.v. 1.070.000 Euro wurde „bis auf Widerruf“ zinslos gestundet und in den folgenden Jahren durch Privatentnahmen des Kommanditisten „verbraucht“.
5Bis zum Streitjahr entstanden aus dem „Stehenlassen“ von entnahmefähigen Gewinnanteilen der Gesellschafter positive zu verzinsende Konten. In dem für 2016 aufgestellten Jahresabschluss sind im „Kontennachweis zur Steuerbilanz“ unter „sonstige Verbindlichkeiten“ die Konten Nr. 2070 und Nr. 2071 „Gesellschafter-Darlehen“ „mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr“ i.H.v. 633.772,98 Euro und 71.869,84 Euro ausgewiesen. Außerdem wurden im Konto 9570 „Anteil für Konto 2070“ und im Konto 9571 „Anteil für Konto 2071“ weitere Beträge i.H.v. 106.894,80 Euro und 6.823,08 Euro als sonstige Verbindlichkeiten dargestellt. In der Gewinn- und Verlustrechnung wurden die darauf entfallenden Zinsen nicht gesondert ausgewiesen, sondern sind in den Zinsaufwendungen i.H.v. 267.760,93 Euro enthalten.
6Zu den Konten „Verzinsung Gesellschafterdarlehen“ 2071 und 2070 wurden als „Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG“ Zinsen i.H.v. 66.173,22 Euro (Mehrheitskommanditist B) und i.H.v. 4.448,78 Euro (Kommanditistin C-GmbH) erfasst und in „Sonderbilanzen“ dargestellt. Hinsichtlich der D-GmbH, der Komplementärin der Klägerin, wurde eine „Ergänzungsbilanz“ aufgestellt, in der unter „SBE Zinsen“ die hier im Streit stehenden Zinsen i.H.v. 1.504,98 Euro erfasst wurden.
7Über die Höhe der Beträge besteht kein Streit.
8Nach dem Gesellschaftsvertrag war für jeden Gesellschafter ein Kapitalkonto und ein „Darlehenskonto“ zu führen (§ 4 Abs. 1). Auf dem „Darlehenskonto“ sollten entnahmefähige Gewinnanteile, Entnahmen, Zinsen, der Ausgaben- und Aufwendungsersatz, die Vorabvergütung sowie der sonstige Zahlungsverkehr der Gesellschaft und dem Gesellschafter gebucht werden (§ 4 Abs. 2). Tatsächlich wurden darauf ausschließlich die entnahmefähigen Gewinne (entsprechend § 9 Abs. 2) und Privatentnahmen aufgezeichnet. Die Entnahmen waren auf Beträge beschränkt, die zur Zahlung der persönlichen Steuern und öffentlicher Abgaben benötigt würden, soweit diese Steuern und Abgaben auf die Beteiligung an der Klägerin entfallen (§ 10). Weitergehende Entnahmen standen unter dem Vorbehalt der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung.
9Daneben sollte ein unverzinsliches Verlustvortragskonto separat gebildet werden (§ 4 Abs. 4). Verluste waren vorzutragen und mit späteren Gewinnen auszugleichen und erst dann wieder die Gewinne den Darlehenskonten bzw. dem ebenfalls zu führenden Rücklagenkonto zuzuschreiben (§ 9 Abs. 3). Das Rücklagenkonto war nach § 4 Abs. 3 und § 9 Abs. 4 als gemeinsames unverzinsliches Konto für nicht entnahmefähige Gewinne vorgesehen, dessen Guthaben ggf. nach Gesellschafterbeschluss auf die Darlehenskonten umzubuchen war.
10Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters war bestimmt, dass das Darlehenskonto bei der Berechnung einer im Einzelnen in § 15 Abs. 2 beschriebenen Abfindung außer Betracht bleibt und auf den Tag des Ausscheidens auszugleichen ist (§ 15 Abs. 3).
11Die Verzinsung der Darlehenskonten (zusammen 72.126 Euro Zinsen) bezog der Beklagte nicht in die Kürzung des Gewinnes und der Hinzurechnungen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ein, sondern qualifizierte sie als Vergütungen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG in der Fassung vom 25.7.2014. Hiergegen wendet sich die Klägerin.
