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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über den Ansatz eines Entnahmegewinns für ein Grundstück aus einem Verpachtungsbetrieb aufgrund der Bestellung eines Erbbaurechts in den Streitjahren 2011 bis 2013 sowie über die abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2011 bis 2013 und der Zinsen zur Einkommensteuer 2013 aus Billigkeitsgründen gem. § 163 der Abgabenordnung – AO –.
3Die Klägerin war verheiratet mit Herrn E 2 und ist seit dem Jahr 1987 geschieden. Sie erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 2011 erzielte sie zudem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, in den Jahren 2012 und 2013 auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuertarif unterlagen.
4Die Klägerin ist Eigentümerin eines 142.030 m² (14,2030 ha) großen Grundstück in A, Ortsteil O. Sie hatte das Grundstück im Wege der Erbfolge erworben nach ihrem am ...1996 verstorbenen Vater, Herrn T, der bis 1991 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit den Zweigen Ackerbau und Viehhaltung führte. Seit 1991 wurde der gesamte Betrieb verpachtet. Die Klägerin trat nach der Erbfolge in die Pachtverhältnisse ein und führte diese fort. Sie betrieb die Land- und Forstwirtschaft nicht selbst. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass zu Beginn des Streitzeitraums ein 140.630 m² (14,063 ha) großes Grundstück zum Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs der Klägerin gehörte. Auf dem übrigen Teil, einem 1.400 m² großen Grundstück, befand sich das Wohnhaus der Klägerin. Dieses Grundstück gehörte zum Privatvermögen der Klägerin.
5Im Streitzeitraum bestand ein Pachtvertrag zwischen der Klägerin als Verpächterin und Herrn H, A, als Pächter. Der Pachtvertrag wurde für die Zeit vom ...2010 bis zum ...2020 abgeschlossen und bezog sich ursprünglich auf eine Fläche von 7,2 ha zu einem Pachtzins von jährlich X € / ha. Im Jahr 2011 verminderte sich die Fläche auf ca. 3,9 ha. Aufgrund eines weiteren Pachtvertrags verpachtete die Klägerin an die P GmbH, A, 4,0 ha ihrer Grundstücke für den Zeitraum vom ....2006 bis zum ...2016 zu einem Pachtzins von ebenfalls jährlich X € / ha. Darüber hinaus waren Wirtschaftsgebäude … an die P GmbH verpachtet. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass weder die Klägerin noch ihr Vater im Zusammenhang mit der Betriebsverpachtung die Absicht einer Betriebseinstellung erklärt hatte.
6Mit Vertrag vom ...2011 (UR-Nr. xxx/2011 des Notars C in A) bestellte die Klägerin ein Erbbaurecht auf dem im Grundbuch von A (Gemarkung O, Blatt xxxx, Flur x, Flurstück xxx nach Vermessung, zuvor Flurstück xxx) eingetragenen Grundstück zur Größe von 34.790 m² (nach Vermessung, zuvor 34.650 m2). Das Grundstück gehörte zum Betriebsvermögen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und war unbebaut. Erbbauberechtigte war die W GmbH & Co. KG, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts M unter HRA xxxx. Das Grundstück wurde am 1.10.2011 an die Erbbauberechtigte übergeben. Der Vertrag enthielt u.a. die folgenden Bestimmungen:
7„B. Bestellung des Erbbaurechts
81. […]
93. Das Erbbaurecht beginnt mit dem Tage seiner Eintragung im Grundbuch und endet mit Ablauf des 31.12.2061 […].
10C. Vertraglicher (dinglicher) Inhalt des Erbbaurechts
11Zum vertraglichen (dinglichen) Inhalt des Erbbaurechts werden folgende Vereinbarungen getroffen:
12I. Errichtung und Nutzung von Bauwerken
131. Der Erbbauberechtigte ist berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück auf seine Kosten baurechtlich zulässige Lager- und Produktionshallen sowie Bürogebäude und sonstige Nebenanlagen für den Produktions- und Geschäftsbetrieb der RW-Gruppe zu errichten und zu belassen. Der Erbbauberechtigte ist ebenso befugt, mit schriftlicher Zustimmung des Grundstückseigentümers künftig noch weitere Baukörper dieser Art für den Produktions- und Geschäftsbetrieb der RW-Gruppe auf dem Erbbaugrundstück zu errichten und zu unterhalten.
142. Die Bauwerke dürfen nur mit schriftlicher Zustimmung des Grundstückseigentümers ganz oder teilweise abgebrochen oder wesentlich verändert werden. […]
15II. Bau- und Unterhaltungsverpflichtung
161. Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, die vorgesehenen Bauwerke innerhalb von drei Jahren nach Vorliegen der erforderlichen Baugenehmigungen bezugsfertig zu errichten. […]
17IX. Erneuerungsvorrecht und Verlängerungsoption
18Nach Ablauf des Erbbaurechts hat der Erbbauberechtigte unter den Voraussetzungen des § 31 Erbbaurechtsgesetz das Vorrecht auf Erneuerung.
19Schuldrechtlich wird vereinbart:
20Auf Verlangen des jeweiligen Erbbauberechtigten verlängert sich die Laufzeit des Erbbaurechts zweimal um je 15 Jahre. […]“
21Wegen der Einzelheiten wird auf den Erbbauvertrag vom ...2011 verwiesen.
22In der Folgezeit wurden die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung des Erbbaugrundstücks geschaffen. Das Grundstück unterlag dem Bebauungsplan Nr. xxxx „X-Straße / N“, welcher am ...2012 rechtskräftig wurde und das Grundstück als Gewerbegebietsfläche und als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft auswies. Gleichwohl kam es nicht zu der im Erbbauvertrag vom ...2011 vorgesehenen Bebauung des Erbbaugrundstücks. Das Grundstück wurde bis zum Jahr 2015 vielmehr weiterhin landwirtschaftlich zum Getreideanbau genutzt. Die Erbbauberechtigte erstellte auf dem Erbbaugrundstück ab Juni 2015 aber eine rund 3.000 m² große Befestigung für Parkplätze.
23Nachdem die Klägerin für die Streitjahre zunächst keine Steuererklärungen abgegeben hatte, setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2011 mit Bescheid vom 17.1.2014 im Wege der Schätzung gemäß § 162 der Abgabenordnung – AO – und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO fest.
24Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (im Folgenden: „GKBP“) führte ab dem 17.2.2015 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Während der laufenden Betriebsprüfung gab die Klägerin für alle Streitjahre am 8.5.2015 ihre Einkommensteuererklärungen ab. Ihren Gewinn aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ermittelte sie durch Einnahmeüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Ihr Wirtschaftsjahr begann jeweils am 1. Juli und endete am 30. Juni. Für den Zeitraum 1.7.2011 bis 30.6.2012 erklärte sie einen Gewinn von X €, für den Zeitraum 1.7.2012 bis 30.6.2013 einen Gewinn von X €. Die Einnahmen i.H.v. X € zum 30.6.2012 und i.H.v. X € zum 30.6.2013 bestanden im Wesentlichen aus den aufgrund des Vertrags vom ...2011 gezahlten Erbbauzinsen, und zwar i.H.v. X € (3 × X €) zum 30.6.2012 und i.H.v. X € (4 × X €) zum 30.6.2013. Bei den übrigen Einnahmen handelte es sich um die Grundstücks-Pachteinnahmen von „H“ und „P-GmbH“ (jährlich je X €) und um die Gebäudepacht von „P-GmbH“ (jährlich je X €).
25Im Prüfungsbericht vom 24.7.2015 gelangte der Prüfer unter Tz. 2.3.7 zu dem Ergebnis, das Erbbaugrundstück (Flurstück xxx) sei aufgrund der Nutzungsänderung durch die Erbbaurechtsbestellung nicht mehr dem notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzuordnen. Das erbbaubelastete Grundstück (34.790 m²) stelle im Verhältnis zur Gesamtfläche aller Betriebsgrundstücke (140.630 m²) einen Anteil von 24,74 % dar. Damit sei die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % überschritten. Da zudem die Erbbauzinserträge die übrigen Erträge aus dem Verpachtungsbetrieb bei weitem überstiegen, sei das Erbbaugrundstück mit seiner Bestellung zum 1.10.2011 zwingend aus dem Betriebsvermögen entnommen worden. Die Vermögensverwaltung verdränge die Land- und Forstwirtschaft.
26Der steuerpflichtige Grundstücksentnahmegewinn betrage X €. Dieser sei mit X € auf den Veranlagungszeitraum 2011 und mit X € auf den Veranlagungszeitraum 2012 zu verteilen (Tz. 2.3.9 des Prüfungsberichts). Ausweislich der Anlage 4 zum Prüfungsbericht berechnete der Prüfer den Entnahmegewinn aus der Differenz des Teilwerts auf den 1.10.2011 zum Buchwert. Zur Ermittlung des Teilwerts multiplizierte er den Jahreserbbauzins (X €) mit dem Kapitalwert laut Anlage 9a zu § 13 des Bewertungsgesetzes – BewG –. Bei einer Laufzeit von 50 Jahren (Kapitalwert 17,397) errechnete er einen Teilwert von X €. Davon zog er den Buchwert der Grundstücke i.H.v. X € ab und ermittelte so den Entnahmegewinn von X €. Die Buchwerte der Grundstücke ermittelte er unter Berücksichtigung des § 55 Abs. 1 bis 5 EStG, da die Klägerin hierzu in ihren Steuererklärungen keine Angaben gemacht hatte, wie folgt:
27Nutzungsart |
m2 |
€ |
Berechnung gem. |
Weg |
47 |
X |
§ 55 Abs. 5 EStG |
Ackerland |
2.782 |
X |
§ 55 Abs. 1 EStG |
Waldfläche |
138 |
X |
§ 55 Abs. 1 EStG |
Bahngelände |
48 |
X |
§ 55 Abs. 5 EStG |
Ackerland |
31.775 |
X |
§ 55 Abs. 1 EStG |
Summe |
34.790 |
X |
Aufgrund der Überführung des Erbbaugrundstücks in das Privatvermögen seien die Erbbauzinsen nunmehr den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen, so der Prüfer (Tz. 2.6.2 und 2.6.3 des Prüfungsberichts). Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 24.7.2015 verwiesen.
29Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 24.9.2015 entsprechende Einkommensteuerbescheide. Die Einkommensteuer für 2011 setzte er auf X € und für 2012 auf X € fest. Dabei ging der Beklagte von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. X € für 2011 und X € für 2012 aus. Die Erbbauzinsen erfasste er bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, und zwar i.H.v. X € für 2011 und X € für 2012. Die Einkommensteuer für 2013 setzte er unter Berücksichtigung der Einkommensteuererklärung, der Erbbauzinsen i.H.v. X € bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie weiterer Prüfungsfeststellungen auf X €, die Zinsen zur Einkommensteuer 2013 auf X € fest. Bei der Festsetzung für das Jahr 2011 handelte es sich um einen Änderungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO, mit dem zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Die Festsetzungen für die Jahre 2012 und 2013 stellten erstmalige Festsetzungen dar.
30Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 28.10.2015 Einspruch ein. Den Einspruch richtete sie gegen die „Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2011, 2012 und 2013 alle vom 24.09.2015“. Die Zinsen zur Einkommensteuer 2013 benannte sie in ihrem Einspruchsschreiben nicht. Ihren Einspruch begründete sie damit, landwirtschaftlich genutzte Grundstücke würden ihre Eigenschaft als landwirtschaftliches Betriebsvermögen aufgrund einer Nutzungsänderung nur dann verlieren, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliege. Das sei nur dann der Fall, wenn sich die Nutzung auf Dauer so ändere, dass das Grundstück seine Beziehung zum Betrieb verliere und dadurch notwendiges Privatvermögen werde. Allein aus der Bestellung eines Erbbaurechts sei dies nicht zu folgern, und zwar im Streitfall bereits deshalb, weil das fragliche Grundstück bis zum Ende des Streitzeitraums noch landwirtschaftlich genutzt worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 18.12.2014 IV R IV R 40/10 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2015, 827). Aus diesem Urteil ergebe sich zwar, dass der Abschluss eines Erbbauvertrags zu einer zwangsweisen Betriebsaufgabe führen könne. Das Urteil betreffe aber einen Gewerbebetrieb, nicht hingegen einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall könne der Betrieb im vorliegenden Streitfall in der bisherigen Form fortgeführt werden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass im Streitfall das Erbbaurecht nur für eine Dauer von 50 Jahren, während es in Fällen der Betriebsaufgabe für eine Dauer von 99 Jahren bestellt worden sei. Der BFH habe bereits anerkannt, dass eine Zwangsentnahme nicht vorliege, wenn ein Grundstück nur für einen Zeitraum von 30 Jahren pachtweise überlassen werde (BFH-Beschluss vom 3.5.2007 IV B 79/06, BFH/NV 2007, 2084).
