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Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag vom 05.01.2021 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen für die Gewährung steuerfreier Überlassungen von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer vorliegen.
3Die Klägerin ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Z.. Sie unterhielt für ihre Mitarbeiter ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm (den sogenannten ... Plan, im Folgenden I.). Die Planbedingungen des I. für alle teilnehmenden deutschen Unternehmen der Z.-Gruppe, auf die Bezug genommen wird, sehen für alle Streitjahre unter anderem folgendes vor:
4Gemäß § 1 Nr. 1 können am I. Mitarbeiter der Z. Gruppe teilnehmen, die am ersten Tag der Teilnahmeperiode (01.01., siehe § 4) ununterbrochen seit mindestens zwölf Monaten in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis stehen, unabhängig davon, ob der Vertrag zeitlich begrenzt oder unbegrenzt ist, (= spätester Eintritt zum 02.01. des der Teilnahmeperiode vorangehenden Jahres), das weder gekündigt noch Gegenstand einer Aufhebungsvereinbarung ist. Altersteilzeit-Mitarbeiter in der passiven Phase sind ebenfalls teilnahmeberechtigt.
5Mitarbeiter sind gemäß § 1 Nr. 2 nicht berechtigt am I. teilzunehmen bei
6̵ ruhenden Arbeitsverhältnissen (z. B. Elternzeit, etc.)
7̵ geringfügiger Beschäftigung oder
8̵ Ausbildungsverhältnissen.
9Die Teilnahmeberechtigung wird vor Beginn der jeweiligen Anmeldeperiode überprüft und ermittelt.
10Falls sich der Beschäftigungsstatus eines Teilnehmers in einer laufenden Teilnahmeperiode in einen der vorgenannten ändert, ruht seine Teilnahme ab diesem Zeitpunkt. Ändert sich der Beschäftigungsstatus des ruhenden Teilnehmers in der laufenden Teilnahmeperiode in einen teilnahmeberechtigten gemäß Ziffer 1, lebt seine Teilnahme wieder auf.
11Wenn vor dem Beginn einer Anmeldefrist die Ausschlussgründe gemäß dieser Ziffer 2 nicht mehr vorliegen, kann ein Mitarbeiter am I. teilnehmen, vorausgesetzt, die übrigen Voraussetzungen sind erfüllt. Ausbildungszeiten oder Zeiten einer geringfügigen oder befristeten Beschäftigung werden bei der Ermittlung der Zwölf-Monatsfrist gem. Ziffer 1 berücksichtigt.
12Gemäß § 3 Nr. 1 können teilnahmeberechtige Mitarbeiter einen Teil ihres Jahresgehalts für den Kauf von Z.-Vorzugsaktien verwenden.
13Nach § 3 Nr. 2 beträgt das maximal mögliche Investment 1/12 von vier Prozent des Jahresentgelts, maximal 4.992 € jährlich.
14Hierfür überwies die Klägerin gemäß § 3 Nr. 4 den Teilnahmebetrag an einen gemäß § 2 des Vertrags zu bestimmenden Verwalter.
15Gemäß § 5 Nr. 1 gewährt die Klägerin auf das monatliche Investment einen Bonus zum Erwerb von „Bonus-Aktien“ unter der auflösenden Bedingung, dass die teilnehmenden Arbeitnehmer während der Sperrfrist nicht über ihre entsprechenden Mitarbeiter-Aktien verfügen. Die Höhe des Bonus wurde jeweils zu Beginn festgesetzt.
16Gemäß § 6 Nr. 1 richtet der Verwalter die Konten ein, auf die Investments und Bonusbeträge aller Teilnehmer überwiesen bzw. die Mitarbeiter- und Bonus-Aktien gebucht werden.
17Gemäß § 6 Nr. 3 verbucht der Verwalter die für den Gesamtbetrag der jeweiligen Tranche erworbenen Aktien auf einem Treuhandsammeldepot lautend auf den Verwalter zugunsten der Teilnehmer. Entsprechend dem jeweiligen Investment und Bonus der einzelnen Teilnehmer werden die Aktien anteilig dem jeweiligen Teilnehmer zum Durchschnittspreis gutgeschrieben. Dabei kann es rechnerisch zur Verteilung von Bruchteilsaktien kommen. Der Verwalter ermittelt solche Bruchteile auf drei Kommastellen.
18Gemäß § 6 Nr. 4 hält der Verwalter die Aktien im eigenen Namen für Rechnung des Teilnehmers.
19Gemäß § 8 Nr. 1 werden die Bonus-Aktien nach einer Sperrfrist von 3 Jahren unverfallbar.
