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Der Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 21.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt H.-straße um insgesamt 424,- EUR vermindert werden.
Der Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 21.04.2016, geändert mit Bescheid vom 20.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt H.-straße um insgesamt 848,- EUR vermindert werden.
Der Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 21.04.2016, geändert mit Bescheid vom 20.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt H.-straße um insgesamt 876,- EUR vermindert werden.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Berechnung der festzusetzenden Steuern wird dem Beklagten übertragen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens
Tatbestand
2Streitig ist die Aufteilung des Kaufpreises für ein vermietetes Mehrfamilienhaus für Zwecke der Bemessung der Absetzung für Abnutzung (AfA) und, ob sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand oder Anschaffungskosten vorliegen.
3Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellem Kaufvertrag vom 08.06.2012 erwarben sie das Grundstück H.-straße in G.. Das Grundstück ist mit einem ca. 1961 errichteten und zu fremden Wohnzwecken genutzten Mehrfamilienhaus bebaut. Der Kaufpreis betrug 395.000,- EUR. Die Anschaffungsnebenkosten beliefen sich auf 37.100,43 EUR. Das Grundstück ist ... qm groß; hiervon bebaut sind ... qm. Das Objekt verfügt über insgesamt ... Wohneinheiten mit insgesamt ca. ... qm, verteilt auf vier Etagen (EG, 1. und 2. OG sowie DG). Zum Objekt gehört eine ebenfalls vermietete Garage. Nutzen und Lasten an dem Objekt gingen im Juli 2012 auf die Kläger über.
4In der Steuererklärung für das Streitjahr 2012 erklärten die Kläger aus dem Objekt H.-straße Mieteinnahmen in Höhe von 12.773,- EUR und zeitanteilig ab dem 02.07.2012 (= 6/12) berechnete Abschreibungen ausgehend von einem linearen AfA-Satz von 2 % und einer Bemessungsgrundlage von 303.636,97 EUR, wobei sie von einem Gebäudeanteil von 70,27 % ausgingen (432.100,43 EUR * 70,27 %). Darüber hinaus erklärten sie – neben weiteren, nicht streitgegenständlichen Werbungskosten in Höhe von 3.727,- EUR – sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 52.191,- EUR brutto. Hierin enthalten sind u.a. Aufwendungen für die Erneuerung der Elektroninstallation in der Wohnung 2. OG (4.165,- EUR brutto), die Erneuerung der Zähleranlage in der Wohnung 2. OG (2.075,36 EUR brutto), die Beseitigung von Rohrbrüchen an den Wasser- und Abwasser-Steigesträngen im Bad und in der Küche in der Wohnung 2. OG (1.707,65 EUR brutto, Arbeiten ausgeführt am 13.07. und 16.07.2012), die Erneuerung der Bäder und Heizkörper in der Wohnung 2. OG (10.240,82 EUR brutto), die Arbeiten an Türen, Fliesen und Laminat sowie Malerarbeiten der Firma X. (15.000,- EUR und 18.500,- EUR brutto) und für die Montage von Heizkostenverteilern an den neuen Heizungen durch die Firma S. in Höhe von 108,17 EUR brutto.
5Die aus dem Objekt H.-straße erklärten Vermietungseinkünfte betrugen für das Streitjahr 2012 insgesamt ./. 46.182,- EUR.
6Bei der Ermittlung des Gebäudewertes gingen die Kläger von einem Bodenrichtwert von ...,- EUR/qm aus und setzten diesen Wert (117.450,- EUR) ins Verhältnis zu dem gezahlten Kaufpreis von 395.000,- EUR (= Grundstück 29,73 %). Der Beklagte setzte die Einkünfte aus dem Objekt H.-straße erklärungsgemäß an. Die Steuerfestsetzung 2012 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung – AO).
7Für die Beseitigung der Rohrbrüche im Jahr 2012 erhielten die Kläger von ihrer Versicherung eine Erstattungsleistung in Höhe von 1.500,- EUR. Die Erstattungsleistung hatten die Kläger in ihren erklärten Einkünften von ./. 46.182,- EUR nicht berücksichtigt.
8In den in 2015 bei dem Beklagten eingereichten Steuererklärungen für die Streitjahre 2013 und 2014 erklärten die Kläger bezogen auf das Objekt H.-straße Mieteinnahmen in Höhe von 38.905,- EUR (in 2013) bzw. 39.679,- EUR (in 2014) sowie – neben weiteren, nicht streitgegenständlichen Werbungskosten in Höhe von 14.265,- EUR (2013) bzw. 8.094,- EUR (2014) – geleistete Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 111,- EUR (2013) bzw. 6.293,- EUR (2014). In den Erhaltungsaufwendungen für 2014 waren u.a. Aufwendungen für die Beseitigung eines Lecks am Öltank in Höhe von 5.820,29 EUR brutto sowie Aufwendungen für einen Einkauf bei Z. in Höhe von 13,97 EUR enthalten. Die geltend gemachte (lineare) AfA betrug jährlich 6.073,- EUR.
9Die aus dem Objekt H.-straße für 2013 erklärten Vermietungseinkünfte betrugen insgesamt 18.456,- EUR und für 2014 insgesamt 19.219,- EUR.
10Im Jahr 2015 tätigten die Kläger auf das Objekt H.-straße weitere Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 632,71 EUR (Rechnung vom 08.02.2015 für die Heizungswartung von 209,07 EUR; Rechnung vom 20.09.2015 für die Reparatur der Lichtschaltung im Treppenhaus von 423,64 EUR).
11Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass es sich bei den geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen für die Streitjahre 2012 bis 2014 um anschaffungsnahen Aufwand i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) handele, welcher den Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen sei.
12Am 21.04.2016 erließ der Beklagte für das Streitjahr 2012 gestützt auf § 164 Abs. 2 AO einen entsprechend geänderten Bescheid. Darin erkannte er die Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 52.191,- EUR nicht mehr als Werbungskosten an und erhöhte stattdessen die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen (AfA-Bemessungsgrundlage). Die Erhaltungsaufwendungen erkannte der Beklagte für das Streitjahr 2013 in Höhe von 111,- EUR und für das Streitjahr 2014 in Höhe von 6.293,- EUR in den (Erst)Bescheiden für 2013 und 2014 vom 21.04.2016 ebenfalls nicht als sofort abzugsfähige Aufwendungen an und erhöhte auch insoweit die AfA-Bemessungsgrundlage. Die Einkünfte für 2013 aus dem Objekt H.-straße setzte der Beklagte danach mit 17.396,- EUR an. Die Bescheide für 2013 und 2014 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; der Vorbehalt der Nachprüfung für 2012 blieb bestehen. Darüber hinaus erfolgten die Festsetzungen hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorläufig, weil die Aufteilung der Anschaffungskosten des Grundstücks H.-straße noch nicht abschließend geprüft werden könne.
