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Der Aufhebungs- und der Rückforderungsbescheid vom 04.03.2019 und die Einspruchsentscheidung vom 29.05.2019 werden aufgehoben.
Der Ablehnungsbescheid vom 06.02.2019 und die Einspruchsentscheidung vom 23.05.2019 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, Kindergeld für den Zeitraum Januar 2019 bis Mai 2019 zu bewilligen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob die Klägerin im Zeitraum von Oktober 2018 bis Mai 2019 (weiterhin) einen Anspruch auf Kindergeld für ihren erkrankten Sohn hat.
3Die Klägerin bezog fortlaufend Kindergeld für ihren Sohn X., geboren am xx.02.1999. Der Sohn begann am 01.08.2015 seine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker in der Fachrichtung Fahrradtechnik, die nach dem Berufsausbildungsvertrag zum 31.01.2019 enden sollte.
4Der Sohn hatte am xx.09.2018 während seiner Arbeit einen Unfall und erlitt unter anderem einen Schädelbasisbruch und ein Schädel-Hirn-Trauma. Wegen des Unfallhergangs, der weiteren Unfallfolgen und der Behandlungen des Sohnes wird auf die Berichte über die stationäre Behandlung vom 26.09.2018 bis zum 23.11.2018 im Klinikum E. vom 23.11.2018 und vom 28.11.2018 sowie die weiteren eingereichten (Therapie-)Berichte verwiesen. In dem Bericht des Klinikums E. vom 23.11.2018 wird unter anderem ausgeführt: „… Hinsichtlich der beruflichen Teilhabe erscheint eine Rückkehr in den bisher ausgeübten Beruf bzw. die Berufsausbildung trotz der noch deutlich bestehenden neuropsychologischen Defizite möglich. Eine neuropsychologische Behandlung der bestehenden Defizite ist dringend und unbedingt indiziert. Diese sollte die Rückkehr in den häuslichen wie beruflichen Alltag begleiten, die Wiedereingliederung bzw. das Anforderungsprofil des Alltags steuern und das Kind in der Umsetzung störungsspezifischer Kompensationsstrategien unterstützen. …“. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus durchlief das Kind einen sog. Reha-Plan. Mit Schreiben vom 12.02.2019 bestätigt die Berufsgenossenschaft, dass das anhängige medizinische Heilverfahren das Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechatroniker in Ausbildung verfolge und der persönliche Reha-Plan am 15.03.2019 fortgeschrieben werde. Nach den zur Gerichtsakte eingereichten weiteren Unterlagen, die sich auf Zeiträume nach dem hier streitigen Zeitraum bis Mai 2019 beziehen, erhielt der Sohn am 09.07.2019 eine Aufnahmezusage zur beruflichen Eingliederung. Er nahm in der Zeit vom 02.09. bis 29.09.2019 an einer Arbeitserprobung teil. In dem Bericht über die Arbeitserprobung wird unter anderem ausgeführt: „… Der Sohn ist mit guter Motivation in die Arbeitserprobung gestartet. … Er möchte seine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker erfolgreich beenden. … Der Genesungsprozess (körperlich wie kognitiv) ist nach dem Unfall 2018 derzeit noch nicht abgeschlossen. Die medizinische Rehabilitation ist für die weitere berufliche Förderung sehr wichtig und notwendig. …“. Ab dem 07.02.2020 nahm das Kind zudem an einer weiteren berufsvorbereitenden Maßnahme teil. Wegen der weiteren Reha-Maßnahmen und Behandlungen wird auf die weiteren zur Gerichtsakte übersandten Berichte verwiesen.
5Das Ausbildungsverhältnis bestand unstreitig über den Monat Mai 2019 – dem letzten Monat des im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Zeitraums – hinaus fort.
6Mit Bescheid vom 04.12.2018 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für den Sohn gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Januar 2019 auf, da er nach ihren Unterlagen seine Berufsausbildung im Dezember 2018 beende.
