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Der Gewerbesteuermessbescheid für 2017 vom 13.02.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.10.2020 wird dahingehend geändert, dass der Gewerbesteuer-Messbetrag unter Anwendung der erweiterten Kürzung auf ... Euro festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
2Streitig ist, ob es sich bei verschiedenen Vorrichtungen in einer vermieteten Halle und im Außenbereich um Betriebsvorrichtungen handelt und der Klägerin als Vermieterin deshalb die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu versagen ist.
3Mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2015 wurde die Klägerin von ihren Gesellschaftern und Geschäftsführern, Z und Y, in der Rechtsform einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gegründet, die seit dem ... 2020 jedoch unter ihrer heutigen Firma tätig ist. Gegenstand des Unternehmens ist der Umgang mit Grundbesitz.
4Mit Kaufvertrag vom ...2015 erwarb die Klägerin das unbebaute Grundstück Straße 01 (vormals Straße 02) in 00000 A-Stadt zu einem Kaufpreis von ... Euro. Sodann bebaute es die Klägerin mit einer Gewerbeimmobilie zu Herstellungskosten in Höhe von insgesamt ... Euro. Diese setzte sich aus einer ... m² großen Halle, Büro- und Aufenthaltsräumen mit einer Größe von ... m² und ... Sanitärräumen (Toiletten und Waschräume) zusammen. Die Halle war durch ... motorisch betriebene Rolltore abgeschlossen. Da die künftige Mieterin, die X GbR, mit der die Gesellschafter Y und Z ein Kfz-Sachverständigen-/Ingenieurbüro betrieben, die Immobilie hauptsächlich zur Durchführung von Hauptuntersuchungen an Kraftfahrzeugen und allen damit in Verbindung stehenden Tätigkeiten (Kfz-Prüfstelle) nutzen würde und heute nutzt, war die Halle mit einer sogenannten Grube zur Besichtigung der Fahrzeuge von unten (nachfolgend auch als tiefe Grube bezeichnet) sowie mit einer Vorrichtung für den von der Mieterin vorzunehmenden Einbau von Hebebühnen (nachfolgend auch als flache Grube bezeichnet) ausgestattet. Die Ausführung des Hallenbodens erfolgte in Anlehnung an die Ebenheitsanforderungen der HU-Scheinwerfer-Prüfrichtlinie. Die Zu- und Ausfahrten der Halle wurden hinsichtlich der Tragfähigkeit so befestigt, dass sie für die zu prüfenden Fahrzeuge (auch Lkw) ausreichend sind. Diese Gegebenheiten wurden in dem Mietvertrag mit der künftigen Mieterin festgelegt (vgl. II a des Mietvertrags vom ...2017). Das Gebäude wurde zum ... 2017 fertiggestellt, sodass zu diesem Zeitpunkt auch die Vermietung zu einer monatlichen Miete von ... Euro zzgl. ... Euro Umsatzsteuer begann.
5Am 17.09.2018 reichte die Klägerin ihre Gewerbesteuererklärung für 2017 beim Beklagten ein und erklärte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... Euro, Hinzurechnungsbeträge (Entgelte für Schulden) in Höhe von ... Euro und eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von ... Euro.
6Mit Bescheid vom 13.02.2019 setzte der Beklagte den Gewerbesteuer-Messbetrag für 2017 auf ... Euro fest, wobei er nur die sog. einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG in Höhe von ... Euro (1,2% des Einheitswerts in Höhe von ... Euro) zum Abzug brachte. Zur Begründung führte er an, dass die erweiterte Kürzung nur gewährt werden könne, wenn die Voraussetzungen während des gesamten gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraums vorgelegen hätten. Da eine Vermietung erst im Laufe des Jahres 2017 aufgenommen worden sei, könne nur eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG vorgenommen werden. Ungeachtet dessen müsse die erweiterte Kürzung auch wegen der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen (Fahrzeug- und Werkstattgrube sowie besonderer Belag für das Außengelände) scheitern.
7Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und begehrte, die erweiterte Kürzung vorzunehmen.
8Bei ihr handele sich um eine rein vermögensverwaltende Grundstücksgesellschaft, die nicht gewerblich tätig sei und ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalte. Der erzielte Ertrag entfalle in vollem Umfang auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes, da keine anderen Tätigkeiten ausgeübt und keine anderen Einnahmen erzielt worden seien. Es sei unerheblich, dass der Mietvertrag erst im Laufe des Jahres 2017 abgeschlossen worden sei. Denn das hergestellte Gebäude sei erst zum ... 2017 fertiggestellt und ab diesem Zeitpunkt auch vermietet worden. Die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes habe somit im gesamten Erhebungszeitraum vorgelegen.
