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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Qualifizierung der Einkünfte einer sog. „Mitarbeiter-KG“ als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der tätigen Person sowie die hieraus zu ziehenden umsatzsteuerlichen Konsequenzen.
3Die Klägerin wurde zum ....11.2000 errichtet und am ....11.2000 unter HRA 1 in das Handelsregister des Amtsgerichts A eingetragen. Komplementärin der Klägerin ist Frau B mit einer ursprünglichen Gewinnbeteiligung von 85 % und Kommanditist ihr Ehemann, B1, der mit 15 % am Gewinn der Gesellschaft beteiligt war. Seit dem 01.01.2004 sind Frau B und ihr Ehemann zu je 50% am Gewinn der Klägerin beteiligt. Gegenstand des Unternehmens ist die „Durchführung von Büroarbeiten aller Art, insbesondere die Durchführung von Schreibarbeiten, Anfertigung von Buchhaltungsunterlagen und sonstige Erledigungen, welche zum Großbereich Bürowesen gehören“.
4Frau B ist ausgebildete Steuerfachangestellte. Sie war seit Sommer 1998 zunächst bei Herrn D und nachfolgend bei der am ....01.2008 gegründeten D & F GbR tätig. In ihrer Zeugenvernehmung am ....09.2009 in der Strafsache gegen Herrn D und Frau F sagte Frau B aus, dass sie sich auf eine Stelle als Steuerfachangestellte bei Herrn D beworben und eine Arbeitszeit von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr mit einem Nettogehalt zwischen 1.000 DM und 1.200 DM angestrebt habe. Einen Vertrag habe sie nicht erhalten, sei aber von einem Arbeitsvertrag ausgegangen. Ihre Stunden habe sie mandantenbezogen notiert. Sie habe das Geld zunächst wöchentlich in bar erhalten. Nach 3-4 Monaten habe Herr D sie gebeten, rückwirkend Rechnungen zu erstellen und ihr mitgeteilt, dass sie sich um Kranken- und Rentenversicherung selber kümmern müsse. Dies bestätigte Frau B in der mündlichen Verhandlung am 24.09.2015.
5Frau B führte auch nach der Gründung der Klägerin ihre Tätigkeit fort und rechnete diese über die Klägerin ab. Sie hatte während ihrer gesamten Tätigkeit einen Arbeitsplatz im Steuerbüro von Herrn D bzw. der nachfolgenden D & F GbR und ihr war eine feste Durchwahlnummer zugeordnet. Ihr wurden Arbeitsmittel und Visitenkarten auf ihren Namen unter der Bezeichnung „D & Kollegen Steuerberater – Wirtschaftsprüfer“ zur Verfügung gestellt. Das Büro D bezahlte die Fortbildungen für Frau B, vergütete diese als Arbeitszeit und erstattete die Fahrtkosten. Kosten für Büronutzung, Arbeitsmittel etc. wurden der Klägerin seitens des Steuerbüros nicht in Rechnung gestellt. Die Mandantenakquise erfolgte durch Herrn D, der neue Mandanten Frau B vorstellte, die diese dann bzgl. der laufenden Buchhaltung und der Vorbereitung von Abschlüssen und Erklärungen betreute. Für den Fall, dass Frau B mit einem Mandanten nicht bzw. nicht mehr zurecht kam, hatte sie die Möglichkeit, dies Herrn D mitzuteilen, der das Mandat dann einer anderen Mitarbeiterin zugewiesen hätte. Die Bezahlung erfolgte bis Herbst 2004 ausschließlich nach den geleisteten Stunden. Nachfolgend erfolgte die Abrechnung nach einer Umsatzbeteiligung von 24% bis 25% des den Mandanten in Rechnung gestellten Betrages. Daneben wurden von Frau B ausgeführte Arbeiten, die zu keinem Umsatz der Steuerberaterkanzlei führten, wie bspw. Kaffee kochen, Suppe für Chef aufwärmen, Kanzleiakten wegräumen, DATEV-Post sortieren und verteilen, Reinigung von Drucker und Patronentausch sowie die Fortbildungszeiten weiterhin monatlich auf Stundenbasis abgerechnet. Es erfolgte keine Vergütung für Urlaubs- und Krankheitszeiten; es wurden jedoch leistungsorientierte Sondervergütungen in der Weihnachtszeit gezahlt. Die Organisation des Steuerbüros erfolgte im Allgemeinen über Büromitteilungen und im Speziellen durch schriftliche Aktenvermerke von Herrn D bzw. Frau F, mit denen Aufgaben den Mitarbeitern, so auch Frau B, zugewiesen wurden. So wurde bspw. geregelt, wie Telefonate anzunehmen sind, Termine im zentralen Kalender zu erfassen sind, eine Kleiderordnung, das Rauchen am Arbeitsplatz, der Beitrag zu Geburtstagsgeschenken, Urlaubs- und Abwesenheitszeiten etc. Das Büro hatte hierarchische Strukturen, in denen Frau B Weisungsrecht gegenüber anderen Mitarbeitern im Bereich Lohn hatte.
