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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2014 über die Steuerfreiheit einer dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld tarifvertraglich angelehnten Zahlung im Rahmen eines „arbeitnehmerähnlichen“ Beschäftigungsverhältnisses.
3Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die Klägerin ist seit 2005 bei zwei Rundfunkanstalten, dem E sowie dem X, in einem arbeitsrechtlich als sog. „arbeitnehmerähnliche Person“ eingestuften Beschäftigungsverhältnis tätig. Im Streitjahr 2014 erzielte sie bei den beiden Rundfunkanstalten einerseits geringfügige – hier nicht im Streit stehende – nach Steuerklasse VI lohnversteuerte Einkünfte. Einen „Zuschuss zum Mutterschaftsgeld“ weisen die Lohnsteuerbescheinigungen nicht aus (Zeile 15 – keine Eintragung) und ein solcher Zuschuss wurde im Rahmen des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auch nicht gezahlt. Andererseits erzielte die Klägerin überwiegend bei beiden Rundfunkanstalten – was dem Grunde nach unstreitig ist – Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
4Am ... März 2014 wurde die gemeinsame Tochter der Kläger, M, geboren. Die Klägerin erhielt aufgrund von tarifvertraglichen Regelungen vom E anlässlich der Geburt einen Betrag i.H.v. 10.159 € und vom X i.H.v. 5.704 € (letztlich zutreffender Betrag; zwischenzeitlich wurden fehlerhaft 6.103 € erklärt/erfasst).
5Eine Bescheinigung des E vom 28. November 2018 (zum Betrag 10.159 €) führt an, dass es sich um einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld handele und nicht um ein Honorar für Urheberleistungen. Rechtsgrundlage der Zahlung sei der Tarifvertrag über Zahlungen bei Schwangerschaft vom …, der ausführt:
6„Die Mitarbeiterin erhält auf Antrag für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der vom Arzt attestierten Niederkunft (bei Frühgeburten oder Mehrlingsgeburten: zwölf Wochen) einen Zuschuss, der zusammen mit den Leistungen der Krankenversicherung oder eines vergleichbaren Trägers der Sozialversicherung nach Maßgabe der nachstehenden Absätze je Kalendertag 75 % von 1/365 ihrer Vorjahresbezüge bei E, zuzüglich einer inzwischen erfolgten tariflichen Honorarerhöhung, beträgt. Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verringern sich die Fristen zusätzlich um den Zeitraum der Schutzfrist entsprechend § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz, der nicht in Anspruch genommen werden konnte.“
7Der X führt in einer Bestätigung vom 22. November 2017 Zahlungen i.H.v. 5.704 € an und führt aus, es handele sich um eine Zuschusszahlung zu Leistungen der Krankenversicherung für die Dauer von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt. Der Anspruch ergebe sich aus dem Tarifvertrag. Umsatzsteuerlich werde er als „echter Zuschuss“ gewertet. Rechtsgrundlage sei § 10 des Tarifvertrags, der lautet:
8„Weist eine Beschäftigte dem X durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung ihre Schwangerschaft nach und erfüllt sie zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen von §§ 2 und 3 und liegt im Zeitraum von 12 Monaten vor diesem Zeitpunkt ein Beschäftigungsjahr, so hat sie gegen den X Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses.“
9Die genaue Berechnung regelt § 10 Abs. 4 des Tarifvertrags.