13Gegen die Bescheide vom 21.04.2016 legten die Kläger Einspruch ein und führten zur Begründung aus, dass die 15 %-Grenze durch die getätigten Erhaltungsaufwendungen nicht überschritten sei. Die erklärten Erhaltungsaufwendungen setzten sich aus „Instandhaltungsaufwendungen“ in Höhe von 40.326,99 EUR netto und „Aufwendungen für Schönheitsreparaturen“ in Höhe von 8.912,11 EUR netto zusammen. In den Aufwendungen für die Firma X. seien Malerarbeiten in Höhe von 8.000,- EUR enthalten, die den Schönheitsreparaturen – so die Kläger in der Anlage zum Einspruchsschreiben vom 11.05.2016 – bzw. den Verwaltungskosten – so die Kläger in dem Schreiben vom 19.06.2017: Arbeiten seien nicht ausgeführt worden bzw. Schreiben der Kläger vom 02.11.2017: es liege eine Doppelzahlung von Schönheitsreparaturen in Höhe von 4.000,- EUR netto vor – zuzuordnen seien.
14Während des Einspruchsverfahrens gaben die Kläger beim Gutachterausschuss für Grundstückswerte der Stadt G. ein Gutachten über den Verkehrswert (Marktwert) i.S. von § 194 Baugesetzbuch in Auftrag. Nach den Gutachtern betrug der im Ertragswertverfahren ermittelte Gesamtwert der Immobilie 380.000,- EUR, wovon 117.450,- EUR (= 30,83 %) auf den Grund und Boden und der Rest (= 69,17 %) auf das Gebäude entfielen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 30.03.2017 verwiesen.
15Die 15 %-Grenze liege – so die Kläger unter Bezugnahme auf das Gutachten vom 30.03.2017 weiter – bei 44.832,58 EUR (432.100,43 EUR * 69,17 % * 15 %) und werde nicht überschritten. Die tatsächlich von der Firma X. ausgeführten Schönheitsreparaturen würden nur 4.760,- EUR brutto betragen. Bei der zweiten Zahlung von 4.760,- EUR an die Firma X. handele es sich um eine Doppelberechnung und -zahlung. Eine Rückforderung sei wegen der Insolvenz der Firma fehlgeschlagen. Bei den in 2012 angefallenen Aufwendungen für die Rohrbrucharbeiten in Höhe von 1.707,65 EUR brutto sowie den in 2014 angefallenen Kosten für die Öltankerneuerung in Höhe von 5.820,29 EUR brutto handele es sich – entgegen ihrer bisherigen Ausführungen – weder um Schönheitsreparaturen noch um Erhaltungsaufwand, sondern um außerordentlichen Aufwand. Der Öltank habe wegen eines plötzlichen Lecks spontan und unerwartet ausgetauscht werden müssen. Das Leck sei ein verdeckter Mangel gewesen.
16Auch die Aufwendungen für die Firma S. (501,53 EUR brutto in 2012), für die Kleinbetragsrechnungen für den Garten (111,05 EUR brutto in 2013) und für die Firmen D. und Y. (458,85 EUR brutto in 2014) seien nicht den Erhaltungsaufwendungen zuzurechnen. Die Heizkostenverteiler beträfen entgegen ihrer bisherigen Zuordnung in der Anlage zu ihrem Schreiben vom 11.05.2016 die umlagefähigen Heizungskosten und seien ebenfalls nicht einzubeziehen.
17Am 20.09.2016 wurden die Einkommensteuerbescheide für 2013 und 2014 aus hier nicht streitgegenständlichen Gründen geändert. Die Vorbehalte der Nachprüfung und die Vorläufigkeit blieben bestehen.
18Mit Übertragungsvertrag vom 25.06.2018 übertrugen die Kläger das Eigentum an dem Objekt H.-straße auf ihre beiden Kinder und behielten sich ein Nießbrauchsrecht vor.
19Mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 setzte der Beklagte die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung für das Objekt H.-straße für das Jahr 2012 auf 5.162,- EUR und für das Jahr 2014 auf 24.028,- EUR herab; für das Jahr 2013 erhöhte er – ohne die Kläger hierzu vorher anzuhören – die Einkünfte auf 17.547,- EUR. Hierbei ging der Beklagte von einer AfA-Bemessungsgrundlage von 349.080,98 EUR (in 2012 und 2013) bzw. von 354.915,24 EUR (in 2014) aus. Er berücksichtigte eine 2 %-ige AfA für 2012 in Höhe von 3.491,- EUR (= 6/12), für 2013 in Höhe von 6.982,- EUR und für 2014 in Höhe von 7.098,- EUR. Werbungskosten erkannte er zusätzlich in Höhe von 393,- EUR in 2012, in Höhe von 111,- EUR in 2013 und in Höhe von 459,- EUR in 2014 an. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.
20Zur Begründung führte er aus, dass die in 2012 angefallenen Aufwendungen für die „Beseitigung Rohrbruch“ den Erhaltungsaufwendungen zuzurechnen seien. Der Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG umfasse auch Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an einem Gebäude beseitigt würden. Unerheblich sei, ob im vorliegenden Fall der Schaden im Zeitpunkt des Erwerbs bereits entstanden gewesen sei oder erst in dem 3-Jahres-Zeitraum gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG entstanden sei. Auch die an die Firma X. geleisteten Zahlungen stünden ausweislich der Angaben auf der Rechnung in direktem Zusammenhang mit der „Wohnungssanierung H.-straße, G.“. Anhaltspunkte dafür, dass ein Teil der durchgeführten Arbeiten nicht im Rahmen der Wohnungssanierung erfolgt wären, seien nicht erkennbar. Die Gesamtrechnungsbeträge der Firma X. in Höhe von 15.000,- EUR und 18.500,- EUR brutto seien einschließlich der Aufwendungen für Malerarbeiten von 2 * 4.760,- EUR brutto den Erhaltungsaufwendungen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zuzurechnen. Die Kosten für die Montage von Heizkostenverteilern erfüllten ebenfalls nicht den Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG und seien in die Berechnungen im Rahmen des anschaffungsnahen Aufwands einzubeziehen. Gleiches gelte für die Aufwendungen für die Öltankerneuerung. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte, dass die Beseitigung des Rohrbruchs oder des Lecks im Öltank oder die Malerarbeiten in Zusammenhang mit Substanzschäden gestanden hätten, die durch einen Dritten mutwillig herbeigeführt worden wären. Die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.06.2016 (Az. IX R 6/16 und IX R 24/16) seien auf den Streitfall nicht anwendbar. Die 15 %-Grenze i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG betrage – wie von den Klägern zuletzt selber vorgetragen – 44.832,58 EUR und sei überschritten.
21Der Vorbehalt der Nachprüfung hinsichtlich der Festsetzungen für 2013 und 2014 blieb bestehen. Hinsichtlich des Streitjahres 2012 wies der Beklagte darauf hin, dass der Vorbehalt nach § 164 Abs. 4 AO entfallen sei.
22Am 30.08.2018 haben die Kläger gegen die Einspruchsentscheidung Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dass die Aufwendungen für Malerarbeiten/Schönheitsreparaturen in Höhe von 4.760,- EUR brutto nicht als außergewöhnliche Schönheitsreparaturen gemäß dem BFH-Urteil vom 25.08.2009 (IX R 20/08) angesehen werden könnten, da diese in nicht renovierten Gebäudeteilen vorgenommen worden seien. Bei den durchgeführten Renovierungsaufwendungen handele es sich auch nicht um eine Komplettsanierung. Die neue Rechtsprechung des BFH sei nicht anwendbar. Sie – die Kläger – hätten im Jahr 2012 nicht wissen können, dass der BFH seine frühere Rechtsauffassung ändern würde. Aus diesem Grund habe der BFH selbst am 20.10.2017 ergänzt, dass die neue Rechtsprechung erst für Anschaffungen ab dem 01.01.2017 Anwendung finden solle.