7Mit Schreiben vom 17.12.2018 und 18.01.2019 wies die Klägerin darauf hin, dass ihr Sohn einen Unfall mit Schädelbasisbruch, Schädelhirntrauma, etc. erlitten habe. Sie übersandte auf Aufforderung der Beklagten am 18.01.2019 die Erklärung des Kindes, dass er beabsichtige, die durch die Erkrankung unterbrochene Ausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen sowie die Bescheinigung der Chefärztin am Klinikum E. vom 18.01.2019, in der angekreuzt ist, dass das Ende der Erkrankung nicht absehbar sei.
8Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 06.02.2019 die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2019 ab. Zur Begründung führte sie aus: Der Sohn könne nicht mehr berücksichtigt werden, da er aufgrund der Erkrankung in absehbarer Zeit nicht aktiv an der bisherigen Ausbildung teilnehmen könne. Der Sohn könne mangels eines ärztlichen Nachweises mit einem bescheinigten absehbaren Ende der Erkrankung nicht berücksichtigt werden. Die Erkrankung selbst begründe keinen eigenen Tatbestand für einen Anspruch auf Kindergeld.
9Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 17.02.2019 Einspruch ein.
10Mit Bescheid vom 04.03.2019 hob die Beklagte – nach vorheriger Anhörung der Klägerin – die Kindergeldfestsetzung für den Sohn für den Zeitraum Oktober 2018 bis Dezember 2018 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf. Zur Begründung wiederholte sie ihre Ausführungen im (Ablehnungs-)Bescheid vom 06.02.2019 und forderte das überzahlte Kindergeld für Oktober 2018 bis Dezember 2018 in Höhe von insgesamt 582,- EUR gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück.
11Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 14.03.2019 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor: Der Beklagten liege die Erklärung ihres Sohnes vor, nach der er nach seiner Genesung die Ausbildung beenden möchte. An seiner Ausbildungswilligkeit ändere auch die längere Erkrankung nichts. Die Anforderungen, die von der Dienstanweisung der Beklagten gestellt würden, entsprächen nicht dem Gesetz.
12Die Einsprüche gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid (Zeitraum Oktober 2018 bis Dezember 2018) und gegen den Ablehnungsbescheid (Zeitraum ab Januar 2019) wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 23.05.2019 und 29.05.2019 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie jeweils aus: Ein Kind könne nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG berücksichtigt werden, wenn es durch die Erkrankung nur auf absehbare Zeit daran gehindert sei, den Grundtatbestand – hier die Berufsausbildung – aktiv zu erfüllen. Als Nachweis sei eine ärztliche Bescheinigung erforderlich. Die ärztliche Bescheinigung, aus der in jedem Fall das voraussichtliche Ende bzw. die voraussichtliche Dauer der Erkrankung hervorgehen müsse, diene zur Feststellung, ob und ab wann das Kind den Grundtatbestand voraussichtlich wieder aktiv ausfüllen könne. Dabei sei es nicht schädlich, wenn das voraussichtliche Ende der Erkrankung für einen deutlich späteren Zeitpunkt prognostiziert werde (z.B. in zwei Jahren). Solange ein voraussichtliches Ende vom behandelnden Facharzt benannt werde und die Bindung an den Grundtatbestand vorliege, könne das erkrankte Kind für zunächst sechs Monate berücksichtigt werden.
13Die Klägerin hat am 18.06.2019 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor: Ihr Sohn erfülle die Berücksichtigungsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a) EStG. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass er während seiner Ausbildung verunfallte und arbeitsunfähig erkrankt sei. Ihr Sohn beabsichtige, die Ausbildung abzuschließen. Dies sei auch Ziel der Reha-Maßnahmen. Ihr Sohn habe auch ausdrücklich erklärt, seine durch den Unfall unterbrochene Ausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes müsse sie zudem keine ärztliche Bescheinigung über das voraussichtliche Ende der Erkrankung vorlegen. Das Kind befinde sich weiter auf dem Weg der Besserung und sei weiterhin ausbildungswillig.
