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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
2Streitig ist die Berücksichtigung von Beteiligungseinkünften aus einer GbR für die Jahre 2006 und 2009 (Beteiligungseinkünfte Y. & J. GbR) sowie die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein Vermietungsobjekt im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2006 bis 2010 (Objekt D.-straße, A.).
3Der Kläger wurde für die Jahre 2006 bis 2009 mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 erfolgten Einzelveranlagungen. Der Kläger erzielte in den Streitjahren unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
4Die Einkommensteuererklärung sowie Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gaben der Kläger und seine Ehefrau für das Jahr 2006 am 11.12.2007 und für das Jahr 2007 am 29.10.2008 ab. Entsprechende Erklärungen für die Jahre 2008 und 2009 wurden nicht abgegeben. Die Einkommensteuererklärung 2010 sowie Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gab der Kläger am 05.10.2011 ab.
5In den Erst- und Änderungsbescheiden für die Einkommensteuer 2006 bis 2010 wurde die Einkommensteuer – mit Ausnahme der Einkommensteuerbescheide 2009 – jeweils mit 0 EUR festgesetzt.
6A. Beteiligungseinkünfte Y. & J. GbR
7Der Kläger war in den Jahren 1996 bis 2013 Gesellschafter der Y. & J. GbR und am Kapital der Gesellschaft zu 66,67% beteiligt.
8Die Einkünfte des Klägers aus der Y. & J. GbR wurden einheitlich und gesondert festgestellt. Der Feststellungbescheid vom 24.03.2010 stellte für das Jahr 2006 Einkünfte in Höhe von ... EUR fest. Die Feststellung wurde im Einkommensteuerbescheid vom 20.09.2010 entsprechend berücksichtigt.
9Mit Feststellungsbescheid vom 24.01.2013 wurden für das Jahr 2006 statt gewerblicher Einkünfte nunmehr Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... EUR festgestellt. Eine Umsetzung in dem entsprechenden Einkommensteuerbescheid erfolgte nicht.
10Für das Jahr 2009 wurden zuletzt mit Feststellungsbescheid vom 04.11.2013 Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -... EUR festgestellt. Eine Umsetzung in dem entsprechenden Einkommensteuerbescheid erfolgte ebenfalls nicht.
11B. Objekt D.-straße, A.
12Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 00.00.0000 (UR-Nr. N01) erwarb der Kläger ein an der D.-straße in A. belegenes Grundstück mit einer Fläche von ca. 2.690 m2, das in dem diesem Vertrag anliegenden Lageplan näher bezeichnet wurde. Der auf den Kläger entfallende Kaufpreis betrug ... DM (... EUR). Der Vertrag enthielt unter Punkt VII. den Passus, dass die beabsichtigte Unterstellung des Gebäudes D.-straße unter den Denkmalschutz durch Eintragung in die Denkmalliste dem Käufer bekannt sei. Ein weiteres Grundstück mit einer Größe von ca. 3.130 m2 wurde an die Y. K. GmbH & Co. KG verkauft.
13Mit Urkunde vom 00.00.0000 (UR-Nr. N02) wurde der Kaufvertrag dahingehend geändert, dass die zwischenzeitlich vermessenen und fortgeschriebenen Grundstücke genauer bezeichnet wurden. Kaufgegenstand waren demnach ein Grundstück mit einer Größe von 2.602 m2 (Grundbuch von I. Blatt N03, Gemarkung I. Flur 3, Flurstück N04) sowie ein Grundstück mit einer Größe von 3.185 m2 (Grundbuch von I. Blatt N03, Gemarkung I. Flur 3, Flurstück N05). Weiterhin findet sich in der Urkunde der Passus, dass die Vermessung der Kaufgrundstücke nicht in den ursprünglich vorgesehenen Grenzen erfolgt sei, da aufgrund behördlicher Auflagen zur Sicherung einer Wegefläche für Rettungsfahrzeuge eine andere Grenzlinie hätte gezogen werden müssen. Auf den Kläger sollte das Eigentum an dem Grundstück mit einer Größe von 3.185 m2 (Flurstück N05) übergehen. Eine entsprechende Eintragung im Grundbuch erfolgte am 00.00.0000.
