Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Umsätze des Klägers aus seinem Tierhaltungsbetrieb in den Jahren 2007 bis 2009 nach Durchschnittssätzen (§ 24 des Umsatzsteuergesetzes – UStG –) zu versteuern sind.
3Der Kläger ist Schweinemäster. Unter der Anschrift A-Str. 5 in T bewirtschaftete er zunächst eine von seinen Eltern gepachtete Schweinemast, die ihm im März 2008 zu Eigentum übertragen wurde. Mit Vertrag vom 30.1.2007 pachtete der Kläger außerdem die in der Nähe liegende Hofstelle unter der Anschrift A-Str. 6 mit einem weiteren Schweinemaststall mit ca. 900 Mastplätzen und der zugehörigen landwirtschaftlichen Nutzfläche. Daneben betrieb der Kläger eine Fotovoltaikanlage und lieferte entgeltlich Strom an den örtlichen Energieversorger.
4Beginnend im Juni 2013 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N beim Kläger eine Außenprüfung durch. Ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 10.7.2013 traf der Prüfer im Wesentlichen folgende Feststellungen: Im Wirtschaftsjahr 2007 / 2008 seien vom Kläger durch die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen die folgenden Vieheinheiten erzeugt worden:
5Hofstelle A-Str. 5 |
|
landwirtschaftliche Nutzfläche |
85,85 ha |
mögliche Vieheinheiten |
497,55 |
tatsächliche Vieheinheiten |
447,84 |
Hofstelle A-Str. 6 |
|
landwirtschaftliche Nutzfläche |
30,39 ha |
mögliche Vieheinheiten |
272,34 |
tatsächliche Vieheinheiten |
261,12 |
Da die bisher getrennt geführten Betriebe nach seiner, des Prüfers, Ansicht und der Ansicht des amtlich bestellten landwirtschaftlichen Sachverständigen als einheitlicher Betrieb zu beurteilen seien, müssten in Abgrenzung landwirtschaftlicher zu gewerblicher Einkünfte folgende Werte angesetzt werden:
7Hofstellen A-Str. 5 und A-Str. 6 |
|
landwirtschaftliche Nutzfläche |
116,24 ha |
mögliche Vieheinheiten |
564,36 |
tatsächliche Vieheinheiten |
708,96 |
Aufgrund der Inpachtnahme der Hofstelle A-Str. 6 liege ein sofortiger Strukturwandel von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu einem Gewerbebetrieb vor. Die Umsätze eines gewerblichen Schweinemastbetriebs unterlägen der Regelbesteuerung und nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.
9Der Kläger erklärte betreffend die Einkommensteuer der Streitjahre für beide Hofstellen Einkünfte nach § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte erließ zunächst hiervon abweichend Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung. Im über diese Bescheide geführten Klageverfahren vor dem Finanzgericht Münster 11 K 3689/14 E,G kam der Beklagte nach Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 31.5.2017 mit dem Kläger überein, dass mit den Hofstellen A-Str. 5 und A-Str. 6 ertragsteuerlich von zwei getrennt geführten Betrieben auszugehen sei. Es würden lediglich angestellte Beschäftigte und einige landwirtschaftliche Maschinen in beiden Betrieben gemeinsam genutzt. Dies unterscheide sich aber nicht von der Inanspruchnahme eines Maschinenrings oder eines Lohnunternehmens. Ansonsten seien die Schweinemastbetriebe völlig getrennt bewirtschaftet worden. Der Beklagte half dem ertragsteuerlichen Klagebegehren vollständig ab.
10Betreffend die in diesem Verfahren strittige Umsatzsteuer erklärte der Kläger lediglich Umsätze und Vorsteuern aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage. Die Umsätze aus dem Betrieb der Schweinemast erklärte er nicht. Mit Bescheiden vom 9.9.2013 unterwarf der Beklagte sämtliche Umsätze aus dem Betrieb der Schweinemast beider Hofstellen (A-Str. 5 und A-Str. 6) der Regelbesteuerung und setzte die Umsatzsteuer für 2007 um xxx €, die Umsatzsteuer für 2008 um xxx € und die Umsatzsteuer für 2009 um xxx € höher fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.10.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger mit der langfristigen Inpachtnahme des Schweinemaststalles und der landwirtschaftlichen Flächen der Hofstelle A-Str. 6 den Entschluss umgesetzt habe, den eigenen Betrieb auf Dauer in einem Umfang zu erweitern, der über eine landwirtschaftliche Nutzung der eigenen landwirtschaftlichen Flächen hinausgehe. Mit der Inpachtnahme des Maststalles werde langfristig in die Kapazitätsausweitung investiert. Durch diese Maßnahme werde der Betrieb so umstrukturiert, dass die Vieheinheitengrenze nachhaltig überschritten werde. Es liege ein Fall des sofortigen Strukturwandels vor. Die Umsätze seien daher ab 2007 mit dem Regelsteuersatz zu versteuern.
11Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Wie das Verfahren 11 K 3689/14 E,G gezeigt habe, sei ertragsteuerlich von zwei getrennt zu behandelnden Schweinemastbetrieben auszugehen. Aus der ertragsteuerlichen selbständigen Behandlung folge auch deren umsatzsteuerliche Trennung. Unter Verweis auf umsatzsteuerliche Kommentarliteratur (Windecker in: Schwarz/Wiedmann/Radeisen, UStG, § 24 Rz. 52; Ruffer in: Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, IV. Teil: Besteuerung nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG), Rn. 35) seien die Tierhaltungsgrenzen auch umsatzsteuerlich betriebsbezogen zu ermitteln. Das ergebe sich durch die Verweisung in § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG auf die §§ 51, 51a des Bewertungsgesetzes (BewG). Die Vieheinheitengrenzen nach den §§ 51, 51a BewG würden sich auf die jeweilige wirtschaftliche Einheit beziehen. Dies sei nach § 33 BewG der jeweilige Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Insoweit seien die Definitionen, ob jeweils selbstständige wirtschaftliche Einheiten oder selbständige Betriebe vorliegen würden, deckungsgleich und seien über die Bezugnahme in § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG auch im Umsatzsteuerrecht zu berücksichtigen. Selbst die Finanzverwaltung gehe in Abschnitt (Abschn.) 24.8 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) davon aus, dass ein Unternehmer mehrere Betriebe haben könne. Die Finanzverwaltung regele in dieser Erlassvorschrift, dass sich die Option zu Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 UStG nur auf alle ertragsteuerlichen Betriebe insgesamt beziehen könne. Wenn die Summe der gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betätigungen eines Steuerpflichtigen ohnehin in einem einheitlichen Unternehmen zusammengefasst wären, hätte es dieser gesonderten Aussage nicht bedurft. Auch dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.4.1998 (V R 64/96, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1998, 494, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – 185, 321) lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. In dieser Entscheidung habe ein Unternehmer (Tierarzt) eine selbständige landwirtschaftliche Schweinemast und eine selbstständige landwirtschaftliche Ferkelaufzucht betrieben. Wäre die Tierhaltung, so seine, des Klägers, Auffassung, insgesamt als einheitliche umsatzsteuerliche Tierhaltung zu beurteilen gewesen, weil sie von ein und demselben Unternehmer betrieben worden sei, hätte man bereits das Vorliegen mehrerer Betriebe aus umsatzsteuerlicher Sicht verneinen müssen, was in der Entscheidung gerade keinen Niederschlag finde. Auch der im Rahmen des richterlichen Hinweises zitierte Beschluss des BFH vom 15.10.1993 V B 72/93 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 1994, 666) trage zur Klärung der in diesem Verfahren strittigen Frage nicht bei. In dieser Entscheidung sei es allein darum gegangen, welchem Unternehmer ein landwirtschaftlicher Betrieb zuzurechnen sei.
12Der Kläger beantragt,
13unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2014 und unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom 9.9.2013 die Umsatzsteuer 2007 auf xxx €, die Umsatzsteuer 2008 auf xxx € und die Umsatzsteuer 2009 auf xxx € festzusetzen,
14hilfsweise, die Revision zuzulassen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
18Mit Schriftsatz vom 7.12.2017 hat der Beklagte erklärt, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten. Dieser Erklärung hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 12.12.2017 angeschlossen.
19Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
20Entscheidungsgründe
21I. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
22II. Die Klage ist unbegründet.
23Die Umsatzsteuerbescheide für 2007 bis 2009 vom 9.9.2013 und die Einspruchsentscheidung vom 8.10.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die die Umsätze des Klägers aus seinen beiden Tierhaltungsbetrieben A-Str. 5 und A-Str. 6 zu Recht der Regelbesteuerung und nicht der Besteuerung nach Durchschnittssätzen nach § 24 UStG unterworfen.
241. Nach § 12 Abs. 1 UStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 % der Bemessungsgrundlage. Der Steuersatz wird durch § 24 UStG – als speziellere Vorschrift – nicht reduziert.
25Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird für die übrigen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze die Steuer auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge betragen gleichfalls 10,7 % der Bemessungsgrundlage dieser Umsätze; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
26a) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG die „Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören".