14Die Klägerin beantragt,
15den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04.03.2019 und die Einspruchsentscheidung vom 29.05.2019 aufzuheben sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2019 und des (Ablehnungs-)Bescheids vom 06.02.2019 die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld für das Kind für den Zeitraum Januar 2019 bis Mai 2019 zu bewilligen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen und führt ergänzend aus: Mit ärztlicher Bescheinigung vom 18.01.2019 sei ein nicht absehbares Ende der Erkrankung bescheinigt worden. Nach der Weisungslage sei für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung als erkranktes Kind eine ärztliche Bescheinigung über das voraussichtliche Ende der Erkrankung erforderlich.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
20Die Beteiligten haben übereinstimmend gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
21Entscheidungsgründe
22Die Klage ist begründet.
23Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04.03.2019, der (Ablehnungs-)Bescheid vom 06.02.2019 und die Einspruchsentscheidungen vom 23.05.2019 und 29.05.2019 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin jeweils in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- bzw. § 101 Satz 1 FGO).
241. Die Klägerin hat für den Zeitraum Oktober 2018 bis Mai 2019 Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn, da er (weiterhin) den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG erfüllt hat.
25Eine nach § 62 EStG Anspruchsberechtigte – wie die Klägerin – hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder im Sinne des § 63 EStG. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG wird ein Kind, wie der Sohn, der das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird.
26Der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG stellt dabei nicht auf das formale Weiterbestehen eines Ausbildungsverhältnisses ab, sondern darauf, dass die auf Ausbildung gerichteten Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Jedoch gibt es von diesem Grundsatz Ausnahmen. Danach ist eine Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung oder Mutterschaft grundsätzlich unschädlich (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15.07.2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Kind in solchen Fällen den Willen hat, sich der Ausbildung zu unterziehen, aber aus objektiven Gründen -wegen Erkrankung oder wegen des Beschäftigungsverbots nach dem Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter- daran gehindert ist, weil ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahme nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Hat ein Kind einen Ausbildungsplatz und ist ausbildungswillig, aus objektiven Gründen aber zeitweise nicht in der Lage, die Ausbildung fortzusetzen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen ist (so z.B. auch BFH-Urteil vom 20.07.2006 III R 69/04, BFH/NV 2006, 2067; vgl. u.a. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19.09.2018 7 K 391/18, juris, rkr.; Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 20.02.2018 2 K 2487/16, juris, rkr.).
27Hiervon ausgehend hat der Sohn im streitigen Zeitraum von Oktober 2018 bis Mai 2019 die Berücksichtigungsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG erfüllt, denn er befand sich in diesem Zeitraum noch in seinem Ausbildungsverhältnis zum Zweiradmechatroniker, war weiterhin ausbildungswillig und war wegen seiner Erkrankung nach Ansicht des Senats auch nur zeitweise nicht in der Lage, seine Ausbildung durchzuführen. Das Fortbestehen des Ausbildungsverhältnisses im Zeitraum Oktober 2018 bis Mai 2019 ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Berufsausbildungsvertrag wies zwar grundsätzlich nur eine Laufzeit bis Januar 2019 aus, die Laufzeit verlängerte sich aber aufgrund des Unfalls bzw. der Erkrankung des Sohnes. Dass der Sohn erkrankt war und aufgrund seiner Erkrankung objektiv gehindert war, an der Ausbildung teilzunehmen, wird durch die vorgelegten Berichte des Krankenhauses, die Reha-Pläne, etc. hinreichend belegt. Auch dies wird von der Beklagten nicht bestritten. Der Sohn war im streitigen Zeitraum zudem auch ausbildungswillig, was durch die Ausführungen im Entlassungsbericht vom 23.11.2018, die Erklärung des Sohnes vom 18.01.2019, durch das Schreiben der Berufsgenossenschaft vom 12.02.2019, nach dem das anhängige medizinische Heilverfahren das Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechatroniker in Ausbildung verfolge, sowie durch die Teilnahme an der beruflichen Eingliederungsmaßnahme, etc. bestätigt wird. All diese Maßnahmen zeigen, dass der Sohn alles dafür getan hat, um seine Ausbildung auch beenden zu können. Dies zeigt auch, dass er – wie von dem BFH als zusätzliche Voraussetzung angeführt – nur „zeitweise“ nicht in der Lage war, seine Ausbildung fortzusetzen. Denn der Sohn hat den Willen zur baldmöglichsten Fortsetzung der Ausbildung und hat dies auch nochmals durch die Teilnahme an Eingliederungs- und berufsvorbereitenden Maßnahmen ausdrücklich belegt. Zumal im vorliegenden Verfahren auch „nur“ der Zeitraum von Oktober 2018 bis Mai 2019 streitbefangen ist. Im Übrigen sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Kind die Absicht aufgegeben haben könnte, die Ausbildung nach seiner Genesung fortzusetzen.