14Die Stadt A., Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege, stellte mit Schreiben vom 12.12.2002 für das Objekt D.-straße, Haus „...“ (dort irrtümlich als Haus „...“ bezeichnet), eine Bescheinigung nach § 40 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz – DSchG NRW) aus. Die dort bescheinigten Aufwendungen beliefen sich auf ... DM (entspricht ... EUR).
15Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 21.07.2005 fand bei dem Kläger für die Jahre 2000 bis 2003 (Umsatzsteuer und Einkommensteuer) eine Betriebsprüfung statt. In dem Bericht über die Betriebsprüfung vom 17.05.2006 (BP-Bericht) wurde hinsichtlich des Vermietungsobjekts D.-straße das Büro des Klägers in der Immobilie als Sonderbetriebsvermögen (SBV) bei der Y. K. GmbH & Co. KG behandelt.
16Die Betriebsprüfung ermittelte für das Jahr 2003 die Bemessungsgrundlage (BMG) für die AfA wie folgt:
17BMG in EUR |
SBV |
gesamt |
|
Altimmobilie |
... |
... |
... |
Neubau |
... |
... |
... |
Wohnungen |
... |
... |
... |
Denkmal |
... |
... |
... |
Summe |
... |
Mit Schreiben vom 30.05.2017 stellte der Kläger einen „Antrag auf Anpassung und Änderung von Einkommensteuer-Bescheiden“. Er beantragte unter anderem die Umsetzung der Feststellungsbescheide der Y. & J. GbR für die Jahre 2006, 2007 und 2010 vom 24.01.2013 sowie für das Jahr 2009 vom 04.11.2013 und ebenso die Berücksichtigung neu berechneter Bemessungsgrundlagen für die Abschreibungen des Vermietungsobjektes D.-straße in allen offenen Einkommensteuerbescheiden.
19Zur Begründung trug er vor: Das in dem BP-Bericht noch als Sonderbetriebsvermögen bei der Y. K. GmbH & Co. KG behandelte Büro des Klägers in dem Vermietungsobjekt D.-straße sei in 2003 verlegt worden, so dass insoweit eine Entnahme hätte stattfinden müssen. Mangels weiterer Informationen zum genauen Entnahmezeitpunkt und Entnahmewert sei aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass ab 2004 das Vermietungsobjekt D.-straße zu 100 % Privatvermögen darstelle und die „Buchwerte“ fortzuführen seien. Folgende Bemessungsgrundlagen für die Abschreibung seien zu berücksichtigen:
20Degressive Abschreibung gemäß § 7 Abs. 5 EStG: ... EUR
21Denkmalabschreibung gemäß § 7i EStG: ... EUR
22Das beklagte Finanzamt (FA) half dem Antrag teilweise ab und erließ mit Datum vom 15.05.2018 geänderte Einkommensteuer- und Verlustvortragsbescheide für die Jahre 2002 bis 2012. Die weitergehenden Anträge lehnte es ab. Mit gleichem Datum wurden für die Jahre 2013 bis 2016 erstmalig entsprechende Bescheide erlassen.
23Zu Begründung führte es aus: In Bezug auf die beantragte Umsetzung der Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Y. & J. GbR für die Jahre 2006, 2007, 2009 und 2010 sei eine Auswertung aufgrund jeweils bereits eingetretener Festsetzungsverjährung grundsätzlich nicht mehr möglich. Eine Korrektur könne lediglich als materieller Fehler i.S. des § 177 AO erfolgen.
24Eine Änderung der Abschreibungswerte des Vermietungsobjektes D.-straße komme nicht in Betracht. Die Zuordnung des Büros zum Privatvermögen des Klägers sei Gegenstand des Feststellungsverfahrens auf Gesellschaftsebene, über eine entsprechende Umsetzung auf der Gesellschaftsebene lägen keine Informationen vor. Zudem könne die Ermittlung der beantragten AfA-Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der Werte, die im BP-Bericht ausgewiesen worden seien, nicht nachvollzogen werden. Schließlich sei eine Berücksichtigung geänderter AfA-Bemessungsgrundlagen nur für Veranlagungszeiträume möglich, die nach den Vorschriften der AO noch korrigiert werden könnten.