6Im Rahmen von Steuerfahndungsprüfungen gegen Herrn D, Frau F und u.a. Frau B führte das Finanzamt K ab dem 22.07.2010 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (BP) für die Jahre 2005 bis 2008 durch. Im BP-Bericht vom 05.08.2011 stufte der Betriebsprüfer die Tätigkeit von Frau B als Arbeitsverhältnis ein und verneinte eine Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Steuerbüro D bzw. der D & F GbR. Zur Begründung führt der Bericht hierzu 19 Punkte auf, insbesondere sei Frau B fest in die Büroorganisation des Steuerbüros eingebunden gewesen. Mangels eines tatsächlichen Geschäftsbetriebs lägen die Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der Klägerin nicht vor. Auch komme mangels Leistungsaustausch eine Versteuerung von Umsätzen und unentgeltlichen Wertabgaben durch die Klägerin nicht in Betracht, was auch den Vorsteueranspruch ausschließe. Die in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge würden jedoch nach § 14c Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geschuldet.
7Im Einzelnen wird auf den BP-Bericht vom 05.08.2011 sowie insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf den strafrechtlichen Prüfungsbericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Y vom 02.09.2011 (Az: ...) sowie die Beweismittelordner 4.1 bis 4.4 der StA Y in dem Verfahren Az: ... verwiesen und Bezug genommen.
8Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ am 21.10.2011 für die Jahre 2005 bis 2008 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) gestützte negative Feststellungsbescheide und nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide, wogegen die Klägerin am 11.11.2011 Einspruch eingelegt hat. Mit negativem Feststellungsbescheid vom 12.03.2012 hob der Beklagte den Feststellungsbescheid 2009 vom 27.04.2011 gemäß § 164 Abs. 2 AO ebenfalls auf. Hiergegen hat die Klägerin am 12.04.2011 Einspruch eingelegt.
9Ihre Einsprüche begründete die Klägerin im Wesentlichen mit einer schriftlichen Stellungnahme von Frau B. Hiernach scheide ihre Arbeitnehmereigenschaft aus, da sie als Organ der Klägerin – einer Personengesellschaft – gehandelt habe. Sie habe nie Sozialleistungen, Lohnfortzahlung oder Urlaubsgeld erhalten. Auch hätte sie die Möglichkeit gehabt, Arbeiten abzulehnen und weiterzugeben sowie Arbeitnehmer bzw. Subunternehmer zu beschäftigen. Das Büro habe sie freiwillig aufgesucht, weil es bequemer gewesen sei. Sie habe keine festen Arbeitszeiten gehabt und Urlaub nur angezeigt und nicht genehmigen lassen müssen. Wenn ein Mandant wegen Unzufriedenheit gekündigt habe, so wären die Einnahmen bei der Klägerin entfallen und der Auftraggeber hätte einen Schadensersatzanspruch gehabt.