28Dass die Beklagte bzw. die Dienstanweisung der Beklagten verlangt, dass mit einer ärztlichen Bescheinigung auch das voraussichtliche Ende der Erkrankung nachgewiesen werden müsse, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn zum einen ist das Gericht nicht an die Verwaltungsvorschriften gebunden. Zum anderen entbehrt eine solche Forderung jeglicher gesetzlichen Grundlage. Es spricht nach Ansicht des Senats auch gegen ein solches grundsätzliches Erfordernis, dass gerade bei Erkrankungen – wie im Streitfall bei einem Schädel-Hirn-Trauma, etc. – eine solche Mitteilung zu Beginn der Behandlung / Reha-Maßnahme auch nicht („seriös“) möglich sein dürfte.
29Ebenso kommt es entgegen den Regelungen in der Dienstanweisung auch nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung des Kindes zur Ausbildungswilligkeit – hier am 18.01.2019 – an. Denn es genügt, wenn die Sachverhaltsumstände im Zeitpunkt der Entscheidung vollständig und glaubhaft dargelegt sind. Zwar kann der Zeitpunkt, zu dem der Familienkasse ein Sachverhalt unterbreitet worden ist, ein Indiz gegen die Glaubhaftigkeit des Vortrags sein, ebenso, dass ein Sachverhalt nicht oder falsch dargestellt wurde, weil die Rechtslage unzutreffend beurteilt worden war. Dies führt aber nicht dazu, dass der Anspruch auf das Kindergeld entfällt. Entscheidend ist nicht, was erklärt wurde, sondern die tatsächliche Lage, denn es handelt sich bei dem Nachweis der Ausbildungswilligkeit nicht um eine rechtsgestaltende Erklärung, sondern um eine im Wege der Glaubhaftmachung zu würdigende Tatsachenbekundung. Im Übrigen sind die Gerichte – wie ausgeführt – nicht an Verwaltungsanweisungen gebunden (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 17.01.2019 III R 32/18, BFH/NV 2019, 818).
302. Die Beklagte hat daher zu Unrecht die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Oktober 2018 bis Dezember 2018 gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben. Denn – wie ausgeführt – haben sich die Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, im Streitfall nicht geändert. Der Sohn erfüllte über den September 2018 hinaus die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG.
31Die Beklagte hat auch zu Unrecht das Kindergeld gemäß § 37 Abs. 2 AO für diesen Zeitraum zurückgefordert. Denn aufgrund der Aufhebung des Aufhebungsbescheides „lebt“ die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Oktober 2018 bis Dezember 2018 „wieder auf“ und stellt den rechtlichen Grund für das „Behaltendürfen“ des Kindergeldes dar. Das Kindergeld ist für den Zeitraum Oktober 2018 bis Dezember 2018 nicht ohne rechtlichen Grund (vgl. § 37 Abs. 2 AO) gezahlt.
323. Die Beklagte hat aus den vorgenannten Gründen auch zu Unrecht die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum Januar 2019 bis Mai 2019 abgelehnt.
334. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
345. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
356. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Die Frage, unter welchen Umständen der Anspruch auf Kindergeld für ein in der Ausbildung erkranktes Kind fortbesteht, ist auch Gegenstand des Revisionsverfahrens BFH III R 41/19. Der BFH hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Familienkasse gegen das stattgebende Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19.09.2018 7 K 391/18 die Revision zugelassen.