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Der Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 vom 17.3.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.1.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2022 sowie des Änderungsbescheides vom 15.5.2024 wird im Umfang der Anlage ÖHK aufgehoben.
Der Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 vom 16.2.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.1.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2022 sowie des Änderungsbescheides vom 15.5.2024 wird im Umfang der Anlage ÖHK aufgehoben.
Der Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 vom 4.4.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.1.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2022 sowie des Änderungsbescheides vom 15.5.2024 wird im Umfang der Anlage ÖHK aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten streitig sind Feststellungen in der Anlage ÖHK zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013, 188) --KStG 2002 n.F.-- auf der Ebene der Organgesellschaft, der Klägerin zu 1.
3Die Klägerin zu 1., eine GmbH, wurde durch Vertrag vom xx.xx.200x gegründet und am xx.xx.200x in das Handelsregister der Stadt C unter HRB ... eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist [...]. Dazu gehören auch vor- und nachgelagerte Leistungen wie [...]. Ferner führt die Klägerin zu 1. [...] durch.
4Alleingesellschafterin der Klägerin zu 1. ist die Klägerin zu 2., ebenfalls eine GmbH. An der Klägerin zu 2. sind nach dem Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.2013 [...] verschiedene Kommunen beteiligt (§ 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags).
5Die beiden Klägerinnen schlossen am xx.xx.200x einen Gewinnabführungsvertrag ab, der am xx.xx.2013 geändert worden ist. Durch einen Beherrschungsvertrag vom xx.xx.200x zwischen den beiden Klägerinnen wurde die Klägerin zu 1. in den Organkreis der Klägerin zu 2. eingegliedert.
6In den Streitjahren 2014 bis 2016 erwirtschaftete die Klägerin zu 1. ihre Umsatzerlöse deutlich überwiegend (zu ... % in 2014, zu ... % in 2015 und zu ... % in 2016) aus Geschäften mit anderen Organtöchtern der Klägerin zu 2., nämlich [...].
7Die Klägerin zu 1. erwirtschaftete nach ihren Jahresabschlüssen Gewinne in Höhe von ... € im Jahre 2014, ... € im Jahre 2015 und ... € im Jahre 2016.
8Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Klägerin zu 1. zunächst in den Streitjahren 2014 bis 2016 erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer. Ferner ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide für 2014 bis 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. Diese Bescheide gab das FA beiden Klägerinnen bekannt.
9Am xx.xx.2019 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ... (GKBp) mit einer Betriebsprüfung die Jahre 2013 bis 2016 betreffend. In dem Prüfungsbericht vom xx.xx.2020 machte die GKBp insbesondere unter Tz. 2.4 Ausführungen zur Spartenrechnung. Ab dem Jahre 2009 sei eine Spartenrechnung durchzuführen; in den Fällen einer Organschaft komme es erst auf der Ebene des Organträgers --hier der Klägerin zu 2.-- zu einer Zusammenfassung der Tätigkeiten der jeweiligen Sparte. Auf der Ebene der Organgesellschaft seien noch keine Sparten zu bilden. Zur Vorbereitung der Spartenrechnung seien auf der Ebene der Organgesellschaften tätigkeitsbezogene Ermittlungen der dem Organträger zuzurechnenden Gewinne und Einkommensbeträge vorzunehmen. Insoweit werde auf Rz. 68 ff. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303 verwiesen. Bislang sei die Tätigkeit der Klägerin zu 1. als sonstige nicht querverbundsfähige Tätigkeit beschrieben worden. Die Betriebsprüfung habe insoweit zu keiner abweichenden Beurteilung geführt. Die Tätigkeit sei wie folgt zu beschreiben: „sonstige nicht querverbundsfähige Tätigkeit (kfm. Dienstleistungen) – Ergebnis der A GmbH ([...])“. Die vorgenannte Tätigkeit sei ab dem 1.1.2014 als Besteuerungsgrundlage nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. gesondert und einheitlich festzustellen.
10Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 15.1.2021 entsprechende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellungen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F., jeweils nebst ergänzender Anlage ÖHK, in denen die Sparte entsprechend der Auffassung der GKBp beschrieben wurde. Die Art der Tätigkeit, das Einkommen (der Gesamtbetrag der Einkünfte) der Organgesellschaft vor Zurechnung an den Organträger aus der jeweiligen Tätigkeit und die im Gesamtbetrag der Einkünfte der jeweiligen Tätigkeit ggf. enthaltenen positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum i.S. des § 2 Abs. 4 Satz 3 und 4 des Umwandlungssteuergesetz 2006 (UmwStG 2006) laut beigefügten Anlagen ÖHK würden gesondert und einheitlich festgestellt. Die Vorbehalte der Nachprüfung hob das FA auf.
