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I.
Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsstrafe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten,
verboten,
1.)
es Dritten in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, das Musikalbum “HERZ KRAFT WERKE“ bzw. „HERZ KRAFT WERKE (Deluxe Edition)“ der Künstlerin Sarah Connor mit den Musikaufnahmen
über den gegenwärtig „E“ genannten Internetdienst wie mit der Domain „E.to“ öffentlich zugänglich zu machen, wie geschehen unter den Hyperlinks
(Es folgt eine Darstellung von Internetadressen)
2. in der Bundesrepublik Deutschland durch Domain Name Server auf das Musikalbum “HERZ KRAFT WERKE“ bzw. „HERZ KRAFT WERKE (Deluxe Edition)“ der Künstlerin Sarah Connor mit den Musikaufnahmen
über den gegenwärtig „E“ genannten Internetdienst wie mit der Domain „E.to“ zu verweisen, wie geschehen unter den Hyperlinks
(Es folgt eine Darstellung von Internetadressen)
II.
Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, der Verfügungsklägerin Auskunft über Namen und Anschrift der Betreiber des „E“ genannten Dienstes, der am 05.06.2019 unter der Domain „E.to“ abrufbar war, zu erteilen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens tragen die Verfügungsklägerin zu 1/3 und die Verfügungsbeklagte zu 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Verfügungsklägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
T A T B E S T A N D:
2Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte aus Urheberrecht auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch im Zusammenhang mit illegalen Download-Angeboten des im Tenor bezeichneten Musikalbums, welche über den Vertragspartner der Verfügungsbeklagten, Betreiber der Webseite E.to erreichbar sind.
3Die Verfügungsklägerin ist eine bekannte Tonträgerherstellerin. Sie vertreibt in Deutschland sowie weltweit Tonaufnahmen internationaler und inländischer Künstler, darunter auch das im Tenor aufgeführte Musikalbum der Künstlerin Sarah Connor.
4Das streitgegenständliche Musikalbum wurde am 31.05.2019 veröffentlicht.
5Die Verfügungsbeklagte bietet verschiedene Dienstleistungen im Internet an als Nameserver, Betreiberin eines Content-Delivery-Networks (D1) sowie von DNS-Servern (DNS-Resolver).
6Betreiber einer Internetseite müssen grundsätzlich die von ihnen gewünschte Domain (Name der Webseite) bei der jeweiligen Registry registrieren lassen. Weil eine Webseite im Internet von Servern grundsätzlich nur unter einer der jeweiligen Domain zugeordneten, bei der Registry eingetragenen Zahlenfolge (IP-Adresse) erreichbar ist, Internetnutzer diese häufig aber nicht kennen, sondern nur den (einprägsameren) Namen der Webseite, muss gewährleistet sein, dass eine Webseite auch bei Eingabe (nur) des Namens erreichbar ist für den Endnutzer. Zu diesem Zweck werden bei Registrierung einer Domain zugleich zwei Nameserver eingetragen, die technisch die Umsetzung (Auflösung) des Domainnamens in die Internetadresse vornehmen.
7Wird die Verfügungsbeklagte als Nameserver tätig, leitet sie den gesamten Datenverkehr zwischen (End) Nutzer und Webseitenbetreiber über eigene Server. Hierzu unterhält die Verfügungsbeklagte ein System von 194, weltweit auf 90 Länder verteilte und miteinander vernetzte Server-Präsenzpunkte (Content-Delivery-Network). Die Verfügungsbeklagte bietet ihren Vertragspartnern ferner die Möglichkeit der Optimierung und Beschleunigung von Internetinhalten, indem sie Inhalte von Webseiten teils dezentral, weltweit verteilt auf ihren Servern in einem Umfang, der zwischen den Parteien streitig ist, spiegelt und mittels Einsatz von Softwareprogrammen (u.a. Crawlern) Anfragen von Nutzern filtert. Die Verfügungsbeklagte bietet dabei ihren Vertragspartnern auch die Möglichkeit, den Aufruf der Webseite durch Drittnutzer nach bestimmten Kriterien einzustellen und zu blockieren oder zuzulassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage AST 1, Bl. 207 ff GA, „D Support“ Bezug genommen.
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10Infolge der Eintragung der Verfügungsbeklagten als Nameserver einer Domain sowie der Anbindung an das D1 der Verfügungsbeklagten ist die jeweilige IP-Adresse der Domain nicht sichtbar. Bei Whois-Anfragen zu der jeweiligen Domain, die die Dienste der Verfügungsbeklagten als Nameserver nutzt, wird jeweils nur die IP-Adresse der Verfügungsbeklagten angezeigt.
11Die Leistungen der Verfügungsbeklagten werden weltweit von einer Vielzahl renommierter Unternehmen und (auch staatlicher) Institutionen, darunter auch dem Deutschen Bundestag, genutzt, weil die Verfügungsbeklagte die Möglichkeit einer Beschleunigung des Webdatenverkehrs sowie der Stabilisierung von Webseiten bietet, unter anderem durch Abwehr und Abschwächung von Cyberangriffen. Die Dienste der Verfügungsbeklagte werden ferner von einer Vielzahl von Domains genutzt, die illegale Inhalte ihren Benutzern anbieten. Nach einem Bericht der EU-Kommission vom 07.12.2018 (Counterfeit and Piracy Watch List) nutzten 62 % der „top 500 infringing domains based on Alexa rankings“ die Dienste der Verfügungsbeklagten.
12Die Verfügungsbeklagte eröffnet des weiteren Verkehrskreisen unentgeltlich die Möglichkeit, über DSL-Internet-Zugänge nach Voreinstellung der Ziffernfolge 1.1.1.1 Zugang zum Internet zu erhalten anstelle den DNS-Server des jeweiligen Access-Providers zu nutzen (DNS-Resolver). Dieser empfängt die Domain-Anfrage des Nutzens und startet einer Abfragefolge durch Anfrage an einen DNS-Root-Nameserver. Die Zuordnung der IP-Adresse zu der jeweiligen Domain kann bis zu zehn Zwischenschritte unter Einschaltung weiterer Server erfordern. Das Ergebnis wird an den DNS-Resolver Verfügungsbeklagten weitergeleitet, welcher dem Webbrowser mit der IP-Adresse der ursprünglich angeforderten Domain antwortet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 05.12.2019, Seite 6 ff. (Bl. 548 ff. GA) Bezug genommen.
13Die Nutzung des DNS-Resolvers wird von der Verfügungsbeklagten für Endnutzer unentgeltlich angeboten. Nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Verfügungsbeklagte den mit ihren Kunden geschlossenen Verträgen sowie auch den Nutzern des DNS-Resolvers 1.1.1.1 zugrunde legt, ist die Verfügungsbeklagte zur Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt, sofern der jeweilige Internetauftritt u.a. zu Urheberrechtsverletzungen genutzt wird (Anlage AST 8 war, Bl. 274 ff. GA).
14Die Leistungen der Verfügungsbeklagten als Nameserver und D1 nutzt auch der Dienst E unter der Domain E.to.
15Das Geschäftsmodell des Dienstes E ist auf die illegale Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ausgerichtet, es handelt sich um eine sogenannte Warez-Seite. Auf der Webseite E.to werden Hyperlinks zu illegalen Download-Angeboten urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen, in mehreren Kategorien, unter anderem nach Aktualität, klassifiziert und eine Suchfunktion angeboten. Den Angaben auf der Webseite zufolge hält diese über 1 Million Download-links mit den neuesten Charts, Alben und Hörbüchern zum Download, auch in verlustfreien Audioformaten (losless) bereit (Anlage AST 4, Bl. 233 ff. GA). Die Schnelligkeit des Downloads können Nutzer der Webseite durch entgeltliche Premium-Angebote verbessern.
16Die Webseite E.to hat kein Impressum und bietet kein Abuse-Formular für Rechteinhaber. Die Webseite ist derzeit in Russland gehostet. In der Vergangenheit hat der Dienst E mehrfach den Hostprovider gewechselt. Auch für die Dauer des Wechsels war die Erreichbarkeit der Webseite E.to ohne Beeinträchtigungen infolge der Einbindung der Verfügungsbeklagten gewährleistet.
17Das Musikalbum der Künstlerin Sarah Connor „HERZ KRAFT WERKE“ bzw. „HERZ KRAFT WERKE deluxe“, an dem die Verfügungsklägerin ausschließliche Leistungsschutzrechte der Tonträgerhersteller für die Bundesrepublik Deutschland geltend macht, wurde am 31.05.2019 veröffentlicht.
18Am 05.06.2019 war das Musikalbum unter der URL E.to als „Album der Woche“ unter Verweis auf die URL nitroflare.com… wie im Tenor bezeichnet abrufbar, jeweils unter Einbindung des DNS-Resolvers 1.1.1.1. Wegen der Einzelheiten wird auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn L vom 26.06.2019 (Anlage AST 2, Bl. 222f GA) Bezug genommen.
19Die Verfügungsklägerin ließ die Verfügungsbeklagte durch ihre Verfahrensbevollmächtigten per E-Mail vom 06.06.2019 (Anlage Ast 5, Bl. 254 ff GA) sowie per Fax, jeweils in deutscher und englischer Sprache auf die Rechtsverletzung hinweisen und forderte sie zur Sperrung binnen 24 Stunden auf.
20Am 13.06.2019 war das streitgegenständliche Musikalbum unverändert unter der in der E-Mail vom 06.06.2019 der Verfügungsbeklagten bezeichneten Quelle abrufbar. Am 14.06.2019 und 17.06.2019 war das Musikalbum über die auf der Webseite E.to angegebenen Links, wie im Tenor bezeichnet, zusätzlich abrufbar.
21Der Aufruf der Webseite E.to war dabei jeweils unter Voreinstellung eines DSL-Internetanschlusses unter der Ziffer 1.1.1.1 möglich.
22Die Verfügungsklägerin ließ die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 19.06.2019 (Anlage Ast 6, Bl. 259 ff GA) abmahnen und zur Auskunftserteilung auffordern.
23Die Verfügungsbeklagte teilte mit E-Mail vom 20.06.2019 (Anlage AST 7, Bl. 272f GA) der Verfügungsklägerin mit, dass sie nicht für Inhalte ihrer Kunden verantwortlich sei und verwies die Antragstellerin an den Host Provider oder Webseiten-Betreiber. Zugleich teilte die Verfügungsbeklagte die E-Mail-Adresse sowie Anschrift des Host Providers in Pakistan mit.
24Die Verfügungsbeklagte bietet im Rahmen eines „Trusted Reporter Programs“ von ihr als vertrauenswürdig eingestuften Rechteinhabern (-Verbänden) die Meldung von rechtsverletzenden Webseiten an sowie die Mitteilungen zu Informationen der Webseiten, einschließlich der ursprünglichen IP-Adresse. Zu den „Trusted Reportern“ zählt auch der Verband der Tonträgerindustrie der Vereinigten Staaten, deren Mitglied die Verfügungsklägerin ist. Die Verfügungsklägerin nutzte dieses Meldeformular nicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019 lehnte die Verfügungsbeklagte die Mitteilung der IP-Adresse der Domain E.to ab und verwies auf das Trusted Reporter Program. In der Vergangenheit hatte die Verfügungsklägerin mehrfach bereits Anfragen an die Verfügungsbeklagte, den Dienst die E betreffend in Bezug auf Rechtsverletzungen, andere Werke betreffend, gestellt. Die Verfügungsbeklagte teilte in keinem Fall die IP-Adresse des Betreibers der Webseite mit.
25Die Verfügungsklägerin behauptet, sie sei Inhaberin des Leistungsschutzrechts als Tonträgerhersteller im Sinne von §§ 85, 16, 19a UrhG für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland an den Tonaufnahmen streitgegenständliche Musikalbums. Zur Glaubhaftmachung nimmt die Verfügungsklägerin Bezug auf einen Auszug der Datenbank Phononet (Anlage AST 2, Bl. 222 GA) und legt im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019 eine Doppel-CD mit Tonaufnahmen des streitgegenständlichen Musikalbums vor (Kopien Bl. 576f GA).
26Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, ihr stünden gegen die Verfügungsbeklagte die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu. Diese nehme unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe vor, indem sie trotz Kenntnis von konkreten Rechtsverletzungen das rechtsverletzende Internetangebot ihres Kunden aufrechterhalte. Dies gelte umso mehr, als auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019 das streitgegenständliche Musikalbum noch über den Dienst E.to abrufbar sei. Zur Glaubhaftmachung nimmt die Verfügungsklägerin Bezug auf eine weitere eidesstattliche Versicherung des Herrn L vom 04.12.2019 (Anlage AST 9). Die Verfügungsklägerin meint, die Verfügungsbeklagte hätte ab Kenntnis des auf der Webseite E.to vorgehaltenen Download-Links auf ihren Vertragspartner, den Betreiber des Dienstes E, hinsichtlich einer Beendigung der rechtsverletzenden Angebote einwirken müssen und den erneuten Upload verhindern müssen.
27Das Bereitstellen von Hyperlinks zu unautorisiert hochgeladenen Medieninhalten durch die Betreiber des Dienstes E telle eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von §§ 15 Abs. 3, 19a UrhG dar. An diesen Rechtsverletzungen beteilige sich die Verfügungsbeklagte als Mittäterin, weil sie trotz voller Kenntnis der Rechtsverletzung bereits durch die Anonymisierung der Webseite und Kontrolle des Datenverkehrs die Rechtsverletzungen weiter fördere. Zumindest sei dieses Verhalten als Beihilfehandlung einzustufen; äußerst hilfsweise meint die Verfügungsklägerin, dass die Verfügungsbeklagte als Störerin auf Unterlassung haftet.
28Die Verfügungsklägerin meint weiter, eine Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten nach § 8 TMG sei nicht ausgeschlossen, weil die Verfügungsbeklagte als Vertragspartnerin des Dienstes E mehrstufig in die Auswahl der Adressaten, der Weiterleitung der Informationen eingreife und zudem umfangreich Inhalte der Webseite E.to auf eigenen Server spiegele.
29Die Verfügungsklägerin vertritt ferner die Auffassung, die Verfügungsbeklagte sei auch verpflichtet, es zu unterlassen, mittels des von ihr angebotenen DNS-Resolvers auf den Dienst E zu verweisen, weil die Verfügungsbeklagte auch damit erst den Zugang zu der rechtsverletzenden Webseite ermögliche. Die Verfügungsklägerin meint, eine Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten auf Unterlassung sei verhältnismäßig und zumutbar, weil, insoweit unstreitig, die Verfügungsbeklagte gegenüber ihren Vertragspartnern, dem Dienst E.to ebenso wie den Endnutzern des DNS-Resolvers bereits einen vertraglichen Anspruch auf Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen habe und nach Ziffer 8 ihrer AGB bereits ab dem ersten Hinweis zu Urheberrechtsverletzungen (DCMA notice) zu einer Beendigung des Vertragsverhältnisses berechtigt sei, weshalb die Verfügungsbeklagte auch nicht den Vorwurf vertragswidrigen Verhaltens ausgesetzt sei bei Befolgung des Unterlassungsbegehrens der Verfügungsklägerin. Die Verfügungsklägerin könne ohne weiteres werkbezogen auf den Betreiber der Webseite einwirken, indem sie diesen auffordere, das streitgegenständliche, unautorisierte Angebot einzustellen. Dies sei den Betreibern des Dienstes auch möglich durch Einsatz von Wortfiltern oder manueller Überprüfung erneuter Uploads. Angesichts der vertraglichen Beziehungen der Verfügungsbeklagten zu dem Domaininhaber sei die Verfügungsbeklagte auch notfalls zur Aufhebung der DNS-Auflösung verpflichtet, im Hinblick auf das Geschäftsmodell der Webseite E.to sei die Auswirkung auf rechtmäßig über die Domains abrufbare Inhalte ohnehin nicht zu befürchten.
30Die Verfügungsklägerin ist ferner der Ansicht, ihr stehe auch ein Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte zu, dass diese den Verweis auf das rechtswidrige Downloadangebot über den D DNS 1.1.1.1 unterlasse, solange die Betreiber des Dienstes E dieses Angebot aufrecht erhielten.
31Die Unterlassungspflicht, die an die Verletzung von Prüfpflichten anknüpfe, erstrecke sich auf die Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs müsse auch wirksam zur Vorbeugung gegen erneute Rechtsverletzungen beitragen
32Es sei zu befürchten, dass die Betreiber des Dienstes E entweder zu einem anderen HostProvider oder einem anderen Anonymisierungsdienst wechselten. Die Verfügungsklägerin meint, es stelle keinen ausreichend wirksamen Rechtsbehelf dar, wenn die Verfügungsbeklagte lediglich verpflichtet werde, über ihren Dienst D D1 den Zugang zu den rechtsverletzenden Download-Angeboten des streitgegenständlichen Musikalbums zu unterbinden. Der Verfügungsbeklagten sei möglich und zuzumuten, entsprechende Einstellungen des DNS-Resolvers vorzunehmen, damit Anfragen an die Domain E gar nicht erst einer zugeordnet würden.
33Die Verfügungsklägerin meint ferner, die von dem Bundesgerichtshof entwickelten Subsidiaritätskriterien zur Störerhaftung des Access-Providers fänden auf die Verfügungsbeklagte als die Rechtsverletzung fördernden Dienstleister keine Anwendung. Insbesondere sei die Verfügungsklägerin nicht gehalten gewesen, zunächst den Host- Provider auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen oder das von der Verfügungsbeklagten vorgesehenen Auskunftsverfahren zur Mitteilung der IP-Adresse zu beschreiten. Die Verfügungsbeklagte hätte, wenn sie hierzu bereit gewesen wäre, die IP-Adresse des Betreibers schon längst mitteilen können im Hinblick auf die Dauer des einstweilen Verfügungsverfahrens.
34Die Verfügungsklägerin beantragt,
35 36 37(Es folgen Internetadressen)
38 39 40Über den gegenwärtig „E“ genannten Internetdienst wie mit der Domain „E“ öffentlich zugänglich zu machen, wie geschehen unter den Hyperlingks
41(Es folgen Internetadressen)
42 43 44Über den gegenwärtig „E“ genannten Interntdienst wie mit der domain „E“ zu verweisen, wie geschehen unter den Hyperlinks
45(Es folgt eine Darstellung der Internetadressen)
463. der Antragsgegnerin aufzugeben, der Antragstellerin Auskunft über Namen, Anschrift und E-äMail-Adressen der Betreiber des derzeit „E“ genannten Dienstes, der am 05.06.2019 unter der Domain „E“ abrubar war.
47Die Verfügungsbeklagte beantragt,
48den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
49Die Verfügungsbeklagte vertritt die Auffassung, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei bereits nicht zulässig, das Verhältnis der Anträge zueinander sei unklar. Insbesondere fehle es an der Bestimmtheit des Antrags zu 2), weil die Verfügungsklägerin nicht präzisiert habe, was sie unter „verweisen“ verstehe und von der Verfügungsbeklagten fordere.
50Die Verfügungsbeklagte ist ferner der Ansicht, der Verfügungsklägerin stehe schon dem Grunde kein Verfügungsanspruch zu. Hierzu bestreitet die Verfügungsbeklagte die Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin sowie die Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs. Die Verfügungsbeklagte bestreitet, ein Hosting-Dienst zu sein. Sie behauptete, sie speichere nur flüchtig Inhalte von Webseiten im Rahmen von §§ 8, 9 TMG, auch erbringe sie keine Leistungen eines Host Providers. Sie speichere auf ihren 194 Server-Präsenzpunkten bestimmte statische Inhalte nur kurzzeitig. Audio- und Video- Inhalte seien grundsätzlich ausgenommen, weil die damit verbundenen Datenmengen sich für ein Effizienz steigerndes Caching nicht eigneten. Zur Glaubhaftmachung nimmt die Verfügungsbeklagte Bezug auf die eidesstattliche Versicherung ihres Head of Trust and Safety, Herrn Q, vom 04.12.2019.
51Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, aus diesem Grund sei ein Unterlassungsanspruch nach § 8 TMG bereits ausgeschlossen. Die Verfügungsklägerin sei vielmehr gehalten, sich mit dem Webseitenbetreiber und dem Host Provider auseinanderzusetzen. Zu einer Mitteilung der IP-Adresse sei die Verfügungsbeklagte weiterhin nicht veranlasst, hierzu müsste die Verfügungsklägerin das von der Verfügungsbeklagten vorgesehene, förmliche Verfahren einhalten.
52Die Verfügungsbeklagte ist ferner der Ansicht, eine Haftung in Analogie zu § 7 Abs. 4 TMG komme gleichfalls nicht in Betracht, weil § 8 TMG nicht leerlaufe. Denn Rechteinhaber könnten Ansprüche nach § 59 Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag geltend machen.
53Die Voraussetzungen für den Entfall einer Verantwortlichkeit nach § 8 TMG seien erfüllt, weil sich ihre Tätigkeit auf die automatische Weiterleitung von Dateninhalten beschränke, welche sie weder auswähle noch inhaltlich beeinflusse.
54Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, erst recht lägen die Voraussetzungen einer täterschaftlichen Haftung nicht vor. Der Dienst E sei zwar ihr Vertragspartner, aber sie kenne ihn nicht und habe keine Kenntnis vom dem Geschäftsmodell des Dienstes E. Urheberrechtsverletzungen, an denen die Webseite E.to möglicherweise beteiligt sei, seien der Verfügungsbeklagten nicht zuzurechnen.
55Die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass ihr die Einhaltung eine Unterlassungsverpflichtung möglich sei. Im Hinblick auf die Größe des Unternehmens mit 20 Millionen Webseiten, die sie anbinde, sei es der Verfügungsbeklagten schon nicht möglich, einzelne Vertragspartner im Hinblick auf bestimmte Urheberrechtsverletzungen zu kontaktieren oder diese auch nur zu überwachen.
56Die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass eine Sperre der Auflösung spezifischer URL bei dem DNS-Resolver 1.1.1.1 möglich sei. Zur Glaubhaftmachung nimmt die Verfügungsbeklagte Bezug auf ein Schaubild (Schriftsatz vom 05.12.2019 Seite 7, Bl. 547 GA sowie die eidesstattliche Versicherung des Head of Trust and Safety der Verfügungsbeklagten, Herrn Q vom 04.12.2019, Bl. 570 ff. GA).
57Schließlich ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, das Unterlassungsbegehren der Verfügungsklägerin sei auch unverhältnismäßig. Der Dienst der Verfügungsbeklagten sei ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell. Maßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen müssten im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit streng zielorientiert sein, indem sie die Rechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zur erlangen. Der Verfügungsbeklagten sei eine Sperrung konkreter Einzelinhalte auf der Grundlage der Struktur ihrer Leistungen und Dienste nicht möglich. Das Begehren der Verfügungsklägerin sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil diese wegen eines einzelnen Musikalbums letztlich darauf abziele, einen kompletten Dienst, nämlich die Webseite E.to abschalten zu lassen. Denn anders könne tatsächlich die Unterlassungsverpflichtung nicht umgesetzt werden.
58Darüber hinaus fehlt es auch an einem Verfügungsgrund. Da die Verfügungsklägerin im Ergebnis jedenfalls hinsichtlich des Antrags zu 2) eine mit einer DNS- Sperre vergleichbare allumfassende Sperrmaßnahme in Bezug auf die gesamte Webseite E begehre, sei maßgeblich die erstmalige Kenntnis von rechtsverletzenden Inhalten der Verfügungsklägerin auf dem Dienst E und nicht die Kenntnis des Download-Angebotes, das konkrete Musikalbum betreffend. Weil die Verfügungsklägerin hinsichtlich weiterer Leistungsschutzrechte vielfach eine Beeinträchtigung ihrer Rechte durch den Betreiber E.to schon in der Vergangenheit erfahren habe, ohne insoweit im Wege der einstweiligen Verfügung dagegen vorzugehen, habe die Verfügungsklägerin in dringlichkeitsschädlicher Weise zu erkennen gegeben, dass ihr die Rechtsverfolgung nicht eilig sei. Eine werkbezogene Beurteilung der Dringlichkeit sei im Hinblick auf das von der Verfügungsklägerin vertretene Repertoire nicht angezeigt.
59Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Glaubhaftmachungsmittel Bezug genommen.
60E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
61Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig (A), hat in der Sache jedoch nur teilweise Erfolg (B).
62A. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.
631.
64Das Landgericht Köln ist international und örtlich zuständig (§ 32 ZPO).
65Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2016, I ZR 43/14 - An Evening with Marlene Dietrich, juris Rn. 17). Zur Begründung der Zuständigkeit reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt. Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2010 – VI ZR 23/09, juris Rn. 10 m.w.N.)
66Die Verfügungsklägerin stützt ihre Ansprüche darauf, dass das streitgegenständliche Musikalbum über die im Tenor aufgeführte Internetseite unter den in der Antragsschrift angegebenen URL ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin öffentlich zugänglich gemacht worden sei und diese in Deutschland abrufbar waren. Damit ist die internationale und zugleich örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln nach § 32 ZPO eröffnet, denn eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit des Internetauftritts im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts ist im Rahmen der Geltendmachung von Urheberverletzungen nicht Voraussetzung für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit (vgl. BGH a.a.O, juris Rn. 17). Ob die Verfügungsbeklagte tatsächlich im Rahmen der von Klägerseite vorgetragenen täterschaftlichen oder (hilfsweise) Störer-Haftung für die Abrufbarkeit des streitgegenständliche Musikalbums über die Seite E verantwortlich ist, ist hingegen eine Frage der Begründetheit
672.
68Die Anträge zu 1) – 3) sind hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
69Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 S. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Verfügungsbeklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Verfügungsbeklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Der Gebrauch von allgemeinen Begriffen im Verfügungsantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung kann genügen, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Besteht zwischen den Parteien Streit über die Bedeutung von allgemeinen Begriffen, muss der Kläger die Begriffe hinreichend konkret umschreiben und gegebenenfalls mit Beispielen unterlegen oder sein Begehren an der konkreten Verletzungshandlung orientieren (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 5/15 – World of Warcraft I, juris Rn, 28 m.w.N.).
70Nach diesen Grundsätzen sind die Unterlassungsanträge hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
71a. Die von der Verfügungsklägerin im Unterlassungsantrag zu 1a und b sowie 3) gewählten Formulierungen sind ohne weiteres selbsterklärend.
72b. Auch soweit die Verfügungsklägerin mit Antrag zu 1c) hilfsweise die Verfügungsbeklagte im Rahmen der Störerhaftung auf Unterlassung in Anspruch nimmt, Dritten zu ermöglichen, das streitgegenständliche Werk öffentlich zugänglich zu machen, ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt. Im Rahmen der Störerhaftung ist davon auszugehen, dass die konkreten Prüfungspflichten nicht zum Gegenstand des Unterlassungsantrages gemacht werden müssen. Diese können nicht immer im Erkenntnisverfahren hinreichend präzise bestimmt werden und sich daher auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. OLG Köln Urteil vom 31.08.2018 – 6 U 4/18 m.w.N.). Die Unterlassungspflicht des Störers, die an die Verletzung von Prüfpflichten anknüpft, bezieht sich auf die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung und zur Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen (BGH, Urteil vom 15.08.2013, I ZR 80/12 – File-Hosting-Dienst, juris Rn. 12). Deren Inhalt ist eine Frage der Begründetheit (OLG Köln, Urteil vom 31.08.2018 – 6 U 4/18 m.w.N.). Auch die Frage, ob die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten Unmögliches verlangt, ist nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 15).
73c. Auch der Unterlassungsantrag zu 2) ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
74Aus der zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Antragsbegründung ergibt sich, dass das Rechtsschutzziel der Verfügungsklägerin darauf gerichtet ist, dass die Verfügungsbeklagte die Auflösung des Domain-Namens “E.to“ mittels DNS-Servern unterlassen solle, die über die DSL-Voreinstellung 1.1.1.1 unmittelbar von Endnutzer-Geräten angesprochen werden.
75Auch insoweit gilt, dass die Frage, ob der Verfügungsbeklagten die Befolgung des Unterlassungsgebots tatsächlich möglich ist, keine Frage Zulässigkeit des Antrags.
76B.
77Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nur teilweise begründet.
781.
79Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagte aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung i.V.m. §§ 97 Abs. 1, 19a, 85 Abs. Abs. 1 S. 1 i.V.m. 31 Abs. 3 UrhG ein Anspruch auf Unterlassung zu, Dritten zu ermöglichen, über die im Tenor aufgeführte Domain E.to das streitgegenständliche Musikalbum öffentlich zugänglich zu machen, wie unter den im Tenor angegebenen URL geschehen (Antrag zu 1c), im Übrigen ist der Unterlassungsantrag zu 1a und b) unbegründet.
80Die Verfügungsklägerin ist als Inhaberin der Leistungsrechte des Tonträgerherstellers in der Bundesrepublik Deutschland zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums aktivlegitimiert. Gemäß § 10 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 UrhG ist für das einstweilige Verfügungsverfahren von der Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin auszugehen, weil diese auf Vervielfältigungsstücken des Tonträgers mit dem streitgegenständlichen Musikalbum als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte bezeichnet ist. Dies hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht durch Vorlage einer Doppel-CD (Kopie Bl. 576f GA) mit Aufnahmen des streitgegenständlichen Musikalbum im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019. Sowohl auf dem Cover, als auch auf den CDs selbst ist jeweils die Verfügungsklägerin als Inhaberin exklusiver Rechte („under exclusive license to Universal Musik GmbH“.) bezeichnet.
81Die Verfügungsbeklagte ist als eingetragener Nameserver für die Domain E.to sowie Betreiber des D D1 und des DNS-Resolver passivlegitimiert.