23Aus dem BFH-Urteil vom 09.05.2017 (IX R 6/16) ergebe sich zudem, dass Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die nach dem Kauf aufgetreten seien, sofort abzugsfähige Werbungskosten seien. Diese Entscheidung sei auf den Rohrbruch in Höhe von 1.707,65 EUR, die Doppelberechnung der Firma X. für die Malerarbeiten in Höhe von 4.760,- EUR sowie auf das im Öltank beseitigte Leck durch die Firma R. in Höhe von 5.820,29 EUR anzuwenden. Der Rohrbruch sei während der Renovierung der Wohnung 2. OG entstanden und dort durch einen Handwerker verursacht worden. Insofern sei ein Dritter schuldhaft für diesen Schaden verantwortlich. Ebenso sei davon auszugehen, dass ein Handwerker Mitschuld an dem Leck des Öltanks trage. Dessen ungeachtet sei hier alleinentscheidend die Frage, ob die Schäden bei Anschaffung schon vorhanden gewesen seien. Bei einem Leck im Öltank, der jedes Jahr gewartet werde, könne man hiervon ebenso wenig ausgehen wie bei einem Rohrbruch. Mit Urteil vom 13.03.2018 (IX R 41/17) habe der BFH nochmals bestätigt, dass unvermutete Aufwendungen, welche zur Beseitigung von bei Anschaffung nicht vorhandenen Schäden dienten, nicht zu den Anschaffungskosten gehörten. Die 3-Jahres-Regelung sei hier nicht anwendbar.
24Bei der Doppelzahlung an die Firma X., die Leistungen in betrügerischer Weise doppelt abgerechnet habe, handele es sich um einen Forderungsausfall. Jedenfalls aber seien diese 4.760,- EUR nicht der Renovierung der Wohnung 2. OG zuzuordnen. Der Betrag von 4.000,- EUR wäre vielmehr üblicherweise für Erhaltungsaufwendungen, z.B. für das Streichen eines Hausflures etc., angefallen.
25Der in dem Gutachten des Gutachterausschusseses für Grundstückswerte in der Stadt G. ermittelte und bislang angesetzte Gebäudewert sei zu korrigieren, da der dort angegebene Mietzins zu niedrig sei. Wenn der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG und daraufhin die Finanzverwaltung als Exekutive die pauschalisierende Wertung vornehme, dass Aufwendungen innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung in Höhe von 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes zu einer Erhöhung des Gebäudewertes führen, dann müsse im Rahmen der Wertermittlung des Gebäudewertes im Ertragswertverfahren auch die Gebäudewerterhöhung berücksichtigt werden, indem der durch die getätigten Aufwendungen erzielbare höhere Jahresertrag mit einbezogen werde. Bei der bisherigen Ermittlung des Gutachterausschusses seien pauschal ermittelte Instandsetzungsmaßnahmen und damit die Wertsteigerung aufgrund von vorgenommenen Renovierungsmaßnahmen berücksichtigt worden. Entsprechendes müsse dann auch für steigende Mieten gelten. Die Möglichkeit der Berücksichtigung steigender Mieten habe der Gesetzgeber mit der Bewertung nach § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 18 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten – ImmoWertV – geschaffen. Sofern im Rahmen der Ermittlung nach dem Ertragswertverfahren keine periodisch unterschiedlichen Erträge zur Anwendung kämen, müsse zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz jedenfalls ein Gegenbeweis in Form einer Öffnungsklausel zulässig sein. Darüber hinaus sei die Einstufung der Wohnlage in dem Gutachten des Gutachterausschusses falsch. Die H.-straße befinde sich in einer guten Wohnlage und sei mit 108 Punkten statt der bisherigen 100 Punkte anzusetzen. Der Gebäudeanteil betrage danach 78,43 % und die 15 %-Grenze liege bei 60.491,- EUR (Berechnung lt. Kläger: 432.100,43 EUR * 78,43 % * 15 % * 1,19).
26Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 03.08.2022, geändert durch den Beschluss vom 08.09.2022, Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen N. zu den Verkehrswerten des Gebäudes und des Grund und Bodens des Grundstücks H.-straße in G.. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des schriftlichen Gutachtens vom 22.03.2023 (Bl. 381 bis 525 GA) verwiesen.
27Zu dem Sachverständigengutachten vom 22.03.2023 führen die Kläger ergänzend aus: Die jährlich üblicherweise anfallenden Instandhaltungskosten (= Erhaltungsarbeiten) lägen nach dem Gutachten bei 14,91 EUR/qm für die Wohnflächen einschließlich ehemaligem Kiosk, und jährlich 88,- EUR je Garage/Stellplatz. Hieraus ergebe sich ein jährlicher Wert von 5.428,-EUR. Diese jährlichen, üblichen Erhaltungsaufwendungen hätten den Ertragswert des Gebäudes vermindert. Um eine Doppelbelastung bei dem Erwerber zu vermeiden, müsse nunmehr eine Kürzung bei den tatsächlichen Erhaltungsaufwendungen vorgenommen werden, um dem gesetzgeberischen Willen, dass ein eventuell vorhandener Investitionsrückstau bei der Ermittlung der abschreibungsfähigen Anschaffungskosten für das Gebäude und direkt abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen berücksichtigt werde, zu entsprechen. Vorliegend ergebe sich ohne die Kürzung der jährlich üblichen Erhaltungsaufwendungen von 5.428,- EUR ein Gebäudewert von 373.250,- EUR (14.206,- EUR + 5.428,- EUR = 19.634,- EUR * Vervielfältiger 19,0104). Hieraus ergebe sich eine 15 %-Grenze von 55.987,- EUR (373.250,- EUR * 15 %), welche durch die getätigten Erhaltungsaufwendungen nicht überschritten werde. Es sei festzuhalten, dass die vom Gesetzgeber gewollte Überprüfung, ob eine Kaufpreisminderung durch einen Investitionsstau stattgefunden habe, nicht vorliege.
28Im Verkehrswertgutachten vom 22.03.2023 werde ferner eine Stichtagsbegutachtung durchgeführt, ohne dass die bereits tatsächlich im Jahr 2012 bezahlten, höheren Mieten von jährlich 29.528,- EUR Berücksichtigung gefunden hätten. Unter Zugrundelegung der jährlichen Kaltmieten von 29.528,- EUR und der Berechnungsmethode auf Seite 102 des Verkehrswertgutachtens ergebe sich ein Gebäudewert von 318.139,- EUR und eine nicht überschrittene 15 %-Grenze von 47.720,- EUR (318.139,- EUR * 15 %).
29Schließlich machen die Kläger geltend, dass der anzuwendende lineare AfA-Satz angesichts der im Gutachten ermittelten Restnutzungsdauer des Gebäudes von nur 45 Jahren neu zu berechnen und der bisher angewendete AfA-Satz von 2 % entsprechend zu erhöhen sei.
