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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zu entscheiden ist, ob Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008-2011 mit berichtigten Bescheiden vom 15.12.2015 bzw. 28.12.2015 oder ausschließlich die Rechtmäßigkeit der mit diesen Bescheiden ebenfalls festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer 2008-2011 ist.
3Für den Fall, dass Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008-2011 ist, ist streitig, ob die mit den geänderten Bescheiden erfolgte Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klägerin im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes aufgrund diesbezüglicher, im Jahr 2015 erfolgter Rechnungskorrekturen mit ex tunc Wirkung zu berichtigen ist.
4Eine derartige Berichtigung hätte neben der Korrektur der innergemeinschaftlichen Erwerbe jeweils in den Streitjahren 2008-2011 die Aufhebung der mit den Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 erfolgten Zinsfestsetzungen in Höhe von insgesamt 240.159 € zur Folge.
5Die Klägerin ist Organträgerin der Organgesellschaften A GmbH und A1 GmbH. Sie ist eine Tochter der dänischen Firma A2 A/S, B.
6Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Herstellung und der Großhandel mit ....
7Die Klägerin erklärte die Umsatzsteuer 2008 am 27.11.2009, die Umsatzsteuer 2009 am 08.12.2010, die Umsatzsteuer 2010 am 16.12.2011 und die Umsatzsteuer 2011 am 15.11.2012.
8Das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung Q erließ am ....2013 gegenüber der Klägerin eine Prüfungsanordnung unter anderem betreffend Umsatzsteuer 2008-2011. Die Prüfung begann am ....12.2013. In dem BP-Bericht vom ....2015 ist unter Textziffer 1.1.3. verzeichnet, dass anlässlich der Schlussbesprechung am ....2015 in allen Punkten Einigung erzielt wurde.
9Auf den BP-Bericht vom ....2015 wird verwiesen.
10Unter Textziffer 2.5. stellte die BP fest:
11„Textziffer 2.5.
12Innergemeinschaftliche Erwerbe/Vorsteuerabzug
13Bisher war die Handhabung bei der A GmbH im Prüfungszeitraum, dass sie zu allen Einkäufen aus z.B. Litauen in ihrer deutschen USt-Erklärung den i.g. Erwerb versteuert hat. Gleichzeitig wurde Vorsteuer in selber Höhe abgezogen.
14Diese Anwendung ist insoweit falsch gewesen, als die Ware nicht in Deutschland endete, sondern in einem anderen EU-Land, beispielsweise Polen. (Also bei allen innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften).
15Dann ist dort (anderes EU-Land) der i.g. Erwerb zu versteuern, soweit der Grundsatz nach §§ 3d S. 1 UStG.
16Gegenüber ihrem Lieferer hat die A GmbH aber immer ihre Deutsche USt-ID-Nr. verwendet. Damit greift hier nun § 3d S. 2 UStG, mit der Folge, dass der Erwerb in Deutschland als bewirkt gilt. Die Regelung würde wiederum nicht gelten, wenn Erstens der Erwerb in einem anderen EU-Staat tatsächlich versteuert worden ist. Dies muss jedoch der Erwerber (hier die A GmbH) nachweisen.
17Oder Zweitens der Erwerb durch § 25b (3) UStG als bewirkt gelten würde und die A GmbH das Dreiecksgeschäft in ihrer ZM ordnungsgemäß erklärt hat. Beide Voraussetzungen liegen auch hier nicht vor.
18Nach § 25b (2) Nr. 3 UStG ist materielle Voraussetzung für die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den letzten Erwerber, dass der erste Erwerber (hier A GmbH) dem letzten jeweils am Dreiecksgeschäft beteiligten Erwerber eine Rechnung im Sinne des § 14 a (7) UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist.
19Die A GmbH hat keinem ihrer Erwerber eine Rechnung im Sinne des § 14a (7) UStG erteilt: „Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des 25b (2) UStG abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Erwerbers hinzuweisen.“ Dies ist nach § 13b (wohl 25b) (2) Nr. 3 UStG materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung (siehe Abschnitt 25b. 1 (8) UStAE). Ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, sowie ein Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Erwerbers ist auf den Ausgangsrechnungen der A GmbH nicht vorhanden.
20Da alle möglichen Auswege aus § 3d S. 2 UStG nicht gegeben sind, sind die i. g. Erwerbe in Deutschland zu versteuern.
21Der A steht kein für die innergemeinschaftlichen Erwerbe in Zusammenhang mit § 3d S. 2 UStG entsprechender Vorsteuerbetrag nach § 15 (1) S. 1 Nr. 3 UStG zu.
22Siehe dazu BFH-Urteil vom 01.09.2010,BStBl. 2011 II Seite 658.
23Der bisherige Vorsteuerabzug ist entsprechend zu kürzen.
24Es ergeben sich folgende umsatzsteuerliche Auswirkungen:
252008 |
2009 |
2010 |
2011 |
|
i.g. Erwerbe bisher laut USt-Erklärung bisher: |
€ |
€ |
€ |
€ |
i.g. Erwerbe lt. BP: |
€ |
€ |
€ |
€ |
i.g. Erwerbe i. Z. mit Reihengeschäfte EU, netto |
€ |
€ |
€ |
€ |
Vorsteuerkürzung 19 % laut BP |
€ |
€ |
€ |
€ |
In der Anl. 13 zu dem BP Bericht vom ....2015 wird als Mehrergebnis für die Umsatzsteuer festgehalten: „Anlage 13“
27Umsatzsteuer
28VZ |
Mehrergebnis |
Beginn Zinslauf |
Ende Zinslauf |
Anzahl Monate |
Zinsen |
2008 |
01.04.2010 |
28.02.2015 |
59 |
||
2009 |
01.04.2011 |
28.02.2015 |
47 |
||
2010 |
01.04.2012 |
28.02.2015 |
35 |
||
2011 |
01.04.2013 |
28.02.2015 |
23 |
Mit der BP wurde abgestimmt, dass die Klägerin für die sich aus den Feststellungen der BP in Textziffer 2.5. des BP-Berichts in den noch zu ändernden Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 ergebende Umsatzsteuerzahllast einen Antrag auf Verrechnung mit einem Guthaben aus der zu berichtigenden Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2015 stellen werde. Dieses Guthaben sollte dadurch entstehen, dass die Klägerin gemäß § 25b Abs. 3, 2 UStG i.V.m. § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG, § 14a Abs. 7 UStG ihre bisherigen Rechnungen an die innergemeinschaftlichen Empfänger ihrer Lieferungen korrigierte. Des Weiteren sollte die Klägerin gemäß § 18a UStG korrigierte Zusammenfassende Meldungen (ZM) erstellen und abgeben.
30Aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen lässt sich punktuell nachvollziehen, dass die Korrektur der Rechnungen mit Voranmeldung für Januar 2015 erfolgte.
31Den Feststellungen in dem BP-Bericht vom ...2015 folgend ergingen am 15.12.2015 bzw. 28.12.2015 durch das zu diesem Zeitpunkt zuständige Finanzamt Q gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 und Zinsbescheide zur Umsatzsteuer 2008-2011. Die festgesetzten Zinsen wichen von den Zinsen laut BP-Bericht, Anlage 13 (Laufzeitende 28.02.2015) ab.
32Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde in den geänderten Bescheiden 2008-2010 aufgehoben.
33Mit E-Mail der Klägerin an die Sachbearbeiter C (UVBZ Finanzamt Q) vom 05.01.2016 teilte die Klägerin mit, nach Erhalt der geänderten Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 habe sie, den Anweisungen der Betriebsprüfung entsprechend, mit geänderter Vormeldung Januar 2015 vom 22.12.2015 die innergemeinschaftlichen Erwerbe um die in den Jahren 2008-2011 fälschlicherweise angemeldeten innergemeinschaftlichen Erwerbe reduziert.
34Mit Schreiben vom 04.01.2016 wandte sich der Prokurist der Klägerin, Herr D, an das Finanzamt Q.
35Auf das Schreiben wird verwiesen.
