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Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 07.02.2019, Az.: BK6-18-040, wird aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats den Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.01.2018 neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen und in Bezug auf den zu Ziffer 4. gestellten Antrag verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden außergerichtlichen Aufwendungen der Beschwerdeführerin werden der Bundesnetzagentur zu 90 % und der Beschwerdeführerin zu 10 % auferlegt. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf … Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
2A.
3Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist Komplementärin der B mit Sitz in Ö. Die B ist eine Projektgesellschaft, die sich mit dem Bau und Vertrieb von Energieerzeugungs- und Verteilungsanlagen, insbesondere auf der Gemarkung des Gemeindegebiets der Kreisstadt Ö, befasst.
4Die Beschwerdeführerin installiert die Energieanlagen - so auch im streitgegenständlichen Baugebiet des Wohnquartiers „K“ - und schließt als Projektentwicklerin und Eigentümerin der Erzeugungsanlagen alle relevanten Verträge für den Bau und Betrieb der Versorgungsanlagen ab. Nach Abschluss der Bauarbeiten tritt die B in die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin ein.
5Die weitere Beteiligte, eine … Tochter der … , ist ein Energieversorgungsunternehmen, das ausschließlich als Netzbetreiberin tätig ist. Ihr Geschäftsgegenstand ist der Bau und Betrieb von Verteilernetzen und der hierzu erforderlichen Anlagen für die Energieversorgung sowie die Versorgung mit Wasser und Wärme mit der dazugehörigen Verteilung. Sie ist Inhaberin der Wegenutzungsrechte in der Gemeinde Ö und unterhält dort das öffentliche Netz der allgemeinen Versorgung für die Belieferung mit elektrischer Energie.
6Auf dem Gemeindegebiet der Kreisstadt Ö soll am östlichen Siedlungsrand ein Neubaugebiet („K“) mit insgesamt … Gebäuden, davon …. Mehrfamilienhäuser (Miet- und Eigentumswohnungen für Familien), … Seniorenpflegeheim sowie … Gebäude einer Seniorenwohnanlage entstehen. Die Mehrfamilienhäuser enthalten insgesamt … Wohneinheiten mit Eigentums- und Mietwohnungen. Das Seniorenpflegeheim umfasst … Pflegezimmer.
7Zur dezentralen Eigenversorgung plant die Beschwerdeführerin die Errichtung von zwei Blockheizkraftwerken mit einer Leistung von jeweils … kWel mit gedämmtem Pufferspeicher und einer Gaskesselanlage als Spitzenlastwärmeerzeuger. Auf den Gebäuden sollen zudem Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) mit einer Leistung von … kWp installiert werden. Mit den geplanten Anlagen soll etwa die Hälfte (ca. … kWh/Jahr) des im gesamten Neubaugebiet benötigten Stroms (geschätzter Gesamtbedarf: ca. … kWh/Jahr) erzeugt werden. Der darüber hinaus benötigte Strom soll über den Niederspannungsanschluss der weiteren Beteiligten bezogen werden.
8Für die Berechnung des Durchschnittsverbrauchs wurde für die … Letztverbraucher innerhalb der Mehrfamilienhäuser ein Zwei-Personenhaushalt mit …kWh/Jahr zugrunde gelegt. Für die … Bewohner des Pflegeheims wurde ein Stromverbrauch von … kWh/Jahr pro Bewohner angenommen.
9Allen an die Versorgungsinfrastruktur angeschlossenen Letztverbrauchern soll über die B ein Stromliefervertrag mit einer vorrangigen Versorgung aus den örtlichen Stromerzeugungsanlagen angeboten werden.
10Die für die Stromversorgung notwendigen Leitungen wurden von der weiteren Beteiligten bereits in den öffentlichen Verkehrsflächen verlegt. Sie stellte zudem in Aussicht, diese der Beschwerdeführerin zum Kauf bzw. zur Pacht anzubieten. Diese nahm daraufhin von der geplanten Errichtung eigener Stromleitungsanlagen Abstand. Zu einem Vertragsschluss kam es bisher nicht.
11Das streitgegenständliche Baugebiet umfasst eine Größe von … m2 und erstreckt sich über insgesamt … Flurstücke. Es grenzt nördlich an einen Fahrrad- und landwirtschaftlich genutzten Weg und die dahinter liegende Eisenbahntrasse … sowie östlich und südlich an zwei mit Lärmschutzwänden versehene überregionale Straßen, die „H“ Straße (südlich) und die „R“-allee (östlich). Westlich wird das Gebiet durch den Lauf des „S“-bachs sowie einen Fuß- und Fahrradweg begrenzt. Dahinter befindet sich parallel zum Bachlauf das Gebäude eines großen Lebensmitteldiscounters. Zwischen dem Fahrradweg und dem Gebäude des Lebensmitteldiscounters wurde ein mit Bäumen bepflanzter Grünstreifen angelegt.
12Das Gebiet wird durch eine Stichstraße zur „R“-allee erschlossen. Die Stichstraße dient der Erschließung der Tiefgarage im nördlichen Teil und der Parkplätze im südlichen Teil des Areals. Zur Versorgung aller Gebäude ist die Querung öffentlicher Verkehrswege an zwei Stellen notwendig. Die im Baugebiet befindlichen Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer grenzen unmittelbar aneinander an.
13Am 13.02.2017 wandte sich die Beschwerdeführerin mit einer Anfrage zur Klassifizierung der elektrischen Anlagen auf dem streitgegenständlichen Areal an die weitere Beteiligte. Diese erklärte mit Schreiben vom 07.03.2017, dass das Baugebiet „K“ aus ihrer Sicht nicht als Kundenanlage im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG, sondern als Energieversorgungsnetz nach § 3 Nr. 16 EnWG einzustufen sei.
14Da sich die Beschwerdeführerin und die weitere Beteiligte in der Folgezeit - auch bei einem gemeinsamen Treffen mit der Landesregulierungsbehörde - über die Einordnung des Areals als Kundenanlage oder Energieversorgungsnetz nicht einigen konnten, leitete die Beschwerdeführerin mit Antrag vom 29.01.2018 ein Missbrauchsverfahren gegen die weitere Beteiligte mit dem Ziel ein, diese zu verpflichten, die streitgegenständlichen Energieanlagen als Kundeanlagen zu behandeln.
15Die Bundesnetzagentur hörte hierzu die Beschwerdeführerin und die weitere Beteiligte schriftlich sowie telefonisch an und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die Beschwerdeführerin verzichtete auf eine mündliche Anhörung sowie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und erklärte sich - unter dem Aspekt einer Beschleunigung der Verfahrensführung - mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden.
16Mit Beschluss vom 07.02.2019 (Az. BK6-18-040), der der Beschwerdeführerin am 12.02.2019 zugestellt worden ist, hat die Bundesnetzagentur den Missbrauchsantrag abgelehnt. Da die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der bereits auf dem Areal verlegten Leitungsanlage sei, sei es bereits fraglich, ob von einer hinreichend gegenwärtigen Interessenberührung auszugehen und der Missbrauchsantrag damit statthaft sei. Der gestellte Antrag bleibe aber jedenfalls in der Sache ohne Erfolg. Da es sich bei der streitgegenständlichen Versorgungsinfrastruktur nicht um eine Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG handele, verstoße das Verhalten der Beteiligten weder gegen die Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 des EnWG noch gegen auf dieser Grundlage erlassene Rechtsverordnungen oder nach § 29 Abs. 1 EnWG festgelegte bzw. genehmigte Bedingungen. Insbesondere liege kein Verstoß gegen § 20 Abs. 1d EnWG vor.
17Zur Begründung führt die Bundesnetzagentur aus, dass sich die streitgegenständliche Energieanlage zwar auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinde. Die streitgegenständliche Energieanlage sei jedoch in der Gesamtschau nicht als unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG und deswegen auch nicht als Kundenanlagen einzustufen.
18Bereits die große Zahl von Letztverbrauchern deute vorliegend darauf hin, dass nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden könne, dass diese für den Wettbewerb unbedeutend sei. Daneben sprächen auch der erhebliche Stromverbrauch innerhalb der Anlage von insgesamt ca. … kWh/Jahr sowie die geographische Ausdehnung der Anlage von insgesamt … m2 über … Flurstücke dafür, dass sie nicht wirtschaftlich unbedeutend für den Wettbewerb sei.
19Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Anlage könne dahinstehen, ob die Beschwerdeführerin die Anlage zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Lieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung stelle. Insgesamt lägen die Voraussetzungen für eine Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG nicht vor.
20Nach Erlass des angefochtenen Beschlusses forderte die Bundesnetzagentur die Beschwerdeführerin auf, bis zum 25.02.2019 die geheimhaltungsbedürftigen Informationen durch Übermittlung einer geschwärzten Fassung des Beschlusses kenntlich zu machen und in einer Schwärzungsliste mit Einzelbegründungen jeweils die Geheimhaltungsbedürftigkeit zu begründen. Dem kam die Beschwerdeführerin fristgerecht nach.
21Mit der von der Bundesnetzagentur angefertigten Fassung war die Beschwerdeführerin – bis auf eine zurückgewiesene Schwärzung ihrer Firmierung – einverstanden.
22Mit E-Mail vom 28.05.2019 teilte die Bundesnetzagentur mit, dass der angefochtene Beschluss auf ihrer Homepage veröffentlicht worden sei. Die geheimhaltungsbedürftigen Passagen waren zwar geschwärzt worden, der geschwärzte Text war aber in einer Lesezeichenspalte, die beim Öffnen der Datei automatisch sichtbar gewesen war, vollständig lesbar.
