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I.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.715,54 € - davon 183,64 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe der im Wege des Testkaufes erworbenen Girls Mütze Isha - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.05.2017 zu zahlen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
2Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Ersatz von Rechtsverfolgungskosten.
3Die Klägerin stellt Bekleidung und Accessoires her. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war sie Inhaberin der am 05.08.2015 angemeldeten und am 27.11.2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter der Registernummer 302015048636 eingetragenen deutschen Wortmarke „Isha“ (Klagemarke), die unter anderem Schutz in der Klasse 25 für „Bekleidungsstücke“, darunter „Schals“ und „Kopfbedeckungen“ beansprucht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Registerauszug des DPMA, vorgelegt als Anlage K 1, Bezug genommen. Im Juli 2017 übertrug sie die Klagemarke ihrer 100%igen Tochtergesellschaft G1, die seit August 2017 als Inhaberin der Klagemarke im Register des DPMA eingetragen ist.
4Die Beklagte ist eine Online- und Einzelhändlerin für Bekleidungsstücke. Die von ihr angebotenen Waren vertreibt sie unter anderem über einen eigenen Händleraccount bei www.amazon.de. Im Januar 2017 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte über die Verkaufsplattform Amazon ohne ihre Zustimmung Mützen bewarb, anbot und vertrieb, wie aus dem nachfolgend eingeblendeten Screenshot nebst Ausschnittsvergrößerung ersichtlich:
5 6 7Die Klägerin beauftragte einen Testkäufer, der die streitgegenständliche Mütze am 02.01.2017 bestellte. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage K 3 vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. In der Bestellbestätigung wird die Mütze wie nachfolgend eingeblendet als „C Isha Beanie – 53“ bezeichnet:
8 9Herstellerin der streitgegenständlichen Mütze ist die in den Niederlanden ansässige C, mit der die Klägerin unter wechselnden Parteirollen Verfahren vor diversen deutschen Gerichten führt. In diesem Zusammenhang führten die C und die Klägerin Vergleichsverhandlungen. Nachdem die Vergleichsverhandlungen gescheitert waren, erhob die Klägerin gegen die C die aus der Anlage K 7 ersichtliche Hauptsacheklage zum Landgericht Hamburg und mahnte mit anwaltlichem Schreiben vom 05.01.2017 mehrere Abnehmer der C, unter anderem die hiesige Beklagte (Anlage K 8), ab, die sie unter Fristsetzung bis 12.01.2017 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, zur Auskunftserteilung, zum Schadensersatz sowie zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten auf Grundlage eines Streitwertes in Höhe von 50.000,00 € nebst Testkaufkosten aufforderte. Unter dem 12.01.2017 gab die Beklagte, über ihre Prozessbevollmächtigten, die ebenfalls die Prozessbevollmächtigten der C in den zwischen dieser und der hiesigen Klägerin geführten Verfahren sind, die aus der Anlage K 9 ersichtliche strafbewehrte Erklärung ab. Mit weiterem Schreiben vom 31.01.2017 (Anlage K 11) erklärte die Beklagte über ihre Prozessbevollmächtigten, dass die zuvor abgegebene Erklärung dahingehend konkretisiert werde, dass diese unter Aufgabe der dortigen Ziffern 2. und 3. bedingungslos mit der Maßgabe gilt, dass die Klägerin auf die Rechte aus der Erklärung verzichten wird, sollte sie im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens rechtskräftig gegen die C unterliegen. Mit Schreiben vom 02.02.2017 (Anlage K 12) nahm die Klägerin die Unterlassungserklärung an und forderte die Beklagte nochmals erfolglos zur Zahlung der Rechtsverfolgungs- und Testkaufkosten bis zum 16.02.2017 auf, wobei sie Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 50.000,00 € zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € sowie Testkaufkosten in Höhe von 183,64 € zugrunde legte (vgl. Anlage K 13). Die geltend gemachten Testkaufkosten setzen sich wie folgt zusammen (s. Anlage K 16):
10Anzahl |
Beschreibung |
Preis/Einheit |
Total |
1 |
TK2974-T GmbH, Testkauf Durchführung Testkauf, Dokumentation des Testkaufs |
125,00 € |
125,00 € |
1 |
Testkaufkosten (1 Isha Beanie) |
25,20 € |
25,20 € |
1 |
Versandkosten Testkauf |
3,28 € |
3,28 € |
1 |
Versandkosten Kanzlei |
0,84 € |
0,84 € |
Zwischensumme |
154,32 € |
||
19 % Mehrwertsteuer |
29,32 € |
||
Summe |
183,64 € |
Insgesamt mahnte die Klägerin jedenfalls zehn Abnehmer der C ab, die jeweils Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen abgaben, jedoch die Berechtigung der geltend gemachten Abmahnkosten in Zweifel ziehen.
12Die Klägerin behauptet, sie vertreibe ihre Produkte in der Bundesrepublik Deutschland über ihren eigenen Internet-Shop sowie über Retail-Stores, darunter Plattformen wie brands4friends, eBay, Zalando, Otto, Neckermann, Amazon, Limango und andere. Insbesondere biete sie an und vertreibe Bekleidungsstücke unter diversen Eigenmarken. Insoweit legt sie die als Anlagenkonvolut K 17 zur Akte gereichten Internetausdrucke vor.
13Die Klägerin behauptet weiter, seit Anmeldung der Klagemarke habe sie bereits die Website www.ishashop.de für sich registrieren lassen, Hangtags mit dem Zeichen „Isha“ gedruckt, Waren im Wert von mehreren zehntausend Euro bestellt und in die Anfertigung von Produktfotografien zum Zwecke des Weitervertriebs an ihre Abnehmer über diverse Internetshops investiert. Sie trägt vor, allein auf der Website www.motion-fashion.de seien zum Zeitpunkt der Replik zahlreiche verschiedene „Isha“-Artikel online gelistet gewesen (Anlagenkonvolut K 23); auch seien bereits erste Shopping-Kampagnen durchgeführt worden, u.a. über www.windeln.de, www.shopping.de und www.kidisto.de (s. Rechnungen gemäß Anlagenkonvolut K 24).
14Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe ihre Markenrechte verletzt. Es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke und den von der Beklagten benutzten Zeichen. Der der Abmahnung zugrunde gelegte Gegenstandswert sei ebenso angemessen, wie der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr. Zudem seien die für den Testkauf getätigten Aufwendungen als unerlässliche Vorbereitungshandlung für das Markenverletzungsverfahren zwingend erforderlich gewesen.
15Mit der vorliegenden Klage, die den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 05.05.2017 zugestellt worden ist, hat die Klägerin ursprünglich Zahlung ohne Zug-um-Zug – Verurteilung begehrt. Nachdem die Beklagte bezüglich der Testkaufkosten in Höhe von 183,64 € ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat, beantragt die Klägerin nunmehr,
16die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.715,54 € - davon 183,64 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe der im Wege des Testkaufes erworbenen Girls-Mütze Isha - nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagte meint, das angerufene Gericht sei bereits örtlich unzuständig, da die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag geltend mache und insoweit ein Deliktsgerichtsstand nicht bestehe. Darüber hinaus meint sie, die Klage sei „bereits im Lichte des § 253 ZPO und der diesbezüglichen Judikatur offensichtlich unzulässig“, ohne näher auszuführen, warum dies der Fall sein soll.
20Die Beklagte ist der Auffassung, die Abmahnung sei schon nicht begründet gewesen, da eine Markenverletzung mangels Verwechslungsgefahr nicht vorliege; darüber hinaus könne sie sich erfolgreich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs unter dem Gesichtspunkt der missbräuchlichen Geltendmachung von Formalrechten sowie unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung berufen. Zur Begründung verweist die Beklagte jeweils auf den Klageerwiderungsschriftsatz der C in dem vor dem Landgericht Hamburg geführten Verfahren (Anlage B 1 nebst Anlagen B 1 bis B 110) sowie auf eine seitens der C gegen die hiesige Klägerin vor dem Landgericht München I erhobene Klage (Anlage B 2). Sie meint, die Abmahnung sei auch irreführend, da ihr Gerichtsentscheidungen beigelegen hätten, die nicht die streitgegenständliche Klagemarke beträfen, sondern die weitere Marke „MO“ der Klägerin. Zudem meint sie, die seitens der Klägerin vorgelegten Screenshots und weiteren Unterlagen reichten zur Substantiierung bezüglich des Vertriebs von Bekleidungsstücken unter Eigenmarken nicht aus und würden auch nicht beweisen, dass diese in markenrechtlich relevanter Weise für die von den Marken der Klägerin erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet worden seien bzw. verwendet würden. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Marken „USHA“, „MO“, „HOMEBASE“ und „myMO“ durch die Klägerin bzw. ein mit ihr verbundenes Unternehmen für die Schutz genießenden Waren und Dienstleistungen verwendet worden seien und verwendet würden. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der Klagemarke positive Kenntnis von der Benutzung des Zeichens „Isha“ durch die C gehabt bzw. haben müssen und habe die Klagemarke angemeldet, um im Wege der Abmahnung daraus vorgehen zu können. Insoweit erhebt sie den Einwand der Verwirkung.
21Außerdem meint sie, die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Rahmen der ausgesprochenen Abmahnung sei nicht notwendig gewesen, da die Klägerin insoweit ein „Massengeschäft“ betreibe, das auch im Bereich des Markenrechts nicht die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erfordere; der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr sei überhöht. Die Beklagte meint weiter, die Klägerin habe zu dem der Abmahnung zu Grunde gelegten Gegenstandswert nicht substantiiert vorgetragen. Im Übrigen seien von den geforderten Testkaufkosten weder die geltend gemachten Pauschalkosten noch die „Versandkosten Kanzlei“ gerechtfertigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2018 ergänzend Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
25A.
26Die Klage ist zulässig.
27I.
28Insbesondere ist das Landgericht Düsseldorf für die geltend gemachten Ansprüche örtlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO. Der Deliktsgerichtsstand ist zum Einen einschlägig und zum Anderen – auch – im Bezirk des angerufenen Gerichts gegeben.
291.
30Die Klägerin hat Umstände, die einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Rechtsverfolgungskosten im Wege des Schadensersatzes nach § 14 Abs. 6 MarkenG, mithin aus Delikt begründen, schlüssig dargelegt. Denn sie hat zunächst schlüssig dargelegt, dass die Beklagte die Klagemarke durch den streitgegenständlichen Internetauftritt verletzt hat (s. unten unter Punkt B. 1. a.) und dass die Beklagte jedenfalls fahrlässig handelte, da sich bereits aus dem Verstoß ergibt, dass sie keine – ausreichende – Schutzrechtsprüfung vorgenommen hat. Ob die Klägerin, die den geltend gemachten Anspruch aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag für begründet hält, sich daneben auch auf einen deliktischen Schadensersatzanspruch (§ 14 Abs. 6 MarkenG) beruft, ist für die Frage der Eröffnung des Gerichtsstandes des § 32 ZPO nicht entscheidend. Entscheidend ist allein, ob die Voraussetzungen eines deliktischen Anspruchs schlüssig dargelegt sind. Die Klägerin hat durch Nennung des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag auch nicht den Streitgegenstand oder den Umfang der gerichtlichen Prüfung beschränkt. Denn der Streitgegenstand wird durch den gestellten Antrag und den vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt. Eine Anspruchsgrundlage muss die Klägerin insoweit nicht nennen. Vielmehr obliegen die rechtliche Beurteilung und damit auch das Auffinden und Prüfen möglicher Anspruchsgrundlagen dem Gericht. Danach ist vorliegend der Gerichtsstand des § 32 ZPO eröffnet. Denn dieser ist bereits dann gegeben, wenn die Klägerin schlüssig Tatsachen dargelegt hat, aus denen sich der geltend gemachte Anspruch – unter anderem – aus einer unerlaubten Handlung ergibt.
312.
32Der Gerichtsstand des § 32 ZPO liegt auch im Bezirk des angerufenen Gerichts. Denn nach dem schlüssigen Klägervortrag fand die unerlaubte Handlung jedenfalls auch im Bezirk des angerufenen Gerichts statt, da das streitgegenständliche Internetangebot im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf abrufbar war.
33II.
34Dass die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung als Inhaberin der Klagemarke im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragen war, nunmehr nicht mehr Inhaberin der Klagemarke ist, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Insbesondere liegt auch kein Fall des § 265 ZPO vor, in dem die Klägerin nach Veräußerung der Streitsache im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft vorgehen würde. Denn die Klägerin hat zwar die Klagemarke veräußert, nicht jedoch die streitgegenständliche Forderung.
35III.
36Auch im Übrigen bestehen bezüglich der Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Insbesondere ist der Einwand der Beklagten, die Klage sei „bereits im Lichte des § 253 ZPO und der diesbezüglichen Judikatur offensichtlich unzulässig“, nicht nachvollziehbar.
37B.
38Die Klage ist begründet.
39I.
40Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zur Erstellung des Abmahnschreibens in Höhe von 1.531,90 € aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.
411.
42Die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den genannten Normen liegen vor. Im Kennzeichenrecht sind Abmahnkosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähig, wenn die Abmahnung begründet und berechtigt ist. Begründet ist eine Abmahnung, wenn die geltend gemachten Ansprüche bestehen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, vor §§ 14-19d, S2. 296 ff. m.w.N.). Berechtigt ist sie, wenn die Abmahnung erforderlich war, um dem Verletzer einen Weg zu weisen, den Verletzten ohne Gerichtsverfahren klaglos zu stellen (vgl. BGH GRUR 2009, 502, 503 – pcb; BGH GRUR 2010, 354, 355 – Kräutertee).
43a.
44Die Abmahnung war begründet. Denn die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Abmahnung gegenüber der Beklagten einen Unterlassungsanspruch wegen der Verwendung der angegriffenen Zeichen aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
45Nach § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
46aa.
47Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Abmahnung Inhaberin der Klagemarke.
48bb.
49Die Beklagte hat die angegriffenen Zeichen markenmäßig ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr benutzt, indem sie die streitgegenständliche Mütze auf der Verkaufsplattform Amazon unter der Überschrift „Girls Mütze Isha“ angeboten und vertrieben hat. Auch in der Benutzung in Bestell- und Versandbestätigung, wo die streitgegenständliche Mütze jeweils als „C Isha Beanie - 53“ bezeichnet wird, liegt eine markenmäßige Benutzung.
50Eine markenmäßige Verwendung liegt dann vor, wenn das Zeichen im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 S2. 132 m.w.N.). Damit beurteilt sich die Frage, ob eine markenmäßige Verwendung vorliegt, allein danach, ob die objektive, nicht völlig fern liegende Möglichkeit besteht, dass das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, wobei dabei das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers ausschlaggebend ist (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 S2. 138, 144). Der Europäische Gerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (vgl. GRUR 2003, 55 ff. - Arsenal, Tz. 51, 57 und EuGH GRUR 2002, 692, 693 - Hölterhoff) im Wege einer ergebnisorientierten Auslegung fortentwickelt, mit der Folge, dass bereits jede zu einer gedanklichen Verknüpfung mit der geschützten Marke führende Verwendung als rechtsverletzende Benutzung in Betracht kommt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG S2. 103 m. N. zur Rspr. Ludwig WRP 2012, 816). Maßgeblich im Rahmen der Beurteilung sind die Verkehrskreise, welche von den Waren angesprochen werden, die von dem das fragliche Zeichen verwendenden Dritten vertrieben werden, wobei es auf die gattungsmäßige Produktart als solche, nicht auf anderweitige Einzelheiten ankommt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 S2. 138). Nur wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in diesem Sinne als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird, liegt kein markenmäßiger Gebrauch vor (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 S2. 145; OLG Hamburg MarkenR 2009, 220, 223 – Schokostäbchen).
51Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt eine markenmäßige Benutzung vor. Denn es ist davon auszugehen, dass ein nicht zu vernachlässigender Teil der angesprochenen Verkehrskreise die streitgegenständlichen Kennzeichnungen mit dem Bestandteil „Isha", so wie die Beklagte diese auf der Verkaufsplattform Amazon (Anlage K 2) und in den Bestellunterlagen (Anlage K 3) verwendet hat, in gedankliche Verbindung mit der Klagemarke bringt. Der Begriff „Isha“ hat für sich genommen keinerlei beschreibende Wirkung. Dies ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Beklagte das Zeichen in Verbindung mit beschreibenden Zusätzen wie „Girls Mütze", „Beanie" bzw. „-53“ verwendet. Vielmehr tragen diese Zusätze, mit Ausnahme des Zusatzes „-53“, der ersichtlich die Größe bezeichnet, gerade dazu bei, dass das Zeichen „Isha“ als Herkunftshinweis bezüglich des jeweils durch die Zusätze beschriebenen Produkts angesehen wird. Auch die Verknüpfung der Zeichen „Isha" und „C" führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Sie schließt die Annahme eines Herkunftshinweises durch das Zeichen „Isha“ nicht aus. Denn zumindest ein Teil des angesprochenen Verkehrs ist an Zweitkennzeichnungen gewöhnt und wird daher davon ausgehen, dass es sich etwa bei „C“ um die Dachmarke und bei „Isha“ um die Marke des konkreten Produktes handelt. Auch das Vorbringen der C in den zwischen dieser und der Klägerin geführten und von der Beklagten in Bezug genommen Verfahren, der Zusatz „Isha" sei lediglich zu internen Referenzierungszwecken erfolgt, überzeugt nicht. Denn das Zeichen „Isha" ist nicht nur intern von der C benutzt worden, sondern die hiesige Beklagte hat es in ihrem an den Verbraucher gerichteten Angebot genutzt. Es ist für den Verbraucher deutlich in der Beschreibung des Produktes und in den Bestellunterlagen sichtbar. Dadurch ist auch der erforderliche Produktbezug gegeben. Denn die angegriffene Bezeichnung befindet sich blickfangmäßig in der Überschrift des Angebots. Der angesprochene Verkehr wird schon aufgrund der unmittelbaren Nähe der abgebildeten Mütze neben der Überschrift den erforderlichen Produktbezug zwischen Ware und Zeichen herstellen.
52cc.
53Es besteht zudem Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Zeichen.
54Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, beurteilt sich zum Einen nach der Kennzeichenkraft der Schutz beanspruchenden Marke und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und zum Anderen nach dem Abstand der Waren und Dienstleistungen, für die die Marke registriert ist und für die das angegriffene Zeichen benutzt wird. Dabei impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft ausgeglichen werden oder umgekehrt. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 S2. 370, 371, 431 ff, Ströbele Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 9 S2. 41 f., jeweils m.w.N. zur Rspr. des EuGH und des BGH).
55(1).
56Es liegt Warenidentität vor. Die Klagemarke ist unter anderem für „Bekleidungsstücke“, darunter „Kopfbedeckungen““ eingetragen. Die Beklagte hat das angegriffene Zeichen für eine Kopfbedeckung in Form einer Mütze/Beanie verwendet.
57(2).
58Zudem besteht Zeichenidentität. Denn es stehen sich die Zeichen „Isha“ und „Girls Mütze “Isha““ (Anlage K 2) bzw. „C Isha Beanie - 53“ (Anlage K 3) gegenüber, wobei die Zusätze „Girls Mütze“ und „Beanie – 53" beim Zeichenvergleich jeweils als beschreibend wegfallen. Auch der Zusatz „C“ (Anlage K 3) bzw. der unter der Angebotsüberschrift enthaltene Zusatz „C“ (Anlage K 2) führen nicht aus der Zeichenidentität heraus. Denn – wie bereits zur markenmäßigen Benutzung ausgeführt – ist der Verkehr an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt, so dass jedenfalls nicht lediglich unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs erkennen, dass es sich um die Verwendung zweier eigenständiger Kennzeichen handelt.
59(3).
60Aufgrund der vollständigen Übereinstimmung der angegriffenen Zeichen mit der Klagemarke besteht daher selbst bei unterstellter geringer Kennzeichnungskraft in der Gesamtabwägung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr.
61dd.
62Zudem greift der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch. Der Klägerin ist es daher nicht versagt, sich auf ihre Rechte aus der – zum Zeitpunkt der Abmahnung - für sie eingetragenen Marke zu berufen.
63Die Berufung auf eine rein formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts kann grundsätzlich den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechen und damit rechtsmissbräuchlich sein. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs ist auch im Markenrecht als Schranke jeglicher Rechtsausübung zulässig, und zwar sowohl als schutzrechtsimmanentes Verbot des Missbrauchs einer mangelbehaftet erworbenen Rechtsposition, als auch als Verbot einer unlauteren oder sittenwidrigen und daher missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus einem zunächst an sich mangelfrei erworbenen Kennzeichenrecht (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14–19d S2. 321, m.w.N.). Den aus einer Marke hergeleiteten Ansprüchen kann insbesondere einredeweise entgegengehalten werden, dass auf Seiten des Markeninhabers Umstände vorliegen, die die Geltendmachung des markenrechtlichen Schutzes als eine wettbewerbswidrige Behinderung im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 UWG (a.F.) erscheinen lassen. Diese können darin liegen, dass der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH GRUR 2008, 917, S2. 19 – EROS, m.w.N.). Dies ist erst dann der Fall, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Soweit eine Benutzungsabsicht vorliegt, dient die Markenanmeldung grundsätzlich auch dem eigenen Produktabsatz. Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht jedoch nicht der einzige Beweggrund zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv ist. Daher ist die Annahme einer Unlauterkeit nicht allein durch den eigenen Benutzungswillen ausgeschlossen (BGH a.a.O., S2. 23 – EROS, m.w.N.).
64Die Beklagte nimmt zur Begründung des Einwands des Rechtsmissbrauchs auf umfangreiche Schriftsätze aus anderen Rechtsstreitigkeiten Bezug, die zwischen der hiesigen Klägerin und der C geführt werden. Die allgemein gehaltene Bezugnahme der Beklagten auf Schriftsätze einer anderen Partei aus mehreren anderen Verfahren, zu denen sie teilweise die Anlagen nicht vorlegt, ist – jedenfalls in dieser Form – nicht zulässig. Selbst wenn man aber dieses Vorgehen der Beklagten für zulässig hält und die Unterlagen zur Kenntnis nimmt, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin nicht feststellbar. Soweit nämlich die C in weiteren mit der Klägerin geführten Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich angeblich generell rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin vorträgt, ist dieser Vortrag unerheblich, da der Einwand des Rechtsmissbrauchs stets einer Entscheidung im Einzelfall bedarf. Auch die Tatsache, dass die Klägerin bzw. ihre Tochtergesellschaft Inhaberinnen zahlreicher Kennzeichenrechte sind, ist diesbezüglich ohne Aussagekraft. Aus dieser Tatsache lässt sich keinerlei grundsätzlich rechtsmissbräuchliches Verhalten ableiten, da es jedem offensteht, zum Schutze der eigenen Marktposition und Abnehmer entsprechende Marken anzumelden.
65Im konkreten Einzelfall begründet die C, auf deren Vortrag die Beklagte sich bezieht, ihren Einwand damit, dass die Klägerin mit der Eintragung der Marke „Isha" die kraft Gesetzes entstehende Sperrwirkung der Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen wolle. Grundsätzlich kann ein solches Verhalten rechtsmissbräuchlich sein. Soweit die Beklagte diese Behauptung damit zu begründen versucht, die Klägerin habe seit dem Jahre 2012 Kenntnis von den Geschäftsaktivitäten der C gehabt und daher auch gewusst oder habe wissen müssen, dass diese die Bezeichnung „Isha" einsetze, vermag der Vortrag jedoch nicht zu überzeugen. Er ist rein spekulativ und erfolgt offensichtlich ins Blaue hinein. Gesicherte oder konkrete Erkenntnisse über eine positive Kenntnis der Klägerin haben offensichtlich weder die Beklagte noch die C. Für den Einwand des Rechtsmissbrauchs ist jedoch die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Soweit sie weiter ausführt, die Klägerin habe von der Benutzung durch die C jedenfalls wissen müssen, kann dies nicht überzeugen. Zwar hatten die Klägerin und die C bereits im Jahre 2012 eine Auseinandersetzung. Allerdings bezog sich diese auf das Zeichen „MO" der Klägerin. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt den gesamten Onlineshop der C durchsucht und zudem alle in diesem Shop vorkommenden Bezeichnungen von Produkten wahrgenommen hat. Von einer Wahrnehmung des Zeichens „Isha" zum damaligen Zeitpunkt ist bei lebensnaher Betrachtung nicht auszugehen, da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin drei Jahre vor Anmeldung der Klagemarke ein Interesse an diesem Zeichen gehabt hätte. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, dass eine aufgrund der Obliegenheit zur Wahrung eigener Interessen gebotene zumutbare Beobachtung des Marktes oder des Umfeldes stattgefunden hat oder hätte stattfinden müssen, kann diese nicht so weit reichen, dass jeder potentielle Wettbewerber in einem internationalen Umfeld beobachtet wird oder beobachtet werden muss. Es ist in jedem Fall als ausreichend anzusehen, wenn sich ein Marktteilnehmer vor einer Markenanmeldung auf die bisherige Registerlage verlässt. Da die C sich jedoch keine Rechte am Zeichen „Isha" gesichert hatte, ist auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes nicht erkennbar, dass die Anmeldung der Klagemarke oder deren Durchsetzung durch die Klägerin rechtsmissbräuchlich wären. Gegen eine rechtsmissbräuchliche Anmeldung der Klagemarke bzw. eine rechtsmissbräuchliche Anspruchsdurchsetzung spricht zudem die Tatsache, dass die Klägerin bereits seit geraumer Zeit Inhaberin der Marke „USHA" ist. Es ist deshalb nicht nur nachvollziehbar, sondern sogar sinnvoll, dass die Klägerin zum Schutze dieser Marke und zur Erweiterung des bestehenden Portfolios ähnlich klingende Marken ebenfalls schützen wollte. Zudem hatte die Klägerin bezüglich der Klagemarke offensichtlich einen Benutzungswillen. Denn ausweislich der Anlage K 23 wurden jedenfalls im Oktober 2016 über die Internetseitewww.motion-fashion.de mit „Isha“ gekennzeichnete Produkte (Schals, Loops und Mützen) angeboten. Zwar reicht das Bestehen eines Benutzungswillens allein nicht aus, um einen Rechtsmissbrauch auszuschließen. Liegt jedoch offensichtlich ein Benutzungswille vor, wird die Marke in der Benutzungsschonfrist tatsächlich bereits benutzt und sind – wie hier – auch sonst keine konkreten Umstände vorgetragen und unter Beweis gestellt, aus denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gerade im Hinblick auf die Durchsetzung der Rechte aus der konkreten (Klage-)Marke folgen würde, so ist das Vorliegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gerade nicht feststellbar. Nur abschließend sei erwähnt, dass der Umstand, dass die Klägerin mit der C zunächst Vergleichsverhandlungen geführt hat und deren Abnehmer erst im Laufe der Verhandlungen und nicht zeitnah zur Kenntnis von der jeweiligen Verletzungshandlung abgemahnt hat, jedenfalls im Verhältnis zur hiesigen Beklagten, den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht zu begründen vermag. Denn im Hinblick auf die hiesige Beklagte stellt auch ein solches Verhalten kein Indiz für einen unzulässigen Verdrängungswettbewerb dar. Für den einzelnen Händler ist vielmehr unerheblich, ob er der einzige abgemahnte Händler ist oder ob neben ihm noch andere Händler abgemahnt werden. Abschließend sei klargestellt, dass ein solches Vorgehen nach Auffassung des Gerichts auch im Verhältnis zur Herstellerin bzw. Lieferantin nicht zwingend rechtsmissbräuchlich sein muss; auch in diesem Verhältnis kann es sich durchaus um ein Mittel zulässigen Wettbewerbs handeln.
66ee.
67Da der Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe seit dem Jahre 2012 Kenntnis von den Geschäftsaktivitäten der C gehabt und daher auch gewusst oder habe wissen müssen, dass diese die Bezeichnung „Isha" einsetze, -wie bereits ausgeführt- ersichtlich ins Blaue hinein erfolgte, greift auch der Einwand der Verwirkung nicht durch.
68ff.
69Schließlich verfängt auch der Vortrag der Beklagten, die Abmahnung sei wegen Verweises auf andere Marken der Klägerin und Rechtsprechung, die diese anderen Marken betreffe, missbräuchlich, nicht. Die Klägerin hat in der Abmahnung ausdrücklich erklärt, dass vorliegend das Zeichen „Isha“ maßgeblich sei. Andere Marken und diese Marken betreffende Rechtsprechung hat sie in der Abmahnung lediglich als aus ihrer Sicht vergleichbare Fallkonstellationen in Bezug genommen.
70b.
71Die Abmahnung war auch berechtigt. Sie entsprach dem Interesse und zumindest mutmaßlichen Willen der Beklagten, da dieser die Gelegenheit gegeben wurde, eine kostenintensivere gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
72c.
73Unerheblich ist auch, ob die Klägerin die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten bereits an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt hat. Die Klage muss insoweit nicht auf Freistellung gerichtet werden, sondern es kann auch dann unmittelbar Zahlung verlangt werden, wenn die Gebühren im Innenverhältnis noch nicht beglichen sind, da hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs § 250 BGB analog gilt, sobald die Erstattung – wie vorliegend – endgültig verweigert wird.
742.
75Die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten von 1.531,90 € ist angemessen, insbesondere ist der in der Abmahnung angesetzte Gegenstandswert von 50.000,00 € nicht zu beanstanden.
76Das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen wegen Kennzeichenverletzungen wird durch zwei Faktoren bestimmt, nämlich durch den Wert des verletzten Kennzeichens einerseits und das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzung, den sogenannten Angriffsfaktor andererseits (Ingerl/Rohnke, a.a.O, § 142 S2. 6). Für den Marktwert des verletzten Kennzeichenrechts sind insbesondere Faktoren wie die Dauer und der Umfang der bisherigen Benutzung, die unter dem Kennzeichen erzielten Umsätze, der Bekanntheitsgrad und der Ruf des Kennzeichens bei den Abnehmern aber auch in der allgemeinen Öffentlichkeit maßgeblich (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 142 S2. 7). Der Angriffsfaktor kann ebenfalls durch eine Vielzahl von Faktoren des Einzelfalls beeinflusst werden. Im Vordergrund stehen der Verletzungsumfang sowie die Intensität der Kennzeichenverletzung selbst, also insbesondere der Grad der Verwechslungsgefahr bzw. Rufausbeutung, Aufmerksamkeitsausbeutung, Rufschädigung oder Verwässerung (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 142 S2. 8). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Parteien ihre wirtschaftlichen Interessen kennen und bewerten können. Ihren Streitwertangaben kommt mithin eine indizielle Bedeutung zu, die anhand der objektiven Gegebenheiten zu überprüfen und mit den üblichen Wertfestsetzungen in ähnlichen Fällen zu vergleichen sind (BGH GRUR 1977, 748, 749).
77Bei kennzeichenrechtlichen Unterlassungsklagen kommen Streitwerte von 50.000 € bis 75.000 € für den Unterlassungsanspruch in der Regel nur bei Verletzung unbenutzter Marken oder geschäftlicher Bezeichnungen geringer wirtschaftlicher Bedeutung in Betracht (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 142 S2. 10 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände war der von der Klägerin in ihrer Abmahnung genannte Gegenstandswert von 50.000,00 € für die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Anerkennung der Schadensersatzpflicht nicht überhöht. Auch der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr ist angemessen. Denn bei Kennzeichenstreitsachen handelt es sich um eine Spezialmaterie, bei der die Einschaltung eines Rechts- oder Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung stets notwendig ist (Ingerl/Rohnke, a.a.O, vor §§ 14-19 S2. 304). Dass die Klägerin vorliegend im Hinblick auf die Benutzung der Klagemarke mehrere Abmahnungen gegenüber der C und verschiedenen Abnehmern der C ausgesprochen hat, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn insoweit mag es sich zwar um vergleichbare, nicht aber um identische Angelegenheiten handeln. Vielmehr ist für jede Benutzungshandlung einzeln zu prüfen, ob die Klagemarke verletzt wurde und wem eine etwaige Verletzung zugerechnet werden kann.
78Unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zzgl. einer Auslagenpauschale von 20,00 € errechnen sich Abmahnkosten in Höhe von 1.531,90 €.
79II.
80Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erstattung der Testkaufkosten in der geltend gemachten Höhe, Zug-um-Zug gegen Rückgabe der im Wege des Testkaufs erworbenen Mütze. Der Anspruch beruht auf § 14 Abs. 6 MarkenG.
81Die Voraussetzungen dieser Norm sind gegeben. Insbesondere liegt auch das im Rahmen des Schadensersatzanspruchs erforderliche Verschulden vor. Denn die Beklagte handelte jedenfalls fahrlässig, da sie vor Angebot und Vertrieb der streitgegenständlichen Waren keine Markenrecherche durchgeführt hat bzw. eine Markenrecherche jedenfalls nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit vorgenommen hat. Die geltend gemachten Kosten waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auch erforderlich. Zwar war eine Markenverletzung bereits durch die in dem Online-Angebot gewählte Überschrift gegeben. Der Testkauf hat jedoch weitere Verletzungen (in der Bestellbestätigung und in der Versandbestätigung sowie bezüglich der Mütze selbst, die ausweislich der Anlage K 3 auf einem Hangtag mit „Isha Beanie“ gekennzeichnet war) ergeben, so dass er – unabhängig davon, ob diese bereits im Rahmen der Abmahnung geltend gemacht wurden – jedenfalls nicht im Sinne der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az. I-20 U 44/15, Urteil vom 19.01.2016) vergeblich war. Bezüglich der Höhe der angesetzten Testkaufkosten bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist der Ansatz einer Pauschale in Höhe von 125,00 € zzgl. Mehrwertsteuer gerechtfertigt. Denn von der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist auch umfasst, einen Dritten mit der (professionellen) Durchführung und Dokumentation eines Testkaufes zu beauftragen. Auch die weiteren „Versandkosten Kanzlei“ sind Teil der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit nebst Mehrwertsteuer ersatzfähig. Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, da dem Verletzer diese Kosten nach der oben genannten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf nur auferlegt werden können, wenn sich durch den Testkauf weitere Verletzungen (neben einem gegebenenfalls bereits verletzenden Online-Angebot) belegen lassen.
82III.
83Die Klägerin hat gegen die Beklagte darüber hinaus einen Anspruch auf die zugesprochenen Rechtshängigkeitszinsen, §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
84IV.
85Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
86Streitwert: 1.715,54 €