10Der Beklagte folgte dem nicht und wies die Einsprüche mit separaten Entscheidungen (Feststellungs-/Umsatzsteuerbescheide) vom 13.06.2012 als unbegründet zurück. Eine Leistungsbeziehung habe nicht zwischen dem Steuerbüro und der Klägerin, sondern mit Frau B persönlich im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bestanden. Die Tätigkeit von Frau B sei wie bei nichtselbständig Tätigen gestaltet gewesen. Die zivilrechtliche Existenz der Klägerin besage nichts über deren tatsächliches Agieren als Vertragspartner und Auftragnehmer. Insbesondere seien keine schriftlichen Verträge geschlossen worden. Aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse sei davon auszugehen, dass zivilrechtliche Vereinbarungen über eine selbständige Tätigkeit zwischen den Vertragsparteien nicht zustande gekommen seien. Insoweit solle lediglich die nichtselbständige Tätigkeit der Frau B für das Steuerbüro i.S. von § 41 Abs. 2 AO verdeckt werden; es handele sich um unbeachtliche Scheingeschäfte bzw. Scheinhandlungen.
11Mit der am 13.07.2012 hiergegen erhobenen Klage wendet die Klägerin ein, dass auch zivilrechtliche Urteile in Verfahren anderer Mitarbeiter-KGen gegen Herrn D bestätigten, dass es sich bei den Leistungsbeziehungen um Auftragsverhältnisse bzw. Werkverträge handele (LG Y Urteil vom 04.02.2009 ...; LG Y Urteil vom 26.05.2010 ... und OLG Z 14.12.2006 ...). Die Urteile wurden zu den Akten gereicht. Die Klägerin schulde ausschließlich das fertiggestellte Werk und nicht ihre Arbeitskraft. Daneben spreche keines der von der Rechtsprechung entwickelten positiven wie negativen Abgrenzungskriterien für eine nichtselbständige Tätigkeit von Frau B. Dies ergebe sich aus der von Frau B im Einspruchsverfahren abgegebenen Erklärung (s.o.). Auch verbleibe für die Annahme eines § 14c-UStG-Falles kein Raum, da die Klägerin schon kraft ihrer Rechtsform Unternehmerin sei und ihre Aufträge durch die Komplementärin abgewickelt bzw. erfüllt habe.
12In ihren Schriftsätzen vom 14.09.2015 und 17.09.2015 führt die Klägerin ergänzend aus, dass die Umwandlung der Arbeitsverhältnisse in Kommanditgesellschaften aufgrund des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit erfolgt sei und zur Steigerung der Leistungsbereitschaft und der Erhöhung des Einkommens der Mitarbeiterinnen gedient habe. Dieses „Modell-D“ sei erst nach eingehender Beratung durch die Rentenversicherung eingeführt worden und das Vertragsverhältnis sei sozialversicherungsrechtlich nicht als „Scheinselbständigkeit“ zu beurteilen. Dies verdeutliche auch der Vergleich mit den Verkaufsfahrern von Bofrost und Eismann sowie den Fahrern von DHL, die auch als selbständige Unternehmer behandelt würden.
13Die Klägerin beantragt,
14die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte betreffend die B KG für die Feststellungszeiträume 2005 bis 2009 und die Festsetzungen der Umsatzsteuer 2005 bis 2008 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide jeweils vom 21.10.2011 und für 2009 vom 12.3.2012 (Feststellung von Einkünften) bzw. vom 21.10.2011 (Umsatzsteuer), sämtliche in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 13.6.2012, ergangen zu Steuernummer ... – Rb-Nr. ... und Rb-Nr. ... RBBZ ..., erklärungsgemäß vorzunehmen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, die Leistungsaufschreibungen von Frau B ergäben, dass sie und alle Kollegen fest in die Organisationsstruktur des Steuerbüros eingegliedert gewesen seien. Aus diesen ergebe sich auch, dass Frau B bis auf den 03.12.2007 alle Arbeiten in den Streitzeiträumen im Steuerbüro zu den normalen Arbeitszeiten verrichtet habe.
18Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Y (Az: ...) wurde Frau B aufgrund der Hinterziehung von Umsatzsteuer (2005 bis 2008) und Einkommensteuer (2006 bis 2008) in 7 Fällen sowie in 15 Fällen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (Vorsteuerabzug aufgrund zu Unrecht ausgegebener Rechnungen) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 € (= 4.500 €) verurteilt.
19Mit Urteil des Landgerichts Y vom 03.12.2013 wurde Herr D u.a. wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Gegenstand war die Hinterziehung von Umsatzsteuer durch die Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen (u.a. der Klägerin), obwohl es sich insoweit um umsatzsteuerfreien Arbeitslohn gehandelt habe. Das Urteil beruht auf einem Geständnis des Herrn D im Rahmen einer Verständigung gemäß § 257c StPO.
