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Der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.1.2022 wird dahin geändert, dass der Klägerin am 11.1.2022 ein Anspruch auf Auszahlung des für ihr Kind Z für die Monate April 2018 bis einschließlich Januar 2021 festgesetzten Kindergeldes in Höhe von 6.801 € zustand.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin für das Kind Z für den Zeitraum April 2018 bis Januar 2021. Die Klägerin und Herr Z1 (Kindsvater, Z1) sind die Eltern der am ....2015 geborenen Z. Auf Antrag des Z1 vom 21.4.2015 zahlte die Beklagte das Kindergeld für Z zunächst an Z1.
3Im März 2016 trennten sich die Klägerin und Z1 zunächst räumlich, indem die Klägerin gemeinsam mit Z auszog und ab dann eine alleinige Wohnung bewohnte. Mit Schreiben vom 2.7.2016, bei der Beklagten eingegangen am 18.7.2016, zeigten die Eheleute mit dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Formular „Veränderungsmitteilung“ gegenüber der Beklagten an, dass das Kindergeld künftig auf ein anderes Konto überwiesen werden soll (vgl. Kg-Akte Z1 Bl. 16). Oben links auf Seite 1 der Veränderungsmitteilung waren als Kindergeldberechtigte beide Eheleute aufgeführt. Zudem war als Kindergeld-Nr. die Nummer angeführt, unter welcher Z1 zu diesem Zeitpunkt das Kindergeld für die gemeinsame Tochter bezog. Als steuerliche Identifikationsnummer des Kindergeldberechtigten war die – der Beklagten vom Antrag bekannte – steuerliche Identifikationsnummer des Kindes eingetragen. Bei der Frage nach dem Kontoinhaber kreuzten die Eheleute „Kindergeldberechtigte/r“ an und führten in dem nachfolgenden Feld als Namen den Namen der Klägerin an. Weitere Eintragungen nahmen die Eheleute nicht auf dem Formular vor. Beide unterschrieben die Mitteilung. Die Beklagte zahlte daraufhin das Kindergeld fortan auf das Konto der Klägerin.
4Bei einem routinemäßigen Abgleich der Meldedaten im September 2017 fiel der Beklagten auf, dass Z und Z1 nicht unter der gleichen Anschrift gemeldet waren. Mit Schreiben vom 13.3.2018 hob die Beklagte daraufhin die Kindergeldfestsetzung gegenüber Z1 ab April 2018 auf und begründete dies damit, dass das Kind nicht in seinem Haushalt lebe. Dieser Bescheid ist Z1 jedoch nicht zugegangen. Zudem verfügte die Beklagte die Einstellung der Kindergeldzahlungen ab April 2018.
5Die Klägerin wandte sich per E-Mail vom 4.8.2021 an die Beklagte und teilte ihr mit, dass ihr aufgefallen sei, dass sie keine Kindergeldzahlungen für ihre Tochter mehr erhalte. Die letzte Zahlung sei am 15.3.2018 auf ihrem Konto eingegangen. Der Grund für die fehlenden Zahlungen sei ihr nicht bekannt. Sie bat um entsprechende Klärung.
6Da die Klägerin zunächst keine Antwort erhielt, setzte sie sich telefonisch mit der Beklagten in Verbindung. Ein Mitarbeiter der Beklagten teilte ihr mit, dass sie einen neuen Antrag einreichen müsse. Am 17.8.2021 sandte die Beklagte der Klägerin die entsprechenden Antragsformulare zu, welche die Klägerin ausgefüllt an die Beklagte zurückschickte und bei dieser am 20.8.2021 eingingen.
7Mit Bescheid vom 31.8.2021 setzte die Beklagte daraufhin Kindergeld zugunsten der Klägerin ab April 2018 sowie den Kinderbonus 2021 fest. Zugleich führte die Beklagte aus, dass sich ein Nachzahlungsbetrag von 1.533 € für den Zeitraum Februar 2021 bis August 2021 ergäbe. Auf Grund der gesetzlichen Änderung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG könnten Anträge, die nach dem 18.7.2019 eingehen, unabhängig vom festgesetzten Zeitraum rückwirkend nur noch zu einer Nachzahlung für die letzten sechs Kalendermonate vor dem Eingang des Antrages bei der Familienkasse führen. Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 EStG bleibe von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.
8Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 17.9.2021 und stellte zugleich einen Antrag nach § 37 Abs. 2 AO. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG sei vorliegend nicht einschlägig. Der Antrag auf Kindergeld sei bereits unmittelbar nach der Geburt des Kindes gestellt worden. Mit Datum vom 2.7.2016 sei eine Veränderungsmitteilung eingereicht worden, wonach künftig das Kindergeld an die Klägerin als Mutter des Kindes auszuzahlen sei. Die Veränderungsmitteilung sei ohne weitere Nachfrage so berücksichtigt worden und das Kindergeld fortan auf das benannte Konto der Mutter überwiesen worden. Dass es sich hierbei um das Konto der Klägerin handele, ergäbe sich eindeutig aus der Veränderungsmitteilung. Eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung sei nicht erfolgt.
9Am 14.10.2021 erließ die Beklagte gegenüber Z1 – mangels Zugang des Bescheides vom 13.3.2018 – einen neuen Aufhebungsbescheid, mit welchem sie die Kindergeldfestsetzung ab April 2018 gegenüber Z1 aufhob. Mit dagegen gerichtetem Einspruch trug Z1 vor, der Aufhebung nach § 70 Abs. 1 EStG könne nicht gefolgt werden, da das Kindergeld bereits aufgrund berücksichtigter Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 an die Klägerin gezahlt werde. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
10Mit Einspruchsentscheidung vom 11.1.2022 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung verwies die Beklagte erneut auf § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG. Der Antrag der Klägerin auf Kindergeld vom 19.8.2021 sei am 20.8.2021 bei ihr eingegangen. Somit sei nur eine Nachzahlung rückwirkend ab Februar 2021 möglich. Im Übrigen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
11Mit ihrer dagegen gerichteten Klage trägt die Klägerin vor, mit der Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 sei nicht nur eine Änderung der Kontodaten mitgeteilt worden, sondern auch, dass die Klägerin nunmehr „Kindergeldberechtigte/r“ ist.
12Soweit die Beklagte ein anderes Formular für die Mitteilung der Änderung des Kindergeldberechtigten bevorzugt hätte, hätte diese im Rahmen der Amtsermittlung von der Klägerin ein entsprechendes Formular verlangen müssen. Ferner obliege es der Beklagten, ihre Formulare sorgfältig zu gestalten und ihr übersendete Formulare sorgfältig und vollumgänglich zur Kenntnis zu nehmen.
13Soweit die Beklage nicht zur Kenntnis genommen habe, dass auf der Veränderungsmitteilung mit Datum vom 2.7.2016 die Klägerin und nicht der Kindsvater als „Kindergeldberechtigte/r“ benannt worden sei, verletze dies die ihr obliegende Sachaufklärungspflicht. Zwingend notwendig für die Aufklärung des Sachverhaltes sei, dass die Behörde die Formulare, die im Rahmen der Mitwirkungspflicht übersendet werden, vollständig inhaltlich zur Kenntnis nimmt, um dann ggf. Rückfragen bei den Leistungsberechtigen stellen zu können. Tatsächlich habe die Beklagte die Veränderungsmitteilung der Klägerin von 2.7.2016 nicht vollständig zur Kenntnis genommen und bisher trotz ausdrücklichem Vortrag im Rahmen des Einspruchsverfahrens und der Klageschrift nicht berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Änderung der Kontoverbindung auch eine Änderung der/des Kindergeldberechtigte/n mitgeteilt habe. Soweit eine Mitteilung der Änderung des Kindergeldberechtigten auf einem anderen Formblatt notwendig gewesen wäre, sei es Aufgabe der Beklagten gewesen, darauf hinzuweisen. Das Kindergeld sei jedoch ohne weitere Aufforderung zur Mitwirkung vollumfänglich auf das Konto der als „Kindergeldberechtigten“ benannten Klägerin überwiesen worden.
14Außerdem gäbe es kein anderes Formblatt, mit welchem eine Änderung des Kindergeldberechtigten angezeigt werden könne. Nur das verwendete Formblatt „Veränderungsmitteilung“ habe den Namen der bzw. des Kindergeldberechtigten zum Inhalt. Dort sei eindeutig angekreuzt, dass die Klägerin selbst als Kindergeldberechtigte Kontoinhaberin sei. Die Veränderungsmitteilung sei auch ganz bewusst von der Klägerin und von Z1, dem vorherigen Empfangsberechtigen, unterschrieben worden, da nur durch Zustimmung beider Elternteile der Empfangsberechtigte des Kindergeldes geändert werden könne.