36Das Schreiben hat folgenden Inhalt:
37„Einsprüche bzw. Anträge auf Erlass im Billigkeitswege gegen die Festsetzung von Zinsen zur Umsatzsteuer 2008 bis 2010 in den Bescheiden vom 15. Dezember 2015 und gegen die Festsetzung von Zinsen zur Umsatzsteuer 2011 im Bescheid vom 28. Dezember 2015
38Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der Zinsen zur Umsatzsteuer 2008 bis 2011
39Sehr geehrte Damen und Herren,
40Wir nehmen Bezug auf die Bescheide vom 15. Dezember 2015 zur Festsetzung von Umsatzsteuer und Zinsen für die Jahre 2008 bis 2010 sowie auf den Bescheid vom 28. Dezember 2015 zur Festsetzung von Umsatzsteuer und Zinsen für das Jahr 2011.
41Die Festsetzung der Umsatzsteuer 2008 bis 2011 erfolgte wie im Betriebsprüfungsbericht vom ...2015 angekündigt. Wie mit der Betriebsprüfung (Finanzamt Q für Großunternehmen) im Vorwege abgestimmt, wurde ein Antrag auf Verrechnung der Umsatzsteuerzahllast für 2008 bis 2011 mit einem Guthaben aus der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2015 gestellt.
42Die Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer 2008 bis 2011 in den oben genannten Bescheiden halten wir jedoch für nicht rechtmäßig bzw. für unbillig und legen gegen die Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer 2008 bis 2011 Einspruch ein bzw. beantragen hilfsweise den Erlass im Billigkeitsweg.
43Wir beantragen zudem in Bezug auf die Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2011 bis zur Entscheidung über den Antrag die Aussetzung der Vollziehung i.S.d. § 361 AO.
44Begründung:
45Zum einen liegen der Finanzverwaltung bereits seit dem Ablauf der Erwiderungsfrist in Bezug auf den Betriebsprüfungsbericht 2008 bis 2011 am ...2015 alle Informationen vor, um die Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2011 erlassen zu können.
46Auf unsere mehrfachen telefonischen Nachfragen im Zeitraum April bis September, ob weitere Informationen zum Erlass der Bescheide erforderlich sind, haben wir jeweils die Auskunft erhalten, dass keine Informationen ausstehen.
47Daher hätten unseres Erachtens bereits im März, spätestens jedoch im April die entsprechenden Bescheide für 2008 bis 2011 ergehen können.
48Diese neue Verzögerung von mehr als 8 Monaten kann nicht zu unseren Lasten gehen.
49Zudem halten wir die Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer 2008 bis 2011 dem Grunde nach für unbillig.
50Die Festsetzung von Steuer auf innergemeinschaftlichen Erwerbe in den oben genannten Bescheiden, ohne Gewährung des Vorsteuerabzugs erfolgte im Rahmen von Liefergeschäften, die bei formal korrekter Handhabung in den Jahren 2008 bis 2010 als innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte i.S.d. § 25 b UStG gewürdigt hätten werden können.
51Die in 2008 bis 2011 ausgestellten Rechnungen haben ursprünglich nicht den Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft beinhaltet. Die Korrektur der Rechnungen erfolgte im Januar und hatte aus Sicht der Großbetriebsprüfung jedoch keine Rückwirkung auf den Betriebsprüfungszeitraum 2008 bis 2011. Somit wurde die Vorsteuer aus den innergemeinschaftlichen Erwerben unter Berufung auf § 3 d S. 2 UStG in 2008 bis 2011 zunächst als nicht abzugsfähig angesehen. Eine Korrektur der Steuer war nach Ansicht der Betriebsprüfung erst in, nach Korrektur der Abrechnungsdokumente möglich, woraus sich die Zinsbelastung ergibt.
52Die Zinsfestsetzung ist aus unserer Sicht nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht zu rechtfertigen und läuft dessen Wertungen zuwider.
53Im vorliegenden Fall erfolgte bereits im Betriebsprüfungszeitraum jeweils eine Besteuerung des Erwerbs durch unsere Kunden im jeweiligen Bestimmungsland der Ware, also in 2008 bis 2011. Es liegt also kein Fall vor, das durch die Verwendung einer deutschen USt-IDNr. eine Besteuerung im Bestimmungsland der Ware unterblieben ist bzw. die –Voraussetzungen für die Anwendung der Regelung für Dreiecksgeschäfte nicht erfüllt waren. Es handelte sich im vorliegenden Fall lediglich um eine formal fehlerhafte Abwicklung der Dreiecksgeschäfte.
54Die Festsetzung von Zinsen zur Umsatzsteuer halten wir daher für unrechtmäßig bzw. für unbillig, zumindest in der in den angefochtenen Bescheiden festsetzten Höhe.
55Nach den vorliegenden Ausführungen bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung 2008 bis 2011, die die Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über den Antrag rechtfertigen. Die Vollziehung in voller Höhe stellt insbesondere durch die von der Finanzverwaltung verursachte Verzögerung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar.“
56Am 08.01.2016 besprach das FA Q telefonisch die materielle Rechtslage mit dem Prüfer der Großbetriebsprüfung Q, Herr E. Dieser erörterte gegenüber dem VBZ ... des Finanzamtes Q und der UVBZ (beide FA Q) mit E-Mail vom 14.01.2016 die materielle Rechtslage erneut. Auf die Erörterungen in der E-Mail vom 14.01.2016 wird verwiesen.
57Unter anderem führte Herr E aus, dass § 17 Abs. 1 S. 7 UStG analog einer Rückwirkung einer Berichtigung nach § 3d S. 2 UStG entgegenstehe.
58Mit Bescheid vom 20.01.2016 lehnte das Finanzamt Q den mit Schreiben vom 04.01.2016 auch gestellten Antrag der Klägerin auf Erlass der Zinsen zur Umsatzsteuer 2008-2011 aus Billigkeitsgründen ab.
59Auf den Bescheid, der bestandskräftig geworden ist, wird verwiesen. Insbesondere wiederholte das Finanzamt Q dort die Ausführungen des BP des Betriebsprüfers E zu § 17 Abs. 1 S. 7 UStG.
60Ebenfalls am 20.01.2016 teilte das Finanzamt Q der Klägerin unter anderem mit:
61„...mit Schreiben vom 04.01.2016 haben Sie gegen die Zinsfestsetzungen 2008 – 2011 zur Umsatzsteuer Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt.
62Diesen Anträgen vermag ich aus folgenden Gründen nicht zu entsprechen:
63Sie haben u.a. vorgetragen, dass dem Finanzamt bereits seit dem 06.03.2015 sämtliche Unterlagen vorgelegen haben, um die Änderung durchzuführen. Dies stellt jedoch keinen Grund für eine abweichende Zinsfestsetzung dar, da es auf ein Verschulden der einen oder anderen Seite nicht ankommt. Insbesondere die verzögerte Bearbeitung seitens des Finanzamtes stellt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BFH Beschlüsse vom 03.05.2000, II B 124/99, und vom 2.2.2001, XI B 91/00) keinen Grund für eine abweichende Zinsfestsetzung dar.
64Hinsichtlich Ihres Vortrags zum innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft ist anzumerken, dass die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommene Handhabung zutreffend ist. So haben die Waren niemals Deutschland erreicht und ein Vorsteuerabzug in Deutschland scheidet demgemäß auch aus. Durch die Verwendung der deutschen USt-ID-NR. gilt der Erwerb gem. § 3d S. 2 UStG als im Inland bewirkt und zwar solange bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in Satz 1 bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach § 25b Abs. 3 als besteuert gilt.
65Somit sind die im Einspruchsverfahren vorgetragenen Ausführungen unzutreffend, denn es geht um die Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 3d Satz 2 UStG und auf der anderen Seite um einen nicht berechtigten Vorsteuerabzug.
66Nach § 3d Satz 2 UStG „gilt der Erwerb so lange in dem Gebiet dieses Mitgliedsstaates (hier Deutschland) als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass (Alternative 1) der Erwerb durch den in Satz 1 bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist (dafür müsste die A GmbH in den Ländern, in denen ihr Erwerber sitzt und die Ware landet, hier z.B. Polen, die Erwerbe beim dortigen FA selbst versteuern) oder (Alternative 2) nach §25b UStG als besteuert gilt (dafür musste A die bisher falschen Ausgangsrechnungen berichtigen) …“.