23Mit E-Mail und Fax vorab übermittelte die Beschwerdeführerin am 29.05.2019 eine Abmahnung und wies auf die Strafbarkeit fahrlässiger Veröffentlichungen von Dienstgeheimnissen hin. Zugleich forderte sie die Bundesnetzagentur zur Schadensbeseitigung und Unterlassung sowie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und zur Zahlung der durch die Abmahnung entstanden Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von … € mit Frist bis zum 04.06.2019 auf.
24Mit E-Mail vom 03.06.2019 teilte die Bundesnetzagentur mit, den Beschluss von der Internetseite entfernt zu haben und eine (erneute) Veröffentlichung mit den bekannten Schwärzungen am 24.06.2019 vorzunehmen, sollte bis zum 21.06.2019 kein Eilverfahren gegen die Veröffentlichung anhängig sein. Auf Bitte der Beschwerdeführerin wurde die Frist letztlich bis zum 19.07.2019 verlängert. Eine Zahlung durch die Bundesnetzagentur erfolgte nicht.
25Mit ihrer Beschwerde richtet sich die Beschwerdeführerin gegen die Zurückweisung ihres Missbrauchsantrags. Der angefochtene Beschluss sei sowohl formell als auch materiell-rechtlich zu beanstanden.
26Zunächst sei festzustellen, dass ihr Missbrauchsantrag statthaft sei. Eigentümer der streitgegenständlichen Stromleitungsanlagen sei nicht die weitere Beteiligte, sondern die Gesellschafter der B, da sie die Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke seien. Mit Nichtwissen bestreitet sie, dass die weitere Beteiligte über eine die Scheinbestandteileigenschaft vermittelnde Nutzungsbefugnis für die streitgegenständlichen Grundstücke verfüge. Selbst ein Konzessionsvertrag - dessen Existenz ebenfalls mit Nichtwissen bestritten werde - könne kein Nutzungsrecht vermitteln, da Konzessionsverträge typischerweise auf die Fläche öffentlicher Verkehrswege beschränkt seien und nur ausnahmsweise und eingeschränkt sog. „fiskalische Grundstücke“ der Gemeinde einbezögen.
27Der angefochtene Beschluss sei zudem unter Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör im förmlichen Verfahren nach § 66 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 67 Abs. 1 EnWG zustande gekommen. Obgleich sie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet habe, sei für sie nicht vorhersehbar gewesen, dass die Bundesnetzagentur ihre Entscheidung auf den neuen, weder von ihr noch von der weiteren Beteiligten geltend gemachten Aspekt der fehlenden Projektreife stützen würde.
28Hilfsweise führt die Beschwerdeführerin hierzu aus, dass der erforderliche Reifegrad vorgelegen habe. Die entscheidenden Maßnahmen seien ergriffen und durchgeführt worden, erforderliche Verträge vorbereitet, erstellt und verhandelt worden. Hierfür seien bereits erhebliche Mittel aufgewendet worden. Im Falle der Nichtannahme einer Kundenanlage würde dies ihre Existenz gefährden.
29Aus formeller Sicht seien der Bundesnetzagentur darüber hinaus Frist- und Verfahrensverstöße vorzuwerfen. Die Bundesnetzagentur sei nach § 31 Abs. 3 S. 1 EnWG verpflichtet gewesen, innerhalb von zwei Monaten zu entscheiden. Da keine weiteren Informationen zum Sachverhalt angefordert worden seien, hätten die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung nicht vorgelegen. Eine konkludente Zustimmung zu einer Fristverlängerung ihrerseits könne auch nicht in der gewährten Anhörung gesehen werden. Damit sei die Frist für eine Entscheidung am 02.04.2018 abgelaufen. Mit der Entscheidung am 07.02.2019 sei die Frist um über neun Monate überschritten worden.
30Die Erhebung einer Untätigkeitsbeschwerde sei für sie keine Option gewesen, da diese in der Praxis regelmäßig zu einer weiteren Verfahrensverzögerung führe und das Verfahrensrisiko damit in der Regel unzumutbar sei.
31Indem die Bundesnetzagentur den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 06.07.2018 der weiteren Beteiligten erst mit Schreiben vom 02.10.2018 mit einer Stellungnahmefrist bis zum 26.10.2018 zugeleitet und dieser – ohne Anhörung der Beschwerdeführerin – eine Fristverlängerung bis zum 14.11.2018 gewährt habe, habe sie gegen die ihr obliegende Verfahrensförderungspflicht verstoßen. Der Beschluss sei damit unter schweren Verfahrensfehlern ergangen und bereits formell rechtswidrig.
32Der Beschluss sei aber auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
33Da die Beteiligte vorliegend gegen § 20 Abs. 1d EnWG verstoße, indem sie die streitgegenständliche Versorgungsinfrastruktur nicht als Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG anerkenne, verstoße sie gegen die Vorgaben der Abschnitte 2 und 3 des EnWG.
34Die Voraussetzungen einer Kundenanlage seien vorliegend erfüllt, da die streitgegenständliche Energieanlage für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität nicht von Bedeutung sei. Die Bundesnetzagentur habe bei ihrer Bewertung nicht die erforderlichen Ermittlungen durchgeführt und die erforderlichen Unterlagen und Informationen eingeholt. So gebe es Beispiele für Kundenanlagen, nach denen nicht nur Hochhäuser, sondern auch zahlreiche vergleichbare Mieterstrommodelle von anderen Verteilernetzbetreibern als Kundenanlagen behandelt würden.
35Die Bundesnetzagentur verkenne zudem, dass § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG nicht vor Wettbewerb um und zwischen Netzen schützen solle, sondern vielmehr der Wettbewerb um und zwischen den Netzen durch die Norm sichergestellt werden solle. Dies werde erreicht, wenn die Größe der Kundenanlage nicht dazu führe, dass der Betrieb der Verteilnetze vollkommen unwirtschaftlich werde und der Wettbewerb um Verteilnetze mangels unkalkulierbarer Risiken aus der Gefahr des „Verlustes“ von Netzeinzelanschlussnehmern in Kundenanlagen so unwirtschaftlich würde, dass in Stromkonzessionsverfahren keine Bieter mehr aufträten oder bestehende Konzessionsnehmer den Verteilnetzbetrieb vor Auslaufen der Konzessionen niederlegten. Derartige Auswirkungen seien aber weder von der Bundesnetzagentur festgestellt noch von der weiteren Beteiligten behauptet worden.
36Die weitere Beteiligte sei ein in … marktbeherrschendes Unternehmen im Bereich des Verteilnetzbetriebes. Die Anerkennung von Kundenanlagen durch neue Marktteilnehmer würde zu einem Wettbewerb zwischen den Kundenanlagebetreibern und der weiteren Beteiligten führen. Die Anerkennung des streitgegenständlichen Areals als Kundenanlage sei damit nicht wettbewerbsschädigend, sondern vielmehr -belebend. Das vorliegende Areal habe zudem keine Größe, durch die die Beschwerdeführerin eine marktbeherrschende Größe erreichen könne. Insgesamt werde der Markt des Kundenanlagebetriebs von einer hohen Anbietervielfalt und vielen Marktakteuren geprägt.
37Die Bundesnetzagentur hätte erkennen können, dass bei einem Vergleich der Anschlussnehmer, Absatzmenge und Fläche der Energieanlagen kein vergleichbar kleiner Netzbetreiber existiere. Im vorliegenden Fall betrüge das Verhältnis der … Kunden zu den Gesamtkunden der Beteiligten lediglich … %.
38Die Bundesnetzagentur hätte zudem untersuchen müssen, ob der ihrer Ansicht nach maßgebliche Strombedarf von … kWh/Jahr auf der Handelsebene von Bedeutung für den Wettbewerb sei. Dabei wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass dies nicht der Fall sei.
39Bei der Ermittlung des Strombedarfs für das streitgegenständliche Areal sei ferner zu berücksichtigten, dass bei der KWK-Versorgung bei Haushalten eine Eigenstromquote von über … % und bei der PV-Versorgung von Haushalten Eigenstromquoten von über … % üblich seien. Diese müsse in Abzug gebracht werden, so dass sich nur noch ein Bedarf für den aus dem Netz für die allgemeine Versorgung bezogenen Strom des Areals „K“ von … kWh/Jahr ergebe.
40Weder die Größe und Ausdehnung des Gebiets „K“ noch die Anzahl der Letztverbraucher oder der jährliche Stromverbrauch innerhalb der Anlage würden damit gegen das Vorliegen einer Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG sprechen.
41Rechtsfehlerhaft habe die Bundesnetzagentur zudem einen systematischen Zusammenhang zwischen § 3 Nr. 24a EnWG und dem Mieterstromzuschlag nach § 21 Abs. 3 EEG 2017 zurückgewiesen. So stünde eine restriktive Auslegung des Kundenanlagenbegriffs im Widerspruch zu dem gesetzgeberischen Willen zur Förderung der PV-Stromlieferung über die Gebäude- und Grundstücksgrenzen hinaus.
