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Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
wie nachstehend wiedergegeben gegenüber Verbrauchern für eine Laserkorrektur zu werben:
An dieser Stelle befindet sich ein Wertgutschein aus der Internetanzeige.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Ziffer2 UKlaG und des § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG. Ihm gehören zahlreiche Unternehmen, Verbände und Körperschaften an, unter anderem auch Industrie- und Handelskammern sowie Ärzte- und Apothekenkammern.
3Der Beklagte betreibt eine Augenarztpraxis in E.
4Unter anderem am 05.08.2015 bot der Beklagte auf der Internetplattform „Groupon“ einen „Wertgutschein über 1699 € anrechenbar auf eine Laserkorrektur beider Augen in der Praxis Dr. med. C“ zu einem Preis von 1.699 € an. Die Anzeige war so gestaltet, dass sich unter dem Preis in Fettdruck eine Schaltfläche mit der Aufschrift „KAUFEN!“ befand. Unterhalb dieser Schaltfläche befand sich eine weitere Schaltfläche zur Auswahl der Option „ALS GESCHENK VERSENDEN“. Hierunter wiederum befand sich der Hinweis „NUR FÜR BEGRENZTE ZEIT!“ mit einem Countdown, der die verbleibende Restzeit des Angebots – am 05.08.2015 waren dies etwas mehr als 11 Tage – sekundengenau angab.
5Unter der Überschrift „Der Deal:“ wurden die Leistungen, die von dem Beklagten erbracht werden sollten (Beratung, medizinische Voruntersuchung, Behandlung nach einer der angegebenen Methoden, Nachsorge nebst der hierfür erforderlichen Medikamente, eventuell erforderliches Nachlasern innerhalb von 12 Monaten) beschrieben. Ferner hieß es dort erneut:
6„- Wertgutschein über 1699 € anrechenbar auf eine Laserkorrektur beider Augen“.
7Unter der Überschrift „Konditionen“ war bestimmt, dass der Gutschein bis zum 01.07.2018 einlösbar sein sollte. Ferner sollte nur ein Gutschein pro Person einlösbar sein. Ferner hieß es dort: „Der Gutschein deckt in der Regel die gesamten Behandlungskosten ab. Es handelt sich um eine individuelle medizinische Leistung; bei Feststellung von Kontraindikationen im Rahmen der Voruntersuchung (Behandlung nicht möglich) wird der Gutschein-Preis zurückerstattet. Ebenso wenn der Patient vom Behandlungsvertrag zurücktritt, was jederzeit uneingeschränkt und ohne Angaben von Gründen möglich ist.“ Nach weiteren Informationen folgte die Angabe: „Rechnungslegung erfolgt nach GOÄ.“
8Wegen der weiteren Einzelheiten der Internetanzeige wird auf den Tenor dieses Urteils verwiesen.
9Mit Schreiben vom 07.08.2015 mahnte der Kläger den Beklagten ab, wobei er Verstöße gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 GOÄ, gegen § 4 Nr. 1 UWG und § 27 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe geltend machte. Ferner rügte er die in der Internetanzeige bei Rücktritt nach dem Erstgespräch festgesetzte Gebühr von 116,00 €, da eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorliege und es sich um einen nach der GOÄ unzulässigen Festpreis handele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage 5 zur Klageschrift verwiesen.
10Unter dem 21.08.2015 gab der Beklagte hinsichtlich der im Falle des Rücktritts verlangten Festgebühr eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Im Übrigen ließ er die vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsansprüche mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.08.2015 zurückweisen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 6 zur Klageschrift verwiesen.
11Der Kläger behauptet, der in der Internetwerbung des Beklagten angesprochene Verkehr müsse die Werbung so verstehen, dass er eine Laserkorrektur beider Augen zum Festpreis von 1.699,00 € erhalte. Dieser Eindruck werde durch den in der Anzeige enthaltenen Hinweis auf die Inklusivleistungen verstärkt.
12Er ist der Ansicht, diese Werbung verstoße gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG a.F. i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, die bei ärztlichen Leistungen eine Gebührenberechnung innerhalb eines Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung vorschreibe. Pauschalpreise seien verboten.