9Zudem vermiete sie nur das Grundvermögen, da keine Betriebsvorrichtungen vorhanden seien bzw. sich nicht in ihrem Eigentum befinden würden. Bei den Fahrzeug- und Werkstattgruben handele es sich um durchgängig gegossene Vertiefungen im Boden, die Bestandteil des vorhandenen Bodens seien. Es handele sich somit um einen Bestandteil des Fundaments, der zwangsläufig als Gebäudebestandteil anzusehen sei. Als Teil des Fundaments diene die Grube somit der Standfestigkeit des Gebäudes. Auf 2.5 und 2.7 des Erlasses der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2013, 734) werde verwiesen. Zur Nutzung dieser Gruben bedürfe es außerdem noch weiterer Vorrichtungen, wie z.B. Leiter und Hebebühne, die nicht Bestandteil des Mietvertrages seien und die von der Mieterin selbst angeschafft und eingerichtet werden müssten. Diese habe die Hebebühnen (Fahrbahn und Hubeinheiten), Stahlwannen (inklusive Fundamentverschalung), den Bremsprüfstand, Grubenheber und Lichteinstellgerät, die für die Nutzung der angemieteten Räumlichkeiten als Kfz-Prüfstelle notwendig seien, angeschafft.
10Bei dem „besonderen Belag für das Außengelände“ handele es sich ebenfalls nicht um eine Betriebsvorrichtung. Zum einen handele es sich nicht um einen besonderen Belag im Speziellen, sondern lediglich um eine Befestigung, deren Tragfähigkeit derart gestaltet sei, dass sie Fahrzeugen (auch Lkw) standhalte. Dies sei jedoch nicht als besonderer Belag anzusehen. Abgesehen davon gehörten Außenanlagen stets zum Grundstück (Verweis auf Punkt 4.1 und 4.2 des Erlasses).
11Betrachte man die Anlage 1 des Erlasses, sei zu erkennen, dass Bodenbefestigungen, Fahrbahnen, Fußböden, (eventuell bei der Grube) Mauervorlagen, Trennwände (tragende Wände) alle als Gebäude, Gebäudebestandteile oder als Außenanlagen und nicht als Betriebsvorrichtung qualifiziert würden.
12Selbst wenn es sich bei den in Rede stehenden Vorrichtungen um Betriebsvorrichtungen handeln würde, sei eine Mitvermietung unschädlich, da sie als zwingend notwendige Teile (unentbehrlich) für eine wirtschaftlich sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung anzusehen seien und in quantitativer Hinsicht nicht den Rahmen eines unbedeutenden Hilfsgeschäfts überschreiten würde.
13Weiterhin sei anzuführen, dass unter den Begriff der Betriebsvorrichtung alle Vorrichtungen fallen würden, mit denen ein Gewerbe unmittelbar betrieben werde. Die Mieterin übe jedoch gar kein Gewerbe aus, sondern betreibe eine Kfz-Prüfstelle, die den freien Berufen zuzuordnen sei.
14Darüber hinaus wies sie auf Rechtsprechung hin, wonach unter engen Voraussetzungen Ausnahmen davon zugelassen würden, dass die Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen zu einem Ausschluss der erweiterten Kürzung führe (Verweis auf Urteil des Finanzgerichts – FG – Düsseldorf vom 22.10.2013 – 13 K 859/10 G, F, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2014, 303 sowie Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 26.02.1992 – I R 53/90, BStBl II 1992, 738; vom 26.08.1993 – IV R 18/91, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 1994, 338; vom 18.04.2000 – VIII R 68/98, BStBl II 2001, 359; vom 17.05.2006 – VIII R 39/05, BStBl II 2006, 659; vom 04.10.2006 – VIII R 48/05, juris).
15Mit Einspruchsentscheidung vom 07.10.2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Klägerin könne insoweit gefolgt werden, als der Umstand, dass die Vermietung nicht ganzjährig erfolgt sei, für sich allein nicht bereits dazu führe, dass die erweiterte Kürzung für das Jahr 2017 zu versagen sei; denn der Grund und Boden gehöre bereits seit dem Jahr 2015 zum Betriebsvermögen der Klägerin. Zudem sei vor der Fertigstellung des Gebäudes keine andere Tätigkeit als die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes ausgeübt worden.
