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Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für die Jahre 2010 bis 2012, jeweils vom 29.10.2014, sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2011 und 2012, jeweils vom 30.10.2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 werden nach Maßgabe der Gründe geändert. Die Berechnung der festzustellenden bzw. festzusetzenden Beträge wird dem Beklagten auferlegt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 10% und dem Beklagten zu 90% auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist die Nutzungsdauer eine Biogasanlage.
3Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag 2010 gegründete Kommanditgesellschaft, an der die Z. Biogas Betriebs GmbH & Co. KG (fortan: Z. KG) zu 50%, Herr N. N1. zu 25% und Herr Y. N1. zu 25% als Kommanditisten beteiligt sind. Komplementärin ist die Biogas X. Verwaltungs GmbH, die am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt ist. Die Klägerin wurde 2010 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist ausweislich § 2 des Gesellschaftsvertrages die Errichtung (durch Subunternehmer) und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung und Verwertung regenerativer Energien in X., insbesondere von Biogasanlagen.
4Im Jahr 2010 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück des Gesellschafters Herrn Y. N1. eine Biogasanlage, die im Jahr 2011 fertiggestellt und ... 2011 in Betrieb genommen wurde. Hierzu schlossen Herr Y. N1. und die Klägerin am ...2010 einen notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag ab, aus dem Herr Y. N1. verpflichtet wurde, zu Gunsten der Klägerin ein Erbbaurecht für die Dauer von 33 Jahren zu bestellen. Die Klägerin wurde berechtigt, die vereinbarte Grundstücksfläche für den Betrieb der Biogasanlage zu nutzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Erbbaurechtsvertrages Bezug genommen.
5Das von der Klägerin gewählte Modell der Biogasanlage wurde durch das Unternehmen Z. Biogas AG entwickelt und wird von dieser weltweit vermarktet. Die Z. KG ist ein Tochterunternehmen der Z. Biogas AG, über die sich die Z. Biogas AG am Betrieb der von ihr hergestellten Biogasanlagen beteiligt.
6Die Biogasanlage der Klägerin unterliegt dem Anwendungsbereich des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbaren Energien (Erneuerbaren-Energien-Gesetz --EEG--) in der für die Streitjahre geltenden Fassung und ist aus einer Vielzahl von Komponenten, sog. Anlagenteilen, zusammengesetzt. In dem an die Biogasanlage angeschlossenen Blockheizkraftwerk, das sich ebenfalls auf dem Grundstück des Gesellschafters Herrn Y. N1. befindet, wird aus dem Biogas mithilfe eines Generators Strom erzeugt, der in das Stromnetzwerk der A. AG eingespeist wird. Die Klägerin hat zudem mehrere Verträge mit der örtlichen Gemeinde ... und der B. GbR, welche die mithilfe des Blockheizkraftwerks (Gasmotor) erzeugte Wärme beziehen. Mit einem Teil der im Blockheizkraftwerk erzeugten Wärme wird über das Heizungssystem im Fermenter das Gärsubstrat erhitzt und auf Betriebstemperatur gehalten.
7Die Biogasanlage funktioniert im Einzelnen wir folgt: an der Außenwand des neben dem Gülleannahmebehälter stehenden Gebäudes befindet sich der Annahmebereich für die Feststoffe. Über den sog. Annahmebunker, ein Behälter mit Schubboden, werden die zuvor in einer Fahrsiloanlage gesammelten nachwachsenden Rohstoffe (hier: vorwiegend Maissilage) über Förderschnecken in den mit einem Rührwerk ausgestatteten Anmischbehälter gebracht, der sich im Inneren des Gebäudes befindet. Der Schubboden des Annahmebunkers wird hydraulisch angetrieben. Die Feststoffe werden im Anmischbehälter mit Gülle gemischt und gerührt, bis ein homogener Inputstoff entsteht. Das Verhältnis der zusammengeführten Substrate wird über eine Wiegeeinrichtung, die sich unter dem Anmischbehälter befindet, gesteuert. Der Inputstoff wird in einem Zerkleinerer zerkleinert, von Fremdstoffen getrennt und sodann in den beheizten Fermenter gepumpt, in dem das Substrat vergärt. Der Fermenter ist durch ein Dach aus Kunststoff gasdicht abgeschlossen. In dem Fermenter befindet sich das Rührwerk zur Wärmeverteilung, das laufend in Betrieb ist. Die sich im Fermenter gebildeten Gase werden den speziell für das Blockheizkraftwerk entwickelten Gasmotor und Generator des Blockheizkraftwerkes zugeführt und dort zu Wärme und Strom verarbeitet. Die übrigen Gärreste werden in den Gärrestespeicher – einen ebenfalls mit einem Dach abgeschlossenen Behälter – geleitet, dort bis zu neun Monate lang gelagert und als Dünger vermarktet. Überschüssiges Gas wird über eine Gasfackel in die Luft entsorgt.
8Das Blockheizkraftwerk befindet sich in einem schallisolierten Raum in demselben Gebäude, in dem auch die Anmischstation installiert ist. Bevor das Gas dem Gasmotor des Blockheizkraftwerkes zugeführt wird, wird es über eine sog. Gasaufbereitungsstrecke von schädlichem Schwefelwasserstoff gesäubert. Dies erfolgt durch einen Aktivkohlefilter. Der Gasmotor treibt den Generator an, der Drehstrom (400 Volt) erzeugt. Dieser Strom wird, bevor er in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird, durch den Transformator in die für das öffentliche Netz erforderliche Betriebsspannung (Mittelspannung) umgewandelt. Der Transformator befindet sich ebenfalls auf dem Grundstück des Herrn Y. N1., wenn auch räumlich von dem Fermenter und dem Gebäude mit dem Blockheizkraftwerk etwas entfernt. Über eine Wärmetrasse wird die produzierte Wärme an die Endverbraucher geleitet.
9Die Biogasanlage einschließlich des Blockheizkraftwerkes wird computergesteuert betrieben und überwacht. Für diese Steuerungstechnik gibt es insgesamt drei Schaltschränke. In dem einen Schaltschrank befindet sich die Steuerungstechnik für das Blockheizkraftwerk und in einem weiteren Schaltschrank die Steuerungstechnik für die Überwachung von etwaig austretenden Gasen in den Räumlichkeiten. Ein dritter Schaltschrank enthält die Steuerungstechnik für die mechanische Technik, wie z.B. das Rührwerk, die Pumpen, die Fördertechnik, die Lüftung und den Mischbehälter. Die Schaltschränke befinden sich ebenfalls in dem Gebäude mit dem Anmischbehälter und dem Blockheizkraftwerk.
10Die Klägerin speist ausweislich der Abrechnung der A. AG vom ...2012 seit ... 2011 Strom ein und erzielt hieraus laufend Einkünfte. Wärme liefert die Klägerin seit Ende des Jahres 2011.
11In ihren Feststellungserklärungen für die Jahre 2010 und 2011 erklärte die Klägerin laufende Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € (2010) und ... € (2011). Für das Jahr 2012 erklärte die Klägerin einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €. Der Beklagte erließ zunächst entsprechende Feststellungsbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Weiter gab die Klägerin Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2010 bis 2012 ab. Der Beklagte erließ entsprechende Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag, die jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.
12In den Gewinnermittlungen für die Jahre 2010 bis 2012 machte die Klägerin – neben nicht streitgegenständlichen Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens – die vorliegend streitbefangenen Abschreibungen auf die Bestandteile der betriebenen Biogasanlage sowie auf weitere hier streitrelevante Gegenstände als Sachanlage geltend. Die Höhe der in den Jahresabschlüssen 2010 bis 2012 angesetzten Anschaffungskosten des Anlagevermögens ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist indes, über wie viele Jahre verteilt diese im Wege der Abschreibung gewinnmindernd zu berücksichtigen sind. Ausweislich der während des Klageverfahrens vorgelegten Anlageverzeichnisse der Klägerin (Bl. 96 bis 102 der Gerichtsakte) ging diese von den folgenden Beträgen der Absetzung für Abschreibung (AfA) aus:
13Nutzungsdauer |
AfA 2010 |
AfA 2011 |
AfA 2012 |
|
Technikgebäude |
20 |
0,00 € |
1.595,00 € |
5.175,00 € |
Straße |
19 |
0,00 € |
1.619,00 € |
5.914,00 € |
Siloplatte |
10 |
0,00 € |
7.435,00 € |
24.403,00 € |
Behälter |
15 |
0,00 € |
14.430,00 € |
50.149,00 € |
Transformator |
15 |
0,00 € |
1.541,00 € |
4.624,00 € |
Wärmetrasse |
10 |
0,00 € |
7.652,00 € |
31.930,00 € |
Fahrzeugwaage |
10 |
2.272,00 € |
8.575,00 € |
6.432,00 € |
Maschinen |
8 |
0,00 e |
39.474,00 € |
138.134,00 € |
Trockner |
12 |
0,00 € |
0,00 € |
2.105,00 € |
Blitzschutz |
15 |
0,00 € |
23,00 € |
56,00 € |
Summe |
2.272,00 € |
82.344,00 € |
268.922,00 € |
Unter dem Wirtschaftsgut „Maschinen“ hat die Klägerin insbesondere die Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Steuerungs- und Regelungstechnik, die Einbringungstechnik, die mechanische Fördertechnik, die Wärmetechnik (ohne Wärmetrasse), das Blockheizkraftwerk und die Gasfackel aktiviert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Anlageverzeichnisse Bezug genommen.
15Im Jahr 2014 wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt, welche die Umsatzsteuer, die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer zum Gegenstand hatte und mit Bericht vom ...2014 beendet wurde. In seinem Bericht gelangte der Betriebsprüfer zu der Auffassung, dass die Biogasanlage in den Gewinnermittlungen der Klägerin für die Streitjahre unzutreffend abgeschrieben worden sei. Grundsätzlich seien für die Berechnungen der AfA-Beträge die amtlichen AfA-Tabellen der Finanzverwaltung maßgebend, es sei denn, diese führten zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Danach betrage die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer aller im Zusammenhang mit der Biogasanlage genutzten Wirtschaftsgüter jeweils 16 Jahre. Der Betriebsprüfer gelangte zu anderen Abschreibungsbeträgen als die Klägerin in ihren Gewinnermittlungen. Nach den Berechnungen des Betriebsprüfers seien der erklärte Verlust im Jahr 2010 um ... € und der erklärte Verlust im Jahr 2011 um ... € zu mindern. Der erklärte Gewinn für das Jahr 2012 sei um ... € zu erhöhen.