11Hiergegen legten die Klägerinnen jeweils Einsprüche ein, die das FA durch Einspruchsentscheidungen vom 28.2.2022 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte es u.a. aus, die Art der Tätigkeit, das Einkommen der Organgesellschaft vor Zurechnung an den Organträger aus der jeweiligen Tätigkeit und die im Gesamtbetrag der Einkünfte der jeweiligen Tätigkeit ggf. enthaltenen positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum i.S. des § 2 Abs. 4 Satz 3 und 4 UmwStG 2006 laut beigefügten Anlagen ÖHK seien gesondert festzustellen. Eine gesetzliche Verankerung finde dies in § 15 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 vom 21.3.2013 (BGBl I 2013, 561), der besondere Vorgaben für die Einkommensermittlung der Organgesellschaft enthalte. Die Bezeichnung der Tätigkeit einer Organgesellschaft falle unter § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG 2002 n.F.; es handele sich um eine Besteuerungsgrundlage, die mit dem dem Organträger zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft zusammenhänge. Die Qualifizierung der Tätigkeit der Organgesellschaft sei auf der Ebene des Organträgers von erheblicher Bedeutung, da § 8 Abs. 9 KStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) bei der Organgesellschaft nicht anwendbar sei. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 5 KStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) finde § 8 Abs. 9 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2010 erst auf der Ebene des Organträgers Anwendung. Hierfür seien die Tätigkeiten der Organgesellschaft von erheblicher Bedeutung, weil auf der Ebene des Organträgers gleichartige Tätigkeiten zusammenzufassen seien. Ohne eine Feststellung der Tätigkeiten der Organgesellschaft laufe § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. leer.
12Die Klägerin zu 1. führe keine eigenen Versorgungstätigkeiten aus. Im vorliegenden Fall würden die Tätigkeiten im Organkreis nicht durch Betriebe gewerblicher Art (BgA), sondern durch eine eigenständige Kapitalgesellschaft erbracht, die eigenständig zu beurteilen sei. Würde eine Stadt derartige selbständige Eigenbetriebe in Gestalt eines BgA betreiben, müsste man auf dieser Ebene die Zusammenfassung versagen. Daher heiße es in R 4.2 Abs. 5 der Körperschaftsteuerrichtlinien (KStR) auch, dass eine Zusammenfassung von Gewinn- und Verlustbetrieben mittels Organschaft in diesen Fällen nur zulässig sei, wenn diese nach § 4 Abs. 6 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 als BgA hätten zusammengefasst werden können. Die Überlegungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.3.2010 I R 41/09, BFHE 229, 358, BStBl II 2011, 181 könnten auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Es handele sich bei den Organgesellschaften um selbständige juristische Personen des privaten Rechts, deren Tätigkeiten für sich zu betrachten seien. Der BFH stelle in seinem Urteil --wenn auch zum Gewerbesteuerrecht-- klar, dass Obergesellschaft und Organgesellschaft nicht als ein Einheitsunternehmen betrachtet werden könnten.
13Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handele es sich bei der Tätigkeit der Klägerin zu 1. nicht um einen Teil der Versorgung, sondern um einen ausgelagerten Kostenblock. Folgte man der Auffassung der Klägerinnen, so führe jede Personalgestellung im Organkreis dazu, dass es sich um einen Versorgungsbetrieb handeln würde. Das würde die Eigenständigkeit der Organgesellschaften ad absurdum führen.
14Nach Rz. 80 des BMF-Schreibens vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303, seien für die Ermittlung der Spartenergebnisse die Wirtschaftsgüter aus der Kapitalgesellschaft aus der für sie bestehenden Rechnungslegung (d.h. die ihr steuerlich zuzurechnenden Wirtschaftsgüter) den einzelnen Sparten in sachgerechter Weise zuzuordnen; das gelte insbesondere für Beteiligungen. Diese Aussage dürfe aber nicht so weit ausgelegt werden, dass der aus der Tätigkeit der Organgesellschaft auf der Ebene der Organträgerin zu bildenden Sparte Wirtschaftsgüter zugeordnet werden dürften, die steuerlich dieser Gesellschaft nicht zuzurechnen seien. Die Gestaltung sei insoweit nicht vergleichbar mit einer Kapitalgesellschaft, die selbst einen Versorgungsbetrieb unterhalte, und die die damit zusammenhängenden Dienstleistungen, [...], selbst erbringe.
