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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05.04.2019 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14.10.2020 verpflichtet, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2007, zuletzt in der Fassung vom 29.03.2012, dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn des Klägers um X € herabgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Streitig ist die Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der A GbR (im folgenden GbR) für das Jahr 2007 hinsichtlich des Veräußerungserlöses des Mitunternehmeranteils des Klägers.
3Der Kläger war als Rechtsanwalt und Steuerberater Mitunternehmer der GbR mit einem Mitunternehmeranteil von 25 %. Die GbR bestand im Streitjahr aus folgenden Gesellschaftern: dem Kläger, Wirtschaftsprüfer Steuerberater E, Rechtsanwalt und Notar N, Steuerberater R, Rechtsanwalt D und ab dem 01.01.2007 Steuerberater O.
4Durch auf den 08.01.2007 datierten Kaufvertrag, der tatsächlich erst am 03.07.2007 unterzeichnet wurde und auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, veräußerte der Kläger seinen 25-prozentigen Geschäftsanteil an der GbR sowie Vergütungsansprüche aus verschiedenen Insolvenzverfahren an eine aus Herrn E, Herrn N, Herrn R, Herrn D und Herrn O bestehende GbR.
5In dem Kaufvertrag heißt es hierzu wie folgt:
6„Kaufvertrag über einen GbR-Anteil an der A GbR, V
7zwischen
81. Herr Rechtsanwalt und Steuerberater A (…)
9im weiteren „Verkäufer“ genannt
10und
112. Herrn Wirtschaftsprüfer/Steuerberater E
123. Herr Rechtsanwalt und Notar N
134. Herrn Steuerberater/vBP R
145. Herrn Rechtsanwalt D
156. Herrn Steuerberater O
16die Beteiligten zu 2.-6. (…) haben sich zum Zwecke dieses Kaufvertrages zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen
17im weiteren „Käufer“ genannt.
18Vorbemerkung
19Der Verkäufer ist Gesellschafter der A GbR (…). Die A GbR in ihrer heutigen gesellschaftsrechtlichen Zusammensetzung besteht aus den Beteiligten zu 1.-3. Ihr liegt ein Gesellschaftsvertrag vom 29.12.2000 zugrunde. Die Beteiligten zu 4.-6. sind ebenfalls in der Sozietät A tätig.
20Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 29.12.2000 ist A derzeit zu 25 % am Gewinn und Vermögen der A GbR beteiligt. Gegenstand dieses Kaufvertrages ist dieser GbR-Anteil von 25 %, den die Beteiligten zu 2.-6. käuflich nach den Regelungen des Vertrages erwerben möchten. Der Verkäufer scheidet mit Wirkung zum 01.01.2007 aus der Gesellschaft aus.
21§ 1 Kaufgegenstand
221. Der Verkäufer verkauft an den dies annehmenden Käufer seinen 25-prozentigen Gesellschaftsanteil an der A GbR, V. Der Verkäufer scheidet damit aus der A GbR aus.
232. Nicht übernommen wird vom Käufer das negative Kapitalkonto des Verkäufers zum Stichtag. Dieses ist von ihm auszugleichen.
243. Verkauft werden ferner folgende Vergütungsansprüche des Verkäufers aus älteren Insolvenzverfahren, soweit der Verkäufer nach der Anlage 1 zum Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1.-3. vom 29.12.2000 an diesen Vergütungsansprüchen – teilweise zu 90 %, teilweise zu 70 % – partizipiert (…)
254. Stichtag für den Kauf den Übergang des Gesellschaftsanteils und der verkauften Honorarforderungen ist der 01.01.2007.
26(…)
27§ 2 Kaufpreis
281. Der Käufer zahlt an den Verkäufer einen Gesamtkaufpreis für alle verkauften Gegenstände i.H.v. X EURO (…)
292. Der Gesamtkaufpreis ist wie folgt zu erbringen:
302.1 In Höhe des negativen Kapitalkontos des Verkäufers zum 31.12.2006 von ca. minus X EURO (…) in der A GbR erfolgt eine Verrechnung mit dem Kaufpreis. Basis ist der Jahresabschluss der Sozietät A zum 31.12.2006.
312.2 Der darüber hinausgehende Kaufpreis ist bis zu einem Betrag i.H.v. X EURO (…) vorrangig aus den Nettoliquiditätszuflüssen von (…) der A GbR bei Beendigung und Abrechnung der Vergütungsansprüche aus den Insolvenzverfahren (…) zu bezahlen. Diese Beträge sind bis zur Auszahlung an den Käufer unverzinslich.
322.3 Der danach verbleibende Kaufpreis beträgt X EURO (…). Er wird vom Verkäufer kreditiert und ist ab dem 01.01.2007 in annuitätischen Jahresraten monatlich innerhalb von zehn Jahren zu entrichten. Hierbei ist ein nachschüssig zu entrichtender Zins von 5,5 % anzusetzen. Eine Beispielsrechnung ist als Anlage 2 beigefügt.
332.4 Für das Darlehen gemäß vorstehend 2.3 gelten folgende weiteren Vereinbarungen:
34Darlehensnehmer sind die Käufer E, N, R, D und O nicht in ihrer Verbundenheit als GbR, sondern in der Weise, dass der Verkäufer ihnen einzelne Darlehen in Höhe von je 1/5 der Darlehenssumme gemäß 2.3 gewährt, das sind je X EURO (…) und jeder von ihnen somit für den Betrag von X EURO (…) als Kreditnehmer unmittelbar haftet. Für die jeweiligen Darlehen und Darlehensbeträge der anderen Käufer haftet jeder Käufer als Bürge gemäß §§ 765 ff. BGB. Auf die Einrede nach § 771 BGB verzichten die Käufer mit der Maßgabe, dass eine Inanspruchnahme der Käufer als Bürgen frühestens 6 Monate nach Fälligstellung des Darlehens beim Hauptschuldner durch den Verkäufer zulässig ist. Der einzelne Bürge, oder die Sozietät insgesamt, sind berechtigt, den Anspruch des Darlehensgebers in Prozessstandschaft gegen den jeweiligen Darlehenschuldner/Hauptschuldner geltend zu machen. Der Verkäufer erteilt bereits jetzt sein Einverständnis. Für den Fall, dass eine Prozessstandschaft rechtlich unzulässig, oder im Urkundenprozess nicht durchführbar ist, verpflichtet sich der Verkäufer gegen Freistellung der Anwalts- und Gerichtskosten innerhalb des 6-Monatszeitraums unverzüglich nach Fälligstellung des Darlehens den Darlehensschuldner/Hauptschuldner in Anspruch zu nehmen.
Das Einzeldarlehen wird in voller Höhe fällig, wenn der einzelne Käufer/Darlehensnehmer mit mehr als zwei auf einander folgenden monatlichen Zahlungen in Verzug gerät.
2.5 (…)
382.6 Der Käufer ist jederzeit zur gänzlichen oder teilweisen vorzeitigen Tilgung des Kaupreises/Darlehens gemäß 2.3 berechtigt, ohne dass der Verkäufer eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann. (…)“
39In § 2 Nr. 3 des Kaufvertrages war zudem eine Kaufpreisanpassung im Hinblick auf die Vergütungsansprüche bzw. Endabrechnungen aus Konkurs- und Insolvenzverfahren vorgesehen.
40Als Anlage 2 war dem Kaufvertrag ein von dem Kläger eingeholtes Angebot über ein Darlehen der Bank 1 über ein zu einem Zinssatz von 5,5 % verzinsliches Darlehen i.H.v. X €, beginnend ab dem 01.01.2007, mit Zins- und Tilgungsplan beigefügt.
41Mit Datum vom 03.04.2008 vereinbarten die Vertragsbeteiligten eine Kaufpreiserhöhung um X €. Entsprechend der Vereinbarung wurden die Darlehensbeträge der Gesellschafter der GbR um jeweils X € auf X € erhöht.
42Am 06.02.2009 erging erstmalig ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2007 für die GbR, in der ein Veräußerungsgewinn für den Kläger i.H.v. X € festgestellt wurde.
43Am 16.03.2009 begann eine Betriebsprüfung bei der GbR für die Jahre bis einschließlich 2007 (Bericht vom 29.09.2009). Die Betriebsprüfung kam u.a. zu dem Ergebnis, dass der Veräußerungsgewinn des Klägers um X € aufgrund von Vorteilen aus Nebenabreden zu erhöhen sei. Mit Datum 09.12.2009 erließ der Beklagte dementsprechend für die GbR einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2007, in dem ein Veräußerungsgewinn i.H.v. X € für den Kläger festgestellt wurde.
44Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 25.07.2011 mit, dass sich sein Veräußerungsgewinn erneut entsprechend der im Kaufvertrag unter § 2 Abs. 3 getroffenen Vereinbarung um X € auf X € erhöht habe, woraufhin der Beklagte mit Bescheid vom 29.03.2012 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2007 erneut änderte und einen Veräußerungsgewinn i.H.v. X € für den Kläger feststellte.
45Mit einer Vereinbarung vom 22.04.2012 trat der Kläger seine Ansprüche aus dem Kaufvertrag über einen GbR-Anteil an der A GbR, aus dem Darlehensvertrag vom 08.01.2007 sowie 03.04.2008 sämtliche Ansprüche aus dem Kaufvertrag über seinen GbR-Anteil sowie aus der Vereinbarung vom 03.04.2008 an seine Ehefrau ab, die für ihn Zahlungen in anderen Angelegenheiten geleistet hatte. Am 24.06.2012 trat die Ehefrau des Klägers die Forderungen wieder an den Kläger ab.
46Der Kläger verklagte daraufhin die Herren E, O und D auf Rückzahlung des Darlehens und Zahlung der Zinsen und nahm zudem Herrn D als Bürgen für die Darlehensforderung des Herrn O in Höhe eines Teilbetrages in Anspruch (Landgericht Az. ). Mit Urteil des Landgerichts vom 00.00.2015, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurden die Herren E, O und D zur Zahlung verurteilt.
47In den Entscheidungsgründen des o.g. Urteils ist u.a. Folgendes ausgeführt:
48„A.
49Streitgegenständlich sind die geltend gemachten Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten aus Darlehen und aus Bürgschaft und zwar aus rückabgetretenem Recht.
50B.
51(…)
52Der Kläger hat gegen die Beklagten Darlehensrückzahlungsansprüche in Höhe von X EUR bezüglich der Beklagten zu 1. und 2. bzw. X EUR bezüglich des Beklagten zu 3. aus §§ 488 Abs. 1 Satz 2, 398 BGB.
53I.
54Zwischen Kläger und Beklagten bestehen Darlehensverträge über Einzeldarlehen in Höhe von je X EUR, wobei der Betrag durch Änderungsvereinbarung festgesetzt worden ist, §§ 488 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB.
55Die Darlehensverträge sind unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt wirksam (hierzu unter 1); sie sind nicht wirksam wiederrufen (hierzu unter 2); über das vom Kläger vorgetragene Maß hinaus ist keine Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung eingetreten (hierzu unter 3); die Forderung ist nicht durch Konfusion erloschen (hierzu unter 4); nach Rückabtretung ist der Kläger wieder Forderungsinhaber (hierzu unter 5): die Forderung ist fällig (hierzu unter 6), den Beklagten steht schließlich weder ein Zurückbehaltungsrecht (hierzu unter 7) noch der Einwand der Treuwidrigkeit aus § 242 BGB zu (hierzu unter 8).
561. Der Darlehensvertrag vom 08.01.2007 ist wirksam.
57(…)“
58Mit Vereinbarung vom 18.05.2016 verständigte sich der Kläger mit den Herren R und N, dass deren Zahlung aus den streitig gewordenen Bürgschaften für die übrigen Gesellschafter der Käufer-GbR im Rahmen des Kaufvertrags vom 08.01.2007 auf X € limitiert wird.
59In dem anschließend an das landgerichtliche Verfahren vor dem Oberlandungsgericht geführten Berufungsverfahren (Az. ) schlossen der Kläger und die Herren E, O und D einen Vergleich, wegen dessen Einzelheiten auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 00.00.2016 Bezug genommen wird. Danach hatten Herr E und Herr O jeweils einen Betrag i.H.v. X € und Herr D i.H.v. X € an den Kläger zu zahlen.