67Lt. den Feststellungen der Betriebsprüfung haben Sie sich für Alternative 2 entschieden.
68Der Vorsteuerabzug entfällt, da insoweit keine Berechtigung bestanden hat, während die Erwerbsteuer erst nach Erbringen des Nachweises i.S.d. § 3d Satz 2 UStG nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. 17 Abs. 1 Satz 7 UStG berichtigt werden kann (also hier im VAZ Januar). So auch der BFH im Urteil vom 01.09.2010, BStBl II 2011, 658.
69Die A GmbH hat gegen das in der EU maßgebliche und elementar wichtige Bestimmungslandprinzip verstoßen. Die entsprechende Rechtsprechung findet sich im EuGH Urteil vom 22.4.2010, C-536/08 und C-539/08 und in den BFH.-Urteilen vom 01.09.2010 BStBl II 2011, 658 und inhaltsgleich 16.12.2010, BFH/NV 2011, 1401 ff). Diese Urteile sind laut BMF vom 7.7.2011 in allen offenen Fällen anzuwenden. Der BFH sagt darin ausdrücklich: “Eine etwaige Berichtigung nach § 3d UStG, § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG kann in sinngemäßer Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG erst in dem Besteuerungszeitraum erfolgen, in dem der Nachweis durchgeführt ist“.
70Auf das Schreiben vom 20.01.2016 wird verwiesen.
71Der Beklagte, der zwischenzeitlich für die Klägerin zuständig geworden war, fragte am 02.11.2016 bei der Klägerin, die die Zinsen zur Umsatzsteuer 2008-2011 am 12.02.2016 beglichen hatte, an, ob sie ihre Einsprüche vom 04.01.2016 zurücknehmen wolle.
72Mit Einspruchsentscheidung vom 03.01.2017, in deren Kopfteil als Streitgegenstand die Zinsen zur Umsatzsteuer 2008-2011 benannt sind, wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück.
73Er verwies hierzu auf sein Schreiben vom 20.01.2016, mit dem er seine Auffassung zur Sach- und Rechtslage ausführlich dargelegt habe.
74Die vorliegende Klage hat die Klägerin, nunmehr von dem Prozessbevollmächtigten vertreten, unter dem Betreff „wegen Zinsen nach § 233a AO zur Umsatzsteuer 2008-2011“ erhoben.
75Zur Begründung führt die Klägerin aus, nach den Feststellungen des zum damaligen Zeitpunkt zuständigen Finanzamtes Q habe sie als mittlere Unternehmerin im Rahmen diverser innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte unzutreffend innergemeinschaftliche Erwerbe gemeldet. Entsprechende Vorsteuer sei mangels Berechtigung nicht abziehbar, während angemeldete Erwerbssteuer erst bei Vorliegen der Besteuerungsnachweise im Bestimmungsland korrigiert werden könne, und zwar nach Ansicht der Beklagten im Voranmeldungszeitraum. Für die Zwischenzeit ergäben sich Zinsansprüche nach § 233a AO. Mit Blick auf die EuGH-Entscheidung Senatex, C-518/14 vom 15.09.2016 sei diese Rechtsauffassung nicht mehr zu halten. Im genannten EuGH-Urteil wirke die nachträgliche Vorlage einer korrekten Eingangsrechnung auf den Entstehungszeitpunkt zurück. Der hieraus geltend gemachte Vorsteuerabzug sei bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnung wirksam.
76Auch in ihrem, der Klägerin, Fall gehe es letztlich um die Frage des Wirkungszeitpunkts einer Rechnungsberichtigung, wie auch der Beklagte ausführe. Die Vorlage der Besteuerungsnachweise im Bestimmungsland im Veranlagungszeitraum Januar könne nichts daran ändern, dass diese Nachweise bereits vorher bestanden hätten. § 3d S. 2 UStG könne im Lichte der neuen EuGH Rechtsprechung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein gültiger Nachweis erst bei Vorliegen der neuen, korrigierten Ausgangsrechnungen vorliege. Vielmehr müsse die lediglich formelle Korrektur der Ausgangsrechnungen an den letzten Unternehmer in den genannten Dreiecksgeschäften auf den jeweiligen Entstehungszeitpunkt der Steuer zurückwirken, so dass kein Raum für die Festsetzung von Zinsen verbleibe.
77Auf richterlichen Hinweis vom 29.03.2017, dass eine Änderung der Zinsfestsetzung lediglich vorgesehen sei, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder berichtigt werde und Gründe hierfür weder ersichtlich noch von der Klägerin geltend gemacht würden, hat die Klägerin vorgetragen, dass sich die Einsprüche vom 04.01.2016 im Ergebnis gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen 2008-2011 richten. Für die Finanzverwaltung sei ersichtlich gewesen, dass kein Steuerfachmann, sondern ihr nicht in Steuersachen ausgebildeter Prokurist die Einsprüche mit dem Ziel einer Rückwirkung der erfolgten Rechnungskorrekturen eingelegt habe.
78Mit Beschluss vom 10.04.2017 ist der Rechtsstreit an den 8. Senat wegen dessen Umsatzsteuer-Spezialzuständigkeit übergegangen.
79Mit richterlichen Schreiben vom 25.09.2017 haben die Berufsrichter des erkennenden Senats sich für eine meistbegünstigende Auslegung des Einspruchs und der Klage ausgesprochen, deren Ziel danach ist, über eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 vom 15.12.2015 und 28.12.2015 die Aufhebung der mit den Umsatzsteuerbescheid 2008-2011 erfolgten Zinsfestsetzungen mittelbar zu erreichen.
80Wegen des EuGH-Verfahrens C-580/16 in der Rechtssache Bühler hat das Verfahren gemäß Beschluss vom 22.11.2017 zunächst geruht und ist nach dem Urteil des EuGH vom 09.04.2018 in Sachen Bühler fortgesetzt worden.
81Im Hinblick auf das EuGH-Urteil Bühler trägt die Klägerin vor, sie habe nachweisen können, dass die Leistungsempfänger (Enderwerber) im Rahmen der vorliegenden innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte den Erwerb im Bestimmungs-Mitgliedstaat bereits in den Jahren 2008-2011 versteuert hätten (Bl. 118 Prozessakte, Papier, unten, Schriftsatz vom 10.04.2019, Seite 3 unten).
82Von sämtlichen Enderwerbern seien die Bestätigungen eingeholt und an die Finanzverwaltung gesandt worden. Die Ausgangsrechnungen seien entsprechend den Anforderungen der §§ 3d S. 2, 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4, 14a Abs. 7, 25b Abs. 2 und 3 UStG berichtigt worden. Nur deshalb sei für den Voranmeldungszeitraum Januar ein Minusbetrag erklärt und auch festgesetzt worden, der dem besteuerten Erwerb in den Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 vom 15.12. und 28.12.2015 entsprochen habe. Die Bestätigungen der Enderwerber im Dreiecksgeschäft seien beigefügt (Bl. 131 bis 248, Prozessakte, Papier, Anlage 3 zum Schriftsatz vom 10.04.2019).
83Entsprechend dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Bühler sei die unvollständige Ausfüllung der ZM-Meldungen keine Rechtfertigung für die zeitweise vorliegende Doppelbesteuerung des Erwerbs bei ihr und den Enderwerbern.
84Das Gericht hat die Klägerin telefonisch am 15.09.2019 gebeten, ihren Vortrag zu belegen, dass die Erwerber im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft den Erwerb bereits in den Jahren 2008-2011 versteuert hätten (Bl. 269R Prozessakte, Papier).
85Die Klägerin hat daraufhin weitere Unterlagen vorgelegt (Anlagen zum Schriftsatz vom 24.10.2019), auf die verwiesen wird.
