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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen auf der Internetseite eines Dritten und auf Erstattung von Abmahnungskosten in Anspruch.
3Die Klägerin ist ein Matratzenhersteller mit Sitz in Berlin. Sie vertreibt ihre Produkte, u.a. die „C“, unter der Website „www.C1.de“ sowie über einen Shop auf dem B.
4Die Beklagten sind Gesellschaften der B-Gruppe und jeweils in Luxemburg ansässig. In unterschiedlichen Rollen und Aufgabenbereichen sind sie am Betrieb der Online-Verkaufsplattform „B“ - in Deutschland unter „www.B.de“ aufrufbar - beteiligt.
5Die Beklagte zu 1) ist für den technischen Betrieb der Website „www.B.de“ zuständig. Sie ist zudem technisch und administrativ für das B-Partnerprogramm verantwortlich. In dessen Rahmen steht es Dritten, sog. Affiliates, frei, auf der eigenen Website Links auf Angebote der Plattform B, sog. Affiliate-Links, zu setzen. Wird dadurch ein Kauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis (Pay-per-Sale Geschäftsmodell). Grundlage dessen ist die „Vereinbarung zur Teilnahme am B-Partnerprogramm“ (Anlage B3), als deren alleinige Vertragspartnerin der Affiliates die Beklagte zu 1) fungiert. Die Vereinbarung kommt durch eigeninitiative Registrierung und Bestätigung der Bedingungen durch den Affiliate zustande, eine etwaige vorangehende Prüfung durch die Beklagte zu 1) erfolgt nicht. Im Rahmen des Partnerprogramms entscheidet der Affiliate selbstständig und weisungsfrei darüber, ob und wie er auf B-Angebote verlinkt. Die Vereinbarung sieht insbesondere keine Vorgaben für die Gestaltung der Affiliate-Website und den Umfang der Verlinkungen, keine Weisungsbefugnis der Beklagten zu 1) und keine Ausschließlichkeit des B-Partnerprogramms gegenüber anderen Partnerprogrammen vor. Die Vereinbarung beinhaltet, dass das Verhältnis zwischen Partner und Beklagter zu 1) das unabhängiger Vertragspartner ist. Der Partner muss gewährleisten, dass bei Erstellung, Pflege und Betrieb der Webseite nicht gegen anwendbare gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Vorschriften etc. verstoßen wird. Gemäß Ziffer 2 behält sich die Beklagte zu 1) bei Nichteinhaltung der Vereinbarung vor, „neben allen anderen, uns zur Verfügung stehenden Rechten und Rechtsbehelfen“ die Vergütung einzubehalten.
6Die Beklagte zu 2) agiert auf der Website „www.B.de“ als Verkäuferin. Sie vertreibt die Produkte, die mit der Information „Verkauf und Versand durch B“ gekennzeichnet sind und nicht in Shops von Dritthändlern angeboten werden. Teilweise übernimmt sie für Dritthändler Lagerung und Versand ihrer Produkte gegen Zahlung einer Vergütung. Zu den Produkten zählen auch Matratzen.
7Die Beklagte zu 3) betreibt den B. Auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit ihr („B Services Europe Business Solutions Vertrag“, Anlage K7) bieten Dritthändler ihre Produkte in eigenen unter „www.B.de“ aufrufbaren Shops an. Neben einer monatlichen Abonnement-Gebühr erhält die Beklagte zu 3) für jeden Geschäftsabschluss einen prozentualen Anteil am Kaufpreis als Provision. Die Dritthändler werden in der Vereinbarung verpflichtet, jedwede Form der Werbung inklusive Affiliate-Werbung zu dulden. Auch hier wird in Ziffer 13 angegeben, dass die Parteien unabhängige Unternehmer sind.
8Der Betreiber der Website „www.t.de“ war im September 2019 ein Affiliate-Partner im Rahmen des B-Partnerprogramms. Die Internetseite gemäß Anlage K 1 befasste sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen und entsprach zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin. Ihre eigentliche Zweckrichtung ist zwischen den Parteien jedoch streitig.
9Neben der Kategorie „Magazin“ enthielt die Website die Kategorie „Matratzen“. Auf der dazugehörigen Unterseite waren zum einen diverse Informationen zum Thema „Matratzen“ zu finden. Zum anderen enthielt sie ein Ranking der drei vermeintlich besten Matratzen des Jahres 2019 unter der Überschrift „Matratze 2019: Die besten Matratzen im Vergleich“. Den ersten Platz belegte dabei der Überschrift gemäß die „C“ der Klägerin. Unmittelbar unter der Überschrift befanden sich jedoch davon abweichend eine Abbildung sowie ein Text zum Produkt „Inofia Matratze“. Zudem waren ein grüner Button „Angebot“ und ein Button „bei B kaufen“ abgebildet, die wie die Abbildung Verlinkungen unmittelbar zum Angebot der „Inofia-Matratze“ auf der Verkaufsplattform B enthielten. Als zweitplatziert wurde die Matratze „Schlummerparadies“, als drittplatziert die Matratze „Irisette Lotus“ – diesmal mit zutreffendem Bild und Text – gelistet. Die Abbildung sowie ein Button „bei B kaufen“ enthielten jeweils wiederum Links unmittelbar zum einschlägigen B-Angebot. Es handelte sich hierbei stets um Affiliate-Links. Am unteren Seitenende sowie im Impressum befand sich jeweils der folgende Hinweis:
10„Die Redaktion von t.de arbeitet unabhängig von Herstellern. Dabei verlinken wir auf ausgewählte Online-Shops und Partner, von denen wir ggf. eine Vergütung erhalten.“
11Die „Inofia-Matratze“ sowie die Matratze „Schlummerparadies“ wurden durch Dritthändler auf dem B vertrieben. Den Versand der „Inofia-Matratze“ übernahm die Beklagte zu 2). Die Matratze „Irisette Lotus“ wurde durch die Beklagte zu 2) selbst verkauft und versandt.