60Am 29.12.2017 stellte der Kläger erneut Antrag auf Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der GbR für 2007 hinsichtlich des dort für ihn ermittelten Veräußerungserlöses. Diesen begründete er damit, dass sich der teilweise durch Darlehensgewährung vereinbarte Kaufpreis nachträglich geändert habe. Die Erwerber E, O und D seien in den Jahren nach Anteilsübertragung für Zinsen und Tilgung säumig geblieben. Erst im Kalenderjahr 2016 sei es gelungen gerichtliche Vergleiche zu schließen. Durch diese Vergleiche und die nachfolgend eingetretene Insolvenz von Herrn E sei es insgesamt zu einer Kaufpreisreduzierung in Höhe X € gekommen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
61Mit Schreiben vom 30.04.2018 trug der Kläger hierzu vor, dass die gestundete Summe aus dem Verkauf laut Kaufvertrag X € betragen habe, zuzüglich X € aus der Vereinbarung vom 03.04.2018. Die Zinseinkünfte aus dem Darlehen seien in den Jahren 2007 bis 2014 unstreitig i.H.v. X € versteuert worden. Die Aufwendungen für die Rechtsverfolgung könnten ersatzlos gestrichen worden. Die Kapitaldienste 2007 bis 2016 seien ausschließlich von der Sozietät A C erbracht worden. Zu den X € seien auch die Raten 2/2014 bis 11/2014 von monatlich X € = X € zu rechnen, ferner die Schlusszahlung laut Vergleich in Höhe von X €. Nach den Vergleichen hätten die ehemaligen Gesellschafter O und D je X € bzw. X € zu zahlen. Die Zahlungen seien nach Maßgabe des festgesetzten Tilgungsplans erfolgt. Der Gesellschafter E habe auf die zu zahlenden X € X € gezahlt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens werde zudem eine Quote von 2,49 % angeboten. Mit einer Realisierung der X € rechne er nicht, gleichwohl werde diese Summe nunmehr im Rahmen der Berechnung berücksichtigt um zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen; hierzu setze er den Korrekturbetrag auf X € herab. Die Verfahrenskosten seien nicht zu berücksichtigen, da sie der gegnerischen Partei auferlegt worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnungen Bezug genommen.
62Mit Bescheid vom 05.04.2019 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung ab. Er führte aus, dass es sich bei der Kapitalforderung aus den Darlehensverträgen um einen Vorgang handele, der der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen sei, sodass eine Änderung des Veräußerungsgewinns aufgrund des Darlehensausfalls nicht möglich sei. Der Ablehnungsbescheid ging dem Kläger jedoch nicht zu, sodass er mit Schreiben vom 28.08.2019 erneut bekannt gegeben wurde.
63Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den er damit begründete, dass es entgegen der Auffassung des Beklagten keine Novation der Kaufpreisforderung in ein Darlehen gegeben habe. Im Kaufvertrag vom 08.01.2007 sei die Begleichung des Kaufpreises geregelt. Es sei der verbleibende Teil des Kaufpreises verzinslich gestundet worden. Dadurch, dass diese Regelung im Kaufvertrag geschlossen worden sei, sei klargestellt, dass nicht nur ein einheitliches Vertragswerk vorliege, sondern dass der Charakter des Kaufpreises erhalten bleibe.
64Mit Schreiben vom 19.02.2020 erläuterte der Beklagte seinen Standpunkt, dass zwar mit den abschließenden Vergleichen die Darlehensforderung in Höhe von X € ausgefallen sei, dass sich dies aber auf der privaten Vermögensebene des Klägers vollzogen habe.
65Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14.10.2020 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen Folgendes aus: Mit dem Vertrag über die Veräußerung des Mitunternehmeranteils des Klägers habe dieser den Erwerbern über einen Teilbetrag des Kaufpreises ein Darlehen gewährt. Es sei nicht der Kaufpreis gestundet worden. Stundung bedeute das Hinausschieben der Fälligkeit einer Forderung bei fortbestehender Erfüllbarkeit. Sie beruhe in der Regel auf einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zwischen den Parteien, könne sich aber auch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben. Werde dem Schuldner bei Vertragsschluss ein Zahlungsziel eingeräumt, werde die Leistungszeit vertraglich bestimmt. Es handele sich dann nicht um eine Stundung, da die Abrede die Leistungszeit nicht hinausschiebe, sondern regele. Der entscheidende Unterschied zum Darlehen bestehe darin, dass die Parteien bei der Stundung weiterhin davon ausgingen, dass der Schuldner zur Innehabung der Mittel grundsätzlich nicht berechtigt sei, während beim Darlehen ein echtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt werde. Ein Darlehensvertrag sei ein Vertrag, durch den sich der Darlehensgeber verpflichte, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in vereinbarter Höhe zur Verfügung zu stellen und der Darlehensnehmer sich verpflichte, den geschuldeten Zins zu zahlen und das Darlehen zurück zu erstatten. Ein Vertrag sei dann als Darlehensvertrag zu betrachten, wenn sich dies für einen verständigen Erklärungsempfänger aus dem Gesamtbild der Vertragsurkunde ergebe. Der Darlehensvertrag könne auch durch mehrere Darlehensnehmer geschlossen werden.