42Die B beabsichtige darüber hinaus, allen Nutzern des streitgegenständlichen Areals einen Stromliefervertrag mit einer vorrangigen Belieferung aus den örtlichen Stromerzeugungsanlagen anzubieten. Den Nutzern des Areals stehe es frei, zu wählen, ob sie sich von der B oder einem Dritten mit Strom beliefern lassen würden, so dass die Stromleitungsanlagen diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Auch sei die B als ein (noch) unbekanntes Unternehmen darauf angewiesen, den Nutzern der streitgegenständlichen Immobilien ein wettbewerbsfähiges Belieferungsangebot zu besonders günstigen Preisen zu unterbreiten. Die Grundstücksnutzer würden weder über eine vorvertraglichen Bindung mit dem Grundstückserwerb noch über dingliche Absicherungen oder langfristige Vertragsbindungen in ihrer Wahlfreiheit beschränkt.
43Aufgrund erhöhter Kosten und Risiken sei das streitgegenständliche Versorgungskonzept nur wirtschaftlich, wenn sie bei einer Anerkennung der Leitungsanlagen als Kundenanlagen von den Kosten für die administrativen Pflichten einer Netzbetreiberin entlastet würde und für die Direktbelieferung in der Kundenanlage keine Netzentgelte anfallen würden. Ohne eine solche Anerkennung wäre sie auf einen reinen Einspeisebetrieb des BHKW angewiesen und die Investition in PV-Anlagen würde unterbleiben. Inzwischen sei die Planung so weit vorbereitet, dass nach der Feststellung des Kundenanlagenstatus kurzfristig der Kundenanlagenbetrieb aufgenommen werden könne.
44Mit ihrer Beschwerdeerweiterung im Schriftsatz vom 23.07.2019 wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das Verhalten der Bundesnetzagentur im Zusammenhang mit der Schwärzung des angefochtenen Beschlusses.
45Die Erweiterung der Beschwerde sei zulässig. Zwar liege hinsichtlich der formlosen Ankündigung der Veröffentlichung kein Verwaltungsakt der Bundesnetzagentur vor, gleichwohl sei die vorbeugende Unterlassungsbeschwerde statthaft. Es bestehe die Möglichkeit, dass durch die Veröffentlichung individualisierender Daten irreparabel in ihre Rechten eingegriffen werde und diese verletzt würden. Da es faktisch unmöglich sei, einmal erlangte Kenntnisse von Geschäftsdaten rückgängig zu machen, drohe eine unumkehrbare Rechtsverletzung.
46Bei der Veröffentlichung handele es sich um eine behördliche Verfahrenshandlung, die nach § 44a VwGO nur gleichzeitig mit dem gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden könne. Hierfür sprächen auch verfahrensökonomische Gesichtspunkte.
47Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, da die Bundesnetzagentur weder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben noch erklärt habe, weshalb es zu dieser Datenpanne gekommen sei und welche Maßnahmen ergriffen worden seien, eine Wiederholung in Zukunft auszuschließen.
48In einem Missbrauchsverfahren i.S.d. § 31 EnWG sei ein Beschwerdeführer insbesondere im Falle eines Unterliegens besonders schutzwürdig. Die Geheimhaltungsvorschriften des § 71 EnWG fänden insoweit Anwendung. Unter Beachtung dieser Grundsätze habe sie einen Anspruch, dass die in der Schwärzungsfassung farblich markierten Daten – bei denen es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handele – nicht veröffentlicht würden.
49Da sich der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf eine unselbständige Nebenforderung beziehe, könne die vorliegende Beschwerde auch um diesen Antrag erweitert werden. Die geltend gemachten Abmahnkosten stünden ihr aus einem Aufwandserstattungsanspruch nach § 683 BGB bzw. aus einem Schadensersatzanspruch gemäß §§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei aufgrund der besonderen energierechtlichen Materie geboten gewesen. Auch sei die Erstellung eines Abmahnschreibens erforderlich gewesen, da sich die Bundesnetzagentur trotz intensiver Vorkorrespondenz nicht an die Einhaltung der getroffenen Vereinbarung gehalten habe. Dem gerichtlich geltend gemachten Anspruch sei ein Streitwert von … zugrunde gelegt worden. Bei einer 1,8-fachen Gebühr ergebe sich ein Anspruch in Höhe von ….
50Soweit die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 25.09.2019 ein Vorabentscheidungsersuchen nach § 267 AEUV beim Europäischen Gerichtshof angeregt hatte, hat sie von diesem Begehren in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020 Abstand genommen.
51Die Beschwerdeführerin beantragt,
521. den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 07.02.2019 (Az.: BK6-18-040) aufzuheben,
2. die Bundesnetzagentur zu verpflichten, dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.01.2018 antragsgemäß dadurch stattzugeben, dass sie der Beteiligten aufgibt,
die Energieanlagen zur Abgabe von Energie, die auf den Grundstücken des Baugebiets „K“ in Ö errichtet und betrieben werden, als Kundenanlagen im Sinne von § 3 Nr. 24a EnWG zu behandeln und hierzu insbesondere
57a) den einheitlichen Netzverknüpfungspunkt niederspannungsseitig vor dem Transformator als maßgebliche Schnittstelle zum Netz für die allgemeine Versorgung anzuerkennen und
58b) für alle Letztverbraucher, deren Verbrauchsanlagen an die Energieanlagen zur Abgabe von Energie angeschlossen werden, jeweils Zählpunkte nach § 20 Abs. 1d EnWG zu stellen;
593. der Bundesnetzagentur aufzugeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die in der anliegenden Fassung des Beschlusses vom 07.02.2019 durch gelbe Hinterlegung kenntlich gemachten Daten (Anlage … ) zu veröffentlichen;
4. die Bundesnetzagentur zu verurteilen, an sie … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2019 zu zahlen.
Die Bundesnetzagentur beantragt,
64die Beschwerde zurückzuweisen.
65Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe.
66Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin werde das Eigentum an Stromleitungen nicht im Wege der Grundstücksübereignung „automatisch“ an den Erwerber übertragen, da es sich um Zubehör i.S.d. § 97 BGB handele.
67Gleichwohl sei der Missbrauchsantrag nicht als unstatthaft zurückgewiesen worden, da die Beschwerdeführerin vorgetragen habe, dass sie den Abschluss des Kaufvertrages an diesen Leitungen nur vorläufig bis zur Klärung der Rechtsfrage über die Kundenanlage ablehne. Entsprechend sei der angefochtene Beschluss nicht auf die fehlende Statthaftigkeit gestützt worden, weshalb auch das Recht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden sei. Die getroffenen Feststellungen zur Frage der Statthaftigkeit seien nicht auf unbekannte bzw. neue Tatsachen gestützt worden. Vielmehr sei dies bereits Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen.
68Auch führe eine etwaige Verletzung der Entscheidungsfristen nicht zu einer Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Die in § 31 Abs. 3 EnWG normierte Frist diene in erster Linie dem Schutz des Antragstellers und gewähre bei Überschreitung die Möglichkeit, eine Untätigkeitsbeschwerde zu erheben. Es handele sich um eine sogenannte „Ordnungsfrist“, die auf die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses keinen Einfluss habe.
69Insgesamt beruhe die Ablehnung des streitgegenständlichen Antrages allein auf materiell-rechtlichen Erwägungen. Etwaige Verfahrensfehler hätten sich damit nicht auf die Entscheidung ausgewirkt.
70Aber auch materiell-rechtlich sei der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Die streitgegenständliche Anlage erfülle nicht die Voraussetzungen einer Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG.
71Bei der Auslegung der Definition der Kundenlage sei in Abgrenzung zum Netzbegriff grundsätzlich von einem weiten Netzbegriff auszugehen. Das regulierte Netz stelle unter Beachtung des europäischen Rechts den Regelfall dar, während die von der Regulierung befreite Kundenanlage die Ausnahme bilde. Sobald ein Regulierungsbedürfnis entstehe, sei deshalb von einem Netz auszugehen. Dies sei – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – losgelöst davon zu bewerten, ob die Anlage im Vergleich zu anderen eine marktbeherrschende Stellung einnehme oder für sich gesehen den Betrieb des vorgelagerten Verteilnetzes völlig unwirtschaftlich mache. Entscheidend sei, ob die Anlage eine für den Wettbewerb relevante Größe erreiche. Dies sei dann der Fall, wenn sie angesichts ihrer Größe und ihres wirtschaftlichen Gewichts Einfluss auf den durch Regulierung geschaffenen unverfälschten Wettbewerb nehmen könne, so dass sie als Teil des natürlichen Monopols ebenfalls der Regulierung unterstellt werden müsste.
72Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei bei der Bewertung der wettbewerblichen Bedeutung ein absoluter Maßstab anzulegen. Das Merkmal der wettbewerblichen Bedeutung stelle keine relative Größe dar, die in ein Verhältnis zum vorgelagerten Netz, zur Zahl der Kunden des Netzbetreibers oder auch nur zur Zahl der Kunden eines durchschnittlichen Stromlieferanten zu setzen sei. Auch erfordere die Einordnung als Kundenanlage stets eine Einzelfallprüfung, die sich aus einer Vielzahl verschiedener Kriterien zusammensetze.
73Ein Kriterium sei die Menge an durchgeleiteter Energie, wobei es nicht allein auf den aus dem vorgelagerten Netz verbrauchten Strom ankomme. Zur Bestimmung der Wettbewerbsrelevanz der Anlage sei der Stromverbrauch insgesamt, damit auch unter Einbeziehung der selbst erzeugten Strommengen zu beachten. Die Gesetzesbegründung spreche eindeutig von der Menge der an die Letztverbraucher gelieferten Energie als Kriterium der Abgrenzung. So gelte, je kleiner die Energiemenge sei, desto eher könne angenommen werden, dass die Anlage unbedeutend für die Sicherstellung des Wettbewerbs sei. Dies könne bei der Zugrundelegung der benötigten Strommengen jedoch nicht mehr angenommen werden.
