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Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2014 wird der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 14.06.2013 dahingehend abgeändert, dass für 2010 weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 15.000 € bis zur Höhe von 20% des Gesamtbetrages der Einkünfte als Spenden berücksichtigt werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
2Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
3Streitig ist die Berücksichtigung von Spenden nach Rumänien.
4In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 beantragte die Klägerin den Abzug von Zahlungen in Höhe von 15.000 € an die aufgrund Gesetzesdekrets Nr. 126 vom 24.04.1990 errichtete Pfarrgemeinschaft „A“ als Spende. Diese griechisch-katholische Pfarrgemeinde hat ihren Sitz in B, Rumänien; sie ist laut ihrer Satzung eine rumänische juristische Person, die humanitäre, geistliche, religiöse, erzieherische, wohltätige und kulturelle Zwecke verfolgt. Wegen Einzelheiten wird auf die Satzung verwiesen (Bl. 43 – 45 FG-Akte im Verfahren 9 K 3177/14).
5Die Zuwendung der Klägerin diente zur Fertigstellung einer Kirche in F (F). Diese befand sich im Jahr 2010 noch in der Bauphase und konnte erst aufgrund der von der Klägerin geleisteten Zuwendung fertiggestellt werden. Der Name der Klägerin wurde im Fuß des Altars eingraviert. Darüber hinaus wird die Klägerin bei jeder Messe, die in der Kirche abgehalten wird, mittels Fürbitten namentlich erwähnt. Zudem wurde die Klägerin von der Pfarrgemeinde zu der Weihe der Kirche am ... nach der Fertigstellung eingeladen. Über dieses Ereignis erschien in der örtlichen Presse ein Artikel, der das Engagement der Klägerin als Spenderin aus Deutschland namentlich erwähnt. Darüber hinaus wurde ihr im Zusammenhang mit dem Weihefest der Kirche eine Urkunde verliehen, die den Dank der Gemeinde für den ermöglichten Wiederaufbau zum Ausdruck bringt. Eine weitere Dankesurkunde wurde der Klägerin vom Bischof M von F im ... 2013 übergeben.
6Im Rahmen der Erörterung wurden diverse Bescheinigungen in nicht amtlicher Übersetzung betreffend die Zahlung der Spenden vorgelegt. Nachdem ein erster Einkommensteuerbescheid für 2010 hinsichtlich der Spenden vorläufig nach § 165 AO ergangen war, erließ der Beklagte am 14.06.2013 einen nach § 165 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2010. In diesem Bescheid wurde die Spende nicht zum Abzug zugelassen, weil es an der Voraussetzung des strukturellen Inlandsbezugs fehle.
7Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24.10.2014 als unbegründet zurück.
8Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Der erkennende Senat sah die Voraussetzungen des Spendenabzugs nach § 10b EStG als erfüllt an. Die Spendenempfängerin sei nach übereinstimmender Erklärung in der damaligen mündlichen Verhandlung als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen, die übrigen Voraussetzungen des Spendenabzugs lägen vor.
9Nachdem der Beklagte die vom Senat zugelassene Revision eingelegt hatte, hob der BFH das Urteil im Verfahren 9 K 3177/14 auf. Zwar lägen alle übrigen Voraussetzungen des Spendenabzugs vor, allerdings habe das FG das rumänische Recht hinsichtlich der Frage aufzuklären, ob es sich bei der Spendenempfängerin nach Maßgabe des rumänischen Rechts um eine einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vergleichbare Einrichtung handele. Hierzu sei der entsprechende Inhalt des rumänischen Rechts festzustellen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das den Beteiligten bekannte Urteil des BFH vom 22.03.2018 X R 5/16 verwiesen.