10In ihrer Einkommensteuererklärung 2012 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 37.009 € ohne Berücksichtigung der vorgenannten Zahlungen. Die Zahlungen vom E (10.159 €) und X (zunächst hier fehlerhaft mit 6.103 € statt 5.704 € angegeben) erklärte sie – ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte mit entsprechendem Eintrag – in der Anlage N als Lohnersatzleistungen. Dem folgte der Beklagte im Erstbescheid vom 8. Juli 2016, erlassen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, nicht und erfasste – neben einer weiteren hier nicht streitigen Änderung (wg. Zahlungen an eine Pensionskasse) – die vorgenannten Zahlungen zur Geburt bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Unter dem 8. Mai 2018 erging ein Änderungsbescheid, in welchem letztlich neben einer anderen Änderung der o.g. Erfassungsfehler bei der Zahlung des X korrigiert wurde. Der Bescheid führte unter Aufhebung des Vorbehalts nunmehr Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 57.492 € (hierin versteuert: vorgenannte Zuschüsse i.H.v. 15.863 €) an und setzte eine Einkommensteuer i.H.v. 16.186 € fest. Mit Einspruchsentscheidung vom gleichen Tage (8. Mai 2018) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
11Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage und führen – zusammengefasst – aus, es handele sich bei den Zahlungen um nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG steuerfreie Zahlungen, die nur einem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG unterlägen. Sie seien aus der Berechnung des Gewinns nach § 18 EStG herauszurechnen. Es handele sich in der (tarif-)vertraglichen Konzeption um eine Lohnersatzleistung ähnlich einem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Auch wenn dies nicht vom engen Wortlaut erfasst werde, müsse die Regelung verfassungskonform ausgelegt oder analog angewandt werden. Die Leistung erfülle als tarifliche Leistung den gleichen Zweck (identische soziale Aufgaben des gesetzlich gewollten Mutterschutzes) wie die gesetzlichen Zahlungen und sei auch der Höhe nach dem Mutterschaftsgeld / Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nachgebildet. Im Einzelnen wird dann unter Berufung auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, das im Steuerecht hieraus hergeleitete Leistungsfähigkeitsprinzip und das Prinzip der Folgerichtigkeit angeführt, dass eine Nichteinbeziehung jedenfalls verfassungswidrig sei. Die Klägerin habe zwar als arbeitnehmerähnliche Person keinen Zugang zum Geltungsbereich des Mutterschutzes, sei aber durch die tarifvertragliche Regelung gleichgestellt. In Bezug auf die soziale Absicherung (Urlaubsgeld, Krankengeld, gewisser Kündigungsschutz) sei die Klägerin über Tarifverträge einem Arbeitnehmer ähnlich. Im Einzelnen legen die Kläger dann dar, dass das Mutterschutzgesetz (MuSchG) in seiner Konzeption und in zwischenzeitlichen Reformen berufsgruppenunabhängig gestaltet worden sei und ein einheitliches Gesundheitsschutzniveau in der Schwangerschaft, nach der Entbindung und während der Stillzeit sicherstellen solle. Bei unverändert fortbestehendem Wortlaut in § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG seien diese Änderungen im Mutterschutzrecht bei der steuerlichen Betrachtung einzubeziehen. Näher wird ausgeführt, dass das Mutterschutzgesetz 2002 (mit Geltung bis zum 31. Dezember 2017) noch keine arbeitnehmerähnlichen Personen erfasst habe (vgl. § 1 MuSchG), in der zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Neufassung vom 23. Mai 2017 in § 1 nunmehr aber auch arbeitnehmerähnliche Personen erfasse. Für eine Steuerfreiheit und eine Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt spreche auch der Wortlaut des § 32b EStG, der vergleichbare Lohnersatzleistungen zum Mutterschaftsgeld einbeziehe. Hierfür spreche auch, dass bspw. aufgrund einer Verwaltungsvorschrift (Verfügung der OFD Karlsruhe) die Mutterschaftsentschädigung nach dem schweizerischen Gesetz (EOG) in sinngemäßer Anwendung steuerfrei gestellt werde. Im Weiteren wird die steuerliche Würdigung mit sozialrechtlichen Wertungen vertieft. Anders als bei der BFH-Rechtsprechung zu Leistungen bei privaten Krankenversicherungen (BFH-Urteil X R 53/06) stünden sozialrechtliche Erwägungen hier einer analogen Anwendung der Steuerbefreiung nicht entgegen.
12Die Kläger beantragen,
13die Einkommensteuerfestsetzung 2014 in Gestalt des Bescheids und der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2018 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus selbständiger Arbeit um 15.863 € vermindert wird und dieser Betrag als Einkommensersatzleistung dem Progressionsvorbehalt unterworfen wird,
14hilfsweise, die Revision zuzulassen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen,
17hilfsweise, die Revision zuzulassen.
18Er verweist – zusammengefasst – auf den aus seiner Sicht eindeutigen Wortlaut des § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG, welcher eine derartige tarifliche Zahlung, die keine Leistung nach dem Mutterschutzgesetz darstellt, nicht als steuerfrei erfasst. Tarifliche Zahlungen im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seien nicht erfasst. Eine verfassungskonforme Auslegung oder eine analoge Anwendung sei nicht möglich. Es bestünden auch unter Beachtung der Rechtsprechung zu privaten Versicherungsleistungen und des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
19Entscheidungsgründe
20I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte hat die Zahlungen des E und des X zu Recht als steuerpflichtige Einkünfte nach § 18 EStG eingeordnet.
