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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu ¾ den Klägern und zu ¼ dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.
G r ü n d e:
2I.
3Streitig ist, ob eine im Streitjahr 2014 ausgezahlte Kapitalleistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung als „andere Leistungen“ mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst aa des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu besteuern ist oder ob hierfür die Regelungen über Erträge aus Kapitallebensversicherungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) anzuwenden sind.
4Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der am …1951 (*) geborene Kläger war als niedergelassener X seit dem …1992 Mitglied des Versorgungswerkes der X-kammer Westfalen-Lippe (im Folgenden: Versorgungswerk), das 195… gegründet wurde, um allen Angehörigen der X-kammer Westfalen-Lippe und ihren Familien einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen im Alter, im Todesfall und bei Berufsunfähigkeit zu gewähren. Als öffentlich-rechtliches Ersatzinstitut der gesetzlichen Rentenversicherung beruht das Versorgungswerk auf dem Prinzip der Pflichtmitgliedschaft für alle Angehörigen der X-kammer Westfalen-Lippe.
5Nach seinen zunächst geltenden Satzungen a.F., u.a. nach dem Stand 01.07.1980 und 01.01.2002, gewährte das Versorgungswerk im Versorgungsfall eine Kapitalleistung (§ 19 i.V.m. § 20 der Satzungen a.F.), wobei innerhalb bestimmter Fristen anstelle der Kapitalleistung eine Rente beantragt werden konnte (§ 21 der Satzungen a. F).
6Durch Satzungsänderung zum 01.01.2005 wurde die Kapitalversorgung abgeschafft. Nach der seit diesem Zeitpunkt geltenden Satzung des Versorgungswerks erfolgt die Versorgung des Mitglieds durch Zahlung einer lebenslangen Regelaltersrente, vorgezogenen Altersrente oder hinausgeschobenen Altersrente (§§ 37 ff der Satzung Stand Januar 2014).
7Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzungen des Versorgungswerks Stand: 01.07.1980, 01.01.2002 und Januar 2014 Bezug genommen.
8Nach einer vom Gericht eingeholten Auskunft des Versorgungswerks vom 30.01.2020 war der Kläger seit dem …1992 Pflichtmitglied des Versorgungswerks. Ein Vertrag sei nicht geschlossen worden. Das Versorgungswerk sei ursprünglich als Kapitalversorgung ausgestaltet gewesen. Nach Schließung des bisherigen Sicherungssystems seien die Ansprüche aus Beiträgen bis zum 31.12.2004 mit Bescheid aus April 2005 als künftige Geldforderung festgeschrieben worden, die mit Erreichen des Rentenalters fällig wird. Dementsprechend handele es sich nicht um eine Kapitallebensversicherung.
9Laut einem mit der Auskunft übersandten Schreiben aus April 2005 hat das Versorgungswerk dem Kläger mitgeteilt, dass die Kammerversammlung am 26.11.2004 beschlossen hat, die Kapitalisierungsmöglichkeit auf die bis zum 31.12.2004 gezahlten Versorgungsbeiträge zu begrenzen und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden beitragspflichtigen Anwartschaften in beitragsfähige Kapitalanwartschaften umzuwandeln. Aufgrund der bis zum 31.12.2004 entrichteten Beiträge ergebe sich insoweit ein Kapitalanspruch i.H.v. … €, sofern der Versorgungsfall nicht vor Ablauf des Monats eintritt, in dem der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet.
10Am 18.12.2013 teilte das Versorgungswerk dem Kläger zu seinen Versorgungsanwartschaften mit, dass aus Beitragszahlungen bis 31.12.2004 ein Kapitalanspruch per 31.03.2014 i.H.v. … € und aus Beiträgen vom 01.01.2005 bis 31.12.2013 ein monatlicher Rentenanspruch ab 01.04.2014 i.H.v. … € bestehe. Entscheide er sich anstelle des Kapitalanspruchs für eine vollständige Verrentung der Beitragszahlungen, erhöhe sich der monatliche Rentenanspruch um … € auf insgesamt … €.
11Nachdem sich der Kläger mit Optionserklärung vom 15.05.2014 für die Auszahlung der Kapitalleistung entschieden hatte, setzte das Versorgungswerk mit Versorgungsbescheid vom 22.05.2014 die Kapitalleistung für Beitragszahlungen bis zum 31.12.2004 auf … € fest und zahlte am 05.06.2014 diesen Betrag auf ein vom Kläger benanntes Konto bei der D-bank C aus.