20Im Übrigen wird auf die umfassende Einlassung von Frau B in der mündlichen Verhandlung am 24.09.2012 Bezug genommen und auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
21Entscheidungsgründe
22Die Klage ist unbegründet.
23Der Beklagte hat zu Recht die Feststellungsbescheide für die Jahre 2005 bis 2009 aufgehoben, indem er negative Feststellungsbescheide erlassen hat sowie die Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 insoweit geändert, als die Klägerin keine Leistungen gegenüber Herrn D bzw. der D & F GbR erbracht hat. Denn Leistende war insoweit ausschließlich Frau B als Arbeitnehmerin.
24I. Für die Klägerin waren in den Streitjahren keine Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung (AO) festzustellen, da diese keine Einkünfte erzielt hat. Vielmehr sind die Einkünfte Frau B steuerlich zuzurechnen. Denn die Abrechnung der Leistungen von Frau B über die Klägerin erfolgte nur zum Schein i.S. von § 41 Abs. 2 Satz 1 AO, um die bei Frau B bestehende Problematik der sog. „Scheinselbständigkeit“ zu umgehen.
25a. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind, wenn sie also das Erklärte nicht wollen (BFH-Urteil vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655). Insoweit geht es den Beteiligten darum, den äußeren Schein des Rechtsgeschäfts hervorzurufen, dessen Rechtsfolgen jedoch nicht eintreten sollen (BFH-Beschluss vom 20.05.1998 III B 9/98 BStBl II 1998, 721). So ist es auch im vorliegenden Fall:
26aa. Herrn D und Frau F ging es im Rahmen der Vertragsbeziehung ausschließlich um die Beschäftigung der Steuerfachangestellten B und nicht um die Beauftragung einer Personengesellschaft. Dies bestätigt Frau B sowohl in ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung, wie auch in ihrem Schreiben vom 14.09.2015. Die Kommanditgesellschaften wurden ausschließlich gegründet, weil in den Verlautbarungen der Sozialversicherungsträger publiziert wurde, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgeschlossen sei, wenn der Auftragnehmer eine Gesellschaft (z.B. GmbH, KG oder OHG) ist.
27bb. Durch die konstruierte Zwischenschaltung einer Personengesellschaft sollte das tatsächlich mit Frau B bestehende Arbeitsverhältnis verdeckt werden.
28Nach § 1 Abs. 1 und 2 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) sind Arbeitnehmer Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Ein Dienstverhältnis i.d. Sinne setzt voraus, dass der Beschäftigte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
29Unter Beachtung dieser Bestimmung beurteilt sich die Frage, wer Arbeitnehmer ist, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Der Begriff des Arbeitnehmers ist vom Begriff des Unternehmers abzugrenzen; beide Begriffe sind Typusbegriffe, in deren Zentrum der Gegensatz von Selbständigkeit und Nichtselbständigkeit steht. Der BFH hat in seinem Urteil vom 14.06.1985 VI R 150-152/82 (BStBl II 1985, 661) zahlreiche Abgrenzungskriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt.
30Zwar besteht hinsichtlich der Beschäftigung von Frau B kein mit der Klägerin geschlossener schriftlicher Vertrag, jedoch kann aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung und der Einlassungen von Frau B ein relativ genaues Bild der mündliche Abreden und der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses gezeichnet werden.
31(a) Hierbei sprechen für eine unternehmerische Tätigkeit von Frau B, dass ab der Umstellung des Abrechnungssystems auf Honorarteilung im Wesentlichen der Arbeitserfolg in Form der abrechenbaren Leistungen gegenüber den Mandanten des Steuerbüros geschuldet wurde. Auch wurden keine Sozialleistungen gezahlt und es gab keine Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und in der Urlaubszeit. Damit trug Frau B ein erhebliches finanzielles Risiko, vergleichbar einem Unternehmer.