211. Die Zahlungen sind nicht nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei.
22Nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG sind das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften steuerfrei.
23Die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut u.a. das als Lohnersatzleistung gezahlte Mutterschaftsgeld vor und nach der Entbindung innerhalb der im MuSchG geregelten Schutzfristen sowie Zuschüsse des Arbeitgebers „nach dem Mutterschutzgesetz“, d.h. gem. § 14 MuSchG a.F. (bis 31.12.2017) und § 20 MuSchG n.F. (ab 01.01.2018) (so auch v. Beckerath in Kirchhof, EStG, 18. Aufl. 2019, § 3 Nr. 1 Rn. 8; Levedag in Schmidt, EStG, 38. Aufl. 2019, § 3 Nr. 1 Rn. 11; Bergkemper in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 292. EL Juni 2019, § 3 Nr. 1 EStG Rn. 21).
24Durch die ausdrückliche Nennung des „Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz“ macht der gesetzliche Wortlaut deutlich, dass nur Zuschüsse auf Rechtsgrundlage des Gesetzes begünstigt sind. Das MuSchG in der im Streitjahr 2014 geltenden Fassung (Mutterschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 mit späteren Änderungen, aufgehoben mit Ablauf des 31. Dezember 2017) erfasste in seinem Geltungsbereich (§ 1 MuSchG) keine arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisse. Die seit dem 1. Januar 2018 geltende Neufassung erfasst gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 MuSchG nunmehr auch Frauen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen sind, jedoch mit der Maßgabe, dass die §§ 18, 19 Abs. 2 und 20 MuSchG auf sie nicht anzuwenden sind. Der nunmehr in § 20 MuSchG geregelte Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld gilt daher ausdrücklich nicht für arbeitnehmerähnliche Personen.
25Im Streitfall wurde der Klägerin – was zwischen den Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht unstreitig ist – ein Zuschuss auf tarifvertraglicher und nicht auf gesetzlicher Grundlage gewährt. Nach dem vorgenannten Wortlaut und der Verweisungssystematik in § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG auf das MuSchG ist eine solche Zahlung nicht von der Steuerfreiheit erfasst.
26Soweit sich die Klägerseite unter Verweis auf eine teleologische, historische oder verfassungskonforme Auslegung auf eine Einbeziehung von arbeitnehmerähnlichen Personen in die Steuerbefreiung beruft, ist dem nicht zu folgen. Bei einer Auslegung bildet der Wortlaut und (mögliche) Wortsinn des Gesetzes die Grenze der Auslegung (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rn. 340 ff., Stand Mai 2015). Diese Wortlaut- und Wortsinngrenze würde hier überschritten, wenn man Zahlungen außerhalb des MuSchG bei der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG einbeziehen würde.
27Unabhängig davon kann der Senat auch der Argumentation der Klägerseite in der Sache nicht folgen. Es ist bereits nicht überzeugend, aus Rechtsentwicklungen in anderen Bereichen (hier: MuSchG) auf einen gesetzgeberischen Willen des „Steuergesetzgebers“ bei einem gleichzeitig unveränderten Steuergesetz zu schließen. Überdies ist die Neuregelung des MuSchG mit einer grundsätzlichen Einbeziehung von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen erst zum 1. Januar 2018 und damit nach dem Streitjahr in Kraft getreten. Die spätere gesetzliche Regelung spricht gerade gegen einen vorherigen gesetzgeberischen Willen, da der Gesetzgeber selbst bei der Neuregelung die arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisse finanziell nicht vollständig gleichbehandeln wollte. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gem. § 20 MuSchG n.F. ist auch nach der Neuregelung ausdrücklich nicht für arbeitnehmerähnliche Personen anzuwenden, wie § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 MuSchG n.F. regelt.
282. Eine Steuerfreiheit kommt auch nicht in entsprechender Anwendung (durch eine Analogie, teleologische Extension o.ä.) in Betracht.
