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Verzichtet der Inhaber eines Schutzrechts auf dessen monetäre Verwertung, entsteht ihm durch die rechtswidrige Nutzung des Schutzrechtes kein Schaden.
§ 14 Abs. 6 MarkenG
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07.12.2016 verkündete Urteil der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert, soweit darin das Versäumnisurteil vom 15.06.2016 insoweit aufrecht erhalten wurde, wie
die Beklagte in Ziffer I.2. verurteilt wird, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den erzielten Umsatz und Gewinn;
die Beklagte in Ziffer I.3. zum Rückruf verurteilt wird;
die Beklagte in Ziffer I.4. zur Vernichtung verurteilt wird und
in Ziffer II. die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt wird.
Im Umfang der Abänderung wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte
gemäß Ziffer I.1. verurteilt wird, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin das folgende Kennzeichen für Produkte der Serie „Aminomed“ zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, wenn dies wie in Anlage K 13 dargestellt geschieht:
;
und gemäß Ziffer I.2. verurteilt wird, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen, wie unter Ziffer 1. beschrieben nach dem 31.08.2012, und zwar durch Vorlage eines chronologisch geordneten und nach Monaten aufgeschlüsselten Verzeichnisses, aus dem sich ergeben müssen: Menge und Zeitpunkt der hergestellten und ausgelieferten Produkte sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer der Produkte.
Die Beklagte trägt vorab die Kosten ihrer Säumnis. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen zu 20% die Klägerin und zu 80% die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil, soweit es aufrechterhalten wird, sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung der Klägerin aus Ziffer I.1. (Unterlassung) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120.000,00 € und aus Ziffer I. 2. (Auskunft) in Höhe von 5.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen bleibt den Parteien nachgelassen, eine Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision der Klägerin wird zugelassen, soweit die Klage auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen wurde.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12.01.2017 (Bl. 137a f. GA) Bezug genommen.
2Die Klägerin ist Herausgeberin des bundesweit erscheinenden ÖKO-TEST-Magazins, in dem neben allgemeinen Verbraucherinformationen insbesondere Waren- und Dienstleistungstests veröffentlicht werden. Sie ist seit vielen Jahren Inhaberin verschiedener ÖKO-TEST Labels, die markenrechtlich geschützt sind. Unter anderem ist sie Inhaberin der am 21.03.2012 angemeldeten, am 24.05.2012 veröffentlichten und am 31.08.2012 unter der Nr. 010745529 in das Register des Amtes der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) eingetragenen Unionsbildmarke (zukünftig: Klagemarke 1)
3 4die für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt ist:
5Klasse 16
6Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Testmagazine, Bücher, Broschüren, Verbraucherinformationen, Jahrbücher und Ratgeber; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Aufkleber aus Papier.
7Klasse 35
8Verbraucherberatung und -aufklärung; Verbraucherinformation und -beratung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen sowie mittels Qualitätsurteilen; Durchführung und Auswertung von Meinungsforschungen und Umfragen; Auswertung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen durch statistische Analyse von Datenbeständen zum Zweck der Verbraucherberatung und -aufklärung; Zusammenstellung von Daten zur Bereitstellung von Informationen im Internet; Zusammenstellung von Verzeichnissen zur Veröffentlichung im Internet; Förderung des öffentlichen Bewusstseins für Umweltfragen und Initiativen durch Werbung; Förderung des öffentlichen Bewusstseins für Gesundheitsfragen und Initiativen durch Werbung; Werbung in Bezug auf Produkteigenschaften, insbesondere unter Bezugnahme auf Untersuchungsergebnisse, Qualitätsurteile und Warentests; Werbung in Bezug auf Dienstleistungsmerkmale, insbesondere unter Bezugnahme auf Untersuchungsergebnisse, Qualitätsurteile und Warentests; Werbung mit Test- und Untersuchungsergebnissen sowie Qualitätsurteilen; Werbung (einschließlich Sponsoring und Merchandising), auch im und über das Internet; Werbung für Verkaufsaktivitäten Dritter, auch im und über das Internet; Analyse der Resonanz auf Werbung; Auskünfte in Bezug auf Werbung; Zusammenstellung von Statistiken in Bezug auf Werbung; Werbeanzeigen (Verbreitung von ---); Verteilung von Werbematerial [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Versandwerbung; Werbeschriften (Werbung durch -); Plakatanschlagwerbung; Fernsehwerbung; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Anwerbung (Personal-); Direktwerbung; Kinowerbung; Rundfunkwerbung; Werbung mittels elektronischer Anzeigetafeln; Werbung und Reklame.
9Klasse 36
10Beratung und Information in Zusammenhang mit Geldanlagen; Beratung bei der rationalen Einkommensverwendung; Beratung und Information im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versicherungen; finanzielle Beratung von Verbrauchern unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen; Analysen und Bewertungen von Produkten der Finanz- und Versicherungswirtschaft; Verbraucherberatung und -aufklärung in Steuerfragen; Dienstleistungen von Versicherungsmathematikern und Versicherungsaktuaren, Bankfachwirten, insbesondere zur Gewinnung von Informationen zur Bewertung von Produkt- und Dienstleistungseigenschaften.
11Klasse 38
12Verbreitung von Informationen in elektronischen Medien sowie in Filmen und Rundfunk; Bereitstellen des Zugriffs auf Daten in elektronischen Datenbanken und auf elektronischen Trägermedien; Online-Dienste, nämlich Übermitteln von Informationen, Nachrichten, Texten, Zeichnungen und Bildern über Online-Dienste sowie Multi-Media-Dienste; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Bereitstellen und Betrieb von Portalen im Internet; Bereitstellung eines Informations- und Kommunikationsforums im Internet; Kommunikationsdienstleistungen, inkl Übermittlung, Verbreitung und Sendung von Ton und Video via Computernetzwerke, insbesondere Internet; Sammeln, Liefern und Übermitteln von Informationen in Form von Daten, Bildern, Grafiken, Ton und/oder audiovisuellem Material mittels Computer- und/oder Kommunikationsnetzwerken; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Sendung, Übertragung und Ausstrahlung von Radio-, Fernsehen- und Videoprogrammen; Echtzeitübertragung von Daten (Streaming); Elektronische Übertragung und Streaming von Ton- und Videomaterial in weltweiten und lokalen Computernetzwerken; Podcastingdienste; Podcasts.