25Der Kläger legte mit Schreiben vom 04.06.2018 Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2016 vom 15.05.2018 sowie mit Schreiben vom 07.06.2018 Einspruch gegen die entsprechenden Feststellungsbescheide über den vortragsfähigen Verlust vom gleichen Datum ein.
26Zur Begründung führte er aus, dass eine gesonderte Feststellung nach § 181 Abs. 5 AO auch dann zu erfolgen habe, wenn die Feststellungsfrist verstrichen sei, der Verlustvortrag aber eine mittelbare Bedeutung für Jahre besitze, die noch nicht verjährt seien. Darüber hinaus schränke § 10d Abs. 4 Satz 6 2. Halbsatz EStG die Anwendung des § 181 Abs. 5 AO insoweit ein, als dass die Vorschrift nur anzuwenden sei, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen habe.
27Der verbleibende Verlustvortrag würde unstreitig in Veranlagungszeiträume vorgetragen werden, in denen das nicht verbrauchte Verlustpotential von Bedeutung sei. Auch wäre der Verlust nicht in den bestandskräftigen Veranlagungszeiträumen von positiven Einkünften verbraucht worden.
28Hinsichtlich des Objekts D.-straße sei das Büro in 2003 Privatvermögen geworden. Die Abschreibung im Privatvermögen sei somit ab 2003 zu erhöhen und ihre Anpassung mittels § 177 AO zu korrigieren. Insbesondere sei die Denkmalabschreibung zu erhöhen, da die berücksichtigte Bemessungsgrundlage erheblich von der Bescheinigung abweiche. Ebenso sei die Korrektur bzw. Anpassung der AfA-Bemessungsgrundlage im Sinne des § 177 AO möglich.
29Nach umfangreichem Schriftverkehr zwischen dem FA und dem Kläger wurden mit Datum vom 19.02.2019 geänderte Einkommensteuerbescheide sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags unter anderem für die Jahre 2006 bis 2016 erlassen. Dort wurde jeweils der dem Sonderbetriebsvermögen zugeordnete Anteil des streitgegenständlichen Vermietungsobjekts nunmehr dem Privatvermögen zugeordnet und die entsprechende Bemessungsgrundlage erhöht. Eine Unterscheidung zwischen Anschaffungs- und Herstellungskosten wurde innerhalb der Bescheide nicht getroffen. Der im Vorfeld kommunizierten Berechnung der Herstellungskosten durch das FA stimmte der Kläger mit Schreiben vom 07.10.2020 zu. Die Beteiligungseinkünfte aus der Y. & J. GbR wurden in dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 19.02.2019 – unter Berücksichtigung gegenläufiger materieller Fehler im Sinne des § 177 der Abgabenordnung (AO) in Höhe von insgesamt ... EUR – Einkünfte aus der Y. & J. GbR in Höhe von ... EUR berücksichtigt. In dem Einkommensteuerbescheid 2009 vom gleichen Datum wurden Einkünfte aus der Y. & J. GbR in Höhe von - ... EUR (- ... EUR sowie zusätzlich - ... EUR als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen des § 177 AO) berücksichtigt.
30Die Differenzen zu den entsprechenden Feststellungsbescheiden stellen sich insgesamt wie folgt dar:
31Feststellungsbescheid Y. & J. GbR |
Festsetzung ESt-Bescheid vom 19.02.2019 |
Differenz |
|
2006 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
2009 |
-... EUR |
-... EUR |
... EUR |
gesamt |
... EUR |
Mit Einspruchsentscheidung vom 30.11.2020 wies das FA die weitergehenden Einsprüche für die Jahre 2006 bis 2013 sowie 2015 und 2016 als unbegründet ab. Dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 wurde aus anderen, hier nicht streitgegenständlichen Gründen teilweise abgeholfen.
33Zur Begründung führte das FA aus, dass hinsichtlich der AfA-Bemessungsgrundlage keine Gründe ersichtlich seien, die eine Abweichung von der bisher angesetzten AfA-Bemessungsgrundlage rechtfertigten. Die eingereichten Unterlagen des Klägers enthielten keine neuen Erkenntnisse, die nicht bereits im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 vorgelegen hätten.