16Dabei ging der Prüfer von den folgenden Werten aus:
172010 |
Nutzungsdauer |
AfA Prüfer |
AfA Klägerin |
Differenz |
Technikgebäude |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Straße |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Siloplatte |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Behälter |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Transformator |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Wärmetrasse |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Fahrzeugwaage |
16 |
1.419,76 € |
2.272,00 € |
- 852,24 € |
Maschinen |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Trockner |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Blitzschutz |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Summe |
1.419,76 € |
2.272,00 € |
- 852,24 € |
2011 |
Nutzungsdauer |
AfA Prüfer |
AfA Klägerin |
Differenz |
Technikgebäude |
16 |
1.993,99 € |
1.595,00 € |
398,99 € |
Straße |
16 |
1.922,90 € |
1.619,00 € |
303,90 € |
Siloplatte |
16 |
4.708,34 € |
7.435,00 € |
- 2.726,66 € |
Behälter |
16 |
13.527,70 € |
14.430,00 € |
- 902,30 € |
Transformator |
16 |
1.445,08 € |
1.541,00 € |
- 95,92 € |
Wärmetrasse |
16 |
4.782,48 € |
7.652,00 € |
- 2.869,52 € |
Fahrzeugwaage |
16 |
5.492,29 € |
8.575,00 € |
- 3.082,71 € |
Maschinen |
16 |
19.737,06 € |
39.474,00 € |
- 19.736,94 € |
Trockner |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Blitzschutz |
16 |
21,77 € |
23,00 € |
- 1,23 € |
Summe |
53.631,61 € |
82.344,00 € |
- 28.712,39 € |
2012 |
Nutzungsdauer |
AfA Prüfer |
AfA Klägerin |
Differenz |
Technikgebäude |
16 |
6.471,23 € |
5.175,00 € |
1.296,23 € |
Straße |
16 |
7.026,86 € |
5.914,00 € |
1.112,86 € |
Siloplatte |
16 |
15.237,48 € |
24.403,00 € |
- 9.165,52 € |
Behälter |
16 |
47.018,36 e |
50.149,00 € |
- 3.130,64 € |
Transformator |
16 |
4.335,25 € |
4.624,00 € |
- 288,75 € |
Wärmetrasse |
16 |
19.884,73 € |
31.930,00 € |
- 12.045,27 € |
Fahrzeugwaage |
16 |
4.634,12 € |
6.432,00 € |
- 1.797,88 € |
Maschinen |
16 |
68.857,33 € |
138.134,00 € |
- 69.276,67 € |
Trockner |
16 |
1.578,46 € |
2.105,00 € |
- 526,54 € |
Blitzschutz |
16 |
52,25 € |
56,00 € |
- 3,75 € |
Summe |
175.096,06 € |
268.922,00 € |
- 93.825,94 € |
Wegen der Einzelheiten zu den Berechnungen der AfA-Beträge wird auf Textziffer 2.2 des Betriebsprüfungsberichtes und auf die Anlage 7 zum Betriebsprüfungsbericht vom ...2014 verwiesen. Die übrigen Feststellungen des Betriebsprüfers sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
21Der Beklagte folgte der Ansicht des Betriebsprüfers und erließ am 29.10.2014 geänderte Feststellungsbescheide für die Jahre 2010 bis 2012, in denen nunmehr bei den laufenden Einkünften der Klägerin (Gesamthand) die vom Betriebsprüfer ermittelten geringeren AfA-Beträge berücksichtigt wurden. Für das Jahr 2010 berücksichtigte der Beklagte einen laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, für das Jahr 2011 einen laufenden Verlust in Höhe von ... € und für das Jahr 2012 einen laufenden Gewinn in Höhe von ... €. Weiter erließ der Beklagte für das Jahr 2010 einen geänderten – nicht mehr streitgegenständlichen – Gewerbesteuermessbescheid, in dem der Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von... € festgesetzt wurde. Mit Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2011 setzte der Beklagte einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von ... € an und berücksichtigte dabei einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €. Mit Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2012 setzte der Beklagte einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von ... € fest und berücksichtigte dabei einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €.
22Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin am 01.12.2014 (Feststellungsbescheide) und am 04.12.2014 (Gewerbesteuermessbescheide) Einsprüche ein und rügte, dass der Beklagte bei der Berechnung der AfA-Beträge bezüglich der Biogasanlage von einer einheitlichen Nutzungsdauer von 16 Jahren ausgegangen sei. Zutreffend sei vielmehr, zwischen den einzelnen Wirtschaftsgütern, aus denen die Biogasanlage der Klägerin zusammengesetzt sei, zu differenzieren. Denn es handele sich insoweit um Wirtschaftsgüter, die nach der Verkehrsanschauung einer selbständigen Bewertung und Verkehrsfähigkeit zugänglich seien. Die Wirtschaftsgüter könnten zwar teilweise, sinnvollerweise zusammengefasst und einheitlich abgeschrieben werden. Aber selbst unter Berücksichtigung einer solchen Zusammenfassung sei zu berücksichtigen, dass viele Wirtschaftsgüter eine deutlich kürzere Nutzungsdauer aufwiesen als – wie vom Beklagten angenommen – 16 Jahre.
23Hinsichtlich der Nutzungsdauer der jeweiligen Wirtschaftsgüter – teilweise in Gruppen zusammengefasst – bezieht sich die Klägerin auf die Angaben des Steuerausschusses des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen (HLBS) in dessen Verlautbarung 1/2010 aus Februar 2010 sowie auf die Feststellungen des Sachverständigen C. in seinem Gutachten über die technische Nutzungsdauer der Komponenten einer sog. NaWaRO („nachwachsenden Rohstoffen“) Biogasanlage (Konzeptgröße ... kW) vom ...2013. Der Sachverständige C. war von der Z. Biogas AG zur Erstellung des Gutachtens beauftragt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Feststellungen des Sachverständigen C. wird auf den Inhalt des Gutachtens vom 2013 (Bl. 20 ff der Gerichtsakte) Bezug genommen. Der HLBS hält u.a. in Bezug auf Fahrsiloanlagen eine Nutzungsdauer von 14 Jahren und in Bezug auf Waagen eine Nutzungsdauer von 15 Jahren für sachgerecht und geboten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verlautbarung des HLBS 1/2010 aus Februar 2010 Bezug genommen (Bl. 41 ff der Gerichtsakte). Die Klägerin meinte, dass sie die in den Gewinnermittlungen berücksichtigen AfA-Beträge hinsichtlich der einzelnen in der Biogasanlage verwendeten Komponenten auf der Grundlage der Angaben des HLBS und der Feststellungen des C. zutreffend berechnet habe.
24Mit Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück und war der Ansicht, dass die einzelnen Komponenten der Biogasanlage der Klägerin als Wirtschaftsgüter nur einheitlich abgeschrieben werden könnten. Denn sie seien – i.S. der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) – derart technisch aufeinander abgestimmt und miteinander verbunden, dass bei einer Abtrennung eines der Teile die Nutzbarkeit des Gesamtwirtschaftsguts „Biogasanlage“ für den Betrieb verloren ginge. Die Abschreibung bemesse sich gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Für die Bestimmung der Nutzungsdauer sei auf die von der Finanzverwaltung entwickelten AfA-Tabellen zurückzugreifen. Nach der amtlichen AfA-Tabelle vom 19.11.1996, veröffentlicht im Bundessteuerblatt (BStBl) Teil I 1996, Seite 1416, betrage die betriebliche Nutzungsdauer einer Biogasanlage 16 Jahre. Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten treffe keine Aussage zur „Gesamtlage“ als solche. Der Beklagte hielt die in der amtlichen AfA-Tabelle angenommene Nutzungsdauer für Biogasanlagen von 16 Jahren für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
25Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass die hier streitrelevanten Komponenten der Biogasanlage als Wirtschaftsgüter einzeln bewertbar seien und – ggf. als Gruppe – abgeschrieben werden könnten. Zur Begründung wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren und bezieht sich wiederholt auf die Angaben des HLBS und die Feststellungen des Sachverständigen C. Weiter trägt die Klägerin vor, der Beklagte lasse bei seiner Beurteilung außer Acht, dass im Vergleich zu früheren Biogasanlagen die in der nachfolgenden Zeit gebauten Anlagen – wie die der Klägerin – deutlich mehr Substrat verarbeiteten. Hiermit sei eine deutlich höhere Auslastung mit den damit zusammenhängenden Verschleißerscheinungen und Belastungen verbunden. Die Standzeit sei heutzutage deutlich geringer als früher. Hinzu komme, dass bei Erhaltungs- und Ersatzmaßnahmen heutzutage qualitativ höherwertige, aber auch wesentlich teurere Komponenten eingesetzt werden müssten, die wiederum zu einem höheren Abschreibungsbedarf führten. Weiter trägt die Klägerin vor, es sei nicht nachvollziehbar, warum Schnecken, Fördereinrichtungen, Malzwaagen, Entstaubungsanlagen, Filter und Pressen einzeln abgeschrieben werden könnten, obwohl diese Wirtschaftsgüter einem einheitlichen Zweck dienten, nämlich der Herstellung von Bier bzw. Futter.
26Die Klägerin hat während des Klageverfahrens mehrere Übersichten vorgelegt, in denen die abzuschreibenden Wirtschaftsgüter sowie deren Anschaffungskosten – zusammengefasst in Summen – aufgelistet sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Übersichten, die dem Beklagten bekannt gegeben wurden, Bezug genommen (Bl. 112 ff. der Gerichtsakte).
27Die Klägerin beantragt,
28den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2010 vom 29.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 aufzuheben sowie
29die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2011 und 2012, jeweils vom 29.10.2014, und die Gewerbesteuermessbescheide für 2011 und 2012, jeweils vom 30.10.2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 dahingehend zu ändern, dass bei der Gewinnermittlung die in den Gewinn- und Verlustrechnungen erklärten AfA-Beträge gewinnmindernd berücksichtigt werden.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen und hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
32Er verbleibt bei seiner Auffassung, dass die von der Klägerin erklärten streitrelevanten AfA-Beträge im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfung neu zu berechnen gewesen seien, da die Klägerin nicht beachtet habe, dass das Wirtschaftsgut „Biogasanlage“ einheitlich über 16 Jahre abzuschreiben sei.