12Da die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung für 2014 abgaben, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheid vom 27.03.2018 die Einkommensteuer 2014 auf … € fest. Hierbei berücksichtigte er u.a. aufgrund der Kapitalauszahlung sonstige Einkünfte aus Leibrenten i.H.v. … € (68% von … €). Den hiergegen eingelegten, nicht begründeten Einspruch der Kläger wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2018 als unbegründet zurück.
13Im nachfolgenden Klageverfahren haben die Kläger eine Einkommensteuererklärung 2014 eingereicht, in deren Anlage SO die vom Versorgungswerk erhaltene Kapitalauszahlung von … € als nicht steuerpflichtige Leistung erklärt ist.
14Der Beklagte hat daraufhin am 16.11.2018, 24.01.2019 und 29.01.2020 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2014 erlassen.
15Nach dem zuletzt ergangenen Bescheid vom 29.01.2019, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, sind weiterhin sonstige Einkünfte aus Leibrenten i.H.v. … € (gezahlte Kapitalleistung i.H.v. … € abzüglich eines steuerfreien Teils i.H.v. … € (32%) und des Werbungskostenpauschbetrages (102 €) angesetzt und gemäß § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftelregelung) ermäßigt versteuert.
16Die Kläger wenden sich noch gegen die Besteuerung der Kapitalauszahlung des Versorgungswerks und vertreten hierzu weiterhin die Auffassung, die vom Versorgungswerk getätigte einmalige Auszahlung i.H.v. … € sei insgesamt nicht steuerpflichtig, so dass die Einkünfte aus Leibrenten dem Grunde nach zu Unrecht eingesetzt seien. Hierzu tragen sie im Wesentlichen vor, die vorliegende Kapitalauszahlung aus dem Versorgungswerk falle bereits nicht unter die gesetzliche Besteuerungsregelung des § 22 EStG. Auch wenn zu den dort bezeichneten Einkünften auch „andere Leistungen“ gehörten, könne es sich ausschließlich nur um die in § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten wiederkehrenden Bezüge handeln. Dies ergebe sich auch daraus, dass in § 22 Nr. 1 a Doppelbuchst aa Satz 2 EStG als Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil der „Jahresbetrag der Rente“ genannt werde. Vorliegend bestehe aber kein Jahresbetrag, sondern lediglich die einmalige Kapitalauszahlung.
17Zudem seien nach dem BFH-Urteil vom 12.12.2017 X R 39/15, BStBl II 2018, 579 auf die Auszahlung einer Kapitallebensversicherung aus der Kapitalversorgung eines berufsständischen Versorgungswerks nicht die Regelungen über Leistungen aus einer Basis-Altersversorgung (§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG), sondern die Regelungen über Erträge aus Kapitallebensversicherungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) anzuwenden. Im Streitfall handele sich nicht um Rentenzahlungen, sondern um die Auszahlung aus gebildetem Kapital, die nicht anders behandelt werden dürfe als eine „normale“ Kapitallebensversicherung. Der Kläger habe hinsichtlich der bis zum 31.12.2004 geleisteten Beiträge vorrangig einen Anspruch auf Kapitalleistungen gehabt, der lediglich auf Antrag in eine Rentenleistung umgewandelt werden konnte.
18Die Besteuerung einer derartigen Kapitalleistung verstoße aber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Kern der Basis-Altersversorgung sei die Versorgung der Einzahler im Rentenalter. Um diese Zielsetzung nicht zu gefährden, seien bei Rentenverträgen Kapitalauszahlungen, Beleihungen, Abtretungen nicht zulässig. Eine vollständige Auflösung eines Rentenkapitalkontos stehe dem Zweck der Basis-Altersversorgung, dem sog. „Drei-Säulen-System“ der Altersversorgung, entgegen und dürfe daher nicht nach hierfür geltenden Vorschriften besteuert werden.
19Die Kläger beantragen,
20unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 29.01.2020 die Einkommensteuer 2014 ohne Berücksichtigung der bisher noch mit … € angesetzten sonstigen Einkünfte aus Leibrenten (d. h. mit … Euro) festzusetzen,
21hilfsweise die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Er ist der Ansicht, er habe die Einmalzahlung i.H.v. … € zutreffend wie laufende Rentenbezüge mit dem steuerpflichtigen Anteil für 2014 von 68 % berücksichtigt. Die danach anzusetzenden Einkünfte i.H.v. … € seien bereits gemäß § 34 EStG lediglich ermäßigt besteuert worden.
25Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Auskunft des Versorgungswerks und die Steuerakten Bezug genommen.
26II.
27Die Klage ist nicht begründet. Der Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 29.01.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
28Der Beklagte hat zu Recht die vom Kläger im Streitjahr 2014 vom Versorgungswerk der X-kammer Westfalen-Lippe bezogene Kapitalzahlung in Höhe von … € als „andere Leistung“ mit dem Besteuerungsanteil von 68 % gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG besteuert. Diese Besteuerung verletzt weder den Gleichheitssatz noch das Verbot der Doppelbesteuerung oder der Rückwirkung. Es handelt es sich auch nicht um die Auszahlung wie bei einer Kapitallebensversicherung, auf die die Regelungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG anzuwenden sind.
291. Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte Einkünfte aus "wiederkehrenden Leistungen". Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG gehören zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften auch Leibrenten und "andere Leistungen", die u.a. aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und den -wie hier- berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, soweit sie der Besteuerung unterliegen. Dabei ist der auslegungsbedürftige Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG so zu verstehen, dass die Besteuerung als „andere Leistung“ nicht zugleich das Vorliegen wiederkehrender Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG erfordert. Denn der Besteuerungsgegenstand der sonstigen Einkünfte des § 22 EStG wird für die Fallgruppen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG autonom durch die Begriffe "Leibrenten und andere Leistungen" in Verbindung mit den Aufzählungen und Definitionen in den nachfolgenden Doppelbuchst. aa und bb umschrieben. Damit liegen die "anderen Leistungen" des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG unabhängig davon vor, ob sie gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG wiederkehrend sind. Insoweit erfordert eine Besteuerung als "andere Leistung" nicht zugleich das Vorliegen wiederkehrender Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG. Dass in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG als Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil der Jahresbetrag der Rente gesondert genannt wird, steht einer solchen Auslegung nicht entgegen, da es sich um eine notwendige Spezialvorschrift für Rentenbezüge handelt, auf die § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG in erster Linie zugeschnitten ist. Die vorgenannte Auslegung der gesetzlichen Regelungen ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, welcher der Senat folgt, geklärt (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.2013 X R 3/12, BStBl II 2014, 58 m.w.N.).
30Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Kapitalleistung i.H. von … €, die der Kläger im Jahr 2014 vom Versorgungswerk der X-kammer Westfalen-Lippe erhalten hat, zutreffend als „andere Leistung“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG mit dem Besteuerungsanteil besteuert worden.
31Die Kapitalleistung ist unstreitig aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG erfolgt. Das Versorgungswerk beruht als Ersatzinstitut der gesetzlichen Rentenversicherung auf dem Prinzip der Pflichtmitgliedschaft und gewährt seinen Mitgliedern und deren Familien einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen im Alter, im Todesfall und bei Berufsunfähigkeit, die nach den bis 31.12.2004 geltenden Satzungen im Versorgungsfall als Kapitalleistung (§§ 19, 20 der Satzung a.F.) mit Rentenoptionsrechts (§ 21 der Satzungen a.F.) erfolgten. Die hier streitige Kapitalauszahlung erfolgte als Versorgungsleistung aufgrund dieser Regelungen. Anders als die Kläger meinen lag keine bereits vor dem Versorgungsfall erfolgte und dem Zweck der Basis-Altersversorgung widersprechende Auszahlung vor. Nach § 20 Abs. 2 der Satzung a.F. konnte die Versorgungsleistung auf Antrag des Mitglieds bereits vor dem Eintrittsalter im Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung, frühestens jedoch bei Vollendung des 63. Lebensjahres erfolgen. Diese Voraussetzung lag bei der Auszahlung im … 2014 vor, da der am …1951 (*) geborene Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits das 63. Lebensjahr vollendet hatte.
32Es liegt -anders als in dem dem BFH-Urteil vom 12.12.2017 X R 39/15, BStBl II 2018, 579 zugrunde liegenden Sachverhalt- auch keine zur Basisversorgung hinzutretende und von dieser getrennt als Kapitallebensversicherung ausgestaltete Kapitalversorgung aus dem Versorgungswerk vor. Vielmehr beruhte die streitige Kapitalauszahlung allein auf den vom Kläger aufgrund seiner Pflichtmitgliedschaft bis zu 31.12.2004 an das Versorgungswerks entrichteten Beiträgen. Einen Vertrag mit dem Versorgungswerk, insbesondere einen Vertrag über eine über die Pflichtversorgung hinausgehende Kapitalversorgung (z.B. eine Kapitallebensversicherung), hat der Kläger nicht abgeschlossen.