27§ 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, richtlinienkonform unter Beachtung von Art. 295 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.2015 XI R 13/13, BStBl. II 2015, 730, BFHE 248, 462).
28Nach Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder ggf. der Sonderregelung des Kapitels 1 auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen bezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden. Als „landwirtschaftliche Erzeugnisse“ gelten nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 der MwStSystRL alle Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten von den land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben der einzelnen Mitgliedstaaten erzeugt werden. „Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit Bodenwirtschaft“ ist in Nr. 2 des Anhangs VII als landwirtschaftliche Erzeugung benannt.
29Der erkennende Senat hält die in § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG i. V. mit §§ 51, 51a BewG getroffene Regelung für unionsrechtskonform, da sie die Tierzucht und Tierhaltung nicht schlechthin begünstigt, sondern nur in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung (so auch Lange in: Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG, Rn. 142). Der Senat hält darüber hinaus die in § 51 Abs. 1a BewG vorgesehene degressive Festsetzung von Vieheinheiten im Verhältnis zur Ackerfläche für unionsrechtskonform. Der Senat ist der Überzeugung, dass ab einer gewissen Größe des Tierbestandes im Verhältnis zur landwirtschaftlich genutzten Fläche sich die Tätigkeit des Unternehmers nicht mehr als „landwirtschaftliche Erzeugung“ i. S. des Art. 295 MwStSystRL darstellt, sondern den Charakter der „industriellen Tierproduktion“ annimmt. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat über den Verweis auf § 51 Abs. 1a BewG für sachgerecht, dass die Zuteilung der Vieheinheiten mit der Größe der genutzten Flächen abnimmt. Mit dieser Auffassung sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 12.10.2017 C-262/16 (Shields & Sons Partnership, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2017, 1182). Nach dieser Entscheidung kann jeder Mitgliedstaat bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger sowie diejenigen landwirtschaftlichen Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Bestimmungen des Artikels 281 keine verwaltungstechnischen Schwierigkeiten mit sich bringt, von der Pauschalregelung ausnehmen (Art. 296 Abs. 2 MwStSystRL). Allerdings muss der landwirtschaftliche Erzeuger in der Lage sein, ex ante eine individuelle Prüfung seiner Situation durchzuführen, um zu ermitteln, ob er in Anbetracht der vom Mitgliedstaat festgelegten Kriterien einer von der Pauschalregelung ausgeschlossenen Gruppe von Erzeugern angehört (vgl. EuGH-Urteil vom 12.10.2017 C-262/16, Shields & Sons Partnership, HFR 2017, 1182, Rn. 49). Der Senat sieht bei einem „industriellen Landwirt“ keine verwaltungstechnischen Schwierigkeiten, diesen von der Pauschalregelung auszunehmen. Zudem sieht der Senat die Regelung des § 51 Abs. 1a BewG als hinreichend klar an, so dass sich Landwirte vorab darauf einstellen können, ob sie die Pauschalregelung, d.h. § 24 UStG, in Anspruch nehmen können.
30b) Nach den Feststellungen der Außenprüfung – die vom Kläger geteilt werden – waren diesem hinsichtlich der Hofstellen A-Str. 5 und A-Str. 6 insgesamt 116,24 ha landwirtschaftliche Nutzfläche zuzurechnen. Den möglichen Vieheinheiten von 564,36 standen im Streitzeitraum tatsächliche Vieheinheiten von 708,96 gegenüber. Der Kläger kann für seine Umsätze daher nicht die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG in Anspruch nehmen.
31c) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Hofstellen A-Str. 5 und A-Str. 6, die einkommensteuerlich getrennt zu behandelnde landwirtschaftliche Betriebe darstellen, umsatzsteuerlich nicht zu separieren. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Für die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG bedeutet dies, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen und Tierbestände für das gesamte Unternehmen zusammenzurechnen sind.
32aa) Anders als in der Ertragsteuer, bei der eine Aufteilung steuerbarer Tätigkeit auf mehrere Betriebe von Bedeutung sein kann, um z.B. die Einkünfteerzielungsabsicht für jeden Betrieb getrennt beurteilen zu können, ist die Anknüpfung an einen Betrieb innerhalb eines umsatzsteuerlichen Unternehmens nicht üblich. Umsatzsteuerlich sind stets die Verhältnisse des ganzen Unternehmens zu berücksichtigen, es sei denn die Berücksichtigung nur eines Teils des Unternehmens ist gesetzlich normiert, wie z.B. bei der Gestattung der Ist-Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 UStG („soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt“; „Erstreckt sich die Befreiung nach Satz 1 Nr. 2 nur auf einzelne Betriebe des Unternehmers und liegt die Voraussetzung nach Satz 1 Nr. 1 nicht vor, so ist die Erlaubnis zur Berechnung der Steuer nach den vereinnahmten Entgelten auf diese Betriebe zu beschränken.“). Bei der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG fehlt es an einer solchen Einschränkung vom Grundsatz des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG.
