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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie die Unterlassung einer Äußerung.
3Sie betreibt unter der Domain xxx eine Website, über die Interessenten durch Eingabe ihrer persönlichen Daten die Klägerin damit beauftragen können, für sie eine schriftliche Auskunftsanfrage etwa an die xxx AG zu senden. Die Erteilung der Auskunft selbst zählt nicht zu den Leistungen der Klägerin. Für das Stellen dieser Anfrage berechnet die Klägerin 14,95 Euro.
4Der Beklagte startete am 25.1.2018 eine Google-Suche bezüglich kostenloser Schufa-Auskünfte. Die Quellcodes der Meta-Tags der Website der Klägerin waren zu diesem Zeitpunkt so ausgestaltet, dass bei der Eingabe des Wortes „kostenlos“ in die Suchmaschine die Website der Klägerin angezeigt wurde (vgl. Anlage B9, Bl. 233 d.A.), so auch bei der Sucheingabe des Beklagten.
5Es erschien ein Link zu der Website der Klägerin (vgl. Anlage B1, Bl. 35 d.A.), in dessen Ankündigungstext es unter anderem hieß „Kostenlos Online“. Der Beklagte klickte den Link an und gelangte auf die Website der Klägerin. Diese war zu dem Bestellzeitpunkt so gestaltet, dass sich an dem rechten Seitenrand ein Hinweis auf § 34 BDSG befand. Es wurde dort ausgeführt, dass nach dieser Norm (jetzt § 15 DSGVO) Personen das Recht darauf haben, einmal im Jahr eine kostenlose Selbstauskunft zu verlangen von Unternehmen, die persönliche Daten speichern, wie etwa der Schufa. An dem rechten Rand fand sich zudem unter der groß geschriebenen Überschrift „Unsere Leistungen“ in kleiner Schrift in der Mitte eines Textblockes der Satz „Für diesen Service entstehen einmalig Kosten in Höhe von nur EUR 14,95 inkl. MwSt.“. Für Einzelheiten wird auf die Anlage K1, Bl. 7 ff. d.A., verwiesen.
6Der technische Ablauf des Bestellvorgangs gestaltete sich wie folgt: Auf der Eingangsseite der Webseite xxx hielt die Klägerin eine Online-Maske zur Auftragserteilung vor. Der jeweilige Kunde musste seine persönlichen Daten in die dafür vorgesehenen Felder der Maske eingeben. Nach Eingabe aller persönlichen Daten erschien ein Feld mit der Überschrift „Allgemeine Geschäftsbedingungen und Preise“. Unter dieser Überschrift heißt es unter anderem:
7„Ich bin damit einverstanden und verlange ausdrücklich, dass mein Antrag sofort gestellt wird. Aus diesem Grund verzichte ich hiermit ausdrücklich auf mein mir gesetzlich zustehendes Widerrufsrecht.“ (Anlage K1, Bl. 8 d.A.).
8Um den Bestellvorgang abzuschließen, musste der Kunde ein Kreuz vor diese Erklärung setzen.
9Unter dieser Erklärung hieß es weiter:
10„Ja, ich stimme der einmaligen Gebühr von 14,95 EUR inkl. Mehrwertsteuer zu. Zahlung bequem auf Rechnung.“
11Auch vor dieser Erklärung musste der Beklagte einen Haken setzen, um die Bestellung abschließen zu können. Nach einem weiteren gesondert anzuklickenden Feld über eine Anmeldung zu einem kostenlosen Newsletter der Klägerin befand sich sodann der Button mit der Aufschrift:
12„IHRE SELBSTAUSKUNFT KOSTENPFLICHTIG ABSENDEN“ (Anlage K1, Bl. 8 d.A.).
13Der Online-Bestellvorgang war technisch so eingerichtet, dass ein Auftrag nur abgeschlossen werden konnte, wenn alle Felder in der Online-Maske ausgefüllt und die entsprechenden Haken gesetzt waren.
14Der Beklagte gab alle notwendigen Informationen ein, setzte die Haken, drückte den Bestellbutton und erhielt von der Klägerin eine Bestätigungsemail darüber, dass das geforderte Schreiben an die Schufa versandt worden sei. Dieser E-Mail war eine Rechnung über 14,95 Euro brutto beigefügt. Am Ende der Rechnung fand sich der drucktechnisch hervorgehobene Hinweis, dass der Rechnungsbetrag mit Zugang der Rechnung gem. § 286 Abs. 3 BGB fällig werde und ohne Mahnung nach 30 Tagen Verzug eintrete. Auch wurde darauf hingewiesen, dass weitere Kosten, etwa Rechtsanwaltskosten, dadurch für den Rechnungsadressaten entstehen können. Für Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K4, Bl. 16 d.A.
15Der Beklagte hat die gewünschte Schufa-Auskunft erhalten, den Betrag von 14,95 Euro zahlte er zunächst nicht. Die Klägerin beauftragte deshalb ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Beklagten. Mit Schreiben vom 9.3.2018 wurde der Beklagte von den Prozessbevollmächtigten aufgefordert, die 14,95 Euro bis zum 19.3.2018 zu zahlen.
16Der Beklagte teilte der Klägerin mit E-Mail vom 9.3.2018 mit, dass er die Forderung für unberechtigt halte und er Strafanzeige erstatten wolle gegen die Klägerin. Er wandte sich auch mit einer E-Mail vom 9.3.2018 an weitere vermeintlich von der Klägerin geschädigte Personen (vgl. Anlage K19, Bl. 172 d.A.).
17Unter dem 14.3.2018 überwies der Beklagte sodann 14,97 Euro an die Klägerin.
18Mit E-Mail vom 16.3.2018 zeigte der Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer xxx an und äußerte sich auf der Website xxx wie folgt über die Klägerin:
19„Sehr geehrter Herr xxx,
20sehr geehrter Herr xxx,
21sehr geehrte Damen und Herren,
22auch mir ist das gleiche Missgeschick passiert, wie Ihnen und diversen anderen.
23Ich habe am 25.01.18 bei der xxx AG unter Fax xxx meine unentgeltliche Selbstauskunft nach § 34 BDSG erbeten. Leider habe ich dann übersehen, dass ich noch am selben Tag 25.01.18 per email eine Rechnung (Geschäftsbedingungen auf der Rechnung xxx und paperwork im Anhang!) mit einer Auftragsbestätigung über Euro 14,95 erhielt, welche sofort fällig gestellt wurde und mit Hinweis darauf, dass nach § 286 Abs. 3 BGB, man auch ohne Mahnung in Verzug gerate etc. etc. weitere Anwaltskosten fällig würden.
24[…]
25Ob in diesem Fall wie bei uns ein Betrug vorliegt oder nur eine kaufmännisch, juristische Raffinesse, vermag ich noch nicht zu beurteilen (Hervorhebung durch Kammer).
26Ich sehe nur eine Chance über den Hinweis, unentgeltliche Selbstauskunft nach § 34 BDSG.
27Hier ist meines Erachtens mein/ein Anwalt gefragt. Der Teufel steckt meistens im Detail […].“
28Mit Schreiben vom 22.3.2018 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten auf Unterlassung wegen der oben hervorgehobenen Passage in Anspruch, diese wurde sodann von dem Homepagebetreiber von xxx entfernt. In der Folgezeit verfolgte die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren gegen den Beklagten nicht weiter.
29Die Klägerin ist der Ansicht, es sei für jedermann erkennbar gewesen, dass die Anfrage bei der Schufa durch sie 14,95 Euro koste. Der Bestellbutton genüge den Anforderungen des § 312j Abs. 4 BGB. Auch habe der Beklagte sie in ihrer Ehre gekränkt dadurch, dass er über seinen Prozessbevollmächtigten vortragen ließ, das Geschäftsmodell der Klägerin sei auf Täuschung angelegt. Dies sei geschäftsschädigend.
30Die Klägerin hat mit ihrer Klageschrift zunächst nur den Klageantrag zu 1) gestellt. In der Klageerwiderung hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten geschrieben: „Das Geschäftsmodell und die Website der Klägerin xxx sind ganz offensichtlich auf die Täuschung der Kunden ausgerichtet.“ Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.8.2018 ihre Klage erweitert und
31beantragt nunmehr,
321. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro freizustellen;
332. den Beklagten zu verpflichten, es bei Meidung einer für jeden Fall der zukünftigen erneuten Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe, deren Höhe von der Klägerin nach billigem Ermessen festzusetzen und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die nachfolgende Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder aufstellen, verbreiten und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen,
34„Das Geschäftsmodell und die Website der Klägerin xxx sind ganz offensichtlich auf die Täuschung der Kunden ausgerichtet";
353. den Beklagten zu verurteilen, die durch die Inanspruchnahme der Rechtsanwälte xxx entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 745,20 € netto zu zahlen.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Er behauptet, er habe die Kostenpflichtigkeit der Einholung der Schufa-Auskunft bei der Bestellung nicht erkannt. Auch die ihm zugesandte Rechnung habe er nicht wahrgenommen. Er ist der Ansicht, dass das Geschäftsmodell der Klägerin auf die Täuschung der Kunden angelegt sei und er arglistig getäuscht worden sei.
39Die Klage ist dem Beklagten am 14.4.2018 zugestellt worden, die Klageerweiterung am 3.9.2018.
40Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, einschließlich des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerseite vom 27.05.2019, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.5.2019 verwiesen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
43I.
44Der Klägerin steht kein Anspruch gegen den Beklagten auf Begleichung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie der Auskunftskosten in Höhe von insgesamt 70,20 Euro zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.
45Es fehlt bereits an einem wirksamen Schuldverhältnis zwischen den Parteien.
461) Ein solches ist nicht in einem Anerkenntnis gem. § 781 BGB durch die Begleichung der Hauptforderung durch den Beklagten zu sehen. Das wäre nur der Fall, wenn der Beklagte mit seiner Zahlung erklärt hätte und die Klägerin dies auch so verstehen durfte, er erkenne die Berechtigung der Forderung durch die Klägerin mit seiner Zahlung an. Durch seine vorangehende E-Mail vom 9.3.2018 an die Klägerin hat der Beklagte jedoch deutlich gemacht, dass er die Forderung für nicht berechtigt hält und er lediglich zur Abwendung weiterer Streitigkeiten zahlt.
472) Auch wurde kein sonstiger Vertrag – etwa ein Werkvertrag gem. § 631 BGB, ein Dienstvertrag gem. § 611 BGB oder ein Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB – zwischen den Parteien geschlossen.
48a) Zwar liegt grundsätzlich eine Einigung zwischen den Parteien darüber vor, dass die Klägerin für den Beklagten eine Schufa-Auskunft anfordern sollte. Indem der Beklagte alle Felder - wie von der Klägerin vorgesehen - ausfüllte und den Bestellbutton klickte, hat er eine Anfrage gestellt und damit ein Angebot abgegeben im Sinne von § 145 BGB (vgl. zu dem Zustandekommen von Verträgen im Internet H.-W. Eckert, in: BeckOK BGB, Stand: 1.2.2019, § 145 Rn. 41). Dies hat die Klägerin gem. § 147 BGB angenommen durch ihre Bestätigungsemail.
49b) Allerdings scheitert der Vertragsschluss an § 312j Abs. 4 BGB.
50Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer bei einem elektronischen Geschäft mit einem Verbraucher die Pflichten nach § 312j Abs. 3 BGB zu erfüllen, ansonsten kommt ein Vertrag nicht zustande. § 312j Abs. 3 S. 2 BGB besagt, dass ein Unternehmer eine Bestellsituation im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat und die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, so auszugestalten hat, dass die Schaltfläche „gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern ,zahlungspflichtig bestellen‘ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung“ beschriftet ist.
51aa) Bei dem Beklagten handelt es sich um einen Verbraucher im Sinne von § 13 BGB. Es ist nicht vorgetragen, dass der Beklagte die Schufa-Auskunft für einen gewerblichen Zweck einholen wollte.
52bb) Es liegt auch ein entgeltliches Rechtsgeschäft im elektronischen Rechtsverkehr vor und die Bestellung erfolgte über eine Schaltfläche.
53cc) Der Bestellbutton der Klägerin hingegen genügt nicht den Anforderungen des § 312j Abs. 3 S. 2 BGB.
54Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Verbraucher eindeutig und ohne missverständliche Zusätze auf die Entgeltlichkeit seiner Bestellung hingewiesen wird. Es dürfen insbesondere keine von dieser Tatsache ablenkenden Zusätze enthalten sein (vgl. Grüneberg, in: Palandt, 77. Auflage 2018, § 312j, Rn. 9). Zwar kann auch eine andere als die in der Norm genannte Musterformulierung verwendet werden. Diese muss jedoch ebenso klar und eindeutig sein. Beispiele für Formulierungen, die noch den gesetzlichen Anforderungen genügen, sind etwa „kostenpflichtig bestellen“, „Zahlungspflichtigen Vertrag abschließen“ oder „kaufen“. Nicht ausreichend sind hingegen „Bestellung abschicken“, „Jetzt gratis testen – danach kostenpflichtig“ (zum Ganzen Grüneberg, in: Palandt, in: Palandt, 77. Auflage 2018, § 312j, Rn. 9).
55In dem streitgegenständlichen Fall war der Bestellbutton im Zeitpunkt der Bestellung des Beklagten mit: „IHRESELBSTAUSKUNFT KOSTENPFLICHTIG ABSENDEN“ beschriftet. Grafisch ist dieser zwar in Großbuchstaben, aber relativ klein gedruckte Schriftzug nicht unter den übrigen Ausführungen auf der Seite hervorgehoben.
56Der von der Klägerin gewählte Text unterscheidet sich deutlich von dem gesetzlich vorgesehenen bloßen „zahlungspflichtig bestellen“. Zum einen ist er deutlich länger, da er auch die Worte „IHRESELBSTAUSKUNFT“ enthält, was von dem Wort „kostenpflichtig“ wieder ablenkt. Zum anderen ist der Text weniger eindeutig, da „absenden“ nun einmal etwas anderes ist als „bestellen“.
57In der Gesamtschau ist die Formulierung unklar und missverständlich. So ergibt der Satz „IhreSelbstauskunft kostenpflichtig absenden“ keinen Sinn vor dem Hintergrund, dass bei einem Klick auf die Schaltfläche gerade keine – an sich kostenlose - Selbstauskunft abgesendet oder bestellt wird, sondern lediglich ein Auftrag zur Erstellung und Absendung eines Antrags auf Selbstauskunft generiert werden und die Erstellung und Absendung dieses Antrags wiederum kostenpflichtig sein soll. Die Beschriftung der Schaltfläche wirft daher die Frage auf, ob die Selbstauskunft nun kostenlos oder kostenpflichtig sein soll, und lässt offen, auf was sich die Kostenpflicht konkret bezieht. Dies gilt umso mehr, als dass an dem Seitenrand der klägerischen Website ausdrücklich und durch Großschrift hervorgehoben auf § 34 BDSG (jetzt § 15 DSGVO) hingewiesen wird, nach dem die Einholung einer Schufa-Auskunft kostenlos ist. Der ebenfalls seitlich angeordnete Hinweis auf die Entgeltlichkeit der Erstellung der Anfrage bei der Schufa durch die Klägerin ist hingegen nicht grafisch hervorgehoben. Es bleibt Verwirrung bei den Kunden. Zumindest liegt nahe, dass ein nicht unerheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Gestaltung der Website, des Bestellvorgangs und der Schaltfläche verwirrt wird.
58c) Selbst wenn man von einem zunächst wirksamen Vertrag ausginge, dürfte dieser gem. § 356 Abs. 1 BGB durch Widerruf nachträglich erloschen sein.
59Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 4.5.2018 den Widerruf des Vertrages erklärt. Es handelt sich auch um einen Vertrag, der ein Fernabsatzgeschäft gem. § 312c BGB zum Gegenstand hatte, bei dem grundsätzlich ein Widerruf gem. §§ 312g, 355 BGB möglich ist.
60Entgegen steht auch nicht § 356 Abs. 4 S. 1 BGB. Danach erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer diese vollständig erbracht hat und mit der Ausführung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
61Ein entsprechender Hinweis findet sich zwar auf der Homepage der Klägerin unter dem Stichwort „Allgemeine Geschäftsbedingungen und Preise“: „Ja, ich habe die AGB, Datenschutz-Erklärung sowie die Widerrufsbelehrung(en) gelesen und erkläre mich damit einverstanden. Ich bin damit einverstanden und verlange ausdrücklich, dass mein Antrag sofort (sic) gestellt wird. Aus diesem Grund verzichte ich hiermit ausdrücklich auf mein mir gesetzlich zustehendes Widerrufsrecht“.
62Allerdings genügt dieser Hinweis nicht den Anforderungen der Informationspflicht gem. Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB. Denn so, wie der Bestellvorgang ausgestaltet war, hatte der Beklagte keine Wahl, ob er auf sein Widerrufsrecht verzichtet und dafür die Leistung sofort erhält oder er vielmehr sein Widerrufsrecht behält und dafür länger auf die Leistung wartet. Dem Beklagten war es – soweit ersichtlich – auch nicht möglich, den zweiten und dritten Satz des aufgeführten Hinweises gesondert anzuklicken bzw. offen zu lassen.
63d) Darüber hinaus spricht viel für die Auffassung, dass auch eine Anfechtung der ursprünglich abgegebenen Willenserklärung des Beklagten gem. § 123 Abs. 1, 1. Var. BGB wegen arglistiger Täuschung begründet ist.
64Eine entsprechende Anfechtungserklärung hat der Beklagte innerhalb der bezüglich dieses Anfechtungsgrundes geltenden Ein-Jahres-Frist gem. § 124 Abs. 1 BGB abgegeben.
65Eine Täuschung liegt vor, wenn falsche oder irreführende Angaben gemacht werden. Es muss nicht zwingend eine objektiv falsche Angabe gegeben sein, vielmehr genügt die irreführende Information oder auch bewusst irreführend gewählte Gestaltung eines Anschreibens (vgl. Armbruster, in: MüKo BGB, § 123 Rn. 29 ff.). Dies ist auf die irreführende Gestaltung einer elektronischen Vorrichtung, die auf das Zustandekommen eines Vertrages ausgerichtet ist, übertragbar.
66Die Website der Klägerin war so ausgestaltet, dass sie Kunden von der konkreten Beschaffenheit und der Kostenpflichtigkeit der angebotenen Dienstleistung ablenkte. Kunden wurde bereits gezielt bei ihrer Google-Suche nach einer kostenlosen Schufa-Auskunft suggeriert, dass die Klägerin kostenlos Leistungen anbieten würde. In dem bei Google erscheinenden Teaser zum streitgegenständlichen Bestellzeitpunkt hieß es: „Bonitätsauskunft für Vermieter – Kostenlos Online – Schneller geht es nicht“ (Anlage B1, Bl. 35 d. A.). Auf der Homepage selbst ist zu lesen: „Kostenlose Beratung“ (Anlage K1, Bl. 7 d.A.) und es wird auf § 34 BDSG (jetzt § 15 DSGVO) verwiesen, nach dem die Schufa-Auskunft kostenlos eingeholt werden kann. Zudem hat die Klägerin zu dem damaligen Zeitpunkt ausdrücklich das Wort „kostenlos“ in ihren Meta-Tags verwendet (Anlage B9 2., Bl. 233 d.A.).
67Zwar hat sie zugleich unter dem Stichwort „Unsere Leistungen“ an dem rechten Seitenrand ihrer Homepage sowie unter „Allgemeine Geschäftsbedingungen und Preise“ nach der Eingabemaske für die persönlichen Informationen auf die Art ihrer Dienstleistung und die Kostenpflicht in Höhe von 14,95 Euro hingewiesen.
68Durch den bewussten Einsatz des Wortes „kostenlos“ in den Meta-Tags wurden Nutzer aber erst auf die Homepage der Klägerin geleitet. Sie müssen nun schon genau hinschauen, um auf die Kostenpflicht aufmerksam zu werden. Der Hinweis auf diese erfolgt zudem erst unmittelbar oberhalb des Bestellbuttons, nachdem bereits alle persönlichen Informationen in das Bestellformular eingegeben wurden. Der Nutzer liest dann regelmäßig nicht mehr so genau, vor allem dann nicht, wenn er zuvor den Eindruck gewinnen durfte, die Einholung der Auskunft sei kostenfrei. Das darunter angeordnete Feld mit dem Hinweis auf die Kostenpflicht schließt sich an, ohne eine besondere verstärkte Aufmerksamkeit des Benutzers zu fordern, ist wie dargelegt inhaltlich unklar und verleitet daher zum schnellen Anklicken mit der Folge eines versehentlichen Vertragsschlusses.
69An dieser Einschätzung ändert auch der Umstand nichts, dass ein sorgfältiger, kritischer und aufmerksam lesender Verbraucher womöglich die Rechtsnatur und Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung erkennen kann. Denn es ist vielmehr auf die Sicht auch leichtgläubigerer Verbraucher abzustellen, wenn die Unaufmerksamkeit oder Leichtgläubigkeit gerade dieser Verkehrskreise ausgenutzt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 5.3.2014 – 2 StR 616/12 Rn. 32). Das liegt hier bei einer Gesamtschau der unnötig verwirrenden Gestaltung der Website, des Bestellvorgangs und des Bestellbuttons zum Zeitpunkt der Bestellung durch den Beklagten nach Auffassung der Kammer durchaus nahe, auch wenn die Frage angesichts der Ausführungen zu Ziffer 2) b) einer endgültigen Entscheidung vorliegend nicht bedarf.
70II.
71Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus § 824 Abs. 1 BGB iVm. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog bzw. § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB.
72Die Klägerin stört sich an der folgenden Äußerung des Beklagten in der Klageerwiderung vom 4.5.2018: „Das Geschäftsmodell und die Website der Klägerin xxx sind ganz offensichtlich auf die Täuschung der Kunden ausgerichtet“. In Zusammenhang mit seinen weiteren Äußerungen auf der Homepage xxx und gegenüber der Rechtsanwaltskammer xxx ergebe sich, dass der Beklagte ihr tatsächlich einen Betrug vorwerfe. Sie habe aber nicht betrogen.
73Ohne dass es auf eine genaue Differenzierung der beiden oben aufgeführten Anspruchsgrundlagen und die genaue Definition der einzelnen Tatbestandsmerkmale ankommt, ist zu beachten, dass die Klägerin sich gegen eine schriftsätzliche Äußerung im Rahmen einer juristischen Auseinandersetzung wendet. In dieser Situation, also für Unterlassungsansprüche gegen Äußerungen innerhalb eines laufenden Rechtsstreits, gelten besondere Grundsätze:
74Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind der in ihrem Persönlichkeitsrecht bzw. sozialen Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen (folgt aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) betroffenen Partei grundsätzlich Widerruf und Unterlassung verwehrt gegenüber dem der Rechtsverfolgung oder –verteidigung dienenden Vorbringen einer Partei im schwebenden Zivilprozess (BGH, Urteil vom 14.11.1972 – VI ZR 102/71 Rn. 18; OLG xxx, Urteil vom 30.9.1991 – 6 U 134/91 Rn. 9). Es ist Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 GG, dass in einem schwebenden Verfahren die Parteien alles, was sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch dann vortragen dürfen, wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird (BVerfG, Beschluss vom 11.4.1991 – 2 BvR 963/90). Ausnahmen werden nur gewährt, wenn eine Partei in einem Rechtsstreit leichtfertig eine Behauptung aufstellt, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt oder bewusst unwahr ist oder wenn eine beeinträchtigende Äußerung offensichtlich ohne jeden inneren Zusammenhang mit der Ausführung oder Verteidigung von Rechten steht (BGH, Urteil vom 14.11.1972 – VI ZR 102/71 Rn. 22, 23).
75Keine der dargestellten Ausnahmen ist einschlägig. Bei der Behauptung, die Klägerin habe den Beklagten getäuscht, handelt es sich um eine zulässige Rechtsbehauptung. Für den Beklagten stellt sich das Handeln der Klägerin als eine solche Täuschung dar. Die Kammer hat gerade zu prüfen, ob eine Täuschung vorliegt oder nicht. Der Beklagte äußert auch keine diffamierenden Übertreibungen oder Beleidigungen, sondern stellt sachlich und mit durchaus veritablen Argumenten dar, warum aus seiner Sicht eine Täuschung gegeben ist. Die Äußerung ist demnach weit von Schmähkritik oder einer Formalbeleidigung entfernt und steht insbesondere in engem Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand.
76III.
77Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache scheitert auch der Klageantrag zu 3).
78IV.
79Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.
80V.
81Der Streitwert wird auf 8.070,20 Euro festgesetzt.
82Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
83Die Einlegung des Rechtsmittels ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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