332. Die Einbeziehung der Kapitalzahlung in die Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG verstößt weder im Hinblick auf die Besteuerung der Alterseinkünfte, die ehemalige Arbeitnehmer von der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, noch im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von privaten Lebens- oder Rentenversicherungen gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes noch gegen das Rückwirkungsverbot (vgl. z.B. BFH-Urteile in BStBl II 2014, 58; vom 23.10.2013 X R 21/12, BFH/NV 2014, 330). Konkrete Einwendungen haben auch die Kläger insoweit nicht geltend gemacht.
343. Die durch den Beklagten erfolgte Besteuerung der Einkünfte aus der Kapitalzahlung ist der Höhe nach nicht zu beanstanden.
35Die Kapitalzahlung ist lediglich mit dem im Jahr des Rentenbeginns 2014 geltenden Besteuerungsanteil von 68 % angesetzt. Der Werbungskostenpauschbetrag von 102 € (§ 9a Satz 1 Nr. 3 EStG) ist berücksichtigt. Zudem sind die Einkünfte bereits nach § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG ermäßigt besteuert worden. Einwendungen gegen die Höhe der Steuer machen auch die Kläger nicht geltend.
364. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte auch nach Einreichung der Steuererklärung die streitige Kapitalzahlung zunächst unzutreffend weiterhin ohne Anwendung des § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG besteuert hat.
375. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch die angeführte BFH-Rechtsprechung ausreichend geklärt. Im Übrigen beruht das Urteil auf der Würdigung des im Streitfall vorliegenden Sachverhalts.
38* Am 06.11.2020 erging folgender Berichtigungsbeschluss:
39Das Urteil vom 23.07.2020 10 K 2567/18 E wird in der Weise berichtigt, dass zum einen das auf Seite 3 im zweiten Satz des zweiten Absatzes und zum anderen das auf Seite 8 im zweiten Satz (Zeile 5) aufgeführte Geburtsdatum „…1951“ des Klägers jeweils in „…1951“ geändert wird.
40Der weitergehende Antrag der Kläger wird abgelehnt.
41Die Entscheidung ergeht gerichtkostenfrei.
42Der Beschluss ist unanfechtbar.
43Gründe:
44I.
45Mit dem im Tenor genannten Urteil hat der Senat die Klage der Kläger wegen Einkommensteuer 2014 abgewiesen. In dem Verfahren war streitig, wie eine am 05.06.2014 vom Versorgungswerk der X-kammer Westfalen-Lippe an den am …1951 geborenen Kläger ausgezahlte Kapitalleistung i.H.v. … € zu besteuern ist.
46Im Tatbestand des Urteils beginnt der zweite Satz des zweiten Absatzes der Seite 3 mit: „Der am …1951 geborene Kläger […].“ In den Entscheidungsgründen hat der Senat auf Seite 8, erster Absatz des Urteils u.a. ausgeführt: „Nach § 20 Abs. 2 der Satzung a.F. konnte die Versorgungsleistung auf Antrag des Mitglieds bereits vor dem Eintrittsalter im Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung, frühestens jedoch bei Vollendung des 63. Lebensjahres erfolgen. Diese Voraussetzung lag bei der Auszahlung im … 2014 vor, da der am …1951 geborene Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits das 63. Lebensjahr vollendet hatte.“
47Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 31.08.2020 zugestellt worden. Die Kläger haben gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Az. VIII B 105/20 beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
48Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.09.2020 stellten die Kläger gemäß § 108 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung.
49Zur Begründung machen sie geltend, das Finanzgericht sei bei seiner Urteilsfindung (Seite 8 des Urteils) unzutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger bei Auszahlung der Kapitalleistung das 63. Lebensjahr vollendet gehabt habe.