74Neben der Anzahl der angeschlossenen Letztverbraucher spreche auch die geographische Ausdehnung der streitgegenständlichen Anlage dagegen, sie als wirtschaftlich unbedeutend anzusehen. Da das streitgegenständliche Gebiet deutliche Ähnlichkeit mit einem Siedlungsgebiet habe, sei bei Zugrundelegung eines weiten Netzbegriffs vorliegend ein Netz anzunehmen.
75Eine weite Auslegung des Begriffs der Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG könne - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - auch nicht auf die Regelungen zur Mieterstromförderung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz und einen systematischen Zusammenhang des § 3 Nr. 24 EnWG mit dem Mieterstromzuschlag gemäß § 21 Abs. 3 EEG 2017 gestützt werden. Die in beiden Gesetzen verwendeten Begrifflichkeiten seien inhaltlich ähnlich, aber nicht deckungsgleich. Auch könne § 21 Abs. 3 EEG 2017 als später beschlossenes Recht bereits methodisch nicht für eine Auslegung des § 3 Nr. 24a EnWG herangezogen werden. § 3 Nr. 24a EnWG habe zudem nicht das Ziel, etwaige Förderabsichten des Gesetzgebers umzusetzen. Dies sei auch nicht erforderlich, da die Zahlung des Mieterstromzuschlags nach § 21 Abs. 3 EEG 2017 nicht davon abhängig sei, dass die Lieferung innerhalb einer Kundenanlage erfolge.
76Die Erweiterung der Beschwerde sei unzulässig und im Übrigen unbegründet.
77Auch bei einer Klagehäufung müsse für jeden geltend gemachten Anspruch das angerufene Gericht zuständig sein. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz bzw. Aufwandsentschädigung sei das Landgericht Bonn zuständig, die sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Düsseldorf werde insoweit gerügt.
78Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei unzulässig und bliebe auch in der Sache ohne Erfolg.
79Die Veröffentlichung sei mit exakt denselben Schwärzungen erfolgt, die die Beschwerdeführerin gefordert habe. Dem Prozessvertreter sei per E-Mail am 28.05.2019 um 14:43 Uhr unter Beifügung eines entsprechenden Links mitgeteilt worden, dass der angefochtene Beschluss veröffentlicht worden sei. Die schriftliche Abmahnung sei der erste Hinweis gewesen, den sie erhalten habe, dass die Veröffentlichung fehlerhaft erfolgt sei. Diese sei ihr per Fax am 29.05.2019 - dem Mittwoch vor dem bundeweiten Feiertag „Christ Himmelfahrt“ - um … Uhr übermittelt worden. Eine telefonische Kontaktaufnahme habe es nicht gegeben. Unmittelbar und unverzüglich nach dem Auffinden des Faxes zu Dienstbeginn am Freitag, dem 31.05.2019, sei die Veröffentlichung wieder entfernt worden. Mangels gleichartiger Vorfälle in der Vergangenheit sei - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin - vorliegend nicht von einer „wiederholten Verfahrenspanne“ auszugehen.
80Das geltend gemachte Unterlassungsbegehren sei damit bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der streitgegenständliche Beschluss sei aufgrund eines technischen Fehlers in einer Form veröffentlicht worden, die Einblick in geschwärzte Inhalte ermöglicht habe. Dieser Fehler sei, nachdem die Bundesnetzagentur hiervon Kenntnis erlangt habe, unmittelbar berichtigt worden. Eine Wiederholungsgefahr bestehe vor diesem Hintergrund nicht. Die Bundesnetzagentur sei an Recht und Gesetz gebunden und halte sich an getroffene Absprachen. Uneinigkeit habe zuletzt nur über die Frage der Schwärzung der Firma der Beschwerdeführerin bestanden. Dieser Punkt sei jedoch – was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht – nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
81Allein die Nichtabgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung rechtfertige keinen Unterlassungsanspruch der Beschwerdeführerin.
82Daneben habe das geltend gemachte Unterlassungsbegehren auch in der Sache keinen Erfolg. Bei den Schwärzungen habe es sich nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sondern ausschließlich um Ortsangaben gehandelt, die geeignet seien, Rückschlüsse auf das konkret in Streit stehende Objekt der Beschwerdeführerin zu ziehen. Pauschale Befürchtungen einer Wettbewerbsschädigung – wie sie die Beschwerdeführerin vortrage – reichten für die Annahme einer konkreten Gefahr nicht aus. Es sei nicht zu befürchten, dass allein das Bekanntwerden eines Unterliegens in einem Missbrauchsverfahren generell eine negative Wirkung auf potentielle Auftraggeber habe. Gleiches gelte, soweit die Beschwerdeführerin besorge, dass zukünftig potentielle Auftraggeber – insbesondere Kommunen und Landkreise – ausfallen könnten, die an der Gegnerin des hier in Streit stehenden Missbrauchsverfahren beteiligt seien.
83Bei den in Streit stehenden Schwärzungen handele es sich um sogenannte offenkundige Tatsachen. Die von der Beschwerdeführerin vertretene B habe einen Informationsabend veranstaltet, bei dem die Versorgung des streitgegenständlichen Gebiets auf der Tagesordnung gestanden habe. Daneben werde die Beschwerdeführerin auch deshalb mit dem streitgegenständlichen Gebiet in Zusammenhang gebracht, da sie für das Projekt Fördermittel des Landes … erhalte.
84Selbst wenn nicht von einer Pflicht zur Veröffentlichung der Beschlussgründe aus § 74 S. 1 EnWG ausgegangen werde, so habe sie jedenfalls das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt, als die Entscheidung zur Veröffentlichung der gesamten Entscheidung angestanden haben.
85Die weitere Beteiligte beantragt ebenfalls,
86die Beschwerde zurückzuweisen.
87Die streitgegenständliche Energieanlage erfülle nicht die Voraussetzungen einer Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG. Den Antrag auf Erlass einer Missbrauchsverfügung habe die Bundesnetzagentur daher zu Recht zurückgewiesen.
88Die Voraussetzungen einer Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG lägen bereits deswegen nicht vor, da der geforderte räumliche Zusammenhang bei dem streitgegenständlichen Gebiet nicht gegeben sei. Eine großräumige Struktur, die sich über mehrere Gebäude auf mehreren Grundstücken erstrecke, als Kundenanlage anzuerkennen, entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Hinzukomme, dass das Gebiet durch eine Stichstraße geteilt werde. Diese Stichstraße habe keinen verbindenden, sondern einen - bereits optisch - trennenden Charakter.
89Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handele es sich bei Versorgungsleitungen um sogenannte Scheinbestandteile, die im Eigentum der Versorgungsunternehmen als Netzbetreiber verblieben.
90Verhandlungen zum Kauf des streitgegenständlichen Niederspannungsnetzes habe sie zu keinem Zeitpunkt verzögert oder abgelehnt. Vielmehr sei sie überrascht gewesen, als die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 05.10.2018 eine Beendigung der diesbezüglich geführten Vertragsverhandlungen erklärt habe.
91Inzwischen seien bereits für mehrere Anschlussnehmer im Gebiet „K“ Marktzähler verbaut worden. Diese müssten bei einer Anerkennung als Kundenanlage des Gebiets ggf. wieder ausgetauscht werden.
92Letztlich ließen die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach ein Teil der ihr entstehenden Kosten, die sie nicht unmittelbar in das Stromentgelt selbst einkalkuliere, anderweitig durch Verlagerung auf den Letztverbraucher zu refinanzieren seien, den Schluss zu, dass eine Unentgeltlichkeit nicht geplant sei.
93Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung vom 22.01.2020 Bezug genommen.
94B.
95Die Beschwerde ist teilweise zulässig und begründet. Im Übrigen war sie zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.
96I. Die unter den Ziffern 1. und 2. verfolgte Verpflichtungsbeschwerde ist zulässig und überwiegend begründet.
971. Die form- und fristgerecht eingereichte sowie auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist mit den Anträgen zu Ziffer 1. und 2. als Verpflichtungsbeschwerde statthaft gemäß §§ 75 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 78 Abs. 1, Abs. 3, 83 Abs. 4 EnWG.
982. In der Sache hat die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Aufhebung des den Missbrauchsantrag zurückweisenden Beschlusses vom 07.02.2019 (Az- BK6-18-040) und Verpflichtung der Bundesnetzagentur, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats, über ihren Antrag vom 29.01.2018 neu zu bescheiden. Ein darüber hinaus gehender Anspruch besteht nicht.
99Die Bundesnetzagentur hat den zulässigen Antrag der Beschwerdeführerin auf Einleitung eines Verfahrens nach § 31 EnWG rechtsfehlerhaft abgelehnt.
1002.1. Der von der Beschwerdeführerin unter dem 29.01.2018 gestellte Antrag war zulässig.
101Nach § 31 Abs. 1 S. 1 EnWG können Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch das Verhalten eines Betreibers von Energieversorgungsnetzen erheblich berührt werden, bei der Regulierungsbehörde einen Antrag auf Überprüfung dieses Verhaltens stellen.
