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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist, ob ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz in der im Jahr 2010 geltenden Fassung (GrEStG) vorliegt und ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
3Die Klägerin und die Stadt I-Stadt, die Alleingesellschafterin der Klägerin war, waren an der X-GmbH […] beteiligt. Weitere Gesellschafter waren die F-AG […], die Y-GmbH […] und Frau I. N. (als Gesamtrechtsnachfolgerin des Herrn N.). Zudem hielt die X-GmbH eigene Anteile. Das Stammkapital der X-GmbH betrug 3.600.000 EUR und war wie folgt verteilt:
41 |
X-GmbH |
10.920 EUR |
2 |
Klägerin |
3.400.000 EUR |
3 |
Stadt I-Stadt |
168.800 EUR |
4 |
F-AG |
19.920 EUR |
5 |
Y-GmbH |
240 EUR |
6 |
Frau N. |
120 EUR |
Die X-GmbH war darüber hinaus zunächst alleinige Kommanditistin der Objektgesellschaft G-GmbH & Co. KG (G-GmbH & Co. KG), die ebenfalls über Grundbesitz verfügte. Die Kommanditeinlage betrug ab 2007 7.250.000 EUR. Komplementärin war die H-Verwaltungsgesellschaft mbH, die nicht am Vermögen beteiligt und deren Alleingesellschafterin (Nennbetrag des Geschäftsanteils: 25.000 EUR) ebenfalls die X-GmbH war. Im Jahr 2009 erwarb die Klägerin den größten Teil der Kommanditeinlage (6.880.250 EUR) und (nach Teilung) einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 23.725 EUR an der H-Verwaltungsgesellschaft mbH. Im Ergebnis waren die Klägerin und die X-GmbH an der G-GmbH & Co. KG und an der H-Verwaltungsgesellschaft mbH mit 94,9 % bzw. 5,1 % beteiligt.
6Sowohl die X-GmbH als auch die G-GmbH & Co. KG verfügten über umfangreichen Grundbesitz.
7Nachdem F-AG das Gesellschaftsverhältnis betreffend die X-GmbH zum 31.12.2009 gekündigt hatte, beschloss die Gesellschafterversammlung, dass der Geschäftsanteil auf die X-GmbH übertragen werden solle. Mit notarieller Vereinbarung vom 26.01.2010 (UR-Nr. xxx des Notars L., I-Stadt) verkaufte F-AG den Geschäftsanteil von 19.920 EUR an die X-GmbH. Unter VII (2) des notariellen Vertrags heißt es, im Hinblick auf § 54 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) teilten die Beteiligten mit, dass die X-GmbH beim Beklagten unter der Steuernummer xxx geführt werde; die Gesellschaft habe Grundbesitz. Weiter wird ausgeführt, der Notar habe darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen von Grundbesitz die Vereinigung von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile in der Hand des Käufers oder mit ihm verbundener Unternehmen der Grunderwerbsteuer unterliege. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen.
8Der Notar übersandte dem Beklagten mit Schreiben vom 27.01.2010 eine beglaubigte und eine einfache Ablichtung der Urkunde. Das Schreiben war adressiert an das „Finanzamt I-Stadt, X-Straße, xxx I-Stadt“ und wies folgenden Betreff aus:
9„ Geschäftsanteilskauf– und –übertragungsvertrag vom 26.01.2010
10UR-Nr. xxx
11Firma Z-GmbH, C-Str., xxx I-Stadt
12Steuer-Nr. xxx
13hier: Anzeige gem. § 54 EStDV“.
14Der Text des Schreibens, auf das im Übrigen verwiesen wird, besteht aus zwei Sätzen, die durch einen Absatz optisch voneinander getrennt sind. Der zweite Satz lautet: „Die einfache Ablichtung bitte ich höflich an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzureichen.“
15Den bundeseinheitlichen Vordruck „Veräußerungsanzeige“ verwendete der Notar nicht. Er notierte am 27.01.2010, dass er dem Beklagten (Körperschaftsteuerstelle) eine beglaubigte Ablichtung und der X-GmbH, F-AG und dem Beklagten (Grunderwerbsteuerstelle) einfache Ablichtungen erteilt habe.
16Eine Weiterleitung der Urkunde an die Grunderwerbsteuerstelle erfolgte nicht. Beide Ablichtungen wurden zu der bei der Körperschaftsteuerstelle geführten Vertragsakte genommen.
17Am 25.04.2016 erreichte den Beklagten ein als „Anzeige nach §§ 19, 20 GrEStG“ gekennzeichnetes Schreiben der Klägerin vom gleichen Tag, in dem diese mitteilte, dass es mit dem Erwerb des F-AG-Anteile durch die X-GmbH möglicherweise zu einer Anteilsvereinigung gekommen sei. Auf das Schreiben wird verwiesen.
18In der Folgezeit kam es zu einer Prüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D-Stadt. Es folgte – unter Einbeziehung der Oberfinanzdirektion – ein umfangreicher Schriftwechsel. Der Beklagte erließ am 21.11.2017 einen Grunderwerbsteuerbescheid, durch den Grunderwerbsteuer i.H.v. 6.185.734 EUR festgesetzt wurde.
19Die Klägerin legte Einspruch ein und machte geltend, dass mit Ablauf des 31.12.2014 Festsetzungsverjährung eingetreten sei, weil der Notar den Erwerbsvorgang nach den §§ 18, 20 GrEStG angezeigt habe. Zudem liege keine Anteilsvereinigung vor, weil es nicht zu einem Rechtsträgerwechsel gekommen sei. Die Einflussmöglichkeit, die Beherrschung und die Möglichkeit, den Willen durchzusetzen, hätten sich durch den Erwerb ihrer eigenen Anteile durch die X-GmbH nicht geändert. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens ergingen zwei Änderungsbescheide, die auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) beruhten. Die zuletzt festgesetzte Grunderwerbsteuer beläuft sich auf 6.232.155 EUR.
20Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2020 als unbegründet zurück. Er führte aus, dass sowohl im Hinblick auf die X-GmbH als auch hinsichtlich der G-GmbH & Co. KG die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt seien. Durch den Erwerb der F-AG-Anteile sei es zu einer unmittelbaren Anteilsvereinigung in Bezug auf die X-GmbH gekommen. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass Anteile, die die Gesellschaft selbst halte, bei der Berechnung der 95 %-Grenze nicht einzubeziehen seien. Vor dem Erwerb ihrer eigenen Anteile durch die X-GmbH sei die Klägerin mit 94,73 % beteiligt gewesen, nach dem Erwerb mit 95,26 %. Ob nach der Anteilsvereinigung nur ein Gesellschafter verbleibe oder ob sich die verbliebenen Anteile auf mehrere Gesellschafter verteilten, sei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von Bedeutung. In Bezug auf die G-GmbH & Co. KG liege eine teils unmittelbare und teils mittelbare Anteilsvereinigung vor. Nach dem Erwerb der Anteile durch die X-GmbH sei der Klägerin (neben ihrem eigenen Kommanditanteil) auch der Kommanditanteil der X-GmbH zuzurechnen. Dies gelte in entsprechender Weise für die H-Verwaltungsgesellschaft mbH, so dass die Klägerin alle Anteile an der Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf sich vereine. Der Vorgang sei auch zu 100 % steuerpflichtig, obwohl die Klägerin bereits zuvor an der G-GmbH & Co. KG beteiligt gewesen sei. § 6 Abs. 2 GrEStG finde wegen § 6 Abs. 4 GrEStG keine Anwendung, weil die Klägerin ihren Kommanditanteil erst im Jahr 2009 erworben habe. Es sei auch zu einem Rechtsträgerwechsel gekommen. Entscheidend sei, dass der Anteilserwerber in grunderwerbsteuerlich erheblicher Weise die Möglichkeit habe, seinen Willen durchzusetzen und die grundbesitzende Gesellschaft zu beherrschen. Dies werde mit dem Erreichen der 95 %-Grenze fingiert.
21Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Der Notar habe die Anzeige nicht an die Grunderwerbsteuerstelle gerichtet. Das Schreiben des Notars sei nicht entsprechend adressiert gewesen und richte sich auch inhaltlich nicht an die Grunderwerbsteuerstelle. Das Schreiben erfülle auch nicht die an eine Anzeige nach § 20 GrEStG zu stellenden Anforderungen. Soweit die Klägerin meine, die betroffenen Grundstücke müssten in der Anzeige nicht aufgeführt werden, sei dies unzutreffend. Es sei auch nicht so, dass die Grundstücke unvollständig, d.h. nicht den Vorgaben des § 20 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG entsprechend, bezeichnet worden seien. Angaben zum Grundbesitz fehlten vollständig.