30Die Kläger beantragen,
31die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das streitige Objekt ausgehend von einem Bodenwert in Höhe von 117.450,- EUR und einem Gebäudewert von 373.250,- EUR zu errechnen (= Gebäudeanteil 76,06 % des Gesamtkaufpreises) und die als Erhaltungsaufwand erklärten Aufwendungen sofort zum Abzug zuzulassen,
32für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
33Der Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Er nimmt im Wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass die vom Gutachterausschuss angesetzten jährlichen marktüblichen Mieten in Höhe von 26.580,- EUR angesichts der von den Klägern tatsächlich erzielten Mieteinnahmen nicht zu beanstanden seien. Künftige Mieteinnahmen seien in diesem Zusammenhang irrelevant.
36Für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG komme es nicht darauf an, ob eine Komplettrenovierung stattgefunden habe. Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG umfasse alle baulichen Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt würden oder durch die das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt werde. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen bei einer Verursachung durch die Handwerker keinerlei Schadenersatz gefordert worden sei und es im Falle des Rohrbruchs sogar zu einer Versicherungserstattung gekommen sei. Von der Firma X. lägen Rechnungen über 15.000,- EUR und 18.500,- EUR brutto für die „Wohnungssanierung H.-straße, G." vor; diese seien von den Klägern auch vollständig beglichen worden.
37Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die beigezogene Bauakte der Stadt G. verwiesen.
38Entscheidungsgründe
39I. Die zulässige Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2012 bis 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, als der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt H.-straße im Streitjahr 2012 um 424,- EUR, im Streitjahr 2013 um 848,- EUR und im Streitjahr 2014 um 876,- EUR zu hoch angesetzt hat. Im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die AfA für 2012 in Höhe von lediglich 3.491,- EUR anstelle von 3.915,- EUR (Differenz 424,- EUR), die AfA für 2013 in Höhe von lediglich 6.982,- EUR anstelle von 7.830,- EUR (Differenz 848,- EUR) und die AfA für 2014 in Höhe von lediglich 7.098,- EUR anstelle von 7.960,- EUR (Differenz 862,- EUR) sowie die sofort abzugsfähigen Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG für das Jahr 2014 um 14,- EUR zu niedrig berücksichtigt.
401. Die angefochtene Einspruchsentscheidung bezogen auf das Streitjahr 2013 ist nicht allein wegen des Unterlassens eines ausdrücklichen Verböserungshinweises nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO rechtswidrig.
41Nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO kann ein Verwaltungsakt zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Ausnahmsweise ist das Unterbleiben eines solchen Hinweises jedoch unschädlich, wenn der angegriffene Steuerbescheid auch nach Rücknahme des Einspruchs zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden kann, z.B. weil er – wie vorliegend – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) ergangen ist (BFH-Urteil vom 10.11.1989 VI R 124/88, Bundessteuerblatt Teil II – BStBl II – 1990, 414). Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die anderweitige Änderungsmöglichkeit nur deshalb (noch) besteht, weil die Festsetzungsfrist durch den Einspruch gemäß § 171 Abs. 3a AO in ihrem Ablauf gehemmt ist (BFH-Urteil vom 25.02.2009 IX R 24/08, BStBl II 2009, 587).
42Vorliegend hat der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2018 die Einkünfte für 2013 aus der Vermietung des Objektes H.-straße von bisher 17.396,- EUR auf 17.547,- EUR erhöht (Differenz + 151,- EUR). Eine vorherige Anhörung der Kläger ist nicht erfolgt. Dies war im Streitfall ausnahmsweise unschädlich. Die Steuerfestsetzung für 2013 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und eine Änderung wäre auch bei Einspruchsrücknahme nach § 164 Abs. 2 AO ohne weiteres möglich gewesen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung am 06.08.2018 war die (reguläre) Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen und der Vorbehalt der Nachprüfung auch nicht gemäß § 164 Abs. 4 AO entfallen.
432. Die bei der Berechnung der Einkommensteuer anzusetzenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Objektes H.-straße betragen im Streitjahr 2012 insgesamt 4.738,- EUR, im Streitjahr 2013 insgesamt 16.699,- EUR und im Streitjahr 2014 insgesamt 23.152,- EUR.
44Bei der Einkünfteermittlung ist eine AfA in Höhe von 3.915,- EUR (2012), 7.830,- EUR (2013) und 7.960,- EUR (2014) zu berücksichtigen. Für die Ermittlung der vorgenannten AfA-Beträge ist die Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten auf den Grund und Boden und das Gebäude anhand der von der Sachverständigen N. im Sachwertverfahren ermittelten (marktangepassten) Verkehrswerte vorzunehmen (dazu zu b). Die den Klägern in den Streitjahren 2012 und 2014 entstandenen Modernisierungsaufwendungen sind in Höhe von insgesamt 56.117,29 EUR (brutto; davon 50.297,- EUR in 2012 und 5.820,29 EUR in 2014) dem Gebäudeanteil zuzurechnen (dazu zu c). Der anzuwendende AfA-Satz beträgt nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG jährlich 2,22 % (dazu zu d). Im Streitjahr 2014 sind weitere sofort abzugsfähige Werbungskosten in Höhe von 13,97 EUR anzusetzen (dazu zu f).
45a) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken und Gebäuden. Die Einkünfte werden anhand des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie sind nicht sofort abzugsfähig, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG). Zu den Herstellungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten). Hiervon ausgenommen sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S.d. § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) und Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
46Der Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen umfasst grundsätzlich sämtliche Aufwendungen für Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude, durch die Mängel beseitigt werden oder das Gebäude in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die – ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG – vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären (vgl. BFH-Urteil vom 14.06.2016 IX R 25/14, BStBl II 2016, 992). Hierzu gehören seit dem vorgenannten Urteil des BFH vom 14.06.2016 grundsätzlich auch sogenannte Schönheitsreparaturen wie das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper, der Innen- und Außentüren sowie der Fenster. Der BFH hat insoweit seine Rechtsprechung zur Einbeziehung von Schönheitsreparaturen in die anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG fortgeführt und an seiner früheren Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 25.08.2009 IX R 20/08, BStBl II 2010, 125) im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut, den systematischen Zusammenhang der Sätze 1 und 2 und den vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verfolgten Zweck ausdrücklich nicht mehr festgehalten.
47§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG schließt bestimmte Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten nicht generell vom Anwendungsbereich des Satzes 1 aus, sondern nur unter der Einschränkung, dass diese jährlich üblicherweise anfallen. Im Umkehrschluss fallen auch allgemein als Erhaltungsaufwand bezeichnete Aufwendungen unter den Satz 1 der Vorschrift, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes entstehen und betragsmäßig ohne Umsatzsteuer über 15 % der Gebäudeanschaffungskosten liegen. Zudem sind auch jährlich üblicherweise anfallende Arbeiten in die Überprüfung der 15 %-Grenze einzubeziehen, wenn sie im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG anfallen.
