Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers aus dem Verkauf von Munition in den Jahren 2014 und 2015 nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ermäßigt zu versteuern sind.
3Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in M und stellt eine Untergliederung der Jägerschaft im Deutschen Jagdverband auf lokaler Ebene dar. Er ist Mitglied der […]jägerschaft und des Landesjagdverbands Nordrhein-Westfalen. Der Kläger ist wegen Förderung des Naturschutzes als gemeinnützig anerkannt. Er erbringt satzungsgemäß Leistungen im Bereich der Pflege und Förderung des Tierschutzes, besonders des Schutzes und der Hege der freilebenden Tierwelt und Sicherung ihrer Lebensgrundlagen unter Wahrung der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie aller Zweige des Jagdwesens, der Jagdwissenschaft, des jagdsportlichen Schießens, des Jagdgebrauchshundewesens, des jagdlichen Brauchtums und der Heimatkunde (Artikel 2 Nr. 1 Abs. 1 der Satzung vom …) sowie der Beratung der Mitglieder in jagdlichen Angelegenheiten und Betreuung des Jägernachwuchses (Artikel 2 Nr. 1 Abs. 2 der Satzung). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Satzung in der Vertragsakte verwiesen.
4Im Rahmen seiner satzungsmäßigen Betätigung unterhält der Kläger einen Schießstand für die Schießausbildung der angehenden Jungjäger sowie das jagdliche Schießtraining der Vereinsmitglieder. Auf diesem Schießstand dürfen nicht nur Vereinsmitglieder, sondern jeder Interessent (auch ohne Jagdschein) unter Aufsicht der Schießleitung schießen. Für den Betrieb der Schießstandanlage „X“ schloss der Kläger am 00.00.2001 mit der T-GmbH einen Pachtvertrag. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 dieses Pachtvertrags ist der Pächter dabei verpflichtet, für durch den Schießbetrieb des Pächters erhöhte Bodenkontaminationen aufzukommen, diese zu beseitigen und Verunreinigungen ordnungsgemäß zu entsorgen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Pachtvertrag Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 35).
5In den Streitjahren 2014 und 2015 verkaufte der Kläger auf dem Gelände des Schießstandes Schrotmunition (die sowohl als Übungsmunition als auch der Erbringung des Schießnachweises diente) sowie in untergeordnetem Umfang Kugelmunition. Bei der verkauften Schrotmunition handelte es sich um Übungsmunition, die in besonderer Weise auf den Schießbetrieb des Klägers abgestimmt war, nach seinen Vorgaben produziert wurde und mit dem Aufdruck „X Special“ (auf jeder Patrone) versehen war. Insbesondere auch vor dem Hintergrund der Kontaminationsverantwortlichkeit wurde die Schrotmunition mit Filzstopfen anstatt mit Kunststopfen hergestellt, um eine Verunreinigung des Geländes zu reduzieren und Kosten zu sparen, aber auch um Schallemissionen zu verringern. Zugleich war diese Munition in besonderer Weise auf die sog. Wurfweite der Schießtauben auf dem seitens des Klägers betriebenen Schießstandes abgestimmt. Die Munition war ausdrücklich für den Schießstand des Klägers vorgesehen. Der Aufdruck „X Special“ diente der Kontrolle, dass die Schützen ausschließlich diese zugelassene Munition auf dem Schießstand verwenden. In 2015 verkaufte der Kläger auch Schrotmunition an die gewerblich tätige Jagdschule U, O, und zwar i.H.v. brutto 10.455 €. Die Jagdschule U bot ihr Schießtraining am Schießstand des Klägers an.
6In seiner Umsatzsteuererklärung für 2014 erklärte der Kläger Umsätze zu 19 % i.H.v. 7.341 € und Umsätze zu 7 % i.H.v. 104.867 €. In seiner Umsatzsteuererklärung für 2015 erklärte er Umsätze zu 19 % i.H.v. 2.729 € und Umsätze zu 7 % i.H.v. 131.102 €. Hierbei erklärte er die Munitionsverkäufe an die Schützen zum ermäßigten Steuersatz, weil er diese dem Zweckbetrieb zuordnete.
7Eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung für 2014 endete mit Prüfungsbericht vom 01.12.2016. Eine Umsatzsteuersonderprüfung für 2015 endete mit Prüfungsbericht vom 24.03.2017. Die Umsatzsteuersonderprüfung stellte fest, dass die Veräußerung von Schießstandmunition zu Unrecht dem ermäßigten Steuersatz unterworfen worden sei. Es würde einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmern auf dem freien Markt darstellen, da diese die Munition unter behördlichen Auflagen zum Regelsteuersatz verkaufen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Prüfungsberichte Bezug genommen.
8Am 13.12.2016 und am 03.04.2017 erließ der Beklagte entsprechend den Prüfungsfeststellungen Umsatzsteueränderungsbescheide für 2014 und 2015 und setzte die Umsatzsteuer unter Anwendung des Regelsteuersatzes auf die streitigen Munitionsverkäufe für 2014 auf ./. 2.363,01 € (6.288,44 € mehr als erklärt) und für 2015 auf ./. 1.209,32 € (8.998,12 € mehr als erklärt) fest.
9Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Einsprüche führte der Kläger aus, dass eine Anwendung des Regelsteuersatzes von 19 % für die Veräußerung von Schießmunition nicht gerechtfertigt sei. Nach Abschnitt 12.9 Abs. 2 Satz 2 UStAE sei der ermäßigte Steuersatz auf Zweckbetriebe nach § 65 Abgabenordnung (AO), wie die Veräußerung der Munition einer sei, uneingeschränkt anwendbar. Im Hinblick auf eine mögliche Wettbewerbssituation führte er aus, dass es sich bei der im Rahmen des Schießbetriebes veräußerten Übungsmunition um die bereits oben beschriebene Spezialmunition handele, die speziell für den … Schießbetrieb hergestellt werde und auch nur für diesen bestimmt sei. Die Munition entspreche nur eingeschränkt den Anforderungen für den jagdlichen Einsatz und werde von den Schützen zu 99,9 % direkt vor Ort verschossen. Im Übrigen werde auf dem Schießstand im Aushang explizit darauf hingewiesen, dass die Munition vor Ort zu verwenden sei. Ein Wettbewerbsvorteil des Klägers gegenüber einem gewerblichen Munitionshändler sei daher nicht gegeben. Hinsichtlich der Übungsmunition könne allenfalls theoretisch ein Wettbewerb zwischen den ebenfalls steuerbegünstigten Zweckbetrieben der übrigen Hegeringe bestehen. Der Kläger habe keine Lizenz zum Direktbezug von Munition bei den Munitionsherstellern und könne diese als Verein auch nicht erhalten. Daher werde ein örtlicher Waffen-/Munitionshändler eingebunden, der die Spezialmunition für den Schießstand bei den einschlägigen Munitionsherstellern produzieren lasse. Allgemeine Übungsmunition könne auch von anderen Geschäften bezogen werden, insoweit sei aber allenfalls eine Wettbewerbssituation mit anderen Schießständen vorstellbar.
10Mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2018 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Er war der Ansicht, es handele sich bei den Einnahmen aus dem Verkauf der Munition nicht um Entgelte i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. §§ 52, 64 und 65 - 68 AO aus einem Zweckbetrieb, so dass sie dem Regelsteuersatz vom 19 % unterliegen würden.
11Bei dem Verkauf der Schießmunition handele es sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne von § 14 AO. Die Steuervergünstigung könne insofern nur erhalten bleiben, wenn es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handele (Rückausnahme). Die Veräußerung der Munition durch den Kläger erfülle jedoch nicht die Eigenschaften eines allgemeinen Zweckbetriebs i.S. von § 65 AO. Diese Tätigkeit diene nicht der Verwirklichung des Satzungszwecks, der in der Pflege und Förderung des Tierschutzes, des Schutzes und der Hege der freilebenden Tierwelt und Sicherung ihrer Lebensgrundlagen unter Wahrung der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie aller Zweige des Jagdwesens etc. bestehe.
12Bei der Veräußerung von Munition stehe - wie auch vom Kläger vorgetragen worden sei - die Verwendung von besonders hergestellter und ökologischer Munition im Vordergrund. Die Unterhaltung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gehe somit über die Verwirklichung des satzungsgemäßen Zwecks hinaus und werde nicht durch den Zweck bedingt. Das sei aber nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Voraussetzung. Der Kläger diene in seiner Gesamtausrichtung auch ohne Munitionsverkauf seinen satzungsmäßigen Zwecken. Allein die Tatsache, dass der Munitionsverkauf die satzungsmäßigen Zwecke erleichtere und ihnen dienlich sei, reiche für die Annahme eines Zweckbetriebs auch insoweit nicht aus.
13Darüber hinaus liege auch die weitere Voraussetzung gem. § 65 Nr. 2 AO nicht vor. Der Verkauf von Munition sei nicht das einzige und unentbehrliche Mittel des Klägers, den steuerbegünstigten Satzungszweck zu erreichen. Vielmehr bedürfe es weiterer Aktivitäten des Vereins, um die satzungsmäßigen Ziele zu verwirklichen. Die satzungsgemäßen Zwecke erreiche der Kläger u.a. durch die Gestellung vereinseigener Einrichtungen (z.B. Schießstand), Ausbildung von Jungjägern, Maßnahmen zur Erhaltung artenreicher Wildtierbestände unter Wahrung der Landeskultur, Pflege und Sicherung der Lebensräume wild lebender Tiere sowie von Öffentlichkeitsarbeit.