34Die geänderten Beteiligungseinkünfte an der Y. & J. GbR könnten wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung nicht berücksichtigt werden. Es lägen insoweit materielle Fehler i.S. des § 177 AO vor, die bei eventuellen späteren Änderungsveranlagungen berücksichtigt werden könnten.
35Hiergegen hat der Kläger am 29.12.2020 Klage erhoben.
36Er führt zur Begründung aus, dass in Bezug auf die Berücksichtigung der Einkünfte aus der Y. & J. GbR in den Einkommensteuerbescheiden 2006 und 2009 zwar grundsätzlich die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Eine Durchbrechung der Festsetzungsfrist sei allerdings nach § 181 Abs. 5 AO erfolgt. Auch unter Berücksichtigung der Neuregelung des § 10d Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz EStG sei eine Änderung der Einkommensteuerbescheide sowie der Verlustfeststellungsbescheide vorzunehmen. Die Nichtumsetzung der Feststellungsbescheide vom 24.01.2013 bzw. 04.11.2013 durch das beklagte FA sei pflichtwidrig und die Voraussetzungen der Vorschrift damit erfüllt.
37Hinsichtlich der Ermittlung der Abschreibung für die D.-straße richte sich die Klage gegen die Ermittlung der Anschaffungskosten für die Altimmobilie. Bei der Anschaffung eines bebauten Grundstücks sei der Kaufpreis nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte auf den Grund und Boden und auf das Gebäude aufzuteilen; aus Vereinfachungsgründen sei der Anteil am Grund und Boden auf der Grundlage der vom Bundesministerium der Finanzen bereitgestellten Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) ermittelt worden. Ein Nachweis für die Grunderwerbsteuer liege nicht mehr vor, daher sei der Betrag anhand der gesetzlichen Vorschriften mit 2% vom Kaufpreis berücksichtigt worden. Die Kosten für Notar und Grundbuch seien der Aufstellung aus dem Kaufvertrag entnommen worden. Mit dem Kaufvertrag sei ein Grundstück durch den Kläger selbst und der Y. K. & Co. KG erworben worden, daher sei nur die Hälfte der Gebühren dem Kläger zugerechnet worden. Auf dieser Grundlage ermittle sich die Bemessungsgrundlage wie folgt:
38Kaufpreis |
... EUR |
Grunderwerbsteuer (2%) |
... EUR |
Kosten für Notar |
... EUR |
Summe |
... EUR |
Gebäudewert |
50,18% |
Bemessungsgrundlage |
... EUR |
Die Klage ist ursprünglich für die Jahre 2006 bis 2016 erhoben worden. Das Verfahren des Klägers wegen Einkommensteuer 2011 bis 2016 und gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2011 bis 31.12.2016 ist mit Beschluss vom 29.09.2022 zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt worden.
40Der Kläger beantragt,
411. den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 15.05.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2020 zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 15.05.2018, geändert durch Bescheid vom 19.02.2019, sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2006 vom 19.02.2019 mit der Maßgabe zu ändern, dass
42a) die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers aus dem Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Y. & J. GbR vom 24.01.2013 in Höhe von ... EUR berücksichtigt werden sowie
43b) für die Abschreibung des Vermietungsobjekts D.-straße in A., Wirtschaftsgut „Altimmobilie“, eine Bemessungsgrundlage in Höhe von ... EUR berücksichtigt wird;
442. den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 15.05.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2020 zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 15.05.2018, geändert durch Bescheid vom 19.02.2019, sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2009 vom 19.02.2019 mit der Maßgabe zu ändern, dass
45a) die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung aus dem Bescheid für 2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Y. & J. GbR vom 04.11.2013 in Höhe von -... EUR berücksichtigt werden sowie
46b) für die Abschreibung des Vermietungsobjekts D.-straße in A., Wirtschaftsgut „Altimmobilie“, eine Bemessungsgrundlage in Höhe von ... EUR berücksichtigt wird;
473. den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 15.05.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2020 zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide 2007, 2008 und 2010 vom 15.05.2018, jeweils geändert durch Bescheide vom 19.02.2019, sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2007, auf den 31.12.2008 und auf den 31.12.2010 vom 19.02.2019 jeweils mit der Maßgabe zu ändern, dass für die Abschreibung des Vermietungsobjekts D.-straße in A., Wirtschaftsgut „Altimmobilie“, eine Bemessungsgrundlage in Höhe von ... EUR berücksichtigt wird.
48Der Beklagte beantragt,
49die Klage abzuweisen.
50Zur Begründung führt er hinsichtlich der Beteiligungseinkünfte an der Y. & J. GbR unter Verweis auf den Schriftverkehr im Einspruchsverfahren aus, dass die Festsetzungsfrist für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide der Jahre 2006 und 2009 sowie die Feststellungsfrist für die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer auf den 31.12.2006 ff. bereits abgelaufen sei.
51In Bezug auf die Bemessungsgrundlage für das Grundstück D.-straße könne der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Anschaffung der (Alt-) Immobilie nicht gefolgt werden. Die Grundstücksgröße betrage laut vorliegenden Urkunden entgegen der Berechnung des Kläger 3.185 qm, der Bodenrichtwert zum 31.12.1997 ... DM. Die D.-straße sei mit Einheitswertbescheid vom 09.11.1999 als unbebautes Grundstück eingestuft und nach Abschluss der Bauarbeiten zum 01.01.2001 mit Bescheid vom 01.03.2001 als gemischt genutztes Grundstück mit überwiegend gewerblichem Anteil bewertet worden. Diese Bewertungen seien einvernehmlich mit dem Kläger erfolgt. Nach dem Kaufvertrag hätten zum Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie keine Miet- oder Pachtverträge bestanden und die Gebäude seien nicht nutzbar gewesen.
52Unter Berücksichtigung des Einheitswertes zum 01.01.1998 würde sich der Gesamtkaufpreis auf den erworbenen Grund und Boden beziehen.
53Wie der Wert der Bemessungsgrundlage in Höhe von ... EUR durch den damaligen steuerlichen Berater des Klägers ermittelt und durch die durchgeführte Großbetriebsprüfung bestätigt worden sei, könne nicht nachvollzogen werden. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen würde sich eine Bemessungsgrundlage von ... EUR ergeben.
54Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, den BP-Bericht und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
55Entscheidungsgründe
56Die Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 ist unzulässig und im Übrigen unbegründet.
57I. Die Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 ist unzulässig. Der Kläger ist durch die Ablehnung seiner Änderungsanträge nicht im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO in seinen Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FGO).
58Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Verpflichtungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Beschwer durch einen Steuerbescheid ergibt sich grundsätzlich aus der Steuerfestsetzung und nicht aus den einzelnen Besteuerungsgrundlagen (BFH-Urteil vom 20.12.1994 IX R 124/92, BStBl II 1995, 537). Eine solche Beschwer ist bei der Klage auf Änderung eines Nullbescheids – wie hier die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 – nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig nicht gegeben (vgl. nur BFH-Urteil vom 08.11.1989 I R 174/86, BStBl II 1990, 91; Beschluss vom 16.12.2014 X B 113/14, BFH/NV 2015, 510; sowie Zwischenurteil vom 28.11.2018 I R 41/18, BFH/NV 2019, 1109). Ausnahmsweise kann die Klage gegen einen Nullbescheid jedoch zulässig sein, wenn der Bescheid sich für den Kläger deshalb nachteilig auswirkt, weil in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen im Rahmen anderer Verfahren verbindliche Entscheidungsvorgaben liefern (BFH-Urteile vom 08.06.2011 I R 79/10, BStBl II 2012, 421; vom 21.09.2011 I R 7/11, BStBl II 2014, 616; vom 20.121994 IX R 80/92, BStBl II 1995, 537, jeweils m.w.N.).
59Eine solche Bindungswirkung ergibt sich für die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 auch nicht aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH war § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. vor Änderung durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010, BGBl I 2010, 1768 (JStG 2010) nach seiner Zweckbestimmung als reine Korrekturvorschrift zu verstehen (BFH-Urteil vom 14.07.2009 IX R 52/08, BStBl II 2011, 26). Vor diesem Hintergrund könne Bezugspunkt für eine Änderung der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen Verluste nicht der Einkommensteuerbescheid, sondern grundsätzlich nur ein (bereits erlassener) Verlustfeststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahres sein (BFH-Urteil vom 14.07.2009 IX R 52/08, BStBl II 2011, 26). In Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH wurde eine solche Bindungswirkung JStG 2010 durch Änderung des § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG eingeführt. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 gelten allerdings nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird und mithin nicht in Bezug auf die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007.