31Mit Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 wies der Beklagte den gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 erhobenen Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung erklärte er, nach der Rechtsprechung führe die Bestellung eines entgeltlichen Erbbaurechts an einzelnen zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken grundsätzlich nicht zu einer Entnahme, wenn die Nutzungsänderung durch die Erbbaurechtsbestellung nur eine Fläche umfasse, die im Vergleich zur Gesamtfläche des Betriebs von geringer Bedeutung sei. Dies sei bei Unterschreiten der Grenze von 10 % anzunehmen. Demgegenüber liege eine Zwangsentnahme vor, wenn die sog. 10 %-Grenze überschritten sei und dadurch die mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücke aufgrund ihres Umfangs das Gesamtbild der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit derart veränderten, dass die Vermögensverwaltung die Land- und Forstwirtschaft verdränge. Letzteres sei im Streitfall anzunehmen, weil das Verhältnis der Größe des Erbbaugrundstücks zu der Größe des Gesamtbetriebs im Zeitpunkt der Erbbaurechtsbestellung 24,74 % und mithin mehr als 10 % betragen habe. Zudem wichen die Höhen der jährlichen Roherträge vor und nach Erbbaurechtsbestellung erheblich voneinander ab. Für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis 30.6.2013 beliefen sich die Einnahmen aus den land- und forstwirtschaftlichen Flächen auf X €. Die Erbbauzinseinnahmen hätten hingegen X € betragen. Dasselbe gelte für das Folgejahr. Auch das Verhältnis des jährlichen Betriebsgewinns für den Zeitraum 1.7.2012 bis 30.6.2013 aus den land- und forstwirtschaftlichen Flächen i.H.v. X € sei deutlich geringer als die Erbbauzinseinkünfte i.H.v. X €. Aus diesen Abgrenzungskriterien sei eine Zwangsentnahme abzuleiten. Die Vermögensverwaltung habe die Land- und Forstwirtschaft verdrängt.
32Im Laufe des Einspruchsverfahrens beantragte die Klägerin zudem mit Schreiben vom 24.4.2016 eine abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2011 bis 2013 aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO. Dies begründete sie damit, dass im Streitfall eine (gegebenenfalls in der Zukunft liegende) landwirtschaftliche Nutzung noch möglich sei. Unter diesen Umständen sei es unbillig, die in dem Grundstück vorhandenen stillen Reserven zu besteuern.
33Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.2.2017 ab.
34Den dagegen mit Schreiben vom 14.3.2017 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung bezog sich ausdrücklich nur auf den Antrag auf abweichende Festsetzung betreffend Einkommensteuer 2011 bis 2013, nicht auf einen Antrag auf abweichende Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 2013. Zur Begründung führte der Beklagte aus, es bestehe kein Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, weil die Besteuerung der Entnahme des gesamten Erbbaugrundstücks den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung entspreche. Die Vermögensverwaltung verdränge im vorliegenden Fall die Land- und Forstwirtschaft. Es liege kein Fall der sachlichen Unbilligkeit vor, da kein Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertung des Gesetzgebers feststellbar sei. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in der Person der Klägerin persönliche Billigkeitsgründe vorlägen, die eine abweichende Steuerfestsetzung rechtfertigen würden.
35Die Klägerin hat daraufhin am 11.7.2017 Klagen gegen die beiden Einspruchsentscheidungen erhoben. Die Klagen wurden unter den Aktenzeichen 13 K 2130/17 E und 13 K 2131/17 AO erfasst, mit Senatsbeschluss vom 11.12.2017 verbunden und unter dem Aktenzeichen 13 K 2130/17 E, AO fortgeführt.
36Ihre Klage gegen die erstgenannte Einspruchsentscheidung hat die Klägerin wegen der „Bescheide vom 24.09.2015 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2011, 2012 und 2013“ erhoben. Die Klage gegen die zweite Einspruchsentscheidung bezog sich auf den „Bescheid vom 13.02.2017 über die Ablehnung des Antrags auf abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2011 - 2013 aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO“. Mit Schriftsatz vom 22.8.2017 hat die Klägerin dann aber in der erstgenannten Klage (13 K 2130/17 E) eine Aufhebung bzw. Änderung nur der Einkommensteuer 2011 und 2012 sowie eine Aufhebung der Zinsen zur Einkommensteuer für 2013 beantragt. In der zweiten Klage (13 K 2131/17 AO) hat sie mit Schriftsatz vom 24.8.2017 die Verpflichtung zur abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nur in Bezug auf die Einkommensteuer 2011 und 2012 sowie die Zinsen zur Einkommensteuer für 2013 beantragt.
37Zur Begründung ihrer erstgenannten Klage trägt die Klägerin ergänzend vor, in der Bestellung von Erbbaurechten liege grundsätzlich keine zur Betriebsaufgabe führende Entnahme. Im Streitfall sei auch aus einer Nutzungsänderung des Grundstücks keine Entnahme abzuleiten, weil es an einer eindeutigen Entnahmehandlung fehle. Es fehle zudem eine Rechtsgrundlage für die Annahme, dass allein aus dem Abschluss eines Erbbauvertrags eine Nutzungsänderung folge. Selbst wenn – was unstreitig sei – die sog. Geringfügigkeitsgrenze von 10 % im Streitfall überschritten sei, sei aber zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Grundstück tatsächlich nicht bebaut worden sei. Der frühere Betrieb könne daher in Zukunft ohne Weiteres wieder aufgenommen werden.
38Mit Schriftsatz vom 4.12.2019 hat die Klägerin beantragt, das Verfahren bis zum Ergehen einer Entscheidung in dem vor dem BFH anhängigen Verfahren VI R 30/18 ruhen zu lassen. In der Datenbank des BFH sei zu diesem Verfahren die Rechtsfrage aufgeführt, unter welchen Voraussetzungen die Belastung von Betriebsgrundstücken mit einem Erbbaurecht (hier: 10,76 % der Gesamtfläche) zu einer Zwangsentnahme dieser Grundstücke führe. Diese Rechtsfrage sei für das vorliegende Verfahren von entscheidender Bedeutung, so die Klägerin, da erwartet werden könne, dass der BFH Stellung beziehe zu der Geringfügigkeitsgrenze von 10 % sowie zur Ausgestaltung der Prüfung des Gesamtbildes der Verhältnisse. Ferner erhalte der BFH Gelegenheit, sich nach der Einführung des § 16 Abs. 3b EStG für Gewerbetreibende mit der Frage zu befassen, ob der Entnahmebegriff bei Nutzungsänderungen in der Landwirtschaft an die geänderte Rechtslage bei Gewerbetreibenden anzupassen sei.
39Nachdem der BFH mit Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18 entschieden hatte, dass die Bestellung von Erbbaurechten an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken und die anschließende Bebauung durch die Berechtigten zur Entnahme der Grundstücke aus dem Betriebsvermögen führe, falls die endgültige Nutzungsänderung mehr als 10 % der Gesamtfläche des Betriebs betreffe, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1.9.2021 erklärt, durch das BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18 sei die Rechtslage weiterhin nicht geklärt. In der Rechtsprechung sei nämlich weiterhin der Fall nicht entschieden, dass es nach Abschluss des Erbbauvertrags nicht zu einer (zeitnahen) Bebauung komme. Ein Rechtssatz, dass es in einem solchen Fall auf das Vertragskonzept und nicht auf die spätere Durchführung ankomme, könne auch nicht dem BFH-Urteil vom 18.12.2014 IV R 40/10 (BFH/NV 2015, 827) entnommen werden. Dieses Urteil habe keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb betroffen. Der Sachverhalt dieses Urteils sei auch ansonsten mit dem Streitfall nicht vergleichbar.