13Ein Wettbewerbsverstoß läge, so meint der Kläger, auch dann vor, wenn der Beklagte den Gutschein tatsächlich auf einen individuell berechneten Behandlungspreis anrechnen würde. Dann wäre die Preiswerbung irreführend, denn der Verbraucher müsse angesichts der Gestaltung der Werbung meinen, dass er die Behandlung pauschal für 1.699,00 € erhalte. Auch das Wort „anrechenbar“ ändere nichts, denn der Verbraucher werde die Werbung nicht so verstehen, dass der Preis für eine Laserkorrektur in Wirklichkeit noch offen sei und er den offenen Preis lediglich in Höhe des Gutscheinwertes mit dem Gutschein bezahlen könne. Der Verbraucher gehe vielmehr davon aus, dass er den Gutschein gegen die Gesamtleistung eintauschen könne. Ein lediglich auf einen noch festzustellenden Preis „anrechenbarer“ Gutschein sei völlig sinnlos, denn der Verbraucher könne dann genauso gut gleich in bar bezahlen. Der Verbraucher müsse daher davon ausgehen, dass „anrechenbar“ meine, dass der Gutschein gegen die gesamte Behandlung eingelöst werden könne und die gesamten Behandlungskosten abdecke.
14Der Kläger meint ferner, die Werbung verstoße auch gegen § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Berufsordnung für Ärzte des Landes NRW. Danach sei eine anpreisende Werbung verboten. Eine solche anpreisende Werbung liege vor, weil die Leistung für einen Preis von 1.699,00 € auf der Rabattgutscheinplattform Groupon als „Deal“ angeboten werde und daher als besonders günstig zu verstehen sein werde, der blickfangmäßige und provokante Hinweis „Kaufen!“ hinzutrete und das Angebot mit einem Zeitdruck erzeugenden Countdown versehen sei. Das Anlocken der Werbung stelle sich auch als übertrieben, unsachlich und damit auch unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 1 UWG a.F. dar, denn mit der Auslobung eines „Sonderangebots“ für einen medizinischen Eingriff werde der Verbraucher unsachlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinflusst, zumal der Verbraucher die Entscheidung noch innerhalb des laufenden Countdowns, mithin unter zeitlichem Druck, treffen solle.
15Der Kläger beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
17wie nachstehend wiedergegeben gegenüber Verbrauchern für eine Laserkorrektur zu werben:
18An dieser Stelle befindet sich ein Wertgutschein aus der Internetanzeige.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte behauptet, die angesprochenen Verkehrskreise würden die Werbung nicht als Festpreisangebot verstehen. Auf die bloße Anrechenbarkeit des Gutscheins werde an mehreren Stellen hingewiesen.
22Der Preis von 1.699,00 € für die angebotene Behandlung sei zudem nach der GOÄ darstellbar. Dies habe er bereits in einer Anlage zum dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.08.2015 (Anlage 6 zur Klageschrift) dargestellt. Diese Berechnung sei vom Kläger nicht angegriffen worden.
23Die Werbung sei auch nicht, so meint der Beklagte, übertrieben anpreisend, unsachlich und damit unlauter. Es handele sich nicht um ein Pauschal- oder Festpreisangebot, es werde nicht mit einer besonderen Rabattierung, Nachlässen oder besonders günstigen Sonderpreisen geworben. Der Begriff „Deal“ sei neutral im Sinne von „Geschäft“ zu verstehen und bezeichne nicht ein besonders günstiges Geschäft, das Angebot werde auch nicht mengenmäßig limitiert. Der Zeitraum von 16 Tagen führe auch nicht zu einem zeitlichen Druck. Die Schaltfläche „KAUFEN!“ solle lediglich den Bestellvorgang auslösen, verleihe dem Angebot aber keine unsachliche oder übertrieben anpreisende Gesamtprägung.