1022.1.1. Dass die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der Stromleitungen in dem streitgegenständlichen Gebiet ist, steht ihrer Antragsbefugnis i.S.d. § 31 Abs. 1 EnWG im vorliegenden Fall nicht entgegen.
103Weder die Beschwerdeführerin noch die Grundstückseigentümer sind Eigentümer der streitgegenständlichen Stromleitungen.
104Durch den Erwerb eines Grundstücks werden – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – die Erwerber nicht zwangsläufig auch Eigentümer der streitgegenständlichen Leitungen, die durch/über das Grundstück verlaufen.
105Versorgungsleitungen sind - soweit sie über fremde Grundstücke geführt werden - keine wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks, sondern werden im Regelfall als Zubehör i.S.d. § 97 BGB eingestuft. Trotz fester Verbindung mit dem Boden gehören sie nicht gemäß §§ 946, 94 BGB den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke, sondern bleiben vielmehr bewegliche Sachen und sind sonderrechtsfähig. Im Zweifel sind die Leitungen nur zu einem vorübergehenden Zweck i.S.d. § 95 Abs. 1 BGB mit dem fremden Grundstück verbunden worden (vgl. BGH, Urteil v. 11.07.1962, V ZR 175/60 Rn. 12 – juris; Stahlhut in: Danner/Theobald Energierecht 101. EL, 2019, 131 Rn. 26; Stresemann in: MünchKomm BGB 8. Auflage 2018, § 95 Rn. 26 ff.). Dass hiervon losgelöst Eigentumsübertragungen an den streitgegenständlichen Leitungen stattgefunden haben, kann der Senat nicht feststellen.
1062.1.2. Gleichwohl lässt dies eine für eine Antragsbefugnis erforderlichen Interessenberührung der Beschwerdeführerin nicht entfallen. Für das Kriterium der Interessenberührung ist ausreichend, dass durch das Verhalten des Netzbetreibers wirtschaftliche Interessen berührt sind, eine Berührung rechtlicher Interessen ist indessen nicht gefordert (vgl. BGH, Beschluss v. 11.11.2008, EnVR 1/08, Rn. 17 - juris; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 07.04.2006, VI-3 Kart 161/06). Wann die Schwelle zur Erheblichkeit überschritten ist, muss im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Im Lichte der unionsrechtlichen Vorgaben ist eine zu enge und einschränkende Auslegung des Merkmals der „Erheblichkeit“ nicht geboten (Kment in: Energiewirtschaftsgesetz, § 31 Rn. 1-23). Die Interessenberührung muss gegenwärtig sein, mithin andauern oder unmittelbar bevorstehen (vgl. OLG Düsseldorf Beschluss v. 13.06.2018, VI-3 Kart 48/17 (V), Rn. 49 – juris).
107Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die weitere Beteiligte weigert sich, die streitgegenständlichen Anlagen als Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG zu behandeln und zukünftig allen Letztverbrauchern, deren Verbrauchsanlagen an diese Energieanlage zur Abgabe von Energie angeschlossen werden, jeweils Zählpunkte nach § 20 Abs. 1d EnWG zu stellen. Dadurch sind die Interessen der Beschwerdeführerin jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht gegenwärtig betroffen.
1082.2. Die angefochtene Entscheidung über den zulässigen Antrag der Beschwerdeführerin ist zwar formell rechtmäßig ergangen, in der Sache aber aufzuheben, da das beanstandete Verhalten der weiteren Beteiligten entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur missbräuchlich i.S.d. § 31 Abs. 1 EnWG ist.
1092.2.1. Der angefochtene Beschlusses ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
1102.2.1.1. Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, sie sei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.
111Gemäß § 67 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 66 Abs. 1 VwVfG muss den Beteiligten des Verwaltungsverfahrens die Möglichkeit gewährt werden, sich vor einer Entscheidung zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen äußern und so auf das Verfahren und die Entscheidung Einfluss nehmen zu können (vgl. Hanebeck in: Britz/Hellermann/Hermes EnWG 2. Auflage Rn. 5).
112Unstreitig hat die Bundesnetzagentur die Beschwerdeführerin und die weitere Beteiligte im Vorfeld der streitgegenständlichen Entscheidung im Rahmen des Missbrauchsverfahrens schriftlich sowie telefonisch angehört. Die Beschwerdeführerin hatte damit Gelegenheit, zu den entscheidungserheblichen Umständen Stellung nehmen zu können. Auf eine mündliche Anhörung sowie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich verzichtet.
113Auch handelt es sich weder im Ergebnis noch in der Begründung um eine überraschende Entscheidung der Bundesnetzagentur, die das Recht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzen könnte. Die ablehnende Entscheidung der Bundesnetzagentur stützt sich darauf, dass die Voraussetzungen einer Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG nicht vorlägen. Hierbei greift sie die Aspekte auf, die seitens der weiteren Beteiligten und der Landesregulierungsbehörde bereits im Verwaltungsverfahren angesprochen und damit der Beschwerdeführerin bekannt waren.
114Soweit (erstmals) in der streitgegenständlichen Entscheidung Zweifel an der Statthaftigkeit des Missbrauchsantrages seitens der Bundesnetzagentur geäußert worden sind, kann die Beschwerdeführerin auch hierauf keine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs stützen, da die ablehnende Entscheidung nicht auf diesem Aspekt beruht. Der Missbrauchsantrag ist ausdrücklich nicht mangels Statthaftigkeit des Antrages abgelehnt worden, sondern allein aus materiell-rechtlichen Gründen.
1152.2.1.2. Entgegen der Auffassung Beschwerdeführerin kommt es nicht darauf an, ob die Bundesnetzagentur innerhalb der in § 31 Abs. 3 EnWG vorgegebenen Frist ihre Entscheidung getroffen habe. Die Fristbindung in § 31 Abs. 3 EnWG dient insbesondere dem Schutz des Antragstellers und gewährt diesem bei Überschreitung der Frist durch die Bundesnetzagentur die Möglichkeit, unmittelbar mit einer Untätigkeitsbeschwerde nach § 75 Abs. 3 S. 2 EnWG zu reagieren. Eine Fristüberschreitung führt nicht zur Nichtigkeit oder Rechtswidrigkeit der Entscheidung (vgl. Boos in: Danner/Theobald Energierecht § 31 Rn. 47).
116Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, eine Untätigkeitsbeschwerde sei lediglich eine weitere zeitliche Verzögerung und beinhalte ein Prozessrisiko, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Gesetzgeber hat genau für solche Fälle, in denen die Bundesnetzagentur nicht fristgemäß entscheidet, die Möglichkeit einer Untätigkeitsbeschwerde eingeräumt und damit die Betroffenen nicht schutzlos gestellt. Das damit einhergehende und jedem Rechtsmittel immanente Prozessrisiko wurde ebenso wie der damit einhergehende Zeitfaktor vom Gesetzgeber in Kauf genommen.
1172.2.2. Zu beanstanden ist dagegen die die angefochtene Entscheidung tragende Annahme der Bundesnetzagentur, dass die streitgegenständliche Anlage die Voraussetzungen einer Kundenanlage im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) – d) EnWG nicht erfülle und ein missbräuchliches Verhalten der weiteren Beteiligten deswegen nicht vorliege..
1182.2.2.1. Nach § 3 Nr. 24a EnWG sind Kundenanlagen Energieanlagen zur Abgabe von Energie,
119a) die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden,
120b) mit einem Energieversorgungsnetz oder einer Energieerzeugungsanlage verbunden sind,
121c) für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend sind und
122d) jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
123Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Kundenanlage gegeben. Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG gelten nicht als Energieversorgungsnetze gemäß § 3 Nr. 16 EnWG und unterfallen nicht der Regulierung. Der Begriff des Netzes wird weder im EnWG noch in den gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien, zu deren Umsetzung dieses Gesetz ergangen ist, definiert. In § 3 Nr. 16 EnWG wird der Begriff lediglich vorausgesetzt, jedoch nicht erläutert. Seine Auslegung und damit die Abgrenzung zwischen Netz und Kundenanlage muss insbesondere unter Berücksichtigung der Zweckrichtung und der Zielsetzung des EnWG entwickelt werden. Der Zielsetzung des EnWG, dem Verbraucher Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich des Stromversorgers einzuräumen, entspricht ein weites Verständnis des Netzbegriffs. Um die Belieferung mit Elektrizität durch jeden Anbieter zu ermöglichen, müssen grundsätzlich alle Anlagen, die einer Versorgung von Letztverbrauchern dienen, als Netz angesehen werden. Damit streiten die Regelungen in § 3 Nr. 16 und Mr. 17 EnWG, die den Versorgungsgedanken in den Vordergrund stellen, für diese weite Auslegung (vgl. BGH, Beschluss v. 18.10.2011, EnVR 68/10 Rn. 8 f. – juris; Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18 Rn. 8). Unter Zugrundelegung eines weiten Netzbegriffs bilden die in § 3 Nr. 24a EnWG genannten Kundenanlagen die rechtlichen wie tatsächlichen Ausnahmen. Die Tatbestandsmerkmale des § 3 Nr. 24a EnWG sind im Lichte dieses teleologischen Befunds und damit der Frage auszulegen, ob ein Bedürfnis für die Regulierung der zu betrachtenden Anlage besteht.
124Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin steht diese restriktive Auslegung des Begriffs der Kundenanlage nicht im Widerspruch zu den Regelungen zur Mieterstromförderung nach dem EEG und dem gesetzgeberischen Willen zur Förderung der PV-Stromlieferung über die Gebäude- und Grundstücksgrenzen hinaus.