40Ihre Klage gegen die Ablehnung der abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen begründet die Klägerin damit, dass eine sachliche Unbilligkeit vorliege, weil das entstehende steuerliche Ergebnis weit über den beabsichtigten Zweck des Gesetzes hinausgehe. Die vorliegende Besteuerung entspreche nicht dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Sachverhalt könne nicht so behandelt werden, als sei eine Veräußerung erfolgt und ein Veräußerungsentgelt vereinnahmt worden. Eine sachliche Unbilligkeit liege auch deshalb vor, weil aufgrund der vorgenommenen Besteuerung Mehrsteuern i.H.v. X € streitig seien, im Falle einer vollständigen Betriebsaufgabe und einer Begünstigung des Betriebsaufgabegewinns gemäß §§ 16, 34 EStG aber nur eine Mehrsteuer von X € entstanden wäre. Im Falle der Betriebsaufgabe wären dabei sämtliche stillen Reserven versteuert worden. Darüber hinaus sei die angefochtene Entscheidung rechtsfehlerhaft, weil der Beklagte sein Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt habe. Der Beklagte habe keine Einzelfallprüfung der Unbilligkeit vorgenommen, sondern sich nur auf Grundsätze der Rechtsprechung bezogen.
41Die Klägerin beantragt,
42die Einkommensteuerbescheide für 2011 bis 2013 und den Bescheid über die Zinsen zur Einkommensteuer 2013 vom 24.09.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 zu ändern und die Einkommensteuer für 2011 um X € und für 2012 um X € sowie die Zinsen zur Einkommensteuer 2013 um X € herabzusetzen,
43hilfsweise,
44unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 13.2.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 den Beklagten zu verpflichten, im Wege der abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen die Einkommensteuer für 2011 um X € und für 2012 um X € sowie die Zinsen zur Einkommensteuer 2013 um X € herabzusetzen,
45für den Fall des Unterliegens mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag, hilfsweise,
46die Revision zuzulassen.
47Der Beklagte beantragt,
48die Klage abzuweisen.
49Er verweist auf seine Einspruchsentscheidungen.
50In Bezug auf die Einkommensteuer 2011 bis 2013 trägt er vor, für den Begriff der Entnahme sei es unerheblich, ob und in welcher Weise das Erbbaugrundstück bebaut werde. Denn allein in der Bestellung des Erbbaurechts sei eine Nutzungsänderung zu sehen, die aufgrund der Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze von 10 % zu einer Zwangsentnahme führe. Dies folge aus der Überlegung, dass die Entnahme nicht von Faktoren abhängen könne, die allein in der Sphäre des Erbbauberechtigten lägen.
51Die Klägerin könne sich auch nicht auf die vergleichsweise kurze Laufzeit des Erbbaurechts von 50 Jahren berufen. In diesem Zusammenhang sei die zweimalige Verlängerungsoption des Erbbauberechtigten gemäß Abschnitt C.IX des Vertrags vom ...2011 zu berücksichtigen.
52Wenn bei der rechtlichen Beurteilung das Verhältnis der Teilwerte des Erbbaugrundstückes einerseits und der übrigen zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörenden Grundstücke andererseits zu berücksichtigen sei, so ergebe sich ein Verhältnis von 62,85 % zu 37,15 %. Ausweislich eines Gutachtens des amtlich bestellten landwirtschaftlichen Sachverständigen S und einer baufachlichen Stellungnahme des Bausachverständigen des Beklagten, L, betrage der Teilwert des Erbbaugrundstücks zum 1.10.2011 X € und der Wert der übrigen Betriebsgrundstücke X €. Der Gesamtwert aller Grundstücke betrage X €. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 11.12.2019 und die baufachliche Stellungnahme vom 17.12.2019 verwiesen.
53Der Berichterstatter des Senats hat am 15.11.2019 einen Erörterungstermin, der Senat am 15.9.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Protokolle verwiesen.
54Entscheidungsgründe:
55Die Klage hat keinen Erfolg.
56I. Die Klage ist nur teilweise zulässig.
571. Die Klage ist unzulässig in Bezug auf die Einkommensteuer 2013.
58Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 11.7.2017 Klage erhoben gegen die „Bescheide vom 24.09.2015 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2011, 2012 und 2013“. Diese Klage, die unter dem Aktenzeichen 13 K 2130/17 E erfasst worden ist, bezog sich nach dem Wortlaut der Klageschrift also auch auf die Einkommensteuer 2013. Jedoch hat die Klägerin keine Beschwer dargelegt. Die Streitfragen, über welche die Beteiligten streiten, haben sich bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2013 nicht ausgewirkt.
592. Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag auch unzulässig in Bezug auf die Zinsen zur Einkommensteuer 2013.
60Diesbezüglich fehlt es an dem gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – erforderlichen Vorverfahren. Die Klägerin richtete ihren Einspruch mit Schreiben vom 28.10.2015 lediglich gegen die „Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2011, 2012 und 2013 alle vom 24.09.2015“. Die Zinsen zur Einkommensteuer 2013 benannte sie in ihrem Einspruchsschreiben nicht. Auch die Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 betrifft nicht die Zinsen zur Einkommensteuer 2013. Erst im Klageverfahren hat die Klägerin eine Aufhebung der Zinsen zur Einkommensteuer für 2013 beantragt, und zwar mit Schriftsatz vom 22.8.2017.
613. Ebenso ist die Klage mit ihrem ersten Hilfsantrag unzulässig in Bezug auf eine abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2013 und der Zinsen zur Einkommensteuer 2013 aus Billigkeitsgründen.
62Die Klage 13 K 2131/17 AO ist mit Schriftsatz vom 11.7.2017 in Bezug auf den „Bescheid vom 13.02.2017 über die Ablehnung des Antrags auf abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2011 - 2013 aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO“ erhoben worden. Die Klägerin hat jedoch bezüglich der Einkommensteuer 2013 keine Beschwer dargelegt.
63Bezüglich der Zinsen zur Einkommensteuer 2013 fehlt es auch bei der Klage 13 K 2131/17 AO an dem erforderlichen Vorverfahren. Erst im Klageverfahren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.8.2007 die Verpflichtung zur abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen in Bezug auf die Zinsen zur Einkommensteuer für 2013 beantragt.
64II. Soweit die Klage mit ihrem Hauptantrag zulässig ist, ist sie unbegründet.
