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Eine ordnungsgemäße Belehrung gem. Art. 246a § 1 Abs. 2. Satz 1 Nr. 1 EGBGB in der Fassung bis zum 27.05.2022 (a. F.) über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 kann auch bei bestimmten Abweichungen vom Text der Widerrufsbelehrung gem. Anlage 1 (hier u.a. Nichtangabe der Telefaxnummer) gegeben sein.
Die spätere Unterzeichnung einer „Courtagevereinbarung“ durch die Maklerkunden, mit der eine zwischenzeitlich vereinbarte Herabsetzung der Courtage dokumentiert wird, sowie eine ihnen diesbezüglich erteilte Widerrufsbelehrung führen nicht zum Wiederaufleben eines bereits gem. § 356 Abs. 4 S. 1 BGB (a. F.) erloschenen Widerrufsrechts.
Die Berufung der Kläger gegen das am 05.01.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der nach den Urteilen vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.167,50 € festgesetzt.
Gründe:
2A.
3Anfang des Jahres 2020 wurden die Kläger auf eine im Internet zum Verkauf angebotene Maisonette-Wohnung aufmerksam. In dem Objektangebot war neben dem Kaufpreis i.H.v. 480.000,00 € eine Käuferprovision i.H.v. 5,95 % inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer ausgewiesen.
4Nachdem die Kläger ihr Interesse an der Immobilie bekundet hatten, übersandte die K. GmbH (im Folgenden: K), die als Vertreterin der Beklagten vor Ort tätig ist, den Klägern am 30.01.2020 per E-Mail (Anl. B2) ein eingeschränktes Web-Exposé zu dem Objekt, das über einen Link aufgerufen werden konnte.
5In der E-Mail wurde im Hinblick auf ein bestehendes gesetzliches Widerrufsrecht auf die im Anhang der E-Mail angefügten Verbraucherinformationen verwiesen. Die Kläger wurden ferner darauf hingewiesen, dass im Web-Exposé erst dann weitere Informationen zu dem Objekt angezeigt werden könnten, wenn die Kläger im unteren Teil des Web-Exposés ihre Zustimmung dazu erteilten, dass die Maklerleistung unverzüglich erbracht werden soll. Als Anhang war das PDF-Dokument „O. GmbH Vorvertragliche Verbraucher-Information“ beigefügt. Dieses bestand aus einer Verbraucherinformation der Beklagten für Maklerkunden bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen, einer Widerrufsbelehrung mit Muster-Widerrufsformular und Information zum vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts sowie einem zusätzlichen Kunden-Informationsblatt zum Vertragsschluss und Widerrufsrecht (Anl. B3).
6Als Verfasser dieser Dokumente war die Beklagte ausgewiesen. In der Verbraucherinformation heißt es unter Ziff. 1 „Der Maklervertrag mit der O. GmbH…“. Unter Ziff. 2 („Identität des Unternehmers, …“) wird ebenfalls die Beklagte genannt. Auch in der Widerrufsbelehrung ist als potentieller Empfänger einer Widerrufserklärung die Beklagte angegeben.
7Noch am gleichen Abend bestätigten die Kläger durch Anklicken entsprechender Schaltflächen in dem eingeschränkten Web-Exposé, dass sie die Widerrufsbelehrung vollständig gelesen und verstanden hätten. Weiterhin gaben sie durch Anklicken entsprechender Schaltflächen folgende vorformulierte Erklärung ab:
89Ich bin damit einverstanden und verlange ausdrücklich, dass Sie mir das vollständige Objektangebot zur Verfügung stellen um damit mit der Ausführung der beauftragten Dienstleistung zu beginnen. Mir ist bekannt, dass ich bei vollständiger Vertragserfüllung durch Sie, die bereits in der Bereitstellung des vollständigen Web-Exposés liegen kann, mein Widerrufsrecht verliere.
Unmittelbar darauf erhielten die Kläger eine entsprechende Bestätigung der Abgabe dieser Erklärungen mit einem Link zum vollständigen Web-Exposé (Anl. B4). Diesen Link betätigten die Kläger, um sich das Exposé (Anl. K1) anzeigen zu lassen.
10Da die Kläger weiterhin Interesse am Kauf der Immobilie hatten, nahmen sie am Folgetag, dem 31.01.2020, Kontakt zum Prokuristen der K Herrn W. J. auf, der das Objekt betreute. Sie vereinbarten einen Besichtigungstermin für den 07.02.2020, der wie geplant stattfand. Die Kläger erklärten noch am selben Tag per E-Mail, dass sie an der Wohnung sehr interessiert seien und die nächsten Schritte gerne schnellstmöglich besprechen würden.
11In den folgenden Tagen kam es zum Austausch weiterer E-Mails und zu Telefonaten, in denen diverse Fragen der Kläger zum Objekt und wesentliche Aspekte der Vertragsgestaltung geklärt wurden.
12Am 18.02.2020 teilten die Kläger mit, dass sie bereit seien, die Wohnung zu einem Kaufpreis von 465.000,00 € – mithin 15.000,00 € weniger, als ursprünglich im Inserat als Verkaufspreis angegeben – zu erwerben. Herr J. leitete das Kaufpreisangebot an die Verkäufer weiter, die mit dem etwas geringeren Kaufpreis einverstanden waren.
13Mit E-Mail vom 21.02.2020 wurde den Klägern seitens der K eine „Courtagevereinbarung mit Interessenten und Auftrag für Notartermin für Kauf“ (Anl. B8) übermittelt, in der auch die Namen und die Anschrift der Eigentümer offenbart wurden. Der Kaufpreis für das Objekt wurde mit 465.000,00 € und die zu zahlende Maklerprovision mit 5,95 % inklusive Mehrwertsteuer ausgewiesen. Unter der Courtagevereinbarung waren freie Felder zum Zwecke der Unterzeichnung beider Seiten.
14Mit E-Mail vom 24.02.2020 übersandte Herr J. an die Kläger per Mail einen Entwurf des notariellen Kaufvertrags (Anl. B11).
15Nachdem sich die Kläger kurz darauf mit Herrn J. telefonisch auf eine Reduzierung der Maklercourtage um 500,00 € verständigt hatten, wurde den Klägern am 26.02.2020 per E-Mail eine geänderte „Courtagevereinbarung mit Interessenten und Auftrag für Notartermin für Kauf“ zugesandt, die nun anstelle einer Courtage von 5,95 % (27.667,50 €) eine Courtage von 27.167,50 € vorsah. Der E-Mail war wiederum eine Verbraucherinformation mitsamt Widerrufsbelehrung beigefügt.
16Die Courtagevereinbarung mit der zuletzt vereinbarten Provision wurde von den Klägern und Herrn J. im Notartermin am 28.02.2020 unterzeichnet.
17Der notarielle Kaufvertrag enthält unter § 13 eine Maklerklausel, in welcher es heißt, dass der Vertrag durch Vermittlung der Beklagten zