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Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art. 267 des AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Kann Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (RL 2003/96), soweit er bestimmt, dass Strom, der bei der Stromerzeugung verwendet wird, von der Steuer befreit wird, unter Berücksichtigung des Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/06 dahin ausgelegt werden, dass diese Befreiung auch Vorgänge umfasst, bei der Energieerzeugnisse im Tagebau gewonnen werden, in den Kraftwerken für den Einsatz in Kraftwerken geeigneter gemacht werden, wie Brechen, Abscheiden von Fremdteilen und ein Zerkleinern bis zu der im Kessel betriebsbedingt erforderlichen Größe?
2. Kann Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96, soweit er bestimmt, dass Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Steuer befreit wird, unter Berücksichtigung des Art. 21 Abs. 3 Satz 3 RL 2003/96 dahingehend ausgelegt werden, dass damit auch die Verwendung von Strom zum Betrieb von Bunkeranlagen und Transportmitteln, die für den dauerhaften Betrieb der Kraftwerke erforderlich sind, von der Steuer zu befreien ist?
Gründe:
21 Die Klägerin unterhielt u.a. … drei voneinander räumlich getrennten Tagebaue, in denen sie Braunkohle im überwiegenden Umfang zur Verstromung in ihren Kraftwerken und zu rund 10% zur Produktion von Braunkohlestaub und -briketts in ihren drei Fabriken gewann. 2004 entnahm sie insgesamt ... MWh elektrischen Strom (Strom) in den Tagebauen, den sie im Wesentlichen wie folgt einsetzte:
3(1) in Wasserpumpen zur Senkung des Grundwasserspiegels,
4(2) in Großgeräten wie Schaufelradbaggern, die Rohbraunkohle und Abraum abgruben, und Absetzer, die den Tagebau in einem anderen Teil des Tagebaus wieder mit Abraum verfüllten,
5(3) zur Beleuchtung des Tagebaus sowie
6(4) zur Beförderung der Rohbraunkohle mit elektrisch angetriebenen Güterzügen auf eigenen Strecken und in elektrisch betriebenen Bandanlagen, die sowohl Rohbraunkohle als auch Abraum beförderten.
72 Der Betrieb der klägerischen Kraftwerke war auf eine ununterbrochene Stromerzeugung ausgelegt, hinsichtlich von fünf Kraftwerken für die Versorgung im Grundlastbereich. Demgegenüber diente die Stromerzeugung in den von ihr betriebenen Fabriken im Wesentlichen deren Produktion, war aber ebenso auf einen Dauerbetrieb ausgelegt. Zur Sicherung der ununterbrochenen Stromerzeugung unterhielt die Klägerin Bunker für die Braunkohle in drei unterschiedlichen Größen und Funktionen, aus denen die Kohle nach und nach den Kesseln in den Kraftwerken zugeführt wurde. Die Braunkohle wurde zunächst im jeweiligen Tagebau in einem Tagebaubunker mit einem Fassungsvermögen für einen bis zu sechs Tage möglichen Betrieb gelagert, von dort über eine Bandanlage oder über die betriebseigene Eisenbahn, die von Elektrolokomotiven bewegt wurden, über überbreite und für besonders schwere Züge ausgelegte Strecken zu den Kraftwerksbunkern gebracht. Diese hatten ein Fassungsvermögen für einen Betrieb von ein bis zwei Tagen und dienten dazu, im jeweiligen Kraftwerk mit allen seinen Blöcken (Kesseln) über ein Wochenende hinweg Strom erzeugen zu können. Von dort verluden elektrisch betriebene Bekohlungsbagger die Kohle auf ein Bunkerband. Nach einer Metallabscheidung des Förderguts und einer nachgelagerten Bandwaage gelangte die Rohbraunkohle in Kohlezerkleinerungsanlagen. Aus der zerkleinerten Braunkohle wurden anschließend Holzteile entfernt und die Kohle über weitere Bänder in die Kesselbunker eingelagert.
83 Die 2004 von der Klägerin in den Kraftwerken betriebenen Kessel benötigten unterschiedlich aufbereitete Braunkohle:
94 In einer Fabrik gab es 2004 noch drei rostgefeuerte Kessel, in denen die Braunkohle in Brocken auf den Rost gegeben wurde und dort verbrannte. Dazu musste die Kohle nicht durch Zuführung von Wärme entwässert werden.
