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1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch höchstens zwei Jahre, zu unterlassen
im geschäftlichen Verkehr in Nordrhein-Westfalen befindliche Gartenmärkte an Sonn- und/oder Feiertagen zum Zwecke des Verkaufs und/oder der Beratung von anderen Waren als Blumen und Pflanzen und eines begrenzten Randsortiments geöffnet zu halten und/oder Beratung und Verkauf entsprechend durchzuführen, es sei denn, es besteht eine Ausnahme nach dem LÖG NRW, wenn dies geschieht wie mit den Testkäufen vom 00.00.2020 und 00.00.2020 mit Artikeln wie folgt:
Acryl Stern 18LED,
Metallstern Weihnachten,
Kugel, Glas, 8 cm (Christbaumkugeln),
Schuhe Cheyenne 28/29 lila,
Baumkerzen, außen (Christbaumkerzen)
Bücher diverse,
Poesie Multipack (Tierfutter),
Rinti Dose Gold Fasan (Hundefutter),
Äpfel,
Rotwein Merlot feinfruchtig,
Fruchtselection Apfel (Saft),
BEEF Pansenstreifen (Hundefutter),
Cat Yums Käse 40g (Katzenfutter),
Tannenbaum im Topf (künstlich),
LED Kette Weihnachtsbaum,
Kartoffeln Marabel,
Draht Cluster Star (Lichterkette-Sterne),
Kerze Wachs Rustikal 15 (Batteriebetriebene Kunststoffkerze),
Flaschentasche Filz,
Sisalstern 40 cm (rot),
Bild LED 30x40 cm.
2. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger 374,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.03.2022 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen und als solcher gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.
3Die Beklagte betreibt unter anderem in U1 und T1 Gartencenter.
4Bei Testkäufen am 00. und 00.00.2020 – beide Tage waren Sonntage – stellte der Kläger fest, dass die Beklagte in ihren Gartencentern unter anderem die im Urteilstenor aufgeführten Produkte zum Verkauf und zur Beratung anbot.
5Mit Schreiben vom 09.02.2021 mahnte der Kläger die Beklagte mit der Begründung ab, sie verstoße durch den Verkauf der genannten Gegenstände gegen §§ 4, 5 Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW. Nach dieser Vorschrift dürften an Sonn- und Feiertagen nur solche Verkaufsstellen geöffnet sein, deren Kernsortiment aus der Warengruppe Blumen und Pflanzen bestehen würde. Neben Waren aus diesem Kernsortiment dürften nur Waren eines begrenzten Randsortiments abgegeben werden. Die genannten Waren würden nicht zu diesem begrenzten Randsortiment gehören.
6Der Kläger forderte die Beklagte in dem Schreiben zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 18.02.2021 auf und verlangte die Zahlung einer Kostenpauschale von 350,00 € zuzüglich 7 % MwSt. = 374,50 €. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K2 verwiesen.
7Die Beklagte gab die begehrte Unterlassungserklärung nicht ab und zahlte auch die Kostenpauschale nicht.
8Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 UWG in Verbindung mit §§ 4, 5 LÖG NRW zu. Die Gegenstände, die er bei der Beklagten durch die Testkäufe vom 00. und 00.00.2020 erworben habe, würden nicht zum begrenzten Randsortiment, welches zulässigerweise auch sonntags verkauft werden dürfe, gehören.
9Der Begriff des Randsortiments sei eng auszulegen. Randsortimente hätten ergänzenden Charakter und stünden in Beziehung zum Kernsortiment. Ferner sei bei der Frage, welche Waren zum Randsortiment gehören würden, auch die Intention des Gesetzgebers zu berücksichtigen, an Sonn- und Feiertagen die Deckung eines speziell entstehenden Bedürfnisses nach frischen Blumen und Pflanzen zu ermöglichen, die leicht verderben und bei einem Kauf als Geschenk frisch sein sollten.
10Der Kläger behauptet ferner, im Jahr 2019 habe der durchschnittliche Kostenaufwand pro Abmahnung 942,61 € betragen, so dass ihm jedenfalls ein Anspruch auf Ersatz einer Kostenpauschale von 350,00 € zuzüglich 7 % MwSt. zustehe.
11Der Kläger beantragt,
121. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch höchstens zwei Jahre, zu unterlassen,
13im geschäftlichen Verkehr in Nordrhein-Westfalen befindliche Gartenmärkte an Sonn- und/oder Feiertagen zum Zwecke des Verkaufs und/oder der Beratung von anderen Waren als Blumen und Pflanzen und eines begrenzten Randsortiments geöffnet zu halten und/oder Beratung und Verkauf entsprechend durchzuführen, es sei denn es besteht eine Ausnahme nach dem LÖG NRW, wenn dies geschieht wie mit den Testkäufen vom 00.00.2020 und 00.00.2020 mit Artikeln wie folgt:
14 Acryl Stern 18LED,
15 Metallstern Weihnachten,
16 Kugel, Glas, 8 cm (Christbaumkugeln),
17 Schuhe Cheyenne 28/29 lila,
18 Baumkerzen, außen (Christbaumkerzen)
19 Bücher diverse,
20 Poesie Multipack (Tierfutter),
21 Rinti Dose Gold Fasan (Hundefutter),
22 Äpfel,
23 Rotwein Merlot feinfruchtig,
24 Fruchtselection Apfel (Saft),
25 BEEF Pansenstreifen (Hundefutter),
26 Cat Yums Käse 40g (Katzenfutter),
27 Tannenbaum im Topf (künstlich),
28 LED Kette Weihnachtsbaum,
29 Kartoffeln Marabel,
30 Draht Cluster Star (Lichterkette-Sterne),
31 Kerze Wachs Rustikal 15 (Batteriebetriebene Kunststoffkerze),
32 Flaschentasche Filz,
33 Sisalstern 40 cm (rot),
34 Bild LED 30x40 cm,
352. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an den Kläger 374,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.03.2022 zu zahlen.
36Die Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Die Beklagte ist der Ansicht, der Klageantrag zu 1 sei unzulässig, da er zu unbestimmt sei. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des BGH in einem Urteil vom 11.02.2021, Aktenzeichen I ZR 227/19 (Anlage B1).
39Ein Verbotsantrag dürfe nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt seien, sich die beklagte Partei nicht erschöpfend verteidigen könne und letztlich die Entscheidung darüber, was verboten sei, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibe.
40Im Antrag des Klägers sei unklar, ob er mit der Formulierung „zum Zwecke des Verkaufs und/oder der Beratung“ ein subjektives Merkmal in Form der Absicht („dolus directus ersten Grades“) meine oder er nicht vielmehr ein Verbot des Verkaufs bestimmter Waren anstrebe.
41Völlig unbestimmt sei auch der zweite Teil des Antrags, mit welchem der Kläger „Ausnahmen nach dem LÖG NRW“ zulassen wolle. Hinsichtlich der Ausnahmevorschriften des LÖG NRW könne kaum etwas als bestimmt und unstreitig angesehen werden. Es bestünde beispielsweise größte Rechtsunsicherheit bei der Auslegung der Begriffe Kern- und Randsortiment. Auch die Voraussetzungen des § 6 LÖG NRW seien unbestimmt.
42Auch der dritte Teil des Unterlassungsantrags, der mit den Worten „wenn dies geschieht wie“ beginne, sei unter Zugrundelegung der BGH-Entscheidung vom 11.02.2021 zu unbestimmt. Der BGH habe klargestellt, dass ein mehrteiliger Unterlassungsantrag grundsätzlich in seiner Gesamtheit den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen müsse. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
43Zu beachten sei auch, dass der Kläger mit seinem Antrag wohl ein Verbot des Verkaufes bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen durchsetzen wolle. Hierfür gebe es aber keine Grundlage. Zu beachten sei insoweit nämlich, dass sich die Gesetzgebungskompetenz des Landes auf das Recht des Ladenschlusses beschränke und nicht das Recht des unlauteren Wettbewerbs oder andere Regelungen über die Zulässigkeit und die Modalitäten des Verkaufs bestimmter Waren erfasse. Der Landesgesetzgeber habe nicht die Kompetenz, ein Verkaufsverbot für bestimmte Arten von Waren zu bestimmten Zeiten zu erlassen.
44Ferner sei zu beachten, der Verkauf von Waren in Verkaufsstellen der UGP-Richtlinie unterfallen würde. Dies ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 UGP-Richtlinie. Daher wende die Rechtsprechung § 3a UWG nur noch dann an, wenn die streitgegenständliche Regelung eine Grundlage in der UGP-Richtlinie habe. Das LÖG NRW habe aber keine Grundlage im Unionsrecht. Daher könne es auch nicht über § 3a UWG mit Mitteln des Lauterkeitsrecht durchgesetzt werden.
45Jedenfalls wenn die verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Implikationen berücksichtigt würden, ergebe die Auslegung von § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW, dass diese Norm keinesfalls ein Verbot des Verkaufs bestimmter Waren beinhalte oder zulasse.
46Schließlich sei zu beachten, dass zumindest ein Teil der im Klageantrag genannten Artikel durchaus einen Zusammenhang mit Blumen und Pflanzen aufweisen würde.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
48E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
49I. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
50Ein Verbotsantrag darf nicht derart unbestimmt sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die beklagte Partei nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Ob ein Klageantrag den Bestimmtheitserfordernissen genügt, ist nach verständiger Auslegung des Antrags unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Daran hat auch die von der Beklagten zitierte BGH-Entscheidung (Urteil vom 11.02.2021, Aktenzeichen I ZR 227/19, Anlage B1) nichts geändert.
511. Vielmehr hat der BGH unter Gliederungspunkt B. I. 2. b) bb) ausgeführt, dass auch die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe in einem Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten sein kann, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
52a) In der zitierten Entscheidung hat der BGH eine hinreichende Bestimmtheit des Begriffs „Rechtsdienstleistungen“ verneint, zumal in dem dort zu beurteilenden Klageantrag die Umschreibung der zu untersagenden „Rechtsdienstleistungen“ wiederum durch unbestimmte Rechtsbegriffe erfolgte.
53Der von der Beklagten im vorliegenden Antrag monierte Begriff des „Randsortiments“ ist hingegen weit weniger unbestimmt, mag auch bei einzelnen Waren eine Zuordnung schwieriger sein. Jedenfalls umschreibt der Begriff hinreichend deutlich, welche Gegenstände ausnahmsweise auch an Sonn- und Feiertagen zum Verkauf oder zur Beratung angeboten werden dürfen.
54Der Begriff des Randsortiments wird zunächst dadurch bestimmt, dass ein objektiver Zusammenhang der angebotenen Waren mit dem Blumen- und Pflanzensortiment bestehen muss. Darüber hinaus erschließt sich der Begriff des „Randsortiments“ durch die erkennbare Intention des Landesgesetzgebers, an Sonn- und Feiertagen Verkaufsstellen grundsätzlich geschlossen zu halten und nur, wo ein unabweisbares Bedürfnis auch für ein Warenangebot an Sonn- und Feiertagen besteht, ausnahmsweise einen Verkauf zuzulassen. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW ist erkennbar von dem Gedanken getragen, dem Handel und den Verbrauchern den Verkauf bzw. den Erwerb von leicht verderblichen, kurzlebigen Waren, die nicht auf Vorrat erworben und gelagert werden können, zu ermöglichen. Der Kauf eines Blumenstraußes, der als Geschenk bei einem Sonntagsbesuch dienen soll, soll erlaubt sein. Schließlich ist zu beachten, dass es sich bei § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW um eine Ausnahmevorschrift handelt und diese daher tendenziell eng auszulegen ist.
55Der Sinngehalt des Begriffs „Randsortiment“ ist daher hinreichend bestimmbar: Aus dem Begriff Randsortiment folgt zunächst, dass ein objektiver Zusammenhang mit dem Kernsortiment „Blumen und Pflanzen“ bestehen muss. Es muss ferner dem Randbereich dieses Sortiments zuzurechnen, dem Kernsortiment nach Umfang und Gewichtung also untergeordnet sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.10.2017, Aktenzeichen I-15 U 105/16, Anlage K3). Dies folgt auch aus dem Attribut „begrenztes“ Randsortiment. Leitbild sind die Waren, die in einem „reinen“ Blumenladen üblicherweise mit zum Verkauf angeboten werden. Ferner muss es sich um Waren handeln, für die der gesetzgeberische Grund, der der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs.1 Nr. 1 LÖG NRW zugrunde liegt, ebenfalls eingreift. Es muss sich also um Waren handeln, an denen typischerweise ein Kaufbedürfnis an Sonn- und Feiertagen besteht, weil sie sofort ge- und verbraucht werden (OLG Düsseldorf aaO).
56Vorliegend hat der Kläger den Klageantrag weiter konkretisiert, indem er verschiedene Gegenstände, deren Angebot an Sonn- und Feiertagen innerhalb der Gartenmärkte nicht erlaubt sein soll, aufgeführt hat und auf die Testkäufe vom 00.00. und 00.00.2020 verwiesen hat, bei denen er die genannten Waren isoliert – also zum Beispiel nicht als dem Wert und dem Umfang nach untergeordnetes Beiwerk zu einem Blumengebinde – erworben hat.
57Eine weitere Konkretisierung ist praktisch nicht umsetzbar, aber auch nicht erforderlich.
58b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch die Formulierung „zum Zwecke des“ nicht unbestimmt. Woraus die Beklagte den Schluss zieht, dem Kläger gehe es nur um das Verbot des Verkaufs bestimmter Gegenstände, ist nicht nachvollziehbar. Nach dem Wortlaut des Antrags will der Kläger erreichen, dass die Beklagte ihre Gartenmärkte an Sonn- und Feiertagen nicht geöffnet lassen darf, um dort auch andere Waren als Blumen, Pflanzen und das dazugehörige Randsortiment zu verkaufen.
59c) Der Klageantrag wird auch nicht dadurch unbestimmt, dass der Kläger „eine Ausnahme nach dem LÖG NRW“ zulassen will.
60Zur Begründung ihrer Ansicht, der Klageantrag sei zu unbestimmt, beruft sich die Beklagte wiederum auf das Urteil des BGH vom 11.02.2012, Aktenzeichen I ZR 227/19 (Anlage B1). Allerdings liegt der vorliegende Fall weit entfernt von dem, den der BGH zu entscheiden hatte. In dem dortigen Fall sollte die beantragte Untersagung nur eingreifen, wenn „die Voraussetzungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz oder anderen Gesetzen, unter denen eine außergerichtliche Rechtsdienstleistung erbracht werden darf, nicht vorliegen“. Damit ist der Ausnahmetatbestand deutlich weiter gefasst und somit jedenfalls erheblich unbestimmter als ein Verweis auf Ausnahmen nach dem LÖG NRW, welches gerade einmal 13 Paragrafen umfasst.
61Bei verständiger Auslegung des Antrags kommen darüber hinaus als Ausnahmetatbestände, auf welche sich der Kläger bezieht, nur die Regelungen des § 6 LÖG NRW in Betracht, da allein diese Vorschrift für die Beklagte denkbare Ausnahmen enthalten könnte. Die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW enthaltenen Ausnahmetatbestände sind bereits durch die Umschreibung des verbotenen Verhaltens im Klageantrag berücksichtigt. Andere im LÖG NRW enthaltene Ausnahmetatbestände, etwa für Museen, landwirtschaftliche Betriebe, Apotheken, Tankstellen, Flughäfen oder Personenbahnhöfe, treffen auf die Beklagte erkennbar nicht zu. Die in Betracht kommenden Ausnahmetatbestände des § 6 LÖG NRW sind hinreichend konkret gefasst, der Klageantrag wird hierdurch nicht unbestimmt.
62d) Entgegen der Ansicht der Beklagten wird der Klageantrag auch nicht durch seinen dritten Teil, beginnend mit den Worten „wenn dies geschieht wie mit den Testkäufen“, unbestimmt. Zur Begründung ihrer Ansicht bezieht sich die Beklagte wiederum auf das Urteil des BGH, Aktenzeichen I ZR 227/19 vom 11.02.2021. Im dortigen Fall war allerdings die Konkretisierung selbst zu unbestimmt gefasst („insbesondere wenn dies geschieht wie im Zusammenhang mit der Bauvoranfrage hinsichtlich des Grundstücks G“, vgl. Seite 3 und 10 B1). Vorliegend enthält der Antrag hingegen eine konkrete Aufzählung von unzulässig verkauften Artikeln, ist also selbst nicht unbestimmt.
63II. Die Klage ist auch begründet.
641. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Öffnung ihrer Gärtenmärkte aus § 3a, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit §§ 4, 5 LÖG NRW zu, wenn sie dort neben Blumen und Pflanzen weitere Waren außerhalb des Randsortiments zum Kauf anbietet und kein Ausnahmetatbestand nach § 6 LÖG NRW erfüllt ist.
65a) Der Kläger ist unstreitig nach § 8 abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.
66b) Die Regelungen der §§ 4, 5 LÖG NRW werden von § 3a UWG erfasst. Verstöße gegen landesrechtliche Vorschriften über den Ladenschluss führen zu einer Anwendung des § 3a UWG, da sie Marktverhaltensregelungen auch im Interesse der Mitbewerber darstellen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 40. Aufl. 2022, § 3a Rdnr. 1.263; Ohly/Sosnitza/Ohly, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, § 3a Rdnr. 74).
67c) Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auch einen Verstoß der Beklagten gegen das Ladenöffnungsgesetz und will entgegen der Ansicht der Beklagten nicht lediglich den Verkauf einzelner Waren unterbinden. Schon aus dem Wortlaut des Antrags folgt, dass der Kläger die Öffnung der Gartenmärkte zum Zwecke des Verkaufs nicht zum Sortiment Blumen und Pflanzen und des dazugehörigen begrenzten Randsortiments gehörender Waren rügt.
68Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Bestimmung von Ladenöffnungszeiten auch die Befugnis umfasst, die Erlaubnis zur Öffnung von Verkaufsstellen auf bestimmte Sortimente zu beschränken. Wenn dem Landesgesetzgeber die Kompetenz zusteht, durch gesetzliche Regelungen die völlige Schließung von Verkaufsstellen an bestimmten Tagen anzuordnen, ist er erst recht befugt, den Verkauf einzelner Sortimente zu bestimmten Zeiten zuzulassen und den Verkauf anderer Waren zu diesen Zeiten zu untersagen (argumentum a maiore ad minus). Ohne eine so definierte Gesetzgebungskompetenz wäre eine sinnvolle Regelung der Ladenöffnungszeiten nicht möglich, denn es besteht einerseits ein berechtigtes Interesse des Rechtsverkehrs und der Bevölkerung, die Sonn- und Feiertagsruhe sowie die Nachtruhe zu schützen, andererseits aber auch ein unabweisbares Interesse, die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Waren, z.B. Medikamenten und Kraftstoffen, sicherzustellen und auch die Durchführung von kulturellen und Freizeitveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen. Dies lässt sich nur erreichen, indem dem Gesetzgeber auch die Befugnis eingeräumt wird, eine differenzierte Regelung des zulässigen Warenangebots zu treffen, sofern hierbei die Regelung der Ladenöffnungszeiten im Vordergrund steht. Falls ein Marktteilnehmer wie die Beklagte nur zu einem Teil Waren anbietet, die einer Privilegierung, z.B. nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW, unterfallen, hat er dafür Sorge zu tragen, dass er andere Waren an Sonn- und Feiertagen nicht zum Verkauf anbietet. Würde dem Marktteilnehmer eine uneingeschränkte Öffnung gestattet, würde zum einen der Schutzzweck des Ladenöffnungsgesetzes, der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, umgangen, zum anderen würden andere Marktteilnehmer, die ein ähnliches Warenangebot außerhalb des privilegierten Warensegments anbieten, benachteiligt, da sie an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen dürfen. Als Alternative bliebe nur, allein solchen Verkaufsstellen eine Öffnung an Sonn- und Feiertagen zu erlauben, die stets ausschließlich privilegierte, von der Sonn- und Feiertagsschließung ausgenommene Waren anbieten, vorliegend also Blumenläden, die lediglich Blumen und Pflanzen nebst einem begrenzten Randsortiment in ihrem Sortiment führen. Dies wäre sicherlich nicht im Interesse der Beklagten, was zugleich zeigt, dass die Beschränkung des zulässigen Sortiments an Sonn- und Feiertagen auf Blumen und Pflanzen nebst Randsortiment das mildere Mittel darstellt, welches somit zugleich von der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers erfasst ist.
69d) Mit der Öffnung ihrer Gartenmärkte an den beiden Sonntagen, dem 00.00. und dem 00.00.2020, um die im Klageantrag genannten Gegenstände zum Verkauf oder zur Beratung bereitzuhalten, hat die Beklagte gegen §§ 4, 5 LÖG verstoßen.
70Hinsichtlich der Waren Schuhe Cheyenne, Bücher diverse, Tierfutter, Äpfel, Rotwein, Fruchtsaft, Kartoffeln, Flaschentasche und Bild liegt dies auf der Hand. Es handelt sich weder um Blumen oder Pflanzen, noch können diese Waren einem begrenzten Randsortiment zum Kernsortiment Blumen oder Pflanzen zugeordnet werden. Diese Waren haben keinen Bezug zum privilegierten Sortiment „Blumen und Pflanzen“, auch greift der gesetzgeberische Zweck, den Erwerb bestimmter verderblicher Waren zur sofortigen Benutzung zu ermöglichen, nicht ein.
71Auch die Waren Acryl Stern, Metallstern, Kugel Glas, Baumkerzen, Tannenbaum im Topf (künstlich), LED Kette Weihnachtsbaum, Draht Cluster Star (Lichterkette-Sterne), Kerze Wachs (batteriebetriebene Kunststoffkerze) und Sisalstern können nicht dem Randsortiment zu Blumen und Pflanzen zugeordnet werden. Es handelt sich um nicht verderbliche, haltbare Gegenstände, für welche ein besonderes Kaufbedürfnis an Sonn- und Feiertagen nicht feststellbar ist.
72Ob der Verkauf dieser Gegenstände zulässig wäre, wenn sie untergeordneter Bestandteil eines floristischen Gebindes wären, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Beklagte diese Gegenstände zum isolierten Verkauf angeboten hat. Allein der Umstand, dass sie theoretisch mit Pflanzen kombiniert werden könnten, genügt nicht, um ein zulässiges Anbieten zu bejahen (vgl. OLG Düsseldorf aaO).
73e) Der Wettbewerbsverstoß der Beklagten ist auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, denn die Beklagte hat sich durch das Anbieten der nicht zum Sortiment Blumen und Pflanzen und einem begrenzten Randsortiment gehörenden Waren an einem Sonntag gegenüber Mitbewerbern, die sich regelkonform verhalten und von dem Verkauf solcher Waren in einer Verkaufsstelle abgesehen haben, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft.
742. Der Anspruch auf Erstattung der Kostenpauschale ergibt sich aus § 13 Abs. 3 UWG. Die Höhe der Kostenpauschale von brutto 374,50 € wird von der Beklagten nicht bestritten, erscheint unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO auch angemessen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
75III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.