22Die Klägerin hat Klage erhoben. Sie hält an ihrer Auffassung, dass mit Ablauf des 31.12.2014 Festsetzungsverjährung eingetreten sei und keine Anteilsvereinigung vorliege, fest.
23Der Notar habe mit Schreiben vom 27.01.2010, dem eine beglaubigte und eine einfache Abschrift der notariellen Urkunde beigefügt gewesen sei, eine ordnungsgemäße Anzeige nach den §§ 18, 20 GrEStG (in der damals geltenden Fassung) abgegeben, so dass die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO geendet und der Lauf der Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2010 begonnen habe.
24Das Schreiben sei zutreffend an den für die Festsetzung der Grunderwerbsteuerstelle zuständigen Beklagten adressiert worden. Zudem enthalte das Schreiben die ausdrückliche Bitte, die einfache Ablichtung der Urkunde an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzureichen. Der Beklagte habe daher ohne weitere Prüfung erkennen können, dass Adressatin die Grunderwerbsteuerstelle gewesen sei. Dass diese Weiterleitung unterblieben und beide Ablichtungen zur Vertragsakte genommen worden seien, könne nicht zu ihren, der Klägerin, Lasten gehen. Unabhängig hiervon müsse der Inhalt der Vertragsakte (als allgemeiner Akte) bei allen Dienststellen des Finanzamts als bekannt vorausgesetzt werden. Im Übrigen hätte die Körperschaftsteuerstelle nach der internen Weisungslage (losgelöst von dem Umstand, dass sie ausdrücklich um Weiterleitung an die Grunderwerbsteuerstelle gebeten worden sei) eine Kontrollmitteilung für die Grunderwerbsteuerstelle fertigen müssen. Dies sei nicht geschehen, was sich ebenfalls nicht zu ihrem, der Klägerin, Nachteil auswirken dürfe.
25Das Schreiben des Notars erfülle die an eine Anzeige nach § 20 GrEStG zu stellenden Anforderungen. Das Schreiben habe eine einwandfreie Identifizierung von Veräußerer, Erwerber und Urkundsperson sowie der grundbesitzenden Gesellschaft ermöglicht. Dass der Grundbesitz hinsichtlich Kataster, Straße, Größe u.a. nicht angegeben worden sei, sei unschädlich. Zur Begründung ihres Einspruchs hatte die Klägerin insoweit vorgetragen, bei unvollständigen Angaben zu den Grundstücken könnten diese nachgereicht werden. Daher sei es ausreichend, wenn angezeigt werde, dass die Gesellschaft Grundbesitz habe. Mit Blick auf die Vielzahl der betroffenen Grundstücke (es lägen bereits 351 Bescheide über die Feststellung des Grundbesitzwerts vor), wäre alles andere unverhältnismäßig. Der Bitte des Notars um Weiterleitung der Urkunde an die Grunderwerbsteuerstelle und der Urkunde selbst sei zu entnehmen, dass die Gesellschaft Grundbesitz habe. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin weiter vor: Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass bei Verwendung des von der Finanzverwaltung angebotenen Vordrucks „Veräußerungsanzeige“ (in seiner damaligen Ausgestaltung) kein veräußertes Grundstück hätte benannt werden können. Es habe nämlich keine Veräußerung von Grundstücken, sondern von Gesellschaftsanteilen stattgefunden. Die Anlaufhemmung für den Lauf der Festsetzungsfrist ende auch dann, wenn die Anzeige teilweise unvollständig oder unrichtig sei. Sie dürfe nur nicht derart lückenhaft sein, dass es praktisch darauf hinauslaufe, dass keine Anzeige abgegeben worden sei. Zu berücksichtigen sei, dass es weniger um die Vollständigkeit der Anzeige an sich gehe, sondern vielmehr darum, dass das Finanzamt die Möglichkeit erhalte, von dem grunderwerbsteuerlich relevanten Sachverhalt Kenntnis zu erlangen. Entscheidend sei, dass die Anzeige des Notars den Beklagten in die Lage versetzt habe, das Besteuerungsverfahren unverzüglich einzuleiten. Soweit der Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.08.2009 (II B 172/08) verweise, sei diese nicht einschlägig, weil es dort um eine Anzeige nach § 19 GrEStG gehe.