66Im Streitfall sei ein Darlehen in der Form eines sogenannten Verkäufer-Darlehens geschlossen worden, denn die Leistungszeit sei bei Vertragsschluss fest geregelt worden und den Käufern sei ein echtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt worden. Verkäuferdarlehen seien solche Darlehen, bei denen der Kaufpreisbestandteil unbedingt und der Höhe nach bestimmt geschuldet werde, jedoch die Fälligkeit des Kaufpreises nach Vollzug des Kaufvertrages liege. Der Verkäufer gewähre dem Käufer echtes Fremdkapital und überlasse dies darlehensweise. Im Streitfall sei entsprechend den Ausführungen im Übertragungsvertrag ein Verkäuferdarlehen und keine Kaufpreisstundung gewährt worden. Der Darlehensvertrag sei in den Kaufvertrag mit eingebunden worden. Aus dem vorliegenden Urteil des Landgerichts vom 00.00.2015 (Az. ) gehe ebenfalls hervor, dass den Käufern des GbR-Anteils ein Darlehen und keine Stundung gewährt worden sei. Die Zinseinnahmen aus der Gewährung der Darlehen seien bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zutreffend berücksichtigt worden. Der Totalausfall einer privaten Darlehensforderung infolge einer Insolvenz des Darlehensnehmers könne nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt worden. Da es sich im vorliegenden Fall um den Ausfall einer privaten Darlehensforderung handele und der Veräußerungsgewinn nicht geändert werden müsse, seien die Voraussetzung des § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht zu prüfen gewesen.
67Der Kläger hat daraufhin die vorliegende Klage erhoben. Er trägt vor, dass die Auffassung des Beklagten, dass ein Darlehen und keine Stundung vorliege, unzutreffend sei. In der Begründung des Beklagten, dass Stundung das Hinausschieben der Fälligkeit einer Forderung darstelle, könne kein Widerspruch zum Streitfall gesehen werden, denn hinsichtlich eines Teils des Kaufpreises sei die Fälligkeit hinausgeschoben worden. Nach Auffassung des Beklagten solle die konkrete Festlegung der Leistungszeit dazu führen, dass keine Stundung, mithin ein Hinausschieben vorliege, sondern eine Regelung der Leistungszeit. Der Beklagte gehe weiterhin von einer Novation aus. In jedem üblichen Kaufvertrag würden Kaufpreisraten zeitlich terminiert, das sei auch bei Veräußerungsrenten der Fall. Dies führe aber nicht dazu, dass die Rückwirkung wegfalle. Der BFH habe mit Urteil vom 19.07.1993 klargesellt, dass die gestundete Kaufpreisforderung für die Veräußerung eines Gewerbebetriebes, die in einem späteren Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise uneinbringlich werde, ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung darstelle. Dies sei auch im Streitfall der Fall.
68Der Kläger beantragt,
69unter Aufhebung des Bescheides vom 05.04.2019 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14.10.2020 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2007 vom 29.03.2012 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn des Klägers um X € herabgesetzt wird.
70Der Beklagte beantragt,
71die Klage abzuweisen.
72Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.
73Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
74Entscheidungsgründe
75I. Die Klage ist zulässig und begründet.
76Der Ablehnungsbescheid vom 05.04.2019 und die Einspruchsentscheidung vom 14.10.2020 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Entgegen der Auffassung des Beklagten liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2007 vom 29.03.2012 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (in Verbindung mit § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) vor. Der Beklagte ist verpflichtet, den Gewinn des Klägers aus der Veräußerung seiner Anteile an der GbR um X € herabzusetzen.