16Die erweiterte Kürzung sei aber deshalb zu versagen, weil nicht ausschließlich eigener Grundbesitz, sondern darüber hinaus auch Betriebsvorrichtungen, namentlich Fahrzeug- und Werkstattgruben, eine Vorrichtung für den Einbau von Hebebühnen sowie besondere, auf die Erfordernisse der Mieterin abgestimmte Bodenbefestigungen und -beläge mitvermietet worden seien. Bei dem Mietobjekt handele es sich um eine Halle, die auf die besonderen Bedürfnisse einer Kfz-Prüfstelle, betrieben von einer ganz konkreten vor Baubeginn bereits feststehenden Mieterin, zugeschnitten sei. Bei den in Rede stehenden Vorrichtungen handele es sich deshalb um Betriebsvorrichtungen gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG). Die Überlassung derartiger Betriebsvorrichtungen stelle keine Verwaltung oder Nutzung von Grundbesitz, sondern eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit dar, die sich regelmäßig begünstigungsschädlich auswirke.
17Im Übrigen könne die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen auch nicht als notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksnutzung angesehen werden. Zwar lasse sich vertreten, dass ohne diese Ausstattung das errichtete Gebäude nicht sinnvoll als Kfz-Prüfstelle nutzbar gewesen wäre, gleichwohl sei aber eine anderweitige Nutzung der errichteten Halle durchaus auch ohne die entsprechende Ausstattung denkbar.
18Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und begehrt weiterhin die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
19Ergänzend trägt sie vor, dass es sich bei den im Streit stehenden Vorrichtungen um (1) eine Vorrichtung für den Einbau einer Hebebühne, nämlich eine ins Fundament einbetonierte Stahlkassette, (2) die Fahrzeug- und Werkstattgruben (flache und tiefe Grube) sowie (3) den Hallenboden, bei dem aber kein spezieller Boden oder Bodenbelag vorliege, handele. Zum Boden sei zu sagen, dass der reguläre Betonboden unmittelbar nach dem Betonieren, d.h. noch vor dem Aushärten, geglättet worden sei. Diese Arbeitsweise führe gerade dazu, dass keine besondere Beschichtung (z.B. das Fliesen der Fläche oder das Aufbringen einer speziellen Beschichtung) erforderlich sei. Eine weitere Bearbeitung des Bodens sei nicht erfolgt.
20Darüber hinaus bedürfe es der streitigen Vorrichtungen, um das Gebäude einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Das Gebäude sei nach dem Sinn und Zweck als Pkw- und Lkw-Werkstatt funktional ausgerichtet. Eine solche Werkstatt beinhalte zwangsläufig eine Hebebühne, die nur in dafür vorgesehenen Fundamenten eingebaut werden könne (flache Grube), sowie die vorhandene Werkstattgrube (tiefe Grube), da Lkw nicht auf einer Hebebühne angehoben werden könnten. Schließlich sei auch der Hallenboden für eine sinnvolle Nutzung unverzichtbar, da anhand des speziellen Bodens eine den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) entsprechende Einstellung der Scheinwerfer vorgenommen werden könne.
21Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich um Betriebsvorrichtungen handele, sei deren Mitvermietung jedenfalls als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des vermieteten Grundstücks anzusehen und daher ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich (Verweis auf Urteil des FG Münster vom 11.02.2022 – 14 K 2267/19 G, F, juris).
22Darüber hinaus liege eine Spezialimmobilie vor, die wegen der Gestaltung der Halle (sehr hohe Räume, sehr schlechte Dämmung der Außenwände, große Tore) aus ihrer Sicht nicht anderweitig sinnvoll nutzbar sei. Die Ausführungen des Beklagten, wonach die in Rede stehenden Gebäude als Produktions- oder Lagerhallen oder als Halle für Veranstaltungen genutzt werden könnten, seien nicht zutreffend. So sei im Streitfall keine Nutzung als Produktionshalle möglich, da die in der Regel benötigten Starkstromanschlüsse und Ähnliches nicht vorlägen. Industrie- oder Gewerbestrom werde nicht bezogen. Zudem komme es auf eine etwaige andere, mögliche Nutzung nicht an. Der Verweis auf die Nutzung als Lagerhalle diene dem Beklagten als „Totschlagargument“, da bei jeder Räumlichkeit eine Möglichkeit zum Lagern bestimmter Gegenstände gegeben sein könne. Auch z.B. in einem Silogebäude wäre unter Verwendung entsprechender Spezialregale eine Lagerung von Gegenständen und Gütern möglich.