33Weiter hat der Beklagte im Verlauf des Klageverfahrens seine Ansicht zur Nutzungsdauer der einzelnen Wirtschaftsgüter teilweise geändert und die AfA-Beträge selbst neu berechnet. Er geht nunmehr von den folgenden Beträgen aus:
342010 |
Nutzungsdauer |
AfA Bekl. neu |
AfA Klägerin |
Differenz |
Technikgebäude |
20 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Straße |
19 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Siloplatte |
20 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Behälter |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Transformator |
20 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Wärmetrasse |
20 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Fahrzeugwaage |
20 |
1.453,84 € |
2.272,00 € |
- 818,16 € |
Maschinen |
16 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Trockner |
12 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Blitzschutz |
15 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Summe |
1.453,84 € |
2.272,00 € |
- 818,16 € |
2011 |
Nutzungsdauer |
AfA Bekl. neu |
AfA Klägerin |
Differenz |
Technikgebäude |
20 |
1.595,19 € |
1.595,00 € |
0,19 € |
Straße |
19 |
1.619,28 € |
1.619,00 € |
0,28 € |
Siloplatte |
20 |
3.766,67 € |
7.435,00 € |
- 3.668,33 € |
Behälter |
16 |
13.527,00 € |
14.430,00 € |
- 902,30 € |
Transformator |
20 |
1.156,07 € |
1.541,00 € |
- 384,93 € |
Wärmetrasse |
20 |
3.825,98 € |
7.652,00 € |
- 3.826,02 € |
Fahrzeugwaage |
20 |
5.618,66€ |
8.575,00 € |
- 2.956,34 € |
Maschinen |
16 |
19.737,06 € |
39.474,00 € |
- 19.736,94 € |
Trockner |
12 |
0,00 € |
0,00 € |
- |
Blitzschutz |
15 |
23,22 € |
23,00 € |
0,22 € |
Summe |
50.869,83 € |
82.344,00 € |
- 31.474,16 € |
2012 |
Nutzungsdauer |
AfA Bekl. neu |
AfA Klägerin |
Differenz |
Technikgebäude |
20 |
5.175,32 € |
5.175,00 € |
0,32 € |
Straße |
19 |
5.913,81 € |
5.914,00 € |
- 0,19 € |
Siloplatte |
20 |
12.186,21 € |
24.403,00 € |
- 12.216,79 € |
Behälter |
16 |
47.018,36 € |
50.149,00 € |
- 3.130,64 € |
Transformator |
20 |
3.468,20 € |
4.624,00 € |
- 1.155,80 € |
Wärmetrasse |
20 |
15.889,02 € |
31.930,00 € |
- 16.040,98 € |
Fahrzeugwaage |
20 |
4.719,67€ |
6.432,00 € |
- 1.712,33 € |
Maschinen |
16 |
68.857,33 € |
138.134,00 € |
- 69.276,67 € |
Trockner |
12 |
2.104,61 € |
2.105,00 € |
- 0,39 € |
Blitzschutz |
15 |
55,73 € |
56,00 € |
- 0,27 € |
Summe |
165.388,26 € |
268.922,00 € |
- 103.533,74 € |
Zudem äußert der Beklagte Bedenken gegen das von der Klägerin vorgelegte Gutachten des C. Insbesondere rügt er, dass der Sachverständige lediglich zu der Frage Stellung genommen habe, welche Nutzungsdauer die einzelnen Komponenten hätten. Rechtsfragen könnten demgegenüber nicht Gegenstand eines Gutachtens sein. Im Streitfall gehe es jedoch um die Rechtsfrage, inwieweit einzelne Komponenten zu selbständig nutzbaren Wirtschaftsgütern zusammengefasst werden könnten. Hierbei sei auf die einzelnen Produktionsabschnitte abzustellen. So stehe zum Beispiel der Fermenter mit seinem Bauwerk (Fundament, Gebäude und Dach) mit den technischen Komponenten (Rührwerk, Einbringungs-, Steuerungs- und Messtechnik) in der Gesamtheit in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang und könne insofern als Wirtschaftsgut „Fermenter“ einheitlich abgeschrieben werden. Zudem wiederholt der Beklagte sein Vorbringen, dass die einzelnen Bestandteile der Biogasanlage ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellten, weil die einzelnen Bestandteile nicht nur fest und auf Dauer miteinander verbunden seien, sondern auch technisch aufeinander abgestimmt und nur nach der Montage zusammen nutzbar seien.
38Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 21.03.2017 erörtert. Auf das Protokoll zum Erörterungstermin wird verwiesen.
39Mit Beweisbeschluss vom 04.10.2017 ist die Sachverständige H. mit der Erstellung eines Gutachtens über die Frage, welche (technische) Nutzungsdauer die einzelnen technischen Komponenten der Biogasanlage der Klägerin aufweisen, sowie über die Frage, ob und, wenn ja, welche Komponenten der Biogasanlage der Klägerin derart miteinander verbunden oder technisch aufeinander abgestimmt sind, dass deren naturwissenschaftliche oder technische Eigenschaften auf einen gemeinsamen Einsatz angelegt sind und demselben Zweck dienen, zum Beispiel in der Art und Weise, dass bei einer Abtrennung einer dieser Komponenten für diese Komponente oder für Teile der Biogasanlage oder für die Biogasanlage insgesamt die betriebliche Nutzbarkeit verloren geht, beauftragt worden. H. hat zu den Beweisfragen mit Gutachten vom 07.12.2017, das den Beteiligten vorliegt, Stellung genommen. In ihrem Gutachten stellt sie zum einen fest, dass sich in der Praxis zwei Nutzungsmöglichkeiten von Biogas durchgesetzt hätten: die Verbrennung in Blockheizkraftwerken zur Erzeugung von erneuerbarer elektrischer Energie und thermischer Wärme einerseits und die Aufbereitung des Gases zu Biogas in Erdgasqualität. Im Streitfall handele es sich bei der Biogasanlage um eine solche, die das hergestellte (Roh)Biogas im Blockheizkraftwerk zu elektrischer Energie und Wärme verwerte. Weiter stellt die Sachverständige fest, dass die vom Bundesfinanzministerium der Finanzen in der AfA-Tabelle angenommene (einheitliche) Nutzungsdauer von Biogasanlagen von 16 Jahren in Bezug auf die ab dem Jahr 2004 errichteten Biogasanlagen nicht zutreffend sei, weil die AfA-Tabelle die Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre nicht berücksichtige. Eine neuere – nach 2004 errichtete – Biogasanlage unterscheide sich in technischer, baulicher und auch rechtlicher Sicht deutlich von einer solchen, die in den 90er Jahren errichtetet worden sei. Nach Auffassung der Sachverständigen müsse hinsichtlich der einzelnen Komponenten (Anlagenteilen) für Zwecke der Bestimmung der jeweiligen Nutzungsdauer auch danach differenziert werden, ob und in welchem Umfang diese mit dem Gärsubstrat und dem Biogas in Kontakt kämen und somit korrosiven und abrasiven Belastungen ausgesetzt seien. Die Nutzungsdauer sei bei Komponenten, die kontinuierlich mit dem Gärsubstrat bzw. Biogas in Kontakt seien, deutlich kürzer als bei den Anlageteilen, bei denen dies nicht der Fall ist. Eine solche korrosive und abrasive Belastung trete auch bei Fahrsiloanlagen ein, wenn auch in etwas geringerem Maße als bei Anlagenteilen mit andauernden Kontakt mit dem Gärsubstrat.
40Die Sachverständige unterscheidet ferner zwischen zwei Gruppen: erstens den baulichem Anlagenteil (Technikgebäude, Behälter wie Fermenter, Gärproduktlager und Nachgärbehälter), Fundamente und Zuwegung; und zweitens dem technischen Anlagenteil (Gasspeicher, Folienabdeckungen, Steuerungs- und Regelungstechnik, Netzanbindung, Wärmetauscher bzw. Wärmenetz, Notkühler und Gasfackel) sowie dem mechanischen Anlagenteil (Fördertechnik, Pumpen, Rührwerke, Substratleitungen, Blockheizkraftwerk mit Gasmotor sowie Prozesstechnik und Messtechnik). Sie hält im Einzelnen folgende Nutzungsdauern für realistisch:
4120 (und mehr) Jahre Nutzungsdauer:
42Technikgebäude
Endlager
Fundamente/Zuwegung
16 bis 20 Jahre Nutzungsdauer:
47Gärbehälter (Fermenter)
Nachgärer
10 Jahre Nutzungsdauer:
51Steuerungs- und Regelungstechnik
Netzanbindung
Wärmetauscher, Wärmeverteilung
Notkühler
Gasfackel
8 bis 15 Jahre Nutzungsdauer:
58Gasdichte Abdeckung („Dach“)
8 Jahre Nutzungsdauer:
61Fluidtechnik mit Kontakt zum Gärsubstrat
Prozessmesstechnik
Messtechnik für persönliche Schutzausrüstung
6 bis 10 Jahre Nutzungsdauer:
66Mechanische Fördertechnik
6 bis 8 Jahre Nutzungsdauer:
69Blockheizkraftwerk mit Gasmotor
Bezüglich der zweiten Beweisfrage stellt die Sachverständige fest, dass die streitrelevante Biogasanlage aus einer Vielzahl einzelner Komponenten bestehe, deren Zusammenspiel derart aufeinander abgestimmt sei, dass als Produkt Biogas entstehe, welches anschließend z.B. energetisch verwertet werde. Eine Überbrückung von oder Verzicht auf einzelne Komponenten sei höchstens zeitweise möglich. Bei langfristiger Funktionsuntüchtigkeit komme es jedoch entweder zu schwerwiegenden Korrosionsschäden an gas- und abgasführenden Leitungen und vor allem im Brennraum mit Motor. Bestimmte Komponenten seien sicherheitsrelevant, so dass zwar unter prozesstechnischen Gesichtspunkten auf sie verzichtet werden könne, nicht aber aus rechtlicher Sicht. Nach Auffassung der Sachverständigen könne mittel- bis langfristig auf keinen Bestandteil der Anlage verzichtet werden, ohne dass die Funktionsweise der Anlage beeinträchtigt werde. Der Produktionsprozess lasse (fast) keine Unterbrechungsmöglichkeiten zu, ohne dass die betriebliche Nutzbarkeit eingeschränkt werde. Stellt man ausschließlich auf die Biogaserzeugung ab, könne auf folgende Komponenten verzichtet werden: Fahrsiloanlagen, Zäune, Zuwegung, Fahrwege für Gärreste, Anlieferung etc, Technikgebäude, Brückenwaage, Gasfackel, Blockheizkraftwerk (bedingt) und Netzanbindung (bedingt).
72Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens der H. Bezug genommen.