82Tonaufnahmen des streitgegenständlichen Musikalbums „HERZ KRAFT WERKE“ bzw. „HERZ KRAFT WERKE deluxe“ wurden sowohl von den Download-Anbietern, auf die die streitgegenständliche Domain E.to verweist, als auch durch die Betreiber des Dienstes E selbst nach §§ 85 Abs. 1 S. 1, 15, 19 a UrhG öffentlich zugänglich gemacht.
83Der Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung in §§ 85 Abs. 1 S. 1, 15, 19 a UrhG ist einheitlich zu verstehen. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 19 a UrhG). Es handelt sich um einen Unterfall der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG.
84Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung des Herrn L vom 26.06.2019 (Bl. 222 ff. GA, Anlage AST 2) glaubhaft gemacht, dass unter den im Tenor und den Anträgen zu 1) und 2) aufgeführten URL das streitgegenständliche Musikalbum anderen Internetnutzern zum Download angeboten worden ist, wobei auf der Webseite E.to die Verweise (Links) auf die Seiten nitroflare und share-online auf illegale Filesharing-Tauschbörsen Bezug nehmen.
85Die Nutzer der Online-Filesharing-Tauschbörse haben damit in die der Verfügungsklägerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zustehenden Verwertungsrechte der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) eingegriffen.
86Im Rahmen der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe, wie er in § 15 Abs. 2 und 3 UrhG definiert ist, ist davon auszugehen, dass auch die Betreiber des Dienstes „E.to“ das streitgegenständliche Musikalbum öffentlich zugänglich gemacht haben im Sinne von §§ 85 Abs. 1, 15 Abs. 3, 19 a UrhG.
87Der Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 3 UrhG ist in Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Amtsblatt EG Nummer L 167 Seite 10; im Folgenden: Richtlinie 2001/29) in das Urheberrechtsgesetz eingefügt worden (BGBl. I s. 1774 vom 10.09.2013). In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist geregelt, dass die Mitgliedstaaten vorsehen, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.
88Ausgehend von dem Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung ist der Begriff der öffentlichen Wiedergabe in Art. 15 Abs. 3 UrhG nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu bestimmen. Dabei ist zunächst unerheblich, dass der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 2001/29 - anders als die Richtlinie selbst - eine nähere Definition der öffentlichen Wiedergabe und insbesondere der Öffentlichkeit in § 15 UrhG geregelt hat. Denn die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen sind. Es ist mithin nicht Sache der Mitgliedstaaten und damit auch nicht diejenige des deutschen Gesetzgebers, den in der Richtlinie 2001/29 verwendeten, dort aber nicht definierten Begriff „öffentlich“ zu definieren (vergleiche dazu EuGH, Urteil vom 17. 12.2006 - C-306/05 - SGAE, Rn. 31).
89Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 04.10.2011, C-403/08 und C-429/08, Football Association Premier League, Rn. 185 ff.; Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting Brein, juris Rn. 22 ff) sind daher Sinn und Tragweite dieses Begriffs mit Blick auf die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, und den Zusammenhang, in den sich die auszulegende Vorschrift einfügt, zu bestimmen. Dabei ist zunächst wegen des Hauptziels der Richtlinie 2001/29, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke u. a. bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten, ein weites Verständnis des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe zu Grunde zu legen.
90Ausgehend von den Erwägungsgrund 9 und 10 der Richtlinie 2001/29, deren Hauptziel darin besteht, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke unter anderem bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten, ist der Begriff der öffentlichen Wiedergabe weit zu verstehen (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610/15, Stichting Brein u.a., juris Rn. 22 m.w.N.). Aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe zwei kumulative Tatbestandsmerkmale vereint, nämlich eine Handlung der Wiedergabe eines Werks und die Öffentlichkeit der Wiedergabe (EuGH, Urteil vom 26.04.2017 Stichting Brein, C-527/15, juris Rn. 29). Um zu beurteilen, ob ein Nutzer eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe vornimmt, sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Dabei erfordert der Begriff der öffentlichen Wiedergabe eine individuelle Beurteilung. Unter Anwendung der Kriterien hat der Gerichtshof zunächst die zentrale Rolle des Nutzers und die Vorsätzlichkeit seines Handelns hervorgehoben. Zur Öffentlichkeit hat er ferner ausgeführt, dass diese eine bestimmte Zahl potentieller Leistungsempfänger bedeutet und ferner aus recht vielen Personen bestehen muss. Die öffentliche Wiedergabe erfordert ferner, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder ansonsten für ein neues Publikum wiedergegeben wird, an das die Rechteinhaber nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten. Schließlich hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass nicht unerheblich sei, ob eine Wiedergabe Erwerbszwecken diene (EuGH, Urteil vom 26.04.2017, C-527/15 – Stichting Brein, Rn. 28 ff; Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting, juris Rn. 23 ff.)
91Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der EuGH für den Dienst „The Pirate Bay“ entschieden, dass die von dem Dienst „The Pirate Bay“ vorgenommene Bereitstellung und das Betreiben einer Online-Filesharing-Plattform eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG der über diese Plattform abrufbaren Werke darstellt und daher gegen das Urheberrecht verstoßen kann (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting Brein/ZiggoBV u.a., juris Rn. 47). Hierzu hat er ausgeführt, dass die Handlung der Wiedergabe darin liege, dass die Betreiber der Online-Filesharing-Plattform „The Pirate Bay“ durch deren Bereitstellung und Betrieb ihren Nutzern nicht nur einen Zugang zu den betreffenden Werken anbieten, sondern beim Zugänglichmachen der abrufbaren Werke eine zentrale Rolle spielten. Diese gründe darauf, dass die Plattform Torrent-Dateien indexiere und durch Einteilung der Werke in Kategorien die Nutzung der Filesharing-Plattform wesentlich erleichtert werde, zudem die Plattform die Aktualität und Vollständigkeit der Torrent-Datei überwache. Die fraglichen geschützten Werke würden auch tatsächlich öffentlich wieder gegeben, weil die Plattform von einer beträchtlichen Anzahl von Personen (mehr als 10 Millionen Peers) genutzt werde. Auch liege eine Wiedergabe an ein „neues Publikum“ vor, weil die Betreiber der Online-Filesharing-Plattform „The Pirate Bay“ in voller Kenntnis handelten, dass ein sehr großer Teil der Torrent-Dateien auf Werke verweise, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht worden seien. Schließlich werde die Plattform mit dem Ziel der Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610 / 15, juris Rn. 48).
92Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil nach dem Vortrag der Verfügungsklägerin, glaubhaft gemacht durch Vorlage von Screenshots des Internetauftritts der Webseite die E.to (Anlage Ast 4, Bl. 233 ff GA), davon auszugehen ist, dass der Dienst E.to zwar keine Filesharing-Plattform in dem Sinne ist, dass unmittelbar Inhalte vorgehalten werden, jedoch „wie eine Spinne im Netz“ die Angebote diverser Filesharing-Plattformen koordiniert, kategorisiert und die diversen, im Netz verfügbaren Angebote für Nutzer übersichtlich zusammengestellt im Wege von Linksammlungen und damit einfacher erreichbar macht. Die Betreiber des Dienstes nehmen damit eine Handlung der Wiedergabe und spielen zugleich eine zentrale Rolle in der Zugänglichmachung der im Internet abrufbaren Werke im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Die Leistungen des Dienstes E.to erfolgen auch mit Gewinnerzielungsabsicht, weil die Nutzer durch Abschluss kostenpflichtiger Premium-Accounts Wartezeiten umgehen und schnellere Downloads vornehmen können (Anlage AST 4, Bl. 236 GA). Die Angebote des Betreibers der Webseite E.to werden auch tatsächlich öffentlich wiedergegeben, wie nicht zuletzt dadurch belegt ist, dass der von der Klägerin beauftragte Ermittler, Herr L1, mehrfach das rechtswidrige Angebot über den Dienst E erreicht hat. Schließlich liegt auch eine Wiedergabe an ein neues Publikum vor, weil die Betreiber der Webseite E.to in voller Kenntnis handeln, dass die auf ihrer Webseite vorgehaltenen Links auf Werke verweisen, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht wurden; die Betreiber der Webseite werben gerade damit, „die aktuellste Warezseite für Musik im deutschsprachigen Raum, mit einem Download-Archiv Filmmusik sämtlicher Genres“ zu sein (Anlage Ast 4, Bl. 233 GA).
93Da die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes im Hinblick auf die im Urheberrecht bestehende Vollharmonisierung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ richtlinienkonform auszulegen sind (vgl. EuGH, Urteil v. 13.02.2014, C-466/12 – Svensson u.a.; Dreier/Schulze, UrhG, 5. Auflage § 15 Rn. 29 m.w.N.) ist für den Streitfall davon auszugehen, dass die Betreiber des Dienstes „E“ auch das streitgegenständliche Musikalbum „HERZ KRAFT WERKE“ bzw. „HERZ KRAFT WERKE DELUXE“ öffentlich wiedergegeben haben im Sinne § 15 Abs. 2,3 UrhG und Art. 3 Abs. 1 RL 2001/29/EG, in der Form der öffentlichen Zugänglichmachung nach §§ 85 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 2, 3, 19 a UrhG.
94Der Eingriff in das der Verfügungsklägerin zustehende, ausschließliche Verwertungsrecht war rechtswidrig, da, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, die Verfügungsklägerin hierzu ihre Zustimmung nicht erteilt hatte.
95Die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen die Verfügungsbeklagte ist nicht bereits gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 TMG ausgeschlossen.
96Die Verfügungsbeklagte ist Diensteanbieterin im Sinne von § 2 Abs. 1 TMG, weil sie Zugang zur Nutzung fremder Telemedien bereithält bzw. den Zugang zur Nutzung der auf der Webseite E.to abrufbaren Inhalte vermittelt.
97Gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 TMG ist die Verfügungsbeklagte als Diensteanbieterin für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermittelt oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermittelt nicht verantwortlich, soweit sie (1) die Übermittlung nicht veranlasst, (2) den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und (3) die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert hat.
98Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der einzelnen Voraussetzungen der Haftungsprivilegierung umschreibenden Tatbestandsmerkmale des § 8 TMG trifft im Zivilprozess den Diensteanbieter (Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, § 8 TMG Rn. 45).
99Die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten nach §§ 8, 9 TMG liegen nicht vor. Schon auf Grundlage der eigenen Darstellung der Verfügungsbeklagten (Anlage AST 1, Bl. 207 ff GA „D Support - wie funktioniert D“) sowie auch unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung des Herrn Q vom 04.12.2019, beschränkt sich der Dienst der Verfügungsbeklagten nicht auf flüchtige, automatisierte Speicherungen. Vielmehr greift die Verfügungsbeklagte auf Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit ihren Kunden, den Betreibern der Webseiten, in vielfacher Hinsicht in den Datentransfer zwischen Nutzern und Webseiten-Betreibern ein.
100Zum einen ist bereits davon auszugehen, dass die Verfügungsbeklagte an der Auswahl des Adressaten der übermittelten Informationen beteiligt ist, indem D einen Teil der anfragenden Nutzer und damit Adressaten der Webseiteninhalte „aussortiert“, nach eigener Darstellung auch unter Berücksichtigung der anfragenden IP-Adresse, und sei es nur, weil nach bestimmten Kriterien diese für „bösartig“ oder auch nur unerwünscht eingestuft wurden. Die Kehrseite dieser Maßnahmen ist, dass die Verfügungsbeklagte, und nicht etwa der Webseitenbetreiber entscheidet, an wen die Informationen des Webseitenangebotes übermittelt werden, u.a. in Abhängigkeit von den IP-Adressen der Besucher, welche in dem D-Rechenzentrum „gescant“ werden („D Support, Anlage Ast 1, Bl. 209 GA).
101Des Weiteren hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte nicht nur vorübergehende, flüchtige Speicherungen von Webseiteninhalten vornimmt, sondern nach eigener Darstellung „so viel wie möglich“ auf lokalen Speichern des D1 (Anlage Ast 1, Bl. 209 GA). So hält sie bei vorübergehender Nichterreichbarkeit einer Webseite die Inhalte vor, was zwangsläufig mit einer Auswahl und Veränderung der Informationen einhergeht. Dem Vortrag der Verfügungsklägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019, dass in der Vergangenheit ein mehrfacher Wechsel des Host Providers für den Dienst E nicht zu einem Abbruch der Erreichbarkeit führte, weil die Inhalte der Webseite von D derweil vorgehalten wurden, ist die Verfügungsbeklagte nicht mehr entgegengetreten.
102Darüber hinaus bietet die Verfügungsbeklagte ihren Vertragspartnern den Einsatz von „D Firewall rules“ an und hält hierzu „Filter“ vor (wie aus Anlage AST 1, Bl. 220 GA), unter anderem zum Ausschluss bestimmter Website-Adressaten, welche nur von der Verfügungsbeklagten selbst umgesetzt werden können.
103Im Ergebnis sind die Kriterien nach § 8 TMG, die für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit kumulativ vorliegen müssen, vorliegend nicht gegeben. Denn die Vertragsleistungen, welche die Verfügungsbeklagte als Nameserver mittels ihres D1 erbringt sind zwecks Optimierung und Beschleunigung des Internetauftritts ihrer Vertragskunden mit Eingriffen in die Übertragung der Informationen von und zu den Webseiten ihrer Kunden notwendig verbunden, teils in dem die Verfügungsbeklagte den Internetauftritt gewährleistet, obgleich die Webseite der Kunden als solche (vorübergehend) nicht mehr aufrufbar ist. Die Verfügungsbeklagte ist damit kein - neutraler - Diensteanbieter im Sinne von § 8 TMG und nimmt nicht lediglich Zwischenspeicherungen zur beschleunigten Übermittlung von Informationen bzw. Speicherung von Informationen im Sinne von §§ 9, 10 TMG vor, weil der Eingriff der Verfügungsbeklagten in die von und zu ihren Kunden übermittelten Informationen wesentlich umfassender ist.
104Für die öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Tonaufnahmen haftet die Verfügungsbeklagte deshalb nach allgemeinen Grundsätzen auf Unterlassung.
105Die Verfügungsbeklagte hat in adäquat kausaler Weise dazu beigetragen, dass die Betreiber des Dienstes „E“ und die dort verlinkten Download-Anbieter das streitgegenständliche Musikalbum ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin öffentlich zugänglich gemacht haben. Denn die Webseite E.to ist ausschließlich über den Dienst der Verfügungsbeklagten im Internet aufrufbar, weil diese als Nameserver der Webseite eingetragen ist und zudem sämtlicher Internetverkehr von und zu der Webseite E.to über die Server der Verfügungsbeklagten geleitet wird. Die Einschaltung der Verfügungsbeklagten ist damit adäquat kausal für die öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Tonaufnahmen im Sinne von § 19a UrhG.
106Das Geschäftsmodell der Verfügungsbeklagten ist nicht von vornherein auf die Unterstützung von Urheberrechtsverletzungen ausgelegt. Die Anonymisierung der IP-Adressen ist nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Verfügungsbeklagten eine zwangsläufige Folge der Einbindung der D D1 und als solche nicht mit der Intention der Förderung von Rechtsverletzungen installiert. Die Verfügungsbeklagte trifft als Anbieter von Internetdienstleistungen, die ein anerkanntes Geschäftsmodell betreiben, keine allgemeine Prüfungs- und Überwachungspflicht hinsichtlich der Inhalte der Domains, für die sie als Nameserver sowie D1-Server tätig ist.
107Eine täterschaftliche Haftung der Verfügungsbeklagten kommt nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht. Zwar geht die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer der Störerhaftung grundsätzlich vor (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.08.2013, I ZR 80/12, File-Hosting-Dienst, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 26.11.2015 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 19). Dies setzt indes voraus, dass die Verfügungsbeklagte die beanstandete Rechtsverletzung selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2009 I ZR 57/07 – Cybersky, juris Rn. 18).
108Die Verfügungsbeklagte hat, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, das Download-Angebot des streitgegenständlichen Musikalbums nicht selbst erstellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Verfügungsbeklagte im Rahmen eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses als Mittäterin (§ 25 Abs. 2 StGB) einen Beitrag zur öffentlichen Zugänglichmachung geleistet habe, sind gleichfalls nicht ersichtlich. Eine täterschaftliche Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten scheidet damit aus.
109Die Verfügungsbeklagte haftet entgegen der Ansicht der Verfügungsklägerin auch nicht gemäß § 27 StGB, § 830 Abs. 2 BGB als Gehilfin der von Dritten begangenen Rechtsverletzungen. Die Gehilfenhaftung setzt die wissentliche und willentliche Unterstützungshandlung zu einer vorsätzlichen Straftat voraus. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Es reicht insbesondere nicht aus, dass die Verfügungsbeklagte, insoweit unstreitig, nachdem sie von Seiten der Verfügungsklägerin über die im Tenor eingeblendeten Rechtsverletzungen informiert worden war, untätig geblieben ist. Da die Verfügungsbeklagte als Nameserver und D1 keine anlasslose Überprüfungs- und Überwachungspflicht traf (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris zur vergleichbaren Situation des Access-Providers), vermochten die Hinweise der Verfügungsklägerin auf mögliche Rechtsverletzungen zwar eine Nachforschungs- und Überprüfungspflicht von Seiten der Verfügungsbeklagten auszulösen, deren Nichterfüllung indes nicht eine Gehilfenhaftung, sondern lediglich eine Störerhaftung begründen kann. Denn die fehlende Überprüfung der Hinweise der Verfügungsklägerin auf deren Stichhaltigkeit ersetzt auf Seiten der Verfügungsbeklagten nicht die für eine Gehilfenhaftung vorauszusetzende positive Kenntnis von der unterstützten Straftat. Denn abzustellen ist insoweit nicht auf die durch die Abmahnung vermittelte Kenntnis von einer ohne Abstimmung oder Wissen der Verfügungsbeklagten bereits begangenen Straftat, sondern auf die positive Kenntnis der Verfügungsbeklagten, dass die Rechtsverletzung nicht nur von Klägerseite behauptet, sondern tatsächlich erfolgt war und noch andauerte. Das gilt zum einen im Hinblick darauf, dass in einem BitTorrent-Netzwerk keine Gewähr für Dauer und Umfang der jeweiligen Download-Angebote und damit auch der über die Webseite der E.to vorgehaltenen Links besteht, sondern diese von dem jeweiligen Nutzerverhalten abhängen. Zum anderen waren die von der Verfügungsklägerin erteilten Hinweise zu Rechtsverletzungen, abrufbar in Form von Links über die streitgegenständlichen Domain E.to, auch wenn sie vorliegend stichhaltig erschienen, nur Vortrag einer Partei.
110Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagte jedoch unter dem Aspekt der Störerhaftung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, es zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, das streitgegenständliche Musikalbum öffentlich zugänglich zu machen.
111Nicht entscheidend ist, ob diese öffentliche Zugänglichmachung durch die Verfügungsbeklagte selbst veranlasst worden ist, soweit die Verfügungsbeklagte von der Verfügungsklägerin lediglich als Störerin in Anspruch genommen wird. Für die Annahme der Störerhaftung ist im Grundsatz vorbehaltlich der Frage, ob Prüfpflichten verletzt sind, jeder Tatbeitrag ausreichend ist, um eine Störerhaftung zu begründen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 31.08.2018, 6 U 4/18, juris Rn. 110 m.w.N.). Insoweit reicht für die Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten aus, dass die Betreiber der Webseite E.to das streitgegenständliche Musikalbum im Wege von Hyperlinks ihrerseits öffentlich zugänglich gemacht haben im Sinne von §§ 15, 19a UrhG.
112Die Störerhaftung wird richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet und findet im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 S. 1 BGB - weiter Anwendung (BGH, Urteil vom 26.01.2015, I ZR 41/15, Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 74).
113Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, wird die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störerin Anspruch genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 22.07.2010 – I ZR 139/08 - Kinderhochstühle im Internet I, juris Rn. 45; BGH, Urteil vom 17.08.2011, I ZR 57/09 – Stiftparfum; BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 21 m.w.N.).
114Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31 EG. Art. 14 RL 2000/31/EG lässt nach seinem Abs. 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 21; BGH, 01.03.2016, VI ZR 34/15 - www.jameda.de II, juris Rn. 19 m.w.N.).
115Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
116Die Verfügungsbeklagte hat, wie bereits ausgeführt, einen adäquat kausalen Beitrag zu den streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen geleistet durch Auflösung der Domain als Server und Gewährleistung der aufrufbaren der Webseite und deren Inhalte als D1. Die Funktion der Verfügungsbeklagten ist in einigen Punkten der eines Access-Providers vergleichbar. Auch die Verfügungsbeklagte verfolgt ein anerkanntes, nicht von vornherein auf Urheberrechtsverletzungen ausgerichtetes Geschäftsmodell, das für das Funktionieren des Internets wesentlich ist, weil Internetnutzer sich Namen grundsätzlich besser merken können als Zahlenkombinationen von IP-Adressen. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Verfügungsbeklagte, insofern anders als ein Access-Provider, nicht nur eine reintechnische Dienstleistungen erbringt, sondern aus vorstehenden Gründen auf Auswahl der Adressaten sowie Umfang der Speicherung Einfluss nimmt, hat jedoch auf den Inhalt der Darstellung der Webseite keinen Einfluss. Vor diesem Hintergrund dürfen der Verfügungsbeklagten keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 – L´Oréal/eBay, juris Rn. 139; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II m.w.N.).
117Eine Prüfpflicht der Verfügungsbeklagten im Hinblick auf die Tätigkeit als Nameserver und D D1, verbunden mit der Unterstützungsleistungen zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums über die Webseite E.to, deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem die Verfügungsbeklagte von der Verfügungsklägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf das konkrete Musikalbum hingewiesen worden war (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access.-Providers, juris Rn. 27). Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte mit E-Mails vom 06.06.2019 und Schreiben vom 19.06.2019 (Anlagen AST 5f, Bl. 254 ff GA) auf die streitgegenständliche Rechtsverletzungen aufmerksam gemacht, dabei das streitgegenständliche Musikalbum genau bezeichnet unter Angabe der Fundstellen der rechtsverletzenden Links auf der Webseite E.to und unter Darlegung ihrer Aktivlegitimation als Inhaberin der ausschließlichen Rechte des Tonträgerherstellers.
118Der Verfügungsbeklagten war im Hinblick auf die Offenkundigkeit der Rechtsverletzung auch eine anlassbezogene Prüfpflicht zumutbar. Dies gilt umso mehr, als auch nach Vorbringen der Verfügungsbeklagten es sich bei der Webseite E.to um eine strukturell urheberrechtsverletzende Webseite handelt und dieser Umstand der Verfügungsbeklagten entgegen ihrer anderslautenden Einlassung nicht verborgen geblieben sein kann. Denn im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019 hat die Verfügungsklägerin unwidersprochen vorgetragen, dass sie in der Vergangenheit die Verfügungsbeklagte schon mehrfach wegen Rechtsverletzungen in Zusammenhang mit anderen Werken in Bezug auf die Webseite E.to abgemahnt habe.
119Bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung sind die betroffenen Grundrechte der EU-Grundrechtecharta zu prüfen sowie die Grundrechte nach deutschem Grundrechtsverständnis zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris Rn. 31f m.w.N.). Die Verfügungsklägerin kann sich als Rechteinhaberin bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen, die das geistige Eigentum schützen. Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder Schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH GRUR 2014, 468 – UPC-Telekabel, juris Rn. 61; BGH, Urteil vom 26.11.2015 I ZR 174/14, juris Rn. 36).
120Auf Seiten der Verfügungsbeklagten ist das in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht der Berufsfreiheit, sowie das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU- Grundrechtecharta zu berücksichtigen. Diese erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmens, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen. Bei Art und Umfang des aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwandes für die Durchsetzung einer Sperranordnung handelt es sich um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH a.a.O. juris Rn. 37). Zu berücksichtigen ist andererseits, dass gegebenenfalls eine Sperranordnung einem Diensteanbieter die Verpflichtung zu Maßnahmen von wirtschaftlich, technisch und organisatorisch hohem Aufwand auferlegen kann, ohne dass der Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit tangiert wird (vgl. EuGH GRUR 2014, 468 – UPC Telekabel, juris Rn. 49 ff).
121Bei der von der Verfügungsklägerin begehrten Unterlassung handelt es sich nicht um eine der Verfügungsbeklagten rein tatsächlich nicht mögliche Handlung, die dieser deshalb unzumutbar wäre.
122Da die Verfügungsbeklagte vertragliche Beziehungen zu dem Betreiber der Webseite E.to unterhält, ist als mildestes Mittel der Verfügungsbeklagten möglich, den Betreiber zu kontaktieren und auf eine Entfernung der beanstandeten Links hinzuwirken. Das Argument der Verfügungsbeklagten, im Hinblick auf die Vielzahl ihrer Kunden sei ihr Kontaktaufnahme zu einem Kunden im Hinblick auf eine Urheberrechtsverletzung nicht möglich, ist rein tatsächlich nicht nachzuvollziehen, sondern lediglich eine Frage buchhalterischer Organisation, die gegebenenfalls die Verfügungsbeklagte in entsprechendem Aufwand vorhalten muss. Auch ist davon auszugehen, dass die Verfügungsbeklagte Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu ihren Kunden ohnehin vorsieht, sei es auch nur im Hinblick auf abrechnungstechnische Modalitäten.
123Darüber hinaus ist der Verfügungsbeklagten, die für den Dienst E.to als Nameserver eingetragen ist, die Sperrung der Auflösung der Domain tatsächlich möglich und auch wirtschaftlich zumutbar. Hierzu hat die Verfügungsklägerin vorgetragen, die Sperrung der streitgegenständlichen Domains erfordere nur einen geringen technischen und wirtschaftlichen Aufwand. Dem ist die Verfügungsbeklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Sperrung der Auflösung einer Domain im Hinblick auf das Geschäftsvolumen der Verfügungsbeklagten, welches diese mit einer achtstellige Zahl von Domains angibt, wirtschaftlich ins Gewicht fallen könnte.
124Gegen die Zumutbarkeit der Einstellung der Funktion als Nameserver spricht auch nicht der Umstand, dass der Dienst E.to ggfls. unter der eigenen (dann sichtbaren) IP-Adresse erreichbar sein könnte. Denn die zu treffenden Sperrmaßnahmen müssen nur hinreichend effektiv sein, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen, nicht erforderlich ist hingegen, dass Rechtsverletzungen vollständig abgestellt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 27.03.2014, C-314/12 - UPC-Telekabel, juris Rn. 63). Bei der Beurteilung der Effektivität von Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten abzustellen. Der Störer kann sich nicht darauf berufen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme nicht die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts verhindere, weil anderenfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris Rn. 47). Weder die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit, wie das auf Ausweichen auf andere Domains, noch etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten sprechen gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung, sondern stärken vielmehr die Notwendigkeit den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen (BGH, a.a.O., juris Rn. 48 f zur Inanspruchnahme eines Access-Providers).
125Im Rahmen der Zumutbarkeit ist ferner grundsätzlich zu berücksichtigen, inwieweit durch die Sperrmaßnahmen auch rechtmäßige Inhalte auf den Domains blockiert werden. Da Sperrmaßnahmen das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta und Art 5 Abs. 1 S. 1 GG) betreffen, müssen solche Maßnahmen, die der Anbieter von Internet-Zugangsdiensten ergreift, streng zielorientiert sein, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen. Solche dürfen den Internetnutzern „nicht unnötig“ vorenthalten werden. Voraussetzung einer Sperrung ist aber nicht, dass ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden, weil andererseits sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodelle hinter wenigen legalen Angeboten verstecken könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 27.03.2014, C-314/12 – UPC Telekabel, juris Rn. 56, 63). So liegt der Fall indes hier.
126Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei dem Dienst E.to um eine „Warezseite“, d.h. eine strukturell urheberrechtsverletzende Seite handelt, deren Geschäftsmodell ist, auf Download-Angebote zu urheberrechtlich geschützten Werken zu verweisen, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber zwischen den Nutzern getauscht werden. Die Beeinträchtigung der Rechte von Nutzern, die auf legalem Wege den Dienst E.to nutzen könnten, ist damit de facto ausgeschlossen.
127Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten, kann die Verfügungsbeklagte ihren Dienst (Nameserver und D1) im Falle eines Verstoßes gegen die Vertragsbedingungen kündigen und ihren Service jederzeit beenden. Dies etwa, wenn der Betreiber der Webseite gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, insbesondere Urheberrechtsverletzungen begeht. Dabei ist die Verfügungsbeklagte nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen schon im Zeitpunkt der ersten Meldung einer Rechtsverletzung zu einer Einstellung ihres Services berechtigt (Ziffer 8 AGB). Auch läuft die Verfügungsbeklagte nicht Gefahr, wegen einer Einstellung ihres Service auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, weil der Betreiber der Webseite E.to mit seinen Geschäftsmodell offensichtlich gegen seine Verpflichtung zur Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen, die er vertraglich gegenüber der Verfügungsbeklagten übernommen hat, verstößt.
128Die Grundsätze, die für die Prüfung der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen gelten, die von einem Access-Provider vorgenommen werden sollen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers), sind aus diesem Grund auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn von vornherein schuldet die Verfügungsbeklagte, anders als ein Access-Provider als Telekommunikationsunternehmen seinen Kunden, den (dritten) Internetnutzern nicht die Erleichterung des Zugangs über die von ihrem Vertragspartner betriebene Webseite E.to.