23Jedenfalls sei die Mitvermietung der Vorrichtungen als unbedeutendes Hilfsgeschäft zu qualifizieren. Die Herstellungskosten der Fahrzeug- und Werkstattgruben seien nach Angaben des Bauunternehmens W GmbH in B-Stadt auf ca. ... Euro, der Vorrichtung für den Einbau einer Hebebühne auf ... Euro und des Hallenbodens nach Ebenheitsanforderungen auf ... Euro zu schätzen. Damit beliefen sich die Herstellungskosten der Vorrichtungen auf weniger als 2% der Gesamtherstellungskosten. Eine separate Miete sei für die Vorrichtungen nicht vereinbart worden.
24Die Entscheidung des BFH, wonach eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze nicht in Betracht komme, entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Dies lasse sich aus der Gesetzesänderung mit dem Fondsstandortgesetz vom 06.03.2021 (FoStoG, Bundesgesetzblatt I 2021, 1498) ableiten. Danach gelte nun u.a. eine Unschädlichkeitsgrenze von 5 % der Einnahmen aus der Grundbesitzüberlassung. Der Gesetzgeber stelle damit klar, dass es nicht die Intention gewesen sei, sämtliche noch so geringe Mitvermietungen von Betriebsvorrichtungen aus der Begünstigung der erweiterten Kürzung auszunehmen. Insoweit führe die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung zu unzutreffenden Ergebnissen.
25Die Klägerin beantragt,
26den Gewerbesteuermessbescheid für 2017 vom 13.02.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.10.2020 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuer-Messbetrag unter Anwendung der erweiterten Kürzung auf ... Euro festgesetzt wird.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Ergänzend trägt er vor, dass die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen vorliegend nicht als unbedeutendes Hilfsgeschäft anzusehen sei. Denn nach der neuen Rechtsprechung des BFH (Verweis auf BFH-Urteil vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl II 2019, 705) komme eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze nicht (mehr) in Betracht. Anders als z.B. im Fall eines Silogebäudes (Verweis auf BFH-Urteil vom 04.10.2006 – VIII R 48/05, juris) sei bei einer Halle mit Sozialräumen eine andere Nutzung denn als Kfz-Prüfstelle (z. B. als Produktions- oder Lagerhalle, als Halle für Veranstaltungen) durchaus möglich.
30Die Gesetzesänderung durch das FoStoG vom 06.03.2021 sei erstmals für das Jahr 2021 und damit nicht für das Streitjahr anzuwenden. Zudem könne aus der erstmals eingeführten Bagatellgrenze nicht auf den tatsächlichen oder vermeintlichen Willen des Gesetzgebers bei Einführung der – im Kern schon im GewStG 1936 enthaltenen – erweiterten Kürzung und des insoweit (bisher) geltenden „strengen Ausschließlichkeitsgebots“ geschlossen werden. Der Gesetzestext sei insofern auch im Streitjahr eindeutig, sodass für eine Auslegung nach dem vermeintlichen Willen des Gesetzgebers oder dem Sinn und Zweck der Vorschrift kein Raum sei.
31Des Weiteren liege auf der Hand, dass eine Werkstatthalle mit Sozialräumen auch ohne die in Rede stehenden Betriebsvorrichtungen wesentlich einfacher anderweitig zu nutzen wäre als dies bei einem Silogebäude und den dafür erforderlichen Betriebsvorrichtungen der Fall sei. Die Klägerin könne die Halle z.B. auch an ein Handelsunternehmen vermieten, welches die Halle als Lagerraum benutzen könnte und hierfür keine Fahrzeug- und Werkstattgrube benötige.