12Die Klägerin vertritt die Auffassung,
13dass die Zinsen die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht ausschließen dürften. Nach dieser Vorschrift sei der Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, von der Summe des Gewinnes und der Hinzurechnungen abzuziehen. Zwar bestimme § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG, dass diese Kürzung nicht Vergütungen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) umfasse, die der Gesellschafter für die Hingabe von Darlehen an „seine“ Gesellschaft erhalte. Jedoch stünden im Falle der Klägerin die Zinsen im Zusammenhang mit ihrer „Kerntätigkeit“ und seien daher gesondert zu behandeln. Außerdem sei eine teleologische Reduktion des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG dahingehend geboten, dass die Regelung nicht gelte, wenn der Gesellschafter, wie hier der Mehrheitskommanditist, selbst nicht der Gewerbesteuer unterliege und folglich für sich die Kürzung nach § 9 Nr. 2 Satz 1 GewStG nicht in Anspruch nehmen könne. Es drohe insoweit keine doppelte gewerbesteuerlich begünstigende Berücksichtigung der Zinsen, die der Gesetzgeber habe vermeiden wollen.
14Im Übrigen sei die Verzinsung nur Teil der Gewinnverteilungsabrede gewesen; deshalb seien die Zinsen rechtlich nicht als Darlehenszinsen i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG einzuordnen.
15Die Klägerin beantragt,
16die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2016 vom 20.7.2018 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 vom 12.7.2018, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.11.2018 dahingehend zu ändern, dass die „Sondervergütungen“ i.H.v. 72.126 Euro in die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einbezogen werden und der Gewerbesteuermessbetrag infolgedessen auf 0 Euro festgesetzt wird;
17hilfsweise, die Revision zuzulassen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen;
20hilfsweise, die Revision zuzulassen.
21Er hält an seinem Standpunkt fest, dass die Kürzung dem Wortlaut des Gesetzes nach in Höhe der Zinsen von 72.126 Euro entfalle. Für eine teleologische Reduktion sei kein Raum.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Die Klage ist unbegründet.
24Der Beklagte hat zu Recht die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages der Klägerin in Höhe der streitigen Zinsen versagt. Die Klägerin ist daher nicht in ihren Rechten verletzt.
251. Die Klägerin ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) und unterliegt deshalb unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer. Allerdings werden sog. Grundstücksunternehmen, zu denen die Klägerin zählt, insofern begünstigt, als ihr Gewerbeertrag gem. § 9 Nr. 1 Sätze 1 und 2 GewStG gekürzt wird. Diese Kürzung entfällt jedoch gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG insoweit, als der Gewerbeertrag Vergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG enthält, die der Gesellschafter für die Hingabe von Darlehen bezogen hat. Letzteres ist hier der Fall.
262. Der Qualifizierung der Verzinsung als Teil der Gewinnverteilung, wie sie zuletzt von dem Klägervertreter behauptet wurde, und damit entgegen der bisherigen Handhabung nicht als Vergütung gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist die Bezeichnung eines Kontos für dessen Einordnung als Eigenkapital ausweisendes Konto nicht maßgeblich (vgl. Finanzgericht –FG- Düsseldorf Urteil vom 10.4.2018 10 K 3782/14 F, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG- 2018, 1109 m.w.N.), jedoch spricht die Auslegung des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der von den Gesellschaftern beabsichtigten Folgen dafür, die Klägerin „beim Wort zu nehmen“ und die Zinsen –wie geschehen-- als Ergebnis von Darlehenshingaben zu behandeln.
27Denn sämtliche bis dahin dokumentierten Äußerungen und Erklärungen der Klägerin haben die der Verzinsung zu Grunde liegende Beziehung der Klägerin zu ihren Gesellschaftern ausdrücklich als Darlehensverhältnis bezeichnet. Dem entsprechen die tatsächliche Verfahrensweise und die vorgenommene Verbuchung. Gegen eine fortgesetzte gesamthänderisch Bindung der den Zinsen zu Grunde liegenden Beträge spricht zudem entscheidend, dass auf den betreffenden Konten keine Verluste verbucht wurden und dass ggf. erzielte Verluste lediglich mit künftigen Gewinnen, nicht aber mit den stehen gelassenen Gewinnen, zu verrechnen waren. Mit dem Begriff des Darlehens wäre eine Verlustbeteiligung grundsätzlich unvereinbar. Damit waren diese Konten dem gesamthänderischen Zugriff endgültig entzogen. Die laut Gesellschaftsvertrag vorgesehene Bildung des Rücklagenkontos unterstreicht, dass die Gesellschafter getrennt von den Darlehenskonten ein gesamthänderisch gebundenes Kapital gesondert behandelt wissen wollten. Überdies ist entscheidend für die Klassifizierung als Darlehenskonten, dass für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters bestimmt war, dass das „Darlehenskonto“ bei der Berechnung einer im Einzelnen in § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages beschriebenen Abfindung außer Betracht zu bleiben hat und auf den Tag des Ausscheidens auszugleichen ist. Diese Vereinbarung bringt noch einmal klar zum Ausdruck, dass die Gesellschafter der Klägerin aus zivilrechtlicher wie steuerrechtlicher Sicht unentziehbare nicht ihrem Gesellschaftskapital zuzuordnende Darlehensforderungen erworben haben.