12Die Kategorie „Matratzen“ enthielt weitere Unterkategorien zu spezifischen Matratzenarten (bspw. Federkern, Kaltschaum Gel etc.), welche vergleichbar aufgebaut waren und wiederum ein Ranking oder einen Test zu der gewählten Matratzenart enthielten. In den jeweiligen Rankings bzw. Tests befanden sich stets entsprechende Verlinkungen zum einschlägigen B-Angebot.
13Die Klägerin mahnte sämtliche Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 25.09.2019 ab und forderte sie unter Fristsetzung bis zum 02.10.2019 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Sie machte zudem Ersatz ihrer Rechtsverfolgungskosten geltend. Den Beklagten war der Inhalt der Website „www.t.de“ bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Die deutsche B-Rechtsabteilung meldete sich hierauf im Namen der Beklagten zu 1) nach gewährter Fristverlängerung mit dem Hinweis zurück, dass man den Betreiber der Website zur Beseitigung möglicherweise rechtswidriger Inhalte und Links aufgefordert habe. Eine Unterlassungserklärung wurde jedoch von keinem Beklagten abgegeben. In der Folge wurden sämtliche Verlinkungen auf B-Angebote von der Website „www.t.de“ entfernt.
14Die Klägerin ist der Auffassung, die Werbung auf der Website „t.de“ sei irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Website spiegle durch die redaktionell-informatorische Gestaltung objektive Rankings und Testergebnisse zur Steigerung ihrer Glaubwürdigkeit lediglich vor, um möglichst viele potenzielle Käufer zur Inanspruchnahme der Affiliate-Links zu animieren. Die Klägerin behauptet außerdem, die beanstandete Seite beschränke sich diesbezüglich ausschließlich auf B-Angebote und beziehe Produkte anderer Online-Händler nicht mit ein. Daher ist sie der Auffassung, dass es primärer Zweck der Internetseite sei, größtmögliche Provisionsbeträge im Rahmen des B-Partnerprogramms zu erzielen. Dies nehme der Verbraucher jedoch nicht wahr. Ferner kläre sie mangels Hinweises auf ihren Affiliate-Status auch nicht über wesentliche Informationen auf und verstoße so gegen § 5a Abs. 2 UWG. Außerdem betreibe sie verschleierte Werbung gemäß § 5a Abs. 6 UWG.
15Die internationale und örtliche Zuständigkeit seien gegeben, da sich der Schadenserfolg ausschließlich im Inland realisiere und die Website auf deutsche Verbraucher ausgerichtet sei.
16Die Klägerin ist ferner der Auffassung, die Beklagten seien taugliche Schuldner der geltend gemachten Ansprüche.
17Die Beklagte zu 1) fördere mit dem administrativen Betrieb des Partnerprogramms die Beklagte zu 2) und sonstige Matratzenhändler auf dem B und stehe damit in einem mittelbaren Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin. Der Websitebetreiber sei als Affiliate Beauftragter im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG und sein Verhalten dieser damit zuzurechnen. Auf die Kenntnis der Beklagten zu 1) vom Inhalt der Website sowie ein pauschales vertragliches Verbot rechtswidriger Handlungen komme es hierbei nicht an. Zudem habe die Beklagte zu 1) durch sinngemäße Vorgabe eines Standardhinweises über das Bestehen des Affiliate-Verhältnisses in Ziffer 5 der „Vereinbarung zur Teilnahme am B-Partnerprogramm“ selbst auf die Irreführung hingewirkt.
18Die Beklagte zu 2) stehe aufgrund des selbst vorgenommenen Vertriebes von Matratzen – wie der „Irisette Lotus“ – in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin. Diese behauptet, zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2) als Schwestergesellschaften bestehe ein Rechtsverhältnis über die Vornahme von Werbemaßnahmen durch erstere und ist der Auffassung, dies begründe in Form eines doppelten Auftragsverhältnisses eine Zurechnung des Verhaltens des Websitebetreibers nach § 8 Abs. 2 UWG.
19Die Klägerin behauptet auch das Vorliegen eines derartigen Rechtsverhältnisses zwischen den Beklagten zu 1) und zu 3) und meint diesbezüglich, in Form der dadurch betriebenen Förderung insbesondere anderer Matratzenhändler auf dem B liege der Grund für ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin sowie ein zurechnungsbegründendes doppeltes Auftragsverhältnis nach § 8 Abs. 2 UWG.
20Die Klägerin beantragt,
211. den Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese jeweils zu vollziehen an ihrem jeweiligen Geschäftsführer, zu untersagen, mit Testergebnissen und/oder Produktempfehlungen zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K1 dargelegt,
2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.743,43 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.05.2020 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagten rügen die internationale und örtliche Zuständigkeit des Gerichts. Sie meinen, allein die Aufrufbarkeit der Website begründe nicht die internationale Zuständigkeit. Die Beklagten hätten selbst ausschließlich in Luxemburg gehandelt. Eine unlautere Handlung der Beklagten selbst habe die Klägerin zudem nicht vorgetragen. Der beanstandete Wettbewerbsverstoß des Websitebetreibers könne den Beklagten nicht zuständigkeitsbegründend zugerechnet werden. Zudem sei das Gebot der Sachnähe zu beachten.
28Die Beklagten sind zudem der Auffassung, sie seien nicht tauglicher Anspruchsgegner.
