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Der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 01.03.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2016 wird dahingehend geändert, dass die sonstigen Einkünfte des Klägers aus der privaten Berufsunfähigkeitsrente bei der X Versicherung (Versicherungsschein-Nummer xx-xxxxxxx-xx) in einer Höhe von 5.319 € berücksichtigt werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob an den Kläger gezahlte Versicherungsleistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG mit einem Besteuerungsanteil von 58% oder nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV mit einem Ertragsanteil von 21% zu versteuern sind.
3Der Kläger (geb. am 00.00.1969) ist verheiratet und wurde im Streitjahr 2014 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielte er im Streitjahr Einkünfte aus einer privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der X Versicherung; die jährlichen Rentenzahlungen beliefen sich auf 25.815 €. Die Laufzeit der Rente begann am 01.09.2009, sie endet am 01.09.2029. Die Berufsunfähigkeitsversicherung hatte der Kläger im Jahr 2007 zusammen mit einer ab dem 01.09.2034 auszuzahlenden privaten lebenslangen Altersrente abgeschlossen (einheitliche Versicherungsschein-Nummer xx-xxxxxxx-xx). Der Monatsbeitrag für die Versicherung betrug insgesamt 318 €, wobei ein Betrag in Höhe von 147,56 € auf die lebenslange Altersrente und ein Betrag von 155,70 € auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Tarif xxx) entfiel. Zudem leistete der Kläger im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung monatliche Beiträge in Höhe von 14,74 € für eine Beitragsbefreiung nach dem Tarif yyy. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Vertragsunterlagen (Bl. 34 ff. der Gerichtsakten) verwiesen.
4Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 01.03.2016 berücksichtigte der Beklagte die Rentenzahlungen in Höhe von 15.672 € (58% Besteuerungsanteil von 24.148 € = 14.005,84 € zzgl. 1.667 € Rentenanpassungsbetrag) als sonstige Einkünfte.
5Hiergegen legte der Kläger am 04.03.2016 Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Rente sei nach § 55 Abs. 2 EStDV nur mit ihrem Ertragsanteil in Höhe von 21% zu versteuern, da es sich um eine abgekürzte Leibrente aus einer privaten Rentenversicherung handele.
6Mit der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2016 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Besteuerung sei entsprechend der elektronischen Übermittlung des Versicherungsträgers erfolgt, eine abweichende Bescheinigung der X Versicherung sei nicht nachgereicht worden.
7Mit seiner am 24.10.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, die Berufsunfähigkeitsrentenzahlungen dürften nicht als Basisrentenzahlungen behandelt werden, da Basisrenten keine Leistungen vor dem 62. Lebensjahr erbringen dürften und die streitgegenständliche Berufsunfähigkeitsrente bereits am 01.09.2029 und damit vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers ende. Voraussetzung nach den BMF-Schreiben vom 19.08.2013 und vom 10.01.2014 (BStBl. I 2013, 1087 bzw. BStBl. I 2014, 70) sei aber, dass die Berufsunfähigkeitsrente ohne Unterbrechung in die Altersrente übergehe. Es sei deshalb nach § 55 Abs. 2 EStDV eine Besteuerung in der Höhe des Ertragsanteils durchzuführen, so dass sich steuerpflichtige sonstige Einkünfte in Höhe von nur 5.319 € (21% x 25.815 € - 102 €) ergäben. Soweit die Beiträge zur eigenständigen Berufsunfähigkeitsversicherung in den Steuererklärungen 2007-2009 als Sonderausgaben berücksichtigt worden seien, sie dies unberechtigterweise geschehen, da die Beiträge nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG fielen.