14Zudem trete der Kläger mit dem Verkauf von Munition mit vergleichbaren, nicht begünstigten Unternehmen in größeren Wettbewerb, als dies für die Erfüllung der begünstigten Zwecke unvermeidbar sei, § 65 Nr. 3 AO. Der Verkauf von Munition sei nicht nur auf die Zwecke des Vereins abgestellt. Die Munition werde auch an andere, hier insbesondere an die Jagdschule U, veräußert. Allein mit der Veräußerung an die Jagdschule U habe der Kläger in 2015 17,55% der Umsätze aus dem Verkauf der Munition erzielt. Daher handele es sich nicht um ein auf den Verein zugeschnittenes Angebot, sondern um ein Angebot an Jäger im Allgemeinen. Dieses Angebot stehe dann in Konkurrenz mit anderen Geschäften, die gleiche Waren für das gleiche Publikum anbieten würden. Dabei bedürfe es keines konkreten Nachweises, mit welchen anderen Steuerpflichtigen der Kläger möglicherweise in Konkurrenz trete. Bereits der potentielle Wettbewerb sei nach § 65 Nr. 3 AO geschützt. Der Kläger weise selbst darauf hin, dass die Übungsmunition auch von anderen Waffengeschäften veräußert werde. Damit liege eine objektive Konkurrenzsituation vor. Zwar werde die Veräußerung der Munition auf dem Vereinsgelände ausgeführt und liege nicht in direkter räumlicher Nähe zu anderen Anbietern. Eine Wettbewerbssituation scheide jedoch nur dann aus, wenn der Markt für die angebotene Leistung örtlich so eingegrenzt sei, dass eine Wettbewerbsbeeinträchtigung steuerpflichtiger Unternehmen ausgeschlossen werden könne (BFH, Urteil vom 29.10.2008 - I R 51/07, BFHE 223, 232, BStBl. II 2009, 1022). Das Interesse an der Wahrung der Wettbewerbsneutralität sei hier vorrangig, da der steuerbegünstigte Zweck auch ohne die Veräußerung der Munition erreicht werden könne.
15Auch das Unionsrecht eröffne keine günstigere Rechtsfolge. Nach Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersteuersystem (MwStSystRL) seien die Mitgliedstaaten berechtigt, steuerpflichtige Leistungen einem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Die Leistungen des Klägers seien der Richtlinie jedoch nicht zuzuordnen.
16Daraufhin hat der Kläger am 03.08.2018 Klage erhoben. Er ist weiterhin der Ansicht, dass der Verkauf der Munition dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG unterliege.
17Durch den Betrieb des Schießstandes werde ein Zweckbetrieb begründet. Der Verkauf von Munition vor Ort sei integraler Bestandteil dieses Zweckbetriebs, weil dieser die reibungslose Durchführung des Schießbetriebs auf der Anlage ermögliche. Er erleichtere insbesondere die Jungjägerausbildung, da die angehenden Jäger keine eigene Munition zur Anlage mitbringen könnten.
18Der Kläger trete nicht in größerem Umfang mit anderen Schießstandbetreibern kommerzieller Art in Wettbewerb, da kommerzielle Schießstandangebote nicht ausreichen würden, um die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers in der Breite umzusetzen. Eine relevante Wettbewerbssituation sei allenfalls hinsichtlich des Verkaufs von Munition an Dritte anzunehmen.
19Die auf dem Schießstand des Vereins verkaufte Spezialmunition „X Special“ sei ausschließlich zur Nutzung auf diesem Schießstand vorgesehen. Diese sei so am Markt nicht erhältlich. Ein Verkauf zu anderen Zwecken erfolge nicht. Im Einzelfall könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die spezifisch auf den Schießstand zugeschnittene Munition dort nicht vollständig verbraucht werde, sondern Restmunition für andere Zwecke an anderer Stelle eingesetzt würde. Eine solche Situation entspreche jedoch nicht dem Willen des Vereins und sei auch aufgrund der tatsächlichen Situation kaum vorstellbar, weil die Spezialmunition wegen ihrer dem Schießbetrieb in X angepassten Zusammensetzung für den jagdlichen Einsatz nur sehr eingeschränkt geeignet und auch teurer als jagdliche Munition oder herkömmliche Übungsmunition sei. Auf dem Schießstand selbst dürfe ausdrücklich nur die Spezialmunition „X Special“ verschossen werden. Um dies sicherzustellen, gebe es den besonderen Aufdruck auf der Munition.
20Er, der Kläger, habe die besondere Munition für die Schießanlage vor dem Hintergrund der pachtvertraglichen Kontaminationsverantwortlichkeit, aus allgemeinen ökologischen Erwägungen sowie aus Kostengründen in Auftrag gegeben. Außerdem sei diese Munition in besonderer Weise auf die sog. Wurfweite der Schießtauben auf den seitens des Klägers betriebenen Schießstands abgestimmt. Herstellung, Verkauf und Einsatz der Munition vor Ort dienten also unmittelbar dem bestmöglichen, satzungskonformen Betrieb der Schießanlage. Damit diene der Verkauf der Munition unmittelbar der bestmöglichen Verwirklichung der Satzungszwecke und sei insoweit Bestandteil des Zweckbetriebs Schießanlage bzw. sei selbst ein eigenständiger Zweckbetrieb.
21Allenfalls insoweit, als der Verkauf der Munition nicht vereinsintern erfolge, sondern an Dritte (sog. Firmenevents), könne man die Zweckbetriebseigenschaft in Zweifel ziehen. Dieser Verkauf sei bereits zum Regelsteuersatz abgerechnet und entsprechend versteuert worden. Allerdings sei der Verkauf an Dritte tatsächlich nur von untergeordneter Bedeutung und erfolge nur im Ausnahmefall, so dass hiermit die Zweckbetriebseigenschaft im Übrigen nicht beseitigt werde.