26Darüber hinaus liege keine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vor. Im Hinblick auf die der X-GmbH und der G-GmbH & Co. KG gehörenden Grundstücke sei es nicht zu einem Rechtsträgerwechsel gekommen. Bereits vor Erwerb der Anteile durch die X-GmbH hätten sie, die Klägerin, und – auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten kommunaler Gesellschaften – die Stadt I-Stadt die Möglichkeit gehabt, ihren Willen bei den grundbesitzenden Gesellschaften durchzusetzen und dementsprechend eine mit dem zivilrechtlichen Eigentum vergleichbare Rechtszuständigkeit inne gehabt. Dem BFH sei eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht fremd (Hinweis auf BFH Urteil vom 08.07.2014 II R 49/12). Dass der Beklagte pauschal auf das Erreichen der 95 %-Grenze abstelle, sei unzutreffend. Für die Zurechnung nach den Grundsätzen des § 39 AO sei das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall entscheidend.
27Abgesehen hiervon scheide eine Anteilsvereinigung auch deshalb aus, weil nach dem Erwerb der eigenen Anteile durch die X-GmbH mehr als ein Gesellschafter verblieben und der Erwerb eigener Anteile ihr, der Klägerin, daher nicht zuzurechnen sei. In dem der Entscheidung des BFH vom 20.01.2015 (II R 8/13) zugrunde liegenden Fall sei nur ein Gesellschafter verblieben. Der BFH habe hierzu ausgeführt, dass der einzige verbleibende Gesellschafter einer grundbesitzenden GmbH den Tatbestand der Anteilsvereinigung verwirkliche, wenn nicht er selbst, sondern die GmbH den Geschäftsanteil des anderen Gesellschafters erwerbe. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Die X-GmbH habe auch nach dem Erwerb des F-AG-Anteils außer ihr, der Klägerin, noch weitere Gesellschafter gehabt.
28Die Klägerin beantragt,
29die Grunderwerbsteuerbescheide vom 21.11.2017, vom 14.06.2018 und vom 28.06.2018 sowie die Einspruchsentscheidung vom 06.08.2020 aufzuheben,
30hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen,
33hilfsweise, die Revision zuzulassen.
34Er hält an seiner bisher vertretenen Auffassung fest.
35Der Senat hat die Sache am 19.05.2022 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -). Ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG lag vor. Festsetzungsverjährung war nicht eingetreten.
38Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, (soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt) der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt würden. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinigt, eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück zuwächst (z.B. BFH Urteil vom 12.02.2014 II R 46/12, BStBl. II 2014, 536 mit weiteren Nachweisen).
39Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, bleiben bei der Prüfung, ob durch die (unmittelbare oder mittelbare) Anteilsvereinigung die Quote von 95 % erreicht ist, eigene Gesellschaftsanteile, die eine Kapitalgesellschaft als grundbesitzende Gesellschaft oder als Zwischengesellschaft hält, außer Betracht. Zivilrechtlich ist es zwar möglich, dass die GmbH eigene Anteile hält; dies ändert jedoch nichts daran, dass die Gesellschaft begrifflich keine von ihr selbst verschiedene Person sein kann. Der Erwerber, der mindestens 95 % der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile an dieser erwirbt, beherrscht das Vermögen der Gesellschaft in gleicher Weise, wie wenn der Gesellschaft selbst keine Anteile zustünden. Für die grunderwerbsteuerliche Betrachtung nach § 1 Abs. 3 GrEStG werden daher die im Besitz der Gesellschaft selbst befindlichen Anteile nicht berücksichtigt (BFH Urteil vom 16.01.2002 II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053; BFH Urteil vom 18.09.2013 II R 21/12, BStBl. II 2014, 393). Darüber hinaus liegt eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auch dann vor, wenn eine GmbH eigene Anteile erwirbt und dies dazu führt, dass ein Gesellschafter nunmehr mindestens 95 % der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile hält. Dies folgt – entgegen der Auffassung der Klägerin – aus dem Urteil des BFH vom 20.01.2015 II R 8/13 (BStBl. II 2015, 553). Zwar betrifft die Entscheidung einen Fall, in dem die GmbH ursprünglich zwei Gesellschafter hatte und sie die Anteile eines Gesellschafters erwarb, mit der Folge, dass der andere Gesellschafter 100 % der nicht von der GmbH gehaltenen Anteile hielt. Entsprechendes gilt jedoch auch für den Fall, dass es mehrere (von der GmbH verschiedene) Gesellschafter gibt und der Erwerb der Anteile durch die GmbH dazu führt, dass ein Gesellschafter zu mindestens 95 % beteiligt ist. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des BFH, in der ausdrücklich ausgeführt ist, dass der Gesellschafter, der mindestens 95 % der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile an dieser halte, das Vermögen der Gesellschaft in gleicher Weise beherrsche, wie wenn der Gesellschaft selbst keine Anteile zustünden.
40Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung kam es mit Abschluss des notariellen Vertrags vom 26.01.2010 zu einer unmittelbaren Vereinigung der Anteile an der X-GmbH gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in der Hand der Klägerin. Da die Anteile, die die X-GmbH an sich selbst hielt, nicht zu berücksichtigen sind, begründete der Vertrag einen Anspruch auf Anteilsübertragung, durch den sich die Beteiligung der Klägerin an der X-GmbH bei Erfüllung von 94,73 % auf 95,26 % erhöhen würde. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang – an sich zutreffend – geltend, nicht sie sei die Erwerberin gewesen und habe den Anspruch auf Übertragung gehabt, sondern die X-GmbH. Allerdings hat der BFH in dem Urteil vom 20.01.2015 II R 8/13 (BStBl. II 2015, 553) entscheidend darauf abgestellt, dass der Kauf des eigenen Geschäftsanteils durch die grundbesitzende Gesellschaft zu einer mit dem zivilrechtlichen Eigentum vergleichbaren Rechtszuständigkeit des anderen Gesellschafters führe. So verhält es sich – wie ausgeführt – im vorliegenden Fall im Hinblick auf die zu über 95 % beteiligte Klägerin. Im Übrigen stellt der BFH ergänzend auf § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG ab, der, da der Vertrag wie vereinbart durchgeführt wurde, auch hier einschlägig wäre.
41Im Hinblick auf die G-GmbH & Co. KG kam es zu einer teils unmittelbaren, teils mittelbaren Anteilsvereinigung. Die Klägerin war bereits unmittelbar zu 94,9 % an der G-GmbH & Co. KG beteiligt. Indem sich ihre Beteiligung an der weiteren Kommanditistin, der X-GmbH, von 94,73 % auf 95,26 % erhöhte, war ihr der Kommanditanteil der X-GmbH zuzurechnen. Dadurch, dass die Klägerin und die X-GmbH darüber hinaus Gesellschafterinnen der Komplementär-GmbH waren, ergab sich eine (teils unmittelbare, teils mittelbare) Beteiligung der Klägerin an der G-GmbH & Co. KG von 100 %.
42Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich ihre Stellung mit dem Erwerb der Anteile durch die X-GmbH nicht verändert habe, weil sie (bzw. ihre Alleingesellschafterin, die Stadt I-Stadt) bereits vorher eine beherrschende Stellung innegehabt habe und ihren Willen sowohl bei der X-GmbH als auch bei der G-GmbH & Co. KG habe durchsetzen können, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Maßgeblich ist die grunderwerbsteuerliche Betrachtungsweise: Der Gesetzgeber geht mit der für den Streitfall maßgeblichen Mindestbeteiligungsquote von 95 % für Zwecke der Grunderwerbsteuer typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber mit dem Erreichen dieser Quote in grunderwerbsteuerlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH Urteil vom 25.08.2010 II R 65/08, BStBl. II 2011, 225; BFH Urteil vom 27.05.2020 II R 45/17, BStBl. II 2021, 315). Darauf, ob die Klägerin bzw. die Stadt I-Stadt – als deren Alleingesellschafterin – bereits vor dem Erwerb der Anteile durch die X-GmbH (unter Berücksichtigung der Besonderheiten kommunaler Gesellschaften) gesellschaftsrechtlich in der Lage waren, ihren Willen bei den grundbesitzenden Gesellschaften durchzusetzen, kommt es nicht an. Entscheidend ist die typisierende grunderwerbsteuerliche Betrachtungsweise, nach der (im Streitfall) eine Mindestbeteiligung von 95 % maßgeblich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der BFH für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein mittelbarer Anteilserwerb vorliegt, auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abstellt und auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zurückgreift. Denn die Zurechnung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrifft die Frage, ob die 95 %-Grenze durch den betreffenden Erwerbsvorgang erreicht wurde, und nicht die, ob losgelöst von der grunderwerbsteuerlich maßgeblichen Mindestbeteiligungsquote eine Beherrschung der grundbesitzenden Gesellschaft vorliegt.