8Der Kläger beantragt,
9den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 01.03.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2016 dahingehend zu ändern, dass die sonstigen Einkünfte des Klägers aus der privaten Berufsunfähigkeitsrente bei der X Versicherung in einer Höhe von 5.319 € berücksichtigt werden,
10hilfsweise die Revision zuzulassen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er ist der Auffassung, die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sei keine eigenständige Versicherung, da diese in einem Vertrag mit der Basis-Altersrentenversicherung unter Erteilung eines gemeinsamen Versicherungsscheines mit einer Versicherungsnummer geschlossen worden sei. Aufgrund dieser Kopplung seien sowohl die Beiträge zur Basisrentenversicherung als auch die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung steuerlich gleichermaßen gefördert, so dass auch die jeweiligen Renten (derzeit in der Kohorte) langfristig voll versteuert werden müssten.
14In der Sache hat am 27.01.2017 ein Erörterungstermin vor dem damals zuständigen Berichterstatter stattgefunden, wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins verwiesen.
15Am 30.01.2018 hat der Senat mündlich verhandelt, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die Klage hat Erfolg.
18Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 vom 01.03.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 21.09.2016 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
19Der Beklagte hat die gezahlten Versicherungsleistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu Unrecht nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG unter Anwendung eines Besteuerungsanteils von 58% besteuert. Zutreffend ist statt dessen die Besteuerung mit dem Ertragsanteil in Höhe von 21% gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV.
201. Zu den sonstigen Einkünften gehören nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG auch Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage ist der Besteuerungsanteil, der nach den Vorgaben des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Sätze 2 bis 8 EStG errechnet wird.
21Demgegenüber werden nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG Leibrenten, „die nicht solche im Sinne des Doppelbuchstaben aa) sind“, mit dem in § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 4 EStG bestimmten Ertragsanteil besteuert. Sind diese Renten abgekürzte Leibrenten, wird der Ertragsanteil durch eine Rechtsverordnung bestimmt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 5 EStG). Diese Vorschrift bildet i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 3 EStG die Ermächtigungsgrundlage für die Regelung des § 55 Abs. 2 EStDV, in der die Ertragsanteile für abgekürzte Leibrenten festgelegt worden sind (BFH, Urt. vom 13.04.2011 – X R 54/09, BStBl II 2011, 910).
22Der fehlende Hinweis in § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG auf eine mögliche Ertragsanteilsbesteuerung beruht nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers. Dieser hat sich vielmehr bewusst entschieden, abgekürzte und nicht abgekürzte Leibrenten der Basisversorgung gleich zu behandeln (BFH, Urt. vom 13.04.2011 – X R 54/09, BStBl II 2011, 910). Der Regelungsgehalt des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG umfasst sämtliche Rentenarten, insbesondere auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenrenten, die bisher als abgekürzte Leibrenten nach der Ertragsanteilstabelle in § 55 Abs. 2 EStDV besteuert worden sind. Hintergrund für diese Unterscheidung ist, dass nur solche Leibrenten lediglich mit ihrem Ertragsanteil besteuert werden sollen, bei denen die Beiträge nicht als Sonderausgaben abzugsfähig gewesen sind (BFH, Urt. vom 13.04.2011 – X R 54/09, BStBl II 2011, 910; BT-Drucks. 15/2150, S. 40).
232. Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG vor, da die Leistungen nicht aus einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden Versicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG erbracht worden sind. Die Leibrente ist deshalb gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV mit ihrem Ertragsanteil von 21 % zu versteuern.
24Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) aa) EStG sind Beiträge des Steuerpflichtigen zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung Sonderausgaben, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.
25Im Streitfall ist nach dem Vertrag die Zahlung einer monatlichen lebenslangen Altersrente (sog. Basisrente) beginnend mit dem Monat der Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers vereinbart. Der einheitliche Vertrag sieht aber nicht zusätzlich die ergänzende Absicherung der Berufsunfähigkeit vor.
26a) Der ergänzenden Absicherung steht nach Auffassung des Senates nicht die Höhe der jeweils auf die Altersvorsorge und die Berufsunfähigkeitsversicherung entfallenden monatlichen Beitragsanteile entgegen.