86In einem Telefonat vom 28.10.2019 mit der Vorsitzenden hat der Bevollmächtigte der Klägerin auf die in den Anlagen zum Schriftsatz vom 24.10.2019 befindlichen diversen Certifications of the Entry of the Goods of an Intra-Community Supply into another EU Memberstate als Nachweis verwiesen.
87Die Klägerin beantragt,
88die Einspruchsentscheidung vom 03.01.2017, die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2008-2010 vom 15.12.2015 und den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 28.12.2015 aufzuheben,
89hilfsweise,
90die Revision zuzulassen.
91Der Beklagte beantragt,
92die Klage abzuweisen,
93hilfsweise,
94die Revision zuzulassen.
95Er ist der Auffassung, dass die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 bestandskräftig sind, weil die Klägerin insoweit keine zulässigen Einsprüche eingelegt habe. Dies belege bereits das Einspruchsschreiben. Mit Einspruchsentscheidung vom 03.01.2017 sei deshalb auch nicht über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 entschieden worden. Dies zeige sich ganz deutlich am Tenor der Einspruchsentscheidung.
96Die Klägerin habe die geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen 2008-2011 ausdrücklich akzeptiert und lediglich die Zinsfestsetzungen aus verschiedenen Gründen für unbillig gehalten. Allerdings habe sie die Zinsen gezahlt und den Ablehnungsbescheid betreffend dem beantragten Erlass der Zinsen bestandskräftig werden lassen. Die Rücknahme der Einsprüche vom 04.01.2016 habe sich ihm, dem Beklagten, als bloße Formsache dargestellt.
97Selbst wenn die Klägerin entgegen dieser Auffassung Einspruch und Klage gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2008-2011 erhoben hätte, sei die Klage unbegründet.
98Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des EuGH zur Rückwirkung bei Rechnungsberichtigungen (Senatex u.a.) finde auf den Fall des hier vorliegenden innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts keine Anwendung. Auch das EuGH-Urteil vom 19.04.2018 (Bühler) sei nicht einschlägig. Zwar sei danach die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (ZM) keine materiell-rechtliche Voraussetzung zur Annahme eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, sondern eine rein formale Pflicht. Vorliegend habe die Klägerin in ihren Rechnungen allerdings nicht einmal auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts gemäß § 14a Abs. 7 UStG hingewiesen. Dieser Hinweis sei in seiner Bedeutung dem gesonderten Steuerausweis gleichzusetzen. Fehle der Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts, sei deshalb keine Rechnungsberichtigung möglich (BFH, Urteile vom 20.10.2016 V R 26/15; V R 64/14 und V R 54/14).
99Die Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 19.11.2019 ist von Amts wegen aufgehoben worden.
100Mit erneuter Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 24.03.2020 hat das Gericht die Klägerin und den Beklagten unter anderem aufgefordert, die Umsatzsteuervoranmeldung Januar vom 22.12.2015 sowie Nachweise über die Abgabe der nachträglich eingereichten Zusammenfassenden Meldungen für den Zeitraum 2008-2011 vorzulegen.
101Auf die Ladungen wird verwiesen.
102Mit Schriftsatz vom 04.03.2020 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Umsatzsteuererklärungen 2008-2011 der Klägerin, auf die verwiesen wird, eingereicht (Bd. 3 Prozessakte, Papier, vorne). Des Weiteren hat er Nachweise über die Abgabe der korrigierten Zusammenfassenden Meldungen 2008-2011, auf die verwiesen wird, vorgelegt. Mit Fax vom 12.03.2020 hat der Prozessbevollmächtigte weitere Unterlagen (“Annual VAT returns overview“) übersandt, auf die verwiesen wird.
103In einem Telefonat mit der Vorsitzenden hat der Betriebsprüfer Herr E, Prüfer bei der Groß- und Konzernbetriebsprüfung Q, am 12.03.2020 zugesagt nachzuprüfen, ob die Klägerin korrigierte Zusammenfassende Meldungen mit Hinweis auf innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte zu irgendeinem Zeitpunkt nach der Betriebsprüfung beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abgegeben hat.
104Der Beklagte hat am 12.03.2020 mitgeteilt, dass Herr E an der mündlichen Verhandlung am 24.03.2020 als sein Beistand teilnehmen werde.
105Am 18.03.2020 ist die auf den 24.03.2020 terminierte mündliche Verhandlung von der Vorsitzenden wegen der gesundheitlichen Gefährdung aufgrund des Corona Virus aufgehoben worden.
106Auf die erneute Ladung vom 24.04.2020 auf den 26.05.2020 wird verwiesen.
107Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.05.2020, auf den nebst Anlagen verwiesen wird, die Ergebnisse einer Datenabfrage bei dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt ) vom 08.05.2020 vorgelegt.
108Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin lediglich für den Zeitraum des ersten Quartals 2008 berichtigte Zusammenfassende Meldungen (ZM) beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) wie abgesprochen unter Hinweis auf die von ihr getätigten innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte eingereicht hat. Ab dem zweiten Quartal 2008 bis Ende 2011 hat sie lediglich gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern die bisher angezeigten innergemeinschaftlichen Lieferungen storniert, aber keine innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte gemeldet.
109Mit Schriftsatz vom 20.05.2020, auf den verwiesen wird, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, er habe die Klägerin im Vorfeld zur Vorbereitung auf den mündlichen Verhandlungstermin gebeten, die Zusammenfassenden Meldungen, die bereits im Januar 2015 korrigiert worden seien, wobei allerdings dort unterlassen worden sei, den Hinweis auf die entsprechenden innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte zu geben, noch einmal zu korrigieren. Dies sei nunmehr geschehen.
110Aus den Anlagen zu dem Schriftsatz vom 20.05.2020, auf die verwiesen wird, ergibt sich, dass die Klägerin die von ihrem Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 20.05.2020 angesprochenen Korrekturmeldungen am 19.05.2020 elektronisch bzw. am 20.05.2020 auf dem Postweg gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern vorgenommen hat.
111Auf den Schriftsatz der Klägerin nebst Anlagen vom 26.05.2020 wird ebenfalls verwiesen.
112Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
113Entscheidungsgründe
114Die Klage ist unbegründet.
115Zurecht hat der Beklagte es abgelehnt, die mit den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 erfolgte Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klägerin gemäß § 3d S. 2 1. HS UStG mit ex tunc Wirkung durch Aufhebung der angefochtenen Bescheide rückgängig zu machen. Hierdurch verbleibt es auch bei den mit den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 erfolgten Zinsfestsetzungen.
116I.
117Streitgegenstand des Verfahrens ist entsprechend dem richterlichen Hinweis vom 25.09.2017 (Bl. 86 f , Prozessakte, Papier), auf den vollinhaltlich verwiesen wird, im Weg einer meistbegünstigenden Auslegung des Einspruchs und der Klage die Rückgängigmachung der Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe 2008-2011 gemäß § 3d S. 2 1. HS UStG durch Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 und nicht lediglich die Aufhebung der mit den Bescheiden erfolgten Nachzahlungs-Zinsfestsetzungen gemäß § 233a AO.
118II.
119Der Beklagte hat zu Recht die in Tz. 2.5. des BP-Berichts vom .2015 aufgeführten, im Rahmen diverser innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte gemäß § 25b Abs. 1 UStG erfolgten Warenlieferungen der Klägerin als mittlere Unternehmerin bzw. erste Erwerberin der Waren als im Inland zu versteuernde innergemeinschaftliche Erwerbe gemäß § 3d S. 2 1. HS UStG in den Streitjahren der Umsatzbesteuerung unterworfen.
120Die Klägerin hat den Nachweis zur Abwendung der Umsatzbesteuerung ihrer innergemeinschaftlichen Erwerbe gemäß § 3d S. 2 1. HS UStG nach § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG im Voranmeldungszeitraum Januar 2015 für das erste Quartal 2008 geführt. Für den Streitzeitraum ab dem zweiten Quartal 2008 bis Ende des Jahres 2011 ist der Nachweis nach § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG frühestens im Mai 2020 vor Abschluss der mündlichen Verhandlung erfolgt.