15Insgesamt sei die Klägerin ab dem 2.7.2016 entsprechend ihrer Änderungsmitteilung die Kindergeldberechtigte für das gemeinsame Kind Z gewesen.
16Die Tatsache, dass der Ehegatte der Klägerin Steuerberater ist, sei irrelevant und führe nicht zu höheren Anforderungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Steuerberater wissen müsse, wie das korrekte Formular für eine Änderung der Kindergeldberechtigten auszusehen habe.
17Die Beklagte habe gegenüber den Eheleuten objektiv erkennbar dem Wechsel der Kindergeldberechtigten zugestimmt, indem diese das Kindergeld ab dem Monat August 2016 auf das Konto der Klägerin gezahlt habe. Die Beklagte habe bis einschließlich März 2018, insgesamt 20 Monate, das Kindergeld an die Klägerin ausgezahlt. Der Beklagten sei auch bekannt gewesen, dass es sich dabei um das Konto der Klägerin gehandelt habe. Die Klägerin habe davon ausgehen können, dass ihrem Antrag auf Wechsel der / des Kindergeldberechtigten von der Beklagten entsprochen worden sei.
18Die Beklagte habe offensichtlich im April 2018 Kenntnis davon erlangt, dass sich die Familienverhältnisse geändert haben. Der Sachverhalt hätte von der Beklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt neu geprüft werden müssen, um ihrer Pflicht nach § 88 Abs. 1 AO nachzukommen. Spätestens hier hätte der Beklagten auffallen müssen, dass die Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 nicht den Anforderungen der Beklagten entspricht. Der Klägerin hingegen habe nicht bekannt sein können, dass sie ein falsches Formular verwendet habe.
19Zudem sei Z1 die Änderung nicht vor dem Jahr 2021 bekannt gegeben worden. Die Zahlungen seien ohne Kommunikation gegenüber der Klägerin oder gegenüber Z1 im April 2018 eingestellt worden. Der ursprüngliche Kindergeldbescheid aus 2015 sei bis zur wirksamen Aufhebung im Jahr 2021 bestandskräftig und die Beklagte daher verpflichtet, die Zahlungen bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin vorzunehmen.
20Die Klägerin beantragt,
21den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 31.8.2021 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 11.1.2022 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Leistungen des Kindergeldes für ihr Kind Z in Höhe von monatlich 194,00 € in dem Zeitraum von April 2018 bis Juni 2019, in Höhe von monatlich 204,00 € in dem Zeitraum von Juli 2019 bis Dezember 2020 und in Höhe von 219,00 € im Januar 2021 auszuzahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie nimmt Bezug auf ihre Einspruchsentscheidung und führt ergänzend an, der Kindergeldantrag der Klägerin sei erst am 20.8.2021 bei ihr eingegangen, sodass wegen der nach § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG geltenden Auszahlungsbeschränkung kein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Kindergeldes für den streitgegenständlichen Zeitraum bestehe. Etwas Anderes gelte hier auch nicht, weil der Beklagten eine neue Kontoverbindung mitgeteilt wurde. Für die Beklagte spiele es keine Rolle, auf welches Konto sie das Kindergeld überweist. Auch durch eine geänderte Kontoverbindung sei Z1 bis zum Zeitpunkt der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung der Kindergeldberechtigte geblieben. Die Klägerin hätte bei der Beklagten keinen Antrag auf Kindergeld bis zum oben genannten Zeitpunkt gestellt, so dass sie deshalb keinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes für den Zeitraum von April 2018 bis Januar 2021 habe.
25Soweit die Klägerin der Ansicht sei, dass sie der Beklagten bereits mit Schreiben vom 2.7.2016 mitgeteilt habe, dass sie nunmehr Kindergeldberechtigte ist, könne dem nicht gefolgt werden.
26Ein Berechtigtenwechsel werde der Beklagten grundsätzlich angezeigt, indem der neue Berechtigte einen Antrag auf Kindergeld bei ihr stelle. Insofern gäbe es kein klassisches Formblatt, auf dem ein Berechtigtenwechsel mitgeteilt werde. Neben den vorformulierten Formblättern habe aber jeder Kindergeldberechtigte auch die Möglichkeit, der Familienkasse ein formloses Schreiben zukommen zu lassen, in dem jegliche Formen der Änderungen mitgeteilt werden können.