32Soweit die Klägerin auf das Urteil des FG Münster vom 11.02.2022 (14 K 2267/19 G, F, juris) verweise, in dem dieses entschieden habe, dass eine Bodenvertiefung, die die Aufstellung einer ebenerdigen befahrbaren Bremsprüfanlage in einer Kfz-Werkstatt ermögliche, keine Betriebsvorrichtung darstelle, da die Vertiefung für sich allein genommen keinen Zweck erfülle, sei dem entgegenzuhalten, dass die vorliegend strittige (tiefe) Fahrzeug- und Werkstattgrube sehr wohl einen eigenen Zweck erfülle, nämlich die Besichtigung der Fahrzeuge von unten. Zudem entspreche die vom FG Münster vorgenommene Beurteilung, dass die Nebentätigkeit aus der Verpachtung der Vertiefungen und Fundamente als Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksnutzung angesehen werden könne, weder der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch könne sie auf den hier vorliegenden Sachverhalt einer explizit mitvermieteten Werkstattgrube übertragen werden (Verweis auf BFH-Urteil vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl II 2019, 705). Abweichend habe der BFH nur in besonderen Fällen, wie z.B. bei „auf Grundstücke bezogene unentgeltliche Bestellung von Sicherheiten“ (Verweis auf BFH-Urteil vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BStBl II 2006, 434) oder im Ausnahmefall eines Silogebäudes, das quasi ausschließlich aus Betriebsvorrichtungen bestehe (Verweis auf BFH-Urteil vom 04.10.2006 – VIII R 48/05, juris), geurteilt.
33Zudem komme den Fahrzeug- und Werkstattgruben eine unmittelbare betriebliche Funktion zu. Insoweit sei der Fall nicht mit demjenigen des Urteils vom 24.02.2023 (FG Düsseldorf vom 24.02.2023 – 10 K 1672/20 G, EFG 2023, 651) vergleichbar. Die Mieterin benötige eine Grube zur Besichtigung der Fahrzeuge von unten. Da selbst ein ausschließlich einem Lastenaufzug dienender Schacht Teil der Betriebsvorrichtung sei, könne für die vorliegende (tiefe) Fahrzeug- und Werkstattgrube, die selbst für sich allein genommen genutzt werden könne, nichts anderes gelten. Zudem bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin das Gebäude nach den konkreten Vorstellungen und Anforderungen der Mieterin errichtete habe.
34Des Weiteren sei hinsichtlich des Bodenbelags des Außengeländes zu sagen, dass eine Befestigung, deren Tragfähigkeit derart gestaltet sei, dass sie lediglich Fahrzeugen (auch Lkw) standhalte, einen Fall darstelle, in dem tatsächlich nur von einer mittelbaren betrieblichen Funktion auszugehen sei.
35Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren beigezogen. Auf den übersandten Verwaltungsvorgang und auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe
37Die Klage ist begründet.
38I. Der Gewerbesteuermessbescheid für 2017 vom 13.02.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.10.2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat bei der Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags für das Streitjahr zu Unrecht davon abgesehen, die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um den auf die Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes der Klägerin entfallenden Teil des Gewerbeertrags zu kürzen.
391. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl II 2019, 262 m.w.N.).
40Eigener Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl II 2019, 262 m.w.N.). Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteil vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl II 2017, 175 m.w.N.). Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (BFH-Urteil vom 14.06.2005 – VIII R 3/03, BStBl II 2005, 778).
41Darüber hinaus können nach ständiger Rechtsprechung auch Nebentätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gezogenen Rahmens liegen (BFH-Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, 87). Die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet zwar, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl II 2019, 705; vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, 87). Ist der Umfang einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot (BFH-Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, 87 m.w.N.). § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c) GewStG in der Fassung des FoStoG vom 06.03.2021 ist für das Streitjahr nicht anzuwenden.
422. Ausgehend hiervon hat die Klägerin in diesem Sinne ausschließlich eigenen Grundbesitz genutzt und verwaltet.
43a) Der in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwendete Begriff des Grundbesitzes ist ebenso wie in Satz 1 dieser Bestimmung im gegenüber dem Einkommensteuerrecht engeren bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl II 2020, 405 m.w.N.). Dies beruht auf dem Zweck des § 9 Nr. 1 GewStG, die Doppelbelastung von Grundbesitz mit Realsteuern (Gewerbesteuer und Grundsteuer) zu vermeiden. Bei Erträgen, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind, ist eine Doppelbelastung durch Grundsteuer und Gewerbesteuer nicht zu befürchten (BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl II 2020, 405 m.w.N.).
44Der Umfang des Grundvermögens ergibt sich aus § 68 BewG (BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl II 2020, 405 m.w.N.). Danach gehören zum Grundvermögen unter anderem der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG), nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG).
45Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage“ ergibt sich, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl II 2020, 405 m.w.N.). Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient (BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl II 2020, 405 m.w.N.). Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht aus (BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl II 2020, 405 m.w.N.).
46b) Ausgehend hiervon gehören die streitigen Vorrichtungen zum Grundbesitz gemäß § 68 BewG und stellen insbesondere keine Betriebsvorrichtungen dar.