15Auch das Argument, dass es sich bei den seitens der Klägerin zu 1. erbrachten Dienstleistungen um der Versorgung gleichartige Leistungen handele, weil sich die Leistungen ergänzten, führe zu keinem anderen Ergebnis. Kaufmännische Dienstleistungen seien für alle gewerblichen Betriebe notwendig. Das könne aber nicht dazu führen, dass kaufmännische Leistungen Dritter zur entsprechenden gewerblichen Tätigkeit des Leistenden würden.
16Die Klägerinnen haben daraufhin Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat das FA unter dem 15.5.2024 die Feststellung der Tätigkeit der Klägerin zu 1. dahingehend geändert, dass sie nur noch mit „[…]“ bezeichnet und diese Tätigkeit weiter mit „[...]“ beschrieben wird. Zudem hat es positive Gesamtbeträge der Einkünfte in Höhe von ... € in 2014, ... € in 2015 und ... € in 2016 festgestellt.
17Die Klägerinnen meinen, die Tätigkeit einer Organgesellschaft sei keine nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. festzustellende Besteuerungsgrundlage. Zu den mit dem Einkommen zusammenhängenden anderen und deshalb nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. gegenüber der Organträgerin und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festzustellenden Besteuerungsgrundlagen gehöre nicht auch die Tätigkeit der Organgesellschaft und erst recht nicht deren Spartenzuordnung. Feststellungsbedürftige Besteuerungsgrundlagen seien allein die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer von Bedeutung seien (§ 199 der Abgabenordnung --AO--). Die Tätigkeit der Organgesellschaft möge für die Spartenrechnung von Bedeutung sein; sie hänge aber nicht mit dem Einkommen der Organgesellschaft als solchem zusammen.
18Die Klägerinnen sind des Weiteren der Ansicht, § 8 Abs. 9 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2010 gelte nicht auf der Ebene der Organgesellschaft (§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009). Anzuwenden sei die Vorschrift bei der Ermittlung des Einkommens auf der Ebene des Organträgers, wenn in dem ihm zugerechneten Einkommen Verluste aus einem begünstigten Dauerverlustgeschäft enthalten seien.
19Die Notwendigkeit einer bindenden Feststellung auf der Ebene der Organgesellschaft könne auch nicht damit begründet werden, dass das für den Organträger zuständige FA der Informationen bedürfe und diese bei dem FA, das für die Organgesellschaft zuständig sei, vorhanden sei. Eine Mitteilung sei insoweit vollkommen ausreichend; eines eigenständigen VA bedürfe es insofern nicht.
20Ausgangspunkt für § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. sei es gewesen, dass ein gegenüber der Organgesellschaft ergangener Steuerbescheid für den Organträger nicht bindend gewesen sei. Der Körperschaftsteuerbescheid der Organgesellschaft habe keinen Grundlagenbescheid für die Besteuerung des Organträgers dargestellt. Dies habe § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. geändert.
21Die Feststellung auf der Ebene der Organgesellschaft widerspreche ferner § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009, wonach über die Spartenzuordnung allein auf der obersten Ebene bei dem Organträger entschieden werde. Durch die Tätigkeitsfeststellung werde bereits eine Entscheidung über die Spartenzuordnung präjudiziert. Die Klägerin zu 2. könne sich gegen den Inhalt der Feststellung auf ihrer Ebene nicht mehr zur Wehr setzen, wenn sie die Feststellung bestandskräftig werden lasse.
22Ohne Kenntnis sämtlicher Tätigkeiten innerhalb des Organkreises lasse sich die Spartenbildung nicht vornehmen. Nur auf der Ebene des Organträgers lasse sich beurteilen, welche Tätigkeit ertragbringend sei und wie eine Beteiligung zuzuordnen sei.
23Soweit das FA nunmehr eine Bezeichnung in der Anlage ÖHK anhand der Tätigkeits-beschreibung im Handelsregister vornehme, sei eine solche Feststellung neben der Bezeichnung des Gesellschaftszwecks im Handelsregister überflüssig. Es komme für die Spartenrechnung aber auch nicht darauf an, welche Tätigkeit im Handelsregister beschrieben werde, sondern welche Tätigkeit die Klägerin zu 1. tatsächlich ausübe. Hinzu komme, dass auch in dem aktuell streitgegenständlichen Bescheid eine saubere Abgrenzung zwischen der Tätigkeit und der Spartenbildung weder erfolgt noch möglich sei. Die Auffassung des FA führe daher sowohl auf der Ebene der Klägerin zu 1. als auch auf der Ebene des FA und des Finanzgerichts zu Mehraufwand und stelle keine Erleichterung dar. Auch die im Gerichtsverfahren erlassenen Änderungsbescheide hätten schließlich keine saubere Trennung zwischen Tätigkeitsfeststellungen und Spartenrechnungen durchführen können. Die Anlage ÖHK bezwecke ausschließlich Vorfestlegungen im Hinblick auf die Spartentrennung.