33bb) Auch der MwStSystRL ist ein derartiger Betriebsbegriff unbekannt. In Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL wird der Begriff des Steuerpflichtigen definiert. Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt. Nach Art. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL gelten als „wirtschaftliche Tätigkeit alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe.“ Anhaltspunkte für eine betriebsbezogene Sichtweise innerhalb der gesamten mehrwertsteuerpflichtigen Tätigkeit bestehen nicht.
34cc) Die Auffassung des Klägers, dass durch den Verweis des § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf das BewG über § 33 BewG nur der jeweilige Betrieb der Land und Forstwirtschaft für die Ermittlung der Vieheinheiten heranzuziehen sei, überzeugt nicht. Aufgrund der Verweisung in § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG gilt der Grundsatz umsatzsteuerrechtlicher und damit richtlinienkonformer Auslegung auch für die §§ 51, 51a BewG (vgl. BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl. II 2010, 863, zu § 4 Abs. 1 und 5 KStG). Daher werden §§ 51, 51a BewG im Rahmen der durch § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG angeordneten Verweisung, die aus Vereinfachungsgründen nur dazu dient, den Wortlaut dieser Vorschrift nicht im Rahmen des UStG zu wiederholen, zum Bestandteil des Umsatzsteuerrechts, so dass die von §§ 51, 51a BewG verwendeten Begriffe für die Bestimmung der unter die Durchschnittsatzbesteuerung fallenden Tierhaltungsbetriebe umsatzsteuerrechtlich und damit anders als bei einer ausschließlich bewertungsrechtlichen bzw. ertragsteuerlichen Anwendung dieser Vorschrift auszulegen sind. Wie bereits vorstehend unter II. 1. c) bb) ausgeführt, sieht das Unionsrecht keine betriebsbezogene Differenzierung im Rahmen aller wirtschaftlichen Tätigkeiten eines Mehrwertsteuerpflichtigen vor. Die richtlinienkonforme Interpretation des Verweises auf §§ 51, 51a BewG gebietet also nicht, die ertragsteuerlich gegebene Mehrheit von landwirtschaftlichen Betrieben auch umsatzsteuerlich zu berücksichtigen.
35dd) Auch aus Abschn. 24.8 Abs. 1 Satz 3 UStAE folgt – anders als der Kläger meint – nicht, dass im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung von mehreren Betrieben auszugehen ist. Der Erlass verweist auf das Urteil des BFH vom 23.4.1998 V R 64/96 (BStBl. II 1998, 494, BFHE 185, 321), nach dem die Erklärung eines Unternehmers gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG gerade nicht auf ertragsteuerliche Teilbetriebe beschränkt werden kann, sondern alle landwirtschaftlichen Umsätze erfasst, unabhängig davon, wie viele Teilbetriebe i. S. des Ertragsteuerrechts der Unternehmer hat. Der Rückschluss, dass im Übrigen ertragsteuerlich getrennte Betriebe im Rahmen von § 24 UStG auch getrennt zu beurteilen seien, ergibt sich aus dieser Entscheidung und damit aus dem bezugnehmenden Erlass nicht. Letztlich wäre eine derartige Normauslegung – unterstellt die Verwaltung würde diese vertreten – für den Senat nicht bindend (vgl. dazu BFH-Urteil vom 3.7.2014 V R 1/14, BFHE 246, 562, BFH/NV 2014, 2014).
362. Sämtliche vom Kläger in den Streitjahren 2007 bis 2009 erzielten Umsätze mit seinem Tierhaltungsbetrieb, so wie sie der Beklagte in den Umsatzsteuerbescheiden erfasst hat, unterliegen dem Regelsteuersatz. Zwar hat der Kläger erst zum 30.1.2007 seinen Tierhaltungsbetrieb um die Hofstelle A-Str. 6 erweitert und ist damit auch erst zu diesem Zeitpunkt aus dem Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung ausgeschieden. Der Kläger hat aber weder vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen, dass er in der Zeit vom 1.1.2007 bis zum 30.1.2007 Umsätze mit seinem Tierhaltungsbetrieb ausgeführt habe, die noch nach Durchschnittssätzen zu versteuern seien.
37III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.