32(b) Demgegenüber hat Frau B bzw. die von ihr vertretene Klägerin keinerlei unternehmerische Initiative entwickelt. Sie hat sich auf die in der Regel nichtselbständige Tätigkeit einer Steuerfachangestellten beworben und als solche die Arbeit aufgenommen. Sowohl die zunächst freiberufliche Tätigkeit, wie auch die nachfolgende Gründung und Zwischenschaltung der Klägerin wurde ihr von Herrn D und nachfolgend der D & F GbR vorgegeben. Zwar hat es nach dem Bekunden von Frau B hinsichtlich der KG-Gründung eine Erörterung mit Herrn D und mindestens 2 weiteren Kollegen gegeben, doch sieht der Senat hierin keine unternehmerische Initiative von Frau B. Vielmehr ist der Senat der Überzeugung, dass die KG-Gründung von Herrn D vorgeschlagen, vorbereitet und die Durchführung der Gründung organisiert wurde. Hierfür spricht, dass die Gesellschaftsvertragsmuster auf dem Server von Herrn D gefunden wurden und vor allem, dass es einen „Massen“-Notartermin zur Unterzeichnung der Gesellschaftsverträge mit anderen Mitarbeitern gab, die ebenfalls Mitarbeiter-KGen gründeten. Die Komplementärin der Klägerin spricht hier selbst vom „Modell-D“. Auch in der täglichen Arbeit entwickelte sie keine unternehmerische Initiative. Vielmehr war ausschließlich Herr D für die Mandantenakquise zuständig und trat alleine nach außen in Erscheinung.
33Daneben war Frau B über mehr als 10 Jahre in den geschäftlichen Organismus des Steuerbüros so stark eingegliedert, dass sie in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung der Steuerberater stand und deren Weisungen zu folgend hatte. Hierfür spricht zum einen, dass Frau B im Steuerbüro nicht nur die typischen Arbeiten einer Steuerfachangestellten erledigte, sondern auch weniger qualifizierte Hilfsarbeiten wie Kaffee kochen, Suppe für Chef aufwärmen, Reinigen von Druckern etc. erledigte. Daneben war sie auch Ansprechpartner für Fragen der Lohnbuchhaltung und hatte hier Weisungskompetenz den übrigen Mitarbeitern gegenüber. Sie war mithin umfassend von der Putzfrau bis zur weisungsbefugten Vertrauensperson des Herrn D in den täglichen Büroablauf eingebunden. Zudem ergibt sich aus den Leistungsaufschreibungen, dass Frau B fast ausschließlich ihre Arbeiten in den Büroräumen der Steuerkanzlei ausgeübt hat. Selbst wenn man die Einlassung von Frau B in der mündlichen Verhandlung am 24.09.2015 als wahr unterstellt, dass sie 2-3-mal in der Woche Arbeiten mit nach Hause genommen habe, ändert dies nichts an der ununterbrochenen Präsenz von Frau B in der Kanzlei und damit an ihrer dortigen Eingliederung.
34Weitere Indizien für eine nichtselbständige Tätigkeit von Frau B sind, dass ihr ein fester Arbeitsplatz im Büro zur Verfügung stand, sie über eine feste Durchwahlnummer verfügte, Fortbildungen für sie organisiert und bezahlt wurden.
35Schließlich hat Frau B die Arbeiten auch in aller Regel selbst erbracht, was ebenfalls für die persönliche Eingliederung in die Büroorganisation spricht. Zwar hat Frau B vorgetragen, dass sie auch hätte Subunternehmer beschäftigen können. Dies beurteilt der Senat jedoch als Schutzbehauptung, die dem tatsächlich Gewollten und den Gegebenheiten eines Steuerbüros nicht entspricht, in dem konstante Ansprechpartner für den Mandanten wichtig sind.
36(c) Zur Überzeugung des Senats überwiegen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Elemente, die für ein Arbeitnehmerverhältnis sprechen. Die Tätigkeit von Frau B weist ausschließlich im Bereich von Bezahlung und Sozialleistungen Abweichungen gegenüber einem „normalen“ Arbeitsverhältnis einer Steuerfachangestellten auf. Bei seiner Würdigung war sich der Senat bewusst, dass sich für fast alle Unterscheidungskriterien Tätigkeitsbeispiele sowohl für eine selbständige, als auch eine nichtselbständige Tätigkeit finden lassen.