125Bereits die Definition des Begriffs „Netz“ des EGG ist mit dem Begriff des Energieversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung nach § 3 Nr. 17 EnWG nicht vollständig deckungsgleich. Der Netzbegriff des EEG knüpft zwar an die Begriffsbestimmung des EnWG an, definiert aber einen davon unabhängigen Begriff für das EEG (vgl. Scharlau in: BeckOK EEG 9. Edition 2019, § 3 Nr. 35 Rn. 1, 5). Dies zeigt bereits, dass die verwendeten Begrifflichkeiten in beiden Gesetzen nicht zwangsläufig übereinstimmen müssen.
126Zwar gibt es unterschiedliche Auffassungen dazu, inwieweit der Begriff des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhang“ in § 21 Abs. 3 Nr. 1a EEG mit dem Begriff der „Kundenanlage“ i.S.d. § 3 Nr. 24 a EnWG gleichzusetzen ist (vgl. hierzu die Zusammenfassung der Clearingstelle EEG/KWK Hinweis 2017/46, Rn. 71 ff. m.w.N.). Dies kann jedoch vorliegend insoweit dahingestellt bleiben, als ein Rückgriff auf den Begriff der „Kundenanlage“ im Bereich des EGG zur Ausfüllung des Begriffs des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhang“ nicht dazu führen kann, dass hierdurch die Auslegung des Begriffs der „Kundenanlage“ im Bereich des EnWG tangiert und allein aus Gesichtspunkten einer Förderungspflicht erweitert wird. Dies bereits deshalb nicht, da es anders als bei § 21 Abs. 3 Nr. 1a EGG für den Begriff der Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG auf weitere Voraussetzungen wie die Bedeutung für den Wettbewerb, und nicht allein auf die rein räumliche Komponente, die „unmittelbare räumliche Nähe“, ankommt. Dass eine weite Auslegung des Begriffs der Kundenanlage im Bereich des EnWG unter Bezugnahme auf die Mieterstromförderung des EGG vom Gesetzgeber bei der nachträglichen Einführung des EGG beabsichtigt war, kann nicht festgestellt werden. Bei einer gewollten Gleichsetzung hätte der Gesetzgeber statt des Begriffs des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“ auch direkt den Begriff der „Kundenanlage“ im EGG verwenden können. Dies ist aber gerade nicht erfolgt.
127Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze hat die Bundesnetzagentur gleichwohl rechtsfehlerhaft entschieden, dass die von der Beschwerdeführerin geplante Energieanlage die Voraussetzungen einer Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a lit. a)-d) EnWG nicht erfüllt.
1282.2.2.2. Die streitgegenständliche Energieanlage befindet sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet i.S.d. § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG.
129Die von § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG vorausgesetzte räumliche Zusammengehörigkeit wird weder im EnWG definiert noch in der Gesetzesbegründung näher erläutert. Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei diesem Merkmal um einen sogenannten „Grobfilter“, der nicht die an die räumliche Ausdehnung oder die Einheitlichkeit eines äußeren Eindrucks anknüpft, sondern auf die räumliche Zuordnung abstellt. Maßgeblich ist danach, inwieweit die räumlichen Verhältnisse einen konkreten Bezug zu den Regulierungszielen aufweisen. Hiernach ist das räumlich zusammenhörende Gebiet im Hinblick auf die Zuordnung der einzelnen Grundstücke zur Energieanlage zu verstehen. Das Gesetz zielt – ähnlich wie in § 3 Nr. 24b lit. a) EnWG – darauf, ob der Anlage ein in bestimmter Art und Weise geprägtes Gebiet zugeordnet ist. Entscheidend ist, dass sich innerhalb des durch die Anlage versorgten Gebietes keine Letztverbraucher befinden, zu deren Versorgung weitere Energieanlagen zur Abgabe von Energie eingerichtet oder notwendig sind. Dies gilt auch, wenn sich die Energieanlage über mehrere Grundstücke erstreckt und diese Grundstücke so gut wie ausschließlich über diese Anlage versorgt werden, sofern die Grundstücke aneinander angrenzen und nicht verstreut liegen und auf die Weise ein geschlossenes, von den äußeren Grundstücksgrenzen begrenztes Gebiet darstellen. Unschädlich ist es, wenn ein so abgegrenztes Gebiet Straßen, ähnliche öffentliche Räume oder vereinzelte, nicht ins Gewicht fallende Grundstücke einschließt, welche nicht durch die Energieanlage versorgt werden (vgl. BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18 Rn. 23 ff.; vgl. Wolf EnWZ 2018, S. 387 (390)).
130Diese Kriterien sind vorliegend erfüllt. Das streitgegenständliche Gebiet erstreckt sich zwar über … Flurstücke und insgesamt … m2. Ausweislich des als Anlage vorgelegten Katasterauszugs - und auch zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig - grenzen sämtliche Grundstücke, die von der Energieanlage versorgt werden sollen, - abgesehen von Zufahrtsstraßen – jedoch aneinander an. Das Gebiet grenzt nördlich an einen Fahrrad- und landwirtschaftlich genutzten Weg und die dahinter liegende Eisenbahntrasse, östlich und südlich an zwei mit Lärmschutzwänden versehende überregionale Straßen und westlich an den Lauf eines Bachs sowie einen Fuß- und Fahrradweg. Es handelt sich damit um ein geschlossenes, nach außen klar abgrenzbares Gebiet. Auch ist nicht ersichtlich, dass sich innerhalb des durch die Anlage versorgten Gebietes Letztverbraucher befinden, zu deren Versorgung weitere Energieanlagen zur Abgabe von Energie eingerichtet oder notwendig sind. Zwar soll ein Teil der Energie über PV-Anlagen gewonnen und eingespeist werden, gleichwohl werden auch diese Letztverbraucher von der streitgegenständlichen Energieanlage versorgt.
131Der räumlichen Zusammengehörigkeit steht auch nicht entgegen, dass auf dem streitgegenständlichen Gebiet der Anlage jeweils zwei unterschiedliche baurechtliche Nutzungsarten festgelegt worden sind. § 3 Nr. 24a EnWG fordert keine funktionelle Verklammerung. Der Tatbestand macht gerade keine Vorgabe für die Art der Nutzung des Gebiets oder einen konkreten Zweck der Anlage (vgl. Thomale/Berger EnWZ S. 147 (148).
1322.2.2.3. Die streitgegenständliche Energieanlage ist nach Maßgabe der in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.11.2019 (EnVR 65/18) entwickelten Grundsätze und präzisierten Kriterien als für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität unbedeutend anzusehen.
1332.2.2.3.1. Das Merkmal der Wettbewerbsrelevanz im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG fasst die Voraussetzungen für eine unionsrechtskonforme Nichtregulierung zusammen. Der maßgebliche rechtfertigende Grund für die Ausnahme von der Regulierung ist danach, dass es offensichtlich an einem Regulierungsbedürfnis fehlt. Insoweit kommt es nicht ausschließlich auf die Bedeutung der Anlage für den Wettbewerb auf der Handelsebene an, sondern auch auf die Bedeutung der Anlage im Hinblick auf die durch die Regulierung bestimmte Lage des Netzbetreibers (vgl. BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn. 26; Wolf EnWZ 2018, S. 387 (389)).
134Energieversorgungsnetze bilden natürliche Monopole, so dass Wettbewerb auf den Ebenen der Erzeugung und des Handels nur funktioniert, wenn gewährleistet ist, dass Erzeuger und Verbraucher gleichberechtigten Zugang zu wettbewerbsneutral betriebenen Übertragungs- und Verteilungsnetzen haben. Werden die Energieversorgungsnetze nicht staatlich betrieben, kann diese Funktion der Netze für den Wettbewerb nur durch intensive Regulierung erfüllt werden.
135Dass die Anlage auch für die Wettbewerbssituation der Netzbetreiber unbedeutend sein muss, folgt aus der Zielsetzung des EnWG und dem sich aus § 3 Nr. 36 EnWG ergebenden Begriff der „Versorgung“. Darunter fällt neben der Erzeugung oder Gewinnung von Energie zur Belieferung von Kunden und dem Vertrieb von Energie auch der Betrieb eines Energienetzes. Damit erstreckt sich der Wettbewerb bei der Versorgung mit Energie auch auf den Netzbetrieb (vgl. BGH, aaO., Rn. 27).
136Für die Frage, ob eine Energieanlage für einen so zu verstehenden Wettbewerb unbedeutend ist, ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung zu entscheiden, für die nach der Gesetzesbegründung die Anzahl der angeschlossenen Letztverbraucher, die geografische Ausdehnung, die Menge der durchgeleiteten Energie aber auch sonstige Merkmale wie etwa weitere angeschlossene Kundenanlagen oder Vertragsgestaltungen heranzuziehen sind (vgl. BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn 28; BT-Drs. 17/6072, S. 52; Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, 95. EL Oktober 2017, § 3 EnWG, Rn. 205e).
137Danach liegt eine für den Wettbewerb unbedeutende Kundenanlage nicht mehr vor, wenn die Energieanlage trotz diskriminierungsfreier und unentgeltlicher Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher den Versorgungswettbewerb und die mit dem Regulierungsrecht verfolgten Ziele – insbesondere angesichts ihrer Größe – mehr als unbedeutend beeinflusst (BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn. 29).
138Dabei ist ausweislich der Ziele des Regulierungsrechts und der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit die Kundenanlage im Hinblick auf eine sichere Energieversorgung, die Investitionsbereitschaft in das Netz und die grundsätzlich erstrebte Trennung von Erzeugung und Versorgung unbedeutend ist (BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn 30). Die Energieanlage darf weder in technischer noch in wirtschaftlicher noch in versorgungsrechtlicher Hinsicht ein Ausmaß erreichen, das Einfluss auf den Versorgungswettbewerb und die durch die Regulierung bestimmte Lage des Netzbetreibers haben.
139Nicht mehr unbedeutend für den Wettbewerb ist die Energieanlage, wenn sie nach Kundenzahl, geografischer Ausdehnung, Strommenge oder sonstigen Strukturmerkmalen eine Größe erreicht hat, die mehr verlangt und ermöglicht als die bloße Gewährleistung des Zugangs der angeschlossenen Letztverbraucher zum örtlichen Verteilernetz (§ 3 Nr. 29c EnWG). Im Regelfall scheidet die Annahme einer Kundenanlage danach aus, wenn mehrere Hundert Letztverbraucher angeschlossen sind, die Anlage eine Fläche von deutlich über 10.000 m2 versorgt, die jährliche Menge an durchgeleiteter Energie voraussichtlich 1.000 MWh deutlich übersteigt und mehrere Gebäude angeschlossen sind. Eine Energieanlage, die eine solche Größe erreicht, kann allenfalls unter ganz besonderen Umständen des Einzelfalls noch als für den Wettbewerb unbedeutend angesehen werden. (vgl. BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn. 32).
1402.2.2.3.2. Gemessen hieran hat die Bundesnetzagentur in dem angefochtenen Beschluss das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24 a EnWG rechtsfehlerhaft verneint.
141Auch wenn im Sachvortrag der Verfahrensbeteiligten sowie auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung offen geblieben ist, ob bei den genannten … Letztverbrauchern die … Pflegebetten des Pflegeheims sowie die Letztverbraucher der beiden dazugehörigen Wohnanlagen inbegriffen sind, liegt auch bei einem entsprechenden „Zuschlag“ auf die Anzahl der Letztverbraucher - mit einer Anzahl von maximal knapp über 200 - keine Energieanlage vor, die mehrere Hundert Letztverbraucher versorgen wird. „Mehrere“ meint nach dem Wortsinn eine unbestimmte größere Anzahl, die durch die Zahl von 200 Letztverbrauchern nicht erreicht wird. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird eine aus zwei Einheiten bestehende Menge durch die konkrete Zahlenangabe und nicht durch die Angabe „mehrere“ beschrieben.
142Auch die jährliche Menge an durchgeleiteter Energie liegt weit unter der oben aufgeführten Schwelle von 1.000 MWh pro Jahr. Die Bundesnetzagentur hat die Menge zutreffend mit ca. … kWh/Jahr angesetzt. Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin insoweit geltend, bei der Bestimmung der Menge der durchgeleiteten Energie sei die selbst erzeugte Strommenge in Abzug zu bringen, so dass der Bedarf für den aus dem Netz für die allgemeine Versorgung bezogenen Strom des Areals „K“ nur noch … kWh/Jahr betrage. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, ein weiterer Indikator könne „die Menge der über die Anlage an die angeschlossenen Letztverbraucher gelieferten Energie sein“ (BT-Drs. 17/6072, S. 51). Dass zwischen dem in der Anlage erzeugten Strom und dem aus den allgemeinen Versorgungsnetzen ergänzend bezogenen Strom bei der Bewertung dieses Indikators zu differenzieren ist, lässt sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Da zudem die Höhe der Eigenstromquote von verschiedenen z.B. witterungsbedingten Faktoren abhängig ist, ist für die Frage, ob eine Kundenanlage vorliegt, die Menge der durchgeleiteten Energie, losgelöst von der Herkunft des Stroms, zu berücksichtigen. Allerdings liegt auch die von der Bundesnetzagentur korrekt in Ansatz gebrachte Menge deutlich unterhalb der Schwelle von 1.000 MWh pro Jahr.
143Allein die geografische Ausdehnung der streitgegenständlichen Anlage, die sich über … Flurstücke mit einer Gesamtfläche von … m2 erstreckt, liegt über der genannten Schwelle von 10.000 m2. Ob einer Überschreitung von … m2 bereits eine „deutliche“ Überschreitung beizumessen ist, wovon der Senat vorliegend nicht ausgeht, kann gleichwohl im Ergebnis dahinstehen. Vorliegend bleibt die Größe der streitgegenständlichen Anlage jedenfalls in zwei von drei Kriterien hinter den vorgenannten Werten zurück. In diesen Fällen handelt es sich regelmäßig um eine für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutende Kundenanlage.
144Im Einzelfall gilt es zwar zu entscheiden, ob die Anlage gleichwohl nach der Gesamtwürdigung insbesondere bei Berücksichtigung weiterer Umstände nicht mehr als wettbewerblich unbedeutend anzusehen ist (vgl. BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn. 31). Solche Umstände, die einer Bewertung als „wettbewerblich unbedeutend“ entgegenstehen würden, sind jedoch weder vorgetragen worden noch kann der Senat solche feststellen.
1452.2.2.3.3. Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, dass die Annahme eines Netzes im konkreten Fall bereits deshalb ausscheide, weil die streitgegenständliche Anlage im Vergleich zum deutlich größeren vorgelagerten Netz der weiteren Beteiligten, einer der größten Netzbetreiberinnen Deutschlands, wirtschaftlich unbedeutend sei und auch die Anzahl der Lieferverträge in der Anlage im Verhältnis zu einem durchschnittlichen Stromlieferanten gering sei, schließt sich der Senat dem nicht an. Auf einen Vergleich der Kundenanlage zu den in Deutschland insgesamt gehandelten und verbrauchten Energiemengen kommt es nicht an. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass die Energieanlage nach ihrer Größe eine Spürbarkeitsschwelle im Verhältnis zum vorgelagerten Netzbetreiber überschreitet, um nicht mehr als unbedeutend für den Wettbewerb angesehen werden zu können (vgl. BGH Beschluss v. 12.11.2019, EnVR 65/18, Rn. 33).
1462.2.2.4. Die Ablehnung einer Kundenanlage kann schließlich nicht darauf gestützt werden, dass die Energieanlage nicht jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird.
147Ohne Erfolg macht die weitere Beteiligte geltend, es bestünden vorliegend Zweifel an der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Anlagen gegenüber den angeschlossenen Kunden im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. d) EnWG, da die Beschwerdeführerin erwäge, die Kosten der Kundenanlage auf die Letztverbraucher als zeitabhängiges Nutzungsentgelt umzulegen.
148Eine solche Umlage stünde dem Kriterium der Unentgeltlichkeit nicht entgegen. Eine unentgeltliche Durchleitung setzt voraus, dass der Anlagenbetreiber für die Nutzung der Energieanlage weder von Energielieferanten ein Nutzungsentgelt noch von Letztverbrauchern ein verbrauchsabhängiges Entgelt erhält. Die Kosten einer Energieanlage können indessen weitergegeben werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.6.2018 – 3 Kart 77/17 (V), Rn. 62 – juris; Dr. Thomale/Berger EnWZ 2018, S.147 (153)).
1492.3. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur rechtsfehlerhaft die Einordnung der streitgegenständlichen Energieanlage als Kundenanlage verneint und den gestellten Missbrauchsantrag abgelehnt. Sie war zu verpflichten, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden. In § 31 Abs. 1 S. 2 EnWG sind die Entscheidungsbefugnisse der Bundesnetzagentur nicht näher geregelt. Aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen des § 31 EnWG und des § 30 EnWG ergibt sich jedoch, dass der Entscheidungsrahmen des § 30 Abs. 2 EnWG Anwendung findet. Grundsätzlich kann die Bundesnetzagentur den Netzbetreiber nicht nur verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen, sondern kann auch konkret diejenigen Maßnahmen aufgeben, die erforderlich sind, um die Zuwiderhandlung abzustellen (vgl. Waldhäuser in: Kment, EnWG, 2015, § 31, Rn. 22). Bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen hat die Regulierungsbehörde ermessensfehlerfrei zu entscheiden, ob sie einschreitet und welche Maßnahmen sie ergreift. Dabei hat sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
150II. Im Übrigen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
1511. Der unter Ziffer 3. geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist zulässig, aber unbegründet.
1521.1. Der mit dem Antrag zu Ziffer 3. geltend gemachte Anspruch ist als Leistungsbeschwerde in Form einer vorbeugenden Unterlassungsbeschwerde zulässig.
1531.1.1. Die sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ist vorliegend gegeben, da das in Streit stehende öffentlich-rechtliche Verwaltungshandeln bzw. Unterlassen der Bundesnetzagentur - hier die Veröffentlichung einer Regulierungsentscheidung - in unmittelbarem Zusammenhang mit einer nach § 75 Abs. 1 EnWG anfechtbaren Entscheidung, dem Beschluss selbst, steht (vgl. OVG Münster, Beschluss v. 09.01.2017, 11 E 839/16, Rn. 9 ff. – juris; Johanns/Roesen in: Berl BerlK-EnR, Band 1, Halbband 2, 4. Aufl., § 75 EnWG Rn. 52).
1541.1.2. Das für eine vorbeugende Unterlassungsbeschwerde erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbegehren ist vorliegend gegeben. Maßgebend ist, ob das bevorstehende Handeln der Regulierungsbehörde irreparable oder nur sehr schwer ausgleichbare Nachteile zur Folge hätte, weshalb Art 19 Abs. 4 GG es verbietet, die Beschwerdeführerin auf nachträglichen Rechtschutz zu verweisen (vgl. Johanns/Roesen in: BerlK-EnR, Band 1, Halbband 2, 4. Aufl., § 75 EnWG Rn. 52 m.w.N.). Eine Veröffentlichung einer Regulierungsentscheidung mit sichtbaren Geschäftsgeheimnissen bedeutet für den jeweiligen Betroffenen – insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht – irreparable und nur sehr schwer ausgleichbare Nachteile. Eine Verweisung auf nachträglichen Rechtschutz verstößt in diesen Fällen gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
1551.2. In der Sache bleibt der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedoch ohne Erfolg.
156Der aus § 1004 BGB abgeleitete und allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung - hier die Veröffentlichung mit vertraulichen Informationen in Beschlusskammersachen - setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.2010, 7 B 54/10 – juris, Rn. 14). Diese Vorlaussetzungen sind nicht gegeben.
157Der Senat kann nicht feststellen, dass im vorliegenden Fall eine Wiederholungsgefahr droht. Die für den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalls. Allein die Weigerung der Bundesnetzagentur, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, reicht für die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht aus (vgl. VG Hannover, Beschluss v. 03.06.2014, 1 B 7660/14- Rn. 65 - juris; OVG NRW, Beschluss v. 26.01.2004 - 12 B 2197/03 , Rn. 11ff. - juris). Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist für den Senat nicht ersichtlich, dass eine erneute Veröffentlichung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ohne die mit der Beschwerdeführerin vereinbarten „Schwärzungen“ vertraulicher Informationen droht oder zu befürchten ist. Unbestritten beruhte die streitgegenständliche Veröffentlichung auf einem technischen Fehler, der unmittelbar nachdem die Bundesnetzagentur hiervon Kenntnis erlangt hatte, berichtigt worden ist.
158Dass bereits in der Vergangenheit vergleichbare Fehler bei der Veröffentlichung von Entscheidungen auf der Internetseite der Bundesnetzagentur aufgetreten sind, die eine Besorgnis für die Zukunft begründen könnten, ist weder vorgetragen worden noch dem Senat bekannt. Da die Bundesnetzagentur sich als Behörde bei amtlichen Äußerungen an den allgemeinen Grundsätzen rechtsstaatlichen Verhaltens, dem Willkürverbot und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientieren hat (vgl. VG München, Beschluss v. 06.07.2011, M 18 E 11.2098, Rn. 30 – juris), ist vielmehr eine konkrete Wiederholungsgefahr zu verneinen.
1592. Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag zu Ziffer 4. Abmahnkosten in Höhe von … € geltend macht, ist die Beschwerde - worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020 hingewiesen hat - unzulässig. Zutreffend hat die Bundesnetzagentur für diesen Antrag die sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gerügt.
1602.1. Bei den Anträgen zu Ziffer 1. bis Ziffer 4. handelt es sich um eine - sukzessive - objektive Klagehäufung, deren Zulässigkeit sich gemäß § 85 EnWG nach § 44 VwGO i.V.m. § 91 VwGO richtet (vgl. Johanns/Roesen in: Berl BerlK-EnR, Band 1, Halbband 2, 4. Aufl., § 75 EnWG Rn. 61).
1612.1.1. Gemäß § 44 VwGO kann die Beschwerdeführerin mehrere Begehren in einer Beschwerde zusammen verfolgen, wenn sie sich gegen denselben Beschwerdegegner richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist. Das Erfordernis der Zuständigkeit bezieht sich dabei sowohl auf den Rechtsweg als auch auf die örtliche und die sachliche Zuständigkeit des Gerichts (vgl. Pietzcker in: Schoch/Schneider/Bier/Pietzcker, 37. EL Juli 2019, VwGO § 44 Rn. 8). Diesen Anforderungen genügt der von der Beschwerdeführerin unter Ziffer 4. geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht.
1622.1.2. Gemäß § 75 Abs. 4 S. 1 EnWG ist das Oberlandesgericht für Beschwerden in Energieverwaltungssachen sachlich zuständig. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, sind indessen gemäß § 102 Abs. 1 S. 1 EnWG - ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes - die Landgerichte ausschließlich zuständig.
1632.1.2.1. Bei dem unter Ziffer 4. gestellten Anspruch handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit.
164Inwieweit eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher Natur ist, bestimmt sich grundsätzlich nach der materiellen Natur des Rechtsverhältnisses, in welchem der geltend gemachte Anspruch gründet (vgl. Keßler in: BerlK-EnR, Band 1, Halbband 2, 4. Aufl., § 102 EnWG Rn.4).
165Maßgebliche Vorschriften für den geltend gemachten Zahlungsanspruch sind – was zwischen den Verfahrensbeteiligten nicht im Streit steht – die Regelungen in §§ 683, 670 BGB bzw. § 839 BGB i.V.m. §§ 75, 71 EnWG, so dass es sich bei dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Begehren um einen zivilrechtlichen Zahlungsanspruch handelt.
1662.1.2.2. Die Kompetenzzuweisung zugunsten des Landgericht gemäß § 102 Abs. 1 EnWG greift vorliegend ein, da es sich auch um eine bürgerliche Rechtstreitigkeit handelt, die sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ergibt.
167Dabei kommt es in Übereinstimmung mit § 87 EnWG nicht darauf an, ob der Kern des Streitverhältnisses in den materiellen Vorgaben des EnWG gründet, oder ob es sich lediglich um die Beurteilung einer energiewirtschaftlichen Vorfrage im Rahmen eines Zivilprozesses handelt. Vielmehr genügt es, wenn die Entscheidung ganz oder teilweise von der Beurteilung energiewirtschaftsrechtlicher Fragen abhängig ist (vgl. Keßler in: BerlK-EnR, Band 1, Halbband 2, 4. Aufl., § 102 EnWG Rn. 4). Dies trifft auf den von der Beschwerdeführerin unter Ziffer 4. geltend gemachten Zahlungsanspruch zu. Maßgebend für den Erfolg dieses Anspruchs ist, inwieweit die streitgegenständliche Veröffentlichung der Entscheidung seitens der Bundesnetzagentur rechtmäßig im Rahmen des § 74 EnWG erfolgt ist bzw. eine Abmahnung seitens der Beschwerdeführerin erfolgen durfte.
1682.2. Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, es handele sich bei dem streitgegenständlichen Zahlungsanspruch um eine Nebenforderung, die unter Beachtung von § 4 ZPO nicht den Streitwert erhöhe. Zwar ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass es sich bei Abmahnkosten um Nebenforderungen handelt, die den Streitwert nicht tangieren, solange sie neben einer Hauptforderung geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12.03. 2015, I ZR 99/14, Rn. 1 - juris). Gleichwohl gilt für Nebenforderungen, auch für solche, die im Wege einer objektiven Klagehäufung geltend gemacht werden, die Vorgabe des § 44 VwGO (vgl. OVG Lüneburg, Urteil v. 25.02.2015, 15 KF 3/14 Rn. 53 - juris).
169Der Antrag zu Ziffer 4. ist weder in einem Eventualverhältnis noch in einem Stufenverhältnis geltend gemacht worden. Es handelt es sich damit um einen eigenständigen Antrag, für den unter Beachtung von § 44 VwGO die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben sein muss (vgl. Sodan in: Sodan/Ziekow VwGO, 5. Auflage 2018 § 44 Rn. 12). Dies ist - wie bereits festgestellt - für diesen Antrag zu verneinen.
1702.3. Für den Antrag der Beschwerdeführerin unter Ziffer 4. ist ausschließlich das Landgericht - hier das Landgericht … - zuständig. Da trotz Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020 die Beschwerdeführerin keinen Verweisungsantrag gestellt hat, war die Beschwerde insoweit als unzulässig zu verwerfen.
171C.
172I. Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war gemäß § 90 S. 1 EnWG nach billigem Ermessen zu entscheiden.
173Die Beschwerdeführerin hat - wirtschaftlich betrachtet - in der Hauptsache obsiegt. Ihr mit der Beschwerdeerweiterung geltend gemachtes Begehren bleibt indessen ohne Erfolg, weshalb ihr insoweit die Kosten aufzuerlegen waren.
174Angesichts des Erfolgs des von der Beschwerdeführerin in der Hauptsache verfolgten Begehrens entspricht es der Billigkeit, dass die weitere Beigeladene die ihr entstandenen Kosten selbst zu tragen hat.
175II. Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat insgesamt auf … Euro festgesetzt (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 43 GKG, § 3 ZPO, § 4 Abs. 1 HS. 2 ZPO).
176Im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Feststellung eines Kundenanlagenstatus für die streitgegenständliche Energieanlage hat der Senat den Streitwert für das Verpflichtungsbegehren mit … Euro und für den geltend gemachte Unterlassungsanspruch mit … Euro bewertet. Die geltend gemachte Abmahnkosten sind nicht als streit- und beschwerdewerterhöhend anzusehen (vgl. BGH Beschluss v. 21.12.2011, I ZR 83/11, Rn. 2; Beschluss vom 12.03. 2015, I ZR 99/14, Rn. 1 - juris).
177D.
178Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.
179Rechtsmittelbelehrung:
180Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
181