48Im Allgemeinen trägt die Finanzbehörde die Beweislast für alle steuerbegründenden Tatsachen und der Steuerpflichtige die Feststellungslast für alle ihn begünstigenden Steuerermäßigungen und -befreiungen. Das bedeutet, dass im Fall der Abgrenzung des Erhaltungsaufwands von Herstellungskosten die Finanzbehörde das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts trägt. Lässt sich nicht feststellen, ob die Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten zu Herstellungskosten geführt haben, muss der Vorgang als Erhaltungsaufwand eingeordnet werden. Den Steuerpflichtigen trifft jedoch nach § 90 Abs. 1 Satz 3 AO eine erhöhte Mitwirkungspflicht.
49b) Ist für die Anschaffung eines Grundstücks mit aufstehendem Gebäude ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis sowohl zur Ermittlung der AfA als auch zur Ermittlung der 15 %-Grenze in einen Boden- und einen Gebäudewert aufzuteilen. Weder § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG noch § 255 HGB regeln allerdings, wie ein einheitlicher Kaufpreis auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist. Da kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Handhabung ersichtlich ist, greift der Senat insofern auf die im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage ergangene Rechtsprechung des BFH zur Kaufpreisaufteilung zurück (ebenso: Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2016, 13 K 1496/13 E, EFG 2016, 711 mit Anm. Wendt). Danach gilt Folgendes:
50aa) Wurde eine Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH-Urteil vom 21.07.2020 IX R 26/19, BStBl II 2021, 372). Liegt eine solche Vereinbarung nicht vor – wie vorliegend –, hat die Aufteilung entsprechend einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu erfolgen. Bei der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises sind zunächst Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und für den Gebäudeanteil aufzuteilen. Für die Schätzung des Wertes des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die ImmoWertV herangezogen werden (BFH-Urteil vom 21.07.2020 IX R 26/19, BStBl II 2021, 372). Danach ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens (einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung), des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV). Welches dieser Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Die Wertermittlungsverfahren stehen einander gleichwertig gegenüber (vgl. BFH-Urteil vom 21.07.2020 IX R 26/19, BStBl II 2021, 372 m.w.N.).
51Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, ist bei selbstgenutzten und bei vermieteten Eigentumswohnungen (im Privatvermögen) und Mehrfamilienhäusern – wie vorliegend – grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens angebracht (BFH-Urteil vom 29.10.2019, IX R 39/17, BFH/NV 2020, 681; Beschlüsse vom 27.11.2017, IX B 144/16, BFH/NV 2018, 218, und vom 29.05.2008, IX R 36/06, BFH/NV 2008, 1668). Bei diesen Objektarten ist regelmäßig davon auszugehen, dass für den Erwerb neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend sind (BFH-Urteile vom 29.10.2019, IX R 39/17, BFH/NV 2020, 681, und vom 29.05.2008, IX R 36/06, BFH/NV 2008, 1668). Eine Bewertung anhand des Ertragswertverfahrens ist – ausnahmsweise – möglich, wenn dieses aus Sicht des Gerichts zum zutreffenderen Wert führt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbildet (vgl. BFH-Urteile vom 29.10.2019, IX R 39/17, BFH/NV 2020, 681, und vom 29.05.2008, IX R 36/06, BFH/NV 2008, 1668; Beschluss vom 15.11.2016, IX B 98/16, BFH/NV 2017, 292). Namentlich bei zu Büro- oder anderen gewerblichen Zwecken vermieteten Grundstücken (sog. Geschäftsgrundstücke) bejaht die höchstrichterliche Rechtsprechung eher einen Vorrang des Ertragswertverfahrens.
52bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall das grundsätzlich vorrangige Sachwertverfahren anzuwenden. Gründe, von diesem Vorrangverhältnis des Sachwertverfahrens im Streitfall abzuweichen, sind nicht ersichtlich. Allein die Hintergründe einer Kaufentscheidung oder ein späteres Verhalten der Kläger – hier: die Übertragung des Objektes im Jahr 2018 auf ihre Kinder unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts – rechtfertigen keine Abweichung von einer Ermittlung der Verkehrswerte im Sachwertverfahren. Im Streitfall ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Anwendung des Sachwertverfahrens zu einem unangemessenen Ergebnis führt oder das Ertragswertverfahren zum zutreffenderen Wert führen oder die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbilden würde. Insbesondere weichen die im Ertragswertverfahren ermittelten Verkehrswerte sowohl des von den Klägern beauftragten Gutachterausschusses der Stadt G. (Verkehrswert im Ertragswertverfahren: 380.000,- EUR) als auch der durch das Gericht beauftragten Sachverständigen (Verkehrswert im Ertragswertverfahren: 387.000,- EUR) nur unwesentlich von dem im Sachwertverfahren ermittelten Verkehrswert (388.000,- EUR) ab.
53cc) Hinsichtlich der Höhe der Anteile von Grund und Boden und Gebäude an den Gesamtanschaffungskosten folgt der Senat den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen N. in ihrem schriftlichen Verkehrswertgutachten vom 22.03.2023. Die Sachverständige hat die objektiven Gegebenheiten vor Ort ermittelt, die Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes der Immobilie im Sachwertverfahren zutreffend dargestellt und sodann auf den konkreten Streitfall angewandt. Das Gutachten ist strukturiert, nachvollziehbar und die Feststellungen der Sachverständigen jeweils überzeugend begründet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens und insbesondere auf die Berechnung des Verkehrswertes im Sachwertverfahren auf den Seiten 79, 91 f., 109, 112 des Gutachtens (Bl. 459, 471 f., 489, 492 GA) Bezug genommen. Substantiierte Einwendungen gegen die im Sachwertverfahren erfolgte Verkehrswertermittlung haben die Beteiligten nicht vorgebracht.
54dd) Soweit die Kläger meinen, bei der Ermittlung auf Seite 102 des Gutachtens vom 22.03.2023 seien höhere Mieterträge zu berücksichtigen, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Das im Streitfall anzuwendende Sachwertverfahren stellt nicht auf Mieterträge, sondern auf die Sachwerte der baulichen Anlagen ab, sodass Änderungen in den Mieterträgen für sich gesehen keine Auswirkungen auf die Sachwerte haben.
55Darüber hinaus erfolgt die Verkehrswertermittlung zum Zwecke der Kaufpreisaufteilung stichtagsbezogen und nicht – auch nicht im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG – dynamisch bei jeder Änderung der Mieterträge oder jedweder Änderung der Verkehrswerte in den (drei) auf die Anschaffung folgenden Jahren. Spätere Mieterhöhungen haben ebenso wenig wie Verkehrswertänderungen in Folgejahren der Anschaffung keine Auswirkung auf die Kaufpreisaufteilung oder Berechnung der 15 %-Grenze.
56Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern herangezogenen Regelung des § 17 Abs. 1, 3 ImmoWertV (in der Fassung vom 19.05.2010, gültig bis 31.12.2021; im Weiteren: a.F.). Zwar sieht Abs. 3 ein Ertragswertverfahren auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge vor (sog. Discounted-Cash-Flow-Methode – DFC –). Ungeachtet dessen, dass die Regelung unter dem Unterabschnitt „Ertragswertverfahren“ steht, das vorliegend – wie dargestellt – im Streitfall bereits nicht anwendbar ist, setzt die Anwendung der Regelung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV a.F. jedenfalls voraus, dass die Ertragsverhältnisse absehbar wesentlichen Veränderungen unterliegen oder wesentlich von den marktüblichen Erträgen abweichen. Dass dies vorliegend der Fall wäre, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Darüber hinaus spricht auch die Methodik des vorgenannten DCF-Verfahrens gegen eine Anwendung auf den hiesigen Streitfall. Ausgangspunkt der DCF-Methode ist eine Schätzung des periodenbezogenen Netto-Cash-Flows für eine bestimmte Zeitspanne, die als Detail-Betrachtungszeitraum bezeichnet wird. Gewöhnlich wird eine detaillierte Cash-Flow-Prognose für einen Zeitraum zwischen 5 und 15 Jahren erstellt (Rixner/Biedermann/Charlier in: Rixner/Biedermann/Charlier, Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Aufl. 2018, § 17 ImmoWertV Ermittlung des Ertragswerts, Rz. 17). Diese Herangehensweise erscheint dem Senat für die Kaufpreisaufteilung des hier erworbenen Mehrfamilienhauses mit ... Wohneinheiten wenig sachgerecht. Bei der DCF-Methode werden als Ausgangspunkt für die Ermittlung der erwarteten periodenbezogenen Netto-Cash-Flows die aktuellen Mieteinnahmen, vertraglichen Mietanpassungsklauseln, Mietausfälle im Anschluss an den Ablauf eines Mietvertrages, die (erwartete) Marktmiete am Tage einer Anschlussvermietung und die erwarteten Mietanpassungsklauseln für neue Mietverträge im Anschluss an die Wiedervermietung berücksichtigt (Rixner/Biedermann/Charlier in: Rixner/Biedermann/Charlier, Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Aufl. 2018, § 17 ImmoWertV Ermittlung des Ertragswerts, Rz. 18). Neben der Komplexität und dem hohen Detailgrad dieses DCF-Verfahrens sind insofern umfangreiche Annahmen zu treffen, welche für sich gesehen ein großes Fehlerpotential bezeugen und jedenfalls im vorliegenden Fall der Kaufpreisaufteilung bei einer zu Wohnzwecken vermieteten Immobilie zur Ungeeignetheit für Zwecke einer (schätzungsweisen) Kaufpreisaufteilung führen. Anhaltspunkte für die Bestimmung des für die DCF-Methode zugrunde zu legenden Betrachtungszeitraums sind hier ebenfalls nicht ersichtlich.
57ee) Der sachverständig ermittelte Gebäudewertanteil (271.550,- EUR) steht nach alledem zu dem ermittelten (marktangepassten) Verkehrswert von insgesamt 388.000,- EUR in einem Verhältnis von 69,99 % zu 30,01 %.
58Hieraus ergibt sich ein auf das Gebäude entfallender Anteil am Gesamtkaufpreis für das Objekt H.-straße in Höhe von 302.427,- EUR (432.100,43 EUR * 69,99 %).
59c) Den Anschaffungskosten des Gebäudes sind die den Klägern in den Streitjahren 2012 und 2014 entstandenen Erhaltungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 56.117,29 EUR brutto (= 47.157,38 EUR netto) zuzurechnen. Insoweit handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG. Die 15 %-Grenze beträgt im Streitfall 45.364,- EUR (= 302.427,- EUR * 15 %) und wurde überschritten.
60aa) Entgegen der Ansicht der Kläger kommt keine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dahingehend in Betracht, dass bei der Prüfung der Einhaltung der 15 %-Grenze die Möglichkeit steigender Mieten Berücksichtigung finden müsse. Gegen eine solche Einbeziehung spricht bereits, dass es – wie dargelegt – in dem hier anzuwendenden Sachwertverfahren nicht auf die Höhe der Mieterträge ankommt. Dessen ungeachtet widerspricht die Ansicht der Kläger jedenfalls dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, bei dem es sich um eine Vereinfachungsregelung handelt. Der Gesetzgeber wollte mit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG der damaligen Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 12.09.2001, IX R 39/97, BStBl II 2003, 569) begegnen, wonach für die Abgrenzung der Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich war. Die daraus resultierende erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung der Finanzämter wollte der Gesetzgeber dadurch vermeiden, dass er in Anlehnung an die bisherige Verwaltungsregelung eine typisierende Regelung schuf, die allein deshalb zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führt, weil die Aufwendungen in den ersten drei Jahren nach Anschaffung eine bestimmte Höhe überschreiten (Bundesrat-Drucksache 630/03, Seite 53). Dieser ausdrücklich geäußerten Regelungsabsicht liefe es zuwider, wenn bei jeder Mieterhöhung ggfs. in jedem Jahr gesondert und erneut geprüft werden müsste, ob sich das Verhältnis der Verkehrswerte von Gebäude und Grundstück zueinander und damit einhergehend die Grenze von 15 % geändert hat.
61bb) Den Anschaffungskosten des Gebäudes sind die entstandenen Modernisierungsaufwendungen in Höhe von brutto 56.117,29 EUR als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG zuzurechnen. Dazu im Einzelnen:
62Die in 2012 getätigten Aufwendungen für die Firma S. in Höhe von insgesamt 393,36 EUR, die in 2013 getätigten Aufwendungen bei L. (111,05 EUR) und die in 2014 für die Wartungsarbeiten der Firmen D. und Y. getätigten Aufwendungen in Höhe von 458,85 EUR wurden von dem Beklagten zu Recht als sofort abzugsfähige Werbungskosten anerkannt.
63Zusätzlich sind jedoch auch die in 2014 getätigten Aufwendungen für Einkäufe bei Z. in Höhe von 13,97 EUR als sofort abzugsfähige Werbungskosten anzuerkennen. Die bisher angesetzten sofort abzugsfähigen Werbungskosten sind entsprechend zu erhöhen.
64Bei den übrigen in den Streitjahren 2012 (50.297,- EUR brutto) und 2014 (5.820,29 EUR brutto) getätigten Erhaltungsaufwendungen handelt es sich um solche Aufwendungen, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG als anschaffungsnahe Herstellungskosten die AfA-Bemessungsgrundlage erhöhen:
65i) Bei den in 2012 getätigten Aufwendungen für die Montage der Heizkostenverteiler durch die Firma S. (108,17 EUR brutto) handelt es sich weder um Aufwendungen für Erweiterungen i.S.d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB noch um Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen. Die Aufwendungen sind in die Berechnung der 15 %-Grenze einzubeziehen.
66ii) Die Aufwendungen für die Beseitigung des Rohrbruchs am 13.07. und 16.07.2012 durch die Firma K. in Höhe von 207,65 EUR brutto (1.707,65 EUR brutto abzgl. Versicherungsleistung in Höhe von 1.500,- EUR) sind ebenfalls in die Berechnung der 15 %-Grenze mit einzubeziehen.