20Der Mindestanlagebetrag gemäß Anlage 2 zum I. betrug monatlich 15 €.
21Der Preis der Z.-Vorzugsaktien betrug in den Streitjahren zwischen ... € und ... €. Die Planung in allen wichtigen Bereichen der Klägerin erfolgte durch die Konzernleitung auf der Ebene der Z..
22Die Klägerin beschäftigte in keinem Streitjahr Arbeitnehmer, die von der Teilnahme am I. gemäß § 1 Nr. 2 ausgeschlossen waren.
23Die Bekanntgabe des Angebots für das Jahr 2015 erfolgte mit E-Mail vom 22.09.2014, für das Jahr 2016 mit E-Mail vom 21.09.2015, für das Jahr 2017 mit E-Mail vom 20.09.2016 und für das Jahr 2018 mit E-Mail vom 21.09.2017. Die Anmeldefrist lief jeweils vom 01. bis 31. Oktober des Vorjahres.
24Die X., bei der die Planung in allen wichtigen Bereichen durch die Konzernleitung auf der Ebene der Z. erfolgte, beschäftigte in allen Streitjahren Auszubildende, die dort bei Bekanntgabe des jeweiligen Angebots seit mindestens einem Jahr angestellt waren.
25Die Klägerin qualifizierte die aus der Gewährung der Bonuszahlungen zum Erwerb der Aktien im Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 resultierenden geldwerten Vorteile unter Anwendung von § 3 Nr. 39 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeweils bis zur Höhe von 360 € als steuerfrei und unterwarf sie nicht dem Lohnsteuerabzug.
26Das Finanzamt J. führte für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung durch. Im Bericht vom 01.12.2020 lehnte es die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 EStG ab. Nach Satz 2 müsse die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern i.S.d. § 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) offenstehen, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stünden.
27Nach § 1 Nr. 2 des I. seien Mitarbeiter mit ruhendem Arbeitsverhältnis, geringfügiger Beschäftigung oder Ausbildungsverhältnis ausgeschlossen.
28Die Klägerin stellte einen Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer, welchem entsprochen wurde.
29Mit Haftungsbescheid über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag vom 05.01.2021 nahm der Beklagte die Klägerin für ... € Lohnsteuer und ... € Solidaritätszuschlag vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 in Haftung.
30Zur Begründung verwies der Beklagte auf den beigefügten Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 01.12.2020. Die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin anstelle der Arbeitnehmer begründete er damit, dass sich die Klägerin hiermit einverstanden erklärt habe und gleiche oder ähnliche Berechnungsfehler bei einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern gemacht worden seien.
31Hiergegen legte die Klägerin am 27.01.2021 Einspruch ein. Mit Entscheidung vom 02.12.2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
32Die Gesetzesfassung lasse die von der Klägerin beschriebenen und praktizierten Ausnahmen nicht zu.
33Im BMF-Schreiben vom 08.12.2009 (IV C 5 - S 2347/09/10002, BStBl I 2009, 1513) werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Beteiligungsangebot allen Arbeitnehmern offenstehen müsse. Hierzu gehörten auch geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte und Auszubildende, die auch explizit genannt würden.
34Das Schreiben sei auch so klar formuliert, dass sich die Klägerin nicht darauf berufen könne, begründet davon ausgegangen zu sein, dass manche Arbeitnehmer nicht einzubeziehen seien.
35Die von der Klägerin vorgebrachten sachlichen Hinderungsgründe bzw. der administrative Aufwand würden keine Ausnahmetatbestände darstellen.
36Die Klägerin hat am 03.01.2022 Klage erhoben.
37Die Klägerin meint, dass sowohl der Wortlaut des § 3 Nr. 39 EStG als auch das für den hier streitgegenständlichen Zeitraum hierzu ergangene BMF-Schreiben vom 08.12.2009 (a.a.O.) erkennen ließen, dass das Prinzip, alle Mitarbeiter teilnehmen zu lassen, von praktikablen Überlegungen durchbrochen werden könne. Eine Differenzierung nach objektiven Zugangskriterien sei möglich, diese müsse aber sachlich gerechtfertigt sein und für alle Beschäftigungsgruppen gleichermaßen gelten.