22Der Munitionsverkauf stelle im Übrigen eine unselbständige Nebenleistung des Schießstandbetriebs dar, was sich insbesondere daran zeige, dass die öffentlich-rechtliche Genehmigung zum Schießstandbetrieb zugleich die Genehmigung zum Munitionsverkauf umfasse. Beides sei letztlich wegen des im Umsatzsteuerrecht vorherrschenden Prinzips der Einheitlichkeit der Leistung einheitlich zu beurteilen. Der tatsächlich einheitliche Vorgang „Betrieb der Schießanlage mit Munitionsverkauf“ dürfe nicht künstlich auseinandergerissen werden. Der Umstand, dass der Munitionsverkauf separat vergütet werde und nicht in der allgemeinen Vereinsgebühr bzw. einer pauschalen Nutzungsgebühr für den Schießstand aufgehe, liege einzig darin begründet, dass insoweit eine verbrauchsscharfe Abrechnung der Munition erfolgen solle.
23Wenn man diese Qualifikation des Munitionsverkaufs nicht teilen wolle, stünden der Betrieb des Schießstandes und der Verkauf der Munition jedenfalls im Verhältnis einer Haupt- und Nebenleistung zueinander, wobei der Munitionsverkauf die Nebenleistung darstelle und das Schicksal der Hauptleistung teile. Der Verkauf der Munition vor Ort diene gerade der optimalen Nutzung der Schießanlage.
24Der Kläger beantragt,
25die Umsatzsteueränderungsbescheide für 2014 und 2015 vom 13.12.2016 und 03.04.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.07.2018 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2014 auf ./. 8.651,45 € und die Umsatzsteuer 2015 auf ./. 10.207,44 € herabgesetzt werden,
26hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen,
29hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
30Er nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend wie folgt vor:
31Im Streitjahr 2014 liege bereits insgesamt kein steuerbegünstigter Zweckbetrieb in umsatzsteuerlicher Hinsicht vor. Der Munitionsverkauf stehe zum einen in unmittelbarem Wettbewerb zu anderen Unternehmen, die ebenfalls (Übungs-)Munition zum allgemeinen Steuersatz veräußern würden, zum anderen diene der Zweckbetrieb offensichtlich mitunter der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in einem Wettbewerb mit diesen anderen Unternehmern stehen würden. Der Zweckbetrieb diene insbesondere im Streitjahr 2014 der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, da mehr als 50 % der gesamten steuerpflichtigen Umsätze durch solche wettbewerbsrelevanten Leistungen erzielt worden seien. Damit würden sämtliche Umsätze, zumindest in 2014, nicht mehr dem ermäßigten, sondern dem allgemeinen Steuersatz von 19 % unterliegen (Abschn. 12.9 Abs. 11 UStAE). Der Beklagte hat auf eine Verböserungsmöglichkeit seinerseits hingewiesen.
32Darüber hinaus dürfe den Schießstand des Klägers jeder Interessent – auch ohne Jagdschein – gegen Zahlung unter Aufsicht nutzen. Er stehe damit in Konkurrenz zu gewerblichen, von nicht gemeinnützigen Einrichtungen betriebenen Schießständen. Die Förderung des allgemeinen Schießens sei nicht Satzungszweck und daher nicht förderungsberechtigt im Sinne des § 52 AO. Der Kläger stehe damit in Konkurrenz zu gewerblichen Schießständen.
33Außerdem gehe die Verwendung von besonders hergestellter und ökologischer Munition über den Satzungszweck hinaus und werde nicht durch den Satzungszweck bedingt. Allein die Tatsache, dass der Munitionsverkauf die satzungsmäßigen Zwecke erleichtere und ihnen dienlich sei, reiche für die Annahme eines Zweckbetriebes nicht aus. Die Vermeidung von Kontaminationen habe ihre Ursache in dem Pachtvertrag, nicht in der Satzung. Auch müsse laut Pachtvertrag eine Kontaminierung bzw. Verunreinigung nicht verhindert, sondern lediglich zu späterem Zeitpunkt wieder beseitigt werden.
34Der Betrieb der Schießanlage und der Verkauf der Munition stellten keine einheitliche Leistung dar. Es handele sich bei dem Munitionsverkauf sowie der Nutzung des Schießstandes nicht um ein untrennbares Ganzes in Form eines nicht aufteilbaren, einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs.
35Zudem erfülle der Munitionsverkauf einen eigenen Zweck und stelle nicht nur das Mittel dar, um die Hauptleistung des Klägers unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Es sei nicht ersichtlich, dass die verkaufte Munition allein am Schießstand des Vereins genutzt werde. Die Munition sei auch an die Jagdschule U veräußert worden. Bei den von den Umsatzsteuersonderprüfungen festgestellten Umsatzverhältnissen (der Munitionsverkauf habe in den Streitjahren 51 % bzw. 40,6 % ausgemacht) sei nicht davon auszugehen, dass der vom Kläger als Nebenleistung angegebene Munitionsverkauf das Schicksal der Hauptleistung teilen könne. Es handele sich nicht um eine Nebenleistung, sondern um eine selbstständige Hauptleistung.
36Soweit der Kläger darauf verweise, dass die Munitionsnutzung unmittelbar die bestmögliche Verwirklichung der Vereinszwecke ermögliche, sei dem entgegenzuhalten, dass der Verkauf der Munition ausweislich der Satzung nicht der Verwirklichung des Satzungszwecks diene.
37Es entspreche im Übrigen der allgemeinen Lebenserfahrung, dass mit der öffentlich-rechtlichen Genehmigung die „Gesamtanlage“ nach eingereichtem Antrag genehmigt worden sei, die sicherlich auch weitere Punkte wie z.B. Immissionsschutz und ökologische Gesichtspunkte (Bodenbeschaffenheit, Bleianteil verwendeter Munition etc.) beinhalte. Eine Herauslösung des Betriebs der Schießanlage sowie des Munitionsverkaufs als einheitlicher Vorgang ergebe sich jedoch aufgrund der Aktenlage nicht.
38Die Sache ist am 17.09.2020 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
40I. Die Klage ist unbegründet.
41Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2014 vom 13.12.2016 und 2015 vom 03.04.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.07.2018, sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
42Auf die Umsätze des Klägers aus dem Munitionsverkauf ist der Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG anzuwenden. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG findet keine Anwendung.
431. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ist auf Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke gemäß §§ 51 bis 68 AO verfolgen, der ermäßigte Steuersatz anzuwenden (Grundsatz). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden (Ausnahme nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG). In § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG (eingefügt durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878 - nach dem dortigen Artikel 20 Abs. 1 mit Wirkung ab 19.12.2006) ist eine Rückausnahme (also die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes) für Zweckbetriebe geregelt, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (1. Alternative), oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht (2. Alternative). Der Gesetzeswortlaut der 1. Alternative entspricht dabei der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drucks. 16/2712, 75), nach der eine z.B. gemeinnützige Körperschaft den ermäßigten Steuersatz nicht für die Leistungen eines Zweckbetriebs in Anspruch nehmen kann, die in erster Linie dazu bestimmt sind, der Körperschaft zusätzliche Einnahmen durch solche Leistungen zu verschaffen, die auch andere (nicht steuerbegünstigte) Unternehmen ausführen können.
442. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ist seit 1993 auch das dieser Steuerermäßigung zugrunde liegende Unionsrecht zu beachten (BFH, Urteil vom 10.06.2016 V R 11/15, BStBl II 2018, 113, Rz. 18).
45Nach Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze auf die Lieferungen und Dienstleistungen der im Anhang III MwStSystRL genannten Kategorien anwenden. Nach Anhang III Nr. 15 MwStSystRL besteht für die Mitgliedstaaten die Befugnis, für die steuerpflichtigen Leistungen der „von den Mitgliedstaaten anerkannte[n] gemeinnützige[n] Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit“ einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Auf dieser Grundlage dürfen die Mitgliedstaaten „nicht auf alle gemeinnützigen Leistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden..., sondern nur auf diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind“ (EuGH, Urteil vom 17.06.2010, C-492/08, Kommission/Frankreich, UR 2010, 662, Rz. 43; BFH, Urteile vom 10.08.2016 V R 11/15, BStBl II 2018, 113, Rz. 22; vom 08.03.2012 V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 15).
46Daraus folgt, dass zumindest andere als gemeinnützige Leistungen unionsrechtlich vom Anwendungsbereich der Steuerermäßigung für gemeinnützige Körperschaften von vornherein ausgeschlossen sind (EuGH, Urteil vom 17. 06.2010 C-492/08, Kommission/Frankreich, HFR 2010, 883, Rz 43; BFH, Urteil vom 10.08.2016 V R 11/15, BStBl II 2018, 113, Rz. 22). Denn für nicht originär gemeinnützige Leistungen sieht das Unionsrecht keine Steuersatzermäßigungen vor.
473. Abweichend von dem unionsrechtlich zulässigen Rahmen erstreckt sich die nationale Regelung aufgrund der Verweisung auf die §§ 51 ff. AO auf alle Leistungen gemeinnütziger Körperschaften, ohne dass dabei eine Einschränkung auf die Leistungen vorzunehmen ist, die Körperschaften erbringen, die – wie nach der Richtlinie erforderlich – für wohltätige Zwecke oder solche „im Bereich der sozialen Sicherheit“ tätig sind. Einer Anpassung an die Vorgaben der MwStSystRL durch die grundsätzlich gebotene richtlinienkonforme Auslegung zu Lasten des Klägers steht der Wortlaut der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG entgegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.08.2005 V R 42/03, BStBl II 2006, 44, unter II.4.; vom 27.04.2006 V R 53/04, BStBl II 2007, 16, unter II.4.b; vom 08.03.2012 V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rn. 19 f.; vom 24.09.2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 528, HFR 2015, 528, Rz. 46). Denn aufgrund der im Rahmen des Klammerzusatzes ausdrücklichen Bezugnahme auf die §§ 51 bis 68 AO und der sich hieraus ergebenden Verweisung auf den Beispielskatalog in § 52 Abs. 2 AO fehlt es an einem hinreichenden Anknüpfungspunkt für eine dem Unionsrecht entsprechende Einschränkung des ermäßigten Steuersatzes auf die Leistungen der anerkannten Einrichtungen, die „für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit“ tätig sind.