47aa) Dies betrifft zunächst den Hallenboden als solches. Der Boden ist ebenso wie etwa eine Flächenerweiterung zur Seite oder im Deckenbereich kein Gegenstand als solcher, sondern lediglich ein Gestaltungsmerkmal eines Gebäudes. Auch ohne Rücksicht auf die von der Mieterin ausgeübte Tätigkeit oder den etwaigen besonderen Bezug zu ihrer Tätigkeit dienen alle Flächenerweiterungen oder -begrenzungen der Benutzung des Gebäudes „Halle“ bzw. definieren dieses überhaupt erst als Gebäude. Unter Berücksichtigung der technischen Bauweise bilden sie die Konstruktionsteile des Gebäudes.
48Daran ändert die besondere Bearbeitung des Bodens, also die Glättung des Bodens nach dem Betonieren, nichts. Es liegt in der Natur der Gebäudeerrichtung, dass jede Gebäudeseite genauso wie das Dach und der Boden einer gewissen Bearbeitung bedarf. Diese Mindestbearbeitung oder -errichtung sieht das Gericht durch die Glättung nicht als überschritten, sodass es sich dabei um die allgemeine Bodenbefestigung handelt. Der Boden dient in erster Linie der Benutzung und Befahrbarkeit der Halle an sich. Zwar dient der geglättete Boden der Tätigkeit der Mieterin insofern, als dass dadurch den Vorschriften der StVZO entsprechende Einstellungen der Scheinwerfer vorgenommen werden können. Die Klägerin hat aber gerade keinen speziellen Bodenbelag zusätzlich aufgetragen oder den Boden nur an gewissen Stellen geglättet, um die Nutzungsanforderung der Mieterin zu erfüllen, sondern die Anforderung bei der Konstruktion der gesamten Bodenplatte berücksichtigt; auch für diejenigen Teilflächen, die mangels Größe nicht für die Scheinwerfereinstellung genutzt werden können. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Mieterin die Einstellungen der Scheinwerfer nicht mit dem Bodenbelag, sondern den entsprechenden Einstellgeräten durchführt. Der geglättete Boden dient dieser Tätigkeit damit nur mittelbar.
49bb) Gleiches gilt für die Vertiefung des Hallenbodens, die von der Klägerin für den von der Mieterin vorzunehmenden Einbau einer Hebebühne angelegt worden war (flache Grube). Diese Vertiefung im Boden ist Teil der Bodenplatte und als solche ebenso Gestaltungsmerkmal eines Gebäudes.
50Der besondere Bezug zu der Tätigkeit der Mieterin ändert daran nichts. Denn durch die Bodenvertiefung übt die Mieterin ihre Tätigkeit nicht unmittelbar aus. Die flache Grube ist vielmehr nur nützlich zur ebenerdigen Installation der Hebebühne. Die eigentliche Tätigkeit der Mieterin wäre auch ohne eine entsprechende Vertiefung im Boden durchführbar, nämlich durch die Anschaffung und Nutzung einer mobilen Hebebühne. Die Vertiefung hatte einzig den Zweck, dass die später an dieser Stelle eingebaute Hebebühne ebenerdig befahren werden kann. Allein durch die Vertiefung konnte die Mieterin ihre Prüftätigkeiten aber nicht „unmittelbar“ ausüben, sondern allenfalls mittelbar im Zusammenhang mit der auf ihr errichteten Hebebühne.
51cc) Anders als im Fall der flachen Grube sind die mittels der Grube zur Besichtigung der Fahrzeuge von unten (tiefe Grube) durchführbaren Prüftätigkeiten, insbesondere an Lkw, die nicht angehoben werden können, nicht ersatzweise durch eine mobile Anlage durchführbar. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass die tiefe Grube als Betriebsvorrichtung zu qualifizieren ist. Denn auch die tiefe Grube ist als Vertiefung des Hallenbodens zunächst einmal Teil der Bodenplatte und damit ebenfalls Gestaltungs- und Funktionsmerkmal eines Gebäudes. Der Gebäuderaum wird nach unten hin nur erweitert, ähnlich einer Raumerweiterung durch z.B. einen Erker, nur nicht die Gebäudeseiten, sondern den Boden betreffend. Dieser zusätzliche Raum gestaltet die Arbeiten an z.B. einem Lkw körperlich einfacher und ist für die Tätigkeit der Mieterin daher nützlich, ist aber nicht zwingende Voraussetzung dafür, dass überhaupt Leistungen an der Unterseite eines Lkw ausgeführt werden können. Es wird deshalb in der Grube keine Tätigkeit vorgenommen, die nur in dieser Vertiefung ausgeführt werden könnte – anders z.B. als bei einem mit Wasser gefüllten Schwimmbecken eines Schwimmbadbetriebs, in dem der Schwimmvorgang nur im Becken, nicht aber außerhalb des Beckens vorgenommen werden kann.