38Selbst wenn der Ausschluss der betroffenen Mitarbeitergruppen von der Teilnahme an dem Mitarbeiterbeteiligungsplan grundsätzlich ein Hinderungsgrund für die Anwendung des Freibetrags nach § 3 Nr. 39 EStG wäre, so könne dies jedoch nicht gelten, soweit ein Arbeitgeber in dem betreffenden Jahr überhaupt keine Mitarbeiter der betroffenen Gruppen beschäftige. Denn in diesem Fall stehe die Beteiligung faktisch mindestens allen Arbeitnehmern offen, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum jeweiligen Unternehmen stehen.
39Die Klägerin beantragt,
40den Haftungsbescheid über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag vom 05.01.2021 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 aufzuheben,
41hilfsweise die Revision zuzulassen.
42Der Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen,
44hilfsweise die Revision zuzulassen.
45Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags verweist er darauf, dass sich der Gesetzgeber unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren für den gesetzlichen Wortlaut entschieden habe. Hierbei seien auch die praktischen Probleme bei der späteren Durchführung des Gesetzes berücksichtigt worden und führten zu den benannten Einschränkungen der zu beteiligenden Personengruppe. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass im Hinblick auf die streitentscheidende Frage überhaupt eine auslegungsfähige und -bedürftige Regelungslücke bestehe. Für eine Auslegung, die den Wortlaut der Norm in der von der Klägerin gewollten Weise durchbreche, bestehe zumindest kein Raum.
46Die Klägerin sei auch nicht durch zwingende Gründe daran gehindert gewesen, die gesetzeskonforme Umsetzung zu wählen. Eine anderweitige Umsetzung zu wählen habe ihr freigestanden, könne aber nicht dieselben Rechtsfolgen auslösen, wie die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Vorgehensweise.
47Ob die Klägerin tatsächlich Arbeitnehmer dieser ausgeschlossenen Gruppen beschäftigte sei unerheblich, da bereits in den grundsätzlichen Planbedingungen Arbeitnehmergruppen ausgeschlossen würden.
48Da die Planungen in allen wichtigen Bereichen durch die Konzernleitung vorgenommen worden seien, sei aufgrund des von der Konzernleitung gewählten Wortlauts die Vereinbarung auf alle Gesellschaften der Z.-Gruppe anzuwenden, unabhängig davon, ob tatsächlich ausgeschlossene Arbeitnehmer beschäftigt werden oder nicht.
49Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Gericht über die Klagen der X. (Az. 8 K 11/22 H (L)) und D. (Az. 8 K 14/22 H (L)) entschieden.
50Entscheidungsgründe
51Die Klage ist begründet.
52Der Haftungsbescheid vom 05.01.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
53Die Klägerin hat die Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag, für die sie als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen worden ist, nicht fehlerhaft angemeldet und abgeführt.
54Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Eine Haftung besteht u.a. dann, wenn Arbeitslohn als steuerfrei behandelt wurde, ohne dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung tatsächlich vorlagen.
55Die von der Klägerin an ihren Arbeitnehmer gewährte Bonuszahlung erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Nr. 39 EStG und führt daher in Höhe des Freibetrags nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.
56Gemäß § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG (i.d.F. des Gesetz zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz, vom 07.03.2009, BGBl I 2009, 451) ist der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes (5. VermBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl I 1994, 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl I 2009, 451), in der jeweils geltenden Fassung), am Unternehmen des Arbeitgebers steuerfrei, soweit der Vorteil insgesamt 360 € im Kalenderjahr nicht übersteigt. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist gemäß Satz 2 (i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 08.04.2010, BGBl I 2010, 386), dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.
57Bei dem von der Klägerin gewährten Bonus zum Erwerb von „Bonus-Aktien“ (Z.-Vorzugsaktien) handelt es sich um eigene Aktien des mit der Klägerin als Arbeitgeberin konzernverbundenen Unternehmens nach § 18 des Aktiengesetzes (AktG) (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 5. VermBG, in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission vom 16.07.2007, BGBl I 2007, 1330). ...
58Die Beteiligung stand auch mindestens allen Arbeitnehmern offen, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Klägerin standen.
59Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin selbst keine von I. ausgeschlossenen Arbeitnehmer beschäftigt hat. Der abstrakte Ausschluss von Mitarbeitergruppen im I. ist für die Gewährung der Steuerbefreiung unschädlich. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut, der Gesetzesbegründung, der Systematik wie auch Sinn und Zweck der Vorschrift.
60Für den Begriff des Arbeitnehmers ist mangels einer spezialgesetzlichen Regelung auf § 1 LStDV zurückzugreifen (Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 310. Lieferung, 4/2022, § 3 Nr. 39 EStG Rz 6, BMF-Schreiben vom 08.12.2009, a.a.O., Tz 1.1.1; BMF-Schreiben vom 16.11.2021, IV C 5-S 2347/21/10001:006, BStBl I 2021, 2308, Rz 1 v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 323. Lieferung, 4/2022, § 3 Nr. 39 EStG Rz B 39/80).
61Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 23.04.2009 VI R 81/06, BFHE 225, 33, BStBl II 2012, 262, Rz 27, m.w.N.).
62Bereits nach dem Wortlaut sind bei der Klägerin nicht beschäftigte Personen keine Arbeitnehmer im Sinne der Norm.
63Entgegen der Meinung des Beklagten ist es für die Auslegung und Bestimmung des Begriffs der Arbeitnehmer irrelevant, dass bei anderen Unternehmen der Z. Gruppe vom I. ausgeschlossene Mitarbeiter beschäftigt werden.
64Die Definition des Konzerns und des Konzernunternehmens im Sinne des § 18 AktG ist nach § 3 Nr. 39 Satz 3 EStG ausdrücklich nur zugunsten des Steuerpflichtigen bei der Definition des Unternehmens des Arbeitgebers nach Satz 1 maßgeblich.
65Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgebots in § 3 Nr. 39 Satz 2 EStG wird ausdrücklich nicht erfasst (Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 310. Lieferung, 4/2022, § 3 Nr. 39 Rz 7, Harder-Buschner, NWB - Steuer- und Wirtschaftsrecht 2009, 1252, 1257; von Beckerath, in: Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, 22. Auflage 2023, § 3 Nr. 39 Rz 93; a.A. Breinersdorfer, Deutsches Steuerrecht 2009, 453, 455 f., der nicht darauf eingeht, dass § 3 Nr. 39 Satz 3 nur auf Satz 1 EStG verweist und daher eine Abweichung zur Gesetzesbegründung in Bundestagsdrucksache --BT- Drs.-- 16/10531, 15 sieht).
66Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eindeutig, dass zwar jedes konzernzugehörige Unternehmen als arbeitgebendes Unternehmen gilt (BT-Drs. 16/10531, 12, 15), die Beteiligung muss aber nur allen Beschäftigten des Unternehmens offenstehen, bei einem Konzernunternehmen aber nicht den Beschäftigten der übrigen Konzernunternehmen (BT-Drs. 16/10531, 15).
67Es entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes den Gleichbehandlungsgrundsatz allein auf die im konkreten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen. Nach der Gesetzesbegründung zur insoweit unveränderten Fassung des Gesetzes zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz vom 07.03.2009 (BGBl I 2009, 451) sollen „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer […] einen fairen Anteil am Erfolg der Unternehmen erhalten“ (BT-Drs. 16/10531, 11). Nach dem „Grundsatz der Gleichbehandlung“ gilt nach dem Willen des Gesetzgebers daher: „Ein Angebot zur Beteiligung am Unternehmen muss daher grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offenstehen“ (BT-Drs. 16/10531, 11, 22). Damit soll eine Diskriminierung einzelner Beschäftigtengruppen verhindert werden (BT-Drs. 16/10531, 15).
68Der Senat hat berücksichtigt, dass der Gesetzgeber zur Einleitung seines Gesetzgebungsvorschlags auch die Gewinnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Ziel von § 3 Nr. 39 EStG formuliert hat (BT-Drs. 16/10531, 1). Dieser Aspekt wird indes weder in der weiteren Gesetzesbegründung noch in der Gesetzesfassung aufgegriffen.
69Nicht im Unternehmen beschäftigte Personen haben keinen Beitrag zum Unternehmenserfolg geleistet, ihre Einbeziehung ist damit auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht geboten. Der Gesetzgeber wollte mit dem Gleichbehandlungsgebot nur eine unterschiedliche Behandlung im selben Unternehmen verhindern.
70Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass im Fall der Klägerin alle Unternehmensgesellschaften einen Beitrag zum Erfolg des Konzerns geleistet haben. Der Gesetzgeber hat das Gleichbehandlungsgebot indes selbst aus pragmatischen Gründen beschränkt und nur die begünstigte Beteiligung auf Konzernunternehmen erweitert. Hierfür spricht, dass es für einen Konzern regelmäßig nur eine Aktie gibt, dieser aber über zahlreiche Unternehmen verfügt.
71Nach der Argumentation des Beklagten müsste darüber hinaus der I. allen Arbeitnehmern in allen Konzerngesellschaften weltweit offenstehen, da alle einen Beitrag zum in der Aktie zum Ausdruck kommenden Unternehmenserfolg geleistet haben.
72Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
73Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.