73Das Gericht hat den Beteiligten die Gelegenheit gegeben, zum Gutachten Stellung zu nehmen. Die Klägerin sieht sich durch die Feststellungen in dem Gutachten in ihrer Auffassung bestätigt. Der Beklagte folgt der Auffassung der Sachverständigen insoweit, als diese festgestellt hat, dass bestimmte Komponenten derart miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt seien, dass sie nur auf einen gemeinsamen Einsatz angelegt seien. Demnach seien – mit Ausnahme der lösbaren Wirtschaftsgüter – alle Anlagenteile der Biogasanlage zu einem selbständig nutzbaren Wirtschaftsgut „Biogasanlage“ zusammenzufassen und steuerlich dementsprechend als ein (einheitliches) Wirtschaftsgut abzuschreiben. Hierzu gehöre auch die Gasfackel. Der Beklagte hält die in der amtlichen AfA-Tabelle angesetzte Nutzungsdauer von 16 Jahren nach wie vor für zutreffend. Denn die AfA-Tabelle beruhe auf Erfahrungswerten, von denen im Interesse der gleichmäßigen Besteuerung nur abgewichen werden könne, wenn im Einzelfall Umstände dargelegt würde, die eine davon abweichend kürzere Nutzungsdauer nachvollziehbar erscheinen ließen. Bezogen auf den Streitfall könne von dem Wert der AfA-Tabelle (16 Jahre) nicht abgewichen werden. Nur bezüglich des Blockheizkraftwerkes und der übrigen in Textziffer 4.1.2 des Gutachtens aufgelisteten Wirtschaftsgüter, soweit diese selbständig abgeschrieben werden könnten, könne nunmehr die jeweils betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle berücksichtigt werden. Diese betrage bezüglich des Blockheizkraftwerkes 10 Jahre.
74Der Senat hat die Sache am 28.06.2018 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
75Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
76E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
77A. Die Klage ist überwiegend begründet.
78I. Die Feststellungsbescheide für die Jahre 2010 bis 2012, jeweils vom 29.10.2014, sowie die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2011 und 2012, jeweils vom 30.10.2014, und die Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 sind überwiegend rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
79Der Beklagte ist in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Komponenten, aus denen die Biogasanlage der Klägerin zusammengesetzt ist, sowie das Technikgebäude, die Straße, die Siloplatte, die Fahrzeugwaage, der Trockner und der Blitzschutz einheitlich über 16 abzuschreiben sind. Die vom Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Neuberechnungen der gewinnmindernden AfA-Beträge für die Streitjahre halten einer gerichtlichen Prüfung nicht in vollem Umfang stand.
801. Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung in § 252 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs, der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz zu beachten ist, sind die Wirtschaftsgüter (Vermögensgegenstände) einzeln anzusetzen und zu bewerten (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.04.2011 IV R 46/09 BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, und vom 22.11.1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359). Wirtschaftsgut ist nach ständiger Rechtsprechung jeder greifbare betriebliche Vorteil, für den der Erwerber eines Betriebs etwas aufwenden würde (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 07.08.2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, unter C.II. der Gründe, m.w.N.). Es muss sich um einen Gegenstand handeln, der nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich ist. Des Weiteren muss das Wirtschaftsgut in einem eigenen, selbständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und entsprechend in Erscheinung treten (vgl. u.a. BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696; BFH-Urteil vom 05.06.2008 IV R 67/05, BFHE 222, 265, BStBl 2008, 960, unter II.1.c der Gründe, zum Baumbestand als Wirtschaftsgut).
81a. Wird eine bewegliche Sache mit einer oder mehreren anderen beweglichen Sachen verbunden oder – wie im Streitfall – zu einer Anlage zusammengestellt, so ist zu entscheiden, ob es sich bei den einzelnen Gegenständen jeweils noch um selbständige Wirtschaftsgüter handelt oder nur um unselbständige Teile des anderen (verbundenen) Wirtschaftsguts. Ausschlaggebend dabei ist, ob die eingefügten oder die zusammengestellten Gegenstände weiterhin ihre selbständige Bewertbarkeit behalten. Entscheidend für dieses Kriterium wiederum sind neben dem gemeinsamen Zweck insbesondere der Grad der Festigkeit einer vorgenommenen Verbindung, der Zeitraum, auf den eine Verbindung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer beweglicher Sachen angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild. Ist Letzteres dadurch bestimmt, dass die Gegenstände für sich allein betrachtet unvollständig erscheinen oder gar ein Gegenstand ohne den/die anderen ein negatives Gepräge hat, ist regelmäßig von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, und BFH-Urteil vom 09.08.2001 III R 30/00, BFHE 196, 442, BStBl II 2001, 842, m.w.N.).
82b. Eine Verbindung, die eine fortbestehende selbständige Bewertbarkeit ausschließt, ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter über die einheitliche Zweckbestimmung durch den Steuerpflichtigen in seinem Betrieb hinaus durch eine technische Verbindung oder „Verzahnung“ in der Weise verflochten sind, dass durch die Abtrennung eines der Teile entweder für den zu beurteilenden einzelnen Gegenstand oder für das Wirtschaftsgut, aus dem er herausgetrennt wurde, die Nutzbarkeit für den Betrieb verloren geht (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, und BFH-Urteil vom 21.07.1998 III R 110/95, BFHE 186, 572, BStBl II 1998, 789, m.w.N.). In einen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügte Wirtschaftsgüter sind demnach als technisch aufeinander abgestimmt anzusehen, wenn zusätzlich zu einem wirtschaftlichen (betrieblichen) Zusammenhang ihre naturwissenschaftlichen oder technischen Eigenschaften auf einen gemeinsamen Einsatz angelegt sind. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn einem Gegenstand ohne einen anderen bzw. ohne andere Gegenstände schon aus rein technischen Gründen allein keine Nutzbarkeit zukommt (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, und BFH-Urteil vom 25.08.2000 III R 20/97, BFHE 192, 191, BStBl II 2001, 365). Eine bloße Abgestimmtheit aufgrund bestimmter, branchentypischer Fertigungsnormen genügt für eine technische Abgestimmtheit nicht. Ebenso wenig genügt für die Annahme eines einheitlichen Wirtschaftsguts, dass mehrere Gegenstände einem einheitlichen Zweck dienen. Diese „Zweckeinheit“ ist lediglich ein Indiz dafür, dass eine Zusammenfassung der betreffenden Gegenstände in Betracht kommen kann (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696).
83c. Bei Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei der Biogasanlage der Klägerin um ein Wirtschaftsgut im Sinne einer nicht teilbaren Einheit, das aus den folgenden unselbständigen Komponenten zusammengesetzt ist: Fermenter, Behälter für die Nachgärung/Gärreste, Abdeckungen („Dach“), Steuerungs- und Regelungstechnik, Netzanbindung, Wärmetechnik (im Fermenter und Blockheizkraftwerk), Notkühler, mechanische Fördertechnik (Rührwerke, Pumpen, Substratleitungen), Wärmetrasse, Messtechnik, Blockheizkraftwerk, Transformator (Trafostation) und Gasfackel. Denn diese Anlagenteile sind nach den überzeugenden Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen H. technisch aufeinander abgestimmt und können nach der Montage nur zusammen genutzt werden, so dass es an einer selbständigen Nutzungsfähigkeit der einzelnen Teile fehlt. Die einzelnen Bauteile sind auch hinreichend fest und auf Dauer miteinander verbunden. Sie können nur in ihrer technischen Verbundenheit ihren bestimmungsgemäßen betrieblichen Einsatz – die Produktion von Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen und die Einspeisung des mit Hilfe des Blockheizkraftwerks erzeugten Stroms in das öffentliche Stromnetz sowie die Abgabe und Nutzung der erzeugten Wärme – erfüllen und stehen daher nach Überzeugung des erkennenden Senats in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Ein längerfristiger Verzicht auf einzelne der genannten Komponenten führt nach den Feststellungen der Sachverständigen entweder zu schwerwiegenden Schäden bzw. zum vollständigen Funktionsausfall der Biogasanlage mit der Folge, dass Biogas entweder nicht produziert oder – eine Produktion unterstellt – nicht nutzbar (in Form von Elektrizität und Wärme) gemacht werden kann. Beispielhaft ist zu nennen, dass bei einer fehlenden Entschwefelung des Biogases das ungereinigte Gas über die Notfackel verbrannt werden muss. Zudem kommt es bei langfristiger Funktionsuntüchtigkeit zu schwerwiegenden Korrosionsschäden an gas- und abgasführenden Leitungen und vor allem an dem Brennraum im Motor, wenn das Gas weiterhin für den Motorbetrieb genutzt wird. Wird ein Behälterdach (z.B. Gasspeicher) entfernt, ist die Erfassung des Biogases nicht mehr möglich. Die Mess-, Steuer- und Regelungstechnik überwacht und steuert die Werte, die für den Produktionsprozess von Bedeutung sind. Auch der Einsatz der Rührwerke wird durch diese Technik festgelegt. Ein Fehler in der Technik würde demnach zu einer erheblichen Einschränkung eines funktionierenden Produktionsprozesses bzw. bei längerfristiger Fehlerhaftigkeit zu einem vollständigen Ausfall der Produktion führen.
84d. Hinsichtlich des Blockheizkraftwerkes ist der erkennende Senat nach den festgestellten Umständen davon überzeugt, dass dieses im vorliegenden Streitfall lediglich ein unselbständiger Teil des (verbundenen) Wirtschaftsguts „Biogasanlage“ darstellt und nicht einzeln bewertet und abgeschrieben werden kann.
85aa. Denn nach dem Vortrag der Klägerin, der durch die überzeugenden Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen H. bestätigt wird, befindet sich das streitrelevante Blockheizkraftwerk in demselben Gebäude, in dem auch die übrige Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie der Anmischbehälter für die dem Fermenter zuzuführenden Stoffe (Inputstoffe) installiert sind. Das in einem schallisolierten Raum befindliche Blockheizkraftwerk im Gebäude wird zudem über einen gesonderten Schaltkasten gesteuert, der sich nach dem Vortrag der Klägerin direkt neben dem Schaltschrank mit der Steuerungstechnik für die Biogasanlage befindet, so dass bereits das äußere Erscheinungsbild für eine Einheit zwischen dem Blockheizkraftwerk und der Biogasanlage spricht. Außerdem wird die Abwärme des Blockheizkraftwerkes im Rahmen des Eigenbedarfs für die Beheizung des Fermenters genutzt, so dass dem Blockheizkraftwerk nicht nur eine Funktion bei der Verwertung des erzeugten Biogases zukommt, sondern auch eine entscheidende Bedeutung bei der Erzeugung des Biogases selbst.