24Ein auf einen noch zu errechnenden Preis in Höhe des Nominalbetrages anrechenbarer Gutschein sei nach der Lebenswirklichkeit auch nicht von vornherein sinnlos. Es gebe Gutscheine, die lediglich dem Zweck dienen würden, eine Währung (Geld) in ein anderes Zahlungsmittel (Gutschein) umzuwandeln. Es gebe auch keinen Erfahrungssatz, dass ein Gutschein stets einen Anspruch auf Rabatt oder einen günstigeren Bezugspreis gewähre. Dies gelte beispielsweise bei Gutscheinen für Amazon, iTunes oder auch bei Wertgutscheinen des Einzelhandels. Gutscheine könnten verschiedenen Zwecken dienen, beispielsweise Steuern zu sparen, wie dies bei Sachleistungs-Gutscheinen des Arbeitgebers der Fall sei. Sie könnten auch der Sicherung des Leistungspreises dienen, etwa bei Leistungs-Gutscheinen für Schönheitsmassagen, oder der Gewährung von Mengenrabatt, beispielsweise bei 10er-Karten, oder – bei Geschenkgutscheinen – dem Zweck, der Verlegenheit eines direkten Geldgeschenks zu entgehen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
27Die zulässige Klage ist begründet.
281. Allerdings ergibt sich ein Unterlassungsanspruch des Klägers nicht aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG a.F (entspricht § 3a UWG n.F) in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist es, dass der Beklagte nicht nur den Eindruck erweckt, eine Abrechnung der gesamten medizinischen Leistung erfolge zu einem Pausschalpreis von 1.699,00 €, sondern dass er seine Leistungen auch tatsächlich zu einem solchen Pauschalpreis abrechnen wollte.
29Zwar mag es naheliegen, dass der Beklagte die angebotenen Laserkorrekturen tatsächlich durchweg zu einem Pauschalpreis von 1.699,00 € erbringen wollte. Hierfür spricht, dass der Verbraucher aufgrund des Inhalts, des Ortes und der Gestaltung der Werbung die Abrechnung zu einem Preis von 1.699,00 € erwartet und der Beklagte daher mit erheblichem Widerstand eines Patienten rechnen muss, dem er ggf. für die angebotene Behandlung über den bereits entrichteten Betrag von 1.699,00 € hinaus weitere Gebühren in Rechnung stellen will. Es kann aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beklagte tatsächlich beabsichtigt hat, sämtliche aufgrund des Erwerbs eines Gutscheins abgeschlossenen Behandlungsverträge zu einem festen Pauschalpreis abzurechnen. Der Beklagte hat nämlich, wenn auch versteckt und in unzureichender Weise, die Möglichkeit einer individuellen Abrechnung offen gelassen. Unter der Überschrift „Konditionen“ hat er erklärt, der Gutschein-Wert decke „in der Regel“ die gesamten Behandlungskosten ab, ferner erfolge die Rechnungslegung nach GOÄ. Darüber hinaus lässt die Formulierung, der Wertgutschein sei auf eine Laserkorrektur „anrechenbar“, die Möglichkeit einer individuellen Abrechnung zu. Schließlich ist dem Beklagten auch nicht zu widerlegen, dass zumindest in Einzelfällen eine individuelle Abrechnung zu einem Preis von 1.699,00 € möglich ist.
302. Ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der gerügten Werbung folgt aus § 4 Nr. 1 a.F., § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG.
31Die Internetanzeige enthält jedenfalls irreführende Angaben über den Preis der Laserbehandlung und ist daher geeignet, auf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers unangemessenen und unsachlichen Einfluss zu nehmen.
32Ein durchschnittlich informierter, situationsadäquat aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher der die Internetseite in Augenschein nimmt, geht davon aus, für den Gutschein die gesamte Augenlaserbehandlung zu erhalten. Dies folgt daraus, dass zu Beginn des Angebots unter der Überschrift „Deal“ sämtliche Leistungen, die mit einer Augenlaserbehandlung im Zusammenhang stehen, beginnend mit dem Vorgespräch und die Voruntersuchung über die eigentliche Behandlung bis hin zur Nachsorge nebst erforderlicher Medikamente, aufgeführt werden. Durch die Überschrift „Der Deal“ wird hierbei der Eindruck unterstützt, durch das Geschäft (den „Deal“), nämlich den Erwerb des Gutscheins, werde der Erwerber einen Anspruch auf sämtliche dort genannten Leistungen erlangen. Dieser Eindruck wird noch durch die Wahl eines Schwellenpreises von 1.699,00 € verstärkt. Im täglichen Geschäftsleben werden für derartige, nicht gerundete Preise regelmäßig vollständige Leistungen angeboten, während bei An- oder Teilzahlungen in der Regel eher Zahlungen in gerundeten Beträgen zu erbringen sind. Die Anzeige vermittelt daher dem durchschnittlich vorinformierten, adäquat aufmerksamen Verbraucher den Eindruck, die komplette Laserkorrektur für einen Preis von 1.699,00 € zu erhalten.
33Dieser Eindruck wird darüber hinaus durch die Zweckerwartung des Verbrauchers verstärkt. Aus der Sicht eines durchschnittlichen, verständigen und adäquat aufmerksamen Verbrauchers kann der Zweck des Gutscheins nur darin bestehen, durch seinen Erwerb die gesamten Kosten einer Laserkorrektur abzudecken. Ein Gutschein, der lediglich mit seinem Nominalbetrag, welcher mit seinem Preis identisch ist, von den individuell zu ermittelnden Behandlungskosten in Abzug gebracht werden kann, ist für einen Verbraucher völlig wertlos, denn in einem solchen Fall wäre die Bargeldzahlung für den Verbraucher bequemer und – da er bei Barzahlung hinsichtlich des Gutscheins kein Verlustrisiko und hinsichtlich des Beklagten kein Insolvenzrisiko trägt – sogar sicherer und damit vorteilhafter. Die von dem Beklagten genannten sonstigen Zwecke, die mit einem Gutschein verbunden sein können, nämlich Steuersparen, Sicherung eines Leistungspreises, Mengenrabatt und Vermeidung der Verlegenheit eines Geldgeschenks, greifen vorliegend nicht ein. Auch wenn der Gutschein laut Angebot als Geschenk versendet werden kann, dürfte eine Augenlaserkorrektur als individuelle medizinische Leistung praktisch nicht als Geschenk in Betracht kommen. Wenn über die Behandlung nach den Vorgaben der GOÄ abzurechnen ist, kann der Gutschein auch nicht der Sicherung des Leistungspreises dienen. Die von dem Beklagten ferner genannten Gutscheine von iTunes oder Amazon können bei den genannten Firmen zur Zahlung im Internet verwendet werden, so dass der Ersatz von Bargeld durch diese Gutscheine im Einzelfall sinnvoll sein kann. Dieser Zweck besteht bei dem vom Beklagten angebotenen Gutschein ebenfalls nicht. Aus der Sicht des Verbrauchers bleibt daher als einziger Grund für den Erwerb des Gutscheins, einen Preisvorteil bei der Laserkorrektur der Augen zu erhalten. Ein solcher Vorteil kann nur bestehen, wenn der Gutschein die gesamte Behandlung abdeckt. Ein adäquat aufmerksamer, durchschnittlich informierter Verbraucher verbindet mit dem Erwerb des Gutscheins mithin die Zweckerwartung, hiermit die gesamte Laserkorrektur bezahlen zu können, zumal der Beklagte den Gutschein auf der Internetplattform „Groupon“ angeboten hat, deren Geschäftsmodell darin besteht, Rabattgutscheine zu vermitteln.