48Die unionsrechtliche Harmonisierung der Steuersatzermäßigungen ist aber bei der Auslegung der abgabenrechtlichen Begriffe zu berücksichtigen, auf die § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG verweist (BFH, Urteil vom 10.08.2016 V R 11/15, BStBl II 2018, 113, Rz. 23). Dies gilt auch für die Auslegung der Zweckbetriebsdefinitionen der §§ 65 ff. AO im Rahmen der Bestimmung der Reichweite der Steuersatzermäßigung. Die Begriffe, die – unmittelbar oder mittelbar – gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG zur Anwendung des Regelsteuersatzes führen, sind weit und die Begriffe, die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen, eng auszulegen (BFH, Urteile vom 08.03.2012 V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 30; vom 20.03.2014 V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, HFR 2014, 822, Rn. 25; vom 24.09.2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 528, HFR 2015, 528, Rz. 44 f.).
494. Bei Anwendung vorstehender Grundsätze unterliegen im Streitfall die Leistungen aus dem Munitionsverkauf des Klägers nicht dem ermäßigten Steuersatz des §12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.
50Zwar ist der Kläger vorliegend eine als gemeinnützig anerkannte Körperschaft i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG. Die satzungsgemäßen Zwecke bestehen sowohl in der Förderung des Naturschutzes als auch des Tierschutzes (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 und 14 UStG). Doch scheidet die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den streitigen Verkauf der Munition am Schießstand X bei der gebotenen Auslegung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG aus.
51a) Der streitige Verkauf der Munition erfolgte – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – steuerbar und steuerpflichtig im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. §§ 64, 14 AO. Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist weit auszulegen und umfasst jegliche unternehmerische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 UStG (BFH, Urteil vom 20.03.2014 V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, Rn. 26). Der Verkauf der Munition lässt sich von dem Betrieb des Schießstands X trennen. Der Betrieb einer Schießanlage bedingt zur Überzeugung des Senats nicht zugleich die Gestellung von Munition durch den Schießstandbetreiber. Die Nutzer eines Schießstands können grundsätzlich auch eigene (Übungs-)Munition verwenden. Die Berechnung eines gesonderten Entgelts unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch der Munition macht den gesonderten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hier nochmals deutlich.
52b) Der Verkauf von Munition durch eine steuerbegünstigte Körperschaft unterliegt somit nur dann dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG, wenn ein Zweckbetrieb vorliegt und die weiteren Voraussetzungen des Satzes 3 erfüllt sind.
53Hier liegt bereits kein Zweckbetrieb im Sinne der Vorschrift vor, so dass es auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht mehr ankommt.
54Vorliegend kann sich die Zweckbetriebseigenschaft lediglich aus § 65 AO ergeben, weil die §§ 66 bis 68 AO nicht einschlägig sind. Es liegen insbesondere keine sportlichen Veranstaltungen eines Sportvereins vor (§ 67a AO). Als Sportverein sind alle gemeinnützigen Körperschaften anzusehen, bei denen die Förderung des Sports Satzungszweck ist (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21) und bei denen die tatsächliche Geschäftsführung dem Satzungszweck entspricht. Dabei braucht Sport nicht der einzige, muss aber der überwiegende Satzungszweck sein (Musil in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 258. Lieferung 07.2020, § 67a AO, Rn. 24). Vorliegend ist zwar auch das jagdsportliche Schießen Bestandteil der Satzungszwecke des Klägers. Doch stellt dies nicht den überwiegenden Satzungszweck dar, der insbesondere die Pflege und Förderung des Tierschutzes, den Naturschutz und die Landschaftspflege sowie alle Zweige des Jagdwesens, auch des jagdlichen Brauchtums und der Heimatkunde umfasst.
55Ein Zweckbetrieb ist gemäß § 65 AO gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (Nr. 1 der Vorschrift), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (Nr. 2 der Vorschrift) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (Nr. 3 der Vorschrift). Im Streitfall liegt keine der drei Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, vor.
56aa) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Klägers in Gestalt des Munitionsverkaufs dient in seiner Gesamtrichtung nicht dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO).
57Die Geschäftstätigkeit muss „in ihrer Gesamtheit“ ausschließlich durch den steuerbegünstigten Zweck bestimmt sein. Erforderlich ist hiernach eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung zum einen der Art der Tätigkeit und zum anderen der Beziehung zum konkreten Satzungszweck. Alle Maßnahmen der Geschäftsführung müssen auf die gegenwärtige Förderung der Allgemeinheit ausgerichtet sein und diesem Ziel „dienen“. Es ist stets die Prüffrage zu stellen, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit nach ihrem gesamten Inhalt eine solche Qualität hat, dass es gerechtfertigt wäre, die Körperschaft gegenüber anderen Unternehmern zu begünstigen. Betätigungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, die nicht der Zweckverwirklichung dienen, schließen, wenn sie nicht unbedeutend sind, die Anerkennung als Zweckbetrieb aus, „weil der Betrieb in diesem Umfang nicht zur Zweckerfüllung erforderlich ist (s. zum Ganzen Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 258. Lieferung 07.2020, § 65 AO, Rn. 94 ff.)