771. Ein Steuerbescheid ist zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
78Zu den rückwirkenden Ereignissen zählen alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge, aber auch tatsächliche Lebensvorgänge, die steuerrechtlich – ungeachtet der zivilrechtlichen Wirkungen – in der Weise Rückwirkung entfalten, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (BFH-Urteil vom 12.05.2016 II R 39/14, BFHE 255, 286, BStBl II 2017, 63, Rz 18). Ein nachträgliches Ereignis mit steuerrechtlicher Rückwirkung muss demgemäß zu einer Änderung des Sachverhalts führen, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat, und nicht nur zu einer veränderten (rechtlichen) Beurteilung des nämlichen Sachverhalts (BFH-Urteile vom 17.05.2017 II R 60/15, BFH/NV 2017, 1299, Rz 17, und vom 12.03.2019 IX R 2/18, BFH/NV 2019, 1073, Rz 22). Eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts kann insbesondere dann zu einer rückwirkenden Änderung steuerrechtlicher Rechtsfolgen führen, wenn Steuertatbestände an einen einmaligen Vorgang anknüpfen (BFH-Beschluss vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; BFH-Urteil vom 11.07.2019 II R 36/16, BFHE 265, 430, BStBl II 2020, 391, Rz 24).
79Ob einer nachträglichen Änderung eines Sachverhalts rückwirkende steuerrechtliche Bedeutung zukommt, ob mithin eine solche Änderung dazu führt, dass bereits eingetretene steuerrechtliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht. Nach diesem ist zu beurteilen, ob zum einen eine Änderung des ursprünglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand überhaupt betrifft und ob darüber hinaus der nach § 38 AO bereits entstandene materielle Steueranspruch mit steuerrechtlicher Rückwirkung noch geändert werden oder entfallen kann (BFH-Urteile vom 12.03.2019 IX R 2/18, BFH/NV 2019, 1073 und vom 11.07.2019 II R 36/16, BFHE 265, 430, BStBl II 2020, 391, Rz 24).
802. Ein solches rückwirkendes Ereignis liegt im Streitfall mit der nachträglichen Änderung des Veräußerungsgewinns des Klägers aus der Veräußerung seiner Beteiligung an der GbR vor.
81a) Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist.
82Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger aus der Veräußerung seines Anteils an der GbR einen Veräußerungsgewinn erzielt hat, der im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die GbR für das Jahr 2007 zu erfassen ist.
83Die Höhe des Veräußerungsgewinns hat sich – entgegen der Auffassung des Beklagten – nachträglich, d.h. nach Erlass des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die GbR vom 29.03.2012 geändert, nachdem feststand, dass der Kläger in Anbetracht des vor dem Oberlandesgericht geschlossenen Vergleichs und der Insolvenz des Herrn E keine weiteren Zahlungen auf den Kaufpreis erhalten wird.
84aa) Veräußerungsgewinn ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Veräußerungspreis i.S. von § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des dinglichen Veräußerungsgeschäfts erlangt. Dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält (BFH-Urteil vom 04.02.2020 IX R 7/18, BFH/NV 2020, 864).
85Der Veräußerungsgewinn entsteht grundsätzlich im Veräußerungszeitpunkt, das heißt mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen, und zwar unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Der Veräußerungsgewinn ist damit regelmäßig stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 89). Entsprechendes gilt für die Übertragung eines Mitunternehmeranteils.
86bb) Hat der Erwerber seine Gegenleistungspflicht noch nicht erbracht, sind sämtliche Änderungen zwischen der Begründung der Forderung auf die Gegenleistung und deren Erfüllung bei der Ermittlung des Veräußerungspreises zu berücksichtigen; auf die Ursache der Störung kommt es dann nicht an (BFH-Urteile vom 21.12.1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648; in BFH/NV 2010, 2067, Rz 45 ff., und in BFHE 251, 326, BStBl II 2016, 212, Rz 20). Dies gilt auch für die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (BFH-Urteil vom 19.03.2009 IV R 20/08, BFHE 225, 292, BStBl II 2010, 528). Dementsprechend liegt nach der Rechtsprechung des BFH ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung dann vor, wenn eine gestundete Kaufpreisforderung zu einem nach der Veräußerung liegenden Zeitpunkt ganz oder teilweise uneinbringlich wird (BFH-Beschluss vom 19.07.1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897).
87cc) Ist die nach Erfüllung des Erwerbsgeschäfts geleistete Zahlung jedoch Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt diese nicht auf den Veräußerungszeitpunkt zurück (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 04.10.2016 IX R 8/15, BFHE 255, 436, BStBl II 2017, 316).
88b) Unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsprechung und der besonderen Umstände des Streitfalles ist der im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2007 vom 29.03.2012 festgestellte Veräußerungsgewinn des Klägers nachträglich um X € zu mindern, da der Kläger in dieser Höhe die im Kaufvertrag vom 08.01.2007 unter § 2 Ziffer 2.3 und 2.4 vereinbarten Zahlungen auf den Kaufpreis nicht erhalten hat.