86bb. Ferner dienen die Biogasanlage im engeren Sinne (Gärprozess) und das Blockheizkraftwerk demselben Zweck, nämlich der Erzeugung von Biogas als Vorprodukt und von Strom als Endprodukt. Eine etwaige Trennung der Produkte – Biogas auf der einen Seite und Strom auf der anderen Seite – sieht der erkennende Senat als künstliche Aufspaltung an, die nicht dem wirtschaftlichen und tatsächlichen Zweck des Betriebs der Gesamtanlage entspricht. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin beabsichtigt, zukünftig das produzierte Biogas isoliert an Kunden zu veräußern und nicht zur Stromerzeugung zu verwenden, haben sich nicht ergeben. Dass sie beabsichtige, in Zukunft das Biogas ggf. auch anderweitig als durch Verstromung durch das eigene Blockheizkraftwerk zu vermarkten, hat die Klägerin auch nicht behauptet. Eine solche anderweitige Vermarktung hat auch tatsächlich bisher nicht stattgefunden. Vielmehr hat die Klägerin vorgetragen, dass mit der Biogasanlage Strom erzeugt werde, der in das Stromnetzwerk der A. AG eingespeist werde. Darüber hinaus hat die Klägerin mehrere Verträge mit der örtlichen Gemeinde und der B. GbR abgeschlossen, welche mithilfe des Blockheizkraftwerks erzeugte Wärme beziehen, so dass dem Blockheizkraftwerk insoweit eine doppelte Funktion zukommt: zum einen für die Zuführung der Wärme in das Heizungssystem des Fermenter, um die erforderliche Vergärung des Substrats im Fermenter zu garantieren, und zum anderen für die Verwertung des Biogases in Wärme, die an die Endverbraucher vermarktet und über die Wärmetrasse geliefert wird.
87cc. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich das Blockheizkraftwerk im Produktionsprozess zwischen der Herstellung des Biogases (im Fermenter) und dem Transformator, der der Umwandlung des im Blockheizkraftwerk erzeugten Stroms in Mittelspannung dient, zwischengeschaltet ist. Nur der umgewandelte Strom kann in das öffentliche Stromnetz zur Nutzung eingespeist werden. Der BFH sah in seinem Urteil vom 14.04.2011 – Aktenzeichen IV R 46/09 (veröffentlicht in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696: zu Windkraftanlage) – den Transformator als unselbständiges Wirtschaftsgut an und ordnete diesen dem Wirtschaftsgut „Windkraftanlage“ zu. Der Transformator konnte dort nur einheitlich mit dem Wirtschaftsgut „Windkraftanlage“ abgeschrieben werden. Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf den vorliegenden Streitfall, bedeutet dies, dass das „zwischen“ Fermenter und Transformator „geschaltete“ Blockheizkraftwerk denklogisch als mit der Biogasanlage verbunden anzusehen ist. Denn wenn der Transformator auf der einen Seite dem Blockheizkraftwerk „nachgelagert“ und als mit der Biogasanlage verbunden anzusehen ist, ist das zwischen Biogasanlage und Transformator befindliche Blockheizkraftwerk auf der anderen Seite als „Zwischenglied“ ebenso der Biogasanlage zuzuordnen. Der Transformator ist im Streitfall nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin auch zwingend notwendig, um den mittels des Blockheizkraftwerkes erzeugten Strom nach dessen Umwandlung in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen und an die Kunden zu vermarkten.
88dd. Der Beurteilung, dass das Blockheizkraftwerk vorliegend einen unselbständigen Teil der Biogasanlage darstellt, steht auch das Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 18.02.2015 – Aktenzweichen 11 K 2856/13 F – nicht entgegen (EFG 2015, 893), wonach das betreffende Blockheizkraftwerk und die Biogasanlage kein zusammengesetztes einheitliches Wirtschaftsgut bildeten. Der Sachverhalt, über den der 11. Senat zu entscheiden hatte, unterscheidet sich – soweit ersichtlich – von dem vorliegenden Sachverhalt. Denn der 11. Senat hat in seinem Urteil in Bezug auf das Blockheizkraftwerk und auf die Biogasanlage unterschiedliche Baujahre festgestellt, während im vorliegenden Streitfall das Blockheizkraftwerk im Zuge der Errichtung der Biogasanlage der Klägerin in das Gesamtsystem eingefügt und von Anfang an in die Gesamtanlage integriert worden ist. Ferner hat der 11. Senat des FG Münster in seinen Entscheidungsgründen festgestellt, dass der Fermenter – anders als im vorliegenden Streitfall – „bei Bedarf“ mithilfe der vom Blockheizkraftwert produzierten Wärme auf einer bestimmten Betriebstemperatur gehalten werden könne. Dies könne jedoch auch ohne Blockheizkraftwerk durch fossile Wärme erreicht werden. Demgegenüber kommt im Streitfall nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin der vom Blockheizkraftwerk erzeugten Wärme, die gezielt zur Beheizung des Fermenters genutzt wird, wesentliche Bedeutung für den Betrieb der Biogasanlage zu. Schließlich waren die Biogasanlage und das Blockheizkraftwerk, über die der 11. Senat zu entscheiden hatte, vom Umfang her – soweit ersichtlich – deutlich kleiner als die Biogasanlage im vorliegenden Streitfall, so dass letztlich nicht von einer identischen Bauweise und Funktionsweise der hier zu vergleichenden Biogasanlagen und der Blockheizkraftwerke ausgegangen werden kann.
89e. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist auch die Gasfackel als unselbständiges Wirtschaftsgut zu beurteilen. Denn der Gasfackel, die sich ebenfalls auf dem Grundstück des Herrn Y. N1. befindet, kommt neben der Biogasanlage keine eigenständige Nutzbarkeit zu. Vielmehr ist der Senat nach den Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen davon überzeugt, dass die Gasfackel notwendig ist, um eine dauerhafte, reibungslose und sichere Funktionsweise der Biogasanlage zu gewährleisten. Denn über die Gasfackel wird überschüssiges erzeugtes Biogas abgeführt. Wäre eine solche Gasfackel nicht vorhanden, müsste die Produktion von Biogas eingestellt werden, sobald die Gärbehälter, in denen das produzierte Biogas „gelagert“ wird, vollständig gefüllt sind. Anderenfalls würde nach den Ausführungen der Sachverständigen das überschüssige Gas über eine Überdrucksicherung als Sollbruchstelle an die Umwelt abgegeben, bevor die Folienabdeckung platzt. Dies sei jedoch eine Maßnahme „im Notfall“. Dementsprechend hat die Sachverständige in ihrem Gutachten auch festgestellt, dass auf die Gasfackel lediglich unter dem ausschließlichen Gesichtspunkt der Biogaserzeugung und unter Einschränkung der betrieblichen Nutzbarkeit (kurzfristig) verzichtet werden könne.
90f. Auch die Wärmetrasse, über die die nicht für den Fermenter verwendete Wärme an die Verbraucher geliefert wird, ist nach Überzeugung des erkennenden Senats als unselbständiger Teil der Biogasanlage zuzuordnen und mit dieser einheitlich abzuschreiben. Denn die Wärmetrasse ist fest und auf Dauer mit der Biogasanlage einschließlich des Blockheizkraftwerks und des Transformators verbunden. Die Wärmetrasse kann nur in ihrer technischen Verbundenheit mit der Anlage ihren bestimmungsgemäßen betrieblichen Einsatz, nämlich die Zuleitung der mithilfe des Blockheizkraftwerkes erzeugten Wärme an die Endverbraucher erfüllen und steht daher in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Biogasanlage. Auch nach dem äußeren Erscheinungsbild erscheint die Wärmetrasse (Rohre) neben der Biogasanlage unvollständig, weil die Wärmetrasse eine negative Eigenart erhält, wenn sie nicht an einer Biogasanlage „angeschlossen“ ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Wärmetrasse von der Klägerin unabhängig von der Biogasanlage genutzt werden kann, haben sich nicht ergeben. Eine solche abweichende – ggf. beabsichtigte – Nutzung haben die Beteiligten auch nicht behauptet. Schließlich wird mit dem Betrieb der Biogasanlage einschließlich des Blockheizkraftwerkes nach dem Vortrag der Klägerin und den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen neben der Produktion von Strom auch die Vermarktung von Wärme bezweckt. Die Anlagenbetreiber sehen in der Vermarktung von Wärme eine wichtige wirtschaftliche Erweiterung im Gegensatz zu Betreibern früher errichteter Biogasanlagen.
91g. Demgegenüber sind das Technikgebäude, die Zuwegung (Straße), die Siloplatte, die Fahrzeugwaage, der Trockner und der Blitzschutz als selbständige Wirtschaftsgüter zu beurteilen. Der erkennende Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen H. und dem Vortrag der Klägerin. Von einer eigenständigen Bewertung und Abschreibung der genannten Wirtschaftsgüter geht inzwischen auch der Beklagte aus (vgl. Schreiben vom 15.09.2015 und vom 03.05.2018). Eine weitergehende Erörterung der Frage, ob die genannten Wirtschaftsgüter einzeln zu bewerten und abzuschreiben sind, erübrigt sich daher.
922. Hiervon ausgehend ergeben sich in Anlehnung an das Anlagenverzeichnis der Klägerin die folgenden Wirtschaftsgüter, die einheitlich bzw. einzeln zu bewerten und abzuschreiben sind:
93Biogasanlage, zusammengesetzt aus den Komponenten Behälter (Fermenter, Gärrestelager), Maschinen (einschließlich Blockheizkraftwerk, Steuerungs- und Regelungstechnik, Einbringungstechnik, mechanische Fördertechnik, Wärmetechnik und Gasfackel), Trafostation und Wärmetrasse (Rohre)
Technikgebäude
Straße
Siloplatte
Fahrzeugwaage
Trockner
Blitzschutz
II. Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG, anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die AfA bemisst sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG).
1021. Aus dem Grundsatz der Einzelbewertung für das selbständige Wirtschaftsgut folgt, dass es nur eine einheitliche Nutzungsdauer haben kann (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696; BFH-Urteil vom 25.03.1988 III R 96/85, BFHE 153, 119, BStBl II 1988, 655, unter 1.c; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26.11.1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, unter II.2.c). Dies gilt unabhängig davon, ob einzelne unselbständige Teile des Wirtschaftsguts eine kürzere oder längere Nutzungsdauer haben. Maßgebend ist die Nutzungsdauer des Teils, welches dem Wirtschaftsgut das Gepräge gibt (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696; ebenso Kulosa in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 7 Rz 161).