129Bei der Abwägung sind aus diesem Grund nicht die Rechte der Internetnutzer, sondern die Grundrechte des Betreibers der Webseite auf Meinungsfreiheit und gegebenenfalls Berufsfreiheit in Bezug auf die Bereitstellung rechtmäßiger Inhalte abzuwägen. Hier gilt indes, dass die Rechtsordnung keine Geschäftsmodelle billigt, die auf einer Verletzung von Rechten Dritter gründen (BGH, Urteil vom 15.01.2009, I ZR57/07 – Cybersky, juris Rn. 33).
130Der Verfügungsbeklagten werden durch die Verpflichtung, es zu unterlassen, dem Betreiber des Dienstes „E“ über die streitgegenständliche Domain E.to zu ermöglichen das streitgegenständliche Musikalbum öffentlich zugänglich zu machen, in der Sache auch keine mit ihrer Tätigkeit nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Prüfpflichten auferlegt. Denn aufgrund ihrer vertraglichen Bindungen zu dem Betreiber der Webseite E braucht die Verfügungsbeklagte nicht in eine eigene Sachprüfung einzutreten, ob das streitgegenständliche Musikalbum weiterhin über den Internetdienst „E“ abrufbar ist, sondern kann von ihrem Vertragspartner, dem Betreiber der Webseite, den Nachweis verlangen kann, dass das streitgegenständliche Musikalbum über dessen Webseite nicht mehr zum Download angeboten wird und bis zu diesem Nachweis die Auflösung der Domain in zulässiger Weise verweigern. Denn der Betreiber der Webseite darf sich nicht, ebenso wenig wie die Verfügungsbeklagte, an Urheberrechtsverletzungen beteiligen, wie auch ausdrücklich in den jeweiligen AGB der Verfügungsbeklagten festgehalten ist.
131Schließlich kann sich die Verfügungsbeklagte auch nicht darauf berufen, dass sie im Hinblick auf die von der Verfügungsklägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche nur subsidiär hafte, weil die Verfügungsklägerin nicht in hinreichendem Maße gegen Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen, wie den Betreiber der Webseite oder den Hostprovider vorgegangen sei.
132Zunächst ist festzuhalten, dass die Störerhaftung gegenüber der Inanspruchnahme des Täters oder anderer an der Rechtsverletzung Beteiligter im Grundsatz nicht subsidiär ist (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris Rn. 82). Im Falle des Betreibers einer Internetplattform, in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (BGH, Urteil vom 27.03.2007, VI ZR 101/06, juris Rn. 13; Urteil vom 26.11.2015, I ZR 177/14, juris Rn. 82). Eine subsidiäre Haftung besteht dagegen für den Access-Provider, der weder wie der Betreiber beanstandeter Webseiten die Rechtsverletzung selbst begangen noch zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen hat. Insoweit kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 26.11.2015, juris Rn. 82) unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine Inanspruchnahme des Access-Providers deshalb nur in Betracht, wenn die des Betreibers der Webseite oder des Hostproviders scheitert oder jede Erfolgsaussicht fehlt und anderenfalls ein Rechtsschutzlücke entstehen würde.
133Nach diesen Grundsätzen ist nicht von einer nachrangigen Haftung der Verfügungsbeklagten auszugehen. Die Verfügungsbeklagte erbringt in gleicher Weise auf vertraglicher Grundlage Dienstleistungen für den Betreiber der streitgegenständlichen Webseite, wie etwa der Host Provider. Sie ist infolge der Anonymisierung der IP-Adresse des Betreibers der Webseite E.to, welche die Verfügungsbeklagte auf vertraglicher Grundlage vornimmt ebenso wie die Gewährleistung des gesamten Datenverkehrs über den D D1 näher an der streitgegenständlichen Rechtsverletzung als der Hostprovider, welche Inhalte lediglich auf seinem Server speichert. Darüber hinaus bestehen für die Verfügungsklägerin keine Erfolgsaussichten hinsichtlich der Inanspruchnahme sonstiger Beteiligter, die im Verhältnis zu der Verfügungsbeklagten näher an der streitgegenständlichen Rechtsverletzung wären. Die IP-Adresse des Betreibers hat die Verfügungsbeklagte auch im Termin zur mündlichen Verhandlung der Verfügungsklägerin nicht mitgeteilt und dies, insoweit unstreitig, auch im Rahmen von Abmahnungen gleichgearteter Rechtsverletzungen, den Dienst E betreffend, nicht getan. Vor diesem Hintergrund war von der Verfügungsklägerin auch nicht zu verlangen, dass diese neben den Nutzungen des Abuse-Formulars ein weiteres von der Verfügungsklägerin vorgehaltenes Verfahren zur Meldung der Rechtsverletzung durchlief. Offensichtlich besteht von Seiten der Verfügungsbeklagten insoweit keine Kooperationsbereitschaft zur Mitteilung der IP-Adresse des Betreibers der Webseite E.to.
134Die Verfügungsklägerin war nicht darauf zu verweisen, einen in Pakistan oder Russland ansässigen Host-Provider vorrangig auf Unterlassung zu verklagen, weil die Effektivität des Rechtsschutzes dort fraglich und eine zeitnahe Umsetzung des Unterlassungsanspruchs der Verfügungsklägerin nicht gewährleistet war. Dies gilt umso mehr, als aufgrund des mehrfachen Wechsels des Host Providers in der Vergangenheit von Seiten des Betreibers des Dienstes E für die Verfügungsklägerin zu befürchten war, dass ein gegen den Hostprovider erwirkter Unterlassungstitel tatsächlich wegen zwischenzeitlichen Wechsels des Hostproviders ins Leere laufen würde. Hingegen ist die Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten, welche in der Vergangenheit die Erreichbarkeit der Seite dE.to auch bei Host Provider-Wechseln gewährleistet hatte, für die Verfügungsklägerin wesentlich erfolgversprechender.
135Abschließend ist festzuhalten, dass durch die der Verfügungsbeklagten auferlegten Sperrmaßnahmen auch die Interessen des Betreibers der Webseite E.to auf Zugang zum Internet nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Der Betreiber hat es selbst in der Hand, die DNS-Sperre dadurch aufheben zu lassen, dass er gegenüber der Verfügungsbeklagten den Nachweis erbringt, dass das streitgegenständliche Musikalbum über seinen Internetauftritt „E“ nicht mehr abrufbar ist. Eine solch geringfügige Einschränkung wie die vorübergehende Suspendierung wäre im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts hinzunehmen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.10.2014, 1 U 25/14, juris Rn. 54).
136Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verfügungsbeklagte verpflichtet war, die Auflösung der Domain im Rahmen ihrer Tätigkeit als Nameserver spätestens nach Zugang der Abmahnung der Verfügungsklägerin vom 19.06.2019 einzustellen, weil die Verfügungsbeklagte als Störerin zur Verletzung der Rechte der Verfügungsklägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums über die streitgegenständlichen Domain beigetragen hat und die von der Verfügungsklägerin begehrte Unterlassung der Verfügungsbeklagten zumutbar ist.
137Die Verfügungsbeklagte hat gegen Prüfpflichten verstoßen. Der Verfügungsbeklagten waren weitergehende Prüfungspflichten zuzumuten, weil sie geschäftlich tätig wird und in einer vertraglichen Beziehung zu dem Betreiber der Webseite steht, des Weiteren mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. (Vergleiche hierzu OLG Köln, Urteil vom 31.08.2018, 6 U 4/18, juris Rn. 118 mit weiteren Nachweisen) verstoßen. Auch nach Hinweis auf die Rechtsverletzungen von Seiten der Verfügungsklägerin mit E-Mail vom 06.06.2019 und Schreiben vom 19.06.2019 war das streitgegenständliche Musikalbum weiter über die Webseite dE.to und den dort angegebenen, im Tenor aufgeführten Links abrufbar. Hierzu hat die Verfügungsbeklagte durch weitere eidesstattliche Versicherung des Herrn L vom 04.12.2019 (Anlage Ast 9) glaubhaft gemacht, dass auch am Vortag der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2019 das streitgegenständliche Musikalbum über den Dienst E.to weiterhin im Rahmen einer Linksammlung abrufbar ist.
138Der Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Unterlassung steht ferner nicht entgegen, dass diese die Entfernung der Links auf der Webseite E nicht selbst vornehmen kann, sondern die eigentliche Handlung von dem Betreiber der Webseite zu erfolgen hat. Insoweit ist ausreichend, dass die Verfügungsbeklagte in der Lage ist, dies zu veranlassen, indem sie an den Betreiber der Webseite, ihren Vertragspartner, herantritt. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist diese nicht allein wegen des Umfangs der geschäftlichen Tätigkeit und der Vielzahl ihrer Vertragspartner davon entbunden, auf einzelne Rechtsverletzungen, zu denen sie als Störerin ihren Beitrag leistet, hinzuweisen.
139Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 33 - Clone-CD; BGH Urteil vom 21.04.2016, I ZR 100/15 - Notarielle Unterlassungserklärung, juris Rn. 29). Eine solche hat die Verfügungsbeklagte indes nicht abgegeben.
1402.
141Soweit die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten Unterlassung der Verweisung auf den Internetdienst E.to verlangt, steht der Verfügungsklägerin gleichfalls im zuerkannten Umfang ein Unterlassungsanspruch zu, solange das streitgegenständliche Musikalbum über den Internetdienst „E“ und die im Tenor angegebenen URL abrufbar bleibt, gemäß §§ 85 Abs. 1, 15, 19a UrhG zu.
142Die Verfügungsbeklagte ist als Betreiberin des DNS-Resolvers auch insoweit passivlegitimiert.
143Aus vorstehenden Gründen steht der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte ein Unterlassungsanspruch zu, mittels des DNS-Resolvers an der Auflösung der Domain mitzuwirken und die IP-Adresse dem Webbrowser des Nutzers mitzuteilen, denn die Auflösung der Domain ist für den Nutzer der erste Schritt zum Abruf der auf der Webseite E.to vorgenommenen, öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständliche Musikalbums. Auch durch den Einsatz des DNS-Resolvers, unabhängig von ihrer Tätigkeit als Nameserver und des D war auch D1, leistet die Verfügungsbeklagte einen adäquat ursächlichen Beitrag zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständliche Musikalbums.
144Weil die Verfügungsbeklagte die Auflösung der Domain mittels des DNS-Resolvers unabhängig davon vornimmt, ob sie vertragliche Beziehungen zu dem Betreiber einer Webseite unterhält, ist die Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Unterlassung der Verweisung auf den Dienst E auch nicht zeitlich oder vom Umfang her beschränkt auf eine bestehende Vertragsbindung der Verfügungsbeklagten zu dem Betreiber des Dienstes E und auch unabhängig davon, welche Hostprovider oder sonstigen Anonymisierungsdienst der Betreiber nutzt.
145Die Grundsätze, nach denen die Verfügungsbeklagte aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zur Unterlassung verpflichtet ist, gelten wie vorstehend ausgeführt. Insbesondere hat die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte auch mit Schreiben vom 06.06.2019 und 19.06.2019 auf die Beteiligung der Verfügungsbeklagten an der Beteiligung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung durch Einsatz des DNS-Resolvers hingewiesen.
146Die Verfügungsklägerin hat auch insoweit glaubhaft gemacht, dass mittels des DNS-Resolvers das streitgegenständliche Musikalbum weiterhin über die Webseite E.to erreichbar ist.
147Aus vorstehenden Gründen hat die Verfügungsbeklagte gegen ihre Prüfpflichten verstoßen, indem sie trotz offenkundiger Hinweise auf eine Rechtsverletzung keine ihr möglichen und zumutbaren Schritte dahingehend unternommen hat zu verhindern, dass über den von ihr betriebenen DNS-Resolver die Webseite E.to angesprochen werden konnte.
148Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist dieser die Einrichtung einer DNS-Sperre sowohl möglich als auch zumutbar.
149Schon nach der Funktionsweise, wie sie die Verfügungsbeklagte darlegt, ist davon auszugehen, dass dieser mit einfachen technischen Mitteln, z.B. dem Einsatz von Wortfiltern zu E möglich ist, die Auflösung der Domain mittels des DNS-Resolvers zu unterlassen. Dabei kann das Vorbringen der Verfügungsbeklagten als zutreffend unterstellt werden, dass die Informationen zu der IP-Adresse in bis zu zehn Schritten von anderen Servern abgefragt werden müssen. Denn der DNS-Resolver ist bei Einstellung 1.1.1.1 der Erstkontakt des Nutzers, welcher eine Domain anfragt und auch derjenige, der das Ermittlungsergebnis dem Webbrowser des Nutzers mitteilt.
150Die Verfügungsbeklagte hat es damit in der Hand, schon den ersten Schritt der Domainauflösung zu blockieren, in dem Anfragen von Seiten des DNS-Resolvers gar nicht erst weitergeleitet werden.
151Die Verfügungsbeklagte läuft auch nicht Gefahr, von den Nutzern des DNS-Resolvers im Zusammenhang mit der Einrichtung einer DNS-Sperre zu dem Dienst E auf Schadensersatz wegen vertragswidrigen Verhaltens in Anspruch genommen zu werden. Denn nach 2.5.4 und 8 ihrer AGB sind auch die Nutzer des DNS-Resolver der Verfügungsbeklagten verpflichtet, Urheberrechtsverletzungen zu unterlassen und sich nicht an solchen zu beteiligen. Die Inanspruchnahme eines strukturell auf Urheberrechtsverletzungen gerichteten Dienstes ist aber zwangsläufig mit eigenem, rechtswidrigem Verhalten verbunden, welches weder unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts der Berufsfreiheit, noch der Information- oder Meinungsfreiheit geschützt ist. Aus diesem Grund läuft die Verfügungsbeklagte mit Einsatz der DNS-Sperre auch nicht Gefahr, von dem Betreiber der Webseite E in Regress genommen zu werden.
152Der Verfügungsbeklagten werden auch insoweit keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt. Denn auch hier gilt, dass die Verfügungsbeklagte nicht eigenständig Nachforschungen anstellen muss, ob das streitgegenständliche Musikalbum über den Internetdienst „E“ weiterhin abrufbar ist, sondern unabhängig von einer vertraglichen Beziehung zu dem Betreiber der Webseite E von diesem den Nachweis verlangen kann, dass das streitgegenständliche Musikalbum über den Dienst „E“ nicht mehr zum Download angeboten wird und bis zu diesem Nachweis eine Auflösung der Domain im Hinblick auf das offensichtlich Urheber rechtswidrige und illegale Geschäftsmodell des Dienstes verweigern kann.
1533.
154Die Verfügungsklägerin hat schließlich gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Drittauskunft gemäß §§ 101 Abs.1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 UrhG.
155Die Voraussetzungen der Drittauskunft liegen dem Grunde nach vor. In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann der Auskunftsanspruch auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, § 101 Abs. 7 UrhG
156Aus vorstehenden Gründen liegt eine offensichtliche Rechtsverletzung vor. Unbestritten trägt die Verfügungsklägerin vor, dass der Dienst E eine bekannte Warez-Seite sei, auf der Musikaufnahmen nicht mit Zustimmung der Rechteinhaber abrufbar sind, sondern als Raubkopien. Die Verfügungsklägerin hat ferner vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass sie der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums unter den im Tenor aufgeführten Hyperlinks nicht zugestimmt habe, weshalb diese rechtswidrig ist.
157Die Verfügungsbeklagte erbringt als Nameserver und Vertragspartner des Dienstes E in gewerblichem Ausmaß Dienstleistungen, die für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzt werden. Dies erschließt sich ohne weiteres daraus, dass ohne Einschaltung der Verfügungsbeklagten die Webseite E nicht aufrufbar ist.
158Die Verfügungsklägerin kann gemäß § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG von der Verfügungsbeklagten wie beantragt Auskunft über Name und Anschrift des Betreibers der Dienstes E verlangen. Dies gilt indessen nicht für die begehrte Auskunft über die E-Mail-Adresse des Betreibers. Dem Wortlaut nach handelt es sich dabei weder um Name noch Anschrift. Der Umfang der Verpflichtung zur Auskunftserteilung hängt davon ab, wie der Begriff Anschrift im Sinne von § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG auszulegen ist.
159Die Vorschrift zur Drittauskunft dient der Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 2004/48 EG und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG dürfen die Mitgliedsstaaten über das durch die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie begründete Schutzniveau hinausgehen, es aber nicht unterschreiten. (EuGH-Vorlage des BGH mit Beschluß vom 21.02.2019, I ZR 153/17, YouTube-Drittauskunft, juris). Im Hinblick auf die Rechtsnatur des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist eine Aussetzung nicht möglich. Weil der BGH die Frage nicht abschließend entschieden hat, war vorliegend der Anspruch im einstweilen Verfügungsverfahren hinsichtlich der Auskunftserteilung zur E-Mail-Adresse zurückzuweisen.
160IV. Es liegt schließlich auch ein Verfügungsgrund vor.
161Dieser ist gegeben, wenn zur Abwendung einer Gefährdung der Gläubigerinteressen eine vorläufige Sicherung im Eilverfahren notwendig ist. Es müssen Umstände bestehen, die nach dem objektiven Urteil eines vernünftigen Menschen befürchten lassen, dass die Verwirklichung des Individualanspruches durch bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustandes gefährdet ist (vgl. Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl. 2018, § 935 Rn. 6, § 940 Rn. 5 m.w.N.).
162Auch wenn in diesem Bereich bestimmte Fristen nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und auch des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Köln nur als Anhaltspunkt dienen können, ist in der Regel von fehlender Dringlichkeit auszugehen, wenn der Unterlassungsgläubiger ohne zwingende Gründe einen Zeitraum von mehr als einem Monat ab Kenntnis der Rechtsverletzung bis zur Antragstellung verstreichen lässt (OLG Köln, GRUR-RR 2010, 493 – Ausgelagerte Rechtsabteilung; OLG Köln, Beschluss vom 18.06.2015 – 6 W 64/15).
163Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer Verfügung fristwahrend eingegangen. Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung des Herrn L vom 26.06.2019 (Anlage AST 2, Bl. 222f GA) glaubhaft gemacht, dass sie Kenntnis von der Rechtsverletzung erstmals am 05.06.2019 erlangt hat. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist (vollständig) binnen Monatsfrist am 28.06.2019 bei Gericht eingegangen.
164Die Frage der Dringlichkeit ist werkbezogen zu beurteilen (a.A. OLG München (Urteil vom 7. Oktober 19, 29 U 1661/19, BeckRS 2019, 25462), weil jedes Werk ein eigener Streitgegenstand ist. Aus dem Umstand, dass ein Rechteinhaber wegen einer Verletzung von Urheberrechten, ein anderes Werk betreffend, gegen den Betreiber einer Webseite nicht binnen einer im einstweiligen Verfahren gebotenen Frist vorgegangen ist, lässt sich nicht ableiten, dass der Rechteinhaber die Durchsetzung ihm zustehender Rechte insgesamt nicht für dringlich erachtet. Zum einen mag es durchaus Gründe geben, für einzelne Werke, auch im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten, kein einstweiliges Verfügungsverfahren anzustreben, gegebenenfalls weil im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtsverletzung das Werk nicht mehr die für eine Vermarktung notwendige Aktualität aufweist.
165Im vorliegenden Fall handelt es sich um Tonaufnahmen einer bekannten, nachgefragten Künstlerin, die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Erstveröffentlichung illegal im Internet zum Download angeboten wurden, vermittelt auch über die Webseite E.to. Es wäre nach Ansicht der Kammer lebensfremd vor diesem Hintergrund anzunehmen, dass der Rechteinhaber kein Interesse an einer zügigen Durchsetzung ihm zustehender Unterlassungsansprüche habe. Das Gegenteil hat die Verfügungsklägerin durch die nachhaltige Verfolgung ihrer Ansprüche in diesem Verfahren dokumentiert.
166IV.
167Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711, soweit der Antrag auf Erlass einer einstweilen Verfügung abgelehnt worden ist.
168Streitwert: bis 100.000,00 €