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1.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 09.02.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg – 4 O 275/13 - wird zurückgewiesen.
2.
Auf die Berufung der Kläger wird das am 09.02.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg – 4 O 275/13 - teilweise abgeändert und unter Beibehaltung der vom Landgericht titulierten Feststellungen zusätzlich festgestellt, dass der Beklagte bei der Teilung des Nachlasses nach der am … in … verstorbenen Erblasserin N.H. die ihm zwischen 1999 und 2007 zugewendeten Mieteinnahmen aus dem Grundbesitz T-Straße 36 in P mit einem Betrag von 60.457,54 € auszugleichen hat.
3.
Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
4.
Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Kläger 30% und der Beklagte trägt 70 %. Von den Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz tragen die Kläger 35% und der Beklagte trägt 65%.
5.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e:
2I.
3Die Kläger sind Brüder und die einzigen Kinder der Eheleute I. und N.H. Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfang der Beklagte sich bei der Auseinandersetzung nach der Mutter (Erblasserin) Ausstattungen, Zuschüsse und/oder Zuwendungen zur Ausgleichung anrechnen zu lassen habe.
4Die Eheleute H. errichteten am 21. Juni 1967 ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament. In dem handschriftlichen Testament setzten sich die Eltern der Parteien gegenseitig als Alleinerben ein und ihre drei Kinder, die Parteien dieses Rechtsstreits, als "Nacherben auf das ..., was von der Erbschaft bei dem Tode des Überlebenden noch übrig sein wird". Der Vater der Parteien verstarb im Jahr 2002. Die Erblasserin erstellte am 12.10.2003 ein Schreiben, das an die Parteien adressiert ist. Es beginnt mit Ausführungen dazu, welchem der Söhne nach dem Tod der Mutter jeweils welche von den Eltern erworbenen Grundstücke zufallen sollen. Am Ende des Textes folgt eine weitere Erklärung mit einem anderen Schriftbild:
5"Vater u. ich haben N. (Kläger) mietfreies Wohnen, u. Miete von Mietern, als Anerkennung für seine Mühe um unsere Gesundheit zugesichert. Das sollte berücksichtigt werden. Das ist mein letzter Wille zum Testament."
6Hinzu setze die Erblasserin ihre Unterschrift und ihr Geburtsdatum. Die Erblasserin verstarb am 12.05.2011 im Alter von 91 Jahren. Nach dem Tod der Erblasserin wurden Grundstücke im Wege der Teilungsversteigerung veräußert. Dafür wurden 359.322,63 € erzielt und der Betrag hinterlegt. Nach Angaben der Kläger besteht zudem ein Bargeldguthaben von 36.331,43 €.
7Die Kläger haben u.a. beantragt festzustellen, dass die Teilung des Nachlasses unter Berücksichtigung der Feststellung zu erfolgen habe, dass der Beklagte aus dem Nachlass der Erblasserin nichts zu beanspruchen habe, ihnen das hinterlegte Geld zustehe und die Kläger keine Zuwendung im Rahmen der Auseinandersetzung des Nachlasses gem. §§ 2050, 2052 BGB auszugleichen hätten. Hilfsweise haben sie beantragt festzustellen, dass die Teilung des Nachlasses unter Berücksichtigung von verschiedenen Ausgleichungsbeträgen zu Lasten des Beklagten zu erfolgen habe.
8Das Landgericht, auf dessen Feststellung gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch wegen der Anträge Bezug genommen wird, hat die Klage für zulässig und für teilweise begründet erachtet. Es hat festgestellt, dass die Kläger nichts auszugleichen hätten und der Beklagte einen Gesamtbetrag von 83.070,26 € bei der Auseinandersetzung gemäß § 2050 BGB auszugleichen habe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kläger könnten nicht verlangen, dass sie allein über die Erlöse aus der Versteigerung der Grundstücke verfügen könnten, da der Beklagte noch Rechte am Nachlass habe.
9Der Beklagte habe den ihm zugewandten Umbau und die Einrichtung der Heilpraktiker-Praxis in dem Haus T-Straße 36 in P sowie die unentgeltliche Nutzung der Praxisräume in diesem Haus auszugleichen. Er müsse sich 18.391,45 € anrechnen lassen, die ihm für die Einrichtung seiner Heilpraktiker-Praxis zugewandt worden seien. Es handele sich um eine Zuwendung in Form einer Ausstattung. Der Beklagte habe 1992 eine eigene Heilpraktiker-Praxis eröffnet. Dazu sei ein Ladenlokal in dem damals den Eltern der Parteien gehörenden Haus T-Straße 36 in P hergerichtet worden. Unstreitig hätten bauliche Anpassungen erfolgen müssen. Das Landgericht sehe es als ausreichend erwiesen an, dass die Eltern der Parteien dem Beklagten dazu 26.000 DM zur Verfügung gestellt hätten. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Zahlungen der Eltern dazu gedient hätten, das Haus erst in einen nutzungsfähigen Zustand zu versetzen. Einen höheren Betrag als 26.000 DM könne das Gericht nicht zugrunde legen. Die Angaben der Kläger, welche Kosten tatsächlich aufgewendet worden seien, stellten eine reine Schätzung dar. Die erforderliche Indexierung der 26.000 DM führe zu einem auszugleichenden Betrag von 18.301,45 €.