27Die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit, der verminderten Erwerbsfähigkeit und von Hinterbliebenen ist nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Literatur nur dann unschädlich, wenn mehr als 50% der Beiträge auf die Altersversorgung des Steuerpflichtigen entfallen, da diese Risiken nicht im Vordergrund stehen dürfen (BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl. I 2013, 1087 Tz. 18; Schmidt/Heinicke, § 10 Rdn. 63; Kulosa, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10 Rdn. 134). Erreichen die Beiträge Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsversicherung dagegen 50% des Gesamtbeitrags, so handelt es sich nicht mehr um eine Ergänzung, diese Beitragsanteile fallen dann unter § 10 Nr. 3a EStG (BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl. I 2013, 1087 Tz. 22; Kulosa, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10 Rdn. 134). Daraus folgt korrespondierend, dass die Besteuerung in diesem Fall als „selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung“ nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG iVm § 55 Abs. 2 EStDV mit dem Ertragsanteil erfolgt (vgl. BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl. I 2013, 1087 Tz. 236, 237). Für die nach dem Umfang der Beitragsanteile differenzierende Auffassung der Finanzverwaltung und der Literatur spricht nach Auffassung des Senates bereits der Wortlaut „ergänzend“. Zudem steht diese Ansicht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Norm, da der Gesetzgeber durch das zum 01.01.2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) private Altersrenten, die ihrer Art nach der gesetzlichen Rente entsprechen, steuerlich mit dieser gleichstellen wollte (vgl. BT-Drucks. 15/2150, S. 22; Schmidt/Heinicke, EStG, § 10 Rdn. 63). Während alle der gesetzlichen Altersrenten entsprechenden Altersrenten nach § 10 Abs. 3 EStG grundsätzlich (im Rahmen des Kohortenprinzips und bis zum Höchstbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung) in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig sein sollen, sieht das Gesetz für Berufsunfähigkeitsversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG) grundsätzlich – mit Ausnahme besonderer Berufsunfähigkeitsversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) bb) EStG seit dem VZ 2014 – gem. § 10 Abs. 4 EStG nur sehr eingeschränkte steuerliche Abzugsmöglichkeiten vor. Würde aber die Absicherung der Berufsunfähigkeit den Altersrentenvertrag dominieren, so würde diese gesetzliche Differenzierung unterlaufen.
28Soweit die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung dazu verwendet werden, die Weiterzahlung des Beitrags für die Altersrente nach Eintritt der Berufsunfähigkeit sicherzustellen, zählen sie im Rahmen der Anwendung der 50%-Grenze allerdings nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Altersvorsorge (BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl. I 2013, 1087 Tz. 19; ebenso Kulosa, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10 Rdn. 134). Auch insoweit schließt sich der Senat der Auffassung der Finanzverwaltung an, da diese Beitragsanteile zwar vertraglich der Berufsunfähigkeitsversicherung zugeordnet sind, wirtschaftlich aber der Absicherung des Aufbaus der Altersvorsorge dienen. Der Steuerpflichtige hat einen Teil der Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung unter Verzicht auf eine spätere Auszahlung im Rahmen der Berufsunfähigkeitsrente geleistet. Er hat kein Wahlrecht, aufgrund dieser Beiträge eine höhere Berufsunfähigkeitsrente zu beanspruchen. Er trifft daher im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit keine Rentenverwendungsentscheidung, so dass ihm die auf diesen Beitragsanteilen basierenden Einkünfte nicht im Rahmen der Berufsunfähigkeitsrente, sondern erst in Form der Altersrente zufließen werden.
29Im Streitfall entfallen nach diesen Grundsätzen mehr als 50% des monatlichen Gesamtbeitrags von 318 € auf die Altersversorgung des Steuerpflichtigen, so dass eine unschädliche ergänzende Absicherung gegeben ist. Denn neben dem Beitrag für die Basisrente in Höhe von monatlich 147,56 € zählen auch die im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung gezahlten Beiträge für die Beitragsbefreiung in Höhe von monatlich 14,74 € (Tarif yyy) zur Altersversorgung, da diese dazu verwendet werden, die Weiterzahlung des Beitrags für die Altersrente auch im Fall des Eintritts der Berufsunfähigkeit sicherzustellen (vgl. Telefonvermerk des Berichterstatters mit der Fachabteilung für Basisrenten der X Versicherung vom 25.01.2018, Bl. 63 der Gerichtsakte).