24Die Tätigkeiten der Klägerin zu 1. seien querverbundsfähig, wenn man annehmen wollte, dass eine Feststellung tatsächlich bereits auf ihrer Ebene zu erfolgen hätte. Würde die Tätigkeit des ...-Organkreises durch verschiedene BgA ausgeführt, könnten diese zu einem einheitlichen Versorgungs- und Verkehrs-BgA zusammengefasst werden (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009). Soweit das FA der Auffassung sei, innerhalb eines solchen BgA gebe es gleichwohl einen gesondert zu behandelnden BgA mit dem Gegenstand „[...]“, sei dies unzutreffend. Die Klägerinnen meinen, sie seien einem Einheitsunternehmen und dieses einem einheitlichen BgA gleichzustellen.
25Die [...]-Tätigkeiten stellten ebenfalls eine Versorgungsleistung dar; jedenfalls seien sie mit dieser gleichartig. Ohne diese Tätigkeiten ließen sich die Produkte [...] nicht konkretisieren. Auch das BMF akzeptiere in seinem Schreiben vom 12.11.2009 (BStBl I 2009, 1303), dass alle Wertschöpfungsstufen erfasst würden, nicht also nur Vertrieb und Handel, sondern auch Erzeugung und Transport.
26Die Klägerinnen beantragen,
271. den Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 nebst Anlage ÖHK vom 17.3.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.1.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2022 sowie den Änderungsbescheid vom 15.5.2024 aufzuheben, soweit durch die Anlage ÖHK bereits auf der Ebene der Klägerin zu 1. als Organgesellschaft eine Tätigkeit und ein diesbezüglicher Gesamtbetrag der Einkünfte festgestellt wird,
2. den Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 nebst Anlage ÖHK vom 16.2.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.1.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2022 sowie den Änderungsbescheid vom 15.5.2024 aufzuheben, soweit durch die Anlage ÖHK bereits auf der Ebene der Klägerin zu 1. als Organgesellschaft eine Tätigkeit und ein diesbezüglicher Gesamtbetrag der Einkünfte festgestellt wird, und
3. den Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 nebst Anlage ÖHK vom 4.4.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.1.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2022 sowie den Änderungsbescheid vom 15.5.2024 aufzuheben, soweit durch die Anlage ÖHK bereits auf der Ebene der Klägerin zu 1. als Organgesellschaft eine Tätigkeit und ein diesbezüglicher Gesamtbetrag der Einkünfte festgestellt wird,
4. hilfsweise, die unter 1. bis 3. benannten Bescheide dahingehend zu ändern, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 1. mit „[...]“ festgestellt wird,
5. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
34die Klage abzuweisen,
35hilfsweise, die Revision zuzulassen.
36Über die Begründung der Einspruchsentscheidungen hinausgehend weist das FA auf die Begründung in BT-Drucks. 17/10774, 20 hin. Hier werde ausgeführt, dass zur Steigerung der Rechtssicherheit ein Feststellungsverfahren eingeführt werde, durch das insbesondere das dem Organträger zuzurechnende Einkommen gesondert und einheitlich festgestellt werde. Der Feststellungsbescheid solle im Interesse der Verfahrensökonomie, der Rechtssicherheit und einer gleichmäßigen Besteuerung die steuerrechtliche Bedeutung des Einkommens der Organgesellschaft sowie bestimmter anderer Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung für die Steuerbescheide der Organgesellschaften und des Organträgers regeln. Der letztlich für die Auslegung maßgebende Gesetzestext des § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. umfasse auch die Feststellung sonstiger mit der Feststellung des Einkommens zusammenhängende Besteuerungsgrundlagen. Eine Beschränkung auf Beträge enthalte das Gesetz nicht.
37Die Klägerin zu 1. erbringe Leistungen im Zusammenhang mit [...]. Eigene Versorgungstätigkeiten würden von ihr nicht ausgeführt. Die Tätigkeit der Klägerin zu 1. stelle auch keine der Wertschöpfungsstufen der Versorgung dar. Für sich betrachtet sei [...] keine Versorgung der Bevölkerung. Nicht sämtliche Tätigkeiten, die einen entfernten Zusammenhang mit der Versorgung aufwiesen, könnten zusammengefasst werden.
38Angesichts des umfangreichen Leistungsportfolios (auf die Homepage […] der Klägerin zu 1. werde verwiesen), könnten die Zahlen derzeit nicht den einzelnen Tätigkeiten zugewiesen werden. Das FA weist zudem darauf hin, dass die Klägerin zu 1. ihre Leistungen nicht nur gegenüber anderen Organgesellschaften, sondern auch gegenüber Dritten erbringe.