103a. Unter Nutzungsdauer ist der Zeitraum zu verstehen, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden kann. „Betriebsgewöhnliche“ Nutzungsdauer bedeutet, dass die besonderen betrieblichen Verhältnisse zu beachten sind, unter denen das Wirtschaftsgut eingesetzt wird. Maßgebend für die Bestimmung der Nutzungsdauer ist nicht die Dauer der betrieblichen Nutzung durch den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696; BFH-Urteile vom 26.07.1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000, und vom 19.11.1997 X R 78/94, BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59, jeweils m.w.N.).
104b. Die Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Die technische Nutzungsdauer umfasst den Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch verbraucht. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer umfasst den Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut rentabel genutzt werden kann. Ist ein Wirtschaftsgut zwar nicht mehr entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung nutzbar, hat es aber wegen seiner Nutzbarkeit für andere noch einen erheblichen Verkaufswert, ist es auch für den Unternehmer wirtschaftlich noch nicht verbraucht (BFH-Urteil in BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59). Entsprechen sich die wirtschaftliche und technische Nutzungsdauer nicht, können sich die Steuerpflichtigen auf die für sie günstigere Alternative berufen (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696; BFH-Urteile vom 02.12.1977 III R 58/75, BFHE 124, 172, BStBl II 1978, 164, und in BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000, jeweils m.w.N.).
105c. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bzw. die Gesamtnutzungsdauer des Wirtschaftsguts ist nach den Gegebenheiten des konkreten Betriebs bzw. nach den tatsächlichen Verhältnissen beim einzelnen Steuerpflichtigen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen (BFH-Urteile in BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000, und in BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59). Als Hilfsmittel für die Schätzung der Nutzungsdauer hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) unter Beteiligung der Fachverbände der Wirtschaft AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter und für verschiedene Wirtschaftszweige herausgegeben. Sie berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer. Sie haben zunächst die Vermutung der Richtigkeit für sich, sind aber für die Gerichte nicht bindend (BFH-Beschluss vom 04.07.2002 IV B 44/02, BFH/NV 2002, 1559, und BFH-Urteil in BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000). Gleichwohl sind die AfA-Tabellen von den Steuergerichten unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung und im Hinblick auf das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu beachten. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Anwendung der AfA-Tabelle im Regelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696; BFH-Urteil in BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000).
1062. Nach der im Streitjahr 2011 geltenden AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Landwirtschaft und Tierzucht“ (BStBl I 1996, 1416 Nr. 2.6.1) beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer Biogasanlage 16 Jahre. Aufgrund der Besonderheiten im vorliegenden Streitfall hält der erkennende Senat jedoch vorliegend die in der amtlichen AfA-Tabelle zugrunde gelegte Nutzungsdauer für unzutreffend (dazu a.) und nimmt abweichend von der AfA-Tabelle eine eigene Schätzung der Nutzungsdauer bezogen auf die Biogasanlage der Klägerin vor (dazu b.).
107a. Der Ansatz der in der amtlichen AfA-Tabelle zugrunde gelegten Nutzungsdauer von 16 Jahren würde nach Überzeugung des erkennenden Senats im Streitfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen. Denn die Klägerin hat durch Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen C. schlüssig und glaubhaft dargelegt, dass sich die von ihr errichtete Biogasanlage von solchen, die Gegenstand der Erkenntnisgrundlagen der Finanzverwaltung sind, auf denen die hier einschlägige AfA-Tabelle beruht, erheblich unterscheidet. Der Vortrag der Klägerin sowie das Gutachten des C. sind in den hier maßgeblichen Punkten von der gerichtlich beauftragten Sachverständigen H. bestätigt worden.
108Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen haben sich in der Praxis zwei Nutzungsmöglichkeiten von Biogas durchgesetzt: die Verbrennung in Blockheizkraftwerken zur Erzeugung von erneuerbarer elektrischer Energie und thermischer Wärme einerseits – wie im Streitfall – und die Aufbereitung des Gases zu Biogas in Erdgasqualität. Die vom BMF in der AfA-Tabelle angenommene (einheitliche) Nutzungsdauer von Biogasanlage von 16 Jahren kann auf die im Jahr 2011 errichtete streitgegenständliche Biogasanlage nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht angewendet werden, weil die AfA-Tabelle die Entwicklungen der vergangenen 15 bis 20 Jahre nicht berücksichtigt. Eine neuere –im Geltungsbereich des EEG errichtete – Biogasanlage unterscheidet sich in technischer, baulicher und auch rechtlicher Sicht deutlich von einer solchen, die in den 90er Jahren errichtetet worden ist. Nach den überzeugenden ergänzenden Ausführungen der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ging es bei den vor 1996 gebauten Biogasanlagen vorrangig darum, Gülle zu behandeln und zu verarbeiten. Weitere Rohstoffe wurden seinerzeit – anders als bei der vorliegenden Biogasanlage – nicht hinzugeführt. Die bei der Behandlung der Gülle erzeugte Wärme wurde von den Betreibern – anders als heute – lediglich als Nebenprodukt ohne signifikanten wirtschaftlichen Wert angesehen. Zudem unterliegen die Biogasanlagen von heute – wie die der Klägerin – im Vergleich zu Biogasanlagen der 90er Jahre einer erheblich stärkeren Nutzungsintensität, haben eine Auslastung – nach dem Vortrag der Klägerin – von mindestens 90% und verarbeiten in einem wesentlich größeren Umfang (nachwachsende) Rohstoffe. Dies führt auch zu einer erheblichen Ausweitung der Sicherheitsstandards.
109b. Unter Berücksichtigung der einzelnen Umstände des Streitfalls und der oben dargestellten Feststellungen schätzt der erkennende Senat die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des aus den unselbständigen Komponenten Fermenter, Behälter für die Nachgärung, Endlager, Abdeckungen („Dach“), Steuerungs- und Regelungstechnik, Netzanbindung, Wärmetauscher, Wärmenetz, Notkühler, mechanische Fördertechnik (Rührwerke, Pumpen, Substratleitungen), Wärmetrasse, Messtechnik, Blockheizkraftwert, Transformator (Trafostation) und Gasfackel zusammengesetzten Wirtschaftsguts „Biogasanlage“ der Klägerin auf 10 Jahre.
110Denn der erkennende Senat ist – ausgehend von den weiteren überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen H. – zu der Auffassung gelangt, dass die folgenden Komponenten für die streitrelevante Biogasanlage wesentlich sind und dieser das Gepräge geben (vgl. Seite 8 oben des Gutachtens): Gärbehälter (Fermenter) und Gärproduktlager ohne Dach (16 bis 20 Jahre Nutzungsdauer), Steuerungs- und Regelungstechnik (10 Jahre Nutzungsdauer), Wärmetauscher/ Wärmeverteilung für Fermenter (10 Jahre Nutzungsdauer), gasdichte Abdeckung („Dach“) (8 bis 15 Jahre Nutzungsdauer) und mechanische Fördertechnik (Pumpen, Rührwerk und Substratleitungen) (6 bis 10 Jahre Nutzungsdauer).
111aa. Der erkennende Senat sieht diese Komponenten als prägend an, weil diese den eigentlichen Produktionsprozess ausmachen, durch den Biogas aus dem zugeleiteten Inputstoff hergestellt wird. Dieser Kernprozess findet innerhalb des beheizten Behälters „Fermenter“ statt und ist nur unter Einbeziehung der Abdeckung des Fermenters, der Steuerungs- und Regelungstechnik sowie der mechanischen Fördertechnik, die der Zuführung des Substrats und der Wärmeverteilung im Fermenter dient, denkbar. Die genannten Anlagenteile stellen „die zentralen Elemente“ der vorliegenden Biogasanlage dar. Da die Komponenten nach den Ausführungen der Sachverständigen H. sich hinsichtlich der Nutzungsdauer jeweils teilweise unterscheiden und nicht eine einzelne Komponente als die einzig prägende anzusehen ist, ist eine einheitliche Nutzungsdauer für die genannten prägenden Komponenten im Schätzungswege zu bestimmen. Die Steuerungs- und Regelungstechnik hat eine Nutzungsdauer von 10 Jahren. Die Dächer der Behälter haben eine Nutzungsdauer von durchschnittlich 11,5 Jahren. Die mechanische Fördertechnik hat eine Nutzungsdauer bis zu 10 Jahren. Ohne Wärme kann die Vergärung im Fermenter nicht stattfinden, so dass auch die Wärmetechnik im Fermenter mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren prägend ist. Danach sieht der erkennende Senat eine einheitliche Nutzungsdauer von 10 Jahren als gerechtfertigt an. Die Behälter selbst (ohne Dach) weisen zwar eine längere Nutzungsdauer auf, jedoch haben diese im leeren Zustand und ohne Bedachung in Bezug auf die Nutzung der Biogasanlage keinen eigenständigen technischen oder wirtschaftlichen Wert. Die Nutzungsdauer des isolierten Behälters (ohne Dach) fällt daher im Verhältnis zu den übrigen prägenden Komponenten deutlich geringer ins Gewicht und führt nicht zu einer Verlängerung der geschätzten einheitlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren.
112bb. Die so ermittelte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer hält der erkennende Senat für wahrscheinlich und berücksichtigt dabei, dass ein technischer Verschleiß der Biogasanlage zugleich zur wirtschaftlichen Entwertung der Anlage führt. Denn eine technisch abgenutzte Biogasanlage hat für einen Unternehmer keinen weitergehenden Nutzen mehr, weil eine solche Biogasanlage nicht mehr effektiv und rentabel betrieben werden kann. Der Zeitraum der technischen Nutzungsdauer und der Zeitraum der wirtschaftlichen Nutzungsdauer sind im Streitfall nach den objektiven Umständen identisch.
113cc. Nicht prägend, jedoch mit der Biogasanlage als unselbständige Teile verbunden, sind demgegenüber die folgenden im Gutachten der Sachverständigen H. aufgeführten Komponenten (S. 12): Blockheizkraftwerk mit Gasmotor, Generator, Wärmetauscher und Notkühler; Netzanbindung, Fluidtechnik mit Kontakt zum Gärsubstrat, Prozessmesstechnik und Messtechnik für die persönliche Schutzausrüstung.