10Der Beklagte müsse sich ferner 64.678,81 € anrechnen lassen, und zwar dafür, dass er für das Ladenlokal in dem Haus T-Straße 36 in P keine Miete habe zahlen müssen. Es sei die gesamte Zeitspanne von „wohl Mitte Februar 1992 bis zum Tod der Eltern“ zu berücksichtigen. Zwar sei das Haus zum 01.01.1999 dem Beklagten zu Eigentum übertragen worden, die Eltern hätten jedoch ein Nießbrauchsrecht behalten, so dass die Mieten ihnen zugestanden hätten. Die Anrechnung habe dabei nach § 2050 Abs. 1 BGB zu erfolgen, soweit der Erlass der Miete für das Ladenlokal als Unterstützung bei der eigenen Praxis anzusehen sei. Dabei geht das Landgericht davon aus, dass die Unterstützung der Praxisgründung als Ausstattung für die Dauer von 3 Jahren angenommen werden könne, also von Mitte Februar 1992 bis Ende 1994. Danach sei für den Erlass der Mieten die Anrechnung nach § 2050 Abs. 2 BGB gegeben. Insoweit habe es sich um eine Zuwendung wie einen Unterhalt gehandelt. Es könne für die Miete des Ladenlokals nicht angenommen werden, dass die Erblasser angeordnet hätten, dieses sei nicht anzurechnen. Dies ergebe sich nicht aus der Erklärung der Mutter der Parteien auf ihrer handschriftlichen Erklärung vom 12.10.2003 zur Zuwendung von Mieten an den Beklagten. Soweit das Nichteinfordern der Miete für das Ladenlokal als Zuwendung zum Unterhalt anzusehen sei, habe ein Übermaß vorgelegen. Der Beklagte habe mehrere Ausbildungen abgebrochen, die ihm von den Eltern finanziert worden seien. Für die Zeit nach Einrichtung der eigenen Heilpraktiker-Praxis einschließlich einer Anschubfinanzierung für ca. 3 Jahre hätte der Beklagte nach dem normalen Verlauf der Dinge seinen Unterhalt selbst verdienen können. Deshalb seien diese späteren Unterhaltszuwendungen nicht mehr angemessen. Dies gelte für die Zeit nach dem Tod des Vaters in besonderem Maße. Die erforderliche Indexierung ergebe einen Betrag von 64.478,81 €. Insoweit wird auf die Tabelle im landgerichtlichen Urteil auf dessen S. 20 Bezug genommen.
11Weitere Zuwendungen müsse sich der Beklagte nicht anrechnen lassen.
12a)Die Zuwendung zur Ausbildung zum Heilpraktiker sei nach § 2050 Abs. 2 BGB nicht auszugleichen. Es handele sich um Zuwendungen zur Vorbildung für einen Beruf, die das angemessene Maß nicht überstiegen.
13b)Unterhalt in der Zeit von 1985 bis 1993, der nach dem Klägervortrag in 1985 ab September je 900 DM monatlich und ab Januar 1986 1.000 DM monatlich betragen habe, müsse sich der Beklagte ebenfalls nicht bei der Verteilung des Nachlasses anrechnen lassen. Die Zahlungen seien im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse der Erblasser zu der Zeit nicht übermäßig gewesen. Der Beklagte habe sich noch in der Ausbildung sowie zum Ende in der Phase des Aufbaus seiner eigenen Praxis befunden. Unterhaltszahlungen über diese Zeit hinaus könnten mangels Vorlage von Unterlagen durch die Kläger nicht angenommen werden.
14c)Zuwendungen durch den Erlass der Miete für seine eigene Wohnung und durch die Zuweisung der Mietzahlung fremder Mieter müsse der Beklagte ebenfalls nicht ausgleichen. Es handele sich dabei um Zuwendungen zum Unterhalt. Es sei zwar davon auszugehen, dass diese Zuwendungen jedenfalls ab 1994/95 nicht mehr angemessen gewesen seien. Gleichwohl müsse sich der Beklagte die Zuwendungen nicht nach § 2050 Abs. 2 BGB anrechnen lassen. Dies ergebe sich aus der handschriftlichen Erklärung der Mutter vom 12.10.2003. Diese Erklärung sei rechtlich wirksam. Die Erblasserin sei nicht geschäftsunfähig gewesen. Es habe eine weitere Verfügung von Todes wegen der Erblasserin vorgelegen. Diese weitere letztwillige Verfügung sei formell wirksam. Sie verstoße auch nicht gegen die Bindungswirkung des früheren gemeinsamen Testaments der Eltern. Inhaltlich habe die Erblasserin damit bestimmt, dass Zuwendungen durch den Erlass der eigenen Miete für die Wohnung und Zahlung der Mieten der anderen Mieter von dem Beklagten nicht auszugleichen seien.
15d)Barabhebungen vom Konto der Erblasserin in den Jahren 2004 bis 2009 seien dem Beklagten nicht anzurechnen. Es könne nicht festgestellt werden, dass insoweit Zuwendungen an den Beklagten erfolgt seien. Zwar ergebe sich aus dem "wirklich unverschämte(n) Brief vom 05.08.2009" des Beklagten, dass er in der Vergangenheit Beträge erhalten habe. Die Ausführungen in dem Brief sprächen aber nicht für solche regelmäßigen Zahlungen, wie von den Klägern behauptet. Im Übrigen sei die Höhe der Zahlungen völlig offen.
16e)
17Der Beklagte müsse sich auch nicht die Überweisung im Jahr 2008, zweimal 4.000 Euro, einmal 3.000 Euro und einmal 2.000 Euro anrechnen lassen. Zwar seien diese Zahlungen erwiesen durch Überweisungen. Es stelle sich jedoch die Frage, ob sie als Unterhaltszahlung anzusehen seien oder als Schenkungen nach § 2050 Abs. 3 BGB zu beurteilen seien. Die Art der Zahlung spreche für Schenkungen.
18Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung.
19I.
20Berufung der Kläger
21Die Kläger meinen, dass der Beklagte bei der Teilung des inzwischen vollständig verwerteten Nachlasses nichts mehr zu beanspruchen habe.
221.Die Ausbildungs- und Unterhaltszahlungen aus den Jahren 1985 bis 1993 seien übermäßig. Sie seien belegt durch die elterlichen Einkommensteuererklärungen. Das Landgericht habe die Einkünfte der Eltern aus Vermietung und Verpachtung zu hoch geschätzt. Der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem erwachsenen Kind, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbstständigkeit wieder verloren habe, sei mit einem erhöhten Betrag anzusetzen. Die Zahlungen an den Beklagten seien unangemessen im Sinne des § 2050 BGB gewesen, da die Eltern nicht ansatzweise in der Lage gewesen wären, alle drei Söhne gleichermaßen zu bedenken.
232.Bei der unentgeltlichen Überlassung der Wohnung und der Zuwendung der Mieteinnahmen habe das Landgericht zu Recht festgestellt, dass es sich um Zuwendungen zum Unterhalt im Übermaß gehandelt habe. Die weitere Rechtsauffassung des Landgerichts, dann aufgrund der Bestimmung der Mutter in der handschriftlichen Erklärung vom 12.10.2003 diese Zuwendungen nicht auszugleichen seien, sei rechtsfehlerhaft. Aus der Formulierung "Das sollte berücksichtigt werden" könne genauso gut geschlossen werden, das mietfreie Wohnen und die Miete von den anderen Mietern seien gerade auszugleichen. Selbst wenn man die Formulierung anders auslegen wollte, sei zu berücksichtigen, dass die Eheleute bereits ein Berliner Testament verfasst hatten.
243.
25Soweit die Bargeldzuwendungen aus den Jahren 2004 bis 2010 in Abrede gestellt würden, sei dies überraschend. Der Beklagte habe den Vortrag der Klägerin nicht qualifiziert bestritten. Bereits aus dem Schreiben des Beklagten von August 2009 ergebe sich, dass Unterhaltszahlungen an den Beklagten geleistet worden seien. Dieses Schreiben eröffne Raum für eine angemessene Schätzung durch das Gericht. Nach dem Lebensstil der Erblasserin stehe zudem fest, dass die Erblasserin die Bargeldmengen, die sie zwischen 2004 und 2010 von ihrem Konto abgehoben habe, nicht für sich verbraucht haben könne.
264.
27Soweit die Banküberweisungen des Jahres 2008 betroffen seien, sei belegt, dass der Beklagte insgesamt 21.000 Euro (indexiert 21.745,44 €) erhalten habe. Der ergänzende Vortrag der Kläger, er habe diesen Geldbetrag für eine Steuernachzahlung benötigt, sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Steuerlasten seien Einkommensbestandteil. Deshalb seien Zuschüsse zur Begleichung von Steuern stets mit der Bestimmung geleistet worden, als Einkünfte verwendet zu werden. Von einer Schenkung könne keine Rede sein.
285.
29Die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht auf 860.596,62 € sei falsch. Das Interesse der Kläger entspreche dem Anteil, der von dem auszugleichenden Betrag auf sie entfallen würde. Der zu verteilende Erlös betrage 441.830,74 €. Ohne Ausgleichung würde auf den Beklagten ein Drittel, also € 147.276,92 entfallen. Das Interesse der Kläger sei deshalb auf diesen Betrag begrenzt, da sich unabhängig von der Höhe der Zuwendung ihr kumulierter Anteil am Nachlass maximal um das erhöhen könne, was dem Beklagten ohne die Ausgleichung zufiele.
30Die Kläger beantragen,
31das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 09.02.2017 - 4 O 275/13 - teilweise abzuändern und festzustellen,
32I.
331.dass der Beklagte aus dem Nachlass der am 12.05.2011 in N verstorbenen, ebenda am 22.02.1920 geborenen und ebenda zuletzt wohnhaft gewesenen Erblasserin N.H. nichts zu beanspruchen hat;
342.dass die beim Amtsgericht N zu Geschäftsnummer … bzw. … und beim Amtsgericht E zu Geschäftsnummer … bzw. … hinterlegten Erlösüberschüsse nur den Klägern zu 1. und 2. zustehen und entsprechend deren Erklärung auszuzahlen sind;
35II.
36hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu I.
37unter teilweiser Abänderung des am 09.02.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Duisburg, Az.: 4 O 275/13, festzustellen, dass die Teilung des Nachlasses der am 12.05.2011 in N verstorbenen, ebenda am 22.02.1920 geborenen und ebenda zuletzt wohnhaft gewesenen Erblasserin N.H. unter Berücksichtigung folgender Feststellungen zu erfolgen hat:
381.Der Beklagte hat zwischen 1985 und 1993 erhaltene Zuschüsse zur Verwendung als Einkünfte und Aufwendung für die Vorbildung zu einem Beruf mit einem Betrag in Höhe von 84.112,44 € auszugleichen.
392.Der Beklagte hat den ihm zugewandten Umbau und die Einrichtung der Heilpraktiker-Praxis im Haus T-Str. 36 mit einem Betrag in Höhe von 22.308,93 €, die unentgeltliche Nutzung der Praxisräume mit einem Betrag von 67.560,88 € und die unentgeltliche Nutzung der Wohnung mit einem Betrag von 62.804,18 € auszugleichen.
403.Der Beklagte hat die ihm zwischen 1999 und 2007 zugewendeten Mieteinnahmen aus dem Grundbesitz T-Str. 36 in P mit einem Betrag von 610.457,54 € (gemeint 60.457,94 €) auszugleichen.
414.Der Beklagte hat Zuschüsse in bar zur Verwendung als Einkünfte zwischen 2004 und 2010 mit einem Betrag von 61.477,02 € auszugleichen.
425.Der Beklagte hat die ihm im Jahr 2008 per Überweisung zugewandten Zuschüsse zur Verwendung als Einkünfte mit einem Betrag in Höhe von 21.745,44 € auszugleichen sowie
43III.
44äußerst hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu II.
45unter teilweiser Abänderung des am 09.02.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Duisburg, Az.: 4 O 275/13, über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Beschlusses des Landgerichts Duisburg vom 30.03.2017 sowie der Werte der auf die Kläger entfallenden Nachlassquoten mit und ohne Ausgleichung der streitgegenständlichen Zuwendungen zu entscheiden.
46Der Beklagte beantragt
47die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
48Darüber hinaus beantragt er,
49das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 09.02.2017 zum Az. 4 0 275/13 abzuändern und die Klage abzuweisen.
50Die Kläger beantragen,
51die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
52Der Beklagte behauptet, lediglich 1.000 DM ausgegeben zu haben, um seine Praxis einzurichten. Das Landgericht habe eine Beweisaufnahme versäumt. Allein aus den zeitlichen Zusammenhängen habe es keine Schlüsse auf den Verwendungszweck für die Praxis ziehen dürfen.
53Die Anrechnung von ersparten Mietzinsen könne nicht als Zuwendung im Sinne des § 2050 BGB angesehen werden. Darüber hinaus hätten die Eltern der Parteien das Haus T-Straße 36 vernachlässigt. Da sich der Zustand des Hauses weiter verschlechtert habe, sei es nicht möglich, den Mietzins eines vorherigen Mieters als Rechengröße zugrunde zu legen. Die 3-Jahresgrenze, die das Landgericht gewählt habe, erscheine willkürlich.
54Im Übrigen verteidigt der Beklagte das landgerichtliche Urteil. Die Kläger seien ihrer Darlegungslast zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern nicht nachgekommen. Im Übrigen habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Zahlungen angemessen und vertretbar gewesen seien. Soweit die Kläger auf den angemessenen Selbstbehalt der Düsseldorfer Tabelle abstellten, handele es sich hierbei nur um eine theoretische Größe. Zu den tatsächlichen Verhältnissen, in denen die Eltern gelebt hätten, werde nichts vorgetragen. Die Eltern hätten stille Reserven gehabt und sich nicht für den Beklagten aufgeopfert.
55II.
56Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Die Berufung der Kläger ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.
57A.
58Berufung des Beklagten
59Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Soweit das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben und bestimmte Beträge nach § 2050 BGB bei der Auseinandersetzung nach der Erblasserin als Ausgleichs- und Ausstattungsbeträge zu Lasten des Beklagten festgestellt hat, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden.
60Die Parteien sind als gewillkürte Erben auf dasjenige als Erben eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, § 2052 BGB. Nach §§ 2052, 2050 BGB hat der Beklagte die Zuwendungen der Erblasserin in der Höhe auszugleichen, wie sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Ausstattung oder als sonstiger Zuschuss zur Ausgleichung zu bringen wären.
61Dabei ist von einem erweiterten Erblasserbegriff auszugehen. Auch wenn die Zuwendungen nicht von der Mutter, der eigentlichen Erblasserin, sondern ganz oder zum Teil von dem Vater der Parteien stammten, gelten sie im Sinne des § 2050 BGB als vom Erblasser geleistet. Grund dafür ist, dass die Ehegatten durch ein Berliner Testament verbunden waren und die Abkömmlinge wie nach gesetzlicher Erbfolge erben (Damrau/Tanck/Bothe, Erbrecht, 3. Aufl., § 2050 Rn. 36). Deshalb ist auch der vorverstorbene Ehegatte als Erblasser im Sinne der Ausgleichsvorschriften anzusehen.
621.
63Zuwendung für die Einrichtung einer Heilpraktikerpraxis
64Das Landgericht hat Zuwendungen an den Beklagten in Höhe von 18.301,45 € für die Einrichtung seiner Heilpraktikerpraxis zu Recht als ausgleichungspflichtig angesehen. Dabei handelt es sich um eine ausgleichungspflichtige Ausstattung des Beklagten gemäß § 2050 Abs. 1 BGB. Was als ausgleichungspflichtige Ausstattung im Sinne des § 2050 Abs. 1 BGB zu verstehen ist, wird in § 1624 Abs. 1 BGB definiert. Dies ist – im Lichte des § 2050 Abs. 1 BGB gelesen – dasjenige, was einem Abkömmling mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Erblasser zugewandt wird. Dabei ist die Ausstattung eine von der Schenkung zu unterscheidende Art der unentgeltlichen Zuwendung mit einer causa sui generis (OLG Karlsruhe ZEV 2011, 531 f). Ob eine solche Ausstattung gegeben ist und einer der genannten Ausstattungszwecke mit der Zuwendung verfolgt wird, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Hier ergibt die Auslegung, dass dem Beklagten 26.000 DM (vom Landgericht gemäß § 2055 BGB und von den Parteien unbeanstandet indexiert auf 18.301,45 €) zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung, nämlich als Zuwendung zur Einrichtung seiner Heilpraktikerpraxis, zugewendet worden sind.
65Dem Beklagten sind – dies ist durch die Anhörung des Beklagten vor dem Senat vom 12.01.2018 unstreitig geworden – von dem Vater der Parteien insgesamt 26.000 DM überwiesen worden, von denen – ebenfalls unstreitig – er den Großteil dafür verwendet hat, die Räume, in denen er später seine Praxis eröffnet hat, in irgendeiner Weise „herzurichten“. Bei dieser Zahlung des Vaters an den Beklagten handelt es sich – unabhängig von der streitigen Frage, ob und welche Beträge der Beklagte jeweils in Praxiseinrichtungsgegenstände und Mobiliar oder in die Räume selbst, wie etwa in Fenster, Böden, Türen oder Toiletten investiert hat –, um Leistungen an den bislang noch nicht berufstätigen Beklagten, die ihm zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung von dem Erblasser zugewandt worden sind.
66Es ist unstreitig geworden, dass der Beklagte das überwiesene Geld in das Ladenlokal in dem damals den Eltern der Parteien gehörenden Haus in der T-Straße 36 in P zur dortigen Einrichtung einer Heilpraktikerpraxis investiert hat und nicht für sonstige Ausgaben - wie etwa für eine Urlaubsreise oder für den Lebensunterhalt – verwendet hat.
67Soweit der Beklagte moniert, dass die Zahlungen des Vaters zum Großteil nichts mit der Einrichtung der Praxis zu tun gehabt hätten, sondern damit, zunächst einmal die Räume überhaupt so herzurichten, dass dort irgendetwas betrieben werden konnte, ist sein Vortrag unerheblich.
68Das Geld des Vaters ist unstreitig dem Mobiliar der Praxis und nach den Behauptungen des Beklagten nicht nur dem Mobiliar, sondern überwiegend den Räumen zu Gute gekommen, die der Beklagte später für seine Praxis genutzt hat. Was die Eltern mit den – nach den Behauptungen des Beklagten stark renovierungsbedürftigen - Räumen gemacht hätten, wenn er sie nicht übernommen hätte, ist ohne Belang. Ob die Eltern die Räume dann, um Investitionen zu vermeiden, hätten leer stehen lassen, oder ob die Eltern, wenn sie die Räume fremdvermietet hätten, ebenfalls erhebliches Geld für Renovierungsaufwendungen in die Hand genommen hätten, ist rein spekulativ. Wird die Behauptung des Beklagten als wahr unterstellt, dass ein erheblicher Renovierungsstau bestanden hat, wäre den Eltern eine Absprache mit einem Fremdmieter über eine Renovierung auf dessen eigene Kosten möglich gewesen; ebenso eine Überlassung der Räume an einen Fremdmieter zu einem geringeren Mietzins als üblich. Es hätte auch erneut ein Friseur als Mieter ausgesucht werden können, der zur Herrichtung der Räume jedenfalls einen geringeren Renovierungsaufwand gehabt hätte als ein Heilpraktiker. Diese Spekulationen über ein hypothetisches Alternativverhalten der Eltern ändern nichts daran, dass der von dem Vater gezahlte Betrag von 26.000 DM tatsächlich dem Beklagten überwiesen worden ist und er mit diesem Geld nach seinen Bedürfnissen genau die Räumlichkeiten renoviert und eingerichtet hat, in denen er später seine Heilpraktikerpraxis betrieben hat.
69Dies rechtfertigt es, den gezahlten Betrag als Ausstattung anzusehen.
702.
71Unentgeltliche Nutzung der Praxisräume
72Das Landgericht hat ferner zu Recht festgestellt, dass der Beklagte die unentgeltliche Nutzung der Praxisräume in dem Haus T-Straße 36 in P mit einem Betrag von 64.678,81 € im Rahmen der Auseinandersetzung des Nachlasses der Erblasserin gemäß §§ 2050, 2052 BGB auszugleichen hat.
73Nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, kann eine Ausstattung nach § 2050 Abs. 1 BGB auch in der Einräumung von Nutzungsrechten, insbesondere an einem Grundstück gesehen werden, etwa in der Form des Gewährens freien Wohnens oder eben wie hier der unentgeltlichen Nutzung von Praxisräumen (Staudinger/Hilbig-Lugani (2015) BGB, § 1624, Rn. 10; RG Recht 1906 Nr. 2634; LG Mannheim NJW 1970, 2111).
74Dabei liegt die Zuwendung, anders als das Landgericht und die Kläger meinen, nicht in dem wiederkehrenden monatlichen Erlass einer etwaigen Miete, sondern in der einmaligen und unbefristeten Einräumung eines unentgeltlichen Nutzungsrechts an den Praxisräumen, so dass es auf die Frage, ob § 2050 Abs. 2 BGB gegenüber § 2050 Abs. 1 BGB bei wiederkehrenden Leistungen eine Art Spezialregelung darstellt (vgl. RGZ 79, 267; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 2050, Rn. 8), nicht ankommt.
75Dass dem Grunde nach nicht auf wiederkehrende Leistungen abgestellt werden kann, ergibt sich daraus, dass der Wille der Eltern, dem Beklagten die Praxisräume zu überlassen, nicht monatlich wiederkehrend neu und auch nicht auf der Basis eines Mietvertrages getroffen worden ist, sondern auf die einmalige Zuwendung eines unentgeltlichen Nutzungsrechts an den Beklagten ausgerichtet war, das sich über einen von vornherein nicht begrenzten Zeitraum erstreckte.
76Damit kommt es auf die Frage eines Übermaßes, die sich erst bei Zuschüssen und Aufwendungen im Sinne des § 2050 Abs. 2 BGB stellt und vom Landgericht für den Zeitraum nach der Überlassung nach Ablauf von drei Jahren bejaht worden ist, nicht an.
77Die Berufung des Beklagten ist auch hinsichtlich der Höhe des für die Praxisnutzung anzurechnenden Zuwendungsbetrages nicht begründet. Wirtschaftlich stellt das Begehren der Kläger, die der Höhe nach auf den monatlichen Erlass von Mietzahlungen abstellen, gegenüber dem unbefristeten Nutzungsrecht ein Minus dar. Darüber hinaus ist die vom Landgericht vorgenommene Ermittlung der Zuwendungshöhe für das unbefristete Nutzungsrecht des Beklagten auf der Basis eines Mietzinses aus dem Jahre 1991 sehr niedrig gegriffen und bereits wegen der fehlenden Anpassung des Betrages an etwaige marktübliche Mieterhöhungen insgesamt nicht nachteilig für den Beklagten, sondern vorteilhaft. Angesichts des Umstands, dass das Nutzungsrecht des Beklagten zur Berechnung des Vorteils hätte kapitalisiert werden können, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der von dem Landgericht ermittelte und indexierte Zuwendungsbetrag für die Praxisräume im Ergebnis zu niedrig gegriffen wäre.
78Auf eine von dem Beklagten behauptet kontinuierliche Verschlechterung des Zustands der Räumlichkeiten kommt es nicht an. Da zwischen dem Beklagten und seinen Eltern kein Mietvertrag geschlossen worden ist, ist ein Minderungsrecht wegen der behaupteten etwaigen kontinuierlichen Verschlechterung der Räumlichkeiten bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Die Eltern haben dem Beklagten zwar unentgeltlich ein Nutzungsrecht an den Räumen zugewandt, aber sie sind nicht wie ein Vermieter die Verpflichtung eingegangen, die Räume mangelfrei in einem bestimmten Zustand zu halten. Vielmehr hatte der Beklagte, der letztlich als Entleiher der Räume anzusehen ist, die Erhaltungskosten zu tragen, § 601 Abs. 1 BGB. Konkrete Mängel der Praxisräume trägt der Beklagte zudem nicht vor.
79II.
80Berufung der Kläger
81Die Berufung der Kläger ist hinsichtlich ihres Hauptantrages unbegründet. Der Senat kann nicht feststellen, dass der Beklagte aus dem Nachlass der am 12.05.2011 in N verstorbenen Erblasserin N.H. nichts zu beanspruchen hat und dass die beim Amtsgericht N zu Geschäfts-Nr. … bzw. … und beim Amtsgericht E zu Geschäfts-Nr. … bzw. … hinterlegten Erlösüberschüsse nur den Klägern zu 1. und 2. zustehen und entsprechend deren Erklärung auszuzahlen sind.
82Die Parteien streiten über den Umfang des Nachlasses. Der Beklagte vermutet weitere Bankguthaben der Erblasserin in M. Auch wenn man zugunsten der Kläger davon ausgeht, dass diese Behauptung des Beklagten unerheblich ist, weil sie ins Blaue hinein abgegeben worden ist, und deshalb annimmt, dass der Nachlassumfang mit den von den Klägern genannten Zahlen feststeht, kann der Senat gleichwohl nicht feststellen, dass der Beklagte nichts mehr zu beanspruchen habe.
83Der Beklagte hat sich nämlich nicht sämtliche von den Klägern geltend gemachten Beträge als Zuwendung anrechnen zu lassen. Die von ihm bei der Verteilung des Nachlasses auszugleichenden Zuwendungen betragen insgesamt 143.527,80 €.
84Im Einzelnen:
851. Zuwendungen zur Ausbildung zum Heilpraktiker
Das Landgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der Beklagte 3 x 3.360 DM jährlich, gezahlt von April 1987 bis März 1990 nicht auszugleichen habe. Bei diesen Zahlungen kann dahingestellt bleiben, ob die Eltern der Parteien - wie der Beklagte meint - ihm gegenüber bereits unterhaltspflichtig waren oder ob - wie das Landgericht ausgeführt hat – § 2050 Abs. 2 BGB gilt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass keine Unterhaltspflicht bestand, sondern § 2050 Abs. 2 2. Variante BGB anzuwenden ist, weil es sich um Zuwendungen zur Vorbildung für einen Beruf handelt, sind diese nur dann auszugleichen, wenn sie das angemessene Maß übersteigen. Dies kann hier jedoch nicht festgestellt werden.
88Zunächst ist auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug zu nehmen. Ein Übermaß ist im Übrigen nicht schon dann zu bejahen, wenn die Aufwendungen für einen Abkömmling höher sind als für einen anderen Abkömmling (Damrau/Tanck/Bothe, aaO, § 2050 BGB, Rn. 32). Ebenfalls ist unerheblich, ob das laufende Einkommen der Eltern zur Gewährung der Zahlungen ausreichte oder ob sie Kapital angreifen mussten (Damrau/Tanck/Bothe, a.a.O., Rn. 30). Der Vater der Parteien war Unternehmer. Die Eltern verfügten darüber hinaus über Mieteinkünfte und über Einkünfte aus Kapitalvermögen. Darüber hinaus gehörte ihnen erheblicher Grundbesitz. Vor diesem Hintergrund können die Zahlungen der Eltern der Parteien für den Beklagten hinsichtlich des Schulgelds für die Heilpraktikerschule nicht als übermäßig angesehen werden.
892. Laufende Zahlungen während der Ausbildung
90Gleiches gilt für die Zuwendung von Unterhalt in der Zeit von April 1987 bis März 1990 in Höhe von monatlich 1.000 DM und sodann bis zur Eröffnung der Heilpraktikerpraxis bis Mitte oder Ende 1992, die der Beklagte unstreitig stellt. Darüber hinausgehende Unterhaltszahlungen werden zwar von den Klägern behauptet, aber nicht unter Beweis gestellt, so dass sie nicht zu berücksichtigen sind. Dazu hatte bereits das Landgericht mehrfach Hinweise erteilt.
91Soweit die Unterhaltszahlungen unstreitig sind, sind sie – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt – nicht übermäßig. Zwar können 1.000 DM monatlich für einen zu dem Zeitpunkt in der Aufbauphase befindlichen selbständigen Berufstätigen nicht als geringfügiger Betrag betrachtet werden. Im Hinblick auf das bereits dargestellte erhebliche Vermögen der Eltern können diese monatlichen Zahlungen aber gleichwohl noch nicht als unangemessen angesehen werden. Auch insoweit ist auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug zu nehmen.
923. Unentgeltliche Überlassung einer Wohnung
93Der Beklagte hat ebenfalls nicht das unentgeltliche Nutzungsrecht an seiner Wohnung auszugleichen. Es ist bereits mehr als fraglich, ob dabei von einer Zuwendung im Sinne des § 2050 Abs. 2 1. Variante BGB ausgegangen werden kann.
94§ 2050 Abs. 2 1. Variante BGB behandelt Zuschüsse, die zu dem Zweck gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden. Als Beispiel wird Unterhalt während eines Vorbereitungsdienstes genannt (Palandt/Weidlich, BGB, aaO, § 2050, Rn. 8). Unter derartige Zuschüsse fallen eigene Nutzungsrechte nicht, da sie schon keine positiven Einkünfte darstellen.
95Bereits der Wortlaut der Norm könnte zudem vorgeben, dass sich sein Anwendungsbereich lediglich auf Geldleistungen bezieht (so ausdrücklich Damrau/Tanck/Bothe, a.a.O., § 2050 Rn. 25 a.A. juris PK/BGB-Schermann, 8. Aufl., § 2050 Rn. 51; Erker/Oppelt in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 4. Aufl., § 26 Rn. 74). Eine Geldzuwendung ist hier nicht gegeben. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Wollte man die genannte Norm auch über Geldzuwendungen hinaus anwenden, liegt die Zuwendung nicht, wie das Landgericht angenommen hat, in einer wiederkehrenden Leistung, sondern in der von vorn herein nicht befristeten einmaligen Einräumung eines unentgeltlichen Nutzungsrechts an der Wohnung. Auch aus diesem Grunde ist der Anwendungsbereich des § 2050 Abs. 2 BGB 1. Variante, der Zuschüsse in der Form laufender Einkünfte wie Unterhalt betrifft, nicht eröffnet.
96Deshalb kommt es auf die vom Landgericht bejahte Frage, ob ein Übermaß vorliegt, nicht an. Gleiches gilt für die Frage, ob hier – wie das Landgericht rechtsirrig angenommen hat – die Ausgleichspflicht durch eine einseitige Anordnung der Erblasserin wirksam ausgeschlossen worden ist.
97Die Behauptung des Beklagten, es habe sich zudem nicht um eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung zur Nutzung gehandelt, vielmehr sei als Gegenleistung vereinbart worden, dass er seine Eltern unentgeltlich behandele, ist nach allem ebenfalls unerheblich. Gleiches gilt für die Frage, ob der Wert der Behandlung durch den Beklagten dem Wert der Zuwendung der Eltern ganz oder teilweise entspricht.
984. Zuwendung der Mieteinnahmen
99Die Berufung der Kläger ist jedoch begründet, soweit dem Beklagten Mieteinnahmen durch Mietzahlung fremder Mieter zugeflossen sind. Bei diesen Zuwendungen handelt es sich um Zuwendungen gemäß § 2050 Abs. 2 BGB 1. Variante. Es liegen Geldzahlungen vor, die wirtschaftlich den Eltern zuzurechnen sind, und die als wiederkehrende Leistung an den Beklagten ausgelegt waren. Die von den jeweiligen Mietern der Eltern gezahlten und nach dem Eigentumserwerb des Beklagten aufgrund des Nießbrauchrechts der Erblasserin zustehenden Mieten flossen dem Beklagten durch die wirtschaftliche Zuwendung der Eltern unmittelbar monatlich zu und konnten zur Deckung seines Lebensbedarfs verwendet werden. Es handelte sich um Geldzuwendungen zur Verwendung als Einkünfte wie ein Unterhalt.
100Mit dem Landgericht ist zudem davon auszugehen, dass diese Zuwendungen jedenfalls ab 1994/1995 übermäßig waren. Auch angesichts des erheblichen Immobilien- und sonstigen Vermögens der Eltern können diese Zuwendungen nicht mehr als angemessen angesehen werden.
101Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Eltern dem Beklagten bereits eine Praxis zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung eingerichtet hatten. Darüber hinaus hatten sie ihm unentgeltliche Nutzungsrechte für die Praxisräume sowie für seine eigene Wohnung übertragen. Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte durch die Ausstattung der Eltern als ausgebildeter Heilpraktiker eine selbständige Lebensstellung erzielen konnte, war es auch angesichts der guten Vermögensstellung der Eltern übermäßig, ihm zusätzlich noch Mietzahlungen fremder Mieter als Zuwendungen zur Verwendung als Einkünfte zu überlassen.
102Die Ausgleichungspflicht des Beklagten ist – anders als das Landgericht meint - nicht durch die Erblasserin wirksam ausgeschlossen worden. Eine wirksame Bestimmung der Mutter, dass diese Zuwendung nicht anzurechnen sei, ist nicht gegeben. Der Zusatz zu der handschriftlichen Erklärung vom 12.10.2003 ist – wenn man ihn inhaltlich überhaupt zugunsten des Beklagten auslegen wollte, was bereits sehr zweifelhaft ist - nicht wirksam.
103Mit dem Zusatz hat die Erblasserin, wenn sie damit inhaltlich die Ausgleichungspflicht des Beklagten beseitigen wollte, gegen ihre Bindung aus dem Berliner Testament verstoßen. Wenn in dem Text nach Auslegung ein evtl. Vorausvermächtnis zugunsten des Beklagten zu sehen wäre (vgl. dazu BeckOK/BGB-Lohmann, 43. Edition, § 2050 Rn. 10), wäre dieser Passus gemäß §§ 2270 Abs. 2, 2271 Abs. 2 BGB unwirksam, weil ihm die Bindungswirkung der Erbeinsetzung der Parteien zu gleichen Teilen entgegen stünde.
1045. Bargeldzuwendungen 2004 bis 2010
105Der Beklagte hat die Bargeldzuwendungen, die er im Zeitraum von 2004 bis 2010 erhalten hat, nicht auszugleichen. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei den Bargeldzahlungen der Mutter um laufende Zuschüsse handelte. Der unstreitige Sachverhalt reicht auch nicht für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO.
106Zwar ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten aus August 2009, dass er von seiner Mutter immer wieder Bargeldzahlungen erhalten hat und diese sogar vehement und mit Druck eingefordert hat. Aus dem Schreiben folgt zudem, dass er seine Mutter massiv unter Druck gesetzt hat und von ihr regelmäßige wiederkehrende monatliche Zahlungen in Höhe von mindestens 650 € gefordert hat. Gleichwohl ist es dem Senat nicht möglich festzustellen, dass die Erblasserin dieser Forderung des Beklagten nachgekommen ist und ihm tatsächlich nicht nur die unstreitigen „gelegentlichen 1.000 Euro“ zugesteckt hat, sondern regelmäßig laufende Zuschüsse in mindestens der von dem Beklagten in dem genannten Schreiben geforderten Höhe gezahlt hat. Soweit die Kläger dafür auf eine bescheidene Lebensführung der Erblasserin und einen Eigenbedarf von 300 € monatlich abstellen, reicht auch dieser Vortrag dem Senat für eine Schätzung nicht aus, da auch bei bescheidener Lebensführung erhebliche Geldgeschenke an andere Familienangehörige als den Beklagten denkbar sind.
1076. Überweisungen im Jahr 2008
108Hinsichtlich der Banküberweisungen aus dem Jahr 2008 ist die Berufung der Kläger ebenfalls nicht begründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich hierbei um eine Zuwendung im Sinne des § 2050 Abs. 2 BGB handelte. Aus der Anhörung des Klägers zu 1. folgt, dass es sich nur um eine einmalige Zahlung handelte, die darüber hinaus nicht unmittelbar zum Ausgleich einer Steuerforderung gezahlt worden, sondern gegen den Willen des Beklagten dafür verwendet worden ist.
109Deshalb kann eine Zuwendung nach § 2050 Abs. 3 BGB nicht ausgeschlossen werden, die nur im Falle einer ausdrücklichen Anordnung ausgleichungspflichtig wäre. Eine solche ausdrückliche Anordnung der Erblasserin kann jedoch nicht festgestellt werden.
110C.
111Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92, 100 ZPO. Bei der Berechnung des wirtschaftlichen Obsiegens und Unterliegens des Beklagten wurde § 2055 BGB berücksichtigt.
112Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
113Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
114D.
115Streitwert:
1161. Instanz 147.276,92 € plus 20.000 € wegen der rechtskräftigen Tenorierung der Anträge zu A. 3. und 4., die den Anteil der Kläger am Nachlass betreffen, ergibt insgesamt 167.276,92 €
1172. Instanz 147.276,92 €
118Der Streitwert für die rechtskräftigen Feststellungen des LG hinsichtlich der Anträge zu A. 3 und 4, die den Anteil der Kläger am Nachlass betreffen, beträgt wie vom Landgericht festgesetzt insgesamt 20.000 €.
119Der Streitwert der übrigen Anträge entspricht dem Interesse, das die Kläger an der Ausgleichung der Zuwendung durch den Beklagten haben. Der Beklagte kann höchstens 1/3 des - nach den maßgeblichen Klägervorstellungen - behaupteten realen Nachlasswertes, mithin höchstens 147.276,92 € bei der Teilung des Nachlasses beanspruchen.
120Die Hilfsanträge sind nicht streitwerterhöhend, da sie als Minus in dem Hauptantrag enthalten sind.