283. Die Zinsen als Vergütung i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG nicht Teil der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
294. Eine Einschränkung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG im Wege der teleologischen Reduktion ist nicht vorzunehmen. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass der Vorschrift, gemessen an dem während des Gesetzgebungsvorgangs geäußerten Willen der an der Gesetzgebung beteiligten Organe, eine überschießende Tendenz innewohnt: Denn es sollten insbesondere steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft verhindert werden, bei denen Erträge, die die Gesellschaft gewerbesteuerpflichtigen Dritten für erbrachte Leistungen zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der Dritte Gesellschafter der Gesellschaft ist (vgl. Regierungsentwurf zum JStG 2009 vom 2.9.2008, BT-Drs 16/10189, Seite 73). Demgegenüber erfasst der Gesetzeswortlaut sämtliche Vergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ohne Rücksicht darauf, ob die gewerbesteuerliche Zielsetzung beeinträchtigt wird. Im Falle der Klägerin ist, anders als die als Folge ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen beiden anderen Gesellschafter, die Komplementär-GmbH und die Kommanditisten-GmbH, der Mehrheitskommanditist von der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Zielsetzung nicht erfasst, da er nicht gewerbesteuerpflichtiger Dritter war.
30Gleichwohl ist im Rahmen der dem Steuergesetzgeber zustehenden Typisierung der steuerlichen Behandlung von Sachverhalten die überschießende Auswirkung der Norm insbesondere und auch in Bezug auf den Mehrheitskommanditisten angesichts des eindeutigen Regelungstextes hinzunehmen (ebenso: FG Hessen Urteil vom 29.5.2019 8 K 291/18, EFG 2019, 1695, ohne nähere Begründung; Gosch in Blümich, Kommentar zum GewStG § 9 Rz. 109b-109d; Schnitter in Frotscher/Drüen, Kommentar zum GewStG § 9 Rz. 91a; a.A. Glanegger/Düroff, Kommentar zum GewStG § 9 Nr. 1 Rz. 34; Roser in Lenski/Steinberg, Kommentar zum GewStG § 9 Nr. 1 Rz. 212, 213; Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Kommentar zum GewStG § 9 Nr. 1 Rz. 132).
31Zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 26.6.2007 (Az. IV R 9/05, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2007, 893, Streitjahr 1990) eine teleologischen Reduktion des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG in der Weise vorgenommen hat, dass dem Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann zu gewähren ist, wenn das überlassene Grundstück zwar dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient, dieses den Grundbesitz nutzende Unternehmen jedoch mit allen seinen Einkünften von der Gewerbesteuer befreit ist. Die dort ausgeführten Argumente ließen sich in ähnlicher Weise auf § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG und damit auf den Fall der Klägerin übertragen. An einer dementsprechenden Korrektur des Gesetzeswortlautes sieht sich der Senat jedoch dadurch gehindert, dass dem Gesetzgeber durch dieses Urteil und durch Äußerungen im Schrifttum die Problematik der überschießenden Tendenz im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG bekannt war und er sich gleichwohl für die weitreichende Typisierung in der neu eingefügten und hier maßgeblichen Nr. 1a des § 9 Nr. 1 GewStG entschieden hat (§ 9 Nr. 1 GewStG a.F. ohne Nr. 1 a war gültig bis 24.12.2008; Nr. 1 a wurde neu eingefügt durch Gesetz vom 19.12.2008, gültig ab 25.12.2008; Übergangsregelung in § 36 Abs. 6 a GewStG i.d.F. vom 19.12.2008 wonach die Nr. 1 a erstmals anzuwenden ist auf nach dem 18.6.2008 getroffene Darlehensvereinbarungen). Der Gesetzgeber hat seitdem offenbar auch keinen Anlass gesehen, eine einschränkende Änderung des Wortlautes der Vorschrift vorzunehmen. Daher ist letztlich der zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten.
325. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
336. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.