43Der Umstand, dass bei der Stadt I-Stadt (als Alleingesellschafterin der Klägerin) bereits vor dem Erwerb der Anteile durch die X-GmbH eine (teils unmittelbare, teils mittelbare) Anteilsvereinigung vorlag, steht einer Anteilsvereinigung bei der Klägerin nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass die Anteile an der X-GmbH und damit die zum Vermögen der X-GmbH gehörenden Grundstücke der Klägerin grunderwerbsteuerlich erstmals zugeordnet wurden.
44Die Beteiligten gehen zutreffend übereinstimmend davon aus, dass – im Hinblick auf die G-GmbH & Co. KG – eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt. Es sind keine Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergegangen.
45Eine (teilweise) Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG im Hinblick auf die bereits vor der Anteilsvereinigung bestehende (unmittelbare) Beteiligung der Klägerin an der G-GmbH & Co. KG kommt – wovon der Beklagte richtig ausgegangen ist – wegen § 6 Abs. 4 GrEStG nicht in Betracht. Die Klägerin hatte den Kommanditanteil im Jahr 2009 erworben.
46Festsetzungsverjährung war nicht eingetreten. Eine den Anforderungen des § 20 GrEStG genügende Anzeige des Notars liegt nicht vor.
47Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO u.a. dann, wenn eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Im Falle einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist der Steuerschuldner nach § 19 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG zur Anzeige verpflichtet. Die Anzeigepflicht des Notars ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG. Beide Anzeigepflichten bestehen unabhängig voneinander. Hat jedoch einer der Anzeigeverpflichteten eine den Anforderungen des § 20 GrEStG entsprechende Anzeige an das zuständige Finanzamt erstattet, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist nicht dadurch weiter hinausgeschoben, dass der andere Anzeigepflichtige seine Anzeigepflicht nicht erfüllt. Nach Eingang einer formgültigen Anzeige ist es dem Finanzamt ohne weiteres möglich, das Besteuerungsverfahren einzuleiten. Ein weiteres Hinausschieben der Festsetzungsfrist ist nach dem Zweck der Vorschrift nicht erforderlich (BFH Urteil vom 21.06.1995 II R 11/92, BStBl. II 1995, 802). Denn die Vorschrift soll lediglich verhindern, dass durch eine späte Einreichung der Steuererklärung oder Anzeige die der Finanzbehörde zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit verkürzt wird. Dieser Sicherungszweck rechtfertigt keine weitere Hemmung des Anlaufs der Festsetzungsfrist zu Lasten des Steuerpflichtigen, wenn der Rechtsvorgang dem Finanzamt durch einen von mehreren Anzeigepflichtigen ordnungsgemäß angezeigt wird. Dass es sich bei der Anzeige eines Notars nicht um eine Steuererklärung handelt, ist insoweit unerheblich (BFH Urteil vom 06.07.2005 II R 9/04, BStBl. II 2005, 780).
48Die Festsetzungsfrist endete entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits mit Ablauf des 31.12.2014, sondern erst mit Ablauf des 31.12.2017. Die Klägerin selbst hatte keine Anzeige erstattet. Das an den Beklagten gerichtete Schreiben des Notars vom 27.01.2010, dem die notarielle Urkunde in einfacher und beglaubigter Ablichtung beigefügt war, erfüllt die an eine ordnungsgemäße Anzeige zu stellenden Anforderungen nicht.
49Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Anzeige ordnungsgemäß ist, ist zum einen zu prüfen, ob die Anzeige sich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts als der für die Verwaltung der Grunderwerbsteuer zuständigen Organisationseinheit richtet. Zum anderen ist entscheidend, ob die Anzeige die inhaltlichen Voraussetzungen des § 20 GrEStG erfüllt. Letzteres ist nicht der Fall.
50Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird die Anzeigepflicht nur durch die Übermittlung der Anzeige an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts erfüllt. Jedoch genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anzeige eine nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts adressierte Anzeige, die sich nach ihrem Inhalt eindeutig an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts richtet. Dazu ist erforderlich, dass die Anzeige als eine solche nach dem Grunderwerbsteuergesetz gekennzeichnet ist und ihrem Inhalt nach ohne weitere Sachprüfung – insbesondere ohne dass es insoweit einer näheren Aufklärung über den Anlass der Anzeige und ihre grunderwerbsteuerliche Relevanz bedürfte – an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten ist (BFH Urteil vom 23.05.2012 II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579 mit weiteren Nachweisen). Das Schreiben des Notars vom 27.01.2010 war zwar nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle des Beklagten adressiert, so dass es seinem Betreff entsprechend als Anzeige nach § 54 EStDV in der Körperschaftsteuerstelle einging. Jedoch enthielt der Text des insgesamt nur aus zwei Sätzen bestehenden Schreibens die ausdrückliche Bitte, die einfache Ablichtung der notariellen Urkunde an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzureichen. Die Sätze waren zudem optisch durch einen Absatz voneinander getrennt. Damit war ohne weitere Prüfung ersichtlich, dass die einfache Ablichtung des Vertrags an die Grunderwerbsteuerstelle gerichtet war und an diese hätte weitergeleitet werden müssen.
51Allerdings erfüllt die Ablichtung des notariellen Vertrags als solche nicht die an den Inhalt einer Anzeige zu stellenden Anforderungen. Dies gilt auch dann, wenn man das Anschreiben des Notars (das nicht für die Grunderwerbsteuerstelle bestimmt war) in die Überlegungen einbezieht. Nach § 20 GrEStG in der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung muss eine Anzeige (die sich auf Anteile an einer Gesellschaft bezieht) enthalten:
52- Vorname, Zuname und Anschrift des Veräußerers und des Erwerbers;
53- die Bezeichnung des Grundstücks nach Grundbuch, Kataster, Straße und Bebauung;
54- die Größe des Grundstücks und bei bebauten Grundstücken die Art der Bebauung;
55- die Bezeichnung des anzeigepflichtigen Vorgangs und den Tag der Beurkundung;
56- den Kaufpreis oder die sonstige Gegenleistung;
57- den Namen der Urkundsperson;
58- die Firma und den Ort der Geschäftsleitung der Gesellschaft, auf deren Anteile sich die Anzeige bezieht;
59- die Bezeichnung des oder der Geschäftsanteile.
60Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, das aus der notariellen Urkunde zahlreiche der o.g. Angaben hervorgehen. Allerdings gilt dies nicht für die Angaben zu den Grundstücken. Weder in der notariellen Urkunde noch in dem Anschreiben sind die Grundstücke aufgeführt, die von dem Erwerbsvorgang betroffen sind. In der Urkunde heißt unter VII (2) 1. Satz, 2. Halbsatz: „(…); die Gesellschaft hat Grundbesitz“. Hieraus ergibt sich weder die Bezeichnung der von dem Erwerbsvorgang betroffenen Grundstücke noch deren Größe und die Art der Bebauung. Soweit die Klägerin meint, der bloße Hinweis auf Grundbesitz genüge den an eine ordnungsgemäße Anzeige zu stellenden Anforderungen, trifft dies nicht zu. Zwar beginnt der Lauf der Festsetzungsfrist auch dann mit der Abgabe der Anzeige, wenn diese teilweise unvollständig oder unrichtig ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Erklärung derart lückenhaft ist, dass dies praktisch auf das Nichteinreichen der Erklärung hinausläuft. Ob eine unvollständige Anzeige die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beendet, ist entsprechend dem Normzweck dieser Vorschrift danach zu beurteilen, ob insoweit die der Finanzbehörde zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit verkürzt wurde. Darüber hinaus beendigt eine teilweise unvollständige oder unrichtige Anzeige die Anlaufhemmung dann nicht, wenn das Gesetz zwingend bestimmte Angaben vorschreibt (vgl. BFH Beschluss vom 17.08.2009 II B 172/08, BFH/NV 2009, 1970; BFH Urteil vom 23.05.2012 II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579). Der BFH hat weiter entschieden, dass einer Anzeige nach § 19 GrEStG (bei der es sich gemäß § 19 Abs. 5 GrEStG um eine Steuererklärung handelt) dann keine die Anlaufhemmung beendende Wirkung zukommt, wenn