13Klasse 41
14Herausgabe von Zeitschriften, Büchern, Broschüren und Ratgebern, auch in elektronischer Form; Redaktion von gedruckten und elektronischen Medienerzeugnissen; Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen, auch in elektronischer Form; Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen zur Verbraucherberatung und -aufklärung, auch in elektronischer Form (ausgenommen für Werbezwecke); Veröffentlichung von Publikationen, auch in elektronischer Form (ausgenommen für Werbezwecke), mit Informationen und Daten über optimale private Haushaltführung und/oder mit Informationen und Daten über umwelt- und gesundheitsbewusstes Verhalten; publizistische Auswertung von Test- und Untersuchungsergebnissen (ausgenommen für Werbezwecke); Bereitstellung von elektronischen Publikationen zur Verbraucherinformation; Dienstleistungen von Redakteuren und Zeitungsreportern; Rundfunk-, Film- und Fernsehproduktion; Ton-, Film-, Video- und Fernsehaufzeichnungen; Zusammenstellen von Nachrichten und Reportagen, insbesondere zu den Themen Verbraucherinformation, Ökologie und Gesundheit; Bibliotheksdienstleistungen in Bezug auf über elektronische Medien gespeicherte und abrufbare Dokumente; Unterhaltung in Form von Nachrichtensendungen, Reportagen und Interviewbeiträgen; Veröffentlichung von Meinungsforschungen und Umfragen; Veröffentlichung von wissenschaftlich basierten Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen (nicht für wissenschaftliche Zwecke); Dienstleistungen von chemischen, biologischen, physikalischen und technischen Universitätsinstituten, und von Journalisten, insbesondere zur Gewinnung von Informationen zur Bewertung von Produkt- und Dienstleistungseigenschaften; Bereitstellung und Betrieb von Unterhaltungsapplikationen für mobile digitale Endgeräte.
15Klasse 42
16Durchführung und Auswertung von wissenschaftlich basierten Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen; Durchführung und Auswertung von Qualitätsuntersuchungen; Durchführung und Auswertung von technischen Tests und Überprüfungen; Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung; Überprüfung der effizienten Nutzung von Energie; Bereitstellung von wissenschaftlicher Information und Beratung zum CO2-Ausgleich; Ermittlung und Bewertung von Emissionen und Schadstoffkonzentrationen; Ermittlung und Bewertung chemischer, biologischer und physikalischer Informationen in Bezug auf Gefahren und Risiken; Wissenschaftliche Auskünfte in Bezug auf die Sicherheit von chemischen, biologischen und physikalischen Erzeugnissen; Bereitstellung von wissenschaftlicher Information und Beratung zur Gesundheitsverträglichkeit und Umweltverträglichkeit von Produkten; Dienstleistungen von Biologen, Chemikern, Mathematiker, Ökotrophologen, Physikern, Ingenieuren und Angehörigen von Berufsgruppen mit vergleichbarer Hoch- und Fachschulausbildung; Untersuchung und Beurteilung von Produkten, insbesondere unter ökologischen und verbraucherpolitischen Gesichtspunkten; Labordienstleistungen (- wissenschaftliche); Architekturberatung; Speicherung von Daten in elektronischen Datenbanken und auf elektronische Trägermedien; Betrieb von Datenbanken, nämlich Speicherung von Daten in Computerdatenbanken und Installation, Update und Wartung von Datenbanksoftware; Durchführung und Auswertung von wissenschaftlich basierten Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen (nicht für wissenschaftliche Zwecke); Auswertung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen durch mathematische Anwendung von Bewertungs- und Gewichtungsrastern; ökologische Verbraucherinformation; Dienstleistungen von chemischen, biologischen, physikalischen und technischen Untersuchungslabors, Lebensmittelchemikern, Chemikern, Pharmakologen, Ökotrophologen, Physikern, Mathematikern, insbesondere zur Gewinnung von Informationen zur Bewertung von Produkt- und Dienstleistungseigenschaften; Bereitstellen und Betrieb von Plattformen im Internet; Bereitstellung und Betrieb von Informationsapplikationen für mobile digitale Endgeräte.
17Klasse 45
18Verbraucherberatung und -aufklärung in Rechtsfragen; Dienstleistungen von Juristen, insbesondere zur Gewinnung von Informationen zur Bewertung von Produkt- und Dienstleistungseigenschaften; Vermittlung und Vergabe von Lizenzen und sonstigen gewerblichen Schutzrechten; Verwaltung von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten.
19Ferner ist sie Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt am 05.01.2012 angemeldeten und am 23.04.2012 unter der Nr. 302012000566 eingetragenen Wort-/Bildmarke (zukünftig Klagemarke 2)
20, eingetragen für
21Klasse 35
22Verbraucherberatung und Verbraucherinformation bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen
23Klasse 36
24Analysen und Bewertungen von Produkten der Finanz- und Versicherungswirtschaft
25Klasse 41
26Bereitstellung von elektronischen Publikationen zur Verbraucherinformation (nicht herunterladbar); Dienstleistungen von Zeitungsreportern; Publikation von Druckerzeugnissen, nämlich Waren- und Dienstleistungstests (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke
27Klasse 42
28Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung, Forschungsdienstleistungen von Biologen, Chemikern, Mathematikern, Medizinern, Ökotrophologen, Physikern und Angehörigen ähnlicher oder vergleichbarer Berufe mit entsprechender Ausbildung; Forschungsdienstleistungen von chemischen, biologischen physikalischen und technischen Untersuchungslabors und Universitätsinstituten, Lebensmittelchemikern, Chemikern, Pharmakologen, Ökotrophologen, Ärzten, Physikern, Mathematikern, Versicherungsmathematikern und Versicherungsaktuaren, Bankfachwirten, Journalisten; Ausarbeiten von Qualitätsnormen für Dritte und Qualitätssicherung durch Durchführung von Qualitätskontrollen
29Klasse 44
30Dienstleistungen eines Arztes als Sachverständiger, Beratung in medizinischen Fragen, Beratungen im Bereich der Pharmazie
31Klasse 45
32Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten
33Die Klägerin gestattet Herstellern getesteter Produkte grundsätzlich die Werbung mit dem ÖKO-TEST Label, verlangt hierfür jedoch den Abschluss eines unentgeltlichen Lizenzvertrages. Nach Vertragsschluss stellt die Klägerin den Herstellern sodann eine Datei mit ihrer jeweils aktuellen Wort-/Bildmarke zur Verfügung, in welche die Hersteller das getestete Produkt sowie das Testergebnis und dessen Fundstelle eintragen.