105 Wirbelschichtgefeuerte Kessel gab es in einem Kraftwerk sowie in den beiden anderen Fabriken. In diesen Kesseln wurde eine Wirbelschicht erzeugt, die aus verbrennender Kohle und Luft bestand. Durch dabei entstehende Hitze wurden Asche und erste Teile der Kohle nach oben geführt und über Zyklone abgeschieden. Als Brennstoff benötigten diese Kessel Braunkohle in Stücken bis zu 40 mm Durchmesser, die aus dem Kesselbunker zusammen mit zurückgeführtem heißem Rauchgas in den Kessel eingegeben wurden. Die Zugabe von Rauchgas bei der Eingabe bewirkte, dass aus der Braunkohle Wasser in das Rauchgas entwich, so aber zugleich in den Kessel gelangte.
116 Im Übrigen setzte die Klägerin mühlengefeuerte Kessel ein, die mit Braunkohlestaub betrieben wurden. Zu jedem Kessel gab es einen Kesselbunker, der ein Fassungsvermögen für einen sechs- bis achtstündigen Betrieb hatte. Von diesen Bunkern wurde die Braunkohle und zurückgeführtes Rauchgas Schlagradmühlen zugeführt, die im Wesentlichen aus einem großen Gebläse mit Zerkleinerungsfunktion bestanden. Die Schlagradmühlen erzeugten derart kleine Kohlepartikel und einen Druck, dass die Kohlepartikel an bestimmten Stellen in den Kessel eingeführt werden konnten und dann zwischen den Eingabestellen in offenen Flammen verbrannten. Auch hier bewirkte die Zugabe des heißen Rauchgases bei der Zuführung der Braunkohle zur Schlagradmühle, dass die Braunkohle Wasser in das mitgeführte Rauchgas abgab, das zugleich während der Zugabe bis zum Eintritt in den Kessel eine Inertisierung sicherstellte.
127 Mit der Hitze der Kessel wurde dann Dampf erzeugt, der Dampfturbinen zur Stromerzeugung zugeführt wurde.
138 Auf Anordnung des Beklagten begann am 16.12.2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung u.a. der Stromsteuer für die Jahre 2003 und 2004, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 20.05.2009 zusammengefasst wurde. Während der Außenprüfung der Stromsteuer war die Klägerin der Auffassung, dass die Entnahmen des Stroms zum Zweck der Verstromung der Braunkohle, ca. 90% des eingesetzten Stroms, als der Stromerzeugung dienend nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes (StromStG) steuerfrei seien. Ihre Stromsteueranmeldung über ... € (90% von ... € oder ... MWh) gab sie deshalb unter Vorbehalt ab. Schon die Rohbraunkohle sei als Brennstoff anzusehen, so dass die Stromentnahme zur Gewinnung und zum Transport im Tagebau nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei sein müsse. Die Aufbereitung der Braunkohle durch Zerkleinerung bis hin zum Braunkohlestaub in den Kohlemühlen der Kraftwerke sei eine unschädliche Optimierung.
149 Die Prüfungsbeamten hingegen beurteilten die Aufbereitung der Braunkohle als Herstellung eines Brennstoffs, so dass die Steuer zu Recht vereinnahmt worden sei. Zudem seien sämtliche der Förderung und dem Transport von Rohbraunkohle dienenden Stromentnahmen steuerpflichtig mit der weiteren Folge, dass auch die entsprechenden Verwendungen innerhalb der Kraftwerksgelände durch Einsatz von Bekohlungsbagger, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen steuerpflichtig seien.
1510 Mit Steuerbescheid vom 08.10.2009 folgte der Beklagte den Feststellungen der Außenprüfung, bestimmte für einige hier nicht interessierende Sachverhalte Erstattungen und forderte die Klägerin wegen anderer Feststellungen zur Zahlung der seiner Auffassung nach entstandenen Stromsteuer auf.
1611 Den dagegen eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 u.a hinsichtlich der Stromverwendung in den Anlagen zur Weiterverarbeitung der im Tagebau gewonnenen Rohbraunkohle, für den Betrieb der Anlagen zur Weiterbehandlung der Rohbraunkohle in den Fabriken und für den Betrieb der Anlagen im Tagebau zur Gewinnung der Rohbraunkohle, dem Transport des Abraums und dem Transport der Kohle in die Kohlebunker der Kraftwerke und Fabriken zur anschließenden Weiterbehandlung als unbegründet zurück.
1712 Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, nach den Intentionen des Richtliniengebers solle der gesamte Strom, der für den Input des Stromerzeugungsvorgangs notwendig sei, von der Steuerbefreiung erfasst werden. In richtlinienkonformer Auslegung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) seien grundsätzlich alle Neben- und Hilfseinrichtungen in die Begünstigung einzubeziehen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden könne. Dazu gehörten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch die Einrichtungen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nach den gewerberechtlichen, umweltrechtlichen, wasserrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Vorschriften oder Auflagen überhaupt nicht betrieben werden könne.