37(d) An dieser Beurteilung ändert auch der vorgetragene Umstand nichts, dass bei Honorarstreitigkeiten anderer Mitarbeiter-KGen mit Herrn D bzw. der D & F GbR das Landgericht Y sowie das Oberlandesgericht Z bspw. in Sachen L KG (OLG Z-Urteil vom 14.12.2006 ...) Werkvertragsrecht (§ 631 Abs. 1 BGB) auf die Vertragsverhältnisse angewendet hat. Denn es besteht keine steuerrechtliche Bindung an die zivilrechtliche Beurteilung eines Tatbestandes. Auch herrscht in der Zivilprozessordnung der Beibringungsgrundsatz, so dass das Gericht ggf. nicht alle Umstände des Sachverhaltes kennt. So führt auch das Gericht in der Sache L KG auf Seite 10 seines Urteils aus, dass der Sachverhalt zwar einige Andeutungen für ein verdecktes Arbeitsverhältnis enthalte, dies jedoch nicht ausreicht, um den Umstand zu überwinden, dass die Verträge formal mit einer mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Kommanditgesellschaft geschlossen und erfüllt wurden.
38(e) Schließlich streitet auch der Umstand, dass sich Herr D und die Klägerin bei Sozialversicherungsträgern und in der Literatur informiert haben, nicht für die Klägerin. Die publizierte Aussage, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgeschlossen ist, wenn Auftragnehmer eine Gesellschaft (z.B. GmbH, KG oder OHG) sei, betrifft die Frage des Vorliegens einer sozialversicherungsrechtlichen Scheinselbständigkeit (§ 7 IV SGB IV). Der Begriff der Scheinselbständigkeit stimmt jedoch nicht mit dem steuerrechtlichen Arbeitnehmerbegriff nach § 1 Abs. 2 LStDV überein (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., G. Die einzelnen Einkunftsarten, Rdnr. 472). Aber letztlich kommt es hierauf nicht an, da es sich nach den Ausführungen unter I. bei dem Vertragsverhältnis zur Klägerin um ein Scheingeschäft handelt, das nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO der Besteuerung nicht zugrunde zu legen ist.
39b. Neben den Einnahmen aus den Scheingeschäften sind der Klägerin auch keine Ausgaben steuerlich zuzuordnen. Da die Klägerin nur zum Schein und zur Verdeckung des mit Frau B bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischengeschaltet wurde, unterhält die KG keinen auf Gewinnerzielung ausgerichteten Betrieb. Ein Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG ist demnach ausgeschlossen.
40II. Die Klägerin schuldet die in den Streitjahren in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nach § 14 c Abs. 2 UStG. Ein Vorsteuerabzug scheidet aus.
41a. Die Klägerin schuldet keine Umsatzsteuer für erbrachte Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Denn die Tätigkeit von Frau B ist ihr nicht zuzurechnen. Wie unter I. dargestellt, handelt es sich bei der Beauftragung der Klägerin um ein Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 Satz 1 AO, das für die Besteuerung unerheblich ist. Dies gilt entsprechend auch für Zwecke der Umsatzsteuer (vgl. BFH-Beschluss vom 04.03.2004 V B 21/04, BFH/NV 2004, 833).
42b. Auch war bei der Klägerin keine unentgeltliche Wertabgabe für die private Nutzung von PKW und Telefon nach § 3 Abs. 9a UStG zu besteuern. Denn insoweit handelt es sich um keine Gegenstände, die dem Unternehmen der Klägerin zuzuordnen sind, sondern nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO der nichtselbständigen Tätigkeit von Frau B.
43c. Weiterhin stand der Klägerin der geltend gemachte Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht zu. Denn die den Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Eingangsleistungen sind nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO nicht dem Unternehmen der Klägerin, sondern der nichtselbständigen Tätigkeit von Frau B zuzurechnen.
44d. Die Klägerin schuldet jedoch die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG. Denn sie hat Leistungen mit gesondertem Steuerausweis abgerechnet, die nicht von ihr, sondern von Frau B als Arbeitnehmerin ausgeführt wurden (§ 41 Abs. 2 AO).
45III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtordnung (FGO).
46IV. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor, das Urteil beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFH.