Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aufgrund eines Vorfalles in Anspruch, bei dem sein Jagdfalke zu Tode gekommen ist.
3Der Kläger ist Falkner und Eigentümer des am 7. Mai 2009 geborenen, zur Beizjagd ausgebildeten weißen Gerfalkens. Am 3. Oktober 2012 gegen 12.45 Uhr ließ er das Tier in seinem Jagdrevier in Jülich-Welldorf zu Trainingszwecken fliegen. Zur selben Zeit führte der Beklagte dort Erntearbeiten auf einem Zuckerrübenfeld mit einem Rübenvollernter durch. Der Falke kam auf dem Feld des Beklagten zu Tode. Der konkrete Hergang, der zu dem Tod des Vogels führte, ist zwischen den Parteien streitig.
4Der Kläger behauptet, der Beklagte habe den Falken mit seiner Erntemaschine überfahren, woraufhin das Tier zu Tode gekommen sei. Es habe für den Beklagten gut sichtbar auf dem bereits abgeernteten Teil des Feldes gesessen und sei vom Boden aus in den Rübenernter gelangt und dann zur Seite zusammen mit dem Grünzeug ausgeworfen worden. Dadurch sei der Falke so schwer verletzt worden, dass er bereits nach kurzer Zeit verstorben sei. Gesundheitliche Vorschädigungen, die zum Tod des Tieres geführt haben könnten, hätten nicht vorgelegen.
5Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte habe den Tod des Falken schuldhaft verursacht. Er habe nicht nur den ordnungsgemäßen Ablauf der Erntearbeiten sicherzustellen gehabt, sondern hätte auch dafür Sorge tragen müssen, dass durch seine Erntearbeiten weder Personen noch Sachen zu Schaden kamen. Der Falke, so behauptet der Kläger, habe die Maschine – wohl aufgrund der langsamen Geschwindigkeit – trotz der mit ihrem Betrieb verbundenen lauten Geräusche nicht als Gefahr wahrgenommen. Dies sei vermutlich darauf zurückzuführen, dass das Tier mit Maschinen- und Pkw-Verkehr vertraut gewesen sei, so dass diese bei ihm keine Fluchtreaktionen auslösten.
6Weiter meint der Kläger, ihn selbst treffe an dem Unfall kein Verschulden. Er sei als Jagdausübungsberechtigter berechtigt gewesen, das Tier in dem Revier fliegen zu lassen. Der Vogel habe sich auch überall niederlassen dürfen. Hingegen sei der Beklagte nicht berechtigt gewesen, an dem Unfalltag, - einem gesetzlichen Feiertag -, auf dem Feld überhaupt Erntearbeiten durchzuführen. Damit habe er, der Kläger, deshalb auch nicht rechnen müssen.
7Der Wiederbeschaffungswert für einen Falken der Größe und der Farbe des getöteten Exemplars, so behauptet der Kläger, betrage mindestens 23.800,00 €. Hinzu komme, dass der Falke als sogenannter „Anwarterfalke“ über mehrere Jahre zur Beizjagd eingesetzt gewesen sei. Aus diesem Grunde seien zu dem reinen Wiederbeschaffungswert das Abtragen, das heißt Zähmen, bis zum Freiflug (ca. 20 bis 30 Tage), der Aufwand zum Aufbau der erforderlichen körperlichen Fitness (etwa 20 bis 30 Tage) sowie der Aufwand für die sich anschließende jagdliche Ausbildung hinzuzurechnen (etwa 60 Tage). Unter Zugrundelegung eines Stundenlohnes von 35,00 € ergebe sich daher eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.100,00 €. Zudem müsse bei der Schadensberechnung die besondere Qualität des Falkens zur Beizjagd berücksichtigt werden; dieser habe in seinen drei Lebensjahren durchschnittlich 30 Stück Wild gefangen. Auch der dem zugrundeliegende jagdliche und zeitliche Zeitaufwand müsse in Höhe von pauschal 2.500,00 € einbezogen werden. Insgesamt habe der Falke daher bei seinem Tod einen Wert von 28.400,00 € gehabt, den nunmehr der Beklagte erstatten müsse.
8Der Kläger beantragt,
91. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 28.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.196,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er bestreitet mit Nichtwissen, den Tod des Falken verursacht zu haben. Weder habe er den Falken bei der Feldarbeit überfahren, noch sei dieser in den Rübenvollernter eingezogen worden. Er habe das Tier erstmals wahrgenommen, als der Kläger es ihm in bereits totem Zustand gezeigt habe. Er könne deshalb nicht ausschließen, dass es gegen seine Maschine geflogen sei und sich dabei das Genick gebrochen habe oder aber aufgrund eines gesundheitlichen Vorschadens plötzlich verstorben sei. Jedenfalls habe er das Tier nicht rechtzeitig sehen und einen etwaigen Unfall deshalb auch nicht verhindern können. Bei der Arbeit mit dem Rübenvollernter sei es seine Aufgabe als Fahrzeugführer gewesen, die reibungslose Arbeit der Erntemaschine zu überwachen. Dabei habe seine Fahrgeschwindigkeit etwa 5 km/h betragen, und seine Fahrtrichtung sei aufgrund der jeweiligen Saatreihe vorgegeben gewesen. Aus diesen Gründen sei die Blickrichtung des Fahrzeugführers vielfach nach hinten zu dem angehangenen Rübenroder gerichtet. Im Hinblick darauf habe er den Falken, sofern er tatsächlich auf dem Feld in seiner Fahrtrichtung gelandet sei, nicht rechtzeitig bemerken können. Im Übrigen habe für den Vogel aufgrund der geringen Fahrgeschwindigkeit und der vergleichsweisen geringen Arbeitsbreite ausreichend Zeit und Platz bestanden, um sich in Sicherheit zu bringen.
15Der Beklagte ist weiter der Auffassung, dass es im Übrigen Aufgabe des Klägers gewesen sei, den Falken zu dirigieren bzw. zu steuern, da er ihn freigesetzt habe.
16Schließlich bestreitet der Beklagte die von dem Kläger geltend gemachte Schadenshöhe.
17Das Gericht hat die Parteien im Termin am 6. September 2013 persönlich zum Hergang des Vorfalles angehört.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20Die Klage ist nicht begründet.
21I.
22Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, der seine rechtliche Grundlage nur entweder in § 7 Abs. 1 StVG oder aber in § 823 Abs. 1 BGB haben könnte, nicht zu. Denn die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten sind weder nach der einen noch nach der anderen der genannten gesetzlichen Anspruchsgrundlagen erfüllt.
23Im Einzelnen:
241.
25Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten folgt zunächst nicht aus § 7 Abs. 1 StVG. Denn es steht nicht fest, dass der Falke des Klägers beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges oder eines mitgeführten Anhängers zu Tode gekommen ist. Grundsätzlich liegt ein Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Sinne der genannten Norm nur vor, wenn der Unfall durch die dem Kraftfahrzeug bzw. Anhän- gerbetrieb typische innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht worden ist (vgl. OLG München, NZV 2001, 510; KG VM 83, 31; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 7 Rdnr. 4). Es muss sich eine von dem Fahrzeug typischerweise ausgehende Gefahr bei der Entstehung des Unfalls ausgewirkt haben (vgl. BGH NZV 2008, 285; BGH DAR 2005, 263; BGH VersR 2005, 992). Steht hingegen nicht die verkehrstypische, sondern die Nutzung des Fahrzeuges als Arbeitsmaschine im Vordergrund, liegt nach dem Schutzzweck des Straßenverkehrsgesetzes kein Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG vor.
26Nach diesen Grundsätzen hat sich der Unfall, der nach dem Vortrag des Klägers zum Tode seines Falken geführt haben soll, bei der Nutzung des Traktors nebst angehängtem Rübenvollernter als Arbeitsmaschine ereignet. Nach der Schilderung des Klägers soll der Falke dadurch zu Tode gekommen sein, dass er, als der Beklagte mit seinem Rübenvollernter ein Rübenfeld aberntete, auf der einen Seite der Erntemaschine in den Rübenernter eingezogen und aus der anderen wieder auf das Feld ausgeblasen worden sei. Diesen Vortrag als richtig unterstellt, hat sich der Unfall nicht infolge der verkehrstypischen Nutzung des Traktors als Kraftfahrzeug, sondern infolge der Nutzung des angehängten Rübenvollernters auf dem Feld als Arbeitsmaschine ereignet. Er war danach nicht auf den Betrieb des Traktors oder des Anhängers als Kraftfahrzeug im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG zurückzuführen.
272.
28Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten folgt auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte schuldhaft den Falken des Klägers getötet und dadurch das Eigentum des Klägers verletzt hat.
29a)
30Es erscheint bereits fraglich, ob der Tod des Falken tatsächlich dadurch verursacht worden ist, dass er, wie der Kläger behauptet, während der Ernetearbeit in den Rübenvollernter des Beklagten geraten ist. Der Beklagte bestreitet dies. Der Kläger ist beweispflichtig dafür, dass der Beklagte, wie behauptet, den Tod des Falken verursacht hat. Einen tauglichen Beweis dafür hat er nicht antreten können. Zeugen für den im Streit stehenden Vorfall hat er nicht benannt. Zum Beweis seiner Behauptung, der Falke sei in den Rübenernter des Beklagten geraten und infolgedessen verstorben, hat er lediglich seine eigene Parteivernehmung sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Weder dem einen noch dem anderen Beweisangebot war nachzugehen. Die Vernehmung des Klägers als Partei kam nicht in Betracht, da der Beklagte dem nicht zugestimmt und im Übrigen die Voraussetzungen der Vernehmung einer beweisbelasteten Partei von Amts wegen nach §§ 447, 448 ZPO nicht vorlagen. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens stellte kein geeignetes Mittel dar, mit dem bewiesen werden könnte, dass der Falke, wie der Kläger behauptet, in die Erntemaschine des Beklagten geraten und dadurch getötet worden ist. Mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens könnte allenfalls festgestellt werden, ob die Verletzungen des Falken mit einem solchen Unfallhergang kompatibel sind, nicht hingegen, ob sich der Unfall tatsächlich in dieser Weise ereignet und den Falken getötet hat.
31Die Frage, ob der Falke in den Rübenvollernter geraten und dadurch getötet worden ist oder aber ob der Tod des Tieres eine andere Ursache – etwa einen gesundheitlichen Vorschaden oder einen Genickbruch, weil er im Flug mit der arbeitenden Maschine kollidiert ist – hatte, kann jedoch dahinstehen.
32b)
33Denn jedenfalls lässt sich ein Verschulden des Beklagten an dem behaupteten Unfall und dem Tod des Falken nicht feststellen.
34Schuldhaft handelt gemäß § 276 BGB, wer einen Schaden vorsätzlich oder fahrlässig, das heißt unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, herbeiführt. Dass der Beklagte vorsätzlich den Falken getötet hätte, behauptet der Kläger selbst nicht. Dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und dadurch den Tod des Tieres verursacht hätte, kann die Kammer nicht feststellen. Eine fahrlässige Verursachung des Todes des Vogels setzte voraus, dass der Beklagte die Gefahr, ihn durch seine Maschine zu Tode zu bringen, rechtzeitig hätte erkennen und Maßnahmen ergreifen können, um den Unfall zu verhindern. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Falken selbst bei äußerster Aufmerksamkeit vor einem etwaigen Zusammenstoß hätte sehen können. Zwar behauptet der Kläger, sein Falke habe für den Beklagten gut sichtbar auf dem abgeernteten, dunkelbraunen Feld gesessen, und der herannahende Beklagte hätte seinen Traktor ohne weiteres rechtzeitig vor dem Falken zum Stillstand bringen können. Beides wird jedoch von dem Beklagten bestritten. Dieser bestreitet nicht nur, den Falken gesehen zu haben, sondern den gesamten von dem Kläger geschilderten Unfallhergang. Mangels tauglicher Beweismittel lässt sich der Hergang des Unfalles nicht mehr ermitteln. Es bleibt daher unklar, zu welchem Zeitpunkt und aus welcher Richtung der Falke angeflogen gekommen ist und ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt der Beklagte ihn deshalb sehen und auf ihn hätte reagieren können. Im Hinblick darauf bleibt der Kläger beweisfällig dafür, dass der Beklagte einen Zusammenstoß mit dem Falken hätte rechtzeitig erkennen und vermeiden können. Da er für die Voraussetzungen einer Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB beweispflichtig ist, geht dies zu seinen Lasten.
353.
36Da dem Kläger schon der mit der Klage geltend gemachte Hauptanspruch nicht zusteht, bestehen auch die akzessorischen Nebenansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie auf Zahlung von Verzugszinsen, die sich nur aus §§ 286, 288 BGB ergeben könnten, nicht.
37II.
38Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits ergeht gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Kläger muss die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen, da er mit seiner Klage in vollem Umfang unterlegen ist.
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.
40Streitwert: 28.400,00 €
41… …. …