34Die Verwendung des Begriffs „anrechenbar“ in der Überschrift und in dem Abschnitt „Der Deal“ ändert an der Erwartung des Verbrauchers, der Erwerb des Gutscheins decke sämtliche Kosten der angebotenen Laserkorrektur beider Augen ab, nichts. Der Begriff „anrechenbar“ beinhaltet nicht zwingend, dass eine individuelle Abrechnung über die Leistungen nach GOÄ durchzuführen ist. „Anrechenbar“ ist ein Gutschein auch dann, wenn man für ihn die komplette Leistung erhält. Auch die Hinweise unter der Überschrift „Konditionen“, wonach der „Gutschein-Wert“ „in der Regel die gesamten Behandlungskosten“ abdeckt und die „Rechnungslegung“ „nach GOÄ“ erfolgt, sind nicht geeignet, den Eindruck des durchschnittlichen Verbrauchers, die Laserkorrektur zu einem Komplettpreis von 1.699,00 € zu erhalten, zu korrigieren. Zum einen befinden sich die Hinweise an versteckter Stelle und werden auch von einem adäquat aufmerksamen Verbraucher kaum hinreichend zur Kenntnis genommen. Zum anderen kann der durchschnittlich informierte Verbraucher aus dem Hinweis „Rechnungslegung erfolgt nach GOÄ“ nicht schließen, dass eine individuelle Abrechnung nach Behandlungsaufwand erfolgen soll. Dem durchschnittlichen Verbraucher ist schon die Abkürzung GOÄ nicht geläufig, erst recht dürfte dies für den Inhalt der GOÄ und die Erforderlichkeit einer individuellen Abrechnung nach § 5 Abs. 2 GOÄ gelten. Insbesondere gesetzlich versicherte Patienten werden nur selten mit Fragestellungen der ärztlichen Abrechnung konfrontiert. Auch folgt aus dem Begriff „Rechnungslegung“ nicht, dass abweichend vom angebotenen und durch Fettdruck herausgehobenem Preis noch eine individuelle Preisermittlung stattzufinden hat. Der durchschnittliche Verbraucher wird auch aus der Formulierung, der Gutschein-Wert decke „in der Regel“ die gesamten Behandlungskosten ab, kaum den Schluss ziehen, dass sich der Behandlungspreis in jedem Einzelfall nach einer individuellen Abrechnung bemisst. Allenfalls wird er vermuten, dass zusätzliche Kosten anfallen können, wenn die Behandlung nicht regelgemäß abläuft, etwa wenn Komplikationen einen weiteren Behandlungsaufwand erforderlich machen.
35Die gerügte Internetanzeige vermittelt dem durchschnittlichen Verbraucher mithin den unrichtigen Eindruck, er erhalte die Laserkorrektur beider Augen zu einem Festpreis von 1.699,00 €. Dieser Eindruck ist unrichtig, weil der Beklagte nach § 5 Abs. 2 GOÄ verpflichtet ist und nach seinem unwiderlegbaren Vortrag auch beabsichtigt, eine jeweils individuelle Abrechnung nach GOÄ vorzunehmen. Zwar ist es denkbar, dass im Einzelfall auch bei einer Abrechnung nach den Vorgaben der GOÄ über den Betrag von 1.699,00 € hinaus für den Patienten keine weiteren Gebühren anfallen. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass der Patient weitere Zahlungen erbringen muss. Entgegen dem durch das Internetangebot vermittelten Eindruck bewahrt der Erwerb des Gutscheins den Verbraucher jedenfalls nicht davor, für die Behandlung über die Entrichtung des Gutscheinpreises hinaus weitere Zahlungen erbringen zu müssen. Durch den Abschluss des Behandlungsvertrages ist der Patient vielmehr verpflichtet, etwaige über den Gutscheinwert hinausgehende Behandlungskosten zu tragen. Über dieses Risiko täuscht das Internetangebot des Beklagten den Verbraucher hinweg. Dies ist eine irreführende geschäftliche Handlung, die geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers unangemessen unsachlich und spürbar zu beeinflussen.
363. Ein Anspruch auf Unterlassung der gerügten Werbung ergibt sich auch aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG a.F. (entspricht § 3a UWG) in Verbindung mit § 27 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen, welcher berufswidrige Werbung verbietet.
37a) Standesregeln, die wie das Verbot berufswidriger Werbung nach § 27 Abs. 3 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe Eingang in autonome Körperschaftssatzungen gefunden haben, sind gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. § 3a UWG. Ihnen kommt darüber hinaus indizielle Bedeutung für die Feststellung der Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung zu (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 34. Aufl. 2016, § 3a Rdnr. 1.60).
38§ 27 Abs.3 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe ist auch im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. § 3a UWG dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Hierbei stehen insbesondere die Interessen der Verbraucher im Vordergrund, die davor geschützt werden sollen, durch anpreisende oder irreführende Werbung unzutreffend über den Nutzen und die Risiken medizinischer Behandlungen informiert zu werden. § 27 Abs. 3 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe will sicherstellen, dass die Patienten sachlich und zutreffend über mögliche ärztliche Behandlungen informiert werden.
39b) Die gerügte Werbung auf der Internetplattform ist berufswidrig. Berufswidrig ist gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 UWG insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. „Anpreisend“ im Sinne dieser Vorschrift ist eine besonders nachdrückliche Form der Werbung, insbesondere mit reißerischen bzw. marktschreierischen Mitteln, welche beispielsweise durch Übertreibungen und die Verwendung von Superlativen mit dem Ziel, die eigene Leistung besonders wirkungsvoll herauszustellen und den Patienten suggestiv zu beeinflussen, gekennzeichnet ist (vgl. LG Hamburg, GRUR-RR 2012, 257,258, zur Akte gereicht als Anlage 4 zur Klageschrift).
40Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Dies ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung verschiedener Aspekte des gerügten Internetangebots: Schon die besondere optische Hervorhebung des Preises verleiht dem Internetangebot des Beklagten einen marktschreierischen Charakter. Der Beklagte erwähnt den Preis nicht nur bereits an erster Stelle der Überschrift („Wertgutschein über 1699 € anrechenbar …“), sondern wiederholt ihn unmittelbar nach der Überschrift. Hierbei verwendet er zur Bezifferung des Preises die größte überhaupt in der gerügten Anzeige verwendete Schriftgröße. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit der Verbraucher, die das Angebot wahrnehmen, besonders auf den Preis und will damit zum Ausdruck bringen, es handele sich um ein wirtschaftlich besonders günstiges Angebot. Eine derartige Überbetonung des Preises wird der Tatsache nicht gerecht, dass das Angebot eine komplizierte und anspruchsvolle ärztliche Leistung zum Gegenstand hat, die für den Patienten dauerhafte Folgen mit sich bringt und nicht ohne Risiken ist. Die Laserbehandlung führt zu einer dauerhaften, grundsätzlich nicht reversiblen Veränderung an der im Prinzip gesunden Hornhaut des Patienten. Hiermit können beträchtliche Vorteile verbunden sein (Korrektur einer Fehlsichtigkeit), aber auch erhebliche Nachteile (beispielsweise Destabilisierung der Hornhaut, Einschränkungen des Dämmerungs- und Nachtsehens, langfristige Über- oder Unterkorrekturen). Indem der Beklagte den Preis der Behandlung betont, andere wichtige Aspekte der Behandlung wie zum Beispiel die Risiken aber unerwähnt lässt, bekommt die Werbung einen anpreisenden Charakter.
41Der reißerische Charakter der Werbung wird noch dadurch betont, dass die Werbung auf der Internetplattform „Groupon“ geschaltet ist, die auf das Angebot von Rabattgutscheinen spezialisiert ist. Ob das Anbieten von medizinischen Dienstleistungen auf dieser Internetplattform prinzipiell als berufswidrig zu qualifizieren ist, kann dabei dahinstehen, denn die Auswahl des Ortes der Werbung ist vorliegend nicht das einzige Merkmal, dass die Werbung als reißerisch und marktschreierisch erscheinen lässt.
42Hinzu tritt, dass in der Internetanzeige der Abschluss des ärztlichen Behandlungsvertrages als „Deal“ bezeichnet wird. Hiermit wird der Vertrag über einen operativen medizinischen Eingriff reißerisch als bloßes, lukratives, alltägliches Rechtsgeschäft dargestellt. Zwar trifft es zu, dass die Vokabel „deal“ zunächst lediglich mit „Geschäft“ zu übersetzen ist. Tatsächlich wird sie im deutschsprachigen Raum aber verwendet – und daher vom Durchschnittsverbraucher auch so aufgefasst –, um ein Angebot als besonders günstiges Geschäft, als ein „Schnäppchen“ darzustellen. Ferner handelt es sich um einen Begriff aus dem Jugendjargon, der hier dazu dient, die Ernsthaftigkeit des ärztlichen Behandlungsvertrages zu verschleiern und der im konkreten Sachzusammenhang tatsächlich als reißerisch erscheint. Statt „Deal“ hätte der Beklagte ohne Weiteres den Begriff „Leistungen“ verwenden können.