10Die Klägerin führt hierzu aus, dass die Spendenempfängerin nach einem Schreiben ihres Rechtsberaters eine gemeinnützige und öffentliche Rechtsperson sei („persoana juridica non profit si de utilitate publice", Bl. 46 – 48 FG-Akte). Die in der Übersetzung verwandte Begrifflichkeit „öffentliche Rechtsperson" sei nach ihrem – der Klägerin – Verständnis als „Person des öffentlichen Rechts" zu verstehen. Dies folge auch aus dem in der Satzung der Spendenempfängerin bezeichnete Gesetzesdekret Nr. 126 vom 24.4.1990, veröffentlicht im Offiziellen Anzeiger Nr. 54/24.04.1990 (Bl. 49 – 50 FG-Akte). Aus Art. 1 des Dekrets ergebe sich, dass die vereinigte rumänische Kirche mit Rom (griechisch-katholisch) infolge der Aufhebung des Dekrets Nr. 358/1948 durch Dekret Nr. 9 vom 31.12.1989 offiziell anerkannt wird. Da die Zuwendungsempfängerin auf Grund eines Gesetzes und somit auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Hoheitsakts geschaffen worden sei, sei sie eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
11Bei der von der Klägerin unterstützten Pfarrgemeinde handele es sich um eine Gemeinde der griechisch-katholischen Kirche. Diese habe entgegen der Auffassung des Beklagten nichts mit der rumänisch-orthodoxen Kirche gemein. Die griechisch-katholische Kirche unterstehe Rom. Dies sei u.a. aus dem Siegel der Gemeinde ersichtlich „....". Die rumänisch-orthodoxe Kirche unterstehe hingegen dem Orthodoxen Patriarchat von Konstantinopel (Istanbul). Die beiden Kirchen hätten nicht nur nichts miteinander zu tun, sondern die Priester der jeweiligen Kirchen hätten nach dem Zusammenbruch des Ostblocks vielmehr erbittert um die Herausgabe der griechisch-katholischen Gotteshäuser gekämpft.
12Von der Rechtsnatur der einen (rumänisch-orthodoxen) Kirche, die vom Beklagten als juristische Person des Privatrechts benannt werde, sei daher nicht auf die Rechtsnatur der anderen (griechisch-katholischen) Kirche zu schließen. Dies ergebe sich auch nicht aus dem vom Beklagten zitierten Art. 9 Abs. 2 des Dekrets Nr. 489 vom 28.12.2006. Nachdem zunächst in Abs. 1 ausgeführt werde, dass es in Rumänien keine Staatsreligion gibt und der Staat neutral gegenüber jedem religiösen Glauben ist, enthalte Abs. 2 lediglich die Aussage, dass Religionsgemeinschaften vor dem Gesetz und der öffentlichen Hand gleich sind. Damit sei indessen keine Aussage dazu getroffen, welche Rechtsnatur diese besäßen bzw. dass alle Religionsgemeinschaften juristische Personen des Privatrechts seien.
13Die Klägerin beantragt,
14unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2014 den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 14.06.2013 dahingehend zu ändern, dass für 2010 weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 15.000 € bis zur Höhe von 20% des Gesamtbetrages der Einkünfte als Spenden berücksichtigt werden,
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Zuwendungsempfängerin sei nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen, weil sie nicht durch einen staatlichen Hoheitsakt gegründet worden sei. Die Stellungnahme ihres Rechtsbeistands erbringe diesen Nachweis nicht. Der im Original der Stellungnahme verwendete Begriff „utilitate publica" werde in der von der Klägerin beigebrachten Übersetzung mit „öffentliche Rechtsperson" gleichgesetzt. Im Schriftsatz vom 23.07.2018 werde der in der Übersetzung verwandte Begriff in „Person des öffentlichen Rechts" umgedeutet. Tatsächlich werde im Ausgangsdokument jedoch dargestellt, dass es sich bei der Zuwendungsempfängerin um eine nicht profitorientierte juristische Person (= persoana juridica non profit) handele, die der Öffentlichkeit (= publica) nützlich (= utilitate) sei. Hiermit werde lediglich ausgeführt, dass die Zuwendungsempfängerin eine gemeinnützige, nicht profitorientierte juristische Person sei. Hinsichtlich des rechtlichen Status (öffentlich- oder privatrechtlich) enthalte die Beschreibung keine Aussage.