121Dies hat allerdings keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren, denn gemäß der richtlinienkonformen Regelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 7 UStG scheidet eine ex tunc Wirkung im Sinne einer Rückwirkung auf die Streitjahre in Gestalt einer Rückgängigmachung der dort der Umsatzsteuerbesteuerung unterworfenen innergemeinschaftlichen Erwerbe gemäß § 3d S. 2 1. HS UStG grundsätzlich aus.
1221.
123Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist unstreitig, dass die in Tz. 2.5. des BP‑Berichts vom .2015 aufgeführten Warenlieferungen im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts gemäß § 25b Abs. 1 UStG erfolgt sind und die Klägerin demzufolge grundsätzlich unter den Voraussetzungen des § 3d S. 2 1. HS UStG für den innergemeinschaftlichen Erwerb umsatzsteuerpflichtig ist, solange sie nicht den Nachweis gemäß § 3d S. 2 1. HS 1. oder 2. Alt. UStG führt.
124Der erkennende Senat hat die dieser rechtlichen Bewertung zugrunde liegenden, von der Klägerin eingereichte Unterlagen stichprobenweise geprüft und teilt die Auffassung der Beteiligten.
125Ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt setzt gemäß § 1a Abs. 1 UStG u.a. voraus, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Erwerber aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, der Erwerber ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt und die Lieferung an den Erwerber durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt wird und nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei ist.
126Der innergemeinschaftliche Erwerb wird gemäß § 3d S. 1 UStG grundsätzlich auf dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der erste Erwerber bei einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte USt-ID-Nr., gilt der Erwerb gemäß § 3d S. 2 UStG so lange im Gebiet des Mitgliedstaates des ersten Erwerbers als bewirkt, bis dieser nachweist, dass der Erwerb durch den in § 3d S. 1 UStG bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gemäß § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern der erste Erwerber nach § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG seiner Erklärungspflicht hierüber nachgekommen ist.
127Mit der Regelung in § 3d S. 2 1. HS UStG will der Gesetzgeber erreichen, dass die Besteuerung des Erwerbs jedenfalls einmal innerhalb der EU sichergestellt wird, indem neben dem Erwerbsort für innergemeinschaftliche Lieferungen gem. § 3d S.1 UStG für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte zumindest vorübergehend, bis der Unternehmer den Nachweis nach § 3d S. 2 2. HS 1. oder 2. Alt. UStG geführt hat, ein zweiter, eine Umsatzsteuerpflicht des ersten Erwerbers auslösender Erwerbsort neben § 3d S. 1 UStG tritt (Becker in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 d Rz. 13).
128Auf diesem als vorübergehend angelegten Konstrukt beruht, dass der erste Erwerber Vorsteuerbeträge für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts gem. § 3d S. 2 1. HS UStG nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG in der Fassung der Streitjahre zum Abzug bringen kann im Gegensatz zu dem Unternehmer, der einen innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d S. 1 UStG im Inland bewirkt hat (BFH, Urteil vom 1.9.2010 – V R 39/08, juris; Robisch in Bunjes, UStG, § 25b Rn. 6 mwN).
129Ein Dreiecksgeschäft liegt nach § 25b Abs. 1 S. 1 UStG vor, wenn drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den Enderwerber gelangt (Nr. 1), die Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind (Nr. 2), der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt (Nr. 3) und der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Erwerber befördert oder versendet wird (Nr. 4).
130Nach der Rechtsprechung des EuGH kann in Fällen, in denen zwei aufeinanderfolgende Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen vorgenommen werden, und die zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Beförderung dieses Gegenstands führen, diese Beförderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden (EuGH, Urteile vom 06.04.2006 – C-245/04, EMAG Handel Eder, juris; vom 16.10. 2010 – C-430/09, Euro Tyre Holding BV, juris; vom 27.09.2012 – C-587/10, VSTR, juris; vom 26.07.2017 – C-386/16, Toridas, juris und vom 21.02.2018 – C-628/16, Kreuzmayr, juris; vgl. auch § 3 Abs. 6 S. 6 UStG). Dem entsprechend kann auch nur die Lieferung, der die Warenbewegung zuzuordnen ist, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sein.
131Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 UStG vor, insbesondere sind die Warenbewegungen bezüglich der Waren, deren erste Erwerberin die Klägerin in den Streitjahren war, durch die jeweiligen ersten Lieferer, die die USt-ID-Nr. ihres jeweiligen Mitgliedstaates benutzt haben, der Klägerin zuzuordnen, denn die Klägerin konnte nach Aktenlage wie ein Eigentümer über die beförderten Gegenstande verfügen, bevor diese Befähigung auf die jeweiligen Enderwerber übergegangen ist.
132Die Lieferungen an die Klägerin, die eine deutsche USt-ID-Nr. benutzt hat, sind demzufolge in den Mitgliedstaaten, deren USt-ID-Nr. die ersten Lieferer benutzt haben, als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei.
133Spiegelbildlich gelten die entsprechenden Erwerbe der Klägerin gemäß § 3d S. 2 1. HS UStG so lange in Deutschland als bewirkt und sind der Umsatzsteuer zu unterwerfen, bis die Klägerin den Nachweis nach § 3d S. 2 2. HS 1. oder 2. Alt. UStG geführt hat.
1342.
135Die Klägerin hat als erste Erwerberin im Rahmen der hier zu beurteilenden innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte nicht gem. § 3d S. 2 2. HS 1. Alt. UStG nachgewiesen, dass die Erwerbe durch die Mitgliedstaaten besteuert worden sind, in denen sich die erworbenen Gegenstände am Ende der Beförderung oder Versendung befunden haben.
136Hierzu wollte die Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens nachweisen, dass die Enderwerber in den jeweiligen Erwerbsstaaten bereits in den Streitjahren 2008-2011 den Erwerb besteuerten. Dann wäre zu erörtern gewesen, ob dieser Nachweis ausreichend sein könnte, um mit ex tunc Wirkung entsprechend dem Klageantrag die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klägerin entsprechend Text 2.5. des BP- Berichts in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 rückgängig zu machen (so z.B. Robisch in Bunjes, UStG, § 25b UStG, Rn. 6).
137Diesen angekündigten Nachweis hat die Klägerin allerdings nicht führen können.
1383.
139Der Beklagte ist davon ausgegangen, dass der Nachweis gemäß § 3d S. 2 2. HS 2. Alternative UStG bereits im Jahr 2015 für die Jahre 2008-2011 vollständig geführt worden ist, obwohl für diesen Zeitpunkt lediglich eine vollständige Nachweisführung bezüglich der Dreiecksgeschäfte für das erste Quartal 2008 erfolgt war.
140Die Klägerin hat im Mai 2020 durch die Einreichung der korrigierten Zusammenfassenden Meldungen mit Hinweis auf ihre innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte in den Streitjahren den Nachweis gemäß § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG für die innergemeinschaftlichen Erwerbe gemäß § 3d S. 1 1. HS UStG ab dem zweiten Quartal 2008 bis Ende 2011 geführt.
141Damit lagen spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses der mündlichen Verhandlung nach stichprobenweiser Nachprüfung des erkennenden Senats die Nachweise gemäß § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG vor.
142a.
143Der Nachweis gemäß § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG, einer sogenannten Vereinfachungsregelung gegenüber dem Nachweis gemäß § 3d S. 2 2. HS 1. Alt. UStG, setzt gemäß § 25b Abs. 2 UStG, auf den der in § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG angeführte § 25b Abs.3 UStG verweist, dafür, dass der innergemeinschaftliche Erwerb durch den ersten Erwerber als besteuert gilt, voraus:
1441. Der Lieferung an den Enderwerber ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorausgegangen,
1452. der erste Erwerber (hier: die Klägerin) ist in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet (Staat des Verbleibs der Ware), nicht ansässig. Er (hier: die Klägerin) verwendet gegenüber dem ersten Lieferer und dem Enderwerber dieselbe Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist als dem, in dem die Beförderung oder Versendung beginnt oder endet (hier: eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer),
1463. der erste Erwerber (hier: die Klägerin) erteilt dem Enderwerber eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist, und
1474. der Enderwerber verwendet eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mitgliedstaats, in dem die Beförderung oder Versendung endet.