60II. Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.
61Die Ablehnung der Änderung der Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2010 sowie die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2006 bis 31.12.2010 jeweils vom 19.02.2019 war rechtmäßig (§ 101 Satz 1 FGO). Eine Änderung durfte wegen Ablaufs der entsprechenden Festsetzungs- bzw. Feststellungsfristen nicht erfolgen (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO).
621. Die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2010 sind festsetzungsverjährt.
63a) Die Festsetzungsfrist ist hinsichtlich der vorgenannten Bescheide – vorbehaltlich der Vorschriften über die Ablaufhemmung – nach §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 2 Nr. 1, AO wie folgt abgelaufen:
64Jahr |
Abgabe Steuererklärung |
Beginn der Festsetzungsfrist |
Ende der Festsetzungsfrist |
2008 |
keine Erklärung |
31.12.2011 |
31.12.2015 |
2009 |
keine Erklärung |
31.12.2012 |
31.12.2016 |
2010 |
05.10.2011 |
31.12.2011 |
31.12.2015 |
Bei Antragstellung, am 30.05.2017, waren somit grundsätzlich die entsprechenden Festsetzungsfristen bereits abgelaufen.
66b) Kein anderes Ergebnis ergibt sich unter Berücksichtigung der Vorschriften über die Ablaufhemmung:
67aa) Der Ablauf der Festsetzungsfrist wurde zwar durch die im Jahr 2013 erlassenen Feststellungsbescheide für die Y. & J. GbR nach § 171 Abs. 10 AO gehemmt. Nach der Vorschrift endet die Festsetzungsfrist, soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe dieses Grundlagenbescheids. Dies wirkt sich aber zugunsten des Klägers nicht aus. Aufgrund des Erlasses der entsprechenden Feststellungsbescheide bereits im Jahr 2013 ist die Festsetzungsfrist für die Jahre 2006 und 2009 insoweit auch unter Berücksichtigung des § 171 Abs. 10 AO jedenfalls Ende 2015 abgelaufen.
68bb) Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO ist nicht einschlägig. Ein Antrag auf Änderung eines Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO kann zwar grundsätzlich (erneut) den Ablauf der Festsetzungsfrist nach Maßgabe des § 171 Abs. 3 AO hemmen (BFH-Urteil vom 24.05.2006 I R 93/05, BStBl II 2007, 76). Dies bedingt jedoch, dass der Antrag vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt wurde. Der Antrag auf Änderung wurde vorliegend jedoch am 30.05.2017 und damit nach Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt.
69cc) Auch greift die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO bezogen auf den Einspruch bzw. die Klage des Klägers nicht. Nach dieser Vorschrift läuft in den Fällen, in denen ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten wird, die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist. Dies setzt aber voraus, dass der angefochtene Bescheid vor Ablauf der Feststellungsfrist ergangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.07.2008 IX R 90/07, BStBl II 2009, 816). Eine Ablaufhemmung tritt nicht ein, wenn der Erlass eines Steuerbescheids nach Ablauf der Festsetzungsfrist abgelehnt wird und dieser Ablehnungsbescheid angefochten wird (BFH-Urteile vom 29.06.2011 IX R 38/10, BStBl II 2011, 963; vom 28.07.2021 X R 35/20, BFH/NV 2022, 1).
703. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Feststellungbescheide auf den 31.12.2006 bis 31.12.2010 ist Feststellungsverjährung wie folgt eingetreten:
71Jahr |
Abgabe Feststellungserklärung |
Beginn der Feststellungsfrist |
Ende der Feststellungfrist |
2006 |
11.12.2007 |
31.12.2007 |
13.12.2011 |
2007 |
29.10.2008 |
31.12.2008 |
31.12.2012 |
2008 |
keine Erklärung |
31.12.2011 |
31.12.2015 |
2009 |
keine Erklärung |
31.12.2012 |
31.12.2016 |
2010 |
05.10.2011 |
31.12.2011 |
31.12.2015 |
a) Kein anderes Ergebnis ergibt sich unter Berücksichtigung der Vorschriften über die Ablaufhemmung; die unter 1.b) dargestellten Erwägungen zur Ablaufhemmung gelten entsprechend.