18Die griechisch-katholische Kirche in Rumänien sei mit Dekret Nr. 358 vom 02.12.1948 (Bl. 61 FG-Akte) mit der rumänisch-orthodoxen Kirche (zwangs)vereinigt und verboten worden. Durch Dekret Nr. 9 vom 31.12.1989 (Bl. 59 FG-Akte) sei das Dekret Nr. 358 vom 02.12.1948 wieder aufgehoben worden. Damit sei der vor dem 02.12.1948 geltende rechtliche Zustand wieder hergestellt worden, ein über die bloße Aufhebung des Verbots-Dekrets hinausgehender hoheitlicher Gründungsakt sei im Dekret Nr. 9 vom 31.12.1989 nicht zu sehen. Auch das von der Klägerin vorgelegte Dekret Nr. 126 vom 24.04.1990 enthalte keinen hoheitlichen Gründungsakt. In dessen Artikel 1 werde lediglich auf die beiden vorgenannten Dekrete hingewiesen, in den folgenden Artikeln werde die Restitution von Vermögen der griechisch-katholischen Kirche geregelt.
19Aus dem Dekret Nr. 489 über die Religionsfreiheit und das allgemeine konfessionelle Regime vom 28.12.2006 (Bl. 62 – 71 FG-Akte) ergebe sich ebenfalls nicht, dass Religionsgemeinschaften in Rumänien durch einen hoheitlichen Akt gegründet würden.
20Dass es sich bei der Zuwendungsempfängerin um eine juristische Person des Privatrechts handeln müsse, werde aus einer vergleichenden Betrachtung ersichtlich:
21Im Statut der rumänisch-orthodoxen Kirche (Bl. 72 – 95 FG-Akte) werde in Artikel 41 ausgeführt, dass das Patriarchat, die Metropolitankirche, die Erzdiözese, das Bistum, das Vikariat, das Dekanat, das Kloster und die Pfarrei juristische Personen des Privatrechts (= drept privat) sind. Mit Artikel 9 Abs. 2 des o.g. Dekrets Nr. 489 habe der rumänische Staat sich verpflichtet, sämtliche Religionsgemeinschaften gleich zu behandeln. Da die einzelnen Untergliederungen der rumänisch-orthodoxen Kirche juristische Personen des Privatrechts seien, müsse das auch für die Untergliederungen der griechisch-katholischen Kirche gelten, da anderenfalls eine Ungleichbehandlung beider Religionsgemeinschaften vorliegen würde. Mithin handele es sich bei der Zuwendungsempfängerin nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
22Der Argumentation der Klägerin, dass die griechisch-katholische Kirche nichts mit der rumänisch-orthodoxen Kirche gemein habe und daher von der Rechtsnatur dieser Kirche nicht auf die Rechtsnatur der griechisch-katholischen Kirche geschlossen werden könne, könne er – der Beklagte – sich nicht anschließen.
23Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der vom Gericht befragten Experten bleibe der Beklagte bei seiner Auffassung, dass es sich bei der griechisch-katholischen Kirche in Rumänien nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handele.
24Der erste Experte, C, bestätige zunächst die Auffassung des Beklagten: „In Rumänien gibt es meines Wissens nicht einen Rechtsstatus der Kirchen, der einer Körperschaft des öffentlichen Rechts' entspricht." Im Weiteren gehe er zwar davon aus, dass die griechisch-katholische Kirche „im Sinne der Vergleichbarkeit" gleichwohl als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen sei. Zur Begründung führe er allerdings aus, dass die griechisch-römische Kirche in Rumänien vom Staat offiziell als eine religiöse Gemeinschaft anerkannt sei und weise hierfür auf eine einschlägige Literaturquelle hin, in der die griechisch-römische Kirche in Rumänien zu den anerkannten „Kulten" gezählt werde. Im Anhang zu dem o.g. Dekret Nr. 489 vom 28.12.2006 finde sich eine Tabelle der in Rumänien anerkannten Religionsgemeinschaften (cultelor reconoscute in Romania), ...." aufgelistet sei. Mithin habe der Beklagte selbst Unterlagen eingereicht, aus denen sich ergebe, dass die griechisch-römische Kirche in Rumänien staatlicherseits als „Kult" anerkannt sei. Die Ausführungen des Experten brächten daher keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn, insbesondere bestätigten sie nicht, dass eine Vergleichbarkeit bestehe.