58Im Streitfall ist der Munitionsverkauf nicht allein durch die satzungsgemäßen Zwecke wie u.a. die Pflege und Förderung des Tierschutzes und den Naturschutz geprägt, denn der Kläger trägt selbst vor, dass der Munitionsverkauf insbesondere auch der Erleichterung des Betriebs des Schießstands X dient. Der Verkauf der speziell auf den Schießstand abgestimmten Munition mit seiner besonderen ökologischen Zusammensetzung trägt der Kontaminationsverantwortlichkeit aus dem mit der T-GmbH geschlossenen Pachtvertrag Rechnung. Dies ist aber nicht Satzungszweck des Klägers. Nicht zu vernachlässigen ist zudem, dass er dem Komfort und der Bequemlichkeit der Schützen dient, für die es weniger Aufwand bedeutet, wenn sie die Munition direkt vor Ort am Schießstand erwerben können, als wenn sie zuvor einen Waffenhändler aufsuchen müssten.
59Die Betätigung ist auch nicht nur unbedeutend angesichts dessen, dass die Einnahmen aus dem Munitionsverkauf 2014 ca. 50% und 2015 ca. 40 % der Umsätze des Klägers betragen haben. Auch die absolute Höhe der Entgelte aus den Munitionsverkäufen (in den Streitjahren jeweils mehr als 50.000 € netto) ist nicht unbedeutend.
60bb) Auch können die Satzungszwecke des Klägers nicht allein durch den Verkauf von Munition vor Ort erreicht werden (§ 65 Nr. 2 AO). Durch Verwendung eigener Munition der Schießstandbenutzer könnten die Satzungszwecke ebenfalls erreicht werden. Der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke des Klägers würde auch andere Übungsmunition als die Spezialmunition „X Special“ dienen. Selbst die Spezialmunition zur Berücksichtigung der Kontaminierungsverantwortung hätte zur Überzeugung des Senats auch durch eine Einbeziehung des örtlichen Waffenhändlers dergestalt, dass dieser die Munition unmittelbar an die Nutzer der Schießanlage veräußert, erreicht werden können. So bringen die Jäger, wie der Kläger vorgetragen hat, teils auch ihre eigene Jagdmunition / Kugelmunition zur Prüfung ihrer Waffe mit.
61cc) Schließlich ist auch die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO nicht gegeben. Der Senat kann nicht erkennen, dass der Kläger mit dem Verkauf der Munition nicht zu anderen, nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
62Der Kläger erbringt seinen Munitionsverkauf vielmehr in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen von Waffenhändlern, deren Leistungen dem Regelsteuersatz unterliegen. Erforderlich ist nicht, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, auf dem sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Sinn und Zweck des § 65 Nr.3 AO liegen im Schutz des Wettbewerbs. Durch steuerliche Regelungen sollen weder Marktzutrittsschranken errichtet oder Wettbewerber vom Markt verdrängt werden noch soll in sonstiger Weise der Wettbewerb beeinträchtigt werden. Diesem umfänglichen Wettbewerbsschutz unterliegt daher auch der potentielle Wettbewerb (vgl. BFH, Urteile vom 23.11.1988 I R 11/88, BStBl II 1989, 391; vom 13.08.1986 II R 246/81, BStBl II 1986, 831). Eine Wettbewerbssituation scheidet nur dann aus, wenn der Markt für die angebotene Leistung so eingegrenzt ist, dass eine Wettbewerbsbeeinträchtigung steuerpflichtiger Unternehmen ausgeschlossen werden kann (BFH, Urteil vom 29.10.2008 I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022).
63Hier liegt eine Wettbewerbssituation i.S.d. § 65 Nr. 3 AO vor, weil der Kläger durch den Verkauf der Munition mit Waffen- und Munitionshändlern, insbesondere dem örtlichen Waffenhändler in Wettbewerb tritt. Bei rechtlicher Bestätigung der Handhabung, dass die Munition vom Hegering zunächst beim örtlichen Waffenhändler in großer Stückzahl abgerufen wird und dort der Regelsteuersatz zur Anwendung kommt, der Kläger aber mit der Abgabe an die Schützen lediglich den ermäßigten Steuersatz erhebt, würde sich ein wirtschaftlicher Vorteil in Höhe der Umsatzsteuerdifferenz von 12 % ergeben. Ein direkter Einkauf beim Waffenhändler – wenn er ermöglicht werden würde – würde für den einzelnen Schützen stets zu einem erheblich höheren Preis führen, was für den einzelnen Schützen wirtschaftlich unsinnig wäre. Damit steht der Munitionsverkauf in unmittelbarem Wettbewerb mit den dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer (Waffenhändler). Zudem verkauft der Kläger in untergeordnetem Umfang Kugelmunition, die auch beim örtlichen Waffenhändler oder anderen Waffen-/Munitionshändlern im Rahmen der waffenrechtlichen Voraussetzungen frei erwerblich ist.