52Die Grube hat darüber hinaus keine für sich stehende betriebliche Funktion (wie bspw. das Schwimmbecken, das Wasser einfasst, oder der Aufzugschacht, der einen Lastenaufzug umschließt) und schließt den Hallenraum auch nicht für eine separate betriebliche Funktion unterteilend ab (wie bspw. Spritzboxen in Karosseriewerkstätten). Sie schafft lediglich mehr Platz für die Arbeiten. Es steht damit der Gesichtspunkt der Raumaufteilung im Vordergrund. Es wird eine weitere „Ebene“ geschaffen (vgl. zur ähnlichen Argumentation bei einer Stahlbühne BFH-Urteil vom 12.02.1982 – III R 127/78, BStBl II 1982, 448). „Auf“ der niedrigeren Ebene bzw. „in“ der tiefen Grube werden Arbeitsvorgänge durchgeführt, aber nicht „mit“ der Grube, wie es bei Maschinen der Fall ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bei ihrer Konstruktion betriebsspezifische Gesichtspunkte berücksichtigt worden sind.
53dd) Auch bei der einbetonierten Stahlkassette, die der Verankerung der Hebebühne in der flachen Grube dient, handelt es sich nicht um eine Betriebsvorrichtung. Denn auch ohne die Stahlkassette kann die Mieterin ihre Tätigkeit in der Halle grundsätzlich betreiben, eben durch die alternative Nutzung einer mobilen Hebebühne. Durch die Stahlkassette führt die Mieterin jedenfalls nicht unmittelbar ihre Arbeiten aus. Soweit in der Literatur Einzelfundamente für Maschinen stets als Betriebsvorrichtungen eingeordnet werden (z.B. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 68 Rn. 111 (August 2019); Schnitter in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 68 BewG Rn. 89 (Januar 2020)), ist anzumerken, dass es sich bei einer Hebebühne jedenfalls um keine Maschine handelt. Darüber hinaus betreibt die Mieterin ihre Prüftätigkeit nicht mit der Stahlkassette, sondern allenfalls mit der Hebebühne.
54ee) Des Weiteren sind die im Außenbereich verlegten Doppel-T-Verbundpflastersteine als allgemeine Boden- oder Platzbefestigung und damit als Außenanlage einzustufen. Dabei handelt es sich um keine spezielle Pflasterung. Dieser kommt keine dem Betriebsvorgang bzw. -ablauf der Mieterin dienende besondere Funktion zu. Sie steht nicht in einer besonders engen Beziehung zu der von der Mieterin ausgeübten Tätigkeit. Vielmehr dient sie der allgemeinen Begeh- und Befahrbarkeit des Außengeländes. Daran ändert nichts, dass die Bodenbefestigung auch für die Befahrbarkeit durch Lkw geeignet ist.
553. Unabhängig davon – selbst wenn die zuvor genannten Vorrichtungen Betriebsvorrichtungen darstellen würden – wären sie im Streitfall jedenfalls ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich. Eine Mitvermietung wäre jedenfalls als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des vermieteten Grundstückteils anzusehen. Denn das vermietete Grundstück konnte wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung der auf diesem Grundstück befindlichen Bodenbeläge, der beiden Gruben und der einbetonierten Stahlkassette genutzt werden.
56a) Die Bodenbeläge sind für eine Vermietung nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern führen erst zu einer Begeh- und Befahrbarkeit des gesamten Geländes. Ohne diese wären weder die Halle noch das Außengelände für die Klägerin wirtschaftlich nutzbar. Sie sind unerlässlich.