27Die Veränderungsmitteilung, auf die Bezug genommen wird, sei dafür vorgesehen, entweder eine geänderte Kontoverbindung, einen geänderten Familienstand, die geänderte Anzahl der lebenden Kinder im Haushalt, eine neue Beschäftigung des Kindergeldberechtigten oder seines Ehepartners im Auslands oder eine geänderte Tätigkeit des Kindes gegenüber der Familienkasse mitzuteilen. Dieser Vordruck sei insoweit eindeutig und nicht dafür vorgesehen, einen neuen Kindergeldberechtigten zu bestimmen.
28Die von den Eheleuten übersandte Veränderungsmitteilung sei vom Empfängerhorizont aus zu beurteilen. Die Eheleute hätten darin mitgeteilt, dass das Kindergeld zukünftig auf ein anderes Konto gezahlt werden solle, nur an dieser Stelle sei ein Kreuzchen gesetzt worden. Die Beklagte habe den Vordruck so auslegen müssen, dass der Kindergeldberechtigte eine neue Kontoverbindung habe mitteilen wollen. Die Beklagte habe diese Nachricht so auslegen können, dass auch nur eine geänderte Kontoverbindung habe mitgeteilt werden sollen, und habe dem weiteren Eintrag, wer Kindergeldberechtigter sei, keine Bedeutung beigemessen. Zu beachten sei bei diesem Vordruck, dass auch weitere Änderungen hätten mitgeteilt werden können. So hätten die Eheleute „Mein Familienstand hat sich geändert …“ oder „Die Anzahl der in meinem Haushalt lebenden Kinder hat sich geändert …“ ankreuzen oder auf Seite 2 der Mitteilung unter „Ich teile sonstige Veränderungen im Sinne des Merkblatts über Kindergeld mit, nämlich …“ etwas eintragen können. Wäre das passiert, hätte die Beklagte die Angaben so auslegen müssen, dass ggf. ein Berechtigtenwechsel angestrebt wird. All dies sei jedoch von den Eheleuten unterlassen worden.
29Bei genauer Betrachtung des Vordrucks werde zudem deutlich, dass die Klägerin und ihr Ehemann selbst nicht hätten unterscheiden können, wer von den beiden Kindergeldberechtigter sei. So sei auf dem Vordruck auf Seite 1 oben links zu erkennen, dass bei dem Namen und dem Vornamen des Kindergeldberechtigten beide Ehepartner aufgeführt seien, obwohl nur der Ehemann der Kindergeldberechtigte gewesen sei. Der Vordruck sei auch von beiden Eheleuten unterschrieben. Deshalb habe die Beklagte hier auch keine besondere Beachtung darauf legen müssen, dass bei dem Namen der Klägerin diese auch als Kindergeldberechtigte angekreuzt gewesen sei.
30Es ergäben sich für die Beklagte keinerlei Indizien, die darauf schließen ließen, dass die Klägerin einen neuen Kindergeldantrag stellen wollte. Der von der Klägerin erwähnte Amtsermittlungsgrundsatz stoße hier an seine Grenzen: Die Beklagte sei nicht verpflichtet, Detektivarbeit zu leisten um herauszufinden, welche Intention die Klägerin mit ihrem Schreiben verfolgen wollte.
31Zu bedenken sei dabei auch, dass der ursprünglich kindergeldberechtigte Ehegatte Steuerberater sei. Gerade als Steuerberater seien vorliegend berufsbedingt hohe Anforderungen zu stellen und es sei davon auszugehen, dass unterschieden werden könne, wer Kindergeldberechtigter sei und wie ein Antrag auf Kindergeld zu stellen sei.
32Da durch die Veränderungsmitteilung die geänderte Kontoverbindung mitgeteilt worden sei, habe die Beklagte das Kindergeld auf das Konto der Klägerin ausgezahlt. Ob es sich dabei um das Konto der Kindsmutter oder des Kindsvaters handelte, habe die Beklagte nicht wissen können.
33Im Übrigen habe die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten verletzt. Nach § 68 Abs. 1 EStG sei ein Kindergeldberechtigter verpflichtet, der Familienkasse so schnell wie möglich alle Änderungen in den für den Kindergeldanspruch wichtigen Verhältnissen mitzuteilen. Die Trennung der Klägerin von ihrem Ehemann im Jahre 2016 sei der Beklagten erst im Jahre 2021 mit dem Antrag der Klägerin mitgeteilt worden, obwohl die Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 hier eindeutig gewesen sei und eine Änderung des Familienstandes hätte mitgeteilt werden müssen.