64Die Wettbewerbssituation ist schädlich, weil sie in größerem Umfang besteht, als es für die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar war. Unvermeidbarkeit in diesem Sinne besteht dann, wenn die jeweiligen Leistungen das notwendige Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits wiederum nicht verfolgen (BFH, Urteil vom 13.06.2012 I R 71/11, BFH/NV 2013, 89; FG Hamburg, Urteil vom 15.11.2017, 1 K 2/16, EFG 2018, 792). Ideeller Zweck des Klägers ist u. a. die Förderung des Tierschutzes. Um diesen Zweck zu erreichen, ist das Betreiben eines Schießstandes zwingend notwendig, um Jungjägern und Vereinsmitgliedern das Schießtraining zu ermöglichen. Allerdings ist ein Munitionsverkauf vor Ort, also am Schießstand, gerade nicht aus Gründen des Tier-/Naturschutzes notwendig. Genauso gut könnten die Vereinsmitglieder Übungsmunition beim örtlichen Waffenhändler erwerben, wie sie es bereits hinsichtlich der eigenen Kugelmunition handhaben. Der örtliche Waffenhändler, dessen Umsätze dem Regelsteuersatz unterliegen, verfolgt gerade nicht den ideellen Zweck des Tierschutzes. Zwar mag nicht genau die „X Special“-Munition im freien Verkauf erhältlich sein, allerdings ist diese Munition auch nicht die einzige Übungsmunition, die der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke des Klägers dient. Da der örtliche Waffenhändler aber ohnehin derjenige ist, der die Herstellung der „X Special“-Munition in Auftrag gibt, dürfte es auch kein Problem darstellen, wenn die Vereinsmitglieder die Munition direkt über ihn beziehen. Außerdem kann der Kläger auch nicht ausschließen, dass die auf den Schießstand zugeschnittene Munition dort nicht vollständig verbraucht wird, sondern Restmunition für andere Zwecke an anderer Stelle eingesetzt wird.
655. Der erkennende Senat sieht in dem Betrieb des Schießstandes und dem Verkauf der Munition – entsprechend der Trennung auch der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe – keine einheitliche Leistung.
66In der Regel ist jeder Umsatz als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Eine einheitliche Leistung liegt dann vor, wenn zwei oder mehr Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Eine einheitliche Leistung liegt auch dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile aber als die Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 15.01.2009 V R 9/06, BStBl II 2010, 433, unter II.1.a; vom 19.10.2011 XI R 20/09, BStBl II 2012, 374, unter II.2.a; vom 24.04.2013 XI R 3/11, BStBl II 2014, 86, Rn. 47).
67Eine Aufspaltung der Verschaffung der Möglichkeit zur Nutzung des Schießstands und des Munitionsverkaufs ist vorliegend nicht wirklichkeitsfremd. Sie stellen objektiv keine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung dar. Die Munition kann von Erwerbsberechtigten ebenso bei Waffenhändlern erworben und zum Schießstand transportiert werden. Erwerbsberechtigte sind grundsätzlich gerade nicht darauf angewiesen, die Munition zwingend vor Ort am Schießstand zu kaufen. Insbesondere die Existenz von Waffenhändlern, über die neben Waffen auch Munition bezogen werden kann, macht deutlich, dass auch ausschließlich ein Verkauf von Munition stattfindet, ohne dass es vor Ort einen Schießstand gibt, an dem die Munition unmittelbar verschossen werden kann.
68Der Munitionsverkauf stellt auch keine bloße Nebenleistung zur Hauptleistung „Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit des Schießstands X“ dar, die dann dessen Schicksal (ermäßigter Steuersatz) teilen würde. Der Besitz von Munition ist Voraussetzung, um überhaupt Schießübungen vollziehen zu können. Hier ist die Verwendung der Spezialmunition „X Special“ nach den für den Schießstand X vom Kläger selbst aufgestellten Regularien Voraussetzung, um dort Schießübungen verrichten zu können. Der Kauf der Munition vor Ort stellt hierbei aber nicht nur das Mittel dar, um die Hauptleistung des Klägers – die Zurverfügungstellung der Schießanlage – unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Der Bezug der Spezialmunition vom Kläger hat vielmehr einen eigenen Zweck, nämlich einerseits die Erfüllung der Schießregularien des Klägers, der aufgrund seiner eigenen Kontaminierungsverpflichtungen aus dem geschlossenen Pachtvertrag nur das Schießen mit der Munition „X Special“ zulässt, und andererseits die bequemere Beschaffung von passender Übungsmunition. Der Leistungsempfänger hingegen könnte aus seiner Sicht auch andere Übungsmunition verwenden, um die Schießanlage erfolgreich nutzen zu können. Würde man den Munitionsverkauf vor Ort als bloße Nebenleistung zur Hauptleistung „Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit des Schießstands X“ erkennen, hätte der Unternehmer – hier der Kläger – die Höhe der Besteuerung des Munitionsverkaufs selbst in der Hand allein durch die Vorgabe, dass nur die vor Ort zu kaufende Munition verwendet werden darf. Dies ist jedoch kein sachgerechtes Kriterium für die Qualifizierung einer Leistung als Nebenleistung zur Hauptleistung.
69II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
70III. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.