30b) Der ergänzenden Absicherung steht im Streitfall jedoch der Umstand entgegen, dass die Berufsunfähigkeitsrente nach dem Vertrag bereits am 01.09.2029 endet, während die Altersrente erst am 01.09.2034 beginnt.
31Ergänzend können der Eintritt der Berufsunfähigkeit, der verminderten Erwerbsfähigkeit oder auch Hinterbliebene abgesichert werden, wenn die Zahlung einer Rente vorgesehen ist. Eine zeitliche Befristung einer Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsrente ist nach Auffassung der Finanzverwaltung ausschließlich im Hinblick auf die entfallende Versorgungsbedürftigkeit (Verbesserung der Gesundheitssituation oder Erreichen der Altersgrenze für den Bezug der Altersrente aus dem entsprechenden Vertrag) nicht zu beanstanden (BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl. I 2013, 1087 Tz. 17).
32Der Senat folgt diesen Grundsätzen. Zwar ergibt sich die Schädlichkeit des Ablaufs der Berufsunfähigkeitsrente vor Beginn der Altersrente nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) aa) EStG. Im Wege der Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dem systematischen Zusammenhang des Gesetzes ist der Senat jedoch der Auffassung, dass eine „ergänzende“ Absicherung nur dann anzunehmen ist, wenn die Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsrente erst mit Beginn der Altersrente enden.
33Der Gesetzgeber wollte mit dem AltEinkG nur solche Absicherungen begünstigen, die zu einer auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen Absicherung führen (vgl. BT-Drucks. 15/2150, S. 34). Dies setzt nach Auffassung des Senates voraus, dass der Schutz des Steuerpflichtigen mit Eintritt des Versicherungsfalls zeitlich lückenlos erfolgt. Bei kombinierten Alters- und Berufsunfähigkeitsrenten nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) aa) EStG ist dies nur dann gewährleistet, wenn die Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erst mit Beginn der Altersrente enden.
34Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der zum VZ 2014 neu eingeführten Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) bb) EStG. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) bb) EStG sind Beiträge des Steuerpflichtigen für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit Sonderausgaben, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist. Auch nach dieser Regelung ist ab dem Eintritt der Berufsunfähigkeit eine lückenlose Zahlung bis zum Lebensende vorgesehen. Sonstige Berufsunfähigkeitsversicherungen unterliegen demgegenüber weiterhin nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG nur dem beschränkten Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 4 EStG.
353. Bei der Berufsunfähigkeitsrente handelt es sich auch um eine abgekürzte Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV. Abgekürzte Leibrenten sind Leibrenten, die für die Lebensdauer einer bestimmten Person, begrenzt auf eine bestimmte Höchstzeit zu zahlen sind. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt, da die Berufsunfähigkeitszusatzrente auf das Leben des Klägers begrenzt war, spätestens aber am 01.09.2029 endete.
36Der Ertragsanteil für eine Rente mit einer Zeitdauer von 20 Jahren (01.09.2009-01.09.2029) beträgt nach § 55 Abs. 2 EStDV (Spalte 2) 21%. Angewendet auf die Rente des Klägers in Höhe von 25.815 € abzüglich des Werbungskostenpauschbetrages nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG in Höhe von 102 € ergeben sich steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 5.319 €.
37Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
38Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
39Die Zulassung der Revision erfolgt gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts. Bislang hat sich lediglich die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 19.08.2013, BStBl. I 2013, 1087 zur Frage der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „ergänzenden“ Absicherung der Berufsunfähigkeit geäußert, gerichtliche Entscheidungen sind hierzu – soweit ersichtlich – noch nicht ergangen.