25Der zweite Experte habe den Auftrag missverstanden.
26Der dritte Experte (eine namentlich nicht benannte Person aus Rumänien) erläutere die Finanzierung von staatlich anerkannten „Kulten" in Rumänien. Zu der Frage, ob es sich bei Religionsgemeinschaften in Rumänien um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt bzw. überhaupt handeln kann, finde sich keine Aussage.
27Da die Darlegungen der befragten Experten von lediglich begrenztem Gebrauchswert seien, erscheine eine eingehendere Auseinandersetzung mit den einschlägigen rumänischen Gesetzesregelungen geboten. Zu diesem Zweck legt der Beklagte eine mithilfe des „Google Übersetzer" angefertigte (auszugsweise) Übersetzung des Dekret Nr. 489 vor (Bl. 127 – 134 FG-Akte). Nach seinem – des Beklagten – Verständnis enthalte dieses Dekret die grundlegenden Vorschriften zur Religionsfreiheit und zur Verfassung von Religionsgemeinschaften in Rumänien.
28In Kapitel I Art. 6 Abs. 2 des Dekrets heiße es: „Die religiöse Vereinigung ist eine nach dem gegenwärtigen Gesetz gegründete private juristische Person (im Original: persoana juridica de drept privat), bestehend aus Individuen, die denselben religiösen Glauben annehmen, teilen und praktizieren." Trotz aller Unsicherheiten, die eine internetgestützte Übersetzung mit sich bringen mag, könne diese Stelle des Dekrets nur dahingehend verstanden werden, dass es sich bei einer religiösen Vereinigung um eine privatrechtlich – und eben nicht öffentlich-rechtlich – strukturierte Organisation handele.
29Das folgende Kapitel II behandele die „Kulte". In Art. 7 Abs. 2 heiße es: „Der rumänische Staat erkennt die wichtige Rolle der rumänischen orthodoxen Kirche und der anderen Kirchen und Kulte an, die in Rumänien anerkannt wurden die nationale Geschichte Rumäniens und das Leben der rumänischen Gesellschaft." Weiter regelt Art. 8 Abs. 1: „Die anerkannten Kulte sind juristische Personen von öffentlichem Nutzen (im Original: persoana juridice de utilitate publica)." Dass der rumänische Staat die „Kulte" als juristische Personen von öffentlichen Nutzen anerkenne, führe aber nicht dazu, dass aus einer privatrechtlichen eine öffentlich-rechtliche Organisation werde. Jeder gemeinnützige Sportverein in Deutschland sei von einem Finanzamt (= staatlich) als „von öffentlichem Nutzen", also gemeinnützig, anerkannt worden, ohne dass dieser Umstand die betreffenden Vereine zu Körperschaften des öffentlichen Rechts mache.
30Mithin gebe es weder in den Ausführungen der Experten noch in den einschlägigen rumänischen Gesetzesregelungen Anhaltspunkte, die dafür sprächen, dass Religionsgemeinschaften in Rumänien als juristische Personen des öffentlichen Rechts zu qualifizieren seien.
31Im Übrigen sei es auch keineswegs naheliegend, dass Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfasst seien. Eine allgemeingültige Legaldefinition des Begriffs „Körperschaft des öffentlichen Rechts" existiere nicht. Den verschiedenen Definitionsversuchen sei jedoch gemein, dass sich Körperschaften des öffentlichen Rechts dadurch auszeichnen, dass ihnen staatliche Aufgaben übertragen wurden. So seien z.B. laut Definition der Bundeszentrale für politische Bildung Körperschaften des öffentlichen Rechts „Einrichtungen, die als juristische Personen des öffentlichen Rechts für den Staat Aufgaben übernehmen." Im Hinblick auf die vielen demokratischen Rechtsordnungen zu Grunde liegende Forderung nach Trennung von Staat und Kirche und staatlicher Neutralität gegenüber Glauben und Religion sei festzuhalten, dass Religionsgemeinschaften – zumindest in ihrem Kernbereich – keine staatlichen Aufgaben wahrnähmen. Daher spreche einiges dafür, Religionsgemeinschaften privatrechtlich zu organisieren. Dass Religionsgemeinschaften in Deutschland die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden könnten, stelle eine historisch bedingte Sondersituation dar.