114Diese Komponenten sind nicht (vorrangig) prägend, weil sie der Produktion von Biogas nachgelagert sind, bzw. weil sie nicht den eigentlichen Gärprozess im Fermenter ausmachen, sondern den Prozess lediglich technisch begleiten, bzw. der rechtlich vorgeschriebenen Überwachung (nicht Steuerung) des Prozesses dienen. Insbesondere im Blockheizkraftwerk wird das Biogas verwertet. Soweit auch Abwärme für den Fermenter genutzt wird, handelt es sich ebenfalls um die Verwertung des Produktes „Biogas“. Dieser Vorgang wiegt technisch und wirtschaftlich gesehen weniger schwer als der Gärprozess im „Inneren des Fermenters“. Dem steht auch die Aussage der Sachverständigen H. in der mündlichen Verhandlung, das Blockheizkraftwerk sei als „wesentliche“ Komponente der Biogasanlage anzusehen, nicht entgegen. Der erkennende Senat würdigt diese Aussage dahingehend, dass im Streitfall die Biogasanlage errichtet wurde mit dem Ziel, mithilfe des Blockheizkraftwerkes die erzeugten Endprodukte Strom und Wärme zu vermarkten. Wie bereits oben dargestellt, dienen die Biogasanlage und das Blockheizkraftwerk einem gemeinsamen Zweck und sind aus diesem Grund neben den weiteren oben dargestellten Gründen als einheitliches Wirtschaftsgut zu bewerten und abzuschreiben. Insoweit stimmt der erkennende Senat der Aussage der Sachverständigen H. uneingeschränkt zu. Hiervon losgelöst ist jedoch die Frage zu beurteilen, welche Anlagenteile zum Zweck der Bestimmung der einheitlichen Nutzungsdauer des zusammengesetzten Wirtschaftsguts „Biogasanlage“ als „prägend“ anzusehen sind. Der erkennende Senat sieht insoweit das Blockheizkraftwerk nicht als die für die einheitliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts „Biogasanlage“ maßgebliche Komponente an, da in dem Blockheizkraftwerk das im Fermenter produzierte Biogas wirtschaftlich gesehen (lediglich) verwertet wird.
115dd. Soweit die nicht prägenden, unselbständigen Komponenten der Biogasanlage eine längere oder kürzere Nutzungsdauer als 10 Jahre aufweisen, sind diese für die Ermittlung der Nutzungsdauer und der Berechnung der AfA-Beträge nicht zu berücksichtigen, da nach der Rechtsprechung des BFH – wie bereits dargestellt – die Nutzungsdauer des Teils maßgebend ist, welches dem Wirtschaftsgut das Gepräge gibt (vgl. Punkt A.II.1; BFH in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696).
1163. Die Nutzungsdauer des im Streitfall errichteten Technikgebäudes von 20 Jahren, die der Straße von 19 Jahren, die des Trockners von 12 Jahren und die des Blitzschutzes von 15 Jahren sind jeweils zwischen den Beteiligten unstreitig. Der erkennende Senat sieht die von den Beteiligten übereinstimmend angenommenen Abschreibungszeiträume in Bezug auf diese Wirtschaftsgüter und die sich danach zu ermittelnden AfA-Beträge als gerechtfertigt an und sieht insoweit von einer weitergehenden Erörterung ab.
1174. Keine Übereinstimmung zwischen den Beteiligten besteht jedoch hinsichtlich der Nutzungsdauer der streitgegenständlichen Siloplatte und Fahrzeugwaage.
118a. Der Beklagte wendet insoweit die amtlichen AfA-Tabellen für den Wirtschaftszweig „Landwirtschaft und Tierzucht“ (BStBl I 1996, 1416) und für die allgemein verwendbaren Anlagegüter vom 15.12.2000 (BStBl I 2000, 1532) an. Danach beträgt die Nutzungsdauer für Lagerbehälter für losen Dünger (Silos, Nr. 1.4.6) 20 Jahre und die Nutzungsdauer für Brückenwaagen ebenfalls 20 Jahre (Nr. 3.10.1).
119b. Der erkennende Senat hält vorliegend unter Berücksichtigung aller Umstände im Streitfall eine Nutzungsdauer von 20 Jahren in Bezug auf die Siloplatte und die Fahrzeugwaage (Brückenwaage) jeweils für nicht zutreffend (dazu aa.) und nimmt eine eigene Schätzung vor (dazu bb.).
120aa. Wie bereits dargestellt, würde der Ansatz der in der amtlichen AfA-Tabelle zugrunde gelegten Nutzungsdauer für Biogasanlagen von 16 Jahren nach Überzeugung des erkennenden Senats im Streitfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen (vgl. A.II.2.a.). Aus den dort genannten Gründen hält der erkennende Senat bezüglich der streitgegenständlichen Siloplatte und der Fahrzeugwaage ebenfalls eine eigene Schätzung der Nutzungsdauer auf der Grundlage der besonderen Feststellungen im Streitfall abweichend von den amtlichen AfA-Tabellen für geboten.
121(1) Neben den oben genannten Gründen – insbesondere der technische Weiterentwicklung der Biogasanlagen in den letzten 15 bis 20 Jahren – sind insoweit der Vortrag der Klägerin und die Ausführungen der Sachverständigen H. in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen, wonach die streitgegenständliche Biogasanlage einer deutlich höheren Nutzungsintensität unterliegt als eine Biogasanlage, die in den 90er Jahren betrieben wurde. Während in neueren Biogasanlagen – wie im Streitfall – die Erzeugung von Biogas unter Zuführung der nachwachsenden Rohstoffe (hier: Maissilage) vollautomatisiert in der Regel „rund um die Uhr“ abläuft, wurden ältere Biogasanlagen als „Nebenbetrieb“ neben der Land- und Tierwirtschaft betrieben, um die anfallende Gülle aufzubereiten. Nachwachsende Rohstoffe wie Maissilage, die auf der Fahrzeugwaage vermessen und in der Siloanlage gelagert und werden, wurden bei diesen älteren Anlagen – wie die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – zum Gären nicht hinzugefügt. Somit sind nach Auffassung der erkennenden Senats die amtlichen AfA-Tabellen für den Wirtschaftszweig „Landwirtschaft und Tierzucht“ (BStBl I 1996, 1416) und für die allgemein verwendbaren Anlagegüter vom 15.12.2000 (BStBl I 2000, 1532) auch hinsichtlich der im Rahmen des Gewerbebetriebs der Klägerin genutzten Siloanlage und Fahrzeugwaage nicht uneingeschränkt anwendbar.
122(2) Die Klägerin hat anhand von Fotos konkret und überzeugend beschrieben, dass das Volumen der nachwachsenden Rohstoffe, die in der Siloanlage bis zur Verwendung gelagert werden, ein Vielfaches des Volumens der in herkömmlichen landwirtschaftlichen Betrieben (ohne Biogasanlage) verwendeten Futtermittel übersteigt. Die verwendete Maissilage im Streitfall wird mittels eines Radladers der über den Annahmebunker der Biogasanlage zugeführt, wobei der Radlader mehrmals pro Woche auf der Siloanlage bewegt wird. Die Menge der gelagerten Rohstoffe führt nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin unter Vorlage der Stellungnahme der S. GmbH vom 16.03.2017 zu erheblichen Druck auf die Innenwände der Siloanlage, so dass diese durch den Kontakt mit der Maissilage in erheblichem Maße belastet werden, während dies so bei herkömmlichen Siloanlagen landwirtschaftlicher Betriebe ohne Biogasanlage nicht angenommen werden kann. Die Belastung wird durch die Zusammensetzung der Rohstoffe (z.B. Säuren) noch zusätzlich erhöht. Der erkennende Senat folgert aus diesen Umständen, dass das Material der Siloplatte im Streitfall erheblich stärker beansprucht wird, als es bei herkömmlichen Siloplatten landwirtschaftlicher Betriebe ohne Biogasanlage der Fall ist.
123Schließlich ist der Klägerin zuzugestehen, dass die amtliche AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Landwirtschaft und Tierzucht“ zwischen Silos für Dünger (Nr. 1.4.6) und Silos für Futtermittel (Nr. 2.6.6) unterscheidet. Soweit sich der Beklagte auf eine Nutzungsdauer von 20 Jahren bei Silos für Dünger bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich bei dem als Inputstoff für die Biogasanlage verwendeten Mais eher um ein Futtermittel als um Dünger handelt, so dass eine Nutzungsdauer – wie in der AfA-Tabelle unter Nr. 2.6.6 angegeben – von 16 Jahren näher liegt als 20 Jahre. Der Beklagte hat insoweit keine Gründe vorgetragen, aus denen eine Anwendung der Nr. 1.4.6 (Nutzungsdauer für Dünger-Lagerbehälter) geboten erscheint.
124(3) Nach Überzeugung des erkennenden Senats wird auch die Fahrzeugwaage im Streitfall erheblich stärker beansprucht als herkömmliche Fahrzeugwaagen (Brückenwaagen), die Gegenstand der amtlichen AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter (AfA-Tabelle „AV“, BStBl I 2000, 1532 Nr. 3.10.1 „Brückenwaage“) sind. Denn die AfA-Tabelle, die sich auf „allgemein“ verwendbare Anlagegüter, also auf eine Vielzahl verschiedenartig genutzter Brückenwaagen bezieht, berücksichtigt nicht die Besonderheit, dass die Fahrzeugwaage im Streitfall sowohl zum Wiegen der die nachwachsenden Rohstoffe anliefernden Fahrzeuge als auch zum Wiegen der vollbeladenen Fahrzeuge, die die in der Biogasanlage produzierten Düngemittel (Gärreste) abtransportieren, verwendet wird. Diese besonders intensive Auslastung einer im Rahmen des Betriebs einer Biogasanlage genutzten Fahrzeugwaage konnte in der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter vom 15.12.2000, die bei Brückenwaagen von einer (durchschnittlichen) Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgeht, nicht berücksichtigt werden, weil im Zeitpunkt der Verfassung dieser AfA-Tabelle Biogasanlagen – wie eine solche im Streitfall – noch nicht oder nur in geringem Umfang errichtet gewesen sein dürften, und Erfahrungen der Finanzverwaltung zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der im Rahmen des Betriebs von solchen Biogasanlagen genutzten Fahrzeugwaagen noch nicht vorgelegen haben.