65Die Einkommensteuerbescheide für 2011 und 2012 vom 24.09.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht einen Entnahmegewinn der Besteuerung zugrunde gelegt (dazu 1.) und diesen der Höhe nach zutreffend berechnet (dazu 2.). Er hat außerdem die Erbbauzinsen in nicht zu beanstandender Weise bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfasst (dazu 3.).
661. Bei den Einkünften der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft ist ein Entnahmegewinn aufgrund der Bestellung eines Erbbaurechts auf dem Grundstück Gemarkung O, Blatt xxxx, Flur x, Flurstück xxx, zu erfassen.
67a) Das Grundstück Gemarkung O, Blatt xxxx, Flur x, Flurstück xxx, auf welchem die Klägerin mit Vertrag vom ...2011 ein Erbbaurecht bestellt hat, gehörte ursprünglich zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, den der Vater der Klägerin, Herr T, bis 1991 mit den Zweigen Ackerbau und Viehhaltung geführt hat. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, sodass sich weitere Ausführungen des Senats erübrigen.
68b) Weder der Vater der Klägerin noch die Klägerin selbst haben den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben. Eine Betriebsaufgabe ist nicht durch die parzellenweise Verpachtung der Grundstücke an Herrn H und an die P GmbH erfolgt.
69Nach der Rechtsprechung des BFH hat der Steuerpflichtige im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder (ob und wie lange er) das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will (Urteil des Großen Senats des BFH vom 13.11.1963 GrS 1/63 S, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 78, 315, Bundessteuerblatt – BStBl – III 1964, 124). Das gilt auch für die Verpachtung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 17.5.2018 VI R 73/15, BFH/NV 2018, 1249, Rz 26, m.w.N.; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 22).
70Dementsprechend wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach ständiger Rechtsprechung nicht durch die Einstellung der Eigenbewirtschaftung aufgegeben. Wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen erhalten bleiben, so dass die Möglichkeit besteht, den Betrieb selbst oder durch die Erben wiederaufzunehmen, hängt die Annahme einer Betriebsaufgabe, insbesondere – wie im Streitfall – in Verpachtungsfällen, letztlich von den Absichten des Steuerpflichtigen ab (BFH-Urteile vom 2.3.1995 IV R 52/94, BFH/NV 1996, 110; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 25). Aus Beweisgründen kann die Absicht der Betriebseinstellung grundsätzlich nur bei einer entsprechenden unmissverständlichen Erklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden (BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 25 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 11.5.2017 VI B 105/16, BFH/NV 2017, 1172, Rz. 8).
71Im Streitfall verpachtete der Vater der Klägerin seit 1991 den gesamten Betrieb parzellenweise an unterschiedliche Pächter. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass die Absicht einer Betriebseinstellung dem Beklagten während der Zeit der Betriebsverpachtung ab dem Jahr 1991 weder von der Klägerin noch von ihrem Vater erklärt worden ist. Auch der Senat vermag in den beigezogenen Verwaltungsakten keine derartige Erklärung zu erkennen.
72Nichts anderes ergibt sich aus § 16 Abs. 3b Nr. 1 und 2 EStG in der in den Streitjahren anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131). Nach dieser Vorschrift gilt ein Gewerbebetrieb in den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen nicht als aufgegeben, bis der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt (Nr. 1) oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 erfüllt sind (Nr. 2). Gemäß § 52 Abs. 34 Satz 9 EStG in der in den Streitjahren anzuwendenden Fassung ist § 16 Abs. 3b EStG aber nur auf Aufgaben im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG nach dem 4.11.2011 anzuwenden.
73Im Streitfall fand die Verpachtung des streitgegenständlichen Grundstücks an Herrn H und an die P GmbH jedoch bereits vor dem Stichtag 4.11.2011 statt.
74c) Das Grundstück Gemarkung O, Blatt xxxx, Flur x, Flurstück xxx, wurde jedoch durch die Bestellung des Erbbaurechts mit Vertrag vom ...2011 aus dem Betriebsvermögen des von der Klägerin geführten land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs entnommen.
75aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Entnahmen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.
76Der sachliche betriebliche Zusammenhang wird – bei der im Streitfall vorliegenden unveränderten subjektiven Zurechnung der Wirtschaftsgüter – durch eine Entnahme gelöst, die einen Entnahmewillen und eine Entnahmehandlung erfordert (BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 35). Es muss sich um ein Verhalten handeln, das nach außen den Willen des Steuerpflichtigen erkennen lässt, ein Wirtschaftsgut nicht (mehr) für betriebliche Zwecke im betrieblichen Bereich, sondern für private Zwecke im privaten Bereich zu nutzen, also es nicht mehr zur Erzielung von Betriebseinnahmen, sondern von Privateinnahmen (z.B. aus Vermietung und Verpachtung) oder zu einkommensteuerrechtlich irrelevanten Zwecken einzusetzen (BFH-Urteile vom 14.5.2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811, Rz. 24; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 35). Dazu reicht auch ein schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen aus, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen erkennbar gelöst wird (BFH-Urteil vom 31.1.1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395, Rz. 14). Dieses muss jedoch unmissverständlich und von einem entsprechenden Entnahmewillen getragen sein (BFH-Urteil vom 7.2.2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135, Rz. 18, m.w.N.). Der Entnahmewille muss auf die (künftige) Nutzung des Wirtschaftsguts für private Zwecke im privaten Bereich gerichtet sein; nicht erforderlich ist hingegen ein Wille zur Gewinnverwirklichung oder auch nur das Bewusstsein einer solchen Gewinnverwirklichung und eine ungefähre Vorstellung über ihr Ausmaß (BFH-Urteil vom 31.1.1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395, Rz. 14). Die bisherige Nutzung muss sich auf Dauer so ändern, dass das Wirtschaftsgut seine Beziehung zum Betrieb verliert und dadurch zu notwendigem Privatvermögen wird (BFH-Urteile vom 10.11.2004 XI R 31/03, BFHE 208, 180, BStBl II 2005, 334, Rz. 11; vom 14.2.2008 IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156, Rz. 21; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 35).
77Durch eine bloße Nutzungsänderung ohne Entnahmeerklärung verlieren ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nach ständiger Rechtsprechung ihre Eigenschaft als landwirtschaftliches Betriebsvermögen indessen nur, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliegt (BFH-Urteile vom 14.5.2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811, Rz. 26; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 36). Bei entgeltlich zur Nutzung überlassenen Grundstücken, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines Verpachtungsbetriebs gehören, ist das Vorliegen von Betriebsvermögen auch dann nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wenn eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist (BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 36). Solche Grundstücke bleiben bis zu einer Entnahme (geduldetes – gewillkürtes –) Betriebsvermögen, sofern nicht die Nutzungsänderung einen Umfang annimmt, durch den sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs derart verändert, dass die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt (BFH-Urteile vom 22.8.2002 IV R 57/00, BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16, Rz. 13; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 36). Als unschädlich hat der BFH hiernach insbesondere die Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten und die anschließende Bebauung durch die Erbbauberechtigten mit privaten Wohnhäusern angesehen, wenn die endgültige Nutzungsänderung einen Umfang von nicht mehr als 10 % der landwirtschaftlichen Flächen betraf, auch wenn die Erträge aus der Vermögensverwaltung die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte überwogen (BFH-Urteile vom 10.12.1992 IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342, Rz. 12, 13, sog. Geringfügigkeitsgrenze; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 37; s. a. FG Münster, Urteil vom 9.4.2019 2 K 397/18 E, juris, Rz. 35; Nacke in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 13 EStG Rz. 277).