32Der Senat hat die o.g. Auskünfte von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (diese hat den ...Experten Herr C eingeschaltet), der Universität G, ... (Herr H) und der Katholischen Fakultät der Universität Q (..., Herr D; dieser hat sich an einen rumänischen Kollegen gewandt) eingeholt (vgl. Hinweisschreiben vom 31.01.2019, Bl. 108 – 112 FG-Akte). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen.
Die Klage ist begründet.
34Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Spenden an die griechisch-katholische Kirche in Rumänien nicht anerkannt. Denn die griechisch-katholische Kirche in Rumänien ist einer Körperschaft des öffentlichen Rechts inländischer Prägung vergleichbar
35Nach § 10b Abs. 1 EStG können Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 AO insgesamt bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abgezogen werden. Voraussetzung für den Abzug ist, dass diese Zuwendungen an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, und die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz KStG steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde, geleistet werden. Für nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger ist weitere Voraussetzung, dass durch diese Staaten Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden. Werden die steuerbegünstigten Zwecke des Zuwendungsempfängers nur im Ausland verwirklicht, ist für den Sonderausgabenabzug Voraussetzung, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert werden oder dass die Tätigkeit dieses Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann.
36Da die übrigen Voraussetzungen des Spendenabzugs – die Unentgeltlichkeit der Zuwendung, der ordnungsgemäßen Spendenbescheinigung und des Inlandsbezugs – nach der vorangegangenen höchstrichterlichen Entscheidung im Verfahren X R 5/16 nunmehr als gegeben anzusehen sind, ist allein noch die Streitfrage zu klären, ob die Spendenempfängerin in Rumänien einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vergleichbar ist, allerdings nach Maßgabe des rumänischen Rechts.
37Der Senat hat aufgrund seiner Nachforschungen zum rumänischen Recht die Überzeugung gewonnen, dass die griechisch-katholische Kirche einer inländischen Körperschaft des öffentlichen Rechts vergleichbar ist, so dass der Spendenabzug auch nicht an dieser Voraussetzung scheitert.
381. Zutreffend geht der Beklagte davon aus, dass für die vorliegende Entscheidung die rumänische Rechtslage maßgeblich ist. Ausgehend davon bestimmt Art. 29 Abs. 3, 5 der rumänischen Verfassung vom 21.11.1991, geändert durch Gesetz Nr. 429 vom 23.10.2003:
39(3) Die religiösen Kulte sind frei und organisieren sich gemäß den eigenen Statuten, im Rahmen dieses Gesetzes…
40(5) Die religiösen Kulte sind dem Staat gegenüber selbständig und erfreuen sich seiner Unterstützung, einschließlich durch die Ermöglichung des religiösen Beistandes in der Armee, in Krankenhäusern, in Strafanstalten, in Altersheimen und in Waisenhäusern…
41Der von Herrn D (Katholische Fakultät der Universität Q, ...) seinerseits befragte rumänische Experte hat – vom Beklagten unwidersprochen – ausgeführt:
42„Als anerkannte Kultusgemeinschaften haben die 18 Religionsgemeinschaften Recht auf staatliche Unterstützung vom Haushalt der Regierung. Die Gehälter werden vom Staat bezahlt.“
43Der Senat hat hierzu weiter festgestellt, dass auf den Internetseiten des rumänischen Gesetz- und Verkündungsblatts (Monitorul Oficial, http://eur-lex.europa.eu/n-lex/legis_ro/rodb_result_de) mehrere Fundstellen zu finden sind, aus denen sich ergibt, dass die Priester der griechisch-katholischen Kirche entweder in das System der rumänischen Sozialversicherung integriert worden sind (Gesetz Nr. 167/1998, Monitorul Oficial Nr. 374 vom 01.10.1998, bestätigt durch den Staatspräsidenten, Dekret Nr. 312, a.a.O.) oder dass Haushaltsmittel des Ministeriums für Kultur und Glaubensgemeinschaften aus der Reserve, die der Regierung im Staatshaushalt für 2007 zur Verfügung stand, aufgestockt wurden „für das Patriarchat der Rumänisch-Orthodoxen Kirche und den rumänischen Erzbischof von Rom, griechisch-katholisch, Alba Iulia und Fagaras“ (Monitorul Oficial Nr. 315 vom 09.05.2007). In ähnlicher Weise wurde für 2006 der Haushalt des Ministeriums für Kultur und Glaubensgemeinschaften aus dem Reservefonds ergänzt, „der der Regierung für das Jahr 2006 für die griechischen Katholiken in der Gemeinde Mitreu Mare zur Verfügung steht“ (Monitorul Oficial, Nr. 652 vom 26.07.2006).