125bb. Mangels anderweitiger Schätzungsgrundlagen der Finanzverwaltung und der Klägerin folgt der erkennende Senat der Einschätzung des HLBS und hält betreffend die Siloplatte eine Nutzugsdauer von 14 Jahren und betreffend die Fahrzeugwaage eine Nutzungsdauer von 15 Jahren für gerechtfertigt. Diese Ansätze berücksichtigen – im Gegensatz zu den amtlichen AfA-Tabellen der Finanzverwaltung – die oben dargestellte besondere Auslastung der Wirtschaftsgüter „Siloplatte“ und „Fahrzeugwaage“ im Rahmen einer gewerblich betriebenen Biogasanlage. Hinsichtlich der Nutzungsdauer der Siloplatte weicht der Senat auch nur geringfügig von der in der amtlichen AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Landwirtschaft und Tierzucht“ angesetzten Nutzungsdauer für Futtermittelsilos (Nr. 2.6.6: 16 Jahre) ab. Der erkennende Senat hält es für wahrscheinlich, dass die jeweils geschätzte Nutzungsdauer der tatsächlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zumindest nahe kommt. Etwaige Abweichungen von den tatsächlichen Gegebenheiten haben die Beteiligten hinzunehmen, weil Unsicherheiten jeder Schätzung immanent sind (vgl. BFH-Urteil vom 07.04.1992 VI R 113/88, BFHE 167, 421, BStBl II 1992, 854).
126cc. Davon, dass bezüglich der Siloplatte und der Fahrzeugwaage jeweils eine noch kürzere Nutzungsdauer als die vom Senat angenommene wahrscheinlicher ist, hat die Klägerin den Senat nicht überzeugt.
127(1) Zum einen hat sich die Klägerin selbst bereits im Einspruchsverfahren und in ihrer Klagebegründung auf die Feststellungen des HLBS bezogen. Zum anderem hat die Klägerin keine konkreten Tatsachen vorgetragen und nachgewiesen, die kürzere Nutzungsdauern als oben dargestellt rechtfertigen könnten.
128(2) Soweit sich die Klägerin hinsichtlich der Siloanlage auf die im Erörterungstermin vorgelegte Stellungnahme der S. GmbH zur Beschichtungen von Fahrsiloanlagen vom ...2017 bezieht, ist ihr entgegen zu halten, dass ihre Auffassung durch diese Stellungnahme nicht bestätigt wird. Denn die S. GmbH führt zwar konkrete Umstände aus, die eine hohe Beanspruchung der Siloanlagen belegen. Diese Umstände berücksichtigt der erkennende Senat auch bei seiner Schätzung zu Gunsten der Klägerin, indem er eine Nutzungsdauer von 20 Jahren – wie vom Beklagten angenommen – ablehnt. Jedoch sind die in der Stellungnahme angeführten Umstände nicht so gravierend, dass im Streitfall von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von lediglich 10 Jahren – wie von der Klägerin angenommen – ausgegangen werden kann. Denn die S. GmbH hält eine Sanierung im Umfang von 20.000,00 € bis 100.000,00 € nach spätestens acht Jahren für geboten. Im Streitfall wurde die Siloplatte im Jahr 2011 in Betrieb genommen. Die Anschaffungskosten betrugen nach dem Vortrag der Klägerin insgesamt rund 240.000,00 €. Demnach wäre unter Berücksichtigung der von der S. GmbH berücksichtigen Sanierungskosten nicht von einer Vollsanierung nach einer Nutzung von acht Jahren (hier: 2019) auszugehen, sondern lediglich von einer Teilsanierung. Die Aufwendungen für die Sanierung betrügen im Streitfall bei einem Ansatz von Sanierungskosten in Höhe von (minimal) 20.000,00 € weniger als 10% und bei einem Ansatz von 100.000,00 € weniger als 50% der Anschaffungskosten.
129Ferner geht aus dem Gutachten der Sachverständigen H. – wenn auch nur am Rande (S. 10 des Gutachtens) – hervor, dass die korrosive und abrasive Belastung bei den Fahrsiloanlagen in etwas geringerem Maße auf das Material einwirkt als bei den Komponenten, die andauernd mit dem Gärsubstrat in Kontakt sind. Daraus folgert der erkennende Senat, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Fahrsiloanlage nicht genauso oder ähnlich kurz ist wie die jeweilige Nutzungsdauer der für die Biogasanlage maßgeblichen Komponenten, sondern deutlich länger. Da der erkennende Senat bezüglich der Biogasanlage – wie bereits dargestellt – von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren ausgeht, spricht viel dafür, dass die Siloanlage im Streitfall eine Nutzungsdauer von deutlich mehr als 10 Jahren aufweist.
130Schließlich hat die Klägerin auch keine Anhaltspunkte vorgetragen, die darauf hindeuten, dass die streitgegenständliche Siloanlage bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung tatsächlich (teil-)saniert worden ist, so dass der erkennende Senat mangels Feststellung einer etwaigen Sanierungsbedürftigkeit der streitgegenständlichen Siloanlage von einer kürzeren Nutzungsdauer als 14 Jahre nicht überzeugt ist. Soweit die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ihre Einschätzung zur Nutzungsdauer von Fahrsiloanlagen bekundet hat und insoweit von einer Nutzungsdauer von 10 bis 12 Jahren ausgeht, folgt der erkennende Senat den Ausführungen der Sachverständigen in diesem Punkt nicht. Denn zum einen war die Frage der Nutzungsdauer der streitgegenständliche Siloanlage nicht Gegenstand der im Gutachten behandelten Beweisfragen. Dementsprechend hat die Sachverständige in ihrem Gutachten Feststellungen zu Fahrsiloanlagen nur in geringem Umfang – wie bereits oben ausgeführt – und eher allgemein getroffen. Zum anderen ist die Aussage der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ebenfalls eher allgemein gehalten und stellt lediglich eine grobe Einschätzung dar. Weiter ging die Sachverständige dabei von einer umfassenden Sanierungsbedürftigkeit der von ihr betrachteten Siloanlagen aus. Eine solche Sanierungsbedürftigkeit hat sich im vorliegenden Streitfall nach den konkreten Umständen jedoch gerade nicht ergeben. Der Senat hält daher die Einschätzung des HLBS zur Nutzungsdauer von Siloanlagen bezogen auf den vorliegenden Streitfall im Ergebnis für wahrscheinlicher.
131(3) Auch hinsichtlich der Fahrzeugwaage hat die Klägerin keine konkreten Umstände vorgetragen, die eine kürzere Nutzungsdauer als 15 Jahre rechtfertigen könnten. Der Senat berücksichtigt bei seiner Schätzung wieder die hohe Nutzungsintensität der Fahrzeugwaage im Streitfall und weicht von der in der amtlichen AfA-Tabelle angesetzten Nutzungsdauer (20 Jahre) ab. Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständliche Fahrzeugwaage bereits nach 10 Jahren technisch verbraucht oder für einen Unternehmer wirtschaftlich nicht mehr nutzbar ist, hat die Klägerin weder konkret vorgetragen noch nachgewiesen. Mangels Feststellungen hierzu ist der erkennende Senat von einer (betriebsgewöhnlichen) Nutzungsdauer von weniger als 15 Jahren nicht überzeugt.
1325. Danach ergeben sich für den Streitfall bezogen auf die einzelnen – ggf. zusammengesetzten – Wirtschaftsgüter folgende Abschreibungszeiträume:
133Wirtschaftsgut |
Nutzungsdauer/Abschreibungszeitraum |
Biogasanlage (Behälter, Maschinen, Trafostation und Wärmetrasse) |
10 Jahre |
Technikgebäude |
20 Jahre |
Straße |
19 Jahre |
Siloplatte |
14 Jahre |
Fahrzeugwaage |
15 Jahre |
Trockner |
12 Jahre |
Blitzschutz |
15 Jahre |
6. Gegen die Höhe der von der Klägerin angesetzten Anschaffungskosten hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Auch der Betriebsprüfer ist von den in den Gewinnermittlungen der Klägerin berücksichtigten Anschaffungskosten ausgegangen. Soweit der Beklagte im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 15.09.2015 vorgetragen hat, dass die Klägerin in Bezug auf das Blockheizkraftwerkes „insoweit die entsprechenden Anschaffungskosten nachweisen müsse“, ist hierin kein Einwand gegen die von der Klägerin berücksichtigten Anschaffungskosten zu sehen. Denn der Beklagte ging in seinem Schreiben vom 15.09.2015 davon aus, dass das Blockheizkraftwerk als selbständiges Wirtschaftsgut zu bewerten und – über einen kürzeren Zeitraum als die Biogasanlage – abzuschreiben sei. Nur für diesen Fall wären die Anschaffungskosten bezogen auf das Blockheizkraftwerk isoliert zu ermitteln gewesen, da die AfA-Beträge hätten gesondert berechnet werden müssen. Wie bereits dargestellt, folgt der erkennende Senat dieser Auffassung jedoch nicht mit der Maßgabe, dass vielmehr das Blockheizkraftwerk mit der Biogasanlage einheitlich abzuschreiben ist. Die Anschaffungskosten des Blockheizkraftwerkes sind in den Berechnungen der Klägerin unter dem aktivierten zusammengefassten Wirtschaftsgut „Maschinen“ enthalten.
1357. Die Klägerin macht bezüglich des Wirtschaftsguts „Fahrzeugwaage“ von ihrem Wahlrecht nach § 7 Abs. 2 EStG Gebrauch und schreibt die im Jahr 2010 angeschaffte Fahrzeugwaage degressiv ab. Da die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer – wie bereits dargestellt – 15 Jahre beträgt, ist eine degressive Abschreibung in Höhe von maximal 16,67% (=100/15*2,5) vom jeweiligen Buchwert (Restbuchwert) möglich (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 EStG).
1368. Hinsichtlich der übrigen Wirtschaftsgüter ist eine lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG vorzunehmen. Das Gericht geht – übereinstimmend mit den Beteiligten – davon aus, dass sich die jeweils ermittelte Gesamtdauer der Nutzung der Wirtschaftsgüter durch die im Jahr 2012 angefallenen nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht geändert hat mit der Folge, dass die nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die restliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts zu verteilen sind. Dies führt jeweils zu einer geringfügigen Erhöhung des AfA-Satzes im Jahr 2012 gegenüber dem ursprünglichen AfA-Satz.
137III. Danach ergeben sich abschließend folgende AfA-Beträge für die Streitjahre:
138 139 140B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
141C. Die Revision wurde nicht zugelassen, weil ein Revisionsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegt. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Finanzgerichte die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgut abweichend von den einschlägigen AfA-Tabellen der Finanzverwaltung schätzen dürfen, hat der BFH bereits entschieden. Die danach vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze hat der erkennende Senat vorliegend unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalls angewendet.