148Zu der in § 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG geforderten Rechnung bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften bestimmt § 14a Abs. 7 UStG:
149Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Erwerbers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers (hier: der Klägerin) und die des letzten Erwerbers anzugeben.
150Ebenfalls verweist § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG auf die Erklärungspflicht des ersten Erwerbers (hier: der Klägerin) nach § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG.
151§ 18a Abs. 7 UStG regelt die in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) zu tätigenden Angaben. Für das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 2 UStG müssen gemäß § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG in der ZM insbesondere folgende Angaben enthalten sein:
152a) die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines jeden letzten Erwerbers, die diesem in dem Mitgliedstaat erteilt worden ist, in dem die Versendung oder Beförderung beendet worden ist,
153b) für jeden letzten Erwerber die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn ausgeführten Lieferungen und
154c) ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts.
155b.
156Da die Klägerin von einer innergemeinschaftlichen Lieferung der ersten Lieferer an sie und sodann durch sich an die jeweiligen Enderwerber ausgegangen war, fehlten zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung folgende Voraussetzungen für einen Nachweis gemäß § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG:
157- Es lag keine Zusammenfassende Meldung (ZM) mit dem Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts gemäß § 18a Abs. 7 Nr. 4 UStG vor.
158- Eine gemäß § 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG von der Klägerin an den letzten Erwerber erteilte Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG, in der auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts unter Benennung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Klägerin und des Leistungsempfängers (des Enderwerbers) hingewiesen wurde, fehlte.
159Bei einigen vorgelegten Rechnungen bzw. Kopien fehlte die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Klägerin und statt derjenigen des Leistungsempfängers war eine so genannte Tax Exempt No aufgeführt.
1604.
161Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Klägerin im Anschluss an die im Jahr 2015 abgeschlossene Betriebsprüfung in zwei Tranchen (2015 und 2020) für die gesamten Streitjahre die zum Nachweis im Sinne des § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG erforderlichen Nachweise beigebracht hat, scheidet eine Rückgängigmachung des Ansatzes der innergemeinschaftlichen Erwerbe gemäß §§ 3d S. 2 1. HS UStG bei der Umsatzsteuerung der Klägerin in den Streitjahren gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG in Verbindung mit § 17 Abs.1 S. 7 UStG aus.
162§ 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG bestimmt, dass § 17 Abs.1 UStG (Änderung der Bemessungsgrundlage) sinngemäß gilt, wenn der Erwerber den Nachweis im Sinne des § 3d S. 2 UStG führt.
163§ 17 Abs. 1 S. 7 UStG hat folgenden Wortlaut:
164Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vor-zunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.
165§ 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt sowohl für den gemäß § 3d S. 2 2. HS 1. Alt. UStG sowie für den gemäß § 3 der S. 2 2. HS 2. Alt. UStG zu führenden Nachweis.
166Damit teilt der erkennende Senat nicht die Auffassung des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.11.2019 - 6 K 1767/17, juris, Rn. 64, Revision, Aktenzeichen des BFH: XI R 38/19).
167Das FG Rheinland-Pfalz meint, es bedürfe eines Nachweises für die Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland, den § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG anspreche, nicht in dem Fall des § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG, da § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG i.V.m. § 25b Abs. 3 UStG aus Vereinfachungsgründen davon ausgehe, dass weder ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Staat der Verwendung der USt.-ID.-Nr. nach § 3d S. 2 UStG noch ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Staat des Endes der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes nach § 3d S. 1 UStG zu besteuern sei. Folglich gelte die ex nunc Regelung des § 17 Abs. 1 S. 7 UStG im Streitfall, in dem § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG zur Anwendung komme, nicht.
168Auch führt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz an, die ex nunc Wirkung sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Unternehmer selbst verschuldet die falsche USt ID. -Nr. verwende. Das sei aber bei dem ihm vorliegenden verunglückten innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft nicht der Fall.
169Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut von § 3d S. 2 2.HS UStG für beide Alternativen des zweiten Halbsatzes der Vorschrift der jeweils erwähnte Nachweis zu führen ist.
170Zudem hat der Gesetzgeber bei Ergänzung des § 3d S. 2 2.Halbs. UStG um die zweite Alternative im Hinblick auf die Einführung von § 25 b Abs. 3 UStG mit Jahressteuergesetz 1997 keinen Anlass gesehen, § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG im Sinne einer Beschränkung auf die Nachweispflicht gemäß § 3d S. 2 2.HS 1. Alt. UStG zu ändern (siehe Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, BT Drs. 13/4839).
171Außerdem wird in Art. 41 Abs. 1 und in Art. 42 Buchst. a MwStSystRL, die den beiden in § 3d S. 2 2.HS UStG enthaltenen Alternativen entsprechen, ebenfalls ein jeweils von dem mittleren Unternehmer zu führender Nachweis verlangt.
172Für den erkennenden Senat ergibt sich daher kein Anhaltspunkt dafür, dass die in § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG in Verbindung mit § 17 Abs.1 S. 7 UStG nationalrechtlich festgeschriebene ex nunc Wirkung von Nachweisen gemäß § 3d S. 2 UStG nicht für beide, in § 3d S. 2 2. HS UStG benannte alternativ durchführbare Nachweise gleichermaßen gilt.
1735.
174Neben dem nationalem Umsatzsteuerrecht sprechen neben der EuGH-Rechtsprechung zu den für das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft einschlägigen Vorschriften der MwStSystRL als auch die einschlägigen Vorschriften selbst, die Art. 40-42MwStSystRL, gegen eine ex tunc Wirkung des Nachweises gemäß § 3d S. 2 2. HS 2. Alt. UStG.
175Danach ist die Regelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG in Verbindung mit § 17 Abs.1 S. 7 UStG richtlinienkonform.
176Sowohl aus den Bestimmungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zum innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft als auch aus der hierzu ergangenen EuGH-Rechtsprechung folgt, dass für den Nachweis einer Besteuerung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts ausschließlich im Mitgliedstaat des Enderwerbs, den der erste Erwerber gem. Art. 42 MwStSystRL führen muss, zwischen den materiell-rechtlichen Nachweisen gem. Art. 42 Buchst. a MwStSystRL und den formell-rechtlichen Nachweisen gem. Art. 42 Buchst. b MwStSystRL zu unterscheiden ist.
177Während der materiell-rechtliche Nachweis nur mit ex nunc Wirkung nachträglich erfolgen kann, kann der formell-rechtliche Nachweis nachträglich auch mit ex tunc Wirkung erfolgen, sofern durch sein verspätetes Erbringen weder eine Steuerhinterziehung bewirkt noch die Besteuerung im Mitgliedstaat des Endverbrauchs gefährdet wird.
178a.
179Die MwStSystRL beinhaltet mit Art. 40, 41 und 42 (vormals Art. 28b Teil A Abs. 1 und 2 der Sechsten EG-Richtlinie) folgende Regelungen zum innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft:
180Art. 40 MwStSystRL (entspricht Art. 28b Teil A Abs. 1 der Sechsten EG-Richtlinie) lautet:
181Als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen gilt der Ort, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung der Versendung oder Beförde-rung an den Erwerber befinden.
182In Art. 41 MwStSystRL (entspricht: Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabsätze 1 und 2 der Sechsten EG-Richtlinie) ist geregelt:
183Unbeschadet des Art. 40 gilt der Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Ge-genständen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i als im Gebiet des Mitgliedstaats gelegen, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, sofern der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Er-werb im Einklang mit Art. 40 besteuert worden ist.
184Wird der Erwerb gemäß Art. 40 im Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung der Gegenstände besteuert, nachdem er gemäß Abs. 1 besteuert wurde, wird die Steuerbemessungsgrundlage in dem Mitgliedstaat, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, entsprechend gemindert.