44Dies zeigt, dass die Kirchen tatsächlich aus Steuermitteln des Staates Rumänien unterstützt wurden. Ferner folgt dies aus dem Gesetz Nr. 142/1999, wonach die Kleriker staatlicherseits besoldet werden (geändert durch Gesetz vom 04.07.2008, MonitorulOficial, Nr. 522 vom 10.07.2008). Bischöfe und Leiter von Kultgemeinschaften werden besoldet wie Regierungsmitglieder (Brusanowski, Rumänisch-orthodoxe Kirchenordnungen <1786 – 2008>: Siebenbürgen - Bukowina – Rumänien, S. 423).
452. Nach Beendigung des kommunistischen Regimes in Rumänien, während dessen die griechisch-katholische Kirche mit der rumänisch-orthodoxen Kirche zwangsvereinigt und abgeschafft worden war (Dekret Nr. 358/1948), wurde die griechisch-katholische Kirche durch Art. 1 des Dekrets Nr. 126 vom 24.04.1990 „offiziell“ anerkannt. Dieses Dekret regelt auch die Abwicklung der Rückgabe der seinerzeit vom Staat Rumänien bzw. der rumänisch-orthodoxen Kirche übernommen Güter (Art. 2, 3) sowie in Art. 4 Folgendes:
46„In den Orten, in denen die Anzahl der Gotteshäuser im Verhältnis zur Anzahl der Gläubigen nicht ausreichend ist, wird der Staat den Bau neuer Gotteshäuser unterstützen. Zu diesem Zweck werden sie den jeweiligen Konfessionen das betreffende Land zur Verfügung stellen, wenn sie dieses Land nicht haben, und einen Beitrag leisten mit Bargeld für die Schaffung von Finanzmitteln.“
47Der Senat hat hierzu über die o.g. Internetquelle festgestellt, dass tatsächlich Staatsvermögen an die griechisch-katholische Kirche ausgekehrt worden ist (Gesetz 660/2014, Monitorul Oficial Nr. 660 vom 26.08.2014 „betreffend die Übertragung von Privatvermögen im privaten Sektor des Staates und unter der Verwaltung des Staatsprotokolls des Staates, gemeinfrei, der Verwaltung des Staatssekretariats für religiöse Angelegenheiten, der rumänischen Bischofsabteilung des Staates und in der Verwaltung des Staatssekretariats für religiöse Angelegenheiten, Grecokatholil, Saint Vasile, Mare, Bukarest“).
483. Schließlich folgt aus manchen Gesetzestiteln, dass offensichtlich in Rumänien die Kirchen – im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit (s.o.) – unter staatlicher Aufsicht oder unter staatlicher Verwaltung stehen. So existiert ein „Staatssekretariat für religiöse Angelegenheiten“ sowie eine „rumänische Bischofsabteilung des Staates“.