43Darüber hinaus wird der Verbraucher durch Aufschrift „KAUFEN!“ auf der Schaltfläche für die Bestellung in unangemessen reißerischer Weise zum Vertragsschluss aufgefordert. Zwar trifft es zu, dass ein Internetgeschäft regelmäßig durch die Betätigung einer Schaltfläche abgeschlossen wird. Es hätte hierzu aber nicht der reißerischen, in Großbuchstaben gedruckten und mit einem Ausrufezeichen versehenen marktschreierischen Aufforderung bedurft.
44Der reißerische Charakter des Angebots wird in besonderem Maße dadurch unterstrichen, dass es mit einem Countdown versehen ist. Hierdurch suggeriert der Beklagte dem Verbraucher, dass es sich um ein knappes und daher wirtschaftlich besonders günstiges Angebot handelt, wodurch zugleich die medizinische Tragweite der Entscheidung über die Durchführung der Behandlung für den Patienten erneut verdrängt wird. Zugleich übt der Beklagte durch die zeitliche Limitierung des Angebots in unangemessener Weise Druck auf die Entscheidungsfreiheit des Patienten aus. Hierbei kann es dahinstehen, ob es sich bei dem Angebotszeitraum von 16 Tagen um einen, wie der Beklagte meint, angemessen langen Zeitraum handelt. Zum einen ist kein nachvollziehbares schützenswertes Interesse des Beklagten dafür ersichtlich, dem Verbraucher überhaupt eine zeitliche Limitierung anzukündigen, erst recht besteht kein solches Interesse an einem sekundengenauen Countdown. Zu beachten darüber hinaus, dass ein erheblich höherer zeitlicher Druck auf die Verbraucher ausgeübt wird, die kurz vor Ablauf der Angebotszeit auf das Angebot aufmerksam werden.
45Darüber hinaus ist die Werbung – wie bereits unter 2. dargelegt – irreführend, da der Verbraucher davon ausgeht, zu einem Pauschalpreis von 1.699,00 € die komplette Laserbehandlung zu erhalten, während in Wahrheit die Abrechnung nach den Vorgaben der GOÄ zu erfolgen hat und daher für den Patienten weitere Kosten entstehen können, mit denen er aufgrund des Internetangebotes nicht rechnet. Es liegt mithin auch eine irreführende und damit berufswidrige Werbung im Sinne des § 27 Abs. 3 Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vor.
46c) Der Verstoß gegen § 27 Abs. 3 Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Durch die reißerische Internetwerbung werden sie dazu verleitet, vorschnell einen Behandlungsvertrag einzugehen, ohne die Bedeutung und die Risiken des medizinischen Eingriffs zu bedenken. Der Umstand, dass sich der Beklagte zwischenzeitlich verpflichtet hat, auf die Festgebühr von 116,00 € zu verzichten, wenn der Patient vor der Behandlung von dem Vertrag zurücktritt, ändert hieran nichts. Allein aufgrund der Tatsache, dass die Patienten bereits eine erhebliche Zahlung von 1.699,00 € erbracht haben, wird eine Vielzahl von Patienten von einem Rücktritt vom Vertrag absehen, selbst wenn sie in einem im Zuge der Behandlung stattfindenden Beratungsgespräch ordnungsgemäß über die Behandlung aufgeklärt werden sollten.
47Darüber hinaus hat sich der Beklagte gegenüber den Anbietern von Laserbehandlungen, die auf eine berufswidrige Werbung verzichten, einen erheblichen unberechtigten Wettbewerbsvorteil verschafft.
484. Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.
495. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.