185Art. 42 MwStSystRL (entspricht Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabsatz 3 Gedankenstriche 1 und 2 der Sechsten EG-Richtlinie) lautet:
186Art. 41 Abs. 1 ist nicht anzuwenden und der innergemeinschaftliche Erwerb von Ge-genständen gilt als gemäß Art. 40 besteuert, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
187a. der Erwerber weist nach, dass er diesen Erwerb für die Zwecke einer anschließen-den Lieferung getätigt hat, die im Gebiet des gemäß Art. 40 bestimmten Mitgliedstaats bewirkt wurde und für die der Empfänger der Lieferung gemäß Art. 197 als Steuer-schuldner bestimmt worden ist;
188b. der Erwerber ist der Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung gemäß Art. 265 nachgekommen.
189b.
190Der EuGH hat im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften in der Rechtssache Bühler (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, juris) klargestellt, dass nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität die Nichterfüllung von formellen Anforderung nicht dazu führt, dass die Anwendung von Regelungen der MwStSystRL in Frage gestellt wird, wenn die in der Regelung aufgeführten materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind.
191In der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Bühler (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, juris, Rn. 49,51 ff.) ging es u.a. um die Frage, ob Art. 41MwStSystRL (Bewirkung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in dem Mitgliedstaat, der die beim Erwerb verwendete USt-ID-Nr. erteilt hat) mit der alleinigen Begründung anzuwenden ist, dass die nach Art. 42 Buchst. b MwStSystRL für die Nichtanwendung von Art. 41 MwStSystRL erforderliche Abgabe der Zusammenfassenden Meldung i.S. von Art. 265 MwStSystRL verspätet vorgenommen wurde. In der vom EuGH entschiedenen Rechtssache hatte die Klägerin die korrigierten ZM drei Monate zu spät abgegeben (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, juris, Rn. 53).
192Hierzu äußerte der EuGH, dass abweichend von Art. 41 Abs. 1 MwStSystRL nach Art. 42 MwStSystRL der innergemeinschaftliche Erwerb als im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung als besteuert gelte, wenn die beiden kumulativen Voraussetzungen der Buchst. a und b des Art. 42 MwStSystRL erfüllt seien.
193Nach Art. 42 Buchst. a MwStSystRL müsse der erste Erwerber nachweisen, dass er den Erwerb für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt habe, die im Gebiet des gemäß Art. 40 MwStSystRL bestimmten Mitgliedstaats bewirkt worden sei und für die der Enderwerber der Lieferung gemäß Art. 197 MwStSystRL, der u.a. eine den Art. 220-236 MwStSystRL entsprechende Rechnung verlange, als Steuerschuldner bestimmt worden sei.
194Art. 42 Buchst. b MwStSystRL füge eine zweite Voraussetzung hinzu, wonach der Erwerber der Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung gemäß Art. 265 MwStSystRL nachgekommen sein müsse. Die Pflichten in Bezug auf die Zusammenfassende Meldung gemäß Art. 42 Buchst. b MwStSystRL seien - anders als Art. 42 Buchst. a MwStSystRL, der die materiellen Voraussetzungen dafür regele, dass ein Erwerb als besteuert gelte - als formell anzusehen.
195Nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität könne die Nichterfüllung der formellen Anforderungen des Art. 42 Buchst. b MwStSystRL durch einen Steuerpflichtigen nicht dazu führen, dass die Anwendung des Art. 42 MwStSystRL in Frage gestellt werde, wenn die in seinem Buchst. a aufgeführten materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt seien.
196Zudem sollten die Art. 41 und 42 MwStSystRL sicherstellen, dass der fragliche innergemeinschaftliche Erwerb der Mehrwertsteuer beim Enderwerber unterliege, und gleichzeitig verhindern, dass dieser Umsatz doppelt besteuert werde. Daraus folge, dass Art. 42 MwStSystRL zur Anwendung komme, sobald die materiellen Voraussetzungen erfüllt seien (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, Rn. 49).
197Ein Mitgliedstaat könne daher nicht die Möglichkeit einer Berichtigung der Zusammenfassenden Meldungen über Dreiecksgeschäfte vorsehen und gleichzeitig dieser Berichtigung die Wirkung nehmen, indem dem ersten Erwerber die rückwirkende Anwendung von Art. 42 MwStSystRL versagt werde, wenn er den Nachweis erbringe, dass die materiellen Voraussetzungen erfüllt worden seien (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, Rn. 52 ). Demnach könne die Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats einen innergemeinschaftlichen Erwerb grundsätzlich nicht allein deshalb besteuern, weil der Erwerber eine ordnungsgemäß ausgefüllte Zusammenfassende Meldung über seinen Umsatz nicht rechtzeitig abgegeben habe (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, juris, Rn. 51 ff.).
198Unter Tz. 56 ff. seines Urteils hat der EuGH in der Rechtssache Bühler (EuGH, Urteil vom 19.04.2018 – C-580, Hans Bühler, juris) weiter ausgeführt, dass es zwei Fälle gebe, in denen die Nichteinhaltung einer formellen Anforderung die Nichtanwendung von Art. 42 MwStSystRL rechtfertigen könne. Zum einen könne die Verletzung einer formellen Anforderung zur Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL führen, wenn sich ein Steuerpflichtiger vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt habe, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährde.
199Zum anderen könne der Verstoß gegen die formellen Anforderungen die Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL rechtfertigen, wenn er den sicheren Nachweis verhindere, dass die materiellen Anforderungen gemäß Buchst. a der Vorschrift erfüllt worden seien.
200c.
201Dies zugrunde gelegt scheidet eine Rückgängigmachung der Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klägerin aus dem Zeitraum des zweiten Quartals 2008 bis zum Ende des Jahres 2011 ex tunc jedenfalls in den Streitjahren und wohl auch im Jahr 2015 aus.
202Die Klägerin wusste aufgrund der während der Betriebsprüfung mit den Prüfern getroffenen Vereinbarungen, dass sie kurzfristig im Jahr 2015 nachträglich korrigierte Zusammenfassende Meldungen über ihre Dreiecksgeschäfte in den Jahren 2008-2011 bei der BZSt abzugeben hatte. An diese Abrede hat die Klägerin lediglich für das erste Quartal 2008 gehalten. Für den übrigen Streitzeitraum (zweites bis viertes Quartal 2008 bis Ende 2011) hatte die Klägerin im Jahr 2015 nur ihre bisherigen, unzutreffenden Meldungen über innergemeinschaftliche Lieferungen gegenüber dem BZSt storniert.
203Ordnungsgemäß korrigierte Zusammenfassende Meldungen hat die Klägerin erst mit einer Verspätung von ca. 5 Jahren, nämlich am 19.05.2020 bzw. 20.05.2020 beim BZSt eingereicht.
204Gemäß § 18a Abs. 1 UStG läuft der Meldezeitraum bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats, in dem der Unternehmer innergemeinschaftliche Warenlieferungen im Sinne des § 25b Abs. 2 UStG ausgeführt hat.
205Erkennt der Unternehmer nachträglich, dass eine von ihm abgegebene Zusammenfassende Meldung unrichtig oder unvollständig ist, so ist er gemäß § 18a Abs. 10 UStG verpflichtet, die ursprüngliche Zusammenfassende Meldung innerhalb eines Monats nach der Erkenntnis zu berichtigen.
206Werden Zusammenfassende Meldungen vorsätzlich falsch oder unvollständig eingereicht, kommt eine Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 AO oder eine Beihilfe hierzu und im Fall der Leichtfertigkeit eine leichtfertige Steuerverkürzung im Sinne von § 378 AO in Betracht, wenn hierdurch die zutreffende Besteuerung in einem anderen Mitgliedstaat vereitelt oder zumindest verzögert wird. Denn nach § 370 Abs. 6 S. 2 AO ist auch die Hinterziehung der Umsatzsteuer anderer Mitgliedstaaten ebenso strafbar wie die Hinterziehung inländischer Steuern (Leonard in Bunjes, UStG, § 18a UStG Rn. 30).
