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I.
Auf die Berufung der Kläger wird das am 23.12.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 696,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 345,36 € seit dem 11.06.2016 und aus 351,32 € seit dem 11.12.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 45 % und den Beklagten zu 55 % auferlegt.
III.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien könne die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
V.
Wert des Berufungsverfahrens: 4.294,04 €.
Gründe
2I.
3Die Kläger sind Eigentümer der im Jahr 2005 von der Beklagten erworbenen Immobilie S.-Str. 7d in M.. Bei Kauf der Immobilie schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Wärmeliefervertrag (Urkunden-Nr. 1585/05 vom 28.10.2005, GA Bl. 189). Danach verpflichtete sich die Beklagte, die auf dem Grundstück S.-Straße/T. Straße eine zentrale Biomasse-Heizanlage als Nahwärmeversorgung für alle dort befindlichen Häuser betreibt, das Haus der Kläger mit Wärme (Heizung und Warmwasser) zu versorgen.
4Auf der Grundlage dieses Vertrages rechnete die Beklagte die Kosten für die Versorgung mit Heizung und Warmwasser ab, zuletzt für den Zeitraum 01.07.2008 – 30.06.2009. Danach schlossen die Parteien unter dem 29.06.2009 einen neuen Wärmeliefervertrag, der den vorangegangenen Vertrag ersetzte (Anl. K 1). Der Vertrag vom 29.06.2009 ist mittlerweile durch Kündigung zum 31.10.2016 beendet worden. In dem Vertrag vom 29.06.2009 ist in Ziff. 6 Satz 3 ein „Verrechnungspreis (Arbeitspreis) in Höhe von 0,0332 Euro pro kw/h bei reiner Pelletbeheizung zuzüglich der z.Z. gültigen Mwst. von 19 % vereinbart“. Zudem ist der Lieferant nach Ziff. 6 Satz 9 berechtigt, den Preis pro kw/h in dem Umfang zu erhöhen, in dem die allgemeinen Energiekosten für Holzpellets als Grundlastversorgung und Öl- bzw. Gas für die Spitzenlast- und Notversorgung steigen, mit denen das vom Lieferanten betriebene Heizwerk beschickt wird. Als Grundlage der Preisanpassung wird der dafür vorgesehene Preisindex des Statistischen Bundesamts Deutschland (Erzeugerpreise) zugrunde gelegt. Die Anpassung erfolgt Quartalsweise nach den anerkannten Musterformeln jeweils zu den gemittelten Monatspreisen im Quartal.
5Bereits in der Vergangenheit bestanden zwischen den Klägern und der Beklagten Unstimmigkeiten über die Abrechnung der Kosten über die Versorgung mit Heizung und Warmwasser. So widersprachen die Kläger mit Schreiben vom 12.07.2010 der Jahresabrechnung der Beklagen für den Zeitraum 01.07.2008 – 30.06.2009. Sie waren mit der Erhöhung des Arbeitspreises im Abrechnungszeitraum von netto 0,0484/0,0485 € auf 0,0681/0,0661 € nicht einverstanden. Auch der Abrechnungskorrektur der Beklagten vom 03.09.2010 traten die Kläger mit Schreiben vom 12.09.2010 entgegen.
6Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Jahresabrechnungen der Beklagten vom 04.06.2013 für den Zeitraum 01.07.2011 – 30.06.2012, vom 17.06.2014 für den Zeitraum vom 01.07.2012 – 30.06.2013 und vom 26.06.2015 für den Zeitraum 01.07.2013 – 30.06.2014. Die Kläger zahlten die dort mit insgesamt 4.148,05 € abgerechneten Leistungen in voller Höhe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.05.2016 widersprachen sie jedoch sämtlichen Preiserhöhungen in der Vergangenheit und vertraten die Auffassung, die in Ziff. 6 des Wärmelieferungsvertrags vom 29.06.2009 vereinbarte Preisanpassungsklausel verstosse gegen § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV und sei daher unwirksam. Infolgedessen dürfe die Beklagte nur den ursprünglich vereinbarten Arbeitspreis von 0,0332 € netto abrechnen. Dies ergebe eine Überzahlung in Höhe von 1.069,57 €. Die Kläger forderten die Beklagte auf, den Betrag bis zum 10.06.2016 an sie zu Händen ihres Rechtsanwalts zurückzuzahlen. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.
7Die Klägerin hat beantragt,
81. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.069,57 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2016 zu zahlen.
2. festzustellen, dass
a) die im Wärmeliefervertrag vom 29.06.2009 zwischen den Parteien unter Ziffer 6 aufgeführte Regelung zur Anpassung des Verrechnungspreises (Arbeitspreis) und des Grundpreises für Heizung (Mietpauschale) wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nichtig ist und
13b) innerhalb der Laufzeit dieses Vertrages eine Berechtigung der Beklagten zu einer Erhöhung der Preise über einen Verrechnungspreis (Arbeitspreis) und einen Grundpreis für Heizung (Mietpauschale) für Wärme und Warmwasserversorgung in Höhe von 40,00 € zuzüglich Umsatzsteuer hinaus nicht besteht.
143. die Beklagte zu verurteilen, die Wärmeversorgung des Wohnhauses der Kläger, S.-Str. 7d, M. , durch eine mit Holzpellets befeuerte Heizungsanlage zu betreiben,
4. festzustellen, dass es sich bei der durch die Beklagte derzeit unter Verwendung von Erdgas durchgeführten Wärmeversorgung nicht um eine Notversorgung im Sinne der Vereinbarung im Wärmeliefervertrag zwischen den Parteien vom 29.06.2009 handelt.
Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Mit dem am 23. Dezember 2016 verkündeten Urteil hat das Landgericht Düsseldorf dem Klageantrag zu 2. a) stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Eine Rückforderung zu viel gezahlter Entgelte für den Abrechnungszeitraum 01.07.2011 – 30.06.2014 (Klageantrag zu 1.) sei jedenfalls gemäß § 814 BGB ausgeschlossen, da die Kläger in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet hätten. Der Klageantrag zu 2.b) sei jedenfalls unbegründet, denn die gemäß Klageantrag zu 2.a. festgestellte Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel bedeute nicht, dass der bei Abschluss des Vertrags vereinbarte Preis dauerhaft für die gesamte Vertragslaufzeit Gültigkeit habe, zumal ein Recht auf Änderung der Versorgungsbedingungen aus § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV folge. Die Klageanträge zu 3. und 4. hat das Landgericht abgewiesen, weil mit Kündigung des Vertrags ein Anspruch auf Betrieb einer Holzpelletsheizung erloschen sei und für die Feststellungsklage ein rechtlich beachtliches Interesse nicht vorliege.
21Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der Berufung soweit das Landgericht den Klageantrag zu 1. und zu 2.b) abgewiesen hat.
22Mit Schriftsatz vom 30.11.2017 (GA Bl. 163) haben die Kläger den Klageantrag zu 1) um einen Betrag von 824,47 € erweitert. Die Beklagte hat – und dies ist zwischen den Parteien unstreitig – mit Abrechnungen vom 06.12.2016 und 03.11.2017 für den Zeitraum 01.07.2014 – 30.06.2015 und 01.07. 2015 – 31.10.2016 für gelieferte Wärme für Heizung und Warmwasser einen Verbrauch von 12.583 kw/h abgerechnet. Die berechneten Kosten in Höhe von 3.066,73 € haben die Kläger an die Beklagte gezahlt. Sie sind allerdings der Auffassung, dass die Beklagte unter Zugrundelegung des ursprünglich vereinbarten Arbeitspreises von 0,0332 € nur einen Betrag von 2.242,26 € beanspruchen kann und fordern die Differenz in Höhe von 824,47 € nach den Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung zurück.
23Die Kläger beantragen,
241. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.894,04€ nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.069,04 € seit dem 11.06.2016 und aus 824,47 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass innerhalb der Laufzeit dieses Vertrages eine Berechtigung der Beklagten zu einer Erhöhung der Preise über einen Verrechnungspreises (Arbeitspreis) und des Grundpreises für Heizung (Mietpauschale) für Wärme und Warmwasserversorgung in Höhe von 40,00 € zuzüglich Umsatzsteuer hinaus nicht besteht.
Die Klägerin beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30II.
31Die Berufung der Kläger hat in Höhe von 696,68 € Erfolg. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
32Klageantrag zu 1.
331.
34Die mit Schriftsatz vom 30.11.2017 (GA Bl. 163) in der Berufungsinstanz erfolgte Erweiterung des Klageantrags zu 1. um weitere 824,47 € ist zulässig, ohne dass die Beklagte gemäß § 533 Nr. 1 ZPO einwilligen oder das Gericht sie für sachdienlich halten muss. Handelt es sich – so wie hier – um eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache, die nach § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung ist, kommt § 533 ZPO nicht zur Anwendung (BGH MDR 2010, 1011; Heßler in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 533 Rn. 3).
352.
36Den Klägern steht gegen die Beklagte für den Abrechnungszeitraum 01.07.2011 – 31.10.2016 aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 428 BGB ein Anspruch auf Rückerstattung überzahlter Lieferentgelte in Höhe von 696,68 € zu.
37a.
38Die Beklagte hat von den Klägern für die Versorgung der Immobilie S.-Straße 7d mit Heizung und Warmwasser für den Abrechnungszeitraum 01.07.2011 – 31.10.2016 Lieferentgelte (§ 433 Abs. 2 BGB) in Höhe von insgesamt 7.214,78 € erhalten.
39b.
40In Höhe von 696,68 € haben die Kläger die Lieferentgelte ohne Rechtsgrund gezahlt.
41Das Landgericht Düsseldorf hat rechtskräftig festgestellt, dass die im Wärmeliefervertrag vom 29.06.2009 zwischen den Parteien unter Ziffer 6 Satz 9 aufgeführte Regelung zur Anpassung des Verrechnungspreises (Arbeitspreis) und des Grundpreises für Heizung (Mietpauschale) wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nichtig ist (§ 134 BGB). Hieran ist der Senat gemäß § 322 ZPO gebunden. Eine abweichende Entscheidung ist nicht möglich, weshalb eine Prüfung, ob die vertraglich vereinbarte Preisanpassungsregelung den Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht, nicht zulässig ist.
42c.
43Der Berechnung des Rückzahlungsanspruchs ist nicht – so wie die Kläger meinen – der bei Vertragsschluss am 29.06.2009 vereinbarte Arbeitspreis von 0,0332 €/kwh zugrunde zu legen. Maßgeblich ist vielmehr der sich aus der Abrechnung vom 26.03.2012 für den Abrechnungszeitraum 01.07.2010 – 30.06.2011 ergebende Arbeitspreis von 0,0648 €/kwh.
44Dieses Ergebnis folgt aus einer ergänzenden Vertragsauslegung des Wärmeliefervertrags vom 29.06.2009 gemäß §§ 133, 157 BGB.
45Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt die bei Nichtbeachtung des in § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zum Ausdruck gebrachten gesetzlichen Gebots eintretende Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nur insoweit zum Tragen, als sich aus § 24 AVBFernwämeV nicht ein anderes ergibt. Denn auch bei der Auslegungsregel des § 134 BGB bleibt für jeden Fall zu prüfen, ob das Verbotsgesetz seinem Sinn und Zweck nach jedweden Verstoß ausnahmslos durch eine rückwirkende Nichtigkeit der betreffenden Vertragsbestimmung sanktionieren will oder einen weniger einschneidenden, dem Zweck des Verbotsgesetzes aber gleichwohl angemessenen Interessenausgleich und eine damit einhergehende Begrenzung der Nichtigkeitsfolge zulässt (BGH Urteil v. 25.06.2014, VIII ZR 344/13, WM 2014, 1828, Rn. 33; BGH, Urteil v. 24.09.2014, VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639, Rn. 14). Insbesondere schließt § 134 BGB – genauso wie § 306 BGB im Fall einer Unwirksamkeit unangemessenen benachteiligender Allgemeiner Geschäftsbedingungen – eine ergänzende Vertragsauslegung nicht aus, durch die eine durch die Nichtigkeitsfolge entstandene Vertragslücke unter Berücksichtigung der an den Besonderheiten des Fernwärmemarktes ausgerichteten Zielsetzung des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in einer den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien gerecht werdenden Weise ausgefüllt wird (BGH, Urteil v. 24.09.2014, VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639, Rn. 15). Dabei hat sich die ergänzende Vertragsauslegung nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren und muss zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führen (BGH, Urteil v. 14.03.2012, VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372, Rn. 24 m.w.Nachw.). Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus, wenn sich die mit dem Wegfall der unwirksamen Klausel entstehende Lücke durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen in vertretbarer Weise Rechnung trägt, mithin sich das Vertragsgefüge nicht völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt.
46aa.
47Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, da die entstandene Lücke im Wärmeliefervertrag vom 29.06.2009 nicht durch dispositives Recht geschlossen werden kann.
48Für die Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Erdgaslieferverträgen mit Normsonderkunden hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dem Energieversorgungsunternehmen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kein Recht zur Änderung des vereinbarten Preises zusteht, wenn ihm ein Festhalten am vereinbarten Preis deshalb nicht unzumutbar ist, weil es sich innerhalb überschaubarer Zeit durch Kündigung vom Vertrag lösen kann (BGH, Urteil v. 13.01.2010, VIII ZR 81/08, Rn. 27; BGH, Urteil v. 09.02.2011, VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342, Rn. 38). Allerdings waren diese Fälle dadurch gekennzeichnet, dass das Energieversorgungsunternehmen es selbst in der Hand hatte, einer nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Kunden zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation durch Ausübung des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechts in zumutbarer Weise zu begegnen.
49Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der Beklagten war es zwar möglich, den auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrag mit den Klägern durch Ausübung ihres Kündigungsrechts zu beenden (§ 32 ABVFernwärmeV findet auf solche Verträge keine Anwendung, vgl. BGH, Urteil v. 15.01.2014, VIII ZR 111/13, juris Rn. 27) und anschließend einen neuen Vertrag mit einer wirksamen Preisänderungsklausel schliessen oder gemäß § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV die Preisänderungsklausel im Wege der öffentlichen Bekanntmachung zu ändern (vgl. Dibbern/Wollschläger, CuR 2011, 148, 152). Allerdings bestand aus ihrer Sicht dazu kein Anlass. Nach Abschluss des Vertrages am 29.06.2009 haben die Kläger nahezu sieben Jahre lang die Jahresabrechnungen ohne Beanstandungen bezahlt und Erhöhungen des Arbeitspreises nicht widersprochen. Erst mit anwaltlichem Schreiben vom 27.05.2016 haben sie sämtlichen Preiserhöhungen in der Vergangenheit widersprochen und erklärt, dass zukünftig sämtliche Zahlungen unter Vorbehalt erfolgen. Anders als die Kläger meinen, ist ihren Schreiben vom 12.07.2010 und 12.09.2010 nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der darin erklärte Widerspruch bezieht sich ausdrücklich nur auf die nach dem Vorgängervertrag erfolgte Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung für den Zeitraum 01.07.2008 – 30.06.2009 und nicht auch auf zukünftige Jahresabrechnungen. Gleiches gilt für die in den Schreiben enthaltene Erklärung, bis zur abschließenden Klärung der Angelegenheit keine Nachzahlungen zu leisten und bereits geleistete Zahlungen seien unter Vorbehalt erfolgt.
50Bei einer solchen Situation wird die vorhandene Regelungslücke durch die nur für die Zukunft wirkende Kündigungsmöglichkeit des Energieversorgungsunternehmens nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise geschlossen (BGH, Urteil v. 14.03.2012, VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372, Rn. 23). Es ist daher zu ermitteln, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisanpassungsklausel jedenfalls unsicher war.
51bb.
52Anders als die Beklagte meint, ist die durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel in Ziff. 6 des Wärmeliefervertrags vom 29.06.2009 entstandene Lücke nicht dahingehend zu schließen, dass ihr ein Preisanpassungsrecht des Inhalts eingeräumt wird, nachträglich eingetretene reale Kostensteigerungen bei der Energieerzeugung, so etwa durch den Einkauf der Pellets, auf den vertraglich vereinbarten Preis aufzuschlagen. Es entspricht vielmehr der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei Fernwärmelieferungsverträgen, die entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu schliessen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (BGH, Urteil v. 24.09.2014, VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639, Rn. 16 – 26).
53cc.
54Dem Rückforderungsanspruch der Kläger ist danach der Arbeitspreis aus der Jahresabrechnung der Beklagten zu Grunde zu legen, für den der Widerspruch vom 27.05.2016 gegen alle in der Vergangenheit erfolgten Preiserhöhung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist. Hierbei handelt es sich um die Abrechnung vom 26.03.2012 über den Abrechnungszeitraum 01.07.2010 – 30.06.2011, die die Kläger auf Anforderung des Gerichts mit Schriftsatz vom 08.01.2018 zu den Akten gereicht haben (GA Bl. 194). Darin hat die Beklagte zuletzt einen Arbeitspreis von 0,0648 €/kwh berechnet.
55Ausgehend von diesem Arbeitspreis errechnet sich der Rückzahlungsanspruch der Kläger wie folgt:
56Abrechnungszeitraum 01.07.2011-30.06.2014
57Arbeitspreis 19.259 kwh x 0,0648 €/kwh 1.247,98 €
58Grundpreis 1.440,00 €
59Ascheentsorgung
60Betriebsstrom
61Ablesekosten
62Gerätemiete 507,56 €
633.195,54 €
64Zzgl. 19 % MWst. 3.802,69 €
65Gezahlt 4.148,05 €
66Überzahlung 345,36 €
67Abrechnungszeitraum 01.07.2014-31.10.2016
68Arbeitspreis 12.583 kwh x 0,0648 €/kwh 815,37 €
69Grundpreis 1.120,00 €
70Ascheentsorgung
71Betriebsstrom
72Ablesekosten
73Gerätemiete 346,49 €
742.281,86 €
75Zzgl. 19 % MWst. 2.715,41 €
76Gezahlt 3.066,73 €
77Überzahlung 351,32 €
78Insgesamt 696,68 €.
79d.
80Eine Rückforderung ist entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen.
81Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Erforderlich ist positive Kenntnis. Der Leistende muss im Zeitpunkt der Leistung wissen, dass er nichts schuldet. Kennen müssen genügt nicht. Deshalb reicht die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen der rechtlichen Verpflichtung ergibt, allein nicht aus. Der Leistende muss daraus, ggf. auf Grund einer Parallelwertung in der Laiensphäre auch die zutreffenden rechtlichen Folgerungen ziehen (Sprau in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 814 Rn. 4). Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Leistende die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat, ist der Empfänger (BGH NJW 2001, 3772; Sprau in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 814 Rn. 11).
82Ausgehend von diesen Grundsätzen lag eine positive Kenntnis der Kläger nicht vor. Weder dem Vortrag der darlegungsbelasteten Beklagten noch dem übrigen Akteninhalt kann entnommen werden, dass die Kläger bei Leistung der Vorauszahlungen und bei Ausgleich des jeweils jährlich endabgerechneten Betrags für den gesamten Bezugszeitraum 01.07.2011 – 30.06.2015 wussten, dass die Beklagte zur Erhöhung des vertraglich vereinbarten Arbeitspreises von 0,0332 € pro kw/h auf der Grundlage von Ziff. 6 des Wärmeliefervertrags nicht berechtigt war, weil die Preisanpassungsregelung wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV unwirksam und die Beklagte auch nicht aus anderen Gründen zur Preiserhöhungen berechtigt war. Das Landgericht führt hierzu zwar aus, die Kläger hätte bereits seit Juli/September 2010 gewusst, dass die Beklagte überhöhte Beträge verlangt (GA Bl. 74). Aus den Schreiben der Kläger vom 12.07.2010 und 12.09.2010 ergibt sich eine solche positive Kenntnis nicht. Zunächst ist erneut darauf hinzuweisen, dass beide Schreiben die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung für den Bezugszeitraum 01.07.2008 – 30.06.2009 betreffen. Diese Abrechnung und die ihr zugrundeliegenden Erhöhungen des jeweiligen Netto-Arbeitspreises erfolgten auf der Grundlage des Wärmeliefervertrags vom 25.10.2005. In ihrem Schreiben vom 12.07.2010 bitten sie die Beklagte darum, die Erhöhung des Arbeitspreises von 0,0484/0,0485 € auf 0,0681/0,0661 € zu erläutern, indem der Preisindex und der Rechenweg einschließlich einer nachvollziehbaren Quellenangabe offenzulegen und die Abrechnung anschließend zu überprüfen. Anhaltspunkte für eine positive Kenntnis der Kläger von der Unwirksamkeit der vertraglichen Preisanpassungsklausel finden sich in dem Schreiben nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der Kläger vom 12.09.2010, mit welchem sie auf die korrigierte Abrechnung der Beklagten vom 03.09.2010 reagieren. Sie bringen darin zwar zum Ausdruck, dass sie auch mit der korrigierten Abrechnung nicht einverstanden sind. Auch berufen sie sich in diesem Zusammenhang auf § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV, dies aber nicht mit dem Inhalt, dass die im Vertrag vom 25.10.2005 vereinbarte Preisanpassungsklausel unwirksam ist und die Beklagte den ursprünglich vereinbarten Basis-Arbeitspreis hierauf gestützt gar nicht erhöhen darf. Sie bezweifeln allein, dass die im Abrechnungszeitraum erfolgten Preiserhöhungen zutreffend anhand der vertraglichen Vorgaben vorgenommen worden sind, weil für sie nicht nachvollzogen werden kann, warum mit dem Indexstand aus Januar 2005 gerechnet worden ist und der von der Beklagten berücksichtigte Preis für Holzpellets viel höher ist als die Marktpreisentwicklung. Die Berechtigung der Beklagten zur Erhöhung des Arbeitspreises an sich stellen sie nicht in Frage.
83Positive Kenntnis der Kläger kann daher frühestens nach anwaltlicher Beratung im Mai 2016 angenommen werden. In ihrem anwaltlichen Schreiben vom 27.05.2016 wird erstmals die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel in Ziff. 6 des Vertrages vom 29.06.2009 geltend gemacht und die Rückzahlung von 1.069,57 € für den Abrechnungszeitraum 01.06.2011 – 30.06.2014 verlangt. Gleichwohl kann sich die Beklagte für alle nach diesem Zeitpunkt erfolgten Zahlungen der Kläger nicht mit Erfolg auf § 814 BGB berufen. Die Anwendung von § 814 BGB ist ausgeschlossen, wenn der Empfänger trotz Kenntnis des Leistenden im Sinne von § 814 BGB nicht darauf vertrauen darf, das Empfangene behalten zu dürfen. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn die Leistung unter Vorbehalt erbracht wird (BGHZ 83, 278, 282; BGH WM 1988, 1494, 1496). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Kläger haben über ihren Rechtsanwalt mit Schreiben vom 27.05.2016 ausdrücklich erklärt, dass alle zukünftigen Zahlungen bis auf Weiteres ausdrücklich unter Vorbehalt erfolgen.
842.
85Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 291 BGB. In Höhe von 345,36 € ist die Beklagte durch Mahnung vom 27.05.2016 ab dem 11.06.2016 in Verzug geraten, da sie innerhalb der bis zum 10.06.2016 gesetzten Zahlungsfrist nicht gezahlt hat. In Höhe von weiteren 351,32 € ist die Beklagte mit Zustellung der Klageerweiterung am 11.12.2017 (GA Bl. 165) zur Zahlung von Prozesszinsen in der geltend gemachten Höhe verpflichtet.
86Klageantrag zu 2.b)
87Mit dem Klageantrag zu 2.b) begehren die Kläger festzustellen, dass die Beklagte während der Laufzeit des Wärmeliefervertrags vom 29.06.2009 nicht berechtigt ist, den vertraglich vereinbarten Anfangspreis zu erhöhen. Die Klage ist nicht zulässig.
88Dem Klageantrag fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO).
89Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an alsbaldiger Feststellung ist zu bejahen, wenn dem Kläger eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte sich eines Rechts gegen ihn berühmt, und wenn das erstrebte Urteils infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 2010, 1877). Ist eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar, wird im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig fehlen. Erst recht unzulässig ist es, denselben Anspruch mit der Leistungs- und hilfsweise mit der Feststellungsklage geltend zu machen.
90Den Klägern fehlt ein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Feststellung, weil es sich hierbei um eine Vorfrage handelt, die bereits im Rahmen des Klageantrags zu 1, d.h. bei der geltend gemachten Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung zu beantworten ist.
91Die Kläger nehmen die Beklagte mit dem Klageantrag zu 1. nach erfolgter Klageerweiterung auf Rückerstattung zu viel gezahlter Entgelte für den Abrechnungszeitraum 01.07.2011 bis zur Beendigung des Vertrages zum 31.10.2016 in Anspruch. In diesem Rahmen ist auch darüber zu entscheiden, ob die Beklagte den vereinbarten Anfangspreis trotz Unwirksamkeit der vertraglichen Preisanpassungsregelung erhöhen durfte, mithin ein Rechtsgrund für die Preiserhöhungen vorlag. Der auf Rückzahlung gerichtete Klageantrag zu 1. führt zu einer endgültigen Klärung des Streitstoffs.
92III.
93Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO.
94Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
95IV.
96Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).
97V.
98Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.