39Die Klägerinnen verkennten im vorliegenden Fall zudem, dass es sich bei ihnen nicht um BgA, sondern um selbständige juristische Personen handele. Würde eine Stadt derartige selbständige Regie- oder Eigenbetriebe unterhalten, müsste man die Zusammenfassung auch versagen. Die Tätigkeit der juristischen Personen sei isoliert zu betrachten.
40Der Sach- und Streitstand ist am 15.3.2024 mit den Beteiligten erörtert worden. Am 6.6.2024 hat der Senat mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Protokolle Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist zulässig und begründet.
43I. Der Zulässigkeit der Klage steht im Hinblick auf die Klägerin zu 1. nicht entgegen, dass die Auswirkungen der Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. auf der Ebene der Klägerin zu 2. als Organträgerin eintreten. Gleichwohl ist auch die Klägerin zu 1. durch die Feststellung beschwert und damit i.S. des § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt.
441. Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG 2002 n.F. werden das dem Organträger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft und damit zusammenhängende andere Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem Organträger und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt. Die Feststellungen sind für die Besteuerung des Einkommens des Organträgers und der Organgesellschaft bindend (§ 14 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F.).
452. Zwar wirkt sich die materiell aufgeworfene Frage der Spartenbildung im wirtschaftlichen Ergebnis allein bei der Klägerin zu 2. als der Organträgerin aus. Das hindert allerdings nicht die parallel bestehende Rechtsschutzbefugnis beider Klägerinnen. § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. legt ausdrücklich fest, dass die Feststellungen für die Besteuerung auch der Organgesellschaft bindend sind, ohne nach dem Inhalt der Feststellungen zu differenzieren. Die Organgesellschaft ist Adressatin des Feststellungsbescheids. Sie ist infolge der Feststellungswirkung selbst durch den Feststellungsbescheid beschwert und somit berechtigt, Einspruch einzulegen und Klage zu erheben (BFH-Urteile vom 1.7.2020 XI R 20/18, BFHE 269, 525, BStBl II 2021, 296, m.w.N., Az. BVerfG: 2 BvR 926/21; vom 11.7.2023 I R 36/20, BFHE 281, 439, BFHE/NV 2024, 133). Eine Rechtsschutzkonzentration auf den Organträger ist § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. nicht zu entnehmen; sie bedürfte zudem der besonderen gesetzlichen Anordnung durch Erweiterung von § 352 AO und § 48 FGO, um § 350 AO und § 40 Abs. 1 FGO einzuschränken (BFH-Urteil in BFHE 269, 525, BStBl II 2021, 296, Az. BVerfG: 2 BvR 926/21).
46II. Die Klage ist auch begründet, denn die angefochtenen Feststellungsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Unrecht ist das FA davon ausgegangen, dass bereits auf der Ebene der Klägerin zu 1. durch die Anlage ÖHK eine Tätigkeit und die Höhe des auf die festgestellte Tätigkeit entfallenden Gesamtbetrags der Einkünfte festzustellen ist.
471. Nach § 179 Abs. 1 AO muss eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ausdrücklich gesetzlich angeordnet sein. Dies ist darauf zurückzuführen, dass abgestufte (mehrstufige) Steuerverwaltungsverfahren, die von der Grundkonzeption des § 157 Abs. 2 AO abweichen, aufgrund des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--) einer besonderen gesetzlichen Regelung bedürfen; die damit unverzichtbare Rechtsgrundlage für ein mehrstufiges Verfahren kann nicht durch allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen ersetzt werden (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679; BFH-Beschluss vom 13.5.2013 I R 39/11, BFHE 241, 1, BStBl II 2016, 434; BFH-Urteile vom 20.11.2018 VIII R 39/15, BFHE 263, 112, BStBl II 2019, 239, und vom 17.05.2023 I R 42/19, BFHE 280, 487, BStBl II 2024, 381). Sofern die gesonderte Feststellung bestimmter materiell-rechtlich maßgebender Rechengrößen nicht gesetzlich vorgesehen ist, muss über diese Größen grundsätzlich unmittelbar bei der Veranlagung des Steuerpflichtigen entschieden werden (vgl. auch BFH-Urteile vom 10.4.2019 I R 15/16, BFHE 265, 56, BStBl II 2022, 266; in BFHE 280, 487, BStBl II 2024, 381; vom 11.7.2023 I R 36/20, BFHE 281, 439, BStBl II 2024, 439).