78Aus Gründen der Rechtsklarheit und aus Vereinfachungsgründen ist hierbei nach der neueren Rechtsprechung des BFH eine strikte Beachtung der Geringfügigkeitsgrenze geboten (BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 41). Anderenfalls würden nur weitere Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage entstehen, unter welchen Voraussetzungen die Überschreitung der Grenze lediglich geringfügig sei. Ist die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, kommt es nach der neueren Rechtsprechung des BFH – anders als in früheren Entscheidungen (BFH-Urteile vom 10.12.1992 IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342, Rz. 13) – aus den vorgenannten Gründen für das Vorliegen einer Entnahmehandlung regelmäßig nicht (mehr) auf einen Vergleich der Erträge aus der Vermögensverwaltung und der Land- und Forstwirtschaft oder auf die Anwendung anderer Abgrenzungskriterien (z.B. das Verhältnis des Werts der Flächen) an (BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 42).
79bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat die Klägerin das durch Vertrag vom ...2011 erbbaubelastete Grundstück aus ihrem Betriebsvermögen entnommen.
80Durch die Belastung des streitgegenständlichen Grundstücks mit einem Erbbaurecht war die Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Das 34.790 m² große Grundstück stellte im Verhältnis zur Gesamtfläche aller Betriebsgrundstücke (140.630 m²) einen Anteil von 24,74 % dar. Die Grenze von 10 % war damit deutlich überschritten. Aufgrund des Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze bedarf es nach der zitierten BFH-Rechtsprechung keines Vergleichs der Erträge aus der Vermögensverwaltung und der Land- und Forstwirtschaft oder der Anwendung anderer Abgrenzungskriterien (BFH-Urteil vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 42).
81Durch die Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht änderte sich die bisherige Nutzung auf Dauer derart, dass das Erbbaugrundstück seine Beziehung zum Betrieb der Klägerin endgültig verlor. Aufgrund dieser Nutzungsänderung bedurfte es für die Entnahme nach der zitierten BFH-Rechtsprechung keiner ausdrücklichen Entnahmeerklärung. Durch die Bestellung des Erbbaurechts wurde das Grundstück nämlich dauerhaft für einen Zeitraum von mindestens 50 Jahren dem Betrieb der Klägerin entzogen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Erbbauberechtigte eine zweimalige Option zur Verlängerung des Erbbaurechts um jeweils 15 Jahre gemäß Abschnitt C.IX des Vertrages vom ...2011 hatte. Hierdurch stand das Grundstück potentiell über einen Zeitraum von 80 Jahren nicht mehr dem Betrieb der Klägerin zur Verfügung, wobei die Klägerin durch die alleinige vertragliche Verlängerungsoption der Erbbauberechtigten keinen eigenen Einfluss auf die Vertragsdauer nehmen konnte. Daher können im Streitfall, anders als die Klägerin meint, nicht die Grundsätze des BFH-Beschlusses vom 3.5.2007 IV B 79/06 (BFH/NV 2007, 2084) zur Anwendung gelangen, welches im Übrigen lediglich eine Verpachtung (und nicht eine Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht) für einen Zeitraum von lediglich 30 Jahren (und nicht von 50 bzw. 80 Jahren) betrifft.
82Ebenso kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass – anders als im Sachverhalt des BFH-Urteils vom 31.3.2021 VI R 30/18 – im Streitzeitraum das Erbbaugrundstück tatsächlich nicht bebaut, sondern weiterhin landwirtschaftlich durch Getreideanbau genutzt wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH ist nämlich für die Annahme einer Entnahme oder einer Betriebsaufgabe auf das Vertragskonzept und nicht auf dessen spätere Durchführung abzustellen (BFH-Urteil vom 18.12.2014 IV R 40/10, BFH/NV 2015, 827, Rz. 31). Im Streitfall war nach dem Vertrag vom ...2011 die Erbbauberechtigte nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, „auf dem Erbbaugrundstück auf seine Kosten baurechtlich zulässige Lager- und Produktionshallen sowie Bürogebäude und sonstige Nebenanlagen für den Produktions- und Geschäftsbetrieb der RW-Gruppe zu errichten und zu belassen“ (Abschnitt C.I.1. des Vertrags). Der Erbbauberechtigte war zudem verpflichtet, die vorgesehenen Bauwerke innerhalb von drei Jahren nach Vorliegen der erforderlichen Baugenehmigungen bezugsfertig zu errichten (Abschnitt C.II.1. des Vertrags). Dabei ist zu berücksichtigen, dass kurz nach Abschluss des Erbbauvertrages die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung des Erbbaugrundstücks geschaffen wurden. Das Grundstück unterlag dem Bebauungsplan Nr. xxxx „X-Straße / N“, welcher am ...2012 rechtskräftig wurde und das Grundstück als Gewerbegebietsfläche und als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft auswies. Demnach war eine grundlegende Umgestaltung des erbbaubelasteten Grundstücks in Form einer Bebauung mit Lager- und Produktionshallen sowie Bürogebäuden innerhalb von drei Jahren geplant und zulässig, welche zu einer einschneidenden Nutzungsänderung geführt hätte. Eine Nutzung des Grundstücks für Land- oder Forstwirtschaft wäre aufgrund einer solchen Bebauung für einen langen Zeitraum nicht mehr möglich gewesen. Der Vertrag vom ...2011 war hierbei ersichtlich auch nicht auf ein Scheitern ausgelegt.
83Anders als die Klägerin meint, hat das BFH-Urteil vom 18.12.2014 IV R 40/10 (BFH/NV 2015, 827) Bedeutung für den Streitfall, obwohl es keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb betraf. Die Grundsätze der Entnahme durch Bestellung eines Erbbaurechts gelten sowohl für land- und forstwirtschaftliche Betriebe als auch für andere Betriebe.
84Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es tatsächlich nicht zu der vorgesehenen Bebauung mit Hallen und Gebäuden kam. Dieser Umstand lag allein in der Sphäre der Erbbauberechtigten begründet. Für die Beurteilung einer Entnahme gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG kommt es nach der zitierten BFH-Rechtsprechung jedoch auf die Entnahmehandlung des Betriebsinhabers an. Hierfür ist der Wille des Steuerpflichtigen maßgeblich (BFH-Urteile vom 14.5.2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811, Rz. 24; vom 31.3.2021 VI R 30/18, Rz. 35). Deshalb kann eine spätere Änderung der Absichten eines Dritten – hier der Erbbauberechtigten – für die Feststellung einer Entnahme nicht von Bedeutung sein. Es kommt lediglich auf die Handlung und den Willen des Betriebsinhabers selbst an. Das Verhalten eines Dritten ist erst recht dann nicht maßgeblich, wenn er sich – wie in Bezug auf Abschnitt C.I. und II. des Vertrages vom ...2011 – vertragswidrig verhält und eine vertraglich vereinbarte Bebauung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren pflichtwidrig unterlässt. Aufgrund der im Vertrag vorgesehenen Bauverpflichtung, welche die Klägerin der Erbbauberechtigten vertraglich auferlegt hat, hat die Klägerin ihren Willen, die bisherige Nutzungsart des streitgegenständlichen Grundstücks maßgeblich zu ändern, eindeutig kundgetan. In dem Abschluss des Vertrags vom ...2011 ist daher eine Entnahmehandlung zu erkennen.
85Es kommt aus Rechtsgründen auch nicht in Betracht, für die Feststellung der Entnahme auf einen späteren Zeitpunkt nach Abschluss des Erbbauvertrags abzustellen, etwa auf einen zukünftigen Zeitpunkt, in dem feststeht, dass das Grundstück nicht bebaut werden würde. Abgesehen davon, dass unklar ist, welcher Zeitpunkt dies sein sollte, stellt die ständige Rechtsprechung zur Feststellung der Entnahmehandlung auf ein bestimmtes Verhalten, etwa einen Vertragsabschluss oder ein unmissverständliches schlüssiges Verhalten des Eigentümers ab, das von einem Entnahmewillen getragen sein muss. Im Streitfall ist dieses Verhalten in dem Abschluss des Erbbauvertrags vom ...2011 zu erblicken. Zukünftige Ereignisse, insbesondere das Verhalten eines Dritten, können die stichtagsbezogen festzustellende Entnahmehandlung nicht beeinflussen.
86Die Entnahmehandlung, nämlich die Einräumung des Erbbaurechts, war auch von einem Entnahmewillen der Klägerin getragen. Aufgrund der vereinbarten Erbbauzinsen wollte sie das Erbbaugrundstück künftig im privaten Bereich zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzen.
87cc) Nichts anderes ergibt sich aus § 16 Abs. 3b EStG.
88Dabei kann die Frage dahinstehen, ob die Bestellung eines Erbbaurechts über einen Teil der Betriebsgrundstücke eines Verpachtungsbetriebs eine „Betriebsverpachtung im Ganzen“ im Sinne des § 16 Abs. 3b EStG darstellen könnte.
89Diese Vorschrift kommt aber jedenfalls deshalb im Streitfall nicht zur Anwendung, weil sie gemäß § 52 Abs. 34 Satz 9 EStG erst auf Aufgaben nach dem 4.11.2011 anzuwenden ist. Der fragliche Erbbauvertrag datiert jedoch vom ...2011, der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgte bereits am 1.10.2011.
902. Die GKBP und ihr folgend der Beklagte haben die Höhe des entstandenen Entnahmegewinns zutreffend mit X € berechnet.
91Wird der Gewinn – wie von der Klägerin – zulässigerweise durch Einnahme-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben.
92a) Als Betriebseinnahme war im Streitfall der Teilwert des Grundstücks im Zeitpunkt der Entnahme zu erfassen, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Nach dieser Vorschrift, die für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter gilt, die nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind, sind Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke mit dem Teilwert anzusetzen.
93Die GKBP hat zur Ermittlung des Teilwerts den Jahreserbbauzins (X €) mit dem Kapitalwert laut Anlage 9a zu § 13 BewG multipliziert. Bei einer Laufzeit des Erbbaurechts von 50 Jahren ergab sich ein Kapitalwert von 17,397, so dass der Teilwert X € betrug. Diese Berechnung ist von der Klägerin nicht beanstandet worden. Der Senat vermag bei der Berechnung ebenfalls keine Fehler zu erkennen und schließt sich ihr an.
94b) Als Betriebsausgaben sind gem. § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu berücksichtigen. Zutreffend hat der Beklagte hierbei nicht die Anschaffungskosten der Klägerin berücksichtigt, da sie den Grundbesitz unentgeltlich im Wege der Erbfolge ohne Anschaffung erlangt hatte, sondern den Buchwert.
95Der Beklagte hat den Buchwert gemäß § 55 EStG zutreffend berechnet.
96Gemäß § 55 Abs. 1 EStG gilt bei Steuerpflichtigen, die nicht bilanzierungspflichtig sind, bei Grund und Boden, der – wie im Streitfall das Ackerland und die Waldfläche – mit Ablauf des 30.6.1970 zu ihrem Anlagevermögen gehört hat, als Anschaffungskosten das Zweifache des nach den Absätzen 2 bis 4 zu ermittelnden Ausgangsbetrags. Als Ausgangsbetrag ist gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG bei Flächen, die nach dem Bodenschätzungsgesetz vom 20.12.2007 zu schätzen sind, für jedes katastermäßig abgegrenzte Flurstück der Betrag in Deutsche Mark anzusetzen, der sich ergibt, wenn die für das Flurstück am 1.7.1970 im amtlichen Liegenschaftskataster ausgewiesene Ertragsmesszahl vervierfacht wird. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der Teilwert für Grund und Boden im Sinne des § 55 Abs. 1 EStG am 1.7.1970 höher ist als das Zweifache des Ausgangsbetrags, so ist auf Antrag des Steuerpflichtigen der Teilwert als Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen.
97Die GKBP bzw. der Beklagte haben den Buchwert des entnommenen Grundstücks zutreffend mit X € ermittelt. Dabei hat die GKBP für das Ackerland und die Waldfläche in nicht zu beanstandender Weise die Berechnung gemäß § 55 Abs. 1 EStG und für den Weg sowie das Bahngelände die Berechnung gemäß § 55 Abs. 5 EStG zugrunde gelegt. Auf die Berechnung in Anlage 4 des Prüfungsberichts wird verwiesen. Die Klägerin hat gegen die Berechnung des Buchwerts keine Einwände erhoben. Auch der Senat vermag bei dieser Berechnung keine Fehler zu erkennen und schließt sich der im Prüfungsbericht dargelegten Berechnung an.
98c) Der Beklagte hat den so ermittelten Entnahmegewinn von X € in den Änderungsbescheiden vom 24.9.2015 zutreffend je hälftig (X € für 2011 und X € für 2012) auf die beiden Veranlagungszeiträume verteilt.