34Tatsächlich habe die Klägerin den Antrag auf Kindergeld nicht vor dem 19.8.2021 gestellt, so dass die Auszahlungsbeschränkung rechtmäßig erfolgt sei. Da die Antragstellung der Klägerin erst im August 2021 erfolgt sei, habe erst ab diesem Zeitpunkt geprüft werden können, ob eine Berechtigung zum Bezug von Kindergeld vorgelegen habe.
35Die gegenüber Z1 ergangene Festsetzung sei mit Bescheid vom 14.10.2021 ab April 2018 aufgehoben worden. Eine Bestandskraft der ursprünglichen Festsetzung habe dem nicht entgegengestanden. § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG eröffne die Änderungsmöglichkeit. Die Festsetzungsfrist sei nicht abgelaufen gewesen.
36Die Berichterstatterin hat mit Schreiben vom 23.5.2023 darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger rechtlicher Bewertung durch die Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 ein Kindergeldantrag der Klägerin vorliegen und die Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG demnach keine Anwendung finden dürfte.
37Auf Antrag der Beklagten vom 16.5.2023 ist Z1 mit Beschluss vom 17.5.2023 beigeladen worden. Auf die Beschwerde des Z1 hin ist der Beiladungsbeschluss mit Beschluss vom 16.11.2023 aufgehoben worden.
38Die Klägerin hat mit Schreiben vom 7.12.2023 und die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.2023 mitgeteilt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein.
39Entscheidungsgründe
40I. Das Gericht durfte gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.
41II. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist nicht einschlägig, da die Klägerin bereits mit der Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 einen Kindergeldantrag gestellt hat.
421. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 31.8.2021 stellt jedenfalls in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung vom 11.1.2022 gefunden hat, einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) dar.
43Der Senat lässt dahinstehen, ob es sich bereits bei dem unter der Überschrift „Nachzahlung" im Bescheid vom 31.8.2021 enthaltenen Abrechnungsteil um einen förmlichen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 AO handelt oder nur um eine Nichtzahlungsverfügung. Denn jedenfalls regelte die Beklagte mit dieser Verfügung gegenüber der Klägerin den Zeitraum, für den nach ihrer Auffassung ein Auszahlungsanspruch bestand. Durch den dagegen gerichteten Einspruch entstand auch eine Streitigkeit zwischen der Beklagten und der Klägerin, über welche die Beklagte durch die Einspruchsentscheidung vom 11.1.2022 entschied. Unerheblich ist dabei, dass die Familienkasse ihre Entscheidung nicht ausdrücklich als Abrechnungsbescheid oder als Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO bezeichnet hat (vgl. BFH v. 7.8.1990, VII R 120/89, BFH/NV 1991, 569, unter II.2.a). Denn aus der Begründung der Einspruchsentscheidung ergibt sich, dass die Familienkasse nicht über die Festsetzung, sondern über den Auszahlungsanspruch entschieden hat, wenn es dort heißt: „Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Kindergeld ... von April 2018 bis März 2033 festgesetzt. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Kindergeld wurde für den Zeitraum ab Februar 2021 nachgezahlt. Hiergegen richtet sich der Einspruch ...“
442. Der Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist insofern rechtswidrig, als er einen Auszahlungsanspruch der Klägerin für den Streitzeitraum verneint. Denn der Klägerin stand der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes für ihr Kind Z für den Zeitraum April 2018 bis Januar 2021 im Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung am 11.1.2022 zu. Zu diesem Zeitpunkt bestand eine wirksame Kindergeldfestsetzung zugunsten der Klägerin für den Streitzeitraum. Anhaltspunkte dafür, dass der Zahlungsanspruch der Klägerin bei Ergehen der Einspruchsentscheidung im Abrechnungsverfahren erloschen war (§ 47 AO), bestehen nicht.
453. Dem Auszahlungsanspruch der Klägerin stand auch nicht die Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG entgegen.
46a) Gemäß § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG ist § 70 Absatz 1 Satz 2 EStG auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18.7.2019 eingehen.