482. Für die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft sieht § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG 2002 n.F. vor, dass das dem Organträger zuzurechnende Einkommen und damit zusammenhängende andere Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem Organträger und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festzustellen sind. Diese Feststellungen sind nach § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG n.F. für die Besteuerung des Einkommens des Organträgers und der Organgesellschaft bindend. Nach § 34 Abs. 9 Nr. 9 KStG 2002 n.F. gelten diese Vorschriften erstmalig für nach dem 31.12.2013 beginnende Feststellungszeiträume und damit auch in den Streitjahren 2014 bis 2016.
493. Zu den mit dem zuzurechnenden Einkommen zusammenhängenden anderen Besteuerungsgrundlagen zählt nach Auffassung des Senates nicht die Beschreibung der konkreten Tätigkeit der Organgesellschaft (der Klägerin zu 1.) und ein dieser Tätigkeit zuzurechnender Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte.
50a) Was unter den Begriff der „damit zusammenhängenden anderen Besteuerungsgrundlagen“ i.S. des § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG 2002 zu subsumieren ist, ist weder im Gesetz näher definiert noch bislang abschließend in Rechtsprechung und Literatur geklärt (s. Walter in Bott/Walter, KStG, § 14 Rz. 805.0.3, nach dem zu den größten Rätseln des § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. gehört, was von der Vorschrift erfasst wird). Einigkeit besteht insoweit, als es sich um mit dem dem Organträger zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft zusammenhängende Besteuerungsgrundlagen handeln muss, deren Feststellung eine sachgerechte Besteuerung auf Ebene des Organträgers erst ermöglichen (Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 14 Rz. 682g; Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz. 372; Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl. 2023, § 14 Rz. 794). Dazu gehören insbesondere (bspw. Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 14 Rz. 529c; Rode in Brandis/Heuermann, § 14 KStG Rz. 304):
51-- im Gewinn enthaltene Dividenden i. S. v. § 8b Abs. 1 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) bzw. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes 2009 (EStG 2009) i.d.F. Amtshilfe RLUmsG und hiermit zusammenhängende Ausgaben nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2009,
52-- nach DBA steuerfreie Gewinnanteile und zugehörige Aufwendungen,
53-- Zinsaufwendungen, -erträge und Abschreibungen i. S. der Zinsschranke,
54-- die Gesamtsumme der Einkünfte der Organgesellschaft für Zwecke der Höchstbetragsberechnung nach § 34c EStG 2009 beim Organträger,
55-- Mehr- und Minderabführungen sowohl nach § 14 Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) vom 19.12.2004 (BGBl I 2004, 3310),
56-- der verbleibende Sanierungsertrag der Organgesellschaft,
57-- Zinsaufwendungen und Zinserträge der Organgesellschaft i.S. des § 4h Abs. 3 EStG 2009 sowie alle Daten für den EBITDA-Vortrag (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 --BGBl I 2007, 1912--),
58-- Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008.
59Ebenso zählt hierzu der streitige Status des Bestehens oder Nichtbestehens einer Organschaft. Die Statusfeststellung ist als Vorbedingung für die Feststellung des zuzurechnenden Einkommens die stärkste Form „damit zusammenhängender Besteuerungsgrundlagen“ (in diesem Sinne jüngst BFH-Urteile vom 11.7.2023 I R 21/20, BFHE 281, 424, BStBl II 2024, 413, und in BFHE 281, 439, BStBl II 2024, 439).
60Der erkennende Senat zählt zu den festzustellenden Besteuerungsgrundlagen ferner den Umstand, dass im zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft Einkommensteile enthalten sind, die unter § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 fallen, also ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft darstellen (in diesem Sinne auch Brink, a.a.O., Rz. 682h; Neumann, a.a.O., Rz. 529c). Das ist im vorliegenden Fall indes unstreitig nicht der Fall, da die Klägerin zu 1. Gewinne erzielt hat.
61b) Die möglichen Inhalte weiterer Feststellungen werden durch den Grundsatz der sog. Feststellungsklarheit begrenzt (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 280, 487, BStBl II 2024, 381, und in BFHE 281, 439, BStBl II 2024, 439). Wegen des drohenden Rechtsverlusts bei unerkennbarer Grundlagenwirkung muss es für den Steuerpflichtigen aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung erkennbar sein, in welchen Fällen abweichend von § 157 Abs. 2 Halbs. 1 AO eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erfolgt (Drüen in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl. 2019, Rz. 4.34). Dies gebietet angesichts des unscharfen Wortlauts des § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG 2002 n.F. jedenfalls eine strenge Beurteilung bei der Beantwortung der Frage, welche Besteuerungsgrundlagen außer den o.g. in die Feststellung einzubeziehen sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Einbeziehung der betreffenden Besteuerungsgrundlage zweckmäßig erscheint, weil sie z.B. der Verfahrensvereinfachung dient (vgl. BFH-Urteil vom 8.11.2005 VIII R 21/01, BFH/NV 2006, 491; Koenig in Koenig, AO, 5. Aufl. 2024, § 179 Rz. 2 zu Sinn und Zweck gesonderter Feststellungen) und / oder das feststellende FA in Bezug auf die betreffende Besteuerungsgrundlage über eine größere Sachnähe als das veranlagende FA verfügt.
62c) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann der ausgesprochen unscharfe Wortlaut des § 14 Abs. 5 KStG 2002 n.F. nach Ansicht des Senates nicht dahingehend ausgelegt werden, dass bereits auf der Ebene der Organgesellschaft Tätigkeitsfeststellungen vorzunehmen sind (wie hier im Ergebnis Hölzer, Der Betrieb --DB-- 2020, 1700, 1708 f.; a.A. Teile der Literatur; s. Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 15 KStG Rz. 100c; Schiffer, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2018, 417, 429; ähnlich Rode in Brandis/Heuermann, § 14 KStG Rz. 304: Bildung von in dem konkreten Einkommen enthaltenen Verlustverrechnungskreisen).
63aa) Die gesonderte Feststellung der Tätigkeiten einer Organgesellschaft und eine Zuordnung von Gesamtbeträgen der Einkünfte ist weder mit der gesetzlichen Systematik vereinbar noch erscheint sie sachdienlich(wie hier im Ergebnis Hölzer, DB 2020, 1700, 1708 f.).
64aaa) Die Feststellung von Tätigkeiten der Organgesellschaft steht im Widerspruch zu der sich aus § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 ergebenden gesetzlichen Systematik.
65Gemäß § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 ist § 8 Abs. 9 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2010 --und damit die Spartentrennung-- bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Sind in den dem Organträger zugerechneten Einkommen Einkommen einer oder mehrerer Kapitalgesellschaften enthalten, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002 anzuwenden ist, ist die Spartentrennung nach § 8 Abs. 9 KStG 2002 erst auf der Ebene des Organträgers durchzuführen (§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG 2002). Hieraus wird in der Literatur zu Recht geschlossen, dass dem Organträger ein einheitliches und nicht ein spartenweise gegliedertes Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen ist (insoweit etwa Ballwieser in Prinz/Witt, a.a.O., Rz. 21.24; Müller in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 15 Rz. 102).
66Entgegen diesen Maßgaben würde durch eine Tätigkeitsfeststellung auf der Ebene der Klägerin zu 1., der Organgesellschaft, die Spartentrennung teilweise vorweggenommen, die nach § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 in einem ersten Schritt ebenfalls die Bestimmung einer Tätigkeit voraussetzt, die ggf. in einem zweiten Schritt in einer Sparte mit anderen Tätigkeiten zusammenzufassen ist. Ob und wie die Tätigkeiten der Klägerin zu 1. im Hinblick auf die Spartentrennung definiert werden müssten, kann jedenfalls im Hinblick auf diesen zweiten Schritt nicht durch eine isolierte Betrachtung allein auf ihrer Ebene beurteilt werden. Soll die Tätigkeitsfeststellung die Spartentrennung vorbereiten, so müsste bei der Definition der Tätigkeit und bei der Bestimmung des dieser Tätigkeit zuzuordnenden Teils des Gesamtbetrags der Einkünfte in den Blick genommen werden, ob es im Organkreis gleichartige Tätigkeiten gibt, ob zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder ob ein Versorgungsbetrieb vorliegt (vgl. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009). Eine solche Trennung der Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Umstände des Organkreises bedeutete indes im Ergebnis die Durchführung einer Spartentrennung auf der Ebene der Klägerin zu 1. als Organgesellschaft.
67bbb) Die gesonderte Feststellung von Tätigkeiten der Organgesellschaften entspricht darüber hinaus nicht dem Ziel der Verfahrensökonomie, die der Gesetzgeber durch gesonderte Feststellungen erreichen will. Denn die Feststellung auf der Ebene der Organgesellschaften würde dazu führen, dass nicht die Organträgerin die im Organkreis ausgeübten Tätigkeiten zentral ermitteln und eine Spartenbildung vornehmen müsste, sondern sämtliche Organgesellschaften gehalten wären, die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten mit Blick auf die bei der Organträgerin durchzuführenden Spartentrennung bereits auf ihrer Ebene feststellen zu lassen. Da jede Organgesellschaft hierbei die Frage zusammenzufassender Tätigkeiten im Organkreis in den Blick nehmen müsste, führte dies nicht nur zu einer Verfahrensmultiplikation im Organkreis, sondern auch zur Gefahr nicht aufeinander abgestimmter Ergebnisse.