99Bei Land- und Forstwirten, deren Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht, ist der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend dem zeitlichen Anteil auf die beiden Kalenderjahre aufzuteilen, § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG. Bei der Klägerin dauerte das fragliche Wirtschaftsjahr, in welches die am 1.10.2011 erfolgte Entnahme fiel, gem. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG vom 1.7.2011 bis zum 30.6.2012. Daher war der Entnahmegewinn anteilig, also hälftig, auf die beiden Veranlagungszeiträume aufzuteilen.
1003. Der Beklagte hat die Erbbauzinsen aus dem Erbbauvertrag vom ...2011 in nicht zu beanstandender Weise bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG erfasst.
101Durch die Entnahme des Erbbaugrundstücks aus dem Verpachtungsbetrieb der Klägerin wurde das Grundstück in das Privatvermögen der Klägerin überführt. Daher sind die Einnahmen aus dem Erbbaugrundstück bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG zu erfassen. Da die Klägerin Erbbauzinsen erstmals ab dem 1.10.2011 vereinnahmte, sind die Erbbauzinsen, wie vom Beklagten zutreffend erfasst, i.H.v. X € für 2011 und X € für 2012 anzusetzen.
102III. Soweit die Klage mit ihrem ersten Hilfsantrag zulässig ist, ist sie unbegründet.
103Der Ablehnungsbescheid vom 13.2.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.6.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).
104Gem. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.
105Im Streitfall liegt keine Unbilligkeit im Sinne des § 163 Abs. 1 Satz 1 AO vor. Eine Unbilligkeit kann in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil vom 14.7.2010 X R 34/08, BFHE 229, 502). In der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen liegende (persönliche) Billigkeitsgründe sind im Streitfall nicht geltend gemacht worden und auch nicht erkennbar, so dass allein eine sachliche Unbilligkeit in Betracht kommt.
106a) Eine sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Festsetzung der Steuer zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft (BFH-Urteil vom 23.7.2013 VIII R 17/10, BFHE 242, 134, BStBl II 2013, 820, Rz. 12). Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 21.10.2009 I R 112/08, BFH/NV 2010, 606; vom 23.7.2013 VIII R 17/10, BFHE 242, 134, BStBl II 2013, 820, Rz. 12; BFH-Beschluss vom 12.9.2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, Rz. 31). Anderenfalls würde durch die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen die vorgesehene Besteuerung außer Kraft gesetzt (BFH-Beschluss vom 12.9.2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, Rz. 31). Dementsprechend liegt weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit vor, wenn der Steuerpflichtige durch Gesetz allgemein und gleichheitsgerecht zur Steuer herangezogen wird (BFH-Urteil vom 6.12.1991 III R 81/89, BFHE 166, 315, BStBl II 1992, 303; BFH-Beschluss vom 12.9.2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, Rz. 32).
107b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, liegt im Streitfall keine sachliche Unbilligkeit vor.
108Die Besteuerung der Klägerin läuft den Wertungen des Gesetzgebers nicht zuwider. Der Gesetzgeber hat die Besteuerung von Entnahmen mit dem Teilwert (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) bewusst angeordnet. In welchen Fällen die Belastung eines Wirtschaftsguts mit einem Nutzungsrecht zugunsten eines Dritten zu einer Entnahme führt, ist durch die Rechtsprechung konkretisiert. Diese Rechtslage läuft nicht den Wertungen des Gesetzes zuwider, sondern stellt – umgekehrt – eine Vollziehung der Wertungen des Gesetzes sicher. Bei der in Frage stehenden Abgabenlast handelt es sich letztlich um einen als typische Folge der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung hinzunehmenden „Normalfall“, was die Möglichkeit einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ausschließt (vgl. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 163 AO Rz. 127). Die Klägerin ist allgemein und gleichheitsgerecht zur Steuer herangezogen worden, so dass die Voraussetzungen einer Unbilligkeit nach der zitierten Rechtsprechung von vornherein ausgeschlossen sind.
109Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, eine sachliche Unbilligkeit liege auch deshalb vor, weil aufgrund der vorgenommenen Besteuerung Mehrsteuern i. H. v. X € streitig seien, im Falle einer vollständigen Betriebsaufgabe und einer Begünstigung des Betriebsaufgabegewinns gemäß §§ 16, 34 EStG aber nur eine Mehrsteuer von X € entstanden wäre. Der Klägerin hätte es frei gestanden, eine Betriebsaufgabe zu erklären und den für außerordentliche Einkünfte geltenden Steuersatz gem. § 34 EStG in Anspruch zu nehmen. Dies hat sie indes nicht getan. Wählt der Steuerpflichtige eine für ihn ungünstige Gestaltung, so muss er die daraus resultierenden steuerlichen Folgen grundsätzlich tragen und kann nicht im Nachhinein eine Erleichterung beanspruchen.
110c) Der Beklagte hat auch sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt.
111Die Entscheidung über einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen i.S.d. § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung (BFH-Urteil vom 6.6.1991 V R 102/86, BFH/NV 1992, 787), die nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann. Nach § 102 FGO bezieht sich die gerichtliche Prüfung des die beantragte Erleichterung ablehnenden Verwaltungsakts darauf, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BFH-Urteil vom 23.7.2013 VIII R 17/10, BFHE 242, 134, BStBl II 2013, 820). Das Gericht kann eine Verpflichtung der Finanzbehörde gem. § 101 FGO zum Erlass hingegen nur dann aussprechen, wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine einzige Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt, sog. Ermessensreduzierung auf Null (BFH-Urteil vom 20.5.2010 V R 42/08, BFHE 229, 83, BStBl 2010, 955).
112Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Entscheidung des Beklagten, die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen abzulehnen, nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat in seiner Einspruchsentscheidung u.a. ausgeführt, die Besteuerung der Entnahme des Erbbaugrundstücks entspreche den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung. Die Vermögensverwaltung verdränge im vorliegenden Fall die Land- und Forstwirtschaft. Es liege kein Fall der sachlichen Unbilligkeit vor, da kein Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertung des Gesetzgebers feststellbar sei. Der Beklagte hat hierdurch zu erkennen gegeben, dass er die gesetzlichen Grenzen der abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO geprüft und die Umstände des Einzelfalls umfassend gewürdigt hat. Der Senat vermag keine Ermessensfehler zu erkennen.
113IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
114Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO. Die Frage, ob zur Beurteilung einer Entnahme bzw. einer Betriebsaufgabe durch Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht auf das Vertragskonzept oder auf dessen spätere Durchführung abzustellen ist, wenn das Grundstück entgegen dem Vertragskonzept später nicht bebaut wird, ist bislang für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb noch nicht höchstrichterlich entschieden.