29Die Beklagten zu 1) und zu 3) stünden nicht in einem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Förderung fremden Wettbewerbs.
30Da der Betreiber der Seite „www.t.de“ eigeninitiativ und selbstverantwortlich handle, nehme er keine fremden Interessen wahr und sei daher auch nicht als Beauftragter der Beklagten zu qualifizieren. Den verlinkten Händlern käme seine Tätigkeit allein reflexartig zugute. Zudem sei zu beachten, dass die Website gegenwärtig auf verschiedene Online-Händler verlinke, auf B-Angebote hingegen nicht mehr. Darüber hinaus treffe die Beklagten im Rahmen des Partnerprogramms keine proaktive Überwachungspflicht hinsichtlich ihrer Partner.
31Dem Rechtsstreit ist das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Mannheim (Urt. v. 11.12.2021 – 22 O 25/19) und dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urt. v. 13.05.2020 – 6 U 127/19) vorausgegangen. Das LG Mannheim wies den Verfügungsantrag der Klägerin zurück, weil es bereits seine internationale Zuständigkeit verneinte. Das OLG Karlsruhe nahm zwar die internationale Zuständigkeit an, lehnte jedoch die Zurechenbarkeit der auf der Website „www.t.de“ veröffentlichten Werbung bezüglich der Beklagten ab.
32Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe:
34Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
35A.
36Die Klage ist zulässig.
37I.
38Die internationale Zuständigkeit ist begründet.
39Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der EuGVVO (Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuGVVO). Die Beklagten haben ihren Gesellschaftssitz im Sinne des Art. 63 Abs. 1 EuGVVO in Luxemburg und sind daher zwar grundsätzlich an diesem Ort zu verklagen (Art. 4 Abs. 1 EuGVVO).
40Gemäß Art. 7 Nr. 2, 5 Abs. 1 EuGVVO kann jedoch gegen eine Person, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist oder ein Anspruch aus einer solchen Handlung Verfahrensgegenstand ist, am Gericht des Ortes geklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
41Der Begriff „unerlaubte Handlung“ ist autonom und weit auszulegen. Eine Klage aus unerlaubter Handlung oder gleichgestellter Handlung liegt vor, wenn eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag anknüpft. Erfasst sind insbesondere alle Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs (BGH NJW 2006, 2630, 2632 – Arzneimittelwerbung im Internet; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 47 f.).
42Auch der maßgebliche Begriff des „Ortes des schädigenden Ereignisses“ ist autonom auszulegen. Angeknüpft werden kann sowohl an den Handlungs- als auch den Erfolgsort. Handlungsort ist der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens, Erfolgsort der Ort der Verwirklichung des Schadens (MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 56 f.). Der Geschädigte hat grundsätzlich die Wahl, an welchem der beiden Orte er klagt (st. Rspr., vgl. bspw. EuGH GRUR Int. 2015, 1176 Rn. 38 – CDC Hydrogen Peroxide; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 54).
43Für die internationale Zuständigkeit der nationalen Gerichte kommt es grundsätzlich nur darauf an, ob der Kläger schlüssig vorgetragen hat, im Inland sei ein schädigendes Ereignis i.S.d. Verordnung eingetreten. Ob dies tatsächlich der Fall ist und eine Haftung nach sich zieht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prüfen ist (EuGH GRUR 2014, 806 Rn. 58 – Parfumflakon II; BGH NJW 2014, 2504 Rn. 17 – englischsprachige Pressemitteilung).
44Bei Wettbewerbsverstößen über das Internet liegt der Erfolgsort in jedem Land, auf welches sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß richtet, da die wettbewerblichen Interessen des Mitbewerbers auf diesem Markt beeinträchtigt werden (BGH NJW 2014, 2504 Rn. 24 – englischsprachige Pressemitteilung).
45Hinsichtlich der deutschsprachigen Website mit deutscher Domain „www.t.de“ ist diese bestimmungsgemäße Ausrichtung auf den deutschen Markt – einschließlich des Zuständigkeitsbereichs des angerufenen Gerichts – gegeben.
46Wenn die Beklagten vortragen, eine Zurechnung der Handlungen Dritter nach nationalen Vorschriften bei Anknüpfung an den Handlungsort sei unzulässig (EuGH GRUR 2014, 806 Rn. 50 ff. – Coty Germany), erfolgt hier die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit anhand des Erfolgsortes, sodass der Einwand nicht durchschlägt. Die Annahme der Beklagten, dass sich der Entscheidung „Coty Germany“ (EuGH GRUR 2014, 806 Rn. 59 ff.) das Erfordernis der Behauptung einer ursächlichen deliktischen Handlung des Beklagten selbst entnehmen lässt, wird nicht geteilt. Die von den Beklagten geäußerten Bedenken aufgrund mangelnder eigener Handlung der Beklagten betreffen daher allein die Begründetheit.
47Auch die Annahme der Beklagten, dass aufgrund eines Vorrangs des Art. 7 Nr. 1 lit. a EuGVVO die Unzuständigkeit folge, wird nicht geteilt, da weder ein Vertrag noch Ansprüche aus einem solchen streitgegenständlich sind. In Frage käme dafür allein der „B Services Europe Business Solutions Vertrag“ mit der Beklagten zu 3) hinsichtlich des Bs. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde das nicht hindern, zumindest über die deliktischen Ansprüche zu entscheiden (MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 53).
48Auf die örtliche Zuständigkeit nach nationalen Vorschriften (§ 14 Abs. 2 UWG) kommt es entgegen der klägerischen Auffassung wegen des Vorranges der EuGVVO nicht mehr an (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, Einl. Rn. 5.39).
49Soweit allerdings die Beklagten beanstanden, der sogenannte fliegende Gerichtsstand sei im EuGVVO nicht vorgesehen und § 14 UWG finde keine Anwendung, ändert das nichts. Richtig ist, dass § 14 UWG nicht anzuwenden ist. Allerdings sieht Art. 7 Nr. 2 EuGVVO die Zuständigkeit des Gerichts des Ortes vor, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Im Ergebnis gelten damit dieselben Maßstäbe für Internetwerbung wie bei § 14 UWG.
50II.
51Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Die Annahme der Beklagten, das Vorgehen der Klägerin sei unter dem Gesichtspunkt des sog. Forum-Shoppings unzulässig, ist nicht gerechtfertigt. Richtig ist, dass die Klägerin das einstweilige Verfügungsverfahren zunächst in Mannheim anhängig gemacht hat und dieses Hauptsacheverfahren in Köln. Vergleichbare Fälle wurden auch in Düsseldorf, Hamburg und in Berlin verhandelt. Der Begriff des Forum-Shopping bezieht sich allerdings auf die Fälle, in denen ein Antragsteller versucht, eine einstweilige Verfügung zu erlangen und nach negativem Hinweis der Kammer den Antrag zurücknimmt, um diesen sodann bei dem nächsten Gericht wieder anhängig zu machen. Davon ist zu unterscheiden, dass die Klägerin sich zulässigerweise die Zuständigkeit des Gerichtes aussuchen darf. Das ist im Rahmen des § 14 UWG a.F. bzw. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO geltende Rechtslage.
52Weitere Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht.
53B.
54Die Klage ist in der Sache unbegründet.
55I.
56Es findet deutsches Recht Anwendung.
57Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ist bei grenzüberschreitendem Bezug das Recht desjenigen Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind (Art. 6 Abs. 1 Rom-II-VO). Da sich die als unlauter angegriffene Website bestimmungsgemäß an den deutschen Markt richtet, findet deutsches Wettbewerbsrecht Anwendung (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, Einl. Rn. 5.20).
58II.
59Ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 5, 5a 8 UWG ist im Ergebnis nicht begründet.
601.
61Ob die Aktivlegitimation, hier also ein konkretes Wettbewerbsverhältnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, für alle Beklagten vorliegt, kann offenbleiben. Die Beklagte zu 2), die wie die Klägerin Matratzen vertreibt, steht allerdings in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis.
62Ob dies bezogen auf die Beklagten zu 1) und 3) als Fall der Förderung fremden Wettbewerbs nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zutrifft, kann aus den nachstehenden Gründen zu Ziffer 4 offenbleiben.
63Denkbar ist, gegen den Förderer vorzugehen, wenn das betroffene Unternehmen durch die Förderung des dritten Unternehmens in seinen eigenen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen berührt ist (sog. „mittelbares Wettbewerbsverhältnis“). Dann kann es genügen, dass das konkrete, unmittelbare Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten Unternehmen und dem betroffenen Mitbewerber besteht (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG § 2 Rn. 105). Ob ein konkretes Wettbewerbsverhältnis durch eine Förderung des Wettbewerbs eines Mitbewerbers anzunehmen ist, wenn die Förderung im Bereitstellen der technischen Infrastruktur bzw. des Partnerprogramms einerseits oder der Bereitstellung des Market-Places andererseits bestehen, unterliegt Bedenken (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.05.2020 – 6 U 127/19).
642.
65Ein Wettbewerbsverstoß liegt in der Aufmachung der Website „t.de“.
66a.
67Es liegt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG eine irreführende geschäftliche Handlung vor.
68Unlauter handelt nach § 5 Abs. 1 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei kommt es auf die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Angehörigen der angesprochenen Verkehrskreise an, der der Handlung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt („Durchschnittsverbraucher“, § 3 Abs. 4 UWG; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG § 5 Rn. 1.76, 1.57). Vorliegend kommen insbesondere unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale einer Dienstleistung sowie über Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Warentests als Varianten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG in Betracht.
69Die Klägerin hat für den entscheidungserheblichen Zeitpunkt unbestritten dargelegt, dass die Website „www.t.de“ als redaktionell und objektiv-informatorisch anmutendes Magazin geeignet war, den durchschnittlichen Verbraucher über die erheblichen finanziellen Eigeninteressen und damit die mangelnde Unabhängigkeit, Neutralität und Allgemeingültigkeit der Rankings und Tests in die Irre zu führen. Die an einen Blog erinnernde Domain sowie die inhaltliche Gestaltung der Website, beispielsweise in Form der Kategorie „Magazin“ und der vielfältigen Informationen vor dem jeweiligen Ranking bzw. Test, täuschten über den kommerziellen Charakter hinweg. Dem Durchschnittsverbraucher dürfte nicht bewusst geworden sein, dass der Website-Betreiber an jedem vermittelten Verkauf mitverdiente. Nahegelegt wurde vielmehr der Charakter eines überparteilichen Ratgebers, welcher im Verbraucherinteresse Aufklärung über den teilweise unübersichtlichen Matratzenmarkt betreibt. Bereits die Überschrift „Matratze 2019: Die besten Matratzen im Vergleich“ erweckte den Anschein, der gesamte Matratzenmarkt sei umfassend, unvoreingenommen und sachkundig sondiert worden und im Ranking- bzw. Testbericht objektiv zusammengefasst. Die Website „www.t.de“ stellte sich damit als irreführend dar
70Die festgestellte Irreführung wurde auch nicht durch einen hinreichend deutlichen Hinweis auf die kommerzielle Tätigkeit als B-Affiliate ausgeräumt. Zum einen stellte sich der gegebene schriftliche Hinweis als optisch nicht ausreichend dar. Da frei zugängliche Internetinhalte gewöhnlich über deutlich erkennbare bzw. als solche gekennzeichnete Werbung finanziert werden, erwartet der Durchschnittsverbraucher nicht, dass in einem redaktionellen Beitrag Affiliate-Links zur Erzielung von Einnahmen ohne entsprechend deutlichen Hinweis platziert werden. Die unscheinbare optische Darstellung des Hinweises am unteren Seitenende sowie im Impressum reichte nicht aus. Eine tatsächliche Wahrnehmung durch den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher war nicht anzunehmen.
71Zum anderen würde – auf Grundlage des klägerischen Vorbringens der ausschließlichen Verbindung zu B – durch die inhaltliche Formulierung „ausgewählte Online-Shops und Partner“ suggeriert, dass Matratzen aller bzw. zumindest mehrerer Marktteilnehmer und nicht ausschließlich die der auf B vertretenen Händler in die Rankings und Tests einbezogen werden. Dadurch würde der unzutreffende Eindruck einer neutralen, wirtschaftlich unabhängigen und marktumfassenden Testseite verstärkt. Zusätzlich stellte sich auch die Einschränkung des Vergütungshinweises („ggf.“) als irreführend über die tatsächlich erhebliche Bedeutung der Affiliate-Provision dar.
72Dass zumindest der Button „bei B kaufen“ den Bezug zum Betreiber des einschlägigen Partnerprogramms andeutete, führt zu keiner anderen Bewertung. Fraglich ist bereits, ob der Durchschnittsverbraucher darin überhaupt einen Hinweis auf eine geschäftliche Beziehung zwischen dem Website-Betreiber und dem B-Konzern erblicken würde oder bloß eine zweckmäßige Weiterleitung auf die marktführende Online-Handelsplattform. Jedenfalls wurde der Anschein des neutralen Informationsangebots hierdurch nicht erschüttert und die Bedeutung des Affiliate-Systems für Betrieb der Website nicht hinreichend kenntlich.
73Macht der Durchschnittverbraucher Rankings und Testergebnisse zur Grundlage seiner Kaufentscheidung, sind Objektivität, wirtschaftliche Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit des Testers von entscheidender Bedeutung. Diese hat der Websitebetreiber vorgespiegelt und aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers die Grundlage einer hinreichenden Glaubwürdigkeit geschaffen. Die Eignung zur Veranlassung einer geschäftlichen Entscheidung ist damit ebenfalls gegeben.
74b.
75Gemäß § 5a Abs. 2 UWG liegt auch eine Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen vor.
76Im konkreten Fall wurde unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten, die er nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dass die Website sich in erheblichem Maße durch Affiliate-Provisionen – ggf. sogar ausschließlich einer einzigen Verkaufsplattform – finanziert, wird als wesentliche Information nicht hinreichend deutlich offengelegt. Diesbezüglich wird auf obige Ausführungen zu lit. a. verwiesen.
77c.
78Ferner ist gemäß § 5a Abs. 6 UWG ein Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks anzunehmen.
79Der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung ist nicht hinreichend kenntlich gemacht und ergibt sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen. Das Nichtkenntlichmachen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der werbliche Charakter als Affiliate-Website wird nicht hinreichend offengelegt. Es wird auf obige Ausführungen zu lit. a. verwiesen.
803.
81Wurde eine Verletzungshandlung begangen, so liegt nach ständiger Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr vor. Diese wird nicht bereits durch bloße Beseitigung, sondern erst durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt (BGH GRUR 1997, 379, 380 – Wiederholungsgefahr II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 1.31b, 1.43 f.). Dass durch Einflussnahme vonseiten der Beklagten die in Rede stehende Website in der Folge angepasst wurde und sogar sämtliche B-Verlinkungen entfernt wurden, ist daher für den Unterlassungsanspruch unerheblich.
824.
83Die Klage scheitert indes an der Passivlegitimation.
84a.
85Eine adäquat kausale täterschaftliche Verwirklichung des Wettbewerbsverstoßes gemäß § 8 Abs. 1 UWG ist nicht anzunehmen und hat die Klägerin auch nicht vorgetragen.
86b.
87Auch eine Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG scheidet aus.
88In Frage kommt vorliegend allein eine Haftung als Unternehmensinhaber für die Zuwiderhandlung in einem Unternehmen durch Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG.
89Beauftragter im wettbewerbsrechtlichen Sinne ist, wer ohne weisungsabhängiger Mitarbeiter zu sein für den Unternehmensinhaber aufgrund eines vertraglichen oder anderen Rechtsverhältnisses tätig wird (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.41). Auf die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten im Einzelfall kommt es nicht an, Beauftragter kann insbesondere auch ein selbstständiger Unternehmer sein (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.33), insbesondere auch ein Werbepartner im Rahmen eines Werbepartnerprogramms (OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 – 6 U 36/13, Rn. 7). Die Qualifikation als Beauftragter setzt jedoch voraus, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Unternehmensinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass (1) der Erfolg seiner Geschäftstätigkeit dem Unternehmensinhaber zugutekommt und (2) der Unternehmensinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des Beauftragten hat oder haben müsste, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht allein darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber tatsächlich gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Unterlässt er dies, handelt er auf eigenes Risiko (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.41).
90Es handelt sich um eine Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen oder gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.33). Er kann sich zudem nicht darauf berufen, er habe die Zuwiderhandlung seines Beauftragten nicht verhindern können (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.33). Diese strenge Haftung knüpft daran an, dass er seinen Geschäftskreis durch den Einsatz Dritter erweitert und dadurch das Risiko von Wettbewerbsverstößen innerhalb seines Unternehmens erhöht. Als Kehrseite der Vorteile einer arbeitsteiligen Organisation trägt er die dadurch bedingten und im Grundsatz auch beherrschbaren Risiken. Darauf, ob diese im Einzelfall für ihn tatsächlich beherrschbar sind, kommt es nicht an. Der Unternehmer soll sich nicht hinter Dritten verstecken und dadurch seine wettbewerbliche Verantwortung abstreifen können (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.33). Die Norm ist aufgrund dieser Erwägungen weit auszulegen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.34).
91OLG Karlsruhe (a. a. O.) hält in dem Eilverfahren eine entsprechende Zurechnung trotz der gebotenen weiten Auslegung von § 8 Abs. 2 UWG für unbegründet und führt hierzu aus:
92Randnummer51
93Allerdings haftet der Auftraggeber nicht als Unternehmensinhaber im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, wenn das betreffende geschäftliche Handeln nicht der Geschäftsorganisation des Auftraggebers, sondern derjenigen eines Dritten oder aber des Beauftragten selbst zuzurechnen ist. Die Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erstreckt sich nicht auf jegliche geschäftliche Tätigkeit des (Unter-)Beauftragten.
94Randnummer52
95Maßgeblich für die Haftung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG ist vielmehr, ob der Werbende auf der Webseite www.xyz.de so in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit seiner Webseite als beauftragtes Unternehmen den Beklagten als Betriebsinhaber zugute kommt und darüber hinaus die Beklagten als Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des Inhabers der Webseite als beauftragtes Unternehmen haben, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt.
96Randnummer53
97bb) Der Werbende auf der Webseite www.xyz.de ist nicht in der von § 8 Abs. 2 UWG geforderten Weise in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert. Eine Zurechnung des von ihm – hier unterstellten Wettbewerbsverstoßes – auf die Beklagten scheidet daher aus.
98Randnummer54
99(1) Das bloße Nennen einer Bezugsquelle oder das einseitige Setzen eines Links durch den Inhaber der Webseite www.xyz.de (“Verkauf durch B“) würde nicht zur Annahme eines Auftragsverhältnisses seitens der Beklagten gegenüber dem Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de führen. Der Betreiber der Webseite hat aber nicht nur einen schriftlichen Hinweis auf die Bezugsquelle der Matratzen angegeben, sondern er hat es durch Bereitstellung des Links gemäß dem B-Partnerprogramm ermöglicht, dass die Interessenten unmittelbar auf das Angebot der Beklagten bzw. der auf dem dortigen Marketplace tätigen Händler zugreifen können. Der Link ist Folge eines von der Beklagten Ziff. 1 betriebenen Partnerprogrammes, im Rahmen dessen die Beklagte Ziff. 1 das Setzen des Links unter bestimmten Voraussetzungen gestattet und damit die Verbindung zwischen den Affiliates als Werbepartner und den die Waren anbietenden Händlern herstellt.
100Randnummer55
101(2) Ob die Vereinbarung zur Teilnahme am B-Partnerprogramm, der in den Anlagen AG 2/AS 14 vorliegt, den Inhaber oder Betreiber der Domain www.xyz.de zum Beauftragten der Beklagten Ziff. 1 und mittelbar der Beklagten Ziff. 2 und 3 macht, oder ob dieser statt im Rahmen eines Auftrags und eingegliedert in die betriebliche Organisation der Beklagten, für sich als selbstständiges Unternehmen handelt, muss sich aus dem Inhalt des B-Partnerprogramms und der Beantwortung der Frage ergeben, inwieweit sich die Beklagten einen für ein Auftragsverhältnis ausreichenden Einfluss sichern konnten und mussten. Nicht ergeben kann sich dies unmittelbar aus dem BSA-Vertrag der Beklagten Ziff. 3 mit den auf dem Marketplace tätigen Händlern. Da der Affiliate nicht Vertragspartner des BSA-Vertrages mit der Beklagten Ziff. 3 ist, kann sich aus diesem kein Einfluss der Beklagten Ziff. 3 auf ihn ergeben.
102Randnummer56
103(i) Das Landgericht hat zum Inhalt des B-Partnerprogramms festgestellt, dass über das Partnerprogramm registrierte Affiliates (also Werbepartner wie der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) Links auf Unterseiten von B.de setzen können. Dies hat die Folge, dass dann, wenn Kunden über den Affiliate-Link auf B.de geführt werden und einen Kauf tätigen, der Affiliate von der Beklagten Ziff. 1 eine so genannte Werbekostenerstattung (also eine Provision) erhält. Im Fall der Webseite www.xyz.de führt der Link in manchen Fällen direkt auf das B-Angebot einer Matratze durch die Beklagte Ziff. 2 („Verkauf und Versand durch B“) und in anderen Fällen führt der Link zu einem Händler, der die beworbene Matratze auf dem von der Beklagten Ziff. 3 betriebenen B-Marketplace verkauft. Die Beklagte Ziff. 1 vermittelt den Drittanbietern den Zugang zur technischen Infrastruktur des B Marketplace. Verkauft ein Händler auf dem B-Marketplace eine Ware, erhält der Betreiber des B-Marketplace, also die Beklagte Ziff. 3, eine Provision von dem Händler.
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105(ii) Nach der Ausgestaltung des Partnerprogrammes sind die Werbepartner des B-Partnerprogramms gemäß Anlagen AG 2/AS 14 (und damit auch der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) insoweit in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert, als der Erfolg der Werbung der Werbepartner (also auf der Webseite www.xyz.de) den Beklagten finanziell zugute kommt.
106Randnummer58
107Im Fall dessen, dass der Link zu einem Verkauf durch die Beklagte Ziff. 2 selbst führt, profitiert diese unmittelbar von der Werbung, in dem Fall, dass der Link zu einem Händler führt und dieser sein Produkt auf dem B-Marktplace verkauft, besteht der finanzielle Vorteil im Erhalt der Provision von dem Händler. Auch die Beklagte Ziff. 1 profitiert als technischer Betreiber der Webseite B.de und als diejenige, die den Drittanbietern Zugang zur technischen Infrastruktur des B Marketplace vermittelt, allgemein vom Absatz der über den Link erfolgten Verkäufe. Anderenfalls würde sie keine Provisionen (Werbekostenzuschüsse) für über den Link getätigte Käufe an die Affiliates auskehren. Die Werbepartnerschaft ist ausweislich der Ziff. 6 des B-Partnerprogrammvertrages auch auf Dauer ausgelegt, die Provisionszahlungen richteten sich nach der Anzahl der zu einem Kauf führenden Weiterleitungen in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum.
108Randnummer59
109iii) Fraglich ist damit allein, ob die Beklagten über den Umstand des finanziellen Profitierens hinaus auch über einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf die Werbetätigkeit ihrer Werbepartner wie auf den Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de verfügen.
110Randnummer60
111Der Bundesgerichtshof hat die Verantwortlichkeit des Betreibers einer solchen Werbepartnerschaft für den vom Werbepartner begangenen Markenverstoß als Beauftragten nach § 14 Abs. 7 MarkenG bejaht (Urt. v. 7.10.2009 GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm). Für die Zurechnung einer Handlung nach § 8 Abs. 2 UWG gelten dieselben Voraussetzungen, denn für die Auslegung des § 14 Abs. 7 MarkenG greift die Rechtsprechung uneingeschränkt auf die zu § 8 Abs. 2 UWG (und § 14 As. 3 UWG a.F.) geltenden Grundsätze einer weiten Haftung des Geschäftsherrn für Beauftragte zurück (BGH GRUR 2005, 864 f. – Meißner Dekor II; GRUR 2009, 1167 Juris Rn. 21– Partnerprogramm).
112Randnummer61
113Allerdings unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Partnerprogramm“ zugrunde lag. Zwar muss auch hier sich ein interessierter Werbepartner auf der Internetseite der dortigen Beklagten anmelden und sich für das Partnerprogramm der Beklagten „bewerben“. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall, ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Zulassung als Werbepartner von einer Prüfung der Internetseite des Bewerbers von Seiten der Beklagten abhängt. Die Links müssen lediglich der Vereinbarung entsprechen und es müssen die von der Beklagtenseite bereitgestellten markierten Link-Formate verwendet werden (Ziff. 1 der Vereinbarung über das B-Partnerprogramm). Nach Ziff. 4 gewährleisten nicht etwa die Beklagten, sondern der Partner selbst, dass dieser seine Webseite erstellt, pflegt und betreibt und dass weder dessen Teilnahme am Partnerprogramm, noch die Erstellung, Pflege oder der Betrieb der Webseite gegen anwendbare gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Vorschriften, Anordnungen, Konzessionen, Richtlinien, Verhaltenskodizes, Branchenstandards, Selbstregulierungsregeln, Gerichtsurteile und -beschlüsse oder andere Auflagen (…) verstoßen. In Ziff. 12 letzter Absatz wird festgehalten, dass das Verhältnis zwischen dem Werbepartner und der Beklagtenseite ein solches unabhängiger Vertragspartner sei und dass keine Bestimmung dieser Vereinbarung eine Partnerschaft, ein Joint-Venture, ein Vertretungsverhältnis, eine Franchisevereinbarung, eine Handelsvertreterbeziehung oder ein Anstellungsverhältnis zwischen der Beklagtenseite bzw. jeweils verbundenen Unternehmen und dem Werbepartner begründet. Ein Auftragsverhältnis sollte demnach mit dieser Vereinbarung erkennbar nicht begründet werden. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu beurteilenden Fall „Partnerprogramm“ ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite den Bewerber nach Prüfung der Internetseite, also der Prüfung des Inhalts der Internetseite, zulässt und diesem unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu einem internen Partnerbereich gewährt, wo diesem dann Dienste zur Verfügung gestellt werden, wie z.B. der Zugriff auf die Datenbank des Unternehmers. Nur auf der Grundlage des dortigen Sachverhalts hatte der Bundesgerichtshofs angenommen, dass sich die dortige Beklagte einen bestimmenden Einfluss auf ihre Werbepartner sicherte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Vorliegend hat sich zwar die Beklagte Ziff. 1 als Vertragspartner der Werbepartner Ziff. 12 ebenfalls Rechte vorbehalten. Dort heißt es:
114Randnummer62
115„Ferner dürfen wir (a) Informationen über ihre Webseite und die Nutzer ihrer Webseite, die wir im Zusammenhang mit ihrer Darstellung von Partner-Links und Programminhalten erhalten, überwachen, aufzeichnen, nutzen und weitergeben (beispielsweise dass ein bestimmter B-Kunde vor dem Kauf eines Produktes auf der B-Webseite über einen auf ihrer Webseite platzierten Partner Link auf die B-Webseite kann, (b) ihre Webseite prüfen, überwachen und anderweitig untersuchen, um die Einhaltung dieser Vereinbarung sicherzustellen und (c) die in ihrer Webseite dargestelltes Logo und die auf ihrer Webseite dargestellte Implementierung von Programminhalten als Best-Praktice-Beispiele in unseren Schulungsmaterialien nutzen, reproduzieren, verbreiten und darstellen.“
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117Aus dieser Regelung ergibt sich aber kein bestimmender, durchsetzbarer Einfluss auf die Werbetätigkeit des Inhabers und Betreiber der Webseite www.xyz.de durch die Beklagten Ziff. 1 sowie der weiteren Beklagten. Diesen konnten und mussten sich die Beklagten bei dieser Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses auch bei wertender Betrachtung nicht sichern. Zwar haben sich die Beklagten nach der vorgenannten Regelung vorbehalten, die Webseite des Werbepartners zu prüfen, zu überwachen und anderweitig zu untersuchen. Dies ist aber auf die Einhaltung der Vereinbarung beschränkt. Erkennbar bezieht sich die Regelung auf die Überwachung der Webseite hinsichtlich der mit der Partner-Vereinbarung einzugehenden Verpflichtungen, also der Form der Gestaltung des Links, des ausreichenden Hinweises auf die Provisionszahlungen und nicht etwa als Möglichkeit auf eine Einflussnahme auf die allgemeine Werbetätigkeit des Werbepartners. Nicht vorgesehen ist, dass die Website des Affiliate-Partners „abgenommen“ oder aber an der Werbedarstellung des Produktes selbst von Seiten der Beklagten mitgewirkt wird. Auch der Umstand, dass die Beklagte Ziff. 1 in der Beschreibung des Partnerprogramms sich vorbehält, zur Unterstützung der Werbung für Produkte oder Leistungen, Daten, Bilder, Texte, Linkformate, Widgets, Links, Marketing-Inhalte und andere -Verlinkungtools, Schnittstellen für Anwendungsprogramme und weitere Informationen im Zusammenhang mit dem Partnerprogramm zur Verfügung zu stellen, ergibt keinen bestimmenden Einfluss der Beklagtenseite auf den Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de als deren Werbepartner. Dieser ist mit der Vereinbarung auch keine Verpflichtung zum Setzen von Links auf seiner Homepage eingegangen. Dieser handelt ausweislich dieser Vereinbarung und bei wertender Betrachtung vielmehr selbständig, allein in eigener Verantwortung, für sich und nicht als Beauftragter der Beklagten.
118Randnummer64
119Damit fehlt es an der für die Anwendung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Eingliederung in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber und ist der Antrag der Klägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht zu.
120Bedenken hat auch das OLG Hamburg (Beschluss vom 09.08.2019 – 5W 39/19) geäußert. Eine mittelbare Haftung der Klägerin als Affiliate von B hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 20.08.2020 – 15 U 42/19 – abgelehnt.
121Ebenso wie das OLG Karlsruhe hat das OLG Düsseldorf (Urteil vom 29.10.2020 – 20 U 176/20) eine Haftung gemäß § 8 Abs. 2 UWG betreffend die Beklagten abgelehnt. Wie auch das OLG Karlsruhe hat das OLG Düsseldorf auf die abweichende Gestaltung des B-Partnerprogramms gegenüber dem Werbeprogramm, das Gegenstand der Entscheidung BGH-Partnerprogramm war, abgestellt.
122Dementgegen hat das KG, Beschluss vom 25. 10. 2019 – 5 W 175/19 – eine Zurechnung bezogen auf die Beklagten gemäß § 8 Abs. 2 UWG angenommen, wie schon zuvor das LG Berlin durch Beschluss vom 19.09.2019 betreffend die Beklagte zu 1. Dies hat das KG mit den Ausführungen in der BGH-Entscheidung Partnerprogramm begründet, wobei das KG die Haftung der Beklagten zu 2 und 3 darüber hinaus mit der Eingliederung in die Gesamtorganisation begründet hat.
123Die Kammer teilt die Bedenken des OLG Karlsruhe gegen eine Auslegung von § 8 Abs. 2 UWG, nach der der Affiliate bei dem B-Partnerprogramm als Beauftragter der Beklagten zu 1 und mittelbar der Beklagten zu 2 und 3 anzusehen ist. Die Beklagten haben bewusst eine Verkaufsplattform mit einem Partnerprogramm vorgesehen, das die Tätigkeit der Partner selbstständig belässt. Der vom BGH genannte Aspekt, dass sich die Beklagten nicht den erforderlichen Einfluss auf den Partner gesichert haben, obwohl dies möglich gewesen wäre, mag zwar rechtstatsächlich angesichts der Marktstellung der Beklagten zutreffen. So kann der BGH (a.a.O. Partnerprogramm, Rn. 21) in diesem Sinne verstanden werden, wenn ausgeführt wird:
124Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber … Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben … Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugute kommt der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt … Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste.
125Dies würde aber hier bedeuten, dass von einer Gestaltungsfreiheit der Parteien abzusehen ist und diesen faktisch ein anderes Partnerprogramm aufgezwungen wird, als sie vereinbart haben. Der Entscheidung OLG Karlsruhe (a.a.O.) wird darin beigetreten, dass für die Beurteilung der Beauftragtenstellung gemäß § 8 Abs. 2 UWG von dem vereinbarten Partnerprogramm auszugehen ist, und nicht aufgrund der Möglichkeit, dass die Beklagten ein Programm mit strengeren Kontrollmechanismen hätten durchsetzen können, ungeachtet des tatsächlich installierten Partnerprogramms eine Haftungszurechnung vorzunehmen ist. Dies würde anderenfalls bedeuten, über eine Zurechnungsnorm des UWG eine weitgehende Beschränkung der Gestaltungsfreiheit der Beklagten für das Partnerprogramm vorzunehmen, anstatt dass sich umgekehrt die Zurechnungsnorm an der gewählten Gestaltung zu orientieren hat.
126III.
127Der Erstattungsanspruch (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a.F.) für die Abmahnkosten steht der Klägerin folgerichtig nicht zu.
128C.
129Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
130Streitwert: 150.000 €