207Es liegt auf der Hand, dass vor diesem Hintergrund der Verstoß gegen die formelle Anforderung, korrigierte Zusammenfassende Meldungen zeitnah nach der Betriebsprüfung im Jahr 2015 für die Jahre 2008-2011 abzugeben, entsprechend dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Bühler die Versagung der Anwendung von Art. 42 Buchst. b MwStSystRL mit ex tunc Wirkung für den Streitzeitraum des zweiten Quartals 2008 bis Ende 2011 rechtfertigt.
208Allein schon die beachtliche Verspätung von ca. fünf Jahren bis zur Abgabe der korrigierten Zusammenfassenden Meldungen hat vereitelt oder zumindest verzögert, dass die materiellen Anforderungen des Art. 42 Buchst. a MwStSystRL, nämlich die Möglichkeit der Umsatzbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Dreiecksgeschäft im Mitgliedstaat des Enderwerbers, vorliegend als erfüllt oder noch erfüllbar angesehen werden können. Dass es der Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens selbst nicht möglich war, die Besteuerung ihrer innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte in den Mitgliedstaaten des Enderwerbs nachzuweisen, ist hierfür ein starkes Indiz.
209d.
210Eine ex tunc Wirkung der durch die Klägerin geführten Nachweise im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 7 UStG scheidet auch deshalb aus, weil die Klägerin zudem für den gesamten Streitzeitraum gegen die materiell-rechtlichen Anforderungen gemäß Art. 42 Buchst.a MwStSystRL verstoßen hat, denn die ursprünglichen Rechnungen der Klägerin entsprachen nicht § 14a Abs. 7 UStG (siehe oben Tz. II. 3.b. der Entscheidungsgründe).
211Gemäß Art. 42 Buchst. a MwStSystRL muss der erste Erwerber nachweisen, dass er den Erwerb für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt hat, die im Gebiet des gemäß Art. 40 MwStSystRL bestimmten Mitgliedstaats bewirkt wurde und für die der Empfänger der Lieferung gemäß Art. 197 MwStSystRL als Steuerschuldner bestimmt worden ist.
212Art. 197 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL bestimmt, dass allein der Empfänger einer Lie-ferung von Gegenständen die Mehrwertsteuer schuldet, wenn die von dem nicht im Mitgliedstaat des Empfängers der Lieferung ansässigen Steuerpflichtigen (hier: der Klägerin) ausgestellte Rechnung Kap. 3 Abschnitt 3 - 5 (d.h. Art. 219a - 237 MwStSystRL) entspricht.
213Insoweit sind Art. 226 Nr. 3, 4, 11 und 11a MwStSystRL, auf die Art. 197 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL verweist, vorliegend von Bedeutung:
214In Nr. 3 und Nr. 4 der Vorschrift wird bestimmt, dass Rechnungen für Mehrwertsteuer-zwecke die Mehrwertsteueridentifikationsnummer des Lieferers (hier der Klägerin) und des Empfängers der Lieferung (hier des Enderwerbers) zu enthalten haben.
215Gemäß Nr. 11a der Vorschrift in der für das Streitjahr 2013 geltenden Fassung muss die Rechnung bei Steuerschuldnerschaft des Erwerbers die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthalten.
216Für die Streitjahre 2008-2010 regelt Nr. 11 der Vorschrift, dass die Rechnung, wenn die Steuer vom Erwerber geschuldet wird, einen Hinweis darauf enthalten muss, dass die Lieferung von Gegenständen der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft unterliegt.
217Die Einhaltung der zitierten Rechnungsvorschriften aus Art. 226 MwStSystRL ist durch den Verweis über Art. 197 MwStSystRL in Art. 42 Buchst. a MwStSystRL eine materiell-rechtliche Voraussetzung gemäß Art. 42 Buchst. a MwStSystRL dafür, dass der Erwerb des ersten Erwerbers im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft gemäß Art. 40 MwStSystRL als besteuert gilt.
218Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.11.2019 - 6 K 1767/17, juris, Rn. 60, Revision, Aktenzeichen des BFH: XI R 38/19), wonach Zweifel daran bestehen, ob der EuGH die Rechnungsanforderungen gemäß Art. 42 Buchst. a MwStSystRL für eine lediglich formell-rechtliche Pflicht hält.
219Auch ist der erkennende Senat nicht entsprechend dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 28.11.2019 (- 6 K 1767/17, juris, Rn. 54, 62 ff, Revision, Aktenzeichen des BFH: XI R 38/19) der Auffassung, dass, gestützt auf das EuGH-Urteil in der Rechtssache Senatex (EuGH, Urteil vom 15.09.2016 – C-518/14, Senatex, juris), der zunächst gemäß Art. 41 MwStSystRL beim ersten Erwerber besteuerte innergemeinschaftliche Erwerb ex tunc nach nachträglicher Rechnungskorrektur berichtigt werden kann.
220Das EuGH-Urteil in der Rechtssache Senatex (EuGH, Urteil vom 15.09.2016 – C‑518/14, Senatex, juris), das zum Vorsteuerabzug ergangen ist, kann nach Auffassung des erkennenden Senats den speziell für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte konzipierten Korrekturmechanismus gemäß Art. 40-42 MwStSystRL nicht gleichsam aushebeln.
221Art. 42 MwStSystRL ist passgerecht darauf ausgelegt worden, dass die einmalige Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Dreiecksgeschäft abgesichert wird. In diesem Zusammenhang hat die ordnungsgemäße Rechnung eine andere Qualität als beim Vorsteuerabzug.
222Dementsprechend hat der EuGH zu Art. 28b Teil A der Sechsten EG-Richtlinie, der Vorgängervorschrift zu Art. 40, 41 und 42 MwStSystRL (EuGH, Urteil vom 22.4.2010 – C-536/08 und C-339/08, X und Facet Trading BV, juris; siehe auch BFH, Urteil vom 01.09.2010 – V R 39/08, juris) ausgeführt, die Regelung in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabsatz 1 der 6. EG-Richtlinie diene dazu sicherzustellen, dass Mehrwertsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb erhoben wird. Dies zeige sich zum einen dadurch, dass Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabsatz 2 der Sechsten EG-Richtlinie eine Sonderregelung enthalten, die zur Folge habe, dass die in Art. 17 der Sechsten EG-Richtlinie vorgesehene allgemeine Vorsteuerabzugsregelung in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabsatz 1 der 6. EG-Richtlinie genannten Fall nicht eingreife. Art. 28 b Teil A Abs. 2 Unterabschnitt 2 sehe zudem einen eigenen Korrekturmechanismus für den Fall vor, dass der Erwerb nach Art. 28b Teil A Abs. 1 der Sechsten EG-Richtlinie im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung des Gegenstandes besteuert wird, nachdem er nach Maßgabe des Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabschnitt 1 der Sechsten EG-Richtlinie beim ersten Erwerber besteuert worden sei.
223Liegen die materiellen Voraussetzungen gemäß Art. 42 Buchst.a MwStSystRL nicht vor, kann die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs entsprechend der MwStSystRL im Staat des ersten Erwerbers nach Auffassung des erkennenden Senats ebenfalls wie in § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 7 UStG geregelt nur ex nunc und nicht ex tunc entfallen, wenn die Rechnungen nachträglich korrigiert werden (siehe auch Huschens in EU-UStB 2018, 42; aA außer dem zitierten Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, z.B. Prätzler, jurisPR-StR 29/2018, Anm. 5 mit der Einschränkung, dass tatsächlich eine Erwerbsbesteuerung durch den Erwerber durchgeführt wurde; zweifelnd Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuerhandbuch, 86.Lieferung 10.2019, Aktueller Berichtszeitraum 2.Quartal 2018 Rn. 28; Endres-Reich, UR 2018,187; siehe auch Robisch, UR 2017, 497, derselbe in Bunjes, UStG § 25b Rn. 22, 26).
224Die einschlägigen Bestimmungen der MwStSystRL können der Klägerin demzufolge im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung über die nationale Regelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 7 UStG hinaus nicht zu der beantragten ex tunc Korrektur der Umsatzsteuerbescheide 2008-2011 verhelfen.
225Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
226Die Revision ist zuzulassen gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.