50Der Kläger sei am …1951 geboren und habe daher das – für die steuerliche Behandlung maßgebliche – 63. Lebensjahr erst am …2014 vollendet. Die Auszahlung der Kapitalsumme sei aber bereits am …2014 (Ergänzung zur Neutralisierung: Das Datum liegt vor dem Geburtstag) nach vorherigen Bescheid des Versorgungswerkes vom 22.05.2014 aufgrund des durch den Kläger gestellten Antrags vom 15.05.2014 erfolgt. Insoweit sei die Auszahlung tatsächlich bereits vor Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers erfolgt. Da dieser Tatbestand für das Urteil von einschneidender Bedeutung sei, sei „der vom Gericht fälschlicherweise berücksichtigte Tatbestand über Auszahlung nach Vollendung des 63. LJ des Klägers zu rügen und zu ändern.“
51Der darüber hinaus in dem Urteil vorhandene Schreibfehler im Geburtstag des Klägers (statt falsch: …1951 muss es richtig lauten: …1951) sei ohne Bedeutung, werde aber auch benannt.
52Dem Beklagten wurde rechtliches Gehör gewährt. Er hat vorgetragen, dass der Kläger am …1951 geboren sei und somit das 63. Lebensjahr erst mit Ablauf des …2014 vollendet habe.
53Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 23.07.2020 10 K 2567/18 E und die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten vom 14.09.2020 und des Beklagten vom 06.10.2020 Bezug genommen.
54II.
55Das Urteil vom 23.07.2020 10 K 2567/18 E ist lediglich wie im Tenor ersichtlich zu berichtigen.
561. Das im Urteil aufgeführte Geburtsdatum des Klägers war gemäß § 107 FGO zu berichtigen. Der Kläger ist nicht bereits am …1951, sondern tatsächlich erst am …1951 geboren. Insoweit liegt ein zu berichtigender Schreibfehler bzw. eine zu berichtigende ähnliche offenbare Unrichtigkeit vor.
572. Der Antrag der Kläger, das Urteil bezüglich der von den Klägern als unrichtig angesehenen Ausführungen über die Auszahlung nach Vollendung des 63. Lebensjahres zu berichtigen, ist nicht begründet. Insoweit liegen die Voraussetzungen einer Berichtigung weder nach § 107 FGO noch nach § 108 FGO vor.
58Eine Berichtigung nach § 107 FGO scheidet aus, weil insoweit ein Schreibfehler, Rechenfehler oder eine ähnliche Unrichtigkeit nicht vorliegt. Der von den Klägern als unrichtig gerügte Satz stellt keinen auf einem mechanischen Versehen beruhenden Unterschied zwischen gewolltem und erklärtem Urteilsinhalt i.S. von § 107 FGO dar.
59Auch eine Berichtigung nach § 108 FGO war nicht vorzunehmen. Eine Berichtigung nach § 108 FGO kann beantragt werden, wenn der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält. § 108 FGO gibt den Beteiligten die Möglichkeit, u.a. im Hinblick auf die Bindung des Revisionsgerichts an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) auf die Fassung des Urteilstatbestandes einzuwirken. Zum Tatbestand gehören insbesondere alle Feststellungen tatsächlicher Art, auch wenn sie in den Entscheidungsgründen getroffen wurden. Eine Tatbestandsberichtigung kann aber nur insoweit nur erfolgen, als der Entscheidungsteil, dessen Berichtigung begehrt wird, keine rechtliche Wertung enthält. (BFH-Beschluss vom 18.09.1974 II B 69/73, BStBl II 1974, 751). Nicht unter § 108 FGO fallen insoweit die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachenwertungen sowie rechtliche Überlegungen, d.h. die eigentliche Willensbildung des Gerichts. Danach liegt eine berichtigungsfähige Tatsachenfeststellung nicht vor, wenn ein vom Kläger als unrichtig beanstandeter Satz in den Entscheidungsgründen zur rechtlichen Würdigung des Finanzgerichts zählt (vgl. BFH-Beschluss vom 19.08.1991 IX B 6/91, juris).
60Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet vorliegend eine Berichtigung nach § 108 FGO aus. Der von Klägern beanstandete Satz dient nicht der Tatsachenfeststellung, sondern der Begründung der Rechtsauffassung des Senats, zum Zeitpunkt der Auszahlung der Einmalleistung hätten die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 der Satzung a.F. des Versorgungswerks der X-kammer Westfalen-Lippe vorgelegen, nach denen die Auszahlung der Versorgungsleistung auf Antrag des Mitglieds bereits vor dem Eintrittsalter im Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung, frühestens jedoch bei Vollendung des 63. Lebensjahres erfolgen konnte.
613. Der Beschluss ergeht kostenfrei, da das Berichtigungsverfahren zum Hauptverfahren gehört. Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 108 Abs. 2 Satz 2 FGO.