68Hieraus folgt zugleich, dass als Grund für eine Tätigkeitsfeststellung auf der Ebene der Organgesellschaften auch nicht die größere Sachnähe der für die Organgesellschaften zuständigen FÄ in Feld geführt werden kann. Denn auch diese könnten eine sachgerechte Tätigkeitsfeststellung nur unter Berücksichtigung der von sämtlichen Gesellschaften des Organkreises ausgeübten Tätigkeiten vornehmen.
69Insgesamt führte die Tätigkeitsfeststellung auf der Ebene der Organgesellschaften damit zu einem deutlich komplexeren Rechtsschutz, von dem der Senat angesichts des unscharfen Gesetzeswortlauts, mangels entsprechender Hinweise in den Gesetzesmaterialien und aufgrund der Friktion mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht unterstellen kann, dass der Gesetzgeber dies gewollt haben könnte. Denn die Dezentralisierung der Tätigkeitsfeststellungen führt --was auch der vorliegende Rechtsstreit bereits ansatzweise zeigt-- zu einer Atomisierung des Rechtsschutzes und auch insoweit zu einem administrativen Mehraufwand für die Klägerinnen, die FÄ und letztlich auch die Gerichte. Streitigkeiten hinsichtlich der Spartenbildung, die anderenfalls zentral auf der Ebene des Organträgers geführt --und auch am einfachsten beurteilt-- werden könnten, würden auf die einzelnen Organgesellschaften vorverlagert und hierdurch vervielfacht.
70Das FA hat keine gegenüber diesen Verkomplizierungen durchgreifenden Aspekte der Verfahrensökonomie benennen können, die es als notwendig und deshalb vom Gesetzgeber gewollt erscheinen lassen, Tätigkeitsfeststellungen bereits auf der Ebene der Organgesellschaften vorzunehmen. Soweit es vorträgt, die Spartentrennung werde andernfalls auf der Ebene der Organträgerin unverhältnismäßig erschwert, sieht der Senat derartige Probleme nicht. Insbesondere wäre eine sachgerechte Tätigkeitsfeststellung auf der Ebene der Organgesellschaften auf denselben effektiven Informationsfluss im Organkreis angewiesen wie eine zentrale Spartenbildung auf der Ebene der Organträgerin.
71ccc) Eine Tätigkeitsfeststellung auf der Ebene der Organgesellschaften könnte ohne Verstoß gegen den ausdrücklich in § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 geäußerten Willen des Gesetzgebers letztlich nur in der Weise erfolgen, dass die einzelnen Tätigkeiten der Organgesellschaften weitest möglich atomisiert und diesen Tätigkeiten entsprechende Anteile am Gesamtbetrag der Einkünfte zugewiesen würden. Auf der Ebene des Organträgers könnten dann die atomisierten Teilbeträge den einzelnen Sparten des Organkreises zugeordnet werden.
72Ein solches Vorgehen wäre indes kaum sachdienlich, denn es kann, wenn die Tätigkeiten auf der Ebene des Organträgers wieder ganz oder teilweise in Sparten zusammengefasst werden können, dazu führen, dass das an den Organträger abzuführende Gesamtergebnis möglichweise unnötig zerteilt und dadurch ein nicht unerheblicher verfahrenstechnischer Mehraufwand geschaffen wird.
73bb) Erscheint eine gesonderte Feststellung von Tätigkeiten auf der Ebene der Organgesellschaften danach schon grundsätzlich nicht geboten, so gilt dies erst recht für die vom FA im vorliegenden Fall vorgenommene Feststellung, die sich in der Benennung des im Handelsregister eingetragenen Gesellschaftszwecks der Klägerin zu 1. erschöpft. Denn durch eine solche Feststellung kann eine sachgerechte Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2010 auf der Ebene der Klägerin zu 2. schon deshalb nicht vorbereitet werden, weil die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des JStG 2009 und des § 8 Abs. 9 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2010 nicht an im Handelsregister bezeichnete (und daher ggf. nur beabsichtigte oder unvollständig benannte) Geschäftstätigkeiten anknüpfen, sondern an tatsächlich ausgeübte Dauerverlustgeschäfte i.S. des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2009.
74III. Da die Klägerinnen sich bereits hinsichtlich des Hauptantrags durchsetzen, bedarf es zu dem Hilfsantrag, der auf eine geänderte Tätigkeitsbeschreibung gerichtet ist, keiner Entscheidung.
75IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
76Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
77V. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Zu der Frage, ob eine Tätigkeitsfeststellung bereits auf der Ebene der Organgesellschaft vorzunehmen ist, liegt bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.
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