89aa) Die Höhe des Kaufpreis-Ausfalls des Klägers bzw. der Uneinbringlichkeit ist betragsmäßig mit X € zu beziffern. Die Ausfallhöhe war in Höhe von X € bereits im Vorverfahren unstreitig geworden. Die Differenz – aufgrund des Ausfalls des Klägers auch mit der Insolvenzquote bei Herrn E – hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht beanstandet, sodass der Senat insoweit von weiteren Ausführungen absieht.
90bb) Da der Kläger diesen Betrag von X €, der nach § 2 Ziffer 2.3 des Kaufvertrages kreditiert worden war, nicht erhalten hat, liegt einkommensteuerlich eine Minderung seines Veräußerungsgewinns aufgrund der (teilweisen) Uneinbringlichkeit des Veräußerungspreises vor und nicht der Ausfall eines hiervon zu unterscheidenden Darlehens.
91Zwar haben die die Vertragsbeteiligten des Kaufvertrages vom 08.01.2007 mit ihren Formulierungen „der danach verbleibende Kaufpreis beträgt X EURO (…). Er wird vom Verkäufer kreditiert…“ und „Für das Darlehen gemäß vorstehend 2.3 gelten folgende weiteren Vereinbarungen…“ nicht stets sauber zwischen Darlehen und Kaufpreis differenziert bzw. sich letztlich nicht festgelegt (s. z.B. auch die Vereinbarung vom 18.05.2016, in der von der „Kaufpreis- bzw. Darlehensschuld“ die Rede ist).
92Ungeachtet dieser Formulierungsschwächen ergibt sich für den Senat jedoch aus den gesamten Umständen des Streitfalles, dass für ertragsteuerliche Zwecke eine (modifizierte) Stundung bzw. Ratenzahlung des Kaufpreises erfolgt ist und nicht ein bzw. fünf auf einem selbständigen Rechtsgeschäft beruhende Darlehen vorlagen.
93Der Senat sieht in der Kreditierung eine originäre Ausgestaltung des Kaufpreises, der ohne die Regelungen zu den Einzeldarlehen, gegenüber der Erwerber-GbR bzw. (wegen § 128 HGB a.F. [analog]) wahlweise in voller Höhe auch gegenüber jedem der Gesellschafter der Erwerber-GbR hätte geltend gemacht werden können. Diese Inanspruchnahme-Möglichkeiten zu verhindern diente – bei insgesamt identischer Haftungsmasse – die Aufteilung in „Einzeldarlehen“, die bei Licht besehen keine selbständigen Darlehen, sondern originäre (aufgeteilte) Kaufpreisansprüche darstellten. Der Beklagte weist in der Einspruchsentscheidung zutreffend darauf hin, dass eine Stundung das Hinausschieben der Fälligkeit bei fortbestehender Erfüllbarkeit sei, und eben diese Situation liegt auch hier vor. Denn die Erfüllbarkeit blieb ausweislich Ziffer 2.6 des Veräußerungsvertrags während der Ratenlaufzeit ausdrücklich bestehen. Dass die Verzinsung sich an einem marktüblichen Zins zu orientieren versuchte, ist auch für eine Ratenzahlung üblich und spricht nicht für ein Darlehen. Dass es dem Kläger nicht auf die Erzielung von Zinsen (nach Art einer Darlehensgewährung) ankam, zeigt sodann deutlich auch in Ziffer 2.6 ebenfalls enthaltene Verzicht auf Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Erfüllung.
94Auch der Umstand, dass die Regelungen zur weiteren Zahlung nicht in einem gesonderten Vertrag und noch nicht einmal in einem gesonderten Abschnitt des Kaufvertrages im Kaufvertrag vom 08.02.2007 getroffen wurden, zeigt ebenfalls, dass hier keine selbständige Rechtsgrundlage geschaffen werden sollte. Vielmehr handelt es sich offenkundig um die erstmalige Gestaltung der Kaufpreisvereinbarung, in die die Regelung zur „Kreditierung“ eingefügt ist.
95Insbesondere liegt nach Auffassung des Senats auch keine Novation einer Kaufpreisforderung in eine Darlehensforderung vor.