47b) Die Klägerin hat jedoch bereits mit der Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016, bei der Beklagten eingegangen am 18.7.2016, einen Kindergeldantrag gestellt, welchem mit Bescheid der Beklagten vom 31.8.2021 hinsichtlich der Festsetzung des Kindergeldes anteilig ab April 2018 entsprochen wurde. Denn die Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016, mit welcher eine geänderte Kontoverbindung bei der Beklagten angezeigt wurde, ist zugleich als Kindergeldantrag der Klägerin auszulegen, welcher die formellen und materiellen Voraussetzungen eines Kindergeldantrags erfüllt.
48c) Insbesondere angesichts der nunmehr geltenden Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, welche dem Zeitpunkt der Antragstellung eine hohe Bedeutung beimisst und welche keine Ausnahmeregelung für atypische Fälle oder Härtefälle oder sonst eine Billigkeitsregelung vorsieht, und vor dem Hintergrund der Funktion des Kindergeldes, das Existenzminimum des Kindes bei den Eltern freizustellen (vgl. § 31 Satz 1 EStG), dürfen an die Antragstellung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Der Zugang zum Kindergeld ist niederschwellig zu halten und von dem Kindergeldberechtigten ist nicht mehr zu fordern, als für die Einleitung und die ordnungsgemäße Durchführung des Verwaltungsverfahrens erforderlich ist (vgl. BFH v. 12.10.2023, III R 38/21, BFH/NV 2024, 199).
49Gemäß § 67 Satz 1 EStG ist Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen. Weitergehende Anforderungen an den Antrag enthält das Gesetz nicht. Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass die Verwendung der amtlichen Antragsformulare nicht zwingend erforderlich ist (vgl. BFH v. 25.8.2009, III B 136/08, juris). Jedoch wird jedenfalls zu fordern sein, dass – als Mindestinhalt eines Kindergeldantrags – die Identität des Antragstellers feststellbar ist und zudem erkennbar ist, dass und für welches Kind der Antragsteller Kindergeld begehrt (vgl. BFH v. 12.10.2023, III R 38/21, BFH/NV 2024, 199, vgl. Niedersächsisches Finanzgericht v. 13.9.2012, 15 K 249/11, EFG 2012, 2290; vgl. FG Nürnberg v. 8.7.2015, 3 K 1339/14, juris). Es ist dabei aber nicht notwendig, dass der Berechtigte ausdrücklich einen „Antrag“ stellt. Es genügt, dass sich dies dem Text durch Auslegung entnehmen lässt (vgl. BFH v. 12.10.2023, III R 38/21, BFH/NV 2024, 199). Denn ein Kindergeldantrag ist als außerprozessuale empfangsbedürftige Verfahrenserklärung entsprechend §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen, sofern er auslegungsbedürftig ist. Hiernach ist entscheidend, wie die Familienkasse als Erklärungsempfängerin einen Antrag nach seinem objektiven Erklärungswert verstehen musste. Dabei kann ggf. auch auf Umstände zurückgegriffen werden, die außerhalb der auszulegenden Erklärung liegen und einen Rückschluss auf den vom Antragsteller erklärten Willen erlauben (vgl. BFH v. 9.2.2012, III R 45/10, BStBl II 2013, 1028 m.w.N.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Bürger diejenige Verfahrenserklärung abgeben will, die erforderlich ist, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen (vgl. BFH v. 12.10.2023, III R 38/21, a.a.O.). Ist der Kindergeldantrag auslegungsbedürftig, sind zur Auslegung des Antrags auch die für den Antragsteller geführten Kindergeldakten heranzuziehen (vgl. Niedersächsisches FG und FG Nürnberg, a.a.O.).
50d) Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen, welche sich der Senat zu eigen macht, liegt mit der Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 ein Kindergeldantrag der Klägerin vor.
51aa) Die Veränderungsmitteilung erfüllt das Schriftformerfordernis des § 67 Satz 1 EStG und wurde auch bei der zuständigen Familienkasse eingereicht. Dabei war es auch unschädlich, dass die Klägerin nicht die von der Beklagten vorgesehenen Antragsformulare verwendet hat.
52bb) Die Veränderungsmitteilung ist mangels eindeutigen Erklärungsgehalts auslegungsbedürftig. Der Veränderungsmitteilung ist zwar insoweit eindeutig, als dass mit ihr jedenfalls ein anderes Konto mitgeteilt werden sollte, auf das künftig das Kindergeld überwiesen werden soll. Überdies wurde jedoch als Kindergeldberechtigte die Klägerin angegeben. Da die Klägerin aber nicht ausdrücklich angab, für Z Kindergeld beantragen zu wollen, besteht Auslegungsbedarf.