49Dies wird dadurch bestätigt, dass in einer Vielzahl von Ausgaben des Gesetz- und Verkündungsblattes die Ernennungen von Bischöfen der griechisch-katholischen Kirche, die nach dem Kirchenrecht der Kirchenhoheit von Rom unterstehen, vom rumänischen Staat bestätigt werden (Dekret Nr. 168/1994, Monitorul Oficial Nr. 255 vom 31.08.1994; Dekret Nr. 168/1997, Monitorul Oficial Nr. 79 vom 25.04.1997; Dekret Nr. 167/1994, Monitorul Oficial Nr. 255 vom 31.08.1994; Dekret Nr. 169/1994, Monitorul Oficial Nr. 255 vom 31.08.1994; Dekret Nr. 166/1994, Monitorul Oficial Nr. 255 vom 31.08.1994).
50Nach Brusanowski (a.a.O., S. 422) werden religiöse Kultgemeinschaften durch Regierungsbeschluss (im Wege der Verordnung) anerkannt, wenn diese – im Streitfall gegebene – bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
514. Aus diesen genannten Punkten schließt der Senat, dass die griechisch-katholische Kirche einer Körperschaft des öffentlichen Rechts inländischer Prägung vergleichbar ist. Denn letztlich werden die religiösen Kultgemeinschaften durch einen staatlichen Anerkennungsakt im Staatswesen verankert, der zugleich mit einer gewissen staatlichen Aufsicht einhergeht. Sie erhalten staatliche Unterstützung in vermögensrechtlicher Hinsicht, z.B. durch die staatliche Besoldung der Kleriker. Zugleich haben die Kirchen im inneren Bereich Rechtsetzungsbefugnisse, die dann ihrerseits durch Verordnung der Regierung anerkannt werden
52Damit sind wesentliche Merkmal einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach inländischen Maßstäben erfüllt. Auch bei den inländischen großen Kirchen wird das Kirchenpersonal vom Staat besoldet. Im Gegensatz zu Rumänien unterliegen sie keiner staatlichen Aufsicht in der Form, dass das klerikale Kirchenpersonal vom Staat bestätigt werden müsste. Irgendwelche innerkirchlichen Maßnahmen in organisationsrechtlicher Hinsicht werden rein autonom getroffen; so bedürfen Satzungen o.ä. keiner staatlichen Bestätigung. Dies würde dem Schutzmantel der Körperschaft des öffentlichen Rechts für Kirchen geradezu widersprechen.
53Im Gegensatz zur inländischen Rechtslage wurde die griechisch-katholische Kirche durch das Gesetz Nr. 126/1990 anerkannt. Die deutsche Rechtsfigur der Körperschaft des öffentlichen Rechts für Kirchen ist rein historisch bedingt und hat nach moderner Ansicht nur die Funktion, den Kirchen, die diesen Status erlangen, eigene Hoheitsrechte zu verleihen und sie damit vor einem „staatlichen Hineinregieren“ zu schützen. Sie ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit; der besondere Status soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen (BVerfG v. 19.12.2000 2 BvR 1500/97, ECLI:DE:BVerfG:2000:rs20001219.2bvr150097, BVerfGE 102, 370; Muckel in Berliner Kommentar, GG, C Art. 140/Art 137 WRV Rz. 74). Weder die katholische noch die evangelische Kirche sind jemals – wie es für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts konstitutiv ist (Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht III, 5. Aufl. 2004, § 87 I 4, S. 340; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts Bd. I, § 24, 2 , S 458; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 23 Rz. 38) – tatsächlich durch einen hoheitlichen Akt anerkannt worden (Korioth in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rz. 63;). Daher kann auch nicht mehr von der griechisch-katholischen Kirche in Rumänien verlangt werden.
545. Den vom Beklagten angestellten Vergleich mit der rumänisch-orthodoxen Kirche hält der Senat für nicht aussagekräftig. Die Rechtsqualität der rumänisch-orthodoxen Kirche sagt nichts über die Rechtsqualität der griechisch-katholische Kirche aus. So sind auch in Deutschland nicht alle Religionen in das Rechtskleid der Körperschaft des öffentlichen Rechts gekleidet.
55Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
56Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 711 S.1 ZPO.