18Diese Voraussetzungen erfüllten alle streitgegenständlichen Verbräuche, denn der Betrieb eines Braunkohlekraftwerks sei von der Kohlegewinnung bis zur Entsorgung von Abfallprodukten, die zwangsläufig entstünden, ein einheitlicher Prozess. Tagebau und Braunkohlekraftwerk bildeten eine dauerhafte wirtschaftliche und technische Stromerzeugungseinheit, die nicht künstlich in selbständige Einzelbetriebe zerlegt werden könne. Die Stromverbräuche im Tagebau seien vielmehr für die Sicherstellung einer ununterbrochenen Stromerzeugung zwingend erforderlich. Stromerzeugung aus Braunkohle sei nur in räumlicher Nähe zum Braunkohletagebau und dem Kraftwerk wirtschaftlich möglich.
1913 Die Klägerin beantragt u.a. sinngemäß,
20den Steuerbescheid vom 08.06.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 aufzuheben, soweit sie selbst in folgenden Bereichen Strom entnommen hat:
21(1) 90% des Stroms für Wasserpumpen zur Senkung des Grundwasserspiegels, für den Betrieb der Großgeräte wie Schaufelradbagger und Absetzer, für die Beleuchtung des Tagebaus und für den Transport der Rohbraunkohle in die Kraftwerke und
22(2) Strom für den Transport der Rohbraunkohle in den Kraftwerken, ihre Aufbereitung durch Einsatz von Bekohlungsbaggern, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
2514 Gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (RL 2003/96) werde Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit, wenn er zur Stromerzeugung entnommen werde. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV sei dies Strom, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn verbraucht werde. Derartige Anlagen müssten mit der Stromerzeugung unmittelbar zusammenhängen bzw. für die Stromerzeugung erforderlich sein, wie etwa die Brennstoffversorgung. Das gelte nur für die Einbringung des Brennstoffs von der Kohlemühle in den Brenner des Kessels. Nicht begünstigt sei der nur mittelbar eingesetzte Strom in bestimmten Anlagen, mit denen Rohbraunkohle insbesondere durch Zerkleinern, Mahlen und Trocknen weiter verarbeitet werde.
26Bei der Stromentnahme im Tagebau für den Abbau und den Transport der Kohle sowie für die Behandlung von Abraum werde Rohbraunkohle gewonnen und über Transportanlagen den Kraftwerken bereitgestellt, nicht jedoch Strom technisch erzeugt.
27Die Braunkohle sei erst dann steuerfrei, wenn sie für die Stromerzeugung eingesetzt werde. Soweit die Kohle von der Energiesteuer befreit sei, könne es keine Befreiung von der Stromsteuer geben, Art. 21 Abs. 3 RL 2003/96.
28II.
2915 Für die Bestimmung des Stroms, der zur Stromerzeugung verwendet wird, sind folgende nationale Bestimmungen erlassen worden:
3016 § 9 Absatz 1 des Stromsteuergesetzes (StromStG):
31Von der Steuer ist befreit: …
322. Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird; …
3317 § 11 StromStG:
34Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Durchführung des Gesetzes durch Rechtsverordnung …
358. zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zur Verfahrensvereinfachung und zur Vermeidung unangemessener wirtschaftlicher Belastungen Bestimmungen zu § 9 zu erlassen und dabei insbesondere
36a) die Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Entnahme von Strom einschließlich der Begriffe näher zu bestimmen ...
3718 § 12 Absatz 1 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung – StromStV):
38Zur Stromerzeugung entnommen im Sinne des § 9 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes wird Strom,
391. der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung …
40zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird.
4119 Unionsrechtlich geht es um die Auslegung der Art. 1, 2 Abs. 1 Buchst. b, 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1, 21 Abs. 3 RL 2003/96.
42III.
43Zu den Vorlagefragen:
44Zu Frage 1
4520 Im Streitfall geht es um die Reichweite der obligatorischen Steuerbefreiung von elektrischem Strom nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96. Von der Möglichkeit der Besteuerung nach 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 RL 2003/96 hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht.