73b) Eine Änderung der streitgegenständlichen Feststellungsbescheide kommt schließlich auch nicht unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 181 Abs. 5 AO in Betracht.
74Nach Maßgabe des § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass Festsetzungsfrist und Feststellungsfrist auseinanderfallen können und soll die zutreffende Steuerfestsetzung ermöglichen (Ratschow in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 181 Rn. 33). Sie soll verhindern, dass die rechtliche Verselbständigung des Feststellungsverfahrens zu materiell unrichtigen Festsetzungen führt, obwohl die Steuern noch nicht verjährt sind (BFH-Urteil vom 10.07.2008 IX R 90/07, BStBl II 2009, 816). Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine Tatbestandsvoraussetzung jedoch, dass für die Steuerfestsetzung (für welche die gesonderte Feststellung von Bedeutung ist) die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sein darf, so dass die Anwendung der Vorschrift auf die streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide bereits auf Grund des Ablaufs der Festsetzungsfrist ausscheidet.
75Die Erwägungen gelten entsprechend für die streitgegenständlichen Verlustfeststellungsbescheide. Die Vorschrift ist zwar über den Wortlaut hinaus auch anzuwenden, wenn die Feststellungen für einen anderen Feststellungsbescheid von Bedeutung sind (BFH-Urteil vom 11.11.2009 II R 14/08, BStBl II 2010, 723; Beschluss vom 31.05.2010 X B 162/09, BFH/NV 2010, 2011; Ratschow in Klein, AO, § 181 Rn. 33). Von Bedeutung sind Feststellungsbescheide nicht nur für Steuerfestsetzungs- oder Feststellungsbescheide desselben oder des unmittelbar anschließenden Veranlagungszeitraums; nach der Rechtsprechung des BFH genügt grundsätzlich jede auch nur mittelbare Bindungswirkung (BFH-Urteil vom 12.06.2002 XI R 26/01, BStBl II 2002, 681).
76Mit dieser Maßgabe ist ein Verlustfeststellungsbescheid nach § 10d Abs. 4 EStG stets dann „von Bedeutung“, wenn sich der Verlust letztlich (auch vermittels weiterer gesonderter Verlustfeststellungen, für die die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist) nach Maßgabe des § 10d EStG bei der Einkommensteuer eines Jahres auswirken kann, für welches die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (Ratschow in Klein, AO, § 181 Rn. 35 m.w.N. zur Rechtsprechung). Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Einschränkung durch § 10d Abs. 4 Satz 6 2. Halbsatz EStG. Die Vorschrift ist nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878 (JStG 2007) für alle bei Inkrafttreten des JStG 2007 am 19.12.2006 noch nicht abgelaufenen Feststellungsfristen und mithin auch für die hier vorliegenden Streitjahre anwendbar. Nach § 10d Abs. 4 Satz 6 2. Halbsatz EStG ist § 181 Abs. 5 AO nur anzuwenden, wenn das zuständige FA den Erlass des Feststellungsbescheids pflichtwidrig unterlassen hat. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BFH nur dann erfüllt, wenn eine Verlustfeststellung bisher gänzlich fehlt; die Änderung einer bereits fristgerecht ergangenen Feststellung fällt nicht darunter (BFH-Urteil vom 11.02.2015 I R 5/13, BStBl II 2016, 353 betreffend § 35b GewStG). Ausgeschlossen ist die Anwendung damit, wenn – wie im Streitfall – zwar eine Verlustfeststellung erfolgt ist, diese aber pflichtwidrig nicht geändert wurde (Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10d EStG Rn. 131; Schmieszek in Bordewin/Brandt, EStG, § 10d Rn. 349; Vogel in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 10d EStG Rn. 287).
77III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
78IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Es liegen keine Revisionsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO vor.