67Anders als die Kläger pauschal behaupten, ist vorliegend nichts dafür ersichtlich, dass der Rohrbruch tatsächlich auf äußeren, ausschließlich nach dem Erwerb eingetretenen Ereignissen (wie z.B. Verursachung durch einen Dritten) beruht. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger beschränkt sich letztlich auf die erstmals im laufenden Klageverfahren mit Schreiben vom 03.01.2019 aufgestellte bloße Behauptung, es handele sich nicht um Schönheitsreparaturen oder Erhaltungsaufwand, sondern um einen Schaden, der während der Renovierung der Wohnung 2. OG entstanden und durch einen Handwerker verursacht worden sei. Weiterer substantiierter Vortrag dazu erfolgte nicht. Warum dieser vermeintlich fremdverursachte Schaden dann gleichwohl durch die eigene Versicherung der Kläger weitestgehend beglichen wurde, erschließt sich dem Senat nach Aktenlage nicht. Stattdessen spricht viel dafür, dass sich hier tatsächlich nur das lebenstypische und im Erwerbszeitpunkt bereits angelegte Risiko verwirklicht hat, dass Wirtschaftsgüter auch ohne besondere Ereignisse – insbesondere durch altersbedingten Verschleiß – defekt werden können. Auch wenn die Rohre bei Erwerb des Hauses noch funktionstüchtig gewesen sein mögen, ändert dies nichts daran, dass ihre Lebensdauer von vornherein endlich war. Werden gebraucht erworbene Wirtschaftsgüter nach dem Erwerb funktionsunfähig, verwirklicht sich damit letztlich nur ein beim Kauf bereits angelegtes Risiko. Dementsprechend sind im Rahmen der Regelvermutung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter, im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener Mängel den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zuzuordnen; bei der Abgrenzung des sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwands von den Herstellungskosten kommt es auch nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Erwerbers vom Zustand des Gebäudes an (BFH-Urteil vom 09.05.2017 IX R 6/16, BStBl II 2018, 9). Nichts anderes gilt auch für die Kosten zur Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes angelegter, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte; auch solche Aufwendungen sind ihrer Natur nach verdeckte Mängel und in die Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG mit einzubeziehen (BFH-Urteil vom 09.05.2017 IX R 6/16, BStBl II 2018, 9).
68iii) Ebenfalls in die Berechnung der 15 %-Grenze einzubeziehen sind die für das Streitjahr 2012 als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für die Arbeiten der Firma X. – u.a. Maler- und Fliesenarbeiten – in Höhe von 15.000,- EUR und 18.500,- EUR brutto.
69Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass – wie die Kläger schlicht behaupten – die Firma X. insgesamt 4.760,- EUR zu viel in Rechnung gestellt habe. Weiterer Vortrag dazu erfolgte nicht. Hierauf kommt es jedoch auch nicht an, da die Kläger den Rechnungsbetrag jedenfalls in voller Höhe an die Firma X. gezahlt und keinerlei Rückzahlung erhalten haben. Ob eine erbrachte Leistung den hierfür in Rechnung gestellten und tatsächlich gezahlten Betrag wert ist, stellt ebenso wenig ein Kriterium für die Frage des Vorliegens von Erhaltungsaufwand dar, wie die Frage, ob die erbrachten und bezahlten Leistungen korrekt abgerechnet wurden. Entscheidend ist hier vielmehr, dass die Kläger den gesamten Rechnungsbetrag für die in Rechnung gestellten Handwerkerleistungen tatsächlich gezahlt haben und ihnen insoweit Aufwendungen für ebenso diese Handwerkerleistungen entstanden sind. Dem Sinn und (Vereinfachungs-)Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG liefe es dagegen zuwider, im Rahmen der Prüfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG die Werthaltigkeit und zivilrechtliche Richtigkeit der Höhe einzelner Rechnungspositionen oder Zahlungen zu prüfen.
70Auch soweit die Kläger ergänzend ausführen, dass ein Teilbetrag von 4.000,- EUR entgegen der Angaben auf der Rechnung jedenfalls nicht der Renovierung der Wohnung 2. OG zuzuordnen sei, da dieser Betrag üblicherweise für Erhaltungsaufwendungen, z.B. für das Streichen eines Hausflures etc., angefallen wäre, rechtfertigt dies keine andere rechtliche Beurteilung. Denn auch solche Schönheitsreparaturen wie etwa das Tapezieren und Streichen von Wänden, Böden, Heizkörpern, Innen- und Außentüren sowie der Fenster fallen nicht jährlich üblicherweise an und sind mit in die 15 %-Grenze einzubeziehen (BFH-Urteil vom 14.06.2016 IX R 25/14, BStBl II 2016, 992, Rz. 16).
71iv) Die im Streitjahr 2014 getätigten Aufwendungen für die Beseitigung des Lecks im Öltank in Höhe von 5.820,29 EUR brutto sind ebenfalls in die Berechnung der 15 %-Grenze einzubeziehen.
72Sofern die Kläger erstmals mit Schreiben vom 03.01.2019 pauschal und ohne jede Substanz behaupten, dass das Leck im Öltank durch einen Handwerker verursacht worden sei, weil andernfalls nicht nachvollziehbar sei, wie es bei einer normalen Wartung plötzlich zu einem Leck des Öltanks kommen könne und deshalb davon auszugehen sei, dass ein Handwerker Mitschuld trage, vermag dies nicht zu überzeugen. Weiterer Vortrag nebst Nachweis dazu erfolgte nicht. Demgegenüber haben die Kläger in ihrem Schreiben vom 02.11.2017 selber vorgetragen, dass es sich um einen „verdeckten Mangel“ gehandelt habe und sie überlegt hätten, die Kosten dem Vorbesitzer in Rechnung zu stellen, hiervon aber wegen geringer Erfolgsaussichten Abstand genommen hätten.
73Nach dem Erwerb auftretende (verdeckte) Mängel sind nach Ansicht des BFH, der der Senat folgt, in die Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG mit einzubeziehen (BFH-Urteil vom 09.05.2017 IX R 6/16, BStBl II 2018, 9). Selbst wenn der Schaden im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht "angelegt", sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt ohne Zutun eines Dritten entstanden bzw. verursacht worden wäre, wären die Aufwendungen in die 15 %-Grenze einzubeziehen. Auch solche Erhaltungsaufwendungen sind von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst. Die Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gilt (nur) nicht für Aufwendungen für die Beseitigung von – hier nicht vorliegenden – durch Dritte mutwillig herbeigeführten Schäden (BFH-Urteil vom 09.05.2017 IX R 6/16, BStBl II 2018, 9, Rz. 17).
74v) § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG begünstigt auch keinen pauschalen Betrag in Höhe von nach der Lebenserfahrung typischerweise jährlich entstehenden Erhaltungsaufwendungen (Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.08.2016, Az. 10 K 398/15 F, EFG 2016, 1774). Ebenso wenig kommt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG ein (pauschaler) Werbungskostenabzug in Höhe der durch die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 22.03.2023 bei der Verkehrswertermittlung im Ertragswertverfahren genannten „üblicherweise anfallenden Instandhaltungskosten“ in Betracht.