4621 Wenn auch die deutsche Sprachfassung der Vorschrift mit der Formulierung „bei der Stromerzeugung … verwendeter elektrischer Strom“ nicht unbedingt klar erkennen lässt, dass der steuerfrei zu stellende Strom mit dem Ziel der sonst steuerpflichtigen Stromerzeugung verwendet werden muss, kann dies jedoch auf Grund anderer Sprachfassungen angenommen werden. Insoweit ist auf die englische, französische und niederländische Sprachfassung hinzuweisen. Auch geht § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von einer derartigen Auslegung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96 aus.
4722 Eine derartige Kausalität wäre für den gesamten Strom gegeben, den die Klägerin von der Gewinnung der Braunkohle über ihre Aufarbeitung bis zum Einsatz in den Kraftwerken und der anschließenden Beseitigung der Aschen einschließlich des Transports verwendet hat.
4823 Soweit die Klägerin diese Tätigkeiten der Brikettherstellung und der Herstellung von Braunkohlestaub für industrielle Abnehmer in ihren Fabriken zurechnet, begehrt sie keine Steuerbefreiung.
4924 Einer derart weit angenommenen Kausalität kann aber der Zweck des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96 entgegenstehen. Diese Vorschrift zielt nämlich darauf ab, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (s. zuletzt EuGH Urteil v. 27.06.2018, C-90/17, Rz. 35). Als Ausnahme von einer grundsätzlich gegebenen Steuerpflicht ist diese Vorschrift zudem nicht weit auszulegen, weil sonst der durch die RL 2003/96 eingeführten harmonisierten Besteuerung jede praktische Wirksamkeit genommen würde (s. EuGH Urteil v. 07.03.2018 C-31/17 Rz. 25).
5025 Damit dürfte der elektrische Strom von einer Steuerbefreiung auszunehmen sein, der zur Erzeugung des Energieerzeugnisses selbst verwendet wurde, weil dieser Strom zu dessen Erzeugung und erst mittelbar zur Erzeugung von Strom verwendet wird. Insoweit müsste, da Braunkohle schon als Rohbraunkohle ein Energieerzeugnis ist (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96, Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur zu Position 2702, Rz. 01.0), der elektrische Strom, den die Klägerin zur Gewinnung der Rohbraunkohle verwendet, unberücksichtigt bleiben. Mit Einlagerung der Rohbraunkohle in den Tagebaubunker dürfte jedoch die Erzeugung der Rohbraunkohle als eines Energieerzeugnisses beendet sein.
5126 Im Übrigen wurde die Rohbraunkohle durch Brechen, Beseitigung von Fremdkörpern, insbesondere Metallen und Holzteilen und weiterem Zerkleinern, teilweise bis zum Erreichen staubkorngroßer Partikel, weiter bearbeitet, damit sie in den auf die jeweilige Bearbeitung abgestimmten Kesseln verbrannt werden konnte.
52Diese Bearbeitung beurteilt der Beklagte als Herstellung der Braunkohle als eines Energieerzeugnisses im Sinne des Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/96, die eine Steuerbefreiung des dafür eingesetzten Stroms zwingend ausschließt, weil Deutschland von der Befugnis nach Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/96 keinen Gebrauch gemacht hat.
5328 Auch wenn der Einsatz des Stroms zur Aufbereitung der Braunkohle im Kraftwerk die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/96 erfüllt, begegnet die Beurteilung des Beklagten Bedenken. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 befreit umfassend sowohl die bei der Stromerzeugung eingesetzten Energieerzeugnisse als auch den bei der Stromerzeugung verwendeten Strom von der Steuer. Eine Besteuerung findet nur anschließend statt, wenn der erzeugte Strom entnommen wird. Dadurch soll eine Doppelbesteuerung vermieden werden.
5429 Eine Doppelbesteuerung tritt aber ein, wenn noch Prozesse im Kraftwerk, die der Stromerzeugung dienen, der Stromsteuer, einer Steuer im Sinne der RL 2003/96, unterworfen werden. Derartige Prozesse sind auch – bis auf Anlagen mit veralteter Rostfeuerung – beim Einsatz von Festbrennstoffen in Kraftwerken zur Stromerzeugung üblich und nicht nur auf die von der Klägerin betriebenen Braunkohlekraftwerke beschränkt. Die Oberfläche der Brennstoffe muss für einen raschen und sauberen Abbrand durch Verkleinerungstechniken wie Brechen oder Mahlen erheblich vergrößert werden. Gerade diese Aufbereitung des Brennstoffs, die für die veraltete Rostfeuerung nicht erforderlich ist, sichert einen wesentlich effizienteren und saubereren Energieeinsatz. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den gewerberechtlichen und umweltrechtlichen Vorschriften und Auflagen ihre Kraftwerke bei der Verwendung der wirbelschichtgefeuerten Kessel und der mühlengefeuerten Kessel gar nicht anders als mit der zubereiteten Braunkohle mit einem bestimmten, ggf. durch Mischen zu schaffenden Brennwert einsetzen darf.