ihr die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderlichen Angaben (Bezeichnung des Grundstücks nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer) vollständig fehlen (BFH Beschluss vom 17.08.2009 II B 172/08, BFH/NV 2009, 1970). Dies gilt auch für eine Anzeige, die ein Notar zu erstatten hat. Soweit die Klägerin vorträgt, diese Entscheidung sei nicht einschlägig, weil es sich bei dem Schreiben des Notars um eine Anzeige nach § 18 GrEStG handele, trifft dies nicht zu. Der BFH führt ausdrücklich aus, dass mit den Anzeigepflichten nach den §§ 18 und 19 GrEStG das Ziel verfolgt werde, der zuständigen Finanzbehörde eine positive Kenntnis von Erwerbsvorgängen zu vermitteln. Eine solche positive Kenntnis, die erstmals durch die in § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG verlangte Bezeichnung des von einem Erwerbsvorgang betroffenen Grundstücks vermittelt werde, sei unabdingbare Voraussetzung zur Durchführung des Festsetzungsverfahrens. Insbesondere könne erst aufgrund der konkreten Bezeichnung des Grundstücks geprüft werden, ob die Voraussetzungen einer gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 17 Abs. 3 GrEStG erfüllt seien. Es liege demgemäß auf der Hand, dass eine Anzeige ohne die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderlichen Angaben die der Finanzbehörde zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit verkürze (BFH Beschluss vom 17.08.2009 II B 172/08, BFH/NV 2009, 1970 unter II. 2. b) cc) – Rz. 21). Dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist eine Unterscheidung danach, ob es sich um eine Anzeige nach § 18 GrEStG oder um eine solche nach § 19 GrEStG handelt, nicht zu entnehmen. § 20 GrEStG regelt die inhaltlichen Vorgaben für beide Arten von Anzeigen. Dementsprechend stellt der BFH auf beide Vorschriften ab (vgl. auch BFH Beschluss vom 26.01.2012 II B 98/11, BFH/NV 2012, 710 unter 3. a.E. – Rz. 5, wo die Anlaufhemmung nicht beendet war, weil einer Anzeige nach § 18 GrEStG die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderlichen Angaben fehlten).
61Da die von dem Erwerbsvorgang betroffenen Grundstücke aus dem notariellen Vertrag nicht ersichtlich waren, fehlt es an einer die Anlaufhemmung beendenden Anzeige. Dass der Grunderwerbsteuerstelle bekannt geworden wäre, dass ein grunderwerbsteuerlich relevanter Vorgang vorliegt, wenn die Ablichtung der notariellen Urkunde (entsprechend der inhaltlichen Adressierung) an die Grunderwerbsteuerstelle weitergeleitet worden wäre, ändert hieran nichts. Denn die der Grunderwerbsteuerstelle zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit wäre dadurch, dass sie die betroffenen Grundstücke erst hätte ermitteln müssen, verkürzt worden. Anders als die Klägerin zur Begründung ihres Einspruchs vorgetragen hat, ist es auch nicht unverhältnismäßig zu verlangen, dass die betroffenen Grundstücke bezeichnet werden. Vielmehr ist die Bezeichnung der Grundstücke wesentlicher Bestandteil der Erklärung, weil die Grundbesitzwerte bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 GrEStG Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer sind.
62Soweit der BFH in dem – vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung angesprochenen – Urteil vom 18.04.2012 II R 51/11 (BStBl. II 2013, 830) entschieden hat, dass bei einer Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG (in der der Entscheidung zugrunde liegenden Fassung) grundstücksbezogene Angaben nicht erforderlich sind, hat dies für die hier zu beantwortende Frage keine Bedeutung. § 16 Abs. 5 GrEStG verfolgt einen anderen Zweck als § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO (nämlich eine nachträgliche Gestaltung nach Aufdeckung des Erwerbsvorgangs zu verhindern).
63Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Vordruck für die notarielle Veräußerungsanzeige (§ 18 Abs. 1 Satz 1 GrEStG), wie er von der Finanzverwaltung im Jahr 2010 zur Verfügung gestellt wurde, allein auf die Übertragung von Grundbesitz zugeschnitten war und es einen Vordruck „Anzeige über Anteilsübertragungen“ (anders als heute) nicht gab. Denn die Frage, ob eine die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beendende Anzeige vorliegt, beantwortet sich aus dem Gesetz. Werden die erforderlichen Angaben in dem zur Verfügung gestellten Vordruck nicht abgefragt, liegt es nahe, diese in einer Anlage zu machen.
64Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.