75vi) Soweit die Kläger ferner einwenden, dass „der BFH“ am 20.10.2017 selbst ergänzt habe, dass die neue Rechtsprechung zu den Schönheitsreparaturen erst für Anschaffungen ab dem 01.01.2017 Anwendung finde, ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei dem Schreiben vom 20.10.2017 um ein BMF-Schreiben handelt. Nach diesem BMF-Schreiben kann die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Behandlung der Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit anschaffungsnahen Herstellungskosten auf Sachverhalte weiter angewendet werden, bei denen der Kaufvertrag vor dem 01.01.2017 abgeschlossen wurde (Bundesministerium der Finanzen, 20.10.2017, IV C 1-S 2171-c/09/10004:006). Es handelt sich dabei um eine Verwaltungsvorschrift, an die das Finanzgericht nicht gebunden ist (BFH-Urteile vom 16.09.2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 252; vom 13.01.2011 V R 12/08, BStBl II 2012, 61).
76vii) Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz (§ 176 AO) berufen. § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gewährt keinen Vertrauensschutz, wenn sich die Rechtsprechung erst nach Erlass des zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ergangenen Änderungsbescheids geändert hat (BFH-Urteile vom 20.12.2000 I R 50/95, BStBl II 2001, 409; vom 11.04.2002 V R 26/01, BStBl II 2004, 317; vom 06.06.2007 V B 64/06, BFH/NV 2007, 1802). Vorliegend wurde der streitgegenständliche Änderungsbescheid für 2012 am 21.04.2016, mithin vor Erlass des BFH-Urteils vom 14.06.2016 (IX R 25/14) erlassen.
77Bei den streitgegenständlichen Bescheiden für 2013 und 2014 vom 21.04.2016 handelt es sich um erstmalige Bescheide, auf die § 176 AO bereits nicht anwendbar ist. Im Übrigen wurden auch diese jedenfalls vor der Rechtsprechungsänderung des BFH erlassen.
78Schließlich haben die Kläger auch nicht dargelegt und nachgewiesen, dass sie die in den Jahren 2012 bis 2014 durchgeführten Maßnahmen nur im Vertrauen auf die frühere Rechtsprechung des BFH zu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG durchgeführt hätten.
79cc) Nach alledem beträgt die AfA-Bemessungsgrundlage für die Streitjahre 2012 und 2013 jeweils 352.724,- EUR (302.427,- EUR + 50.297,- EUR) und für das Streitjahr 2014 insgesamt 358.544,- EUR (302.427,- EUR + 50.297,- EUR + 5.820,29 EUR).
80d) Für das Objekt H.-straße ist ein jährlicher AfA-Satz in Höhe von 2,22 % zugrunde zu legen.
81Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (AfA in gleichen Jahresbeträgen, § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG); die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG). Abweichend hiervon bestimmt sich die AfA für ein zur Einkünfteerzielung genutztes Gebäude nach den festen Prozentsätzen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG. Die Regelung stellt eine gesetzliche Typisierung der Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG dar. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts vermindert sich für dieses Jahr der Absetzungsbetrag nach Satz 1 um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung oder Herstellung vorangeht (§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG).
82Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG sind bei Gebäuden, die nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 % der Anschaffungs-/Herstellungskosten als AfA abzuziehen. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes weniger als 50 Jahre, so kann anstelle der Absetzungen nach Satz 1 die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechende AfA vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).
83Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist gemäß § 11c Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Die zu schätzende Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie die rechtlichen Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer als die technische Nutzungsdauer, kann sich der Steuerpflichtige auch hierauf berufen. Ob die Voraussetzungen einer verkürzten Nutzungsdauer i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls (vgl. BFH-Urteil vom 04.03.2008 IX R 16/07, BFH/NV 2008, 1310). Die Feststellungslast trägt der Steuerpflichtige, der eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer im Einzelfall darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen hat (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2021 IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108). Zur Darlegung kann er sich dabei jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Hierzu kann beispielsweise auch ein Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, das von einem Amtsgericht in Auftrag gegeben wurde, herangezogen werden (vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 27.01.2022, 1 K 1741/18 E, EFG 2022, 580). Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer (BFH-Urteil vom 28.07.2021 IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108). Da im Rahmen der Schätzung des Steuerpflichtigen nicht Gewissheit über die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer, sondern allenfalls größtmögliche Wahrscheinlichkeit verlangt werden kann, ist sie demnach nur dann zu verwerfen, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liegt (vgl. BFH-Urteil vom 28.09.1971 VIII R 73/68, BStBl II 1972, 176).
84Der Senat folgt insoweit dem Vorbringen der Kläger, dass die Restnutzungsdauer des Objektes H.-straße ausweislich der überzeugenden Ausführungen der durch das Gericht beauftragten Sachverständigen N. in ihrem Gutachten vom 22.03.2023 im Erwerbsjahr 2012 noch 45 Jahre betrug. Hieraus ergibt sich eine lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG von jährlich 2,22 %.
85e) Nach alledem ergibt sich folgende Berechnung der für das Streitjahr 2012 anzusetzenden AfA:
86Gesamtanschaffungskosten |
432.100,43 EUR |
davon Gebäude (69,99 %) |
302.427,00 EUR |
zzgl. anschaffungsnahe AK/HK inkl. USt in 2012 |
50.297,00 EUR |
Gesamt AK/HK des Gebäudes (gerundet) |
352.724,00 EUR |
lineare AfA (2,22 %) |
7.830,- EUR |
für 6 Monate (ab Juli 2012) |
3.915,- EUR |
Die für das Streitjahr 2013 anzusetzende lineare AfA (2,22 %) beträgt 7.830,- EUR.
88Für das Streitjahr 2014 ergibt sich folgende Berechnung der anzusetzenden AfA:
89Gesamt AK/HK des Gebäudes (s.o.) |
352.724,00 EUR |
zzgl. anschaffungsnahe AK/HK inkl. USt in 2014 |
5.820,29 EUR |
Gesamt AK/HK des Gebäudes (gerundet) |
358.544,- EUR |
lineare AfA (2,22 %) |
7.960,- EUR |
Die bislang berücksichtigte AfA für 2012 ist entsprechend um 424,- EUR, die bislang berücksichtigte AfA für 2013 um 848,- EUR und die bislang berücksichtigte AfA für 2014 um 862,- EUR zu erhöhen.
91f) Wie oben dargelegt, sind daneben die in 2014 getätigten Aufwendungen bei Z. in Höhe von 13,97 EUR als weitere sofort abzugsfähige Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusetzen.
92II. Die Berechnung der festzusetzenden Steuern wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
93III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Sätze 1, 3 FGO. Die Kläger haben die Kosten trotz teilweisen Obsiegens ganz zu tragen, da der Beklagte „nur zu einem geringen Teil“ i.S.d. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO unterlegen ist.
94IV. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO). Es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass für Zwecke der Kaufpreisaufteilung bei vermieteten Mehrfamilienhäusern grundsätzlich eine Verkehrswertermittlung unter Anwendung des Sachwertverfahrens angebracht ist (BFH-Urteil vom 29.10.2019, IX R 39/17, BFH/NV 2020). Die Frage, ob die Anwendung des Sachwertverfahrens im Streitfall zu einem unangemessenen Ergebnis führt und, ob die konkret von den Klägern in den Streitjahren gezahlten Erhaltungsaufwendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Sätze 1, 2 EStG in die 15 %-Grenze einzubeziehen sind, ist eine Frage des Einzelfalls, die dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt.