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1.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Schieds- und Disziplinargerichts des Beklagten zu 1. vom 4. Oktober 2014 (Az. 2.3/2014) sowie die diesem Urteil vorangegangenen einstweiligen Anordnungen desselben Schieds- und Disziplinargerichts vom 7. April 2014 und vom 27. Juli 2014 unwirksam sind.
2.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, jedem der Kläger sämtliche durch die rechtswidrigen Sanktionierungen gemäß den vorstehend unter 1. näher bezeichneten Entscheidungen des Schieds- und Disziplinargerichts des Beklagten zu 1. entstandenen und künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
3.
Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, den Klägern als Gesamtgläubigern 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2014 zu zahlen.
4.
Es wird festgestellt, dass die gegen die Kläger ergangene Entscheidung der Disciplinary Commission der Beklagten zu 2. vom 23. März 2014 und das gegen die Kläger ergangene Urteil des Appeal Tribunal der Beklagten zu 2. vom 16. Juli 2014 unwirksam sind.
5.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, jedem der Kläger sämtliche durch die rechtswidrigen Sanktionierungen gemäß den vorstehend unter 4. näher bezeichneten Entscheidungen der Disciplinary Commission bzw. des Appeal Tribunal der Beklagten zu 2. entstandenen und künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
6.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen der Beklagte zu 1. zu 50 % und die Beklagte zu 2. zu weiteren 50 %.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund dieses Urteils bzw. des angefochtenen Urteils jeweils vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Auf das gegen den Beklagten zu 1. gerichtete Rechtsmittel der Kläger entfällt ein Wert in Höhe von bis 500 €.
Auf das gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Rechtsmittel der Kläger entfällt ein Wert in Höhe von bis 45.000 €.
Auf das Rechtsmittel des Beklagten zu 1. entfällt ein Wert in Höhe von bis 45.000 €.
Gründe
2I.
3Die Kläger sind Amateur-Bridgespieler. Der Erstbeklagte (fortan auch DBV) ist der nationale deutsche Bridgeverband, die Zweitbeklagte (fortan auch WBF) der Weltbridgeverband; beide Verbände sind nach dem „Ein-Platz-Prinzip“ organisiert.
4Im September 2013 nahmen die Kläger als Mitglieder der deutschen Seniorennationalmannschaft an der auf Bali/Indonesien abgehaltenen und von der WBF veranstalteten Bridgeweltmeisterschaft (fortan WM) teil. Die von dem DBV zu diesem Turnier gemeldete Nationalmannschaft errang den Weltmeistertitel.
5Wegen des Vorwurfes, die Kläger hätten sich im WM-Endspiel gegen das Team der USA durch Hustenzeichen unerlaubt im Sinne der Turnierbridgeregeln verständigt, leitete die Disciplinary Commission der Zweitbeklagten ein Disziplinarverfahren gegen die Kläger ein. Mit in Dallas/USA am 23. März 2014 getroffener Entscheidung verhängte das vorgenannte Verbandsgremium der WBF gegen die Kläger wegen Verstoßes gegen die Turnierbridgeregeln im Hinblick auf alle vom Weltverband veranstalteten Bridgewettkämpfe eine lebenslange Sperre hinsichtlich gemeinsamer Auftritte beider Kläger als Spielerpaar und eine Sperre von zehn Jahren hinsichtlich sonstiger Auftritte eines jeden Klägers für sich (mit jeweils dritten Spielpartnern).
6Das Schieds- und Disziplinargericht des erstbeklagten Nationalverbandes (fortan auch SDG) erklärte mit Entscheidung vom 2. April 2014 die seitens des Weltverbandes gegen die Kläger verhängten Sperren für bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens der WBF verbindlich.
7Mit einstweiliger Anordnung vom 7. April 2014 sprach das SDG eine vorläufige Suspendierung der Kläger – als Spielerpaar und jeweils für sich – für alle vom DBV veranstalteten Turniere sowie für Mannschaftswettbewerbe des DBV auf nationaler wie auch internationaler Ebene aus. Diese Maßnahme befristete das SDG bis zur Entscheidung des Disziplinarverfahrens vor der WBF in der Berufungsinstanz.
8Mit in Lausanne/Schweiz ergangenem Berufungsverbandsurteil vom 16. Juli 2014 bestätigte das Appeal Tribunal der WBF die erstinstanzliche Disziplinarentscheidung der Disciplinary Commission vom 23. März 2014 und die dort gegen die Kläger verhängten Sperren mit der Feststellung, dass ein Verstoß der Kläger gegen Turnierbridgeregel 73 (Verständigung) und folglich ein verwerfliches Verhalten im Sinne von Art. 3 Disziplinarordnung der WBF (aus Oktober 2011) vorliege.
9Mit Entscheidung vom 27. Juli 2014 bestätigte und erneuerte das SDG seine einstweilige Anordnung vom 7. April 2014; das SDG verlängerte die vorläufige Suspendierung der Kläger bis zur endgültigen Entscheidung des auf Antrag des Disziplinaranwalts des DBV vom 21. Juli 2014 wegen der vorbezeichneten Vorwürfe eingeleiteten nationalen Hauptsacheverfahrens.
10Mit Urteil des SDG vom 4. Oktober 2014 - Az. 2.3/2014 – (Anl. K3 zur Klageschrift = GA 40 ff.) wurden u.a. die vorgenannten Sperren der WBF wiederholt, die Kläger zudem auch auf nationaler Ebene gesperrt, und zwar hinsichtlich gemeinsamer Auftritte als Spielerpaar lebenslang und ein jeder für sich bezüglich Turnieren mit dritten Spielpartnern für die Dauer von zehn Jahren, und die Kläger lebenslang von Ämtern und Funktionen im DBV oder dessen Regionalverbänden ausgeschlossen.
11Mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 ordnete der Executive Council der WBF im Hinblick auf die vorgenannten Vorwürfe gegen die Kläger an, Deutschland nachträglich von der Senioren-WM 2013 zu disqualifizieren und von jeder Platzierung bei dieser WM zu streichen, und in Bezug auch auf alle Mitglieder des deutschen Teams die Goldmedaillen, den Weltmeistertitel und die hinsichtlich der WM vergebenen „WBF-Masterpoints“ abzuerkennen.
12Vor dem Landgericht haben die Kläger in erster Linie die von der WBF und dem DBV gegen sie verhängten Sperren bzw. vorläufigen Suspendierungen angegriffen und die Feststellung der Unwirksamkeit der entsprechenden Disziplinarentscheidungen der beiden Verbände beantragt. Des Weiteren haben sie über ein beziffertes Leistungsbegehren gegen den Erstbeklagten hinaus die Verpflichtung sowohl des DBV als auch der WBF festgestellt wissen wollen, ihnen sämtlichen Schaden aus den jeweiligen Disziplinarentscheidungen der beiden Verbände zu ersetzen. Ferner haben sie auf die Feststellung der Unwirksamkeit auch der Disqualifikationsentscheidung der WBF vom 13. Oktober 2014 sowie darauf angetragen, dass die Zweitbeklagte ihnen erneut den Weltmeistertitel mit der Erstplatzierung bei der Senioren-WM 2013 und die entsprechenden WBF-Masterpoints zuerkennt. Außerdem haben sie zusätzliche auf das (zeitweilige) Bestehen oder Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen mit dem Erst- bzw. der Zweitbeklagten gerichtete Feststellungsanträge ausgebracht.
13Das Landgericht hat die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Klage mit der Begründung als unzulässig verworfen, dass dieser die Einrede der Schiedsvereinbarung aus Art. 13 der Verbandssatzung der WBF (fortan WBF-Satzung) entgegenstehe. In Bezug auf den Beklagten zu 1. hat das Landgericht die Unwirksamkeit des Urteils des SDG vom 4. Oktober 2014 sowie der einstweiligen Anordnungen des SDG vom 7. April 2014 bzw. 27. Juli 2014 und die Verpflichtung des DBV festgestellt, den Klägern allen aus den vorbezeichneten Entscheidungen des SDG entstandenen oder noch entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, den Erstbeklagten verurteilt, den Klägern wegen in Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Verbandsurteils vom 4. Oktober 2014 stehender Abmahnkosten 887,03 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen.
14Hiergegen – soweit ihnen jeweils nachteilig - richten sich die jeweils frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufungen der Kläger bzw. des Beklagten zu 1..
15Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sowie Festhaltung an ihrem bisherigen Klagebegehren reklamieren die Kläger, eine wirksame Schiedsvereinbarung zwischen ihnen und der Zweitbeklagten bestehe entgegen der Annahme des Landgerichts nicht. Hinsichtlich ihrer gegen den Erstbeklagten gerichteten Klage halten sie das vom Landgericht abgewiesene Feststellungsbegehren aufrecht und stellen sie weitere in Zusammenhang mit dem Gang des Disziplinarverfahrens des DBV und der Erstattungsfähigkeit gegnerischer Rechtsanwaltsgebühren stehende Feststellungsanträge.
16Die Kläger beantragen,
17unter Abänderung des angefochtenen Urteils
18I. (Klage gegen den Beklagten zu 1.)
1. festzustellen, dass ein Rechtsverhältnis zwischen ihnen und dem Beklagten zu 1. lediglich für die Zeit der Team-Weltmeisterschaft in Bali 2013 und den damit verbundenen Rechtsfolgen (Verfahren in Dallas und Lausanne) bestanden hat,
2. festzustellen, dass die Kommission, die den Bericht „zur Untersuchung der Vorfälle im Zusammenhang mit dem Vorwurf und der Verurteilung wegen Betrugs durch die Herren Dr. ……. und Dr. …..“ vom Mai 2014 erstellt hat, nicht Anfang 2014 vom DBV-Präsidium gemäß § 21 Abs. 2 DBV-Satzung eingesetzt und mit der Erstellung eines solchen Berichts beauftragt worden war,
3. im Kostenausspruch klarzustellen, dass Anwaltsgebühren des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1. nicht erstattungsfähig sind;
II. (Klage gegen die Beklagte zu 2.)
1. festzustellen, dass die Entscheidungen der Disciplinary Commission der Beklagten zu 2. vom 23. März 2014, das Urteil des Appeal Tribunal der Beklagten zu 2. vom 16. Juli 2014 und die Entscheidung des Executive Council der Beklagten zu 2. vom 13. Oktober 2014 in Sanya unwirksam sind,
- hilfsweise – die Beklagte zu 2. zu verpflichten, die vorbezeichneten Entscheidungen aufzuheben,
292. festzustellen, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, jedem von ihnen sämtliche durch die rechtswidrige Sanktionierung gemäß der Entscheidung der WBF Disciplinary Commission vom 23. März 2014, bestätigt durch die Berufungsentscheidung des WBF Appeal Tribunal vom 16. Juli 2014, entstandenen und künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen,
3. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihnen erneut den Weltmeistertitel mit der Erstplatzierung bei den d´Orsi Seniors Trophy Teamweltmeisterschaften in Bali 2013 sowie die entsprechenden WBF Masterpoints zuzuerkennen,
4. festzustellen, dass
33a. zwischen ihnen und der Beklagten zu 2. zu keiner Zeit ein Rechtsverhältnis bestanden hat oder besteht, insbesondere nicht seit dem 1. Januar 2014,
b. die Turnier-Bridge-Regeln, Stand 2007, welche von der WBF erlassen wurden, Grundlage der Teamweltmeisterschaften in Bali 2013 waren,
c. es die Turnier-Bridge-Regeln, Stand 2007, gemäß § 92 B Turnier-Bridge-Regeln 2007 nicht zulassen, eine Rüge oder Sanktionierung gemäß § 73 der Turnier-Bridge-Regeln 2007 noch Monate nach Beendigung der Teamweltmeisterschaften durchzuführen.
Die Beklagten beantragen jeweils,
38die gegen sie gerichtete Berufung der Kläger zurückzuweisen.
39Der Beklagte zu 1. hält die gegen ihn gerichteten Berufungsanträge für teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Die Beklagte zu 2. verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit es sie betrifft, und sie hält an der von ihr erhobenen Schiedseinrede sowie ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest.
40Soweit im ersten Rechtszug zu seinem Nachteil entschieden worden ist, greift der Beklagte zu 1. in erster Linie die rechtliche Würdigung des Landgerichts an, die vom SDG im nationalen Hauptsacheverfahren gegen die Kläger verhängten Sanktionen seien unverhältnismäßig und deshalb grob unbillig. Hilfsweise macht er eine durch das Gericht auszusprechende Herabsetzung der Verbandsstrafe geltend.
41Der Beklagte zu 1. beantragt,
42unter Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen ihn gerichtete Klage insgesamt abzuweisen.
43Die Kläger beantragen,
44die Berufung des Beklagten zu 1. zurückzuweisen.
45Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil in dem ihren Klagebegehren stattgebenden Umfang.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
47II.
48Die zulässigen Rechtsmittel der Kläger und des Erstbeklagten haben in unterschiedlichem Maße Erfolg. In weiten Teilen begründet ist die Berufung der Kläger gegen das ihre Klage gegen die Beklagte zu 2. abweisende Erkenntnis (nachstehend unter A.). Nur marginalen Erfolg hat das Rechtsmittel des Beklagten zu 1. (nachstehend unter B.). Keinen Erfolg hat die Berufung der Kläger, soweit sie auf eine über das Urteil des Landgerichts hinausgehende Verurteilung des Beklagten zu 1. gerichtet ist (nachstehend unter C.).
49A.
50Soweit das Landgericht von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit zur Entscheidung auch über das zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2. bestehende Prozessrechtsverhältnis ausgegangen ist, ist seiner Beurteilung zu folgen und wird dies von der Zweitbeklagten mit Recht auch nicht in Frage gestellt. Unzutreffend ist dagegen die Auffassung des Landgerichts, gegenüber den von den Klägern erhobenen Ansprüchen auf Feststellung der Unwirksamkeit der streitbefangenen Verbandsentscheidungen der WBF greife die von der Beklagten zu 2. erhobene – und im Berufungsrechtszug abermals ausgebrachte – Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO durch.
51Dies vorausgeschickt, ist zu den zur Beurteilung stehenden Klageanträgen gegen die Beklagte zu 2. Folgendes auszuführen:
521. (Zu den Berufungsanträgen II.1.)
53Die auf Feststellung der Unwirksamkeit der Disziplinarentscheidungen der WBF vom 23. März 2014 – Disciplinary Commission – und vom 16. Juli 2014 – Appeal Tribunal – gerichteten Klageanträge haben Erfolg; erfolglos bleibt dagegen der Antrag der Kläger, die Unwirksamkeit auch der Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 – Executive Council – festzustellen.
54a. (Disziplinarentscheidungen 23. März 2014/16. Juli 2014)
55Soweit die Kläger die Unwirksamkeit der vorbezeichneten Disziplinarentscheidungen festgestellt wissen wollen, ist ihr Begehren zulässig und begründet.
56aa. Gegenüber dem Feststellungsbegehren hat die WBF die Schiedseinrede des § 1032 Abs. 1 ZPO erhoben. Sie reklamiert, die Parteien hätten eine wirksame Schiedsvereinbarung im Sinne von Art. 13 WBF-Satzung getroffen, diese Bestimmung sei vorliegend sachlich einschlägig und aus diesem Grund sei die (letztinstanzliche) Disziplinarentscheidung des Appeal Tribunal ausschließlich vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) anfechtbar.
57Art. 13 WBF-Satzung (Fassung 2012) lautet in der englischen Originalsprache wie folgt:
58„Article 13 – Arbitration
59In addition to other provisions of the Constitution and the By-Laws, any dispute arising on the occasion of, or in connection with, the WBF Tournaments, as provided in Article 9 of the By-Laws, shall be submitted to the Court of Arbitration for Sport (CAS), in accordance with its Statutes and Regulations to the exclusion of any recourse to any national/state court. The parties to such dispute shall undertake to implement in good faith the arbitral award rendered by the CAS.”
60und in deutscher Übersetzung – insoweit unstreitig – wie folgt:
61„Artikel 13 – Schiedsverfahren
62Zusätzlich zu anderen Bestimmungen der Satzung und der Geschäftsordnungen sind alle Rechtsstreitigkeiten, die sich bei der Veranstaltung von oder in Zusammenhang mit den WBF-Turnieren, wie in Artikel 9 der Geschäftsordnung dargelegt, ergeben, an das Sport-Schiedsgericht (CAS) gemäß dessen Gesetzen und Vorschriften unter Ausschluss eines Regressanspruchs in einem nationalen/staatlichen Gericht zu übergeben. Die Parteien solcher Rechtsstreitigkeiten sind angehalten, den vom CAS ergangenen Schiedsspruch in Treu und Glauben umzusetzen.“
63Anders als das Landgericht und mit ihm die Zweitbeklagte meinen, bestehen vor dem Hintergrund der unter Berufung auf Art. 13 WBF-Satzung erhobenen Schiedseinrede hinsichtlich des Feststellungsbegehrens keine durchgreifenden Zulässigkeitsbedenken. Eine wirksame und auf die hier interessierenden Disziplinarentscheidungen der Disciplinary Commission bzw. des Appeal Tribunal der WBF anwendbare Schiedsvereinbarung der Parteien ist aus verschiedenen Gründen zu verneinen:
64(1) Im Hinblick auf die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen ist der Anwendungsbereich des Art. 13 WBF-Satzung – wie das Landgericht verkannt hat und auch die Beklagte zu 2. übersieht – unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen nationalen Rechtsordnung der Schweiz (Schiedsvereinbarungsstatut) schon sachlich nicht eröffnet; dies hat der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert.
65(1.1) Im Ausgangspunkt ist zu berücksichtigen, dass das Schiedsvereinbarungsstatut grundsätzlich eigenständig zu ermitteln und nicht notwendigerweise mit dem Statut des Hauptvertrags – wie hier nach Behauptung der Beklagten zu 2. ein die Spiel- und Disziplinarregeln der WBF betreffender Regelanerkennungsvertrag – identisch ist (vgl. in diesem Sinne BGH, Urteil v. 28. November 1963 – VII ZR 112/62, BGHZ 40, 320, Rz. 22 bei juris; Urteil v. 8. Juni 2010 – XI ZR 349/08, SchiedsVZ 2011, 46 = NJW-RR 2011, 548 Rz. 30; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO [MüKoZPO], 5. Aufl. [2017], § 1029 Rz. 29; Geimer in Zöller, ZPO, 32. Aufl. [2017], § 1029 Rz. 107).
66(1.2) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Schiedsvereinbarung kein Prozessvertrag bzw. keine Prozesshandlung, sondern vielmehr ein materiellrechtlicher Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen (vgl. BGH, Urteil v. 28. November 1963 – VII ZR 112/62, BGHZ 40, 320, Rz. 21 bei juris; Urteil v. 29. Februar 1968 – VII ZR 102/65, BGHZ 49, 384, Rzn. 19-21 bei juris). Vor diesem Hintergrund sind Zustandekommen und Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung in Fällen mit Auslandsbezug nach den Regeln des deutschen internationalen Privatrechts als maßgebliches Kollisionsrecht zu beurteilen (st.Rsp., vgl. BGH, Urteil v. 28. November 1963 – VII ZR 112/62, BGHZ 40, 320, Rz. 21 bei juris; Urteil v. 29. Februar 1968 – VII ZR 102/65, BGHZ 49, 384, Rz. 19 bei juris; Beschluss v. 21. September 2005 – III ZB 18/05, NJW 2005, 3499 [3500 f.] [unter II.2.c)cc)], Rz. 19 bei juris; Urteil v. 8. Juni 2010 – XI ZR 349/08, SchiedsVZ 2011, 46 = NJW-RR 2011, 548 Rz. 30; Urteil v. 7. Juni 2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292 = NJW 2016, 2266 = NZKart 2016, 328, Rz. 44 – Pechstein/International Skating Union, alle m.w.N.; vgl. auch OLG Hamm, Urteil v. 9. Juli 2013 – I-21 U 16/13, SchiedsVZ 2014, 38 [41] [unter II.2.c)aa)] Rz. 60 bei juris).
67Eine ausdrückliche Kollisionsnorm besteht nicht. In zeitlicher Hinsicht sind die mit Wirkung vom 17. Dezember 2009 außer Kraft getretenen Artt. 27 ff. EGBGB auf die nach Behauptung der Beklagten zu 2. im Zusammenhang mit der Meldung zur bzw. der Teilnahme an der Bridge-Senioren-WM vom September 2013 mit den Klägern geschlossene Schiedsvereinbarung von vornherein nicht anzuwenden. Unmittelbare Anwendung finden in sachlicher Hinsicht auch nicht die Artt. 3 ff. der (am 17. Dezember 2009 in Kraft getretenen) VO (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 [Rom I VO], da diese Verordnung mit Rücksicht auf Art. 1 Abs. 2 Buchst. e) Rom I VO auf Schiedsvereinbarungen nicht anzuwenden ist.
68Sachlich nicht unmittelbar anwendbar sind auch die (Rechtswahl-) Bestimmungen gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. a) des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche [UNÜ] (BGBl. 1961 II S. 121), denn diese treffen Regeln in Bezug auf bereits ergangene Schiedssprüche.
69Indes erscheint es – mit der wohl ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum – sachgerecht, auch in der Einredesituation des § 1032 Abs. 1 ZPO (bzw. im Sinne von Art. II Abs. 3 UNÜ) auf die Rechtsgedanken des § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. V Abs. 1 Buchst. a) UNÜ, denen zudem auch der deutsche Gesetzgeber für in Deutschland stattfindende Schiedsverfahren Rechnung getragen hat (vgl. §§ 1025 Abs. 1, 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) ZPO), zurückzugreifen (vgl. in diesem Sinne eingehend MüKo-Münch, § 1029 Rzn. 32-34; vgl. auch Zöller-Geimer, § 1029 Rzn. 17a, 107/113; in diesem Sinne wohl auch bereits – im Rahmen eines durch Vorliegen einer Einredesituation im Sinne von § 1032 Abs. 1 ZPO gekennzeichneten Falles - BGH, Urteil v. 28. November 1963 – VII ZR 112/62, BGHZ 40, 320, Rz. 22 a.E. bei juris).
70Für das Statut der Schiedsvereinbarung ist mithin auch im Streitfall maßgeblich in erster Linie auf eine etwaige von den Parteien übereinstimmend (ausdrücklich oder konkludent) getroffene Rechtswahl (vgl. zur insoweit gleichen Rechtslage unter Geltung des Art. 27 EGBGB a.F.: BGH, Urteil v. 7. Juni 2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292 = NJW 2016, 2266 = NZKart 2016, 328, Rz. 68 – Pechstein/International Skating Union) und subsidiär auf einen von den Parteien vereinbarten Schiedsort (so auch OLG München, Beschluss v. 7. Juli 2014 – 34 SchH 18/13, SchiedsVZ 2014, 262 [264] [unter II.3.a)(1)], Rz. 37 bei juris m.w.N.) abzustellen. Fehlt es, wie im Falle einer Einredesituation (§ 1032 Abs. 1 ZPO) generell durchaus denkbar (vgl. hierzu MüKo-Münch, § 1029 Rz. 37), auch an einer Schiedsortwahl, ist richtigerweise, unbeschadet des Art. 1 Abs. 2 Buchst. e) Rom I VO, auf die Kollisionsregeln des Unionsrechts zurückzugreifen (vgl. im Sinne einer solchen Rückgriffsmöglichkeit: BGH, Urteil v. 8. Mai 2014 – III ZR 371/12, SchiedsVZ 2014, 151 Rz. 23 - Dreidimensionale rahmenartige Konstruktion [zu Art. 14 Abs. 2 Rom I VO]; MüKo-Münch, § 1029 Rz. 31) und in entsprechender Anwendung des Art. 4 Abs. 4 Rom I VO auf das Recht des Staates abzustellen, zu dem die Schiedsvereinbarung die engste Verbindung aufweist (so MüKo-Münch, § 1029 Rz. 37), wobei dies regelmäßig zur Geltung des Statuts des Hauptvertrages führt (vgl. in diesem Sinne BGH, Urteil v. 8. Juni 2010 – XI ZR 349/08, SchiedsVZ 2011, 46 = NJW-RR 2011, 548 Rz. 30 m.w.N. [zu Art. 28 Abs. 1 EGBGB a.F.]).
71(1.3) An dem Vorstehenden gemessen sind Zustandekommen und Wirksamkeit der von der Beklagten zu 2. reklamierten Schiedsvereinbarung nach schweizerischem Recht zu beurteilen. Zwar ist eine von den Parteien übereinstimmend getroffene Rechtswahl nicht festzustellen. Unbeschadet dessen weist die – fragliche – Schiedsvereinbarung jedoch die engste Verbindung zur Schweiz und damit zu deren Rechtsordnung auf. Das liegt zunächst darin begründet, dass – wie das Landgericht unangegriffen ausgeführt hat – Schiedsort aller vor dem CAS (als dem in Art. 13 WBF-Satzung genannten Schiedsgericht) verhandelten Schiedsverfahren Lausanne/Schweiz ist. Außerdem ist die schweizerische Rechtsordnung richtigerweise auch als Statut des streitigen Hauptvertrages, und folglich auch der von der Beklagten zu 2. reklamierten Unterwerfung der Kläger unter die Verbandsdisziplinargewalt der WBF, anzusehen. Die Beklagte zu 2. ist ein Verein im Sinne der Artt. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs, der seinen Sitz in Lausanne/Schweiz hat und gemäß Art. 14 Satz 2 WBF-Satzung seine Verfassung und Statuten dem schweizerischen Recht unterstellt hat. Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, schweizerisches Recht als das maßgebliche Schiedsvereinbarungsstatut anzusehen. Tragfähiger Anhalt für eine abweichende Beurteilung ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
72(1.4) Die beiden zur Beurteilung stehenden Disziplinarentscheidungen fallen bei der – entsprechend dem eigenen Vorbringen der Beklagten zu 2. (vgl. Klageerwiderung v. 26.3.2015 [GA 350 ff.], S. 26 [Rz. 104]) - nach dem Recht der Schweiz gebotenen objektiven Auslegung der Verbandssatzung nach dem Vertrauensprinzip (vgl. in diesem Sinne Schweizerisches Bundesgericht [BG], Urteil v. 24. Februar 1981, BGE 107 II 179 [186] [unter 4.c)] m.w.N.) von vornherein nicht unter die Bestimmung des Art. 13 WBF-Satzung; dies gilt – wie der Senat schon in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - unter zwei voneinander unabhängigen Gesichtspunkten:
73(1.4.1) Unbeschadet der weiten Fassung des Art. 13 WBF-Satzung („… alle Rechtsstreitigkeiten,… in Zusammenhang mit den WBF-Turnieren …“) können bei objektiver Auslegung des Verbandsregelwerks vernünftigerweise von vornherein nur Streitigkeiten über solche Angelegenheiten unter die Satzungsbestimmung fallen, für die der beklagte Weltverband überhaupt eine Eingriffs- und Entscheidungskompetenz besitzt; denn nur in diesen Fällen kann es überhaupt zu Streitigkeiten mit der WBF kommen. Es fehlt auch jedweder Anhaltspunkt in Art. 13 WBF-Satzung oder in dem sonstigen Regelwerk der WBF, dass ein darüber hinausgehender Wille des beklagten Weltverbandes dahin, auch solche Verbandsmaßnahmen den staatlichen Gerichten zu entziehen, die dem eigenen Regelwerk nach ausdrücklich seiner Sanktionsgewalt entzogen sind, bestanden hat. Erst recht war ein solcher Wille aus dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont der Kläger nicht zu erkennen.
74Von dem Vorstehenden ausgehend, unterfällt die Anfechtung der streitbefangenen Disziplinarentscheidungen der WBF nicht der Schiedsgerichtsklausel des Art. 13 WBF-Satzung, weil die WBF nach ihren Statuten, wie sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der WM 2013, mithin dem spätestmöglichen Zeitpunkt einer etwaigen Unterwerfung der Kläger unter ihr Regelwerk, gegolten haben, keine eigene Disziplinarbefugnis gegenüber den Klägern besessen hat. Anders als die Beklagte zu 2. meint, ist eine eigene Disziplinarbefugnis den Bestimmungen ihrer Disziplinarordnung – Disciplinary Code – in der zum Zeitpunkt der WM 2013 bestehenden Fassung (fortan WBF-Disziplinarordnung) nicht zu entnehmen.
75(a) Entgegen der Auffassung der Zweitbeklagten hat Art. 2 WBF-Disziplinarordnung (2011) der WBF nicht die Befugnis verliehen, gegen an ihren Turnieren teilnehmende Spieler wegen eines Verstoßes gegen die Turnierbridgeregeln disziplinarische Sanktionen wie beispielsweise die streitbefangenen Sperren zu verhängen. Die genannte Bestimmung lautet im englischsprachigen Originaltext wie folgt:
76„2. Responsibility of NBOs
77Member status of the WBF concerns only the NBOs. With the exception of certain cases (for example the suspension or banning of Head Tournament Directors or Appeals Committees), the WBF is not entitled to exercise directly its authority on the members of NBOs or to ensure that any sanction imposed on them is being enforced. Consequently, the WBF holds the NBOs responsible for the behaviour of their members and, if the case arises, for the enforcing of any sanctions that the WBF imposes against them. Any failure to uphold this responsibility will result in the WBF imposing sanctions against the NBO.”
78und in deutscher Übersetzung – insoweit unstreitig – wie folgt:
79„2. Verantwortung der NBOs [lies: Nationalverbände]
80Der Mitgliedsstatus in der WBF betrifft nur die NBOs. Mit Ausnahme bestimmter Fälle (z. B. die Suspendierung oder Sperre von Hauptturnierleitern oder Berufungskommissionen) ist die WBF nicht berechtigt, ihre Machtbefugnis direkt auf die Mitglieder der NBOs auszuüben oder zu bewirken, dass eine gegen sie verhängte Sanktion durchgesetzt wird. Infolgedessen macht die WBF die NBOs für das Verhalten ihrer Mitglieder haftbar und, wenn dem so ist, für die Durchsetzung von Sanktionen, die die WBF gegen sie verhängt. Wird dieser Verantwortung nicht nachgekommen, so verhängt die WBF Sanktionen gegen den NBO.“
81Art. 2 WBF-Disziplinarordnung (2011) stellt klar, dass der beklagte Weltverband von den im Klammerzusatz genannten und als solchen auch bezeichneten Ausnahmefällen abgesehen seine Machtbefugnis ausschließlich auf die ihm angeschlossenen Nationalverbände und nicht auf deren Mitgliedvereine oder darüber noch hinaus deren Mitglieder ausübt. Die „Machtbefugnis“ meint dabei sowohl die Sanktionsbefugnis („auszuüben“) als auch die Befugnis zur Vollstreckung verhängter Sanktionen („zu bewirken“). Sofern die WBF selbst Sanktionen gegen Mitglieder von Nationalverbänden verhängt, obliegt deren Durchsetzung mit der Ausnahme der im Klammerzusatz beschriebenen Sanktionen dem betreffenden Nationalverband; erforderlichenfalls verhängt die WBF gegen den Nationalverband Sanktionen, um die Durchsetzung der von ihr gegen ein Mitglied des Nationalverbandes verhängten Sanktionen zu erzwingen. Als Ausnahmefälle, in denen die WBF gegenüber Mitgliedern der Nationalverbände überhaupt selbst Sanktionen verhängen kann, sind im Hinblick auf die in Betracht kommenden Sanktionsadressaten richtigerweise nur die beiden im Klammerzusatz genannten Personenkreise anzuerkennen, weil der Disziplinarordnung oder dem sonstigen Regelwerk der WBF an keiner Stelle weitere potentielle Sanktionsadressaten zu entnehmen sind. Die nach dem im Klammerzusatz des Art. 2 WBF-Disziplinarordnung möglichen Adressaten einer direkt von der WBF zu verhängenden Sanktion sind außerdem dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei ihnen um hochrangige Repräsentanten von Nationalverbänden (Hauptturnierleiter, Berufungskommissionsmitglieder) handelt. Zu ihnen zählen Spieler, die im Rahmen eines WBF-Turniers für ihren Nationalverband am Wettkampf teilnehmen, ganz offensichtlich nicht, so dass sich der Schluss, dass auch diese von der WBF mittels Disziplinarentscheidungen sanktioniert werden können, erst recht verbietet.
82(b) Die gegen die vorstehende Beurteilung vorgebrachten Einwendungen der Zweitbeklagten (vgl. zu diesen etwa Klageerwiderung v. 26.3.2015, S. 26 ff. [Rzn. 103 ff.]) greifen nicht durch.
83(aa) Soweit diese vorgetragen hat, unbeschadet des aus Rechtsgründen nicht stattfindenden direkten Durchgriffs des Regelwerks eines (Dach-) Verbandes auf die Mitglieder eines Mitgliedverbandes bestehe die Möglichkeit einer individualvertraglichen Unterwerfung des dem untergeordneten Verband angehörenden Mitglieds gegenüber den Statuten des übergeordneten Verbandes – wie sie im Streitfall konkludent der Teilnahme der Kläger an der von der WBF veranstalteten WM 2013 zu entnehmen sei -, kann dies von vornherein nicht verfangen. Denn das bezogen auf die WM 2013 maßgebliche Regelwerk der WBF, dem sich die Kläger unterworfen haben sollen, sieht – wie vorstehend dargelegt – gerade nicht die Verhängung disziplinarischer Sanktionen gegen einzelne Wettkampfteilnehmer (Spieler) vor, weshalb der von der Zweitbeklagten reklamierte Unterwerfungsakt im hier interessierenden Kontext ins Leere greift.
84(bb) Unbehelflich sind auch die Ausführungen der Zweitbeklagten (vgl. Klageerwiderung v. 26.3.2015, S. 28 [Rz. 112]), dass in Art. 2 WBF-Disziplinarordnung von Strafen, die von ihr selbst und nicht etwa von den Nationalverbänden verhängt würden, die Rede sei, die WBF lediglich internationale Sanktionen verhängen könne und – so der Vortrag sinngemäß - die vorgenannte Satzungsbestimmung zur Verantwortlichkeit der Nationalverbände auf eine Harmonisierung internationaler und nationaler Sperren abziele, um der Möglichkeit einer unzulässigen Anmeldung von nach nationalen Kriterien qualifizierten, international jedoch gesperrten Spielern zu WBF-Turnieren entgegenzuwirken. Diese Ausführungen berühren die vorstehend unter (a) im Einzelnen dargelegte Annahme einer im Regelwerk der WBF tatsächlich fehlenden Rechtsgrundlage für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegenüber Spielern eines Nationalverbandes – und zwar auf sowohl internationaler als auch nationaler Ebene - schon der Sache nach nicht. Insbesondere verfängt auch der Hinweis nicht, dass Art. 2 WBF-Disziplinarordnung an zwei Stellen von Sanktionen spricht, die die WBF gegen Mitglieder von Nationalverbänden „verhängt“ (im Original unter Verwendung des Verbs `to impose`). Ausweislich der – eindeutigen - Bestimmung des Art. 2 Satz 2 WBF-Disziplinarordnung - in der oben wiedergegebenen deutschen Übersetzung - ist die WBF, wie bereits dargelegt, nur ausnahmsweise, und zwar richtigerweise ausschließlich im Verhältnis zu den im Klammerzusatz genannten Repräsentanten nationaler Verbände, überhaupt zur Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegenüber Mitgliedern von Nationalverbänden befugt. Vernünftigerweise kann folglich auch die in Art. 2 Satz 3 WBF-Disziplinarordnung enthaltene Textpassage („… Durchsetzung von Sanktionen, die die WBF gegen sie verhängt“) nur dahin verstanden werden, dass mit ihr diejenigen Ausnahmefälle gemeint sind, in denen die WBF selbst über eine disziplinarische Ahndung von Mitgliedern eines Nationalverbandes entscheiden (und diese Entscheidung nicht selbst vollstrecken) kann; um einen solchen Fall handelt es sich bei den in Art. 2 WBF-Disziplinarordnung nicht einmal andeutungsweise erwähnten Spielern, die für einen Nationalverband an WBF-Wettkämpfen teilnehmen, indes ganz ersichtlich nicht. Vor diesem Hintergrund kann – entgegen dem Ansatz der Beklagten zu 2. – auch in Anbetracht der vorgenannten Textpassagen und ihres Gesamtzusammenhangs mitnichten von einer mit Art. 2 WBF-Disziplinarordnung intendierten Harmonisierung internationaler wie nationaler Sperren einzelner Spieler und einer bezüglich der internationalen Ebene in diese Bestimmung implementierten Disziplinarbefugnis des beklagten Weltverbandes gesprochen werden.
85(cc) Ebenso wenig vermag das von der Beklagten zu 2. reklamierte Bedürfnis, im Interesse der „übergroßen Mehrheit der ehrlichen Sportler“ Spieler, die gegen Wettkampfregeln verstoßen, mit persönlich wirkenden Disziplinarmaßnahmen belegen zu können, für sich genommen das tatsächlich festzustellende Fehlen einer entsprechenden Rechtsgrundlage in den Verbandsstatuten der WBF zu kompensieren.
86(dd) Anders als die Zweitbeklagte meint, ist auch aus den Bestimmungen des Art. 3 WBF-Disziplinarordnung über verwerfliches und ahndbares Verhalten („reprehensible conduct“) und des Art. 4 WBF-Disziplinarordnung über die Sanktionen, die die WBF verhängen kann („Sanctions liable to be imposed by the WBF“), nichts zu Gunsten ihrer Auffassung einer Ahndbarkeit von Spielern wegen Wettkampfverstößen zu gewinnen. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der in Art. 4 Buchst. b) WBF-Disziplinarordnung ausdrücklich erwähnten – und von der Beklagten zu 2. in diesem Kontext hervorgehobenen - Möglichkeit der Suspendierung einzelner Personen („… betroffenen Person …“ bzw. „… person concerned …“). Vernünftigerweise können mit der letztgenannten Formulierung alleine die in Art. 2 WBF-Disziplinarordnung erwähnten Ausnahmefälle der Sanktionierung bestimmter hochrangiger Nationalverbandsrepräsentanten gemeint sein. Denn bei verständiger unbefangener Betrachtung regelt – und zwar ganz offensichtlich – Art. 2 WBF-Disziplinarordnung den äußeren Rahmen der Disziplinargewalt des beklagten Weltverbandes, während Art. 4 WBF-Disziplinarordnung nur ergänzende Regelungen zur Ausgestaltung der so definierten Disziplinargewalt trifft. Die letztgenannte Regelung erschöpft sich insoweit, wie auch bereits ihrer Überschrift unzweideutig zu entnehmen ist, in der Festlegung der Sanktionsarten, die von der WBF verhängt werden können. Soweit dieser Regelung zufolge Sanktionen nicht nur gegen einen Nationalverband als solchen, sondern auch gegen einzelne „betroffene[.] Person[en]“ erlassen werden können, ist dies folglich allein als Statuierung einer bestimmten Sanktionsweise zu verstehen. In diese Regelung kann indes – was die Zweitbeklagte aber versucht – mangels jedweden insoweit tragfähigen Anhaltspunkts nicht darüber hinaus eine Anordnung dahin hineingelesen werden, wer konkret als „betroffene Person“ Adressat einer Disziplinarmaßnahme der WBF sein kann. Erst recht kein Anhalt besteht dafür, über die Regelungen des Art. 4 WBF-Disziplinarordnung – und zwar im Hinblick auf die Formulierung (im Original `person concerned`) ohne jegliche konkretisierende Eingrenzung - Personen der Disziplinargewalt des Weltverbandes zu unterstellen, die – wie namentlich Spieler - in Art. 2 WBF-Disziplinarordnung nicht einmal andeutungsweise als mögliche Adressaten von Disziplinarmaßnahmen Erwähnung finden; dies gilt umso mehr, als die WBF ausweislich Art. 2 WBF-Disziplinarordnung ausdrücklich nur in Ausnahmefällen (`With the exception of certain cases … the WBF is not entitled to …`) für sich eine Sanktionsbefugnis reklamiert.
87Ebenso wenig zulässig sind Rückschlüsse aus den in Art. 3 WBF-Disziplinarordnung genannten Verhaltensweisen, die eine disziplinarische Ahndung durch die WBF nach sich ziehen können, auf den Kreis der Personen, die überhaupt der Disziplinargewalt des beklagten Weltverbandes unterliegen. Erst recht liefert Art. 3 WBF-Disziplinarordnung keinen tragfähigen Anhalt für eine Ausdehnung dieses Personenkreises über die in Art. 2 WBF-Disziplinarordnung genannten Personen hinaus auch auf an WBF-Turnieren teilnehmende Spieler. Dies ist derart offensichtlich, dass sich in Ansehung der bereits vorstehend erfolgten Ausführungen zu der Bedeutung des Art. 2 WBF-Disziplinarordnung, den äußeren Rahmen der Disziplinargewalt der WBF zu regeln, eine weitere Erörterung erübrigt. Bezeichnend ist allerdings, dass die weitaus meisten der in Art. 3 WBF-Disziplinarordnung genannten Fälle eines verwerflichen Verhaltens – wie nur zum Beispiel „schwerwiegender Verstoß gegen die Verfassung der WBF“, „schwerwiegende Befangenheit gegenüber der WBF, …“, „Nichtbeachten finanzieller Verpflichtungen gegenüber der WBF, …“, „korrupte Handlungen …, welche darauf gerichtet sind, die Unparteilichkeit des Wertungssystems zu unterlaufen …“ - ganz offensichtlich von vornherein nicht auf ein wettkampfbezogenes Handeln von Spielern zugeschnitten sind, wohl aber für alle in dieser Bestimmung genannten Verhaltensweisen (typischerweise) die Nationalverbände selbst oder die in Art. 2 WBF-Disziplinarordnung erwähnten hochrangigen Repräsentanten derselben als verantwortlich Handelnde in Betracht kommen können.
88(ee) Wie sich von selbst versteht, kann auch der Vortrag der Beklagten zu 2., die WBF habe im Jahr 1973 gegen bestimmte Spieler wegen Betruges Sperren verhängt, für sich genommen nicht als taugliches Argument für eine im Streitfall bestehende Befugnis der WBF angeführt werden, Disziplinarmaßnahmen gegen die Kläger zu verhängen. Dies gilt unabhängig von der – durch das Vorbringen der Beklagten zu 2. nicht im Ansatz aufgeklärten - Frage, welches Verbandsregelwerk dem von der Zweitbeklagten bemühten Referenzfall zu Grunde gelegen hat und ob und inwieweit dieses mit dem bezüglich des Streitfalls maßgeblichen Regelwerk übereinstimmt.
89Dass das von der WBF tatsächlich an den Tag gelegte Verhalten bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen mitnichten als „Gradmesser“ für das Bestehen entsprechender Disziplinargewalt taugt, zeigt im Übrigen gerade der Streitfall anschaulich. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die der vorliegenden Entscheidung zu Grunde liegende Beurteilung einer fehlenden Befugnis der WBF, in Bezug auf den streitbefangenen Manipulationsvorwurf Disziplinarmaßnahmen unmittelbar gegen die Kläger zu verhängen, in dem erstinstanzlichen Disziplinarverfahren des beklagten Weltverbandes von dem WBF-Ankläger bzw. WBF-Disziplinaranwalt J…. P…… – wie zwischen den Parteien auch außer Streit steht - ausdrücklich geteilt worden ist
90(vgl. Auszug aus dem von den Klägern überreichten „Transcript of Disciplinary Hearing“ [sogenanntes „Dallas-Protokoll“], S. 102 f.:
91„… [JP] [lies: ……] … But we have no members. These people are not members of the WBF they are members of the German Federation which was the reason I named the Federation as a defendant because they are responsible for their players that they send. … We don´t really have the power I don´t you don´t have the power to suspend them. I think what you have the power to do is report this of course to the Executive Council who would report it to the Credentials Committee and essentially them not being invited to future events is essentially the same thing as suspension … we have sort of a bastard situation whether or not they´re not actually members and I don´t believe you can suspend or expel somebody that´s not a member. …
92[MJ] [lies: …….] J…., … you´re leading us to the fact that since we don´t have any power to suspend or take any action against the defendant we may, we only, we are a recommendatory Body, we make a recommendation to the WBF Executive Counsel and, according to you, our recommendation should be to the effect that the Credentials Committee takes actions against them by not allowing them to play in the future Championships?”
93[JP] yes, …”
94und die von den Klägern insoweit überreichte – zutreffende und auch unbestrittene – deutsche Übersetzung [GA 1910 ff.])
95und sich gleichwohl die beiden streitbefangenen WBF-Disziplinarentscheidungen mit dieser Einschätzung und der mit ihr verbundenen rechtlichen Problematik nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt haben.
96(1.4.2) Die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen fallen – unabhängig von den vorstehend unter (1.4.1) dargelegten Gründen – auch deshalb nicht unter die Schiedsklausel des Art. 13 WBF-Satzung, weil diese ohnehin nicht Disziplinarangelegenheiten im Sinne der WBF-Disziplinarordnung (2011) erfasst. Dies folgt aus einer verständigen Betrachtung des Art. 5 WBF-Disziplinarordnung (zum Wortlaut dieser Bestimmung in der – unstreitigen – deutschen Übersetzung im Einzelnen vgl. GA 1937 f.).
97Gemäß Art. 5 Abs. 1 bis Abs. 5 WBF-Disziplinarordnung entscheidet über die Verhängung von Sanktionen im Sinne des Art. 4 WBF-Disziplinarordnung wegen im Sinne von Art. 3 WBF-Disziplinarordnung tadelnswerten Verhaltens in erster Instanz eine Disziplinarkommission und in einer Berufungsinstanz ein Tribunal. Nach Art. 5 Abs. 7 Satz 1 WBF-Disziplinarordnung ist die Berufungsentscheidung des Tribunals endgültig. Hierzu passt von vornherein ganz offensichtlich nicht, dass nach der Schiedsbestimmung des Art. 13 WBF-Satzung über die dort genannten Streitigkeiten in erster und letzter Instanz der CAS entscheiden soll, was – wie schon in der mündlichen Verhandlung erörtert - allein zu dem Schluss nötigt, dass Art. 13 WBF-Satzung andere Streitigkeiten meint als diejenigen, die in Zusammenhang mit Angelegenheiten im Sinne der WBF-Disziplinarordnung stehen. Dem ist die Zweitbeklagte nicht rechtserheblich entgegengetreten.
98(2) Unabhängig davon, dass – wie oben unter (1) dargelegt – hinsichtlich der streitbefangenen Disziplinarentscheidungen der sachliche Anwendungsbereich des Art. 13 WBF-Satzung schon nicht eröffnet ist, liegt eine diese Disziplinarentscheidungen betreffende rechtswirksame Schiedsvereinbarung der Parteien – auch – deshalb nicht vor, weil die von der Beklagten zu 2. behauptete Vereinbarung den für sie geltenden Formanforderungen – wie der Senat ebenfalls bereits in der mündlichen Verhandlung angesprochen hat – nicht gerecht geworden ist.
99(2.1) Bei der Prüfung der Formwirksamkeit der zu beurteilenden Schiedsvereinbarung ist zunächst Art. II UNÜ in den Blick zu nehmen. Hiernach ist eine (einen schiedsfähigen Streitgegenstand betreffende) Schiedsvereinbarung formwirksam, wenn sie die Parteien „schriftlich“ getroffen haben. Mit Rücksicht auf Art. II Abs. 2 UNÜ genügt insoweit eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. So verhält es sich im Streitfall indes – wie auch die Beklagte zu 2. selbst einräumt (vgl. Berufungserwiderung v. 4.9.2017 [GA 2060 ff.], Rz. 29) – nicht.
100(2.2) Allerdings lässt Art. VII Abs. 1 UNÜ im Rahmen des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes ausdrücklich die Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts zu (vgl. in diesem Sinne BGH, Beschluss v. 21. September 2005 – III ZB 18/05, NJW 2005, 3499 [3500 f.] [unter II.2.c)], Rzn. 15 ff. bei juris; Urteil v. 8. Juni 2010 – XI ZR 349/08, SchiedsVZ 2011, 46 = NJW-RR 2011, 548 Rz. 29; Urteil v. 8. Mai 2014 – III ZR 371/12, SchiedsVZ 2014, 151 Rz. 31 – Dreidimensionale rahmenartige Konstruktion). Durchgreifenden Bedenken bezüglich der Formwirksamkeit unterliegt eine Vereinbarung daher grundsätzlich dann nicht, wenn sie den Anforderungen entweder der deutschen Formvorschriften im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO oder desjenigen als Statut der Schiedsvereinbarung berufenen nationalen (ausländischen) Rechts standhält, das nach den in diesem Zusammenhang maßgeblichen (deutschen) Kollisionsregeln zu bestimmen ist (vgl. in diesem Sinne BGH, Beschluss v. 21. September 2005 – III ZB 18/05, NJW 2005, 3499 [3500 f.] [unter II.2.c)cc)], Rzn. 18 f. bei juris; Urteil v. 8. Mai 2014 – III ZR 371/12, SchiedsVZ 2014, 151 Rz. 31 – Dreidimensionale rahmenartige Konstruktion).
101Indes kann sich die Beklagte zu 2. im Ergebnis nicht mit Erfolg auf den Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII UNÜ berufen.
102(2.2.1) Die fragliche Schiedsvereinbarung genügt nicht den deutschen Formanforderungen des § 1031 Abs. 1 ZPO, da sie – unstreitig – weder in einem von den Parteien unterzeichneten Dokument noch in zwischen ihnen gewechselten Formen der Nachrichtenübermittlung im Sinne dieser Vorschrift und zudem auch nicht gemäß § 1031 Abs. 2 ZPO in einem von der einen Partei der anderen Partei oder von einem Dritten beiden Parteien übermittelten Dokument enthalten ist. Außerdem besteht zwischen den Parteien kein den Formerfordernissen des § 1031 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO entsprechender Vertrag, der auf ein eine Schiedsklausel enthaltendes Dokument Bezug nimmt; schon aus diesem Grund kommt auch keine nach § 1031 Abs. 3 ZPO formwirksame Schiedsvereinbarung in Betracht. Bereits aus den vorstehend genannten Gründen kann im Streitfall bei Zugrundelegung deutschen Rechts nicht von einer formwirksamen Schiedsvereinbarung zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2. ausgegangen werden. Darüber hinaus scheidet die Annahme einer nach deutschem Recht formwirksamen Schiedsvereinbarung, und zwar unabhängig von dem Nichtvorliegen der in § 1031 Abs. 1 bis Abs. 3 ZPO genannten Voraussetzungen, aber auch deshalb aus, weil die Kläger, die das Bridge-Spiel ausschließlich als Amateure betreiben, an der fraglichen Schiedsvereinbarung als Verbraucher (§ 13 BGB) beteiligt sind, die Vereinbarung deshalb der verbraucherschützenden Vorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO unterliegt und das hiernach geltende besondere Formerfordernis einer in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthaltenen Schiedsvereinbarung ebenso wenig eingehalten ist wie Ersatzanforderungen der elektronischen Form (§ 126a BGB) oder der notariellen Beurkundung.
103Zu Unrecht reklamiert die Beklagte zu 2., Art. 13 WBF-Satzung stelle eine statutarische Schiedsklausel dar, für die gemäß § 1066 ZPO die Vorschriften des 10. Buchs der ZPO nur entsprechend gälten, weshalb die Formvorschriften des § 1031 ZPO auf die fragliche Schiedsvereinbarung mit den Klägern keine Anwendung finde. Diesem Ansatz ist schon deshalb nicht zu folgen, weil die in einer Verbandssatzung enthaltene Schiedsklausel jedenfalls gegenüber Nichtmitgliedern – wie im Streitfall den der WBF selbst nicht angehörenden Klägern - keine statutarische Bindungswirkung nach § 1066 ZPO entfalten kann (allg.M., vgl. Voit in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. [2017], § 1066 Rz. 7 m.w.N.; MüKoZPO-Münch, § 1066 Rz. 17; Wolf/Eslami in Beck´scher Online-Kommentar zur ZPO [BeckOKZPO], 26. Ed., 15.09.2017, § 1066 Rz. 6).
104(2.2.2) Im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung führt die Anwendung des Kollisionsrechts. Insoweit kann mit dem Vorbringen der Beklagten zu 2. unterstellt werden, dass als Statut der Schiedsvereinbarung schweizerisches Recht gilt. Ebenso kann offen bleiben, ob die Auffassung der Beklagten zu 2. zutrifft, dass bei maßgeblicher Zugrundelegung schweizerischen Rechts im Streitfall jedenfalls unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben von einer formwirksamen Schiedsvereinbarung trotz womöglich anzunehmender Nichteinhaltung der Formvorschrift des Art. 178 IPRG (Schweiz) auszugehen wäre (vgl. hierzu Schriftsatz v. 3.11.2017 Rzn. 38 ff.).
105Denn richtigerweise würden in diesem Fall die vorliegend dann an sich zu Gunsten der Annahme eines formwirksamen Rechtsgeschäfts sprechenden Kollisionsvorschriften des Art. 11 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB in entsprechender Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Rom I VO nicht anzuwenden sein und der streitigen Schiedsvereinbarung wäre wegen Nichtbeachtung der Verbraucherschutzanforderungen des § 1031 Abs. 5 ZPO Formwirksamkeit zu versagen.
106Der Bundesgerichtshof hat im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich der Artt. 27 ff. EGBGB a.F. bereits entschieden, dass auf eine Schiedsvereinbarung, die sich auf Rechtsstreitigkeiten aus oder in Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB a.F. bezieht, das Recht des gewöhnlichen (deutschen) Aufenthaltsorts des beteiligten Verbrauchers anzuwenden ist, und zwar auch dann, wenn die Schiedsabrede infolge einer auf sie bezogenen Rechtswahl an sich nach anderweitigem (ausländischen) Recht zu beurteilen ist. Zu dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof mit Rücksicht auf seine Annahme, dass die Schiedsabrede selbst kein Verbrauchergeschäft darstelle, in analoger Anwendung des Art. 29 EGBGB a.F. gelangt (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil v. 22. März 2011 – XI ZR 197/08, NJW-RR 2012, 49 Rzn. 24 ff.). Dabei hat er die analoge Anwendung der genannten Vorschrift für geboten gehalten, weil sonst eine mit dem Verbraucherschutz nicht zu vereinbarende formfreie Unterwerfung inländischer Verbraucher unter die Jurisdiktion ausländischer Schiedsgerichte möglich wäre (BGH, a.a.O. Rz. 24). Für den Fall der Vereinbarung eines Verbrauchers, auf die sich die Schiedsabrede bezieht, hat der Bundesgerichtshof in entsprechender Anwendung von Art. 29 Abs. 3 S. 1 EGBGB a.F. die allgemeinen die Form betreffenden Kollisionsregeln des Art. 11 Abs. 1 bis Abs. 3 EGBGB a.F. für nicht anwendbar gehalten und die Schiedsvereinbarung unabhängig von einer insoweit getroffenen Rechtswahl dem strengen Maßstab des § 1031 Abs. 5 ZPO unterworfen (BGH, a.a.O. Rzn. 26 f.).
107An diesen Grundsätzen ist richtigerweise auch nach der Beendigung der zeitlichen Anwendbarkeit der Artt. 27 ff. EGBGB a.F. infolge des Inkrafttretens der Rom I VO festzuhalten, da sich hierdurch im Hinblick auf die hier interessierenden Fälle an der Schutzwürdigkeit und –bedürftigkeit von an Schiedsvereinbarungen beteiligten Verbrauchern der Sache nach nichts geändert hat. Der Schutz des Verbrauchers nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltsorts ist nunmehr in entsprechender Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Rom I VO in Verbindung mit Art. 11 Abs. 4 Rom I VO, der bezüglich Verbraucherverträge die allgemeinen Formvorschriften des Art. 11 Abs. 1 bis Abs. 3 Rom I VO für unanwendbar erklärt, zu verwirklichen. Dem steht nicht entgegen, dass die Rom I VO im Hinblick auf Art. 1 Abs. 2 Buchst. e) Rom I VO auf Schiedsvereinbarungen keine unmittelbare Anwendung findet. Dies hindert, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, nicht an einer Übertragung der diesen Regelungen zu Grunde liegenden Rechtsgedanken auf ihnen entsprechende Fallkonstellationen (vgl. in diesem Sinne BGH, Urteil v. 8. Mai 2014 – III ZR 371/12, SchiedsVZ 2014, 151 Rz. 23 - Dreidimensionale rahmenartige Konstruktion [zu Art. 14 Abs. 2 Rom I VO]; zust. MüKo-Münch, § 1029 Rz. 31 und – u.a. zu Art. 6 Rom I VO – Rz. 34).
108Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist auch im Streitfall in entsprechender Anwendung von Artt. 6 Abs. 1, 11 Abs. 4 Rom I VO eine Überprüfung der streitigen Schiedsvereinbarung am Formmaßstab des § 1031 Abs. 5 ZPO geboten. Wie bereits dargelegt, sind die das Bridge-Spiel lediglich als Amateure betreibenden Kläger Verbraucher. Es liegen hinsichtlich des Gegenstands der fraglichen Schiedsvereinbarung auch im Übrigen die charakteristischen Merkmale eines Verbrauchergeschäfts (im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom I VO) vor. Insbesondere besteht zwischen den beteiligten Parteien in Anbetracht des nach dem „Ein-Platz-Prinzip“ organisierten Weltverbandes der Beklagten zu 2. und der von dieser im Hinblick auf ihr Verhältnis zu den Klägern reklamierten Disziplinargewalt – ganz offensichtlich - ein spezifisches strukturelles Ungleichgewicht in Gestalt eines zu Lasten der Kläger gehenden Machtgefälles.
109Infolgedessen ist auch unter Geltung eines schweizerischen Schiedsvereinbarungsstatuts im Übrigen die streitige Schiedsvereinbarung wegen – wie insoweit bereits ausgeführt – der Nichteinhaltung der Formanforderungen des § 1031 Abs. 5 ZPO als formunwirksam anzusehen.
110bb. Das hier zur Beurteilung stehende Feststellungsbegehren der Kläger hat auch in der Sache Erfolg. Die gegen sie ergangenen Disziplinarentscheidungen der Disciplinary Commission bzw. des Appeal Tribunal der WBF sind, am Maßstab des schweizerischen Rechts gemessen, unwirksam.
111(1) Der Feststellung der Unwirksamkeit steht vorliegend – anders als die Zweitbeklagte meint – nicht entgegen, dass die Kläger die letztinstanzliche Disziplinarentscheidung der WBF – wie als solches unstreitig ist - nicht binnen der in Art. 75 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) bestimmten Monatsfrist angefochten haben.
112(1.1) Art. 75 ZGB lautet:
113„Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.“
114Die genannte Vorschrift ordnet an, dass Mitglieder eines Vereins einen von ihnen nicht konsentierten und rechtswidrigen bzw. für rechtswidrig gehaltenen - und verbandsintern nicht mehr weiterziehbaren (vgl. hierzu Sprecher in Kunz/Arter/Jörg, Entwicklungen im Gesellschaftsrecht X [2015], S. 162 [unter 5.4]) - Beschluss des Vereins gerichtlich anfechten können. Die insoweit von Art. 75 ZGB gewährte Monatsfrist ist eine materiellrechtliche Ausschlussfrist; dies bedeutet grundsätzlich, dass nach fruchtlosem Verstreichenlassen dieser Frist eine etwaige dem Beschluss anhaftende Gesetzes- oder Statutenverletzung „geheilt“ und der Beschluss – was gegebenenfalls von Amts wegen zu beachten ist – für alle Beteiligten verbindlich werden (vgl. BG, Urteil v. 14. Januar 2015 – 5A-482/2014, unter E. 5.; Urteil v. 29. Mai 2009 – 5A-153/2009, BGE 135 III 489 [492]; Obergericht [OG] des Kantons Luzern, Urteil v. 10. November 2004 – 11 03 131, CaS 2005, 381, bei juris; Riemer in Berner Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Band I: Einleitung und Personenrecht, Die juristischen Personen, Die Vereine, Systematischer Teil und Kommentar zu Art. 60-79 ZGB, 3. Aufl. [1990], Art. 75 ZGB Rzn. 62 f. [= Anl. Ber 25 zum Schriftsatz der Kläger v. 2.11.2017]).
115(1.2) Art. 75 ZGB gilt grundsätzlich nur für Vereinsmitglieder. Anerkannt ist jedoch, dass diese Bestimmung auch auf Nichtmitglieder im Sinne von sogenannten „indirekten Mitgliedern“ Anwendung findet, was namentlich dann in Betracht kommt, wenn ein Nichtmitglied sich der Regelungs- bzw. Sanktionsgewalt eines Verbandes unterwirft, dies etwa deshalb, weil die Unterwerfung Bedingung für die Teilnahme des Nichtmitglieds an einer von dem Verband organisierten Veranstaltung ist (vgl. BG, Urteil v. 15. März 1993, BGE 119 II 271 [276]; Kunz/Arter/Jörg-Sprecher, S. 158 [unter 4.1.1]).
116(1.3) Es kann unbeschadet des Vorstehenden dahinstehen, ob die Kläger, die selbst nicht mitgliedschaftlich mit der WBF verbunden gewesen sind, sich im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an der Bridge-WM 2013 den Statuten des beklagten Weltverbandes unterworfen haben. Selbst wenn hiervon auszugehen wäre, würden die Kläger mit ihrem Feststellungsbegehren nicht unter dem Gesichtspunkt einer Versäumung der Anfechtungsfrist des Art. 75 ZGB ausgeschlossen sein.
117Leiden Vereinsbeschlüsse an einer (sehr) qualifizierten Gesetzes- oder Statutenwidrigkeit, müssen sie als nichtig betrachtet werden. Dies kann, unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs, grundsätzlich von jedermann ohne Bindung an eine Frist geltend gemacht werden; bei der Annahme von Nichtigkeit ist jedoch Zurückhaltung geboten (BG, Urteil v. 16. August 2013 – 5A-205/2013, unter E.4.; vgl. auch BG, Urteil v. 14. Januar 2015 – 5A-482/2014, unter E. 5., jew. m.w.N.). Vorliegend leiden die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen an eben solchermaßen qualifizierten rechtlichen Mängeln mit der Folge, dass die Kläger mit ihrem auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Verbandsentscheidungen gerichteten Antrag nicht deshalb abzuweisen sind, weil sie die in Art. 75 ZGB statuierte Monatsfrist nicht eingehalten haben.
118(1.3.1) Wie bereits erwähnt, ist bei der Annahme der Nichtigkeit von Vereinsbeschlüssen allerdings Zurückhaltung geboten. Das Schweizerische Bundesgericht hat zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen von zur Nichtigkeit führenden Gesetzes-/Statutenverstößen auszugehen ist, Rechtsgrundsätze entwickelt; hierauf und auf in diesem Kontext ergangene Rechtsprechung hat der Senat die Parteien mit Beschluss vom 18. Oktober 2017 [dort unter Ziff. III.] (GA 2195 f.) hingewiesen.
119Im Ausgangspunkt ist in den Blick zu nehmen, dass wegen ihrer die Rechtssicherheit gefährdenden Wirkung Nichtigkeit nicht leichthin, sondern nur bei schweren Verstößen gegen die Grundsätze des geschriebenen und ungeschriebenen Rechts anzunehmen ist (vgl. BG, Urteil v. 19. Dezember 1989, BGE 115 II 468 [474] [unter E. 3.b)]) und die Rechtsfolge der Nichtigkeit in Bezug auf den Rechtsverstoß angemessen sein muss (vgl. BG, Urteil v. 15. August 2011 – 5A-197/2011, BGE 137 III 460 [466] [unter E. 3.3.2]).
120Nichtigkeit von Beschlüssen ist bislang beispielsweise angenommen worden, wenn gar keine Körperschaft oder Mitgliederversammlung im Rechtssinn vorliegt, es um die Beschlussfassung auf einer Versammlung von Nichtmitgliedern oder von einer nicht beschlussfähigen Generalversammlung geht, einzelne Mitglieder nicht eingeladen oder zugelassen worden sind, ein unzuständiges Organ zur Mitgliederversammlung eingeladen hat oder Nichtmitglieder an der Beschlussfassung entscheidend mitgewirkt haben (vgl. zu Allem BG, Urteil v. 14. Januar 2015 – 5A-482/2014, unter E. 5.; Urteil v. 16. August 2013 – 5A-205/2013, unter E.4.; Urteil v. 15. August 2011 – 5A-197/2011, BGE 137 III 460 [465 f.] [unter E. 3.3.2]; Urteil v. 19. Dezember 1989, BGE 115 II 468 [473] [unter E. 3.b)], alle m.w.N. – weitere Beispiele aus der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts bei Kunz/Arter/Jörg-Sprecher, S. 170 f. [unter 8.1.1]), ferner wenn die angefochtene Entscheidung keine Begründung enthält oder unter Verletzung rechtlichen Gehörs zustandegekommen ist (vgl OG des Kantons Luzern, Urteil v. 10. November 2004 – 11 03 131, CaS 2005, 381, bei juris).
121(1.3.2) Unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Rechtsgrundsätze leiden die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen an einem schweren zu ihrer Nichtigkeit führenden Rechtsfehler. Hierauf kann der Senat – wie bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert - eigenständig (und des Weiteren auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zum ausländischen Recht) unbeschadet dessen erkennen, dass der vorliegend zur Beurteilung stehende Rechtsverstoß – nämlich die dem beklagten Verband im Hinblick auf die Adressaten der von ihm ausgesprochenen Verbandsstrafen sachlich fehlende Disziplinargewalt – bislang, soweit ersichtlich, von schweizerischen Gerichten noch nicht beurteilt worden ist. Der deutsche staatliche Richter darf das ausländische Recht fortentwickeln; maßgeblich sind dabei der Geist und die Systemzusammenhänge des ausländischen Rechts (vgl. Zöller-Geimer, § 293 Rz. 26 m.w.N.).
122Bei seiner Beurteilung lässt sich der Senat insbesondere von der ständigen und jüngst bekräftigten Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts zur – generellen – Nichtigkeit solcher Beschlüsse leiten, die auf die Einladung eines unzuständigen Organs hin gefasst worden sind (vgl. BG, Urteil v. 16. August 2013 – 5A-205/2013, unter E.4.). Die Begründung des Gerichts hierfür liegt darin, dass die Mitglieder nicht gehalten seien, einer Einberufung, welche von einem unzuständigen Organ ausgeht, Beachtung zu schenken und dass in einem solchen Falle auch gar keine Mitgliederversammlung im Rechtssinne zustandekomme, weshalb keine gemäß Körperschaftsrecht anfechtbaren Beschlüsse gefasst werden könnten (vgl. BG, a.a.O. m.w.N.).
123Die dargelegte Rechtspraxis kann bei unbefangener Betrachtung vernünftigerweise nur dahin verstanden werden, dass, wenn schon die Einladung zur Versammlung durch ein unzuständiges Organ die Nichtigkeitsfolge nach sich zieht, diese Rechtsfolge erst recht gelten muss, wenn eine Verbandssanktion durch ein unzuständiges Organ verhängt wird und Nichtigkeit umso mehr eintreten muss, wenn – wie im Streitfall - eine Verbandssanktion ohne jede Kompetenz und sogar in Widerspruch zur Disziplinarordnung des Vereins verhängt wird. Die Verbandsstrafe entbehrt dann jeder vernünftigen Grundlage und ist damit offensichtlich gesetzes- bzw. statutenwidrig.
124Eben ein solcher schwerer Rechtsverstoß haftet sowohl der erstinstanzlichen als auch der zweitinstanzlichen Disziplinarentscheidung des beklagten Weltverbandes an, da – wie bereits dargelegt – dessen Statuten, namentlich auch die WBF-Disziplinarordnung (2011), dem Verband unter keinem Gesichtspunkt die Befugnis verliehen haben, gegen an WBF-Turnieren – wie die Kläger – als Spieler Teilnehmende Disziplinarmaßnahmen zu verhängen.
125Nur umso mehr hat vorliegend die Nichtigkeitsfolge zu gelten, als – wie bereits ausgeführt – (1.) der WBF-Disziplinaranwalt Q. im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren der Beklagten zu 2. in Dallas ausdrücklich auf die fehlende Befugnis der WBF zur Verhängung von Sanktionen gegen Mitglieder der Nationalverbände hingewiesen hat, (2.) die Disciplinary Commission sich mit diesem in der Sache ganz offensichtlich zutreffenden Argument in ihrer Entscheidung (Anlage Ber 18) überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, weshalb die erstinstanzliche Disziplinarentscheidung des Weltverbandes sehenden Auges – das heißt wissentlich und wollentlich - unter Missachtung der geltenden WBF-Disziplinarordnung (2011) zum Nachteil der Kläger schwerwiegende Sanktionen verhängt hat und (3.) derselbe Willkürvorwurf auch das Berufungsurteil des Appeal Tribunal der Zweitbeklagten trifft, zumal da dem Verbandsberufungsgericht das „Dallas-Protokoll“ und die dortigen Ausführungen des WBF-Disziplinaranwalts vorlagen und diese zum Streitstoff des Berufungsverfahrens gehörten.
126Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass vorliegend keine andere Beurteilung angezeigt sein würde, wenn man hinsichtlich des Ausgangspunkts der hiesigen Erwägungen mit einem Teil der schweizerischen Rechtslehre der – vom Schweizerischen Bundesgericht freilich verworfenen (vgl. BG, a.a.O.) – Auffassung folgte, in den Einberufungsfällen sei nur dann von Beschlussnichtigkeit auszugehen, wenn ein „offensichtlich bzw. generell unzuständiges Organ“ zur Versammlung eingeladen hat. In Fortführung jener Auffassung müsste nämlich Nichtigkeit erst recht angenommen werden, wenn der Verband in einer Angelegenheit einen Beschluss fasst, für die – wie im Hinblick auf die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen den oben bereits erfolgten Ausführungen unmittelbar zu entnehmen ist – „generell kein Organ“ zuständig ist, weil sie nach den eigenen Statuten der Regelungsgewalt des Verbandes schlechterdings entzogen sind.
127(1.3.3) Rechtserhebliche Einwendungen gegen die vorstehende Beurteilung hat die Beklagte zu 2. nicht vorgetragen. Mitnichten verhält es sich so, dass die zum maßgeblichen Zeitpunkt der WM 2013 geltenden Statuten der WBF eine angeblich bestehende Rechtsgrundlage für vom Weltverband gegen einzelne Spieler zu verhängende Disziplinarmaßnahmen lediglich „nicht deutlich genug zum Ausdruck“ gebracht hätten (so aber Schriftsatz der Zweitbeklagten v. 3.11.2017 [GA 2372 ff.], S. 4 f. [Rzn. 12 f.]); vielmehr fehlt es im Hinblick auf die obigen Ausführungen an einer solchen Rechtsgrundlage völlig.
128Ebenso wenig dringt die Zweitbeklagte mit ihren Hinweisen auf (zumeist ältere) höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung der schweizerischen Gerichte bzw. eine sich mit Rechtsfragen der Vereinsstrafe befassende Dissertation aus der Schweiz durch (vgl. den vorbezeichneten Schriftsatz, S. 2 ff. [Rzn. 4 ff.] nebst Anl. B2-33 ff.).Die von ihr bemühten Judikate berühren die hiesige Beurteilung – wie die Zweitbeklagte verkennt – durchgängig schon nicht. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von der Beklagten zu 2. angeführten Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts vom 16. September 1920 und vom 10. Dezember 1959.
129Anders als die Zweitbeklagte meint, ist dem Urteil vom 16. September 1920 (BGE 46 II 313 = Anl. B2-39 = GA 2403 ff.) schon nicht die Aussage zu entnehmen, die „Missachtung des Legalitätsprinzips“ führe nur zu der Möglichkeit der Anfechtung, nicht aber zur Nichtigkeit des betroffenen Beschlusses. Richtig ist vielmehr, dass das Schweizerische Bundesgericht in dem seinerzeit zur Entscheidung stehenden Fall, der den wegen Fassung nur eines Mehrheitsbeschlusses statutenwidrigen Beitritt einer Genossenschaft zu einem Gewerkschaftsbund zum Gegenstand hatte, eine Anfechtungsbefugnis des einzelnen Genossen nach Art. 75 ZGB bejaht, indes mit keinem Wort die Frage einer Nichtigkeit des Beschlusses überhaupt aufgeworfen und diskutiert hatte. Allein schon deshalb kann dem auf die vorgenannte Entscheidung aufbauenden Ansatz der Beklagten zu 2. nicht gefolgt werden. Dies gilt umso mehr, als die – auch von der Zweitbeklagten nicht beleuchtete – Frage, ob die schweizerische Rechtsprechung überhaupt schon damals, mithin vor fast 100 Jahren, zwischen (bloss) anfechtbaren und nichtigen Verbandsbeschlüssen unterschied, vollkommen unklar ist; immerhin referiert der von den Klägern überreichte Aufsatz von Del Fabro aus dem Jahr 2014 (Spurt 2014, 49 = Anl. Ber 24 [GA 2297 ff.] zum Schriftsatz vom 2.11.2017), das (Schweizerische) Bundesgericht habe „schon vor Jahrzehnten“ – das heißt nicht schon vor (etwa) einem Jahrhundert – diese Differenzierung vorgenommen. Darüber hinaus unterscheidet sich der vorliegend zur Beurteilung stehende Fall von dem vom Schweizerischen Bundesgericht vor etwa einem Jahrhundert entschiedenen in der Sache grundlegend. In jenem Fall war der Verstoß gegen die Statuten aus rechtlichen Überlegungen abgeleitet worden, nämlich dahin, dass Einstimmigkeit erforderlich sei, weil aus der Gewerkschaftsmitgliedschaft Pflichten auch für den einzelnen Genossen resultierten. Im Gegensatz dazu geht es im Streitfall um ein Handeln gegen den klaren Wortlaut der Statuten bzw. ohne jedwede generelle Ermächtigung in den Statuten und überdies, im Hinblick auf die Hinweise des WBF-Disziplinaranwalts im erstinstanzlichen Verbandsverfahren, unter bewusster Missachtung der auf der Hand liegenden Problematik. Diese schwerwiegenden Mängel gebieten freilich aus den bereits dargelegten Gründen die Annahme der Nichtigkeit der beiden streitbefangenen Disziplinarentscheidungen, und zwar gerade unter Berücksichtigung und folgerichtiger Fortführung der – aktuellen – Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichts. An diesem Befund ändert die hier zur Debatte stehende Entscheidung aus 1920 schlechterdings nichts. Sachliche Gründe zu Gunsten einer hiervon abweichenden Betrachtung zeigt auch die Beklagte zu 2. nicht im Ansatz auf; sie sind im Übrigen ebenso wenig der von der Zweitbeklagten bemühten und auszugsweise zitierten Dissertation (vgl. Anl. B2-40 = GA 2409 ff.) zu entnehmen.
130Ebenso wenig verfängt der von der Zweitbeklagten in der mündlichen Verhandlung wiederholte Verweis auf das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 10. Dezember 1959 (BGE 85 II 525 = Anl. B2-37 = GA 2389 ff.). Soweit die Zweitbeklagte aus dieser Entscheidung - erkennbar interessengeleitet - selektiv die Formulierung „materiell schlechterdings unhaltbar“ (vgl. BGE 85 II 525 [541] zum einen und Schriftsatz der Zweitbeklagten v. 3.11.2017 Rz. 8 [unter (ii)] zum anderen) herausgreift und reklamiert, (selbst) ein so gekennzeichneter Vereinsausschluss sei unter dem Gesichtspunkt eines offenbaren Rechtsmissbrauchs nicht nichtig, sondern bloß anfechtbar, ist hiermit für ihre Auffassung, die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen seien (jedenfalls) nicht nichtig, nichts gewonnen. Sie blendet nämlich schlichtweg aus, dass der bemühten Referenzentscheidung der Beschluss über eine Vereinsausschließung zu Grunde lag, die tatsächlich auf eine in den Statuten des Vereins existente Bestimmung gestützt war, die ausdrücklich die Möglichkeit der Ausschließung eines Mitglieds für den Fall eröffnete, dass das Mitglied „die Interessen und Bestrebungen des Verbandes schädigt“ (vgl. BG, a.a.O.). In eben diesem Punkt unterscheiden sich der von der Zweitbeklagten reklamierte Referenzfall und der Streitfall, der sein Gepräge gerade durch die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ohne jede entsprechende Ermächtigung in den Verbandsstatuten erhält, indes grundlegend. Dass und weshalb gerade in Ansehung der jüngeren und aktuellen Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen als nichtig anzusehen sind, hat der Senat vorstehend dargelegt; die insoweit maßgeblichen Erwägungen werden (auch) durch die von der Zweitbeklagten bemühte Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts aus 1959 – und zwar ganz offensichtlich – von vornherein nicht berührt.
131(2) Wie aus den obigen Ausführungen unmittelbar folgt, sind die streitbefangenen Disziplinarentscheidungen der WBF vom 23. März 2014 bzw. 16. Juli 2014 nichtig und ist diese Rechtsfolge auf den entsprechenden (Haupt-) Antrag der Kläger festzustellen.
132Vor diesem Hintergrund kann schließlich auf sich beruhen, ob die WBF-Disziplinarordnung im maßgeblichen Zeitpunkt (WM September 2013) überhaupt eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage in der WBF-Satzung (2012) hatte; immerhin gibt es erst seit dem Jahr 2016 den Art. 16 der WBF-Satzung, der sich mit dem Disziplinarrecht des beklagten Weltverbandes befasst.
133b. (Disqualifikationsentscheidung 13. Oktober 2014)
134Keinen Erfolg hat dagegen das Klagebegehren auf Feststellung auch der Unwirksamkeit der Disqualifikationsentscheidung des Executive Council der WBF vom 13. Oktober 2014, Deutschland und allen Mitgliedern der deutschen Seniorenmannschaft den Weltmeistertitel, die Goldmedaillen und jegliche Platzierung bei der WM 2013 abzuerkennen sowie die anlässlich dieser WM erworbenen WBF-Master Points zu streichen; ebenso wenig ist auf den Hilfsantrag der Kläger hin die vorbezeichnete Entscheidung des beklagten Weltverbandes aufzuheben.
135aa. Allerdings greift auch insoweit die auf Art. 13 WBF-Satzung gestützte Schiedseinrede der Beklagten zu 2. nicht durch.
136Unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Grundsätze ist im Ausgangspunkt auch im hier interessierenden Zusammenhang hinsichtlich des Schiedsvereinbarungsstatuts auf das schweizerische Recht abzustellen. Die Aberkennung des WM-Titels sowie die weiteren vom Exekutivrat (Executive Council) ausgesprochenen Rechtsfolgen stehen ganz offensichtlich in untrennbarem Zusammenhang mit der von der WBF im September 2013 veranstalteten WM.
137Dahinstehen kann, ob im Hinblick auf die Anfechtung der Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 der sachliche Anwendungsbereich des Art. 13 WBF-Satzung eröffnet ist und ob einer Anwendung dieser Satzungsbestimmung die Auffassung der Kläger (vgl. Schriftsatz v. 7.11.2017 [GA 2486 ff.], S. 1 ff. [unter I.]) entgegensteht, das Bridgespiel sei kein Sport und der CAS könne ausschließlich in sportrechtlichen Streitigkeiten angerufen werden. Die Schiedseinrede greift jedenfalls deshalb ins Leere, weil die streitige Schiedsvereinbarung wegen Nichteinhaltung der in § 1031 Abs. 5 ZPO statuierten Formanforderungen (zumindest) formnichtig ist; insoweit gelten sinngemäß die bereits im Zusammenhang mit den Disziplinarentscheidungen vom 23. März 2014 bzw. 16. Juli 2014 dargelegten Gründe, auf die an dieser Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
138bb. In der Sache ist das Feststellungsbegehren jedoch unbegründet, dies – wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert hat – aus verschiedenen Gründen:
139(1) Den Klägern steht im Hinblick auf die Disqualifikationsentscheidung bereits kein Klagerecht im Sinne des Art. 75 ZGB zu.
140Bei der Entscheidung des Exekutivrats der WBF handelt es sich allerdings um einen Beschluss im Sinne der genannten Vorschrift, da zu ihnen nicht nur Beschlüsse der Vereinsversammlung gehören, sondern schlechthin endgültige Entscheide aller Vereinsorgane (vgl. Heini/Scherrer in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl. [2007], Art. 75 Rz. 3). Aktivlegitimiert sind jedoch grundsätzlich nur die Vereinsmitglieder, zu denen im Streitfall die Kläger selbst, anders als der DBV, aber nicht gehören.
141Freilich können daneben – wie bereits dargelegt - auch indirekte Mitglieder aktivlegitimiert sein; dies gilt namentlich für Dritte, die sich, wie beispielsweise Sportler während eines Wettkampfs, zeitweise der Sanktionsgewalt eines Verbandes unterstellen (vgl. BG, Urteil v. 15. März 1993, BGE 119 II 271 [276]). Hieraus können die Kläger vorliegend aber keine Klagebefugnis ableiten, weil es bei der Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 nicht um die Anfechtung von gegen sie verhängten Sanktionen geht, sondern um eine Maßnahme, die gegen den DBV als den deutschen Bridge-Nationalverband erlassen worden ist und ausschließlich dessen Rechtssphäre als an der WM 2013 teilnehmenden und die deutsche Mannschaft entsendenden Verband betrifft. Die Kläger sind von der Aberkennung des WM-Titels für die Mannschaft nicht als indirekte Mitglieder, sondern nur reflexartig betroffen, was ihnen aber kein Klagerecht vermittelt. Es war Sache des DBV, über die Frage der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Disqualifikationsentscheidung zu entscheiden; dies haben bereits im ersten Rechtszug auch die Kläger selbst vorgetragen (vgl. Schriftsatz v. 12.6.2015 [GA 456 ff.], S. 15 [letzter Abs.]). Auf sich beruhen kann, ob die Kläger den DBV, nötigenfalls unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes, dazu hätten anhalten können, die – wie erwähnt: sie selbst (nur) reflexartig betreffende – Disqualifikationsentscheidung der WBF fristwahrend anzufechten. Eine unmittelbar gegenüber der WBF durchgreifende Klagebefugnis der Kläger selbst würde hieraus nicht abzuleiten sein; eine solche müsste vielmehr dem Regelwerk des beklagten Weltverbandes zu entnehmen sein. Hierauf sind die Kläger bereits mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 23. Oktober 2017 (GA 2209) ebenso hingewiesen worden wie darauf, dass es sich bei dem Regelwerk der WBF um Vereinsrecht handelt, das weder von § 293 ZPO erfasst wird noch dem Amtsermittlungsgrundsatz unterfällt und das deshalb von ihnen - den Klägern - vorgetragen und notfalls bewiesen werden muss. Zu einer ihnen gemäß den Statuten der WBF zustehenden Befugnis zur Anfechtung der streitbefangenen Disqualifikationsentscheidung haben die Kläger indes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen Vortrag gehalten, was zu ihren Lasten geht.
142(2) Die Kläger haben überdies nicht die in Art. 75 ZGB angeordnete Monatsfrist eingehalten, was – wie bereits im Zusammenhang mit der Beurteilung der Disziplinarentscheidungen ausgeführt – dazu führt, dass die nach dem Sach- und Streitstand nicht ohnehin als nichtig anzusehende Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 unbeschadet etwaiger ihr anhaftender Rechtsmängel gegenüber allen Beteiligten verbindlich ist. Die gemäß Art. 75 ZGB die Monatsfrist auslösende „Kenntnis“ von dem streitbefangenen Beschluss haben die Kläger spätestens am 15. Oktober 2014 erlangt, da die Disqualifikationsentscheidung bereits in der Klageschrift vom selben Tage (GA 1 ff.) - dort auf Seiten 3 f. - erwähnt ist; indes ist die Disqualifikationsentscheidung erstmals mit Schriftsatz vom 12. Juni 2015, mithin - weit - mehr als einen Monat später, zum Gegenstand eines Klageantrages, nämlich auf erneute Zuerkennung des Weltmeistertitels (vgl. GA 471), gemacht worden.
143(3) Unbeschadet der vorstehend unter (1) und (2) erfolgten Ausführungen handelt es sich bei der Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 um die Anwendung und Sanktion sogenannter „Spielregeln“, die ihrerseits „Nichtrecht“ darstellen, mit der Folge, dass diese Entscheidung der richterlichen Beurteilung von vornherein entzogen ist (vgl. in diesem Sinne BG, Urteil v. 21. Januar 1982, BGE 108 II 15 [19 ff.] [unter E.3.]; Richteramt Bern, Urteil v. 22. Dezember 1987, SJZ 84 [1988], 85 [86]).
144Der Senat lässt sich hierbei von der schweizerischen Rechtspraxis leiten, die zwischen Bereichen differenziert, die bei der Abwicklung von Spiel und Sport rechtlicher Regelung zugänglich bzw. davon ausgeschlossen sind. Richterlicher Beurteilung entzogen ist im Hinblick auf diese Abgrenzung die Anwendung namentlich solcher Regeln, die das Spiel in seiner konkreten Ausführung auf dem Spielfeld regeln und insoweit nicht einfach eine bestimmte Spielart abstrakt umschreiben, auf die sich verschiedene Spieler und Spielervereine verpflichten (BG, a.a.O. [20]). Dagegen gerichtlicher Kontrolle zugänglich sind mit einer Spielregel zwar verknüpfte, jedoch getrennt von ihr zu betrachtende besondere Sanktionen wie verbandsinterne Maßregeln (Vereinsstrafen), mit denen die Förderung sportlichen Wohlverhaltens bezweckt wird (BG, a.a.O. [21]). Ebenso richterlicher Überprüfung unterliegen solche Sanktionen, bei denen sich die „Strafe“ auf das Ergebnis eines Spieles oder eines Wettkampfes bezieht, der Tatbestand, an den die Sanktion angeknüpft wird, aber nichts mit einem Spiel, sondern mit allgemeinen Spieler- oder Spielervereinspflichten zu tun hat; so verhält es sich beispielsweise bei der Ahndung verspäteter Bezahlung von Mitgliederbeiträgen mit dem Abzug von Wettkampfpunkten (BG, a.a.O. [21]).
145Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die streitbefangene Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 richterlicher Kontrolle von vornherein entzogen. Sie erschöpft sich, anders als die beiden bereits erörterten Disziplinarentscheidungen vom 23. März 2014 bzw. 16. Juli 2014, in der Bewertung eines Wettkampfergebnisses, ohne über diese Bewertung hinauszureichen und besondere Sanktionen anzuordnen. Außerdem ist die Wettkampfwertung ausweislich der Begründung der Disqualifikationsentscheidung ausschließlich an einen mit dem Wettkampfgeschehen unmittelbar in Zusammenhang stehenden Tatbestand – Vorwurf eines im Spielverlauf angewendeten „Hustencodes“ – geknüpft und wird die Disqualifikation allein auf einen Verstoß gegen auf den Spielablauf bezogene Wettkampfregeln – unerlaubte Verständigung – gestützt.
146Bei dieser Sachlage kommt im Übrigen eine gerichtliche Überprüfung der Disqualifikationsentscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung der Persönlichkeit der Kläger im Sinne der Artt. 28 ff. ZGB in Betracht. Im Sportrecht kommen die genannten Schutznormen zur Anwendung, wenn der Sportler durch eine Verbandsmaßnahme in seiner sportlichen Entfaltung beeinträchtigt wird. Dies ist etwa der Fall, wenn der Athlet wegen einer (angeblichen) Regelverletzung (rechtswidrig) gesperrt wird (vgl. Richteramt Bern, Urteil v. 22. Dezember 1987, SJZ 84 [1988], 85 [87]), wobei die schweizerische Rechtsprechung maßgeblich auf das Persönlichkeitsrecht auf wirtschaftliche Entfaltung abstellt (vgl. BG, Urteil v. 14. März 1997, BGE 123 III 193 [197 f.]). Um einen solchen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Kläger geht es aber nicht; diese sind durch die Entscheidung als solche, der deutschen Mannschaft den WM-Titel abzuerkennen, nicht in ihrer wirtschaftlichen oder sportlichen Entfaltungsmöglichkeit nachteilig betroffen.
147cc. Der von den Klägern hilfsweise gestellte Antrag auf Aufhebung der Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 kann schon aus den vorstehend unter bb. dargelegten Gründen ebenso wenig Erfolg haben wie der auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Entscheidung gerichtete Hauptantrag.
1482. (Zu dem Berufungsantrag Ziff. II.2.)
149Soweit die Kläger die Verpflichtung der Beklagten zu 2. festgestellt wissen wollen, ihnen sämtlichen Schaden aus den nichtigen Disziplinarentscheidungen vom 23. März 2014 bzw. 16. Juli 2014 zu ersetzen, hat dies nur teilweise Erfolg.
150a. Zulässig und begründet ist der Feststellungsantrag, soweit er auf die Erstattung entstandener und künftig – das heißt nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - entstehender immaterieller Schäden gerichtet ist. Solche Schäden, die unter dem Gesichtspunkt einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung im Sinne des Art. 49 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs - Fünfter Teil: Obligationenrecht – [OR] ersatzpflichtig sein können, sind angesichts dessen, dass die von den Disziplinarverfahren ausgehenden Beeinträchtigungen bis heute andauern, hinreichend wahrscheinlich, was für sich genommen zwischen den Parteien nicht im Streit steht und auch keiner näheren Erörterung bedarf.
151b. Nicht durchdringen können die Kläger dagegen mit ihrem auf den Ersatz materieller Schäden gerichteten Feststellungsbegehren. Dieser Antrag ist mangels Vorliegens eines Rechtsschutzinteresses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, weil keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadens besteht (vgl. in diesem Sinne BGH, Urteil v. 27. September 2016 – X ZR 163/12, GRUR 2016, 1257 Rz. 28; vgl. auch BeckOKZPO-Bacher, § 256 Rz. 24).
152Die Kläger, die nach den unangegriffenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bridge als Amateurspieler betreiben, haben zu dem Eintritt eines Schadens bzw. zum Bestehen einer hinreichenden Schadenswahrscheinlichkeit im ersten Rechtszug nur pauschalen und nichtssagenden Sachvortrag gehalten. Dies gilt etwa, soweit sie angegeben haben, die gegen sie verhängten Sperren führten bei ihnen zu einem Schaden und bis zur Aufhebung der Sperren werde weiterer Schaden verursacht (vgl. Schriftsatz v. 31.10.2015 [GA 659 ff.], S. 2 [unter I.]). Um welchen materiellen Schaden es sich konkret handeln soll, bleibt hiernach völlig im Dunkeln; überhaupt keinen Sachvortrag haben die Kläger dazu gehalten, mit welcher Wahrscheinlichkeit in Zukunft mit dem Eintritt welchen Schadens zu rechnen sein soll und woraus sich die Möglichkeit ergeben soll, dass ihnen künftig ein ersatzfähiger materieller Schaden entstehen kann.
153Ein bereits entstandener Schaden oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines zukünftig entstehenden materiellen Schadens liegen auch nicht etwa auf der Hand. Zu ihren Gunsten kann insbesondere nicht die Belastung der Kläger mit den ihnen in den angegriffenen Disziplinarentscheidungen der WBF auferlegten Verfahrenskosten angeführt werden; denn diese Zahlungspflicht erledigt sich – rechtlich wie faktisch - mit der vorliegend erfolgten gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit der streitbefangenen Disziplinarentscheidungen, weshalb daraus ein eigenständiges Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) nicht hergeleitet werden kann. Soweit ein Vermögensschaden in den den Klägern im Rahmen der Disziplinarverfahren der WBF womöglich entstandenen Anwaltskosten liegen könnte, ist auch hierzu kein Sachvortrag gehalten und darüber hinaus dürfte – unterstellt, solche Anwaltskosten wären entstanden - einem Feststellungsinteresse auch der Vorrang der Leistungsklage entgegenstehen (vgl. hierzu nur BGH, Urteil v. 23. Januar 2014 – III ZR 37/13, NJW 2014, 939 Rz. 54; Musielak/Voit-Foerste, § 256 Rz. 12, jew. m.w.N.), da zum Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage gemäß dem Schriftsatz vom 31. Oktober 2015 die Anwaltskosten längst zu beziffern gewesen sein dürften und die Kläger auch insoweit keinen Anhalt für eine abweichende Annahme aufgezeigt haben.
154Zu keiner den Klägern günstigeren Beurteilung führt ihre jedwede Substanz vermissen lassende und von der Beklagten zu 2. zulässig mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestrittene Behauptung aus der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, sie hätten in der Vergangenheit in Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an Bridgeturnieren Sponsorengelder erhalten und – im Falle des Klägers zu 1. – Einnahmen aus der Erteilung von Unterricht im Bridgespiel erzielt. Abgesehen davon, dass ein Verlust von Einnahmen der letztgenannten Art schon keinen Zusammenhang mit den streitbefangenen Disziplinarentscheidungen erkennen lässt und ein solcher Zusammenhang auch nicht aufgezeigt worden ist, sind diese Behauptungen schon im Hinblick auf ihre offensichtliche Substanzlosigkeit prozessual unbeachtlich. Sie sind darüber hinaus aber auch deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sie erstmals in der Berufungsinstanz, mithin verspätet, vorgetragen worden sind und im Sinne von §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 S. 1 ZPO rechtserhebliche Tatsachen für ihre ausnahmsweise Zulassung mangels jeglichen diesbezüglichen Vorbringens (und zudem mit Rücksicht auf jedwedes Fehlen diesbezüglicher Glaubhaftmachung) nicht vorliegen.
1553. (Zu dem Berufungsantrag Ziff. II.3.)
156Ohne Erfolg bleibt der Antrag der Kläger auf Verurteilung der Beklagten zu 2., ihnen erneut den Weltmeistertitel sowie die WBF-Masterpoints für die WM 2013 zuzuerkennen.
157a. Der Antrag ist schon deshalb unbegründet, weil er mit seiner Rechtsfolge die Negierung des auf Aberkennung des Weltmeistertitels bzw. der WBF-Masterpoints erkennenden und – wie oben unter II.A.1.b. bereits dargelegt – schon wegen unterbliebener Anfechtung gemäß Art. 75 ZGB für alle Beteiligten verbindlichen Beschlusses des Exekutivrats der WBF vom 13. Oktober 2014 zum Gegenstand hat. Die von den Klägern begehrte Zusprechung ihres Leistungsbegehrens liefe folglich auf einen unzulässigen Eingriff in die Verbandsautonomie des beklagten Weltverbandes hinaus.
158b. Erfolglos hat der hier interessierende Antrag darüber hinaus auch deshalb zu bleiben, weil – wie schon oben unter II.A.1.b.bb.(3) ausgeführt – die Entscheidung der WBF, das deutsche WM-Team wegen einer den Klägern vorzuwerfenden unzulässigen Verständigung im Sinne der Turnierbridgeregeln von der WM 2013 zu disqualifizieren, sich in der Anwendung bloßer Spielregeln erschöpft und diese Regelanwendung nicht zur Überprüfung durch staatliche Gerichte gestellt werden kann.
159c. Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass den Klägern, die – insoweit unstreitig – bei der WM 2013 lediglich Teil einer aus weiteren Spielern bestehenden Nationalmannschaft gewesen sind, auch die Aktivlegitimation fehlt, „für die Mannschaft“ oder nur alleine für sich den WM-Titel zu fordern oder dessen (erneute) Zuerkennung einzuklagen.
160Wie aus den - oben unter II.A.1.b.bb.(1) – bereits erfolgten Ausführungen zu der den Klägern hinsichtlich der Disqualifikationsentscheidung vom 13. Oktober 2014 fehlenden Anfechtungsbefugnis folgt, könnte vernünftigerweise allein der DBV als der Nationalverband, der die deutsche Mannschaft (und darunter auch die Kläger) zur WM 2013 gemeldet hatte, von der Beklagten zu 2. für das gesamte Team die Wiederzuerkennung des WM-Titels und der Masterpoints verlangen; äußerstenfalls denkbar, wenn freilich schon fernliegend, wäre eine gemeinschaftliche Klagebefugnis aller Teammitglieder. Nicht plausibel ist demgegenüber die Annahme, die beiden Kläger könnten alleine den Anspruch auf Wiederzuerkennung des WM-Titels an die deutsche Mannschaft geltend machen oder ihnen stehe – jeder für sich – ein dahingehender Anspruch zu. Bezeichnenderweise sind auch die Kläger selbst, auch vor dem Hintergrund der bereits erwähnten Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 23. Oktober 2017 (GA 2209), bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage gewesen, eine Anspruchsgrundlage zu benennen und ihre Aktivlegitimation darzulegen. Vielmehr haben sie – wie bereits ausgeführt - selbst vorgetragen, dass der jeweilige Nationalverband die Titelaberkennung anfechten könne und der DBV die Frist für einen solchen Antrag habe verstreichen lassen.
161Ebenso wenig können die Kläger im hier interessierenden Zusammenhang auf eine Leistung an sich selbst klagen. Nichts anderes gilt – anders als die Berufung meint - unter dem Gesichtspunkt des Instituts der „actio pro socio“. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Schweiz wird unter der "actio pro socio" das Recht jedes Gesellschafters verstanden, von Mitgesellschaftern die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft zu verlangen und im eigenen Namen Klage auf Leistung an die Gesellschaft zu erheben (vgl. BG, Urteil v. 11. August 2010 - 4A-275/2010, unter E.5.1). Dabei kann die "actio pro socio" nur gegen Gesellschafter, nicht indessen gegen Dritte erhoben werden (vgl. BG, a.a.O., unter E.5.3). Vorliegend klagen die Kläger indes nicht auf Leistung an das deutsche Team, sondern an sich selbst und sie nehmen auch nicht den deutschen Nationalverband oder die anderen Mannschaftsmitglieder in Anspruch, sondern vielmehr die WBF.
1624. (Zu den Berufungsanträgen Ziff. II.4.)
163Zu verwerfen sind die übrigen Feststellungsanträge, da diese – und zwar ganz offensichtlich – unzulässig sind.
164a. Der auf Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. gerichtete Feststellungsantrag entbehrt in sowohl zeitlicher als auch gegenständlicher Hinsicht jedweder Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und ist schon deshalb zu verwerfen. Dem derart weit gefassten und, soweit er ohne zeitliche Grenze in die Zukunft gerichtet ist, geradezu abwegigen, Antrag würde auch in der Sache nicht stattzugeben sein, weil dazu ein lückenloser Sachvortrag und Nachweis erforderlich wäre, der ausschließt, dass irgendwann zwischen den Parteien irgendein Rechtsverhältnis bestanden hat; an solchem Vorbringen der Kläger fehlt es völlig. Für eine so weitgehende Feststellung ist zudem auch ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO weder ansatzweise dargelegt noch sonst ersichtlich.
165b. Soweit die Kläger festgestellt wissen wollen, dass die von der WBF erlassenen Turnierbridgeregeln gemäß ihrem Stand im Jahr 2007 „Grundlage“ der WM 2013 gewesen seien, ist dies unzulässig, weil sie hiermit schon nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 ZPO, sondern lediglich eine vorgelagerte abstrakte „Rechts“-Frage geklärt haben möchten.
166c. Ebenso wenig können die Kläger eine Feststellung betreffend die Auslegung der vorbezeichneten Bridgeregeln erlangen, da es auch insoweit lediglich um abstrakte „Rechts“-Fragen, dagegen nicht um ein bestehendes oder nicht bestehendes Rechtsverhältnis geht.
167B.
168In nur sehr geringem Umfang dringt die Beklagte zu 1. mit ihrem Rechtsmittel durch. Die Berufung scheitert insbesondere in ihrem Angriff auf die vom Landgericht getroffene Feststellung der Unwirksamkeit der streitbefangenen Disziplinarentscheidungen des DBV.
1691. (Zum verbandsgerichtlichen Urteil des SDG des DBV vom 4. Oktober 2014)
170Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die im verbandsgerichtlichen Hauptverfahren am 4. Oktober 2014 zum Nachteil der Kläger ergangene Disziplinarentscheidung des vom DBV eingerichteten SDG unwirksam ist. In Ergänzung der vorliegend zur Vermeidung von Wiederholungen in Bezug genommenen Gründe des angefochtenen Urteils führt der Senat hierzu das Folgende aus:
171a. Nach dem - im hiesigen Kontext unzweifelhaft einschlägigen - Maßstab des deutschen materiellen Rechts unterliegen verbandsgerichtliche Entscheidungen wie die streitbefangene Disziplinarentscheidung des SDG des DBV der gerichtlichen Kontrolle. Der Umfang der Nachprüfung ist jedoch mit Rücksicht auf die grundrechtlich geschützte Vereinsautonomie (Art. 9 GG) teilweise eingeschränkt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf das staatliche Gericht prüfen, ob der Betroffene der Vereinsstrafgewalt unterliegt, die Strafe eine ausreichende Grundlage in der Satzung hat und das in der Satzung oder Vereinsordnung festgelegte Verfahren sowie allgemein gültige Verfahrensgrundsätze eingehalten worden sind. Darüber hinaus unterliegen auch die dem Strafbeschluss zu Grunde liegenden Tatsachenfeststellungen einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit. Die den staatlichen Gerichten eröffnete Überprüfung der Subsumtion und der Bemessung der Strafe ist grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Strafe willkürlich oder grob unbillig ist. Die Anwendung des Vereinsrechts und die Strafbemessung sind indes darüber hinaus vollständig gerichtlich nachprüfbar, wenn es sich um die Disziplinarmaßnahme eines Vereins handelt, den wegen seiner überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine Aufnahmepflicht trifft. In einem solchen Fall erstreckt sich die Kontrollbefugnis des angerufenen Gerichts auch auf die inhaltliche Angemessenheit der angewandten Bestimmungen gemäß § 242 BGB, die einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen des Verbandes und den schutzwürdigen Interessen derjenigen herstellen müssen, die seiner Verbandsgewalt unterworfen sind; eine AGB-Kontrolle findet dagegen nicht statt (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil v. 19. Oktober 1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265, Rz. 15 bei juris – Gewerkschaftsfremde Liste; Urteil v. 28. November 1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 Rz. 31 bei juris; Urteil v. 9. Juni 1997 – II ZR 303/95, NJW 1997, 3368 und [3370] [unter B.I. bzw. B.IV.]; vgl. auch Senat, Urteil v. 11. Oktober 2017 – VI-U (Kart) 9/17, Rz. 64 bei juris m.w.N. [in NZKart 2017, 598 nicht abgedruckt] – Selbstablehnung im Verbandsgerichtsverfahren; Urteil v. 23. Juli 2014 – VI-U (Kart) 40/13, Rz. 23 bei juris).
172b. Das Urteil des SDG unterliegt der vollständigen gerichtlichen Überprüfung im Sinne der vorstehend genannten Grundsätze. Bridgespieler in Deutschland wie die Kläger können dieses Spiel – wie zwischen den Parteien außer Streit steht - national wie international nur dann ausüben, wenn ihre Vereine Mitglied in dem nach dem Ein-Platz-Prinzip organisierten beklagten Nationalverband sind. Hiervon ausgehend sind sämtliche Aussprüche in dem angefochtenen Verbandsurteil rechtswidrig und den Klägern gegenüber unwirksam. Auf sich beruhen kann in diesem Zusammenhang, ob und inwieweit im Einzelnen die Kläger der Disziplinargewalt des DBV unterliegen, die Aussprüche des SDG eine ausreichende Rechtsgrundlage haben und ob das Disziplinarverfahren ohne erhebliche rechtliche Fehler durchgeführt worden ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der gegen die Kläger erhobene Vorwurf einer regelwidrigen Verständigung im Rahmen des Endspiels der WM 2013 tatsächlich zutrifft. Rechtswidrig und unwirksam sind die Aussprüche des SDG jedenfalls deshalb, weil die mit ihnen durch den - sozial mächtigen - DBV verhängten Sanktionen nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl. in diesem Sinne etwa – in Bezug auf den Vereinsausschluss – BGH, Urteil v. 19. Oktober 1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265, Rz. 15 bei juris – Gewerkschaftsfremde Liste; Urteil v. 9. Juni 1997 – II ZR 303/95, NJW 1997, 3368 [3370] [unter B.IV.]) bzw. nicht der Billigkeit entsprechen (vgl. in diesem Sinne BGH, Urteil v. 28. November 1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 Rz. 31 bei juris). Darüber hinaus sind die Sanktionen unter dem Gesichtspunkt der Strafzumessung durchgängig mit derart schwerwiegenden Rechtsfehlern behaftet, dass dem Landgericht in seiner Beurteilung zu folgen ist, dass die vom SDG ausgesprochenen Disziplinarmaßnahmen sogar grob unbillig sind und folglich nicht einmal den Anforderungen genügen, die in Bezug auf Verbandsstrafen nicht mächtiger Verbände (ohne Aufnahmeanspruch) zu stellen sind.
173Hinsichtlich der einzelnen im streitbefangenen Verbandsurteil vom 4. Oktober 2014 erfolgten Aussprüche des SDG gilt in diesem Zusammenhang Folgendes:
174aa. (Zu den Aussprüchen Ziff. 1. und 2.)
175Soweit die nationale Disziplinarentscheidung in ihren Aussprüchen zu Ziff. 1. und 2. die von dem beklagten Weltverband gegen die Kläger verhängten Disziplinarmaßnahmen aufführt, handelt es sich der Sache nach um eine bloße Wiedergabe dieser Sanktionen ohne selbständigen Regelungsgehalt. Es spricht nämlich nichts dafür, dass das SDG die von dem Weltverband verhängten Sanktionen nochmals selbst anordnen wollte, zumal da dies ganz offensichtlich von seiner Befugnis nach § 19 Abs. 4 Buchst. d) der Satzung des DBV (fortan: DBV-Satzung) nicht gedeckt wäre, weil dort ausschließlich eine Sperre für Turniere im Bereich des DBV bzw. auf dem DBV untergeordneter Ebene vorgesehen ist.
176Die Wiedergabe der von der WBF verhängten Sanktionen ist freilich gegenstandslos, nachdem die zu Grunde liegenden Disziplinarentscheidungen des beklagten Weltverbandes – wie oben unter II.A. dargelegt – nichtig sind und dies der Senat vorliegend auch gegenüber der WBF feststellt.
177Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse, diese Gegenstandslosigkeit gerichtlich festzustellen zu lassen.
178bb. (Zu den Aussprüchen Ziff. 3. bis 5.)
179Die nach näherer Maßgabe der Aussprüche zu Ziff. 3. bis 5. gegen die Kläger verhängten Sperren könnten zwar womöglich, was hier allerdings nicht zu entscheiden ist, ihre rechtliche Grundlage in § 19 Abs. 3 Buchst. b), Abs. 4 Buchst. d) DBV-Satzung haben. Die den Sanktionen zu Grunde liegenden Zumessungserwägungen sind aber mit derart schwerwiegenden und groben Rechtsfehlern behaftet, dass die hier zur Debatte stehenden Aussprüche keinen Bestand haben können.
180(1) Dies liegt zum einen darin begründet, dass schon nicht festgestellt werden kann, dass das SDG – wie es aber rechtlich geboten gewesen ist – überhaupt eigene Sanktionszumessungserwägungen angestellt und zur Wirkung gebracht hat.
181Vielmehr ist im Gegenteil davon auszugehen, dass das SDG sich bei der Bemessung der Strafen entscheidend von der – mit Rücksicht auf den Grundsatz der Vereinsautonomie und das offensichtliche Fehlen jedes sachlichen Grundes grob fehlerhaften - Auffassung hat leiten lassen, zu einer Harmonisierung dieser Strafen mit den vom beklagten Weltverband gegen die Kläger zuvor verhängten Sanktionen verpflichtet zu sein und aus diesem Grund von vornherein keine selbständig tragenden Erwägungen zur Zumessung der Sanktionen angestellt hat.
182Dies folgt insbesondere aus der Tatsache, dass das SDG in seiner angefochtenen Entscheidung vom 4. Oktober 2014 an mehreren Stellen – in der Sache unzutreffend - betont, dass der DBV verpflichtet sei, die von der WBF für internationale Turniere verhängten Sanktionen auf nationale Turniere zu erstrecken bzw. die international verhängten Sperren in nationales, verbandseigenes Recht zu übertragen (vgl. hierzu die angefochtene Disziplinarentscheidung des SDG, Seite 9 [2. und 4. Absatz], Seite 18 [4. Absatz], Seite 19 [3. Absatz]).
183Für die vorstehende Beurteilung spricht zudem, dass das SDG es mit Blick auf den ordre public allein für geboten hält, die den Klägern zur Last gelegten Verfehlungen aufgrund eigener Beweiswürdigung festzustellen (vgl. hierzu die angefochtene Disziplinarentscheidung des SDG, Seite 9 [3., 4. und 5. Absatz], Seite 19 [2. Absatz]) und dementsprechend allein zur der Frage, ob den Klägern die zur Last gelegte Verfehlung nachgewiesen ist, eine eigene Prüfung vornimmt und dazu im Einzelnen ausführt.
184Dass eigene selbständige Zumessungserwägungen bei der Verhängung der Sanktionen für das SDG tatsächlich nicht von rechtserheblicher Bedeutung gewesen bzw. nicht wirksam gemacht worden sind, kommt des Weiteren auch darin zum Ausdruck, dass das SDG (auf Seite 12 seines Urteils vom 4. Oktober 2014 im Abschnitt „Disziplinierungs-Gebot“) zwar hervorhebt, dass auch bei der „Todsünde“ von unerlaubten Absprachen „eine lebenslange Sperre … nicht durchweg dem Gebot der Verhältnismäßigkeit“ entspreche, wobei im Entscheidungsfall das Alter und die daraus resultierende Lebenserwartung der Kläger zu berücksichtigen seien, diese Gesichtspunkte im weiteren Verlauf des Urteils aber nicht mehr aufgreift; stattdessen hat das SDG den Antrag des DBV-Disziplinaranwalts, von einer lebenslangen Sperre für gemeinsame Paar-Auftritte abzusehen, vorrangig mit der Begründung zurückgewiesen, „dass dies den der WBF gegenüber eingegangenen Verpflichtungen widersprechen könnte“ (vgl. Seite 19 [3. Absatz] des Verbandsurteils vom 4. Oktober 2014).
185Ergänzend bleibt festzuhalten, dass äußerst fraglich erscheint, ob eigene Zumessungsüberlegungen des Nationalverbandes dann obsolet sein könnten, wenn dieser satzungsrechtlich gehalten wäre, vom Weltverband verhängte Sperren für den eigenen nationalen Bereich zu übernehmen. Diese Frage kann vorliegend auf sich beruhen, denn – wie aus den oben unter II.A. erfolgten Ausführungen unmittelbar folgt - eine solche Pflicht ist den Statuten des beklagten Weltverbandes und insbesondere auch Art. 2 der WBF-Disziplinarordnung (2011) mitnichten zu entnehmen. Der letztgenannten Bestimmung ist lediglich zu entnehmen, dass die WBF von dem betreffenden Nationalverband eine Ahndung von Verfehlungen erwartet, weil er den Nationalverband für das Verhalten seiner Mitglieder „haftbar“ macht. Eine Pflicht des Nationalverbandes, die von der WBF gegen einen Spieler verhängten Sanktionen auf die eigenen nationalen Wettkämpfe zu übertragen, scheidet schon deshalb aus, weil die WBF nach Art. 2 WBF-Disziplinarordnung (2011) gar keine Sanktionen gegen einzelne Spieler verhängen durfte, solche Sanktionen vielmehr von vornherein – ganz offensichtlich – nicht vorgesehen waren.
186Soweit sich in dem Verbandsurteil des SDG zwar an einigen Stellen Zumessungserwägungen finden (vgl. dort Seite 12 [2. und 4. Absatz], Seite 19 [3. Absatz]), ist aber dem Urteilstext nicht ansatzweise zu entnehmen, dass sich das Verbandsgericht von seiner mehrfach hervorgehobenen – aber tatsächlich gar nicht bestehenden – Pflicht zur Übertragung der vom beklagten Weltverband verhängten Sanktionen gelöst und ergebnisoffen eine eigenständige Sanktionszumessung vorgenommen hat. Im Gegenteil ist in den Blick zu nehmen, dass – wie vorstehend bereits erwähnt – das SDG den Antrag des DBV-Disziplinaranwalts, von einer lebenslangen Sperre der Kläger hinsichtlich gemeinsamer Paar-Auftritte abzusehen, in erster Linie mit der – unzutreffenden - Erwägung zurückgewiesen hat, zu einer Harmonisierung der auf nationaler bzw. internationaler Ebene zu verhängenden Sanktionen wohl verpflichtet zu sein. Es verbleibt deshalb dabei, dass eigene und autonome Zumessungserwägungen des SDG nicht festgestellt werden können, weshalb die Disziplinarentscheidung vom 4. Oktober 2014 schon aus diesem Grund unwirksam ist.
187(2) Zum anderen sind die im Text der streitbefangenen Disziplinarentscheidung erörterten Zumessungserwägungen in mehrfacher Hinsicht grob fehlerhaft, weshalb die Sanktionsaussprüche auch dann als unwirksam anzusehen sein würden, wenn ihnen autonome Überlegungen des Verbandsgerichts des DBV zu Grunde gelegen hätten.
188(2.1) Grob fehlerhaft ist die Aussage der Disziplinarentscheidung, es lägen „keine … entlastenden Tatsachen …“ vor (vgl. Verbandsurteil S. 17 [vorl. Gliederungspunkt]). Dabei übersieht das SDG bereits, dass es sich bei den Klägern – ein Verstoß gegen die Wettkampfregeln unterstellt - um Ersttäter handelt, die bislang jahrzehntelang beanstandungsfrei national und international an Wettkämpfen teilgenommen haben. Hierin und in der hiermit verbundenen besonderen Strafempfindlichkeit der Kläger liegt freilich ein geradezu klassischer Strafmilderungsgrund. Deswegen bedarf in diesem Fall die Verhängung vor allem einer lebenslange Sperre (Höchststrafe) – wie vorliegend für gemeinsame Paar-Auftritte der Kläger -, aber auch so langer Sperren wie im Streitfall insbesondere derjenigen über zehn Jahre für Auftritte der Kläger mit jeweils dritten Partnern bei Turnieren im Sinne von § 2 Nrn. 3 und 4 der vom DBV verabschiedeten Turnierordnung (DBV-Turnierordnung) der besonderen Begründung und Rechtfertigung, woran es der angefochtenen Verbandsentscheidung indes völlig fehlt.
189(2.2) Das Urteil des SDG setzt sich des Weiteren rechtsfehlerhaft entweder nicht oder nur unzutreffend mit den individuellen Wirkungen der ausgesprochenen Sanktionen unter dem Gesichtspunkt des Lebensalters der beiden Kläger auseinander. Wie das SDG in tatsächlicher Hinsicht noch zutreffend erkannt hat, waren die Kläger zum Zeitpunkt der Disziplinarentscheidung (fast) 64 Jahre – Kläger zu 1. – bzw. 72 Jahre – Kläger zu 2. – alt. Es liegt bei dieser Sachlage, und zwar auch ohne eine in die Tiefe gehende Einzelprüfung, auf der Hand, dass in ihrer Wirkung jedenfalls auch die vorerwähnten Turniersperren über eine Dauer von zehn Jahren im Hinblick auf allgemein bekannte Erfahrungswerte der allgemeinen Lebenserwartung von Männern in Deutschland in fühlbare Nähe einer lebenslangen Sperre rücken. Umso mehr bedürfen folglich auch diese Sperren einer entsprechenden Begründung und Rechtfertigung, was das SDG jedoch bei seiner Entscheidung vom 4. Oktober 2014 völlig verkannt und außer Acht gelassen hat.
190Grob fehlerhaft sind die im Rahmen der „Begründung“ in diesem Zusammenhang erfolgten Ausführungen des SDG (vgl. Disziplinarentscheidung S. 17 [vierter Gliederungspunkt], der Kläger zu 2. greife zu „völlig unseriösen Verdächtigungen“, weshalb ihn die verhängten Sanktionen wegen seines höheren Alters „zu Recht härter“ träfen. Das im Vergleich zu dem Kläger zu 1. höhere Alter des Klägers zu 2. ist für sich genommen allenfalls ein Milderungsgrund, keinesfalls aber ein Grund für die Verhängung einer schärferen oder faktisch schärfer wirkenden Sanktion. Dass sich der Kläger zu 2. im verbandsgerichtlichen Verfahren als „widerspenstig“ gezeigt haben soll („völlig unseriöse[.] Verdächtigungen“), ist – ganz offensichtlich - kein sachlicher Grund für eine schärfere Sanktion, zumal da eine mangelnde Einsicht des Klägers zu 2. in das Unrecht der – unterstellten – Verfehlung und eine hieraus folgende Gefahr weiterer Wettkampfverstöße aus dem „widerspenstigen“ Verfahrensverhalten für sich genommen jedenfalls nicht abgeleitet werden können. Dies gilt umso mehr, als zudem auch völlig unklar ist, welche konkreten Vorfälle das SDG als „unseriöse Verdächtigungen“ betrachtet und bei der Strafzumessung berücksichtigt hat.
191(2.3) An einem besonders groben Rechtsfehler leiden die in dem Verbandsurteil niedergelegten Strafzumessungsgründe insoweit, als das SDG zu Lasten der Kläger berücksichtigt hat, dass diese „keinerlei Einsicht oder Reue gezeigt“ hätten (vgl. Disziplinarentscheidung S. 19 [3. Abs.]).
192Das Fehlen einer von dem Beschuldigten in einem Straf- oder Disziplinarverfahren gezeigten Reue für sich genommen rechtfertigt eine Schärfung der zu bemessenden Strafe schlechterdings nicht. Dies gilt allein schon deshalb, weil anderenfalls das Recht des Beschuldigten ausgehebelt zu werden drohte, sich in einem gegen ihn geführten Verfahren nicht selbst belasten zu müssen („Nemo tenetur se ipsum accusare“). Dieses Recht eines jeden Beschuldigten gehört zu den wesentlichen Grundprinzipien eines dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit entsprechenden Strafverfahrens. Mangels jedweden sachlich gerechtfertigten Grundes für eine abweichende Betrachtung ist dieses Verfahrensgrundrecht auch im vereinsrechtlichen Disziplinarverfahren zu beachten. Dem entspricht, dass der Bundesgerichtshof darauf erkannt hat, dass angesichts des Charakters einer Sanktion als einer personenrechtlichen Verbandsdisziplinarstrafe es sich von selbst verstehe, dass der Verband die Grundlagen für deren Verhängung in einer auch die entlastenden Umstände umfassenden, fairen Untersuchung, zu der auch die Gewährung rechtlichen Gehörs gehört, selbst ermitteln müsse und der der Verbandsdisziplinargewalt unterworfene Beschuldigte im Rahmen der verbandsrechtlichen, disziplinarischen Ermittlungen in keiner Weise zur Mitwirkung gegenüber dem Verband verpflichtet und nicht gehalten sei, die Ermittlung von Art und Umfang ihm zur Last gelegter Verstöße gegen die Statuten des Verbandes zu ermöglichen oder auch nur zu erleichtern (vgl. BGH, Urteil v. 2. Dezember 2002 – II ZR 1/02, NZG 2003, 230, Rz. 15 bei juris m.w.N.); dieser Rechtsauffassung folgt der erkennende Senat.
193Die dem Urteil des SDG vom 4. Oktober 2014 zu entnehmenden Zumessungserwägungen verletzen die vorgenannten Anforderungen an ein rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätzen entsprechendes Disziplinarverfahren in gröbster Weise. Dabei kann auf sich beruhen, ob das SDG den Klägern strafschärfend tatsächlich eine fehlende Reue oder aber nicht vielmehr ihr Leugnen der ihnen zur Last gelegten Verfehlung vorgeworfen hat; für beide Möglichkeiten gibt es schlechterdings keine Rechtfertigung.
194(2.4) Der vorstehend aufgezeigte – und als solcher denkbar schwerstwiegende – Mangel der angefochtenen Disziplinarentscheidung erfährt auch durch die von dem SDG in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen eines „ungebührlichen Verhaltens“ der Kläger im Disziplinarverfahren – wie die an vorgenannter Stelle der Verbandsentscheidung dargelegten Angriffe auf Verbandsrichter der WBF – mitnichten eine Rechtfertigung. Das insoweit zur Debatte stehende Verhalten lässt für sich genommen insbesondere nicht den Schluss zu, dass die Kläger sich zu dem ihnen vorgeworfenen Verhalten für berechtigt halten und auf Grund fehlender Unrechtseinsicht eine Tat wie die ihnen im Hinblick auf das WM-Finale 2013 vorgeworfene wiederholen werden. Nur auf diese Aspekte kann es indes für die Frage ankommen, welche Dauer der Sperre zur Einwirkung auf die Kläger und zum Schutz des Bridgespiels vor Regelverstößen erforderlich ist.
195(2.5) Mit dem bereits unzulässigen Vorwurf einer den Klägern fehlenden Einsicht bzw. Reue ist ein weiterer dem Urteil des SDG anhaftender, ebenfalls grober Rechtsfehler verbunden, soweit das Verbandsdisziplinargericht des DBV meint, hieraus die Gefahr ableiten zu können, die Kläger könnten auch noch nach Ablauf von zehn Jahren Handlungen begehen, „die den Turnierverlauf erheblich zu beeinträchtigen geeignet“ sind (vgl. Disziplinarentscheidung S. 19 [3.Abs.]).
196Diese vom SDG reklamierte Schlussfolgerung entbehrt in der Sache jedweder Belastbarkeit. Die Disziplinarentscheidung lässt vollkommen im Dunkeln, um welches künftige Fehlverhalten es bei den „Aktionen“ (vgl. Disziplinarentscheidung a.a.O.) konkret gehen soll und wieso das Verhalten im Disziplinarverfahren und welches Verhalten konkret welche Handlungen im Wettkampf erwarten lassen sollen. Sanktionsrechtlich relevant können von vornherein nur solche zukünftigen Verfehlungen der Kläger sein, die (1.) einer disziplinarrechtlichen Ahndung zugänglich sind und (2.) einen hinreichenden Bezug zum vorliegend in Rede stehenden Vorwurf der verbotenen Absprachen besitzen; über die Gefahr solcher Verfehlungen ist der angefochtenen Disziplinarentscheidung freilich nichts zu entnehmen, was allein schon zur Unwirksamkeit der hier zur Beurteilung stehenden Sperren führt.
197Hinzu kommt, dass sich das SDG mit der Feststellung begnügt, künftige „Aktionen“ der Kläger seien „nicht auszuschließen“ (vgl. Disziplinarentscheidung a.a.O.), was für sich genommen ebenfalls rechtsfehlerhaft ist, weil diese Formulierung eine zu geringe Beweisanforderung an einen sanktionsschärfenden Umstand offenbart; insoweit zu fordern ist vielmehr die richterliche Überzeugung in Bezug auf den Umstand.
198(3) Die Ausführungen der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung. Sie berühren die vorstehend unter (1) und (2) dargelegten Erwägungen ganz weitgehend schon nicht und können bereits aus diesem Grund nicht verfangen. Soweit sie sich überhaupt mit einzelnen der aufgezeigten Rechtsmängel der streitbefangenen Disziplinarentscheidung des SDG befassen, überzeugen sie durchgängig nicht und sind sie in Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht annäherungsweise geeignet, den Bestand der Verbandsentscheidung im Verhältnis zu den Klägern zu rechtfertigen.
199Nicht nur wegen der vielen anderweitigen groben Rechtsfehler der angefochtenen Disziplinarentscheidung von vornherein unerheblich, sondern auch im konkreten Punkt selbst völlig unbehelflich sind die Versuche der Berufung, das streitbefangene Urteil des SDG mit der Behauptung einer tatsächlich höheren Lebenserwartung der Kläger als erstinstanzlich vom Landgericht angenommen zu rechtfertigen (vgl. Berufungsbegründung v. 14.7.2017 [GA 1962 ff.], S. 3 f. [unter a)]. Die insoweit von der Berufung selbst reklamierten Zahlen – Lebenserwartungen der Kläger von weiteren achtzehn (Kläger zu 1.) bzw. dreizehn Jahren (Kläger zu 2.) – sind bereits für sich genommen mitnichten geeignet, die Charakterisierung der auf die Dauer von zehn Jahren bemessenen Sperren als an die Grenze zu lebenslangen Sperren heranreichend in Frage zu stellen. Dies liegt zumindest im Falle des Klägers zu 2. schon bei bloßer Betrachtung der genannten Zahlen auf der Hand und folgt im Übrigen aus einer vergleichenden Betrachtung des Alters der Kläger bei Erlass der Disziplinarentscheidung und des Anteils der Dauer der Sperren von zehn Jahren an der (von der Berufung behaupteten) Lebenserwartung der Kläger zum Zeitpunkt der Disziplinarentscheidung. Von weiteren Ausführungen zu diesem Gesichtspunkt sieht der Senat im Hinblick auf die aufgezeigte Vielzahl von offensichtlichen und schwer- bis schwerstwiegenden Rechtsfehlern, die der streitbefangenen Zumessungsentscheidung des SDG unter verschiedenen Gesichtspunkten anhaften, ab. Der Senat beteiligt sich auch nicht an den überflüssigen Gedankenspielen des Erstbeklagten, soweit dieser völlig substanzlos über eine überdurchschnittliche Lebenserwartung der Kläger im Hinblick auf eine bei diesen angeblich festzustellende „Ausdauer“, „Zähigkeit“ bzw. „Streitbarkeit“ spekuliert.
200Die übrigen Ausführungen der Berufung, insbesondere zu einem angeblichen Widerspruch zwischen dem vorliegend angefochtenen Urteil des Landgerichts und der Entscheidung desselben Gerichts in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 31 O [Kart] 444/14 vom 9. April 2015 (vgl. Berufungsbegründung v. 14.7.2017, S. 4 f. [unter b)], einer nur begrenzten Reichweite der Sperren (vgl. Berufungsbegründung, S. 6 f. [unter c)] und ferner S. 7 f. [unter e)] sowie einer angeblich fehlerhaften Relativierung des den Klägern vorgeworfenen Wettkampfverhaltens durch das Landgericht (vgl. Berufungsbegründung, S. 7 [unter d)] binden den Senat in der Bildung seiner Rechtsauffassung nicht, liegen teilweise neben der Sache und dringen durchweg nicht gegen die von ihnen bereits nicht berührten und vorstehend unter (1) und (2) dargelegten Erwägungen durch.
201cc. (Zu dem Ausspruch Ziff. 6.)
202Das den Klägern nach näherer Maßgabe des Ausspruchs Ziff. 6. auferlegte Verbot der Bekleidung von Ämtern und Funktionen ist rechtswidrig, auch wenn die Sanktionen, was auf sich beruhen kann, eine Grundlage in § 19 Abs. 3 Buchst. b), Abs. 4 Buchst. c) DBV-Satzung finden sollten. Die vorstehend unter bb. aufgezeigten fehlenden und fehlerhaften Zumessungserwägungen infizieren auch diesen Urteilsausspruch des SDG und machen diesen folglich ebenfalls unwirksam.
203dd. (Zu dem Ausspruch Ziff. 7.)
204Das in Ziffer 7. ausgesprochene Verbot an die Mitgliedvereine und Regionalverbände des DBV, die Kläger für die Dauer von zehn Jahren als Gastspieler zuzulassen, wirft mehrere grundsätzliche Fragen auf: Den Mitgliedvereinen und den Regionalverbänden wird hiernach ein Verbot auferlegt, obschon sie am streitbefangenen Disziplinarverfahren überhaupt nicht beteiligt waren. Das nach dem Wortlaut des Ausspruchs an die Mitgliedvereine und Regionalverbände adressierte Verbot kann unter § 19 Abs. 3 Buchst. b), Abs. 4 Buchst. d) DBV-Satzung nicht subsumiert werden, so dass im Dunkeln bleibt, worin die Rechtsgrundlage für den Ausspruch liegen soll. Fraglich bleibt auch, ob der Ausspruch neben den in den Ziffern 3. bis 5. der streitbefangenen Disziplinarentscheidung verhängten Sperren überhaupt einen eigenen Regelungsgehalt besitzt und überhaupt eine Notwendigkeit für das weitere Verbot besteht.
205Unabhängig vom Vorstehenden erstrecken sich die schon dargelegten fehlenden und zudem fehlerhaften Zumessungserwägungen des SDG auch auf diesen Urteilsausspruch und machen ihn folglich ebenfalls unwirksam.
206c. Aus den oben genannten Gründen sind die Aussprüche des Urteils des SDG vom 4. Oktober 2014 gegenüber den Klägern unwirksam. Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse an der Feststellung dieser Unwirksamkeit.
207Anders als die Berufung meint (vgl. Berufungsbegründung S. 8 [unter f)], kommt eine Abänderung der verbandsgerichtlichen Disziplinarentscheidung durch den Senat (oder nach einer Zurückverweisung des Verfahrens durch das Landgericht) in Gestalt einer Herabsetzung der Sanktionen gegen die Kläger von vornherein nicht in Betracht. Mit ihrem Ansatz verkennt die Berufung, dass das staatliche Gericht keine (weitere) Rechtsmittelinstanz gegenüber den zuständigen Vereinsorganen ist und die Entscheidung des Vereinsgerichts nicht aufheben kann. Es kann eine Maßnahme oder Entscheidung des zuständigen Vereinsorgans weder aufheben noch abändern, weil es andernfalls in die Vereinsautonomie (Art. 9 GG) eingriffe, und stellt daher im Verhältnis zum Vereinsmitglied nur fest, ob eine Maßnahme oder Entscheidung des Vereins dem Vereinsmitglied gegenüber wirksam oder unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil v. 23. April 2013 – II ZR 74/12, NZG 2013, 713 Rz. 32; vgl. in diesem Sinne auch BGH, Urteil v. 2. Juli 2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Rz. 36; OLG Hamm, Urteil v. 21. Dezember 2015 – I-8 U 51/15, Rzn. 36 f., alle m.w.N.).
2082. (Zu den einstweiligen Anordnungen des SDG)
209Mit Anordnung des SDG vom 7. April 2014 sind die Kläger einstweilen bis zum Abschluss des Berufungsdisziplinarverfahrens vor der WBF suspendiert worden; unter dem 27. Juli 2014 ist die vorläufige Suspendierung der Kläger bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vor dem deutschen Verbandsgericht verlängert worden (vgl. Anl. zum Sitzungsprotokoll vom 15. November 2017 = GA 2612 f.). Die Suspendierung bezog sich in beiden Fällen auf alle DBV-Mannschaftswettbewerbe auf nationaler und internationaler Ebene sowie auf die Turniere im Bereich des DBV.
210Auch diese beiden einstweiligen Anordnungen sind rechtlich fehlerhaft und den Klägern gegenüber unwirksam, und zwar selbst dann, wenn das SDG für ihren Erlass zuständig war und insoweit als Ermächtigungsgrundlage § 19 Abs. 7 DBV-Satzung in Betracht kommt.
211a. Die einstweilige Anordnung dient dem Ziel, die Verhängung einer verbandsrechtlichen Sanktion des DBV sicherzustellen oder im Rahmen der bestehenden Sanktionsbefugnis des DBV eine einstweilige Regelung zu treffen. Vor diesem Hintergrund kommen einstweilige Anordnungen von vornherein nur in Betracht, wo die Sanktionsgewalt des DBV besteht und die DBV-Satzung die Verhängung einer Sanktion ermöglicht. Nach § 19 Abs. 4 Buchst. d) DBV-Satzung kann der DBV eine Sperre für die „Teilnahme an Verbandsturnieren im Bereich des DBV, eines seiner Regionalverbände oder eines seiner Mitgliedsverbände“ verhängen. Die streitbefangenen Anordnungen vom 7. April 2014 bzw. 27. Juli 2014 sind folglich von vornherein rechtswidrig, soweit sie die Kläger für Mannschaftswettbewerbe des DBV auf internationaler Ebene suspendiert haben; denn solche internationalen Wettkämpfe sind keine Verbandsturniere im Bereich des DBV oder einer dem DBV untergeordneten Ebene.
212An dieser Beurteilung ändert der nicht stichhaltige Hinweis in der einstweiligen Anordnung vom 7. April 2014, der DBV sei nach Nr. 31 der „Dallas-Entscheidung“ der WBF vom 23. März 2014 verpflichtet, die dort verhängten Sanktionen gemäß Art. 4 WBF-Disziplinarordnung für verbindlich zu erklären, nichts. Art. 4 WBF-Disziplinarordnung befasst sich ausschließlich mit den möglichen Sanktionen, die die WBF verhängen kann. An keiner Stelle enthält die Satzungsbestimmung eine Verpflichtung des Nationalverbandes, eine WBF-Sanktion für verbindlich zu erklären oder in nationales Recht zu übernehmen. Dementsprechend kann auch die erstinstanzliche Entscheidung in dem vor der WBF gegen die Kläger geführten Disziplinarverfahren keine dahingehende Verpflichtung begründen; dort wird lediglich Art. 2 WBF-Disziplinarordnung zitiert, wobei auch diese Bestimmung – wie oben ausgeführt – Disziplinarmaßnahmen der WBF gegenüber Spielern nicht gestattet.
213b. Die einstweiligen Anordnungen vom 7. April 2014 und vom 27. Juli 2014 sind darüber hinaus in Gänze rechtswidrig und unwirksam, weil das SDG keine eigenen Erwägungen dazu angestellt hat, ob die den Klägern zur Last gelegten Regelverstöße nachgewiesen oder zumindest hinreichend wahrscheinlich sind, ob die ausgesprochene Suspendierung und ihre Dauer verhältnismäßig sind, ob die zunächst auch vom DBV in Bezug auf das Disziplinarverfahren der WBF erhobenen Rügen (formelle und materielle Verfahrensfehler, fehlerhafte Beweiswürdigung) berechtigt sind und ob die von den Klägern erhobenen Beanstandungen, die in der Entscheidung ausführlich referiert werden, berechtigt sind. Das SDG hat sich im Gegenteil – rechtsfehlerhaft - gezwungen gesehen, den – auch nur vorläufigen – Entscheidungen der WBF Folge zu leisten, und zwar „ohne Rücksicht auf rechtsstaatliche Überlegungen des deutschen Staatsrechts“ mit der Erwägung, Verbandsrecht gehe vor und dem DBV bleibe keine andere Wahl (vgl. einstweilige Anordnung vom 7. April 2014, Seite 2 [5. Absatz] und Seite 3 [2. Absatz]).
214c. Unbeschadet dessen, dass sich die einstweiligen Anordnungen vom 7. April 2014 bzw. 27. Juli 2014 in zeitlicher Hinsicht durch das am 4. Oktober 2014 ergangene Urteil des SDG erledigt haben dürften, haben die Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit auch dieser vorläufigen Entscheidungen. Wie die Hauptsacheentscheidung vom 4. Oktober 2014 sind auch die einstweiligen Anordnungen Gegenstand des mit Feststellungsantrag verfolgten Schadensersatzverlangens der Kläger, so dass die (Un-) Wirksamkeit dieser Entscheidungen für die Beurteilung des zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Schadensersatzbegehrens im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO vorgreiflich ist.
2153. (Zu der Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1.)
216Soweit das Landgericht im Zusammenhang mit den unwirksamen Disziplinarentscheidungen des SDG eine Verpflichtung des Beklagten zu 1. zum Schadensersatz festgestellt hat, hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.
217a. Allerdings behält die Feststellung des Landgerichts Bestand, soweit Ansprüche der Kläger auf Ersatz ihnen entstandenen und künftig entstehenden immateriellen Schadens betroffen sind. Im Hinblick auf die rechtswidrigen und den Klägern gegenüber unwirksamen Verbandsdisziplinarentscheidungen des DBV kommen diesbezügliche Schadensersatzansprüche der Kläger, und zwar - in sinngemäßer Anwendung der insoweit zu den unwirksamen Disziplinarentscheidungen der WBF bereits (unter II.A.2.a.) angestellten Erwägungen - auch hinsichtlich zukünftiger Beeinträchtigungen, ernsthaft in Betracht. Dem steht auch nicht § 253 BGB entgegen, da diese Vorschrift lediglich eine Entschädigung in Geld, nicht aber auch den Anspruch auf Naturalrestitution ausschließt. Da die Disziplinarentscheidung vom 4. Oktober 2014 veröffentlicht worden ist und das gesamte Disziplinarverfahren, also auch die einstweiligen Anordnungen eingeschlossen, in der Szene der vereinsmäßig organisierten Bridgespieler bekannt ist, scheidet eine solche Naturalrestitution keinesfalls von vornherein aus.
218b. Dagegen sind das Urteil des Landgerichts insoweit abzuändern und die Klage in entsprechendem Umfang abzuweisen, als das Begehren der Kläger auf Feststellung einer Verpflichtung des Erstbeklagten gerichtet ist, ihnen in Zusammenhang mit den unwirksamen Disziplinarentscheidungen des SDG stehende materielle Schäden zu ersetzen. Zu dem Eintritt eines materiellen Schadens bzw. zum Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zukünftiger Schadenseintritte haben die Kläger keinen prozessual beachtlichen Sachvortrag gehalten. Diesbezüglich verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die oben – unter II.A.2.b. – erfolgten Ausführungen, mit denen bereits entsprechende Schadensersatzansprüche der Kläger bezüglich der streitbefangenen Disziplinarentscheidungen der WBF verneint worden sind und die sinngemäß ebenso hinsichtlich der Beziehung der Kläger zu dem DBV gelten. Auch hier gilt, dass die Kläger zu ihnen in dem im Übrigen für Antragsgegner kostenfreien (vgl. § 13 Nr. 1 der Verfahrensordnung für die Sportsgerichtsbarkeit sowie die Schieds- und Disziplinargerichtsbarkeit im DBV [DBV-Disziplinarverfahrensordnung]) Disziplinarverfahren womöglich entstandenen Anwaltskosten keinen Sachvortrag gehalten haben und darüber hinaus einem Feststellungsinteresse auch der Vorrang der Leistungsklage entgegenstehen dürfte. Wie schon in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Klägern und dem beklagten Weltverband ausgeführt, gilt auch im hier interessierenden Kontext, dass die Kläger mit ihrem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgebrachten und im Berufungsrechtszug neuen Vorbringen zu ihnen angeblich entgangenen Sponsorengeldern bzw. Unterrichtseinnahmen nicht gehört werden können. Jenes Vorbringen ist prozessual unbeachtlich, da es offensichtlich substanzlos und zudem auch verspätet ist; indem er den gegnerischen Vortrag als unsubstantiiert gerügt hat, hat der Beklagte zu 1. hinreichend deutlich gemacht, jenes Vorbringen bestreiten zu wollen (§ 138 Abs. 3 ZPO).
2194. (Zu den ausgeurteilten Abmahnkosten)
220Mit Recht hat das Landgericht den Klägern wegen der Art und Weise der Veröffentlichung des unwirksamen Urteils des SDG vom 4. Oktober 2014 und des hiermit in Zusammenhang stehenden Verstoßes gegen § 12 Nr. 2 S. 2 DBV-Disziplinarverfahrensordnung den Ersatz anwaltlicher Abmahnkosten in Höhe von 887,03 € nebst Zinsen zugesprochen; auf die Gründe der landgerichtlichen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Soweit sich der Beklagte zu 1. gegen seine Verurteilung allein mit dem Hinweis auf § 98 ZPO, aus dem eine Kostenaufhebung hergeleitet wird, wendet (vgl. Berufungsbegründung S. 9 [unter 3.]), hat dies keinen Erfolg. Die Vorschrift des § 98 ZPO gilt ausschließlich für den Prozessvergleich und nicht auch für den privatrechtlichen Vergleich, wie er hier allenfalls vorliegen könnte. Zudem fehlt es – wie die Kläger unwidersprochen geltend gemacht haben (vgl. Berufungserwiderung v. 22.8.2017 [GA 2016 ff.], S. 6 [unter VII.]) – auch bereits an einem Vergleich der Parteien über die Veröffentlichung des streitbefangenen Verbandsurteils.
221C.
222Keinen Erfolg hat die Berufung der Kläger, soweit sie auf eine weitergehende Verurteilung des Beklagten zu 1. über das Urteil des Landgerichts hinaus gerichtet ist.
2231. (Zu dem Berufungsantrag Ziff. I.1.)
224Der auf die Feststellung eines zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1. lediglich für die Zeit der WM 2013 und des anschließenden Disziplinarverfahrens vor der WBF bestehenden Rechtsverhältnisses gerichtete Antrag ist schon deshalb unzulässig, weil er, soweit vollkommen vage „ein Rechtsverhältnis“ festgestellt werden soll, ganz offensichtlich nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist.
225Wie schon die Disziplinarentscheidung des SDG vom 4. Oktober 2014 belegt, bezweifelt im Übrigen auch der Beklagte zu 1. nicht, dass zu den Klägern nicht nur während der WM 2013 in Bali ein verbandsrechtliches Verhältnis bestand, sondern auch noch während der Zeit des disziplinarrechtlichen Verfahrens. Allein schon deshalb haben die Kläger auch kein berechtigtes, schutzwürdiges Interesse, das Gericht mit der Klärung dieser Frage zu befassen.
226Unabhängig von dem Vorstehenden deckt sich dasjenige, was die Kläger in der Berufung zum Ziel des Feststellungsbegehrens (und zugleich zum Feststellungsinteresse) vortragen, nicht ansatzweise mit der Antragsformulierung. Sie reklamieren eine Fürsorgepflichtverletzung des DBV zu ihren Lasten und machen insoweit geltend, der DBV habe sie zwölf Tage vor der Verhandlung des Appeal Tribunal der WBF in Lausanne nicht mehr unterstützt und auch nichts gegen die Aberkennung des Weltmeistertitels unternommen. Die Stoßrichtung des Antrags ist demgegenüber nur ganz allgemein das Bestehen „eines Rechtsverhältnisses“ zu dem Erstbeklagten. Eine Umdeutung des Antrags dahin, dass mit ihm die Feststellung einer Fürsorgepflichtverletzung des DBV oder die Feststellung einer (versäumten) Pflicht des DBV, die Rechte der Kläger in der deutschen Bridgenationalmannschaft gegebenenfalls bis zum CAS weiterzuverfolgen, begehrt wird, scheidet aus; einer solchen Umdeutung stehen der Antragswortlaut und die Verantwortung des Antrags durch einen forensisch tätigen und erfahrenen Rechtsanwalts entgegen. Eine Umdeutung des Antrags in der vorbezeichneten Weise würde den Klägern freilich ohnehin nicht dienlich sein; denn Gegenstand einer solchen Feststellungsklage wäre kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, sondern lediglich eine abstrakte Rechtsfrage, weshalb es insoweit an einem schutzwürdigen Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) fehlen würde.
2272. (Zu dem Berufungsantrag Ziff. I.2.)
228Keinen Erfolg hat auch der sich um die Frage der Beauftragung der sich in dem Disziplinarverfahren des DBV mit den streitbefangenen Vorwürfen einer Wettkampfverfehlung befassenden Kommission drehende Feststellungsantrag der Kläger.
229Dieser im ersten Rechtszug ursprünglich angekündigte Antrag ist – wie der Senat in der mündlichen Verhandlung bereits ausgeführt hat - im Hinblick auf die erstinstanzliche Antragsfassung gemäß dem Schriftsatz der vormaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 11. Januar 2017 [GA 1704 ff.] („… und fassen nunmehr die zu stellenden Anträge wie folgt neu“) zurückgenommen und sodann im Berufungsverfahren neu gestellt worden. Die Zulässigkeit der hiermit verbundenen Klageänderung in zweiter Instanz beurteilt sich nach § 533 ZPO und ist im Hinblick auf das rügelose Verhandeln des Beklagten zu 1. im Ergebnis zu bejahen.
230Indes ist der Feststellungsantrag selbst unzulässig, da er sich entgegen § 256 Abs. 1 ZPO – und zwar ganz offensichtlich – nicht auf ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bezieht, sondern lediglich eine rechtliche Vorfrage mit möglicher Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Disziplinarentscheidungen des DBV betrifft.
2313. (Zu dem Berufungsantrag Ziff. I.3.)
232Zu verwerfen ist der Antrag der Kläger, im Kostenausspruch die fehlende Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1. „klarzustellen“.
233Ob und in welcher Höhe die auf Seiten des Beklagten zu 1. entstandenen Anwaltsgebühren erstattungsfähig sind, betrifft nicht die im Urteil allein zu treffende Kostengrundentscheidung, sondern – und zwar ausschließlich - das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO; schon deshalb ist der hier zur Debatte stehende Antrag unstatthaft.
234Unabhängig hiervon greift der Antrag ins Leere, weil er im Hinblick auf die vorliegende Kostenentscheidung, nach der eine Kostenfestsetzung zu Gunsten des Beklagten zu 1., in welcher Höhe auch immer, bereits dem Grunde nach ausgeschlossen ist, gegenstandslos ist.
235III.
236Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
237Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
238IV.
239Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) bestehen nicht.