34Die Beklagte ist Herstellerin von Zahncremes, u.a. des Produktes „Aminomed“. Das Produkt „Aminomed Fluorid-Kamillen-Zahncreme“ wurde von der Klägerin in einem in dem Jahrbuch Kosmetik 2005 veröffentlichten Warentest getestet und mit „sehr gut“ bewertet. Das getestete Produkt wurde unter der Marke „Ajona“ vertrieben und trug oben die Aufschrift „Hochwirksame Fluorid-Kamillen-Zahncreme“. Unter dem Schriftzug „aminomed“ stand „Mit Amin- und Natriumfluorid. Ergänzt durch Kamille, Panthenol und Bisabolol. Für optimale Mundpflege“ (vgl. Anlage K 13). Zur Bewerbung ihres Produktes mit diesem Testergebnis schloss die Beklagte mit der Klägerin am 15./18.8.2005 einen Lizenzvertrag (Anlage K 12) zur Nutzung des zu dem damaligen Zeitpunkt aktuellen ÖKO-TEST Labels.
35§ 1 des Lizenzvertrages lautete wie folgt:
36ÖKO-TEST stellt dem Nutzer das ÖKO-TEST Label - bestehend aus der Wortbildmarke ÖKO-TEST verbunden mit der graphischen Gestaltung eines Labels druckfähig als EPS Datei zur Verfügung. Es ist wie folgt gestaltet:
37 38Dem Nutzer ist nicht gestattet, das ihm von ÖKO-TEST zur Verfügung gestellte Label zu verändern.“
39In § 3 des Vertrages war Folgendes geregelt:
40Die Gestattung ist grundsätzlich zeitlich unbeschränkt, soweit der Nutzer das mit dem ÖKO-TEST Label versehene Produkt nach diesem Vertrag zulässiger Weise in den Verkehr gebracht hat.
41Das Inverkehrbringen oder die mündliche oder audiovisuelle Benutzung der Marke und/oder des Labels durch den Nutzer ist nicht mehr gestattet, sobald
42- der Test, der sich auf das Produkt des Nutzers bezieht, durch einen zeitlich neueren Test überholt ist,
43- Beschaffenheit oder Merkmale des Produktes, auf die sich der Test bezieht, geändert worden sind“.
44Am 04.10.2007 schrieb die Klägerin an die Beklagte eine E-Mail mit folgendem Inhalt:
45„Anfang des Jahres wurde das Layout der ÖKO-TEST Publikationen modernisiert. In diesem Zusammenhang wurde auch das ÖKO-TEST Label überarbeitet.
46Weil wir Ihnen als ÖKO-TEST Label - Nutzer die Möglichkeit bieten möchten, auch in Ihren Marketing- und Werbemaßnahmen das neue Design unseres Labels zu nutzen, stellen wir Ihnen als Kunden die aktuellen Daten zum Download unter.....zur Verfügung.
47Dieser Link ist ausschließlich für Sie als Vertragspartner des Gestattungsvertrages eingerichtet worden und für den Zeitraum vom 1.10.07 bis 15.10.07 aktiviert.
48(...)
49Die vertraglichen Vereinbarungen des Gestattungsvertrages bleiben hiervon unberührt und behalten somit ihre uneingeschränkte Gültigkeit.“
50Im Oktober 2014 erlangte die Klägerin Kenntnis vom Vertrieb von „Aminomed“ auf Webseiten Dritter (Anlage K 13) in der nachfolgend eingeblendeten Verpackung:
51 52Die Verpackung trug nunmehr oben die Aufschrift „Medizinische Aminfluorid-Kamillen-Zahncreme“, unter dem Schriftzug „aminomed“ stand jetzt: „Kräftigt das Zahnfleisch und härtet den Zahnschmelz“. Die Marke „Ajona“ wurde für dieses Produkt nicht mehr verwendet. Diese Dritten werden von der Beklagten nicht unmittelbar beliefert oder mit Produktfotos versorgt. Die Beklagte hat die Benutzung von Öko-Testzeichen zu einem nicht näher dargelegten Zeitpunkt im Jahr 2012 eingestellt.
53Die Klägerin ließ die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 27.11.2014 abmahnen und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (Anlage K 14).
54Die Klägerin hat ihre Ansprüche vornehmlich auf ihre Unionsmarke Nr. 010745529 und hilfsweise auf die deutsche Marke Nr. 302012000566 gestützt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei bereits aufgrund des Lizenzvertrags nicht dazu berechtigt, das streitgegenständliche ÖKO-TEST Label zu verwenden, da dieses gar nicht Gegenstand des Vertrages gewesen sei. Zudem behauptet sie, dass bereits 2008 ein neuer Test hinsichtlich der Produktgruppe Zahncreme veröffentlicht worden sei, der neue Testparameter aufweise, so dass die Beklagte schon deswegen nicht mehr zur Nutzung des Zeichens befugt sei. Schließlich handele es sich bei dem nunmehr seitens der Beklagten unter Verwendung des ÖKO-TEST Labels angebotenen Produkt nicht mehr um ein testidentisches Produkt im Sinne des Lizenzvertrages, da sich zumindest die Bezeichnung und Beschreibung des Produktes sowie seine Verpackung geändert habe.
55Auf Antrag der Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2016 gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil folgenden Inhalts ergangen:
56I. Die Beklagte wird verurteilt,
571. es unter Androhung näher bestimmter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die folgenden Kennzeichen für Produkte der Serie „Aminomed“ zur Werbung mit Test- und Untersuchungsergebnissen sowie zur Verbraucherinformation und –beratung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen sowie Qualitätsurteilen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, insbesondere, wenn dies wie in Anlage K 13 dargestellt geschieht:
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2. der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang des Anbietens, des Inverkehrbringens oder den Besitz von Produkten der Serie „Aminomed“, die mit einem der folgenden Kennzeichen versehen sind
60und zwar durch Vorlage eines chronologisch geordneten und nach Monaten aufgeschlüsselten Verzeichnisses, aus dem sich ergeben müssen: Menge und Zeitpunkt der hergestellten und ausgelieferten Produkte, Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer der Produkte, Abgabepreis sowie erzielter Umsatz und Gewinn;3. alle bereits ausgelieferten und noch im geschäftlichen Verkehr befindlichen Produkte der Serie „Aminomed“, die von der Beklagten angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den unter Ziffer 1. genannten Zwecken besessen wurden oder werden und mit einem der folgenden Kennzeichen versehen sind
61zurückzurufen;4. alle in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Produkte der Serie „Aminomed“, die mit einem der folgenden Kennzeichen versehen sind
62auf eigene Kosten zu vernichten.
63II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch das Anbieten, das Inverkehrbringen und den Besitz von Produkten der Serie „Aminomed“, die mit einem der folgenden Kennzeichen versehen sind
64bisher entstanden ist und/oder entstehen wird.
65Nachdem die Beklagte Einspruch eingelegt hat, hat die Klägerin ihre Klageanträge wie folgt neu gefasst:
66I. Die Beklagte wird verurteilt,
671. es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das folgende Kennzeichen für Produkte der Serie „Aminomed“ zur Werbung mit Test- und Untersuchungsergebnissen sowie zur Verbraucherinformation und –beratung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen sowie Qualitätsurteilen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, wenn dies wie in Anlage K 13 dargestellt geschieht;
682. der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen, wie unter Ziffer 1. beschrieben, und zwar durch Vorlage eines chronologisch geordneten und nach Monaten aufgeschlüsselten Verzeichnisses, aus dem sich ergeben müssen: Menge und Zeitpunkt der hergestellten und ausgelieferten Produkte, Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer der Produkte, Abgabepreis sowie erzielter Umsatz und Gewinn;
693. alle bereits ausgelieferten und noch im geschäftlichen Verkehr befindlichen Produkte der Serie „Aminomed“, wie unter Ziffer 1. beschrieben, die von der Beklagten angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den unter Ziffer 1. genannten Zwecken besessen wurden oder werden zurückzurufen;
704. alle in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Produkte der Serie „Aminomed“, wie unter Ziffer 1. beschrieben, auf eigene Kosten zu vernichten.
71II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlungen, wie unter Ziffer I.1. beschrieben, bisher entstanden ist und/oder entstehen wird.
72Die Beklagte hat beantragt,
73das Versäumnisurteil vom 15.06.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
74Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei aufgrund des Gestattungsvertrages zur Nutzung des ÖKO-TEST Labels berechtigt gewesen. Denn die Klägerin habe ihr mit E-Mail vom 04.10.2007 (Anlage B 3) mitgeteilt, dass das Layout des Labels modernisiert worden sei und sie daher die Möglichkeit habe, diese neue Variante unter dem mitgeteilten Link herunterzuladen; die E-Mail der Klägerin sei so zu verstehen gewesen, dass sie als Lizenznehmerin das ÖKO-TEST Label jeweils in seinem neuesten Layout nutzen dürfe und solle. Nach § 3 des Lizenzvertrages entfalle die weitere Nutzungsberechtigung nur dann, wenn seitens der Klägerin ein neuer Test auch bezüglich des tatsächlich lizenzierten Produkts durchgeführt worden sei. Außerdem habe die Klägerin bereits 2011 gewusst, dass sie das Zeichen noch verwende, was aus der Anlage B2 hervorgehe, und die Nutzung des Zeichens nicht beanstandet. Sie berufe sich insoweit auf Verjährung und Verwirkung.
75Schließlich hat die Beklagte darauf verwiesen, ein Markenrechtsverstoß scheide bereits deshalb aus, da sie die vom Schutz der Klagemarke umfassten Dienstleistungen wie Werbung und Verbraucherinformation und -beratung zu keinem Zeitpunkt erbracht habe. Das Produkt Zahnpasta sei bereits nicht ähnlich zu den von den Klagemarken erfassten Waren und Dienstleistungen.
76Das Landgericht hat das Versäumnisurteil mit den zuletzt gestellten Anträgen der Klägerin aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte benutze ein der Klagemarke 1 hochgradig ähnliches Zeichen markenmäßig für die Dienstleistung „Verbraucherinformation und –beratung“. Auf den Gestattungsvertrag könne sich die Beklagte nicht berufen, weil a) von der Beklagten das Zeichen abgeändert worden sei, b) von der Beklagten jedenfalls die Verpackung abgeändert worden sei, c) die Klägerin Zahnpasta (wenn auch nicht das fragliche Erzeugnis) zwischenzeitlich einem Warentest unterzogen habe. Da die Beklagte keine näheren Angaben zur Produktionseinstellung vorgetragen hätte, sei davon auszugehen, dass die Beklagte auch noch nach Markeneintragung gehandelt habe.
77Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, der Gestattungsvertrag gelte weiterhin fort, sie habe die Klagemarken nicht markenmäßig genutzt, schon gar nicht für „Verbraucherinformation und –beratung“. Zudem sei von der Klägerin eine Benutzung der Klagemarke nach deren Entstehung nicht einmal konkret behauptet worden.
78Sie beantragt daher,
79das angefochtene Urteil abzuändern, das Versäumnisurteil vom 05.06.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
80Die Klägerin beantragt,
81die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass unter I. 1. die Worte „zur Werbung mit Test- und Untersuchungsergebnissen … sowie Qualitätsurteilen“ entfallen.
82Sie hat ihr Begehren in der Berufungsinstanz äußerst hilfsweise auf eine Benutzungsmarke gestützt, klargestellt, dass sich das Klagebegehren auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt und nur für die Zeit nach dem 31. August 2012 geltend gemacht werde.
83Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der langjährigen Bekanntheit sei nicht nur auf den Zeitraum ab Eintragung abzustellen. Die Klagemarken seien sehr bekannt. Jedenfalls sei die Benutzung unlauter, wenngleich wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht würden.
84Der Senat hat mit Beschluss vom 30.11.2017 (GRUR 2018, 617) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung von Art. 9 der Verordnung (EG) des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 78 S. 1; zukünftig: Gemeinschaftsmarkenverordnung) , Art. 9 der VO (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. EU L 154 S. 1; zukünftig Unionsmarkenverordnung) sowie von Art. 5 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 299 S. 25; zukünftig: Markenrechtsrichtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt:
851. Stellt es eine rechtsverletzende Benutzung einer Individualmarke im Sinne der Art. 9 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe. b) Gemeinschaftsverordnung/Unionsmarkenverordnung oder Art. 5 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a) Markenrichtlinie dar, wenn
- die Individualmarke auf einer Ware angebracht ist, für die die Individualmarke nicht geschützt ist,
88- die Anbringung der Individualmarke durch einen Dritten vom Verkehr als sogenanntes Testsiegel verstanden wird, also in dem Sinne, dass die Ware von einem nicht unter Kontrolle des Markeninhabers stehenden Dritten hergestellt und in den Verkehr gebracht wurde, der Markeninhaber diese Ware aber auf bestimmte Eigenschaften hin getestet und auf Grund dessen mit einem bestimmten, in dem Testsiegel vermerkten Ergebnis bewertet hat,
89- und die Individualmarke unter anderem für „Verbraucherinformation und –beratung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen sowie mittels Qualitätsurteilen“ eingetragen ist?
902. Sollte der Gerichtshof die Frage zu Nummer 1. verneinen:
Stellt es eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne des Art. 9 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe c) Gemeinschaftsmarkenverordnung und des Art. 5 Absatz 2 Markenrechtsrichtlinie dar, wenn
93- die Individualmarke nur als – unter Nummer 1. beschriebenes – Testsiegel bekannt ist und
94- die Individualmarke vom Dritten als Testsiegel verwendet wird?
95(Senat, Beschluss vom 30.11.2017, GRUR 2018, 617).
96Der Gerichtshof hat die Fragen mit Urteil vom 11.04.2019 (C-690/17, GRUR 2019, 621) wie folgt beantwortet:
971. Art. 9 I Buchst. a und b der VO (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26.2.2009 über die [Unionsmarke] und Art. 5 I Buchst. a und b der RL 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken sind dahin auszulegen, dass sie dem Inhaber einer aus einem Testsiegel bestehenden Individualmarke nicht gestatten, sich der Anbringung eines mit dieser Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Dritten auf Waren zu widersetzen, die mit den Waren oder den Dienstleistungen, für die diese Marke eingetragen ist, weder identisch noch ihnen ähnlich sind.
982. Art. 9 I Buchst. c der VO Nr. 207/2009 und Art. 5 II der RL 2008/95 sind dahin auszulegen, dass sie dem Inhaber einer aus einem Testsiegel bestehenden bekannten Individualmarke gestatten, sich der Anbringung eines mit dieser Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Dritten auf Waren, die mit denen, für die diese Marke eingetragen ist, weder identisch noch ihnen ähnlich sind, zu widersetzen, vorausgesetzt, es ist erwiesen, dass dieser Dritte aufgrund dieser Anbringung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung dieser Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder diese Unterscheidungskraft oder Wertschätzung beeinträchtigt und er in diesem Fall für diese Anbringung keinen „rechtfertigenden Grund“ im Sinne dieser Bestimmungen dargetan hat.
99Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
I.
101Die zulässige Berufung hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zu Rückruf und Vernichtung, die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die auf die Schadensberechnung gerichteten Teile der Verurteilung zur Auskunft richtet. Im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung aus Art. 9 Abs. 2 Buchst. c) UMV, der Auskunftsanspruch ergibt sich aus Art. 102 Abs. 1 Satz 2 GMV in Verbindung mit § 125b Nr. 2 und § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG. Der Rückruf- und Vernichtungsanspruch scheitert daran, dass es sich bei Zahncreme um ein verderbliches Produkt handelt, welches die Beklagte unstreitig nach dem Jahr 2012/2013 nicht mehr in der streitgegenständlichen Aufmachung in den Verkehr gebracht hat, so dass ausgeschlossen ist, dass es noch entsprechende Waren bei der Beklagten oder ihren Abnehmern gibt. Ein materieller Schaden ist der Klägerin nicht entstanden, weil sie die Marke unentgeltlich lizensiert. Daher hat die Auskunftsklage ebenfalls keinen Erfolg, soweit sie ausschließlich der Bezifferung eines etwaigen Schadenersatzanspruchs dient. Einer Entscheidung über die Anschlussberufung bedarf es nicht, weil die Klage schon aufgrund des an erster Stelle geltend gemachten Schutzrechts Erfolg hat.
102Soweit die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2018, 541 Rn. 12 - Knochenzement II, m.w.N.). An die Stelle der im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung im Jahre 2012/2013 geltenden Art. 102 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GMV sind mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 die Regelungen der Art. 130 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 2 UMV getreten. Für den Streitfall erhebliche Rechtsänderungen sind hiermit nicht verbunden. Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV und Art. 130 Abs. 1 Satz 1 UMV regeln gleichermaßen, dass ein Unionsmarkengericht, das die Verletzung einer Unionsmarke feststellt, dem Beklagten die Fortsetzung der Verletzungshandlung verbietet, sofern dem nicht besondere Gründe entgegenstehen.
103Für den Schadensersatzanspruch und den seiner Vorbereitung dienenden Auskunftsanspruch kommt es allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des beanstandeten Verhaltens an. Maßgeblich ist danach für den Schadensersatzanspruch Art. 102 Abs. 1 Satz 2 GMV in Verbindung mit § 125b Nr. 2 und § 14 Abs. 2 und 6 MarkenG in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung beziehungsweise für den Auskunftsanspruch in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG (BGH, GRUR 2019, 953 Rn. 15 – Kühlergrill).
104Der Vernichtungsanspruch dient der Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands und ist daher nur begründet, wenn seine Voraussetzungen nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht vorliegen. Entsprechendes gilt für den Rückrufanspruch (BGH, GRUR 2018, 832 Rn. 45 - Ballerinaschuh).
105II.
1061. Ohne Erfolg bleibt die Berufung der Beklagten, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung wendet. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht aus Art. 9 Abs. 2 Buchst. b) UMV (=Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b) GMV), denn die Beklagte hat kein der Klagemarke ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, für die die Klagemarke eingetragen ist oder die diesen zumindest ähnlich sind, insbesondere nicht für Verbraucherinformation oder –beratung.
107Es bestehen im Streitfall keine Anzeichen dafür, dass die Beklagte sich durch Anbringung des Testsiegels in den Augen der Öffentlichkeit als Fachmann für den Bereich des Warentests darstellen will oder dass eine spezifische und unlösbare Verbindung zwischen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, der Herstellung und Vermarktung von Waren, und der Tätigkeit von der Klägerin besteht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das der Klagemarke ähnliche Zeichen auf der Produktverpackung der Beklagten nur zu dem Zweck angebracht ist, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf die Qualität dieses Produkts zu lenken und auf diese Weise den Verkauf der Waren der Beklagten zu fördern. Ein Hersteller oder Händler, der im Rahmen seines Warenangebots über die Eigenschaften einer Ware wie deren Bewertung in einem von Dritten durchgeführten Test informiert, erbringt neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich die Dienstleistung der Verbraucherberatung und -information (EuGH, GRUR 2019, 621 Rn. 33 - ÖKO-Test Verlag; BGH GRUR 2020, 405 Rn. 30 – Öko-Test II).
1082. Der Anspruch ist jedoch aus Art. 130 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. c) UMV (=Art. 102 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c) GMV) begründet, wobei in der Klarstellung, dass das Verbot nur Zeichenverwendungen ohne Zustimmung der Klägerin umfasst keine Abweichung vom ursprünglichen Antrag darstellt, sondern deshalb klarstellend aufgenommen wurde, weil die streitgegenständliche Zahncreme von der Klägerin im Jahr 2019 erneut mit dem Testergebnis „sehr gut“ getestet wurde.
109Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. c) UMV (= Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c) GMV) kann der Inhaber einer bekannten Unionsmarke Dritten verbieten, ein Zeichen zu benutzen, dass der Marke identisch oder ähnlich ist, wenn die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
110a) Mit dem Landgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Beklagte auch nach Eintragung der Klagemarke 1 am 31.08.2012 noch benutzt hat. Denn es befanden sich im Jahr 2014 noch Zahncremes mit der streitgegenständlichen Aufmachung im Verkehr. Da es sich bei Zahncreme um ein verderbliches Produkt handelt hätte die Beklagte zum Zeitpunkt der von ihr behaupteten Einstellung des Vertriebs im Jahr 2012 näher vortragen müssen, wie schon das Landgericht angenommen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beklagte auch nach dem 31.08.2012 noch Waren in der streitgegenständlichen Aufmachung in den Verkehr gebracht hat.
111b) Die Klagemarke 1 ist auch in der Union bekannt. Eine Marke ist bekannt i.S.v. Art. 9 Abs. 1 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV, wenn sie über einen gewissen Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum verfügt. Dieses Publikum ist nach der unter der betreffenden Marke vermarkteten Ware oder Dienstleistung zu bestimmen; der erforderliche Bekanntheitsgrad ist als erreicht anzusehen, wenn die Marke einem bedeutenden Teil dieses Publikums bekannt ist (EuGH GRUR 2019, 621 Rn. 47 – ÖKO-Test Verlag m.w.N.). Insofern kann nicht verlangt werden, dass die Marke einem bestimmten Prozentsatz dieses Publikums bekannt ist (EuGH GRUR 2009, 1158 Rn. 24 – Pago International). Ferner genügt es, wenn ein bedeutender Teil des maßgeblichen Publikums dieses Zeichen kennt; es ist nicht erforderlich, dass dem Publikum die Eintragung dieses Zeichens als Marke bekannt ist (EuGH GRUR 2019, 621 Rn. 49 – ÖKO-Test Verlag). Bekanntheit der Unionsmarke in einem wesentlichen Teil des Unionsgebiets, das dem Gebiet eines Mitgliedstaats entsprechen kann, reicht für die Annahme einer Bekanntheit der fraglichen Unionsmarke in der gesamten Union aus (EuGH GRUR 2019, 621 Rn. 50 – ÖKO-Test Verlag, m.w.N.). Bei der Prüfung dieser Voraussetzung hat das nationale Gericht alle relevanten Umstände des Falls zu berücksichtigen, also insbesondere den Marktanteil der Marke, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie den Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (EuGH GRUR 2009, 1158 Rn. 25 – Pago International).
112Tatsachen, aus denen sich die Bekanntheit einer Marke ergibt, können allgemein geläufig und deshalb offenkundig i.S.d. § 291 ZPO sein. Dazu rechnet auch, dass die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (vgl. BGH, GRUR 2015, 1114 Rn. 10 – Springender Pudel).
113Die Klägerin veranstaltet schon seit 1985 Warentests, seit 2004 gestattet sie den Herstellern der getesteten Produkte das ÖKO-TEST-Label auf den getesteten Produkten anzubringen. Das Label tritt angesichts der großen Zahl durchgeführter Tests den Verbrauchern seit 2004 auf einer großen Zahl von Produkten entgegen. Da Warentests bei der Kaufentscheidung des Verbrauchers eine bedeutende Rolle spielen, bringen die Verbraucher dem Testlabel auch entsprechende Aufmerksamkeit entgegen. Es kann offen bleiben, ob damit schon offenkundig ist, dass in Deutschland das ÖKO-TEST Siegel als Testsiegel bekannt ist, denn die Beklagte ist dem ausführlichen Vortrag der Klägerin zur Bekanntheit in der Klageschrift (Bl. 6 ff. GA) nicht entgegen getreten, so dass von einer mehr als ausreichenden Bekanntheit des Labels bei den angesprochenen Verkehrskreisen ausgegangen werden kann (vgl. auch BGH, GRUR 2020, 405 Rn. 45 – ÖKO-TEST II).
114c) Eine rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach Art. 9 Abs. 1 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen (vgl. EuGH GRUR 2004, 58 Rn. 29 – Adidas Salomon und Adidas Benelux. GRUR 2008, 503 Rn. 41 – adidas und adidas Benelux; BGH GRUR 2005, 583 Rn. 15– Lila-Postkarte; GRUR 2011, 1043 Rn. 54; GRUR 2015, 1214 Rn. 32 – Goldbären). Die Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist, hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (vgl. EuGH GRUR 2004, 58 Rn. 30 – Adidas Salomon und Adidas Benelux; GRUR 2008, 503 Rn. 41 – adidas und adidas Benelux; GRUR 2009, 56 Rn. 41 f. – Intel Corporation; GRUR Int 2011, 500 Rn. 56 – Ferrero/HABM). Bei fehlender Zeichenähnlichkeit kommt ein Anspruch nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV nicht in Betracht.
115Indem die Beklagte das streitgegenständliche Test-Label auf der Verpackung der Zahncreme angebracht hat, hat sie ein der Klagemarke 1 hochgradig ähnliches Zeichen benutzt. Bei dieser dominiert der große Schriftzug ÖKO-TEST auf rotem Grund, wobei der Bindestrich durch ein Blatt ersetzt ist. Dieser findet sich bei dem von der Beklagten verwendeten Zeichen in gleicher Weise. Dass bei dem verwendeten Zeichen in deutlich kleinerer Schrift der Satz „Richtig gut leben“ hinzugesetzt ist und die Testnote und die Fundstelle eingefügt worden sind, tritt dahinter deutlich zurück.
116Dass die Beklagte das Testlabel nicht als Marke, sondern eben als Testsiegel benutzt hat, steht einer rechtsverletzenden Benutzung nicht entgegen. Eine bekannte Marke kann auch durch eine nicht markenmäßige Verwendung verletzt werden.
117Zum einen setzt die Verletzung einer bekannten Marke nicht voraus, dass der Verkehr in dem angegriffenen Zeichen eine Marke sieht und annimmt, die damit gekennzeichneten Produkte stammten vom Inhaber der Marke oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen. Eine bekannte Marke kann selbst dann verletzt sein, wenn der Verkehr das angegriffene Zeichen lediglich als Verzierung auffasst, sofern eine gedankliche Verknüpfung mit der Marke erfolgt (vgl. EuGH GRUR 2004, 58 Rn. 38–41 – Adidas Salomon und Adidas Benelux). Zum anderen erfordert die Verletzung einer bekannten Marke nicht, dass die Markenfunktionen der bekannten Marke durch die Verwendung des angegriffenen Zeichens beeinträchtigt werden. Es genügt vielmehr, wenn dadurch die Wertschätzung der bekannten Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. Eine solche Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung kommt bereits dann in Betracht, wenn durch die Verwendung des angegriffenen Zeichens eine gedankliche Verknüpfung zur bekannten Marke hergestellt wird. Der Charakter der Klagemarke als Testsiegel steht einer rechtsverletzenden Benutzung i.S.v. Art. 9 Absatz 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV nicht entgegen (EuGH GRUR 2019, 621 Rn. 53 – ÖKO-Test Verlag.
118Die Benutzung erfolgte zwar nicht für solche Waren oder Dienstleistungen, die mit denen identisch oder ähnlich sind, für die die Klagemarke Schutz genießt. Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass die Beklagte sich durch Anbringung des Testsiegels in den Augen der Öffentlichkeit als Fachmann für den Bereich des Warentests darstellen will oder dass eine spezifische und unlösbare Verbindung zwischen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, der Herstellung und Vermarktung von Waren, und der Tätigkeit der Klägerin besteht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das der Klagemarke ähnliche Zeichen in der Produktaufmachung der Beklagten nur zu dem Zweck angebracht ist, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf die Qualität dieser Produkte zu lenken und auf diese Weise den Verkauf der Waren der Bekl. zu fördern. Ein Händler oder Hersteller, der im Rahmen seines Warenangebots über die Eigenschaften einer Ware wie deren Bewertung im Rahmen eines von Dritten durchgeführten Tests informiert, erbringt neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich die Dienstleistung der Verbraucherberatung und -information (vgl. EuGH GRUR 2019, 621 Rn. 33 – ÖKO-Test Verlag).
119Der Verkehr stellt jedoch eine gedankliche Verknüpfung mit der Klagemarke her, weil er annimmt, die Klägerin habe das mit dem Testsiegel versehene Produkt getestet. Die Beklagte vermittelt dem Verkehr eine Information über die Beschaffenheit oder die Qualität des von ihr vertriebenen Produkts und bezieht sich hierzu auf die unter der bekannten Marke der Klägerin erbrachte Dienstleistung des Warentests. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung wiegen die Bekanntheit der Klagemarke und die hohe Zeichenähnlichkeit so schwer, dass die Unähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen der Annahme einer gedanklichen Verknüpfung nicht entgegensteht (GRUR 2020, 401 Rn. 38 – ÖKO-TEST I).
120d) Die Beklagte nutzt mit der angegriffenen Zeichenverwendung auch die Wertschätzung der Klagemarke in unlauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund aus.
121Bei der Prüfung, ob die Benutzung eines Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, ist eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des konkreten Falls vorzunehmen, insbesondere des Ausmaßes der Bekanntheit und des Grades der Unterscheidungskraft der Marke, des Grades der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie der Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen und des Grades ihrer Nähe. Eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung liegt umso eher vor, je größer die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der Marke sind. Je unmittelbarer und stärker die Marke von dem Zeichen in Erinnerung gerufen wird, desto größer ist die Gefahr, dass die gegenwärtige oder künftige Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (vgl. EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 44 – L’Oréal ua).
122Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 49 – L’Oréal u.a.; GRUR 2014, 280 Rn. 52 – Leidseplein Beheer und De Vries ; BGH GRUR 2014, 378 Rn. 33 – OTTO CAP).
123Die Beklagte nutzt hier den guten Ruf der bekannten Klagemarke aus, um auf die besondere Qualität ihres Produktes hinzuweisen. Dies ist auch unlauter. Zwar hat die Klägerin die Zahncreme der Beklagten im Jahr 2005 getestet. Ob das beworbene Produkt mit dem im Jahre 2005 getesteten trotz der stark veränderten Produktbeschreibung identisch war, kann hier dahin stehen, denn die Klägerin hat im ÖKO-TEST Magazin 1/2008 einen neuen Test veröffentlicht, der erheblich veränderte Testkriterien beinhaltete. Insoweit kann hinsichtlich der Änderungen auf S. 7 f. des Schriftsatzes der Klägerin vom 15.09.2016 (Bl. 90 f. GA) Bezug genommen werden. Eine Werbung mit älteren Testergebnissen ist aber nur dann nicht irreführend, wenn für solche Waren keine neueren Prüfungsergebnisse vorliegen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. § 6 Rn. 212). Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr bekanntes Zeichen nicht in unlauterer Weise verwendet wird, denn eine Werbung mit überholten Testergebnissen ist geeignet, das Vertrauen der Verbraucher in die Vertrauenswürdigkeit ihrer Tests zu beeinträchtigen.
124Jedenfalls aus diesem Grunde kann sich die Beklagte auch nicht mehr auf den Gestattungsvertrag berufen. Die Klausel in § 3, wonach die Berechtigung zur Zeichennutzung endet, wenn der beworbene Test durch einen neueren Test überholt ist, benachteiligt die Beklagte nicht unangemessen, denn ein berechtigtes Interesse mit einem überholten Test zu werben, kann sie nicht haben. Demgegenüber hat allerdings die Klägerin ein erhebliches Interesse, eine unlautere Verwendung ihrer Marke zu verhindern.
125e) Der Anspruch ist auch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht verjährt. Da die Klagemarke am 31.08.2012 eingetragen worden ist, können Ansprüche wegen einer Verletzung nach der Eintragung bei Eingang der Klage am 13.07.2015 nicht verjährt sein. Es liegt auf der Hand, dass die Klagemarke vor Eintragung nicht verletzt werden konnte.
126II.
127Erfolg hat die Berufung soweit sie sich gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht wendet. Ein Schadensersatzanspruch nach Art. 102 Abs. 1 Satz 2 GMV in Verbindung mit § 125b Nr. 2 und § 14 Abs. 2 und 6 MarkenG in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung steht der Klägerin nicht zu, weil es an einem materiellen Schaden der Klägerin fehlt.
128Ungeachtet der unterschiedlichen Berechnungsmöglichkeiten (konkreter Schaden, Lizenzanalogie, Herausgabe des Verletzergewinns) setzt ein Schadensersatzanspruch immer eine Vermögenseinbuße beim Verletzten voraus. Diese lässt sich nicht feststellen.
129Die Klägerin hat vorliegend für alle denkbaren Nutzungen eine unentgeltliche Lizensierung angeboten und damit in der Sache auf eine monetäre Verwertung ihres Ausschließlichkeitsrechts vollständig verzichtet. Unter diesen Umständen ist ihr unabhängig von der Berechnungsmethode kein Schaden entstanden (vgl. OLG Hamm, NJOZ 2018, 546 Rn. 65 – GPL-Lizenz).
130In einem solchen Fall kann sich denknotwendig aus keiner der Berechnungsmethoden ein Schadensersatzanspruch ergeben, denn bei diesen handelt es sich lediglich um unterschiedliche Methoden zur Berechnung des gleichen Schadens, also zur Bezifferung der Vermögenseinbuße des Verletzten.
131Für einen konkreten Schaden ist nichts ersichtlich.
132Aber auch die Lizenzanalogie vermag eine solche Vermögenseinbuße nicht zu begründen. Diese beruht gerade auf dem Grundgedanken, dass redliche Parteien für die Nutzung eine Lizenzgebühr vereinbart hätten, so dass das Vermögen des Verletzten um die entgangenen Lizenzgebühren gemindert ist. Bei der Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraumes vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung (OLG Köln, GRUR 2015, 167, 173 – Creative-Commons-Lizenz, m.w.N.). Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist dabei gem. § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen. Dabei sind der Umfang der Nutzung sowie der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechtes zu berücksichtigen. Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören insbesondere ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen (OLG Köln, a.a.O., vgl. auch BGH GRUR 2020, 990 Rn. 12 ff – Nachlizenzierung).
133Verzichtet – wie hier – der Verletzte auf jegliche kommerzielle Nutzung seines Ausschließlichkeitsrechts, kann der objektive Wert der Nutzung nur mit Null angesetzt werden (OLG Hamm, a.a.O. Rn. 65). Eine Lizenz liefe darauf hinaus, dass sich der Lizenznehmer von den – letztlich ausschließlich eine lauterkeitsrechtlich einwandfreie Nutzung des Zeichens absichernden – Lizenzbedingungen befreien wollte. Der objektive Wert einer solchen Befreiung ist aber für den Lizenznehmer regelmäßig ebenfalls Null, weil er zum Beispiel im vorliegenden Fall schon lauterkeitsrechtlich verpflichtet ist, die Werbung unter Hinweis auf das überholte Testergebnis zu unterlassen mit der Folge, dass ihm die vertragliche Befreiung nicht nützt.
134Auch eine Berechnung unter dem Gesichtspunkt der Herausgabe des Verletzergewinns kommt nicht in Betracht. Zwar dürfte sich – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert – ein Gewinn ermitteln lassen, den die Beklagte gerade durch die Zeichennutzung erzielt hat. Die Berechnungsmethode beruht aber auf dem Gedanken, dass dann, wenn es nicht zur Verletzung gekommen wäre, der Verletzte diesen Gewinn realisiert hätte. Davon kann aber bei einem Rechteinhaber, der wie die Klägerin auf die kommerzielle Verwertung verzichtet hat, eben nicht ausgegangen werden.
135III.
136Nur teilweise Erfolg hat die Berufung hinsichtlich des Auskunftsanspruches. Dieser steht der Klägerin aus Art. 102 Abs. 1 Satz 2 GMV in Verbindung mit § 125b Nr. 2 und § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung zu. Allerdings nicht bezüglich der Auskünfte, die allein zur Schadensberechnung dienen, nämlich Umsatz und Gewinn, denn die wären unverhältnismäßig, § 19 Abs. 4 MarkenG, weil der Klägerin – wie ausgeführt – kein Schadensersatzanspruch zusteht.
137IV.
138Erfolg hat die Berufung schließlich, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zum Rückruf und zur Vernichtung wendet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob diese Ansprüche bestehen, ist der Schluss der mündlichen Verhandlung (Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 18 Rn. 42).
139Durch beide Ansprüche soll ein fortdauernder Störungszustand beseitigt werden (BGH, GRUR 2018, 832 Rn. 45 - Ballerinaschuh). Ein solcher Störungszustand ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Wie bereits ausgeführt, ist das „Shelf-Life“ von Zahncreme begrenzt. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte noch im Jahre 2012 die Verwendung des streitgegenständlichen Testlabels eingestellt hat. Dann ist aber 8 Jahre später ausgeschlossen, dass sich noch Waren in der angegriffenen Aufmachung im Handel oder gar bei der Beklagten befinden. Die Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung sind damit ungeeignet, einen Störungszustand zu beseitigen, weil ein solcher nicht mehr besteht. Obwohl es auf diesen Zeitpunkt nicht ankommt, ist festzuhalten, dass dies bei einem schnelllebigen Produkt wohl auch schon bei Klageerhebung der Fall war.
140V.
141Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
142Im tenorierten Umfang war die Revision der Klägerin zuzulassen. Der Frage, ob und unter welchen Umständen demjenigen, der seine Schutzrechte regelmäßig unentgeltlich lizensiert, ein materieller Schadensersatzanspruch zusteht, hat grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Zwar dürfte eine solche Lizensierungspraxis in Markensachen eher die Ausnahme darstellen, sie stellt sich jedoch im Bereich des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte in einer Vielzahl von Fällen, da die unentgeltliche Lizensierung dort weit verbreitet ist.
143Es besteht keine Veranlassung, darüber hinausgehend die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
144Streitwert: 150.000,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)