29Auch wenn man eine richterliche Rechtsfortbildung durch Analogie im Allgemeinen auch im Steuerrecht für zulässig erachtet, ist eine Rechtsfortbildung bei Ausnahme- und Vergünstigungsvorschriften nur zulässig, wenn sich aus der Vorschrift ein allgemeines Prinzip ableiten lässt und eine Ausdehnung der Vergünstigung der Verwirklichung des Prinzips und damit letztlich eines in der Norm unzureichend zum Ausdruck kommenden Gesetzeszwecks dient (vgl. zum Ganzen Drüen, a.a.O., § 4 AO Rn. 344 ff., m.w.N.).
30Hiernach kann der Senat bei dem Katalog der Steuerbefreiungen in § 3 EStG, welcher unterschiedlichen Zielsetzungen dient (vgl. etwa Erhard in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 3 EStG Rn. 2, Juli 2019), bereits kein allgemeines Prinzip erkennen, welches eine generelle Steuerfreiheit von auf tarifvertraglicher Grundlage geleisteten Zahlungen in einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis gebietet. Auch innerhalb der Vorschrift des § 3 Nr. 1 EStG kann der Senat nur feststellen, dass der Gesetzgeber gesetzlich geregelte Lohnersatzleistungen und infolgedessen auch den gesetzlich geregelten, verpflichtenden Zuschuss eines Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld steuerfrei stellen wollte. Ein allgemeines Prinzip oder ein allgemeiner gesetzgeberischer Wille, jede Zahlung mit (möglichem) Entgeltersatzcharakter steuerfrei stellen zu wollen, vermag der Senat nicht zu erkennen.
31Soweit die Klägerseite anführt, dass Zahlungen ausländischer Rechtsträger (z.B. Mutterschaftsentschädigung nach schweizerischem Recht) als steuerfrei beurteilt wurden, folgt dies aus der –nicht auf den Streitfall übertragbaren – Sonderregelung in § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG.
32Soweit die Klägerseite auf die Regelungen zum Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) verweist, kann hieraus ebenfalls keine Steuerfreiheit hergeleitet werden. Die Regelung ist systematisch nachrangig anzuwenden und verlangt im ersten Schritt eine steuerfreie Zahlung. Aus dem anderen Wortlaut in § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG oder dem Verweis in § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst k) auf § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG kann dadurch nicht auf eine Steuerfreiheit geschlossen werden.
333. Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt und erachtet deshalb eine Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes – GG – i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht – BVerfGG – für nicht geboten.
34Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 80 BVerfGG hat ein Gericht, welches ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und unmittelbar die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH besteht diese Vorlagepflicht jedoch nur dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Gesetzesvorschrift überzeugt ist; bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dagegen nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 20. März 1952 1 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - 1, 184, 188 f.; BVerfG-Beschluss vom 6. April 1989 2 BvL 8/87, BVerfGE 80, 59, 65; BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VI R 121/90, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 183, 538, BStBl II 1997, 692).
35Der Senat ist hier nicht von einer Verfassungswidrigkeit überzeugt, weil arbeitnehmerähnliche Personen – trotz eines gewissen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzes – selbst nach Novellierung des MuSchG in steuerrechtlicher Hinsicht (wie auch in anderen Rechtsgebieten) nicht mit Arbeitnehmern vergleichbar sind. Der Auftraggeber (hier: Rundfunksender) und die arbeitnehmerähnlichen Person haben bei typisierender Betrachtung weitergehende Freiheiten in der organisatorischen und inhaltlichen Gestaltung des Dienstverhältnisses, als dies bei herkömmlich angestellten Arbeitnehmern der Fall ist. Selbiges gilt für die Höhe der zufließenden (ggf. schwankenden) Einkünfte und der Festlegung des Zuflusszeitpunktes. Die Rundfunkanstalten mögen sich als Auftraggeber durch tarifvertragliche Regelungen in ein ähnliches Vergütungssystem wie bei Arbeitnehmern begeben haben, unterliegen aber insoweit nicht den Bindungen des MuSchG. Diese Unterschiede können es rechtfertigen, dass der Gesetzgeber bei Ausnutzung seines weiten Gestaltungsspielraums und seiner Typisierungsbefugnis arbeitnehmerähnliche Personen jedenfalls steuerrechtlich anders behandelt als Arbeitnehmer.
36II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
37III. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zugelassen.