53cc) Die Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 war dahingehend auszulegen, dass die Klägerin die Festsetzung des Kindergeldes mit sofortiger Wirkung zu ihren Gunsten begehrte. Die Klägerin und Z1 – der bis zu diesem Zeitpunkt Kindergeldberechtigte – haben die Klägerin als Kindergeldberechtigte bezeichnet. Indem die Klägerin und Z1 angegeben haben, dass ab sofort auf das Konto der Klägerin als Kindergeldberechtigte das Kindergeld gezahlt werden soll, hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie Kindergeld zu ihren Gunsten mit sofortiger Wirkung begehrt. Da das Formular von der Beklagten selbst zur Verfügung gestellt wird und im Zusammenhang mit der Angabe einer Kontoverbindung die Möglichkeit eröffnet, neben dem Kindergeldberechtigten einen Namen einzutragen, hätte die Beklagte dies zur Kenntnis nehmen und erkennen müssen, dass dort ein anderer Name als der des bislang Kindergeldberechtigten erfasst ist. Zudem bietet das Formular für die Situation, dass nur eine Änderung der Kontoverbindung und des Kontoinhabers, aber nicht des Kindergeldberechtigten erfolgen soll, die alternative Möglichkeit, als Kontoinhaber eine Person anzugeben, die nicht Kindergeldberechtigter ist, und entsprechend anzukreuzen, dass es sich dabei nicht um den Kindergeldberechtigten handelt. Dies haben Z1 und die Klägerin aber gerade nicht getan. Dass die Beklagte das Formular „Veränderungsmitteilung“ laut ihrem Vortrag nicht für die Anzeige eines Berechtigtenwechsels vorgesehen hat, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die Beklagte gestaltet ihre Vordrucke eigenverantwortlich, um auf diese Weise auf dem für sie einfachsten Weg durch die Abfrage bestimmter Daten die aus ihrer Sicht erforderlichen Informationen zu erhalten. Insofern existiert jedoch kein gesetzliches Regelungsregime. Weder enthält das Gesetz Regelungen dazu, welchen Vordruck ein möglicher Kindergeldberechtigter für welches Begehren zu verwenden hat, noch wurde die Beklagte ermächtigt, der Verwendung oder der unterlassenen Verwendung bestimmter Vordrucke eine rechtliche Relevanz beizumessen. Die Beklagte ist deshalb nicht ermächtigt, Rechtswirkungen aus der Art des verwendeten Vordrucks abzuleiten. Dazu würde es einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesetzgeber erfordern, welche nicht existiert.
54Auch dass die Klägerin und Z1 oben links auf Seite 1 des Formulars bei der Abfrage des Kindergeldberechtigten beide Elternteile eingetragen haben, steht der Annahme eines Kindergeldantrages der Klägerin nicht entgegen. Insbesondere kann insoweit dem Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin und Z1 selbst nicht haben unterscheiden können, wer von den Beiden Kindergeldberechtigte ist, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist die Angabe beider Personen als Kindergeldberechtigte nachvollziehbar, wenn – wie hier aus Sicht der Klägerin und des Z1 – ein Wechsel des Kindergeldberechtigten angezeigt werden sollte.
55Es war auch nicht erforderlich, dass die Klägerin weitere Angaben auf der Veränderungsmitteilung macht, um diese als Kindergeldantrag auslegen zu können. Insbesondere musste sie das Feld „Für das Kind ... beantragte ich Kindergeld“ nicht ankreuzen, da dieses Feld nur als Unterpunkt zu dem Feld „Die Anzahl der in meinem Haushalt lebenden Kinder hat sich geändert“ aufgeführt war, was aber gerade auf die Klägerin nicht zutraf, da Z kontinuierlich in ihrem Haushalt lebte.