96Nach der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte kann ein Zufluss durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In einer solchen Schuldumwandlung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch Zahlung beglichen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag in Erfüllung des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte. Die Novation stellt sich dann als eine bloße Verkürzung des Leistungswegs dar. Die Novation muss sich zudem als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellen, also auf seinem freien Entschluss. Auch im Fall der Novation kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Gläubiger (Steuerpflichtige), wenn er sich für eine Auszahlung entschieden hätte, in der Lage gewesen wäre, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung des gutgeschriebenen Betrages ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen). In diesem Zusammenhang kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (BFH-Urteil vom 14.05.1982 VI R 124/77, BFHE 135, 542, BStBl II 1982 469).
97Ausgehend hiervon lässt sich – entgegen der Annahme des Beklagten – nicht feststellen, dass im Streitfall hinsichtlich des geschuldeten Restkaufpreises ein Darlehensvertrag als selbständige Rechtsgrundlage in Form einer „Uno-actu-Novation“ vereinbart worden ist (vgl. dazu auch Bordewin, FR 1994, 555). Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:
98Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die unter Ziffer 2.3 getroffene Vereinbarung, dass der Restkaufpreis vom Verkäufer kreditiert wird und ab dem 01.01.2007 in annuitätischen Jahresraten monatlich innerhalb von zehn Jahren zu entrichten ist, im Interesse des Klägers getroffen worden ist und mithin auf einer freien Anlageentscheidung des Klägers beruhte. Insoweit ist lediglich ein nachschüssig zu entrichtender Zins von 5,5 % vereinbart worden, der ausweislich dem vom Kläger eingeholten Darlehensangebot dem üblichen Zinssatz entsprach. Eine entsprechende Verzinsung ist aber, wie dargelegt, auch bei einer Stundung üblich.
99Unter Berücksichtigung dessen, dass diese „Darlehen“ nicht besichert worden sind – insoweit wären die vereinbarten wechselseitigen Bürgschaften der Gesellschafter nicht notwendig gewesen, wenn durch die vertraglichen Regelungen nicht letztlich die gesetzliche Regelungen der §§ 126 Abs. 1, 128 Abs. 1 HGB abbedungen worden wären – und zudem nach Ziffer 2.6 ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung jederzeit ablösbar waren, ist diese Vereinbarung offensichtlich im Interesse der Käuferin bzw. deren Gesellschafter geschlossen worden, die im Zeitpunkt der Veräußerung nicht sofort den Kaufpreis zu entrichten hatte. Dies zeigt zudem deutlich, dass der Kläger insoweit keine Entscheidung im Sinne einer Kapitalanlage – wie es bei der Gewährung eines Darlehens der Fall ist – getroffen hat. Schließlich hat die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung auch – nachvollziehbar und unwidersprochen – dargelegt, dass eine Auszahlung eines (Darlehens-)Betrags an die Erwerber (mit Blick auf deren Zahlungsfähigkeit) für den Kläger unter keinen Umständen in Betracht gekommen wäre. Insofern fehlt es auch an einer Abkürzung des Leistungsweges (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss vom 24.06.2003 IX B 227/02, BFH/NV 2003, 1327).
100Mithin hat sich im Ausfall der Forderung das originäre Vertragsrisiko des Kaufvertrages und nicht eines gesonderten Darlehensvertrages, der der privaten Vermögensebene zuzuordnen wäre, realisiert. Dass das Landgericht (ohne nähere Erörterung) zivilrechtlich von einem Darlehen ausgegangen ist, ändert jedenfalls für die steuerliche Beurteilung nichts.
101c) Dass der Kläger die aus dem Vertrag vom 08.01.2007 und der Vereinbarung vom 03.04.2008 resultierenden Forderungen zwischenzeitlich an seine Ehefrau abgetreten hatte, ist nach Ansicht des Senats steuerlich von vornherein unbeachtlich. Ungeachtet dessen, aus welchen Gründen diese Abtretung erfolgt ist, geht aus den getroffenen Vereinbarungen hervor, dass die Forderungen bei der Abtretung weder in der Höhe beziffert noch bewertet worden sind, und damit in keiner Weise eine (fremdübliche) Realisierung des Kaufpreises durch den Kläger in Betracht kommt.
1023. Nachdem der Vergleich vor dem Oberlandesgericht im Jahr 2016 abgeschlossen worden war, war zum Antragszeitpunkt Feststellungsverjährung in Ansehung der hier einschlägigen Anlaufhemmung (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO) ersichtlich nicht eingetreten. Dies bedarf keiner weiteren Ausführungen.
103II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
104Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.