57b) Hinsichtlich der Grubenvertiefungen sowie der einbetonierten Stahlkassette wäre ein späteres Einfügen für die Mieterin bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht möglich gewesen. Die Errichtung der Gruben sowie das Einbetonieren der Stahlkassette spielte bei der von der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks vorgenommenen Gesamtbaumaßnahme eine nur untergeordnete Rolle. Bei Herstellungskosten in Höhe von insgesamt ... Euro belaufen sich die unbestrittenen Kosten für beide Gruben auf ca. ... Euro und diejenigen für die Stahlkassette auf ca. ... Euro. Die Mieterin hätte dagegen einen gravierenden Eingriff in die Gebäudesubstanz vornehmen müssen, indem sie den Boden und damit das Fundament des Gebäudes hätte aufbrechen müssen. Damit unterscheiden sich solche Umbaumaßnahmen von denjenigen, die im Nachhinein problemlos durchführbar sind (z.B. das Setzen nichttragender Wände). Um den Eingriff in die Gebäudesubstanz zu vermeiden und damit auch Umbauschäden auszuschließen, war es für die Klägerin zum Schutz des Gebäudes und wirtschaftlich sinnvoll, diese Maßnahmen bei der Gebäudeplanung und-herstellung ebenfalls vorzunehmen. Sämtliche nicht in die Gebäudesubstanz eingreifenden Maßnahmen führte die Mieterin dann selbst durch.
58Das Gericht schließt sich der Ansicht des FG Münster (Urteile vom 06.12.2018 – 8 K 3685/17 G, EFG 2019, 373; vom 11.02.2022 – 14 K 2267/19 G, F, juris) an, dass mit der Formulierung, dass die Nebentätigkeit als Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksnutzung „angesehen werden kann“, ein – wenngleich angesichts der gebotenen restriktiven Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begrenzter – unternehmerischer Beurteilungsspielraum angedeutet ist und es insofern nicht darauf ankommt, ob die Nebentätigkeit die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Alternativen die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung ist. Insofern sind Maßnahmen, die – wie im Streitfall die Überlassung der Gruben und der Stahlkassette – in rechtlich und wirtschaftlich engem Zusammenhang mit dem Grundbesitz stehen und dazu dienen, die wirtschaftliche Nutzung des Grundbesitzes mit seinen Besonderheiten zu ermöglichen und von naheliegenden Risiken freizuhalten, als unternehmerisch sinnvolle Entscheidung der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zuzurechnen.
594. Vorliegend ist das Merkmal der ausschließlichen eigenen Grundbesitznutzung und-verwaltung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Grunde nach eine umgekehrte Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin als Besitzunternehmen und der Mieterin als Betriebsunternehmen vorliegt (vgl. zur umgekehrten Betriebsaufspaltung BFH-Urteile vom 14.08.1975 – IV R 30/71, BStBl II 1976, 88; vom 16.09.1994 – III R 45/92, BStBl II 1995, 75). Die Rechtsfolge einer Betriebsaufspaltung, dass nämlich die Betätigung des Besitzunternehmens zu einer gewerblichen Betätigung umqualifiziert wird – hier zusätzlich zu der gewerblichen Qualifikation nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG und § 8 Abs. 2 KStG, die bei der Prüfung der erweiterten Kürzung aber gerade außer Acht gelassen wird –, kann jedenfalls im Streitfall keine Anwendung finden. Denn der Grund der Umqualifizierung wird darin gesehen, dass der einheitliche geschäftliche Betätigungswille der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen über das Betriebsunternehmen auf die Ausübung einer gewerblichen Betätigung gerichtet ist. Dabei wird die Tätigkeit des Betriebsunternehmens nicht dem Besitzunternehmen zugerechnet, sondern die Tätigkeit des Besitzunternehmens selbst aufgrund besonderer Umstände als gewerbliche Tätigkeit angesehen.
60Dieser Betätigungswille kann aber vorliegend nicht als gewerblicher Betätigungswille ausgelegt werden, da die Gesellschafter der Klägerin durch die Mieterin eine freiberufliche Tätigkeit ausführen und auf der anderen Seite mit der Klägerin einer Verpachtungstätigkeit nachgehen. Allein die personelle Verflechtung vermag nach Ansicht des Gerichts keinen auf Gewerblichkeit ausgerichteten Betätigungswillen begründen (ähnlich in der Konstellation der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung BFH-Urteil vom 10.11.2005 – IV R 29/04, BStBl II 2006, 173). Die Mieterin wird vorliegend des Weiteren nicht in Form einer Kapitalgesellschaft betrieben, weshalb sich daraus kein gewerblicher Betätigungswille herleiten lässt (so im BFH-Urteil vom 13.11.1997 – IV R 67/96, BStBl II 1998, 254)
61II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
62III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
63IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache (Subsumtion unter den Begriff der „Betriebsvorrichtung“) keine grundsätzliche Bedeutung, sondern stellt eine Einzelfallprüfung dar. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung insoweit keine Entscheidung des BFH.