56dd) Dass in der Veränderungsmitteilung nicht der Name des Kindes aufgeführt wurde, für welches Kindergeld durch die Klägerin beantragt wurde, ist im Streitfall ebenfalls unschädlich. So sieht der BFH es als erforderlich, aber auch ausreichend an, dass erkennbar ist, für welches Kind Kindergeld begehrt wird (vgl. BFH v. 12.10.2023, III R 38/21, BFH/NV 2024, 199). Zwar haben das Niedersächsische FG und das FG Nürnberg gefordert, dass das Kind, für welches Kindergeld begehrt wird, namentlich bezeichnet wird (a.a.O.). Allerdings bestand in diesen Verfahren die Besonderheit, dass der jeweilige Antragsteller zuvor nicht kindergeldrechtlich geführt wurde, jeweils mehrere Kinder hatte, für mehrere Kinder Kindergeld begehrte und die Behörde nicht auf andere, außerhalb der auszulegenden Schreiben liegende Umstände zurückgreifen konnte. Demgegenüber lässt sich vorliegend das Kind, für das Kindergeld begehrt wird, auch ohne die Angabe des Namens eindeutig identifizieren. So wurde in der Veränderungsmitteilung die steuerliche Identifikationsnummer des Kindes angegeben, zwar unter dem Punkt „steuerliche Identifikationsnummer des Kindergeldberechtigten“, aber gleichwohl wurde sie genannt. Hinzu kommt, dass die Eheleute nur ein gemeinsames Kind haben und bei der Anzeige eines Berechtigtenwechsels vom bisherigen Kindergeldbezieher (Z1) hin zur Klägerin klar erkennbar war, dass sich der Kindergeldantrag nur auf dieses eine gemeinsame Kind beziehen konnte. Jedenfalls ließ sich dies unter Heranziehung der Akte des Z1, dessen Kindergeldnummer auf der Veränderungsmitteilung genannt war, durch die Beklagte ermitteln.
57ee) Auch die Identität der Klägerin als Antragstellerin war feststellbar. Zwar wurde nur der Name der Klägerin in der Veränderungsmitteilung aufgeführt und beispielsweise nicht die Adresse oder andere Kriterien, die Identität der Antragstellerin war aber aufgrund der Gesamtumstände gleichwohl eindeutig feststellbar. Jedenfalls unter Heranziehung der Akte des Z1 war für die Beklagte ersichtlich, dass es sich dabei um die Mutter der Z handelt.
58ff) Sofern die Beklagte Mitwirkungspflichtverletzungen anführt, weil die Klägerin und Z1 in der Veränderungsmitteilung vom 2.7.2016 nicht angegeben haben, dass sie dauernd getrennt leben und auch sonst keine weiteren Eintragungen in der Veränderungsmitteilung vorgenommen haben, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Die Verletzung von Mitwirkungspflichten – sollte eine solche durch die Klägerin überhaupt erfolgt sein und nicht allenfalls nur durch Z1 als dem bis zu diesem Zeitpunkt Kindergeldberechtigten – kann nicht dazu führen, dass das Vorliegen eines Kindergeldantrages verneint werden kann. Begrenzt man die inhaltlichen Anforderungen eines Kindergeldantrages – wie der erkennende Senat – auf die feststellbare Identität der Antragstellerin sowie die beiden Angaben, dass und für welches Kind Kindergeld beantragt wird, sind fehlende Angaben zum Familienstand etc. unerheblich.
59gg) Auch der Umstand, dass Z1 Steuerberater ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat lässt dahinstehen, ob an den Kindergeldantrag eines Steuerberaters aufgrund besonderer Kenntnisse des Berufszweigs von kindergeldrechtlichen Bestimmungen höhere Anforderungen zu stellen sind als an den Antrag einer Person, die keinen Beruf mit steuerrechtlichem Hintergrund ausübt, denn Z1 war im Streitfall nicht der Antragsteller, sondern die Klägerin. Eine Grundlage für die Zurechnung möglicher Kenntnisse des Z1 aufgrund seines Berufs bei der Klägerin ist nicht ersichtlich.
60e) Dass die Klägerin im August 2021 erneut einen Kindergeldantrag bei der Beklagten stellte, führt nicht zur Anwendbarkeit des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, auch wenn dieser Antrag nach dem 18.7.2019 gestellt wurde. Über den Antrag der Klägerin vom 2.7.2016 war zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung noch nicht entschieden. Der erneute Antrag der Klägerin war mithin überflüssig. Es kann nicht zum Nachteil der Klägerin gereichen, dass die Beklagte über ihren Antrag aus Juli 2016 fünf Jahre später noch nicht entschieden hatte und ihr zudem telefonisch mitteilte, sie müsse einen neuen Antrag stellen.
61III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
62IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO und § 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.
63V. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Kindergeldantrag angenommen werden kann, grundsätzliche Bedeutung hat.