5530 Zudem zeigt Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 selbst, der die Steuerbefreiung für zwei Verwendungen von Strom, nämlich zur Stromerzeugung und zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen vorsieht, dass sich die Begünstigung nicht nur auf den Prozess der Energieumwandlung beschränkt, sondern auch vor- und nachgelagerte Tätigkeiten umfasst.
5631 Schließlich unterstellt der Beklagte, dass Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/96 den Umfang der Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 begrenzt, obwohl nur Art. 14 RL 2003/96 eine obligatorische Steuerbefreiung enthält.
5732 Die deutschen Regelungen, insbesondere § 12 Abs. 1 StromStV, enthalten hierfür bis auf die Annahme, dass nicht nur der enge Prozess der Energieumwandlung steuerfrei gestellt werden darf, keinen geeigneten Maßstab. § 12 Abs.1 StromstV benennt neben der Stromerzeugung für den Prozess der Energieumwandlung beispielhaft Neben- und Hilfsanlagen, die allerdings voraussetzen, dass der elektrische Strom zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird. Bei der Anwendung dieser Vorschrift zur Auslegung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 ist zudem zu berücksichtigen, dass sowohl § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG als auch § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV mit den hier maßgebenden Bestimmungen schon vor dem Inkrafttreten der RL 2003/06 am 31.10.2003 erlassen worden waren. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG wurde durch das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16.12.1999 (Bundesgesetzblatt I Seite 2432 vom 22.12.1999) und § 12 Abs. 1 StromStV durch die Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes vom 31.05.2000 (Bundesgesetzblatt I Seite 794 vom 15.06.2000) eingeführt.
58Zu Frage 2
5933 2004 erzeugte die Klägerin mit ihren den Tagebauen zugeordneten Kraftwerken knapp 10% des in Deutschland verbrauchten Stroms und setzte hierzu ca. 5% des von ihr mit ihren Kraftwerken erzeugten Stroms ein.
60Dazu betrieb sie die Tagebaue und Kraftwerke derart, dass durch redundante und ausreichend bemessene Beförderungs-, Bunker und Verarbeitungssysteme eine grundsätzlich ununterbrochene Stromerzeugung sichergestellt werden konnte. Insoweit ist das System der Tagebaue mit den ihr zugeordneten Braunkohlekraftwerken im Fall der Klägerin auch zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen bestimmt.
6134 Selbst wenn hiervon die Gewinnung der Braunkohle und die Stromentnahmen, die eine Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 für den bei der Stromerzeugung entnommenen Strom rechtfertigen, ausgenommen werden, fragt sich, ob die Stromentnahmen der Klägerin zur Sicherung ihres Dauerbetriebs wie die Transport-, Be- und Entladeeinrichtungen für die Braunkohle bei der Beförderung vom Tagebaubunker bis in die Kraftwerke hinein von der Besteuerung auszunehmen sind.
6235 Ebenso ist nicht klar, ob die Begünstigung eines Stromverbrauchs für den Transport nicht nach Art. 21 Abs. 3 Satz 3 RL 2003/96 ausgeschlossen ist. Erfasst die Vorschrift, nach der als Steuerentstehungstatbestand der Verbrauch zu Zwecken gilt, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, und zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, jeden Transport von Energieerzeugnissen und schließt damit den Transport der Braunkohle zwischen den Anlagen ein, in denen ihre Lagerung und Bearbeitung stattfindet, oder bezieht er sich nur auf andere Verwendungen von Strom?
6336 Im Streitfall wird die Braunkohle über weite Strecken befördert, um für den Einsatz in den Kesseln der Kraftwerke aufbereitet zu werden, weil sich die entsprechenden Anlagen der Klägerin zwangsläufig nicht an einem Ort, sondern wegen der Größe der Anlagen und der ständigen Änderungen des Abbaus in weiter Entfernung befinden. Insoweit kann der Transport, gleich ob über die betriebseigene Eisenbahn oder über Bänder, auch dann der Herstellung der Braunkohle dienen. Insoweit wären von Art. 21 Abs. 3 Satz 3 RL 2003/96 nur Transporte erfasst, in denen nicht Energieerzeugnisse, sondern anderes befördert wird, wie beispielsweise Personal zu den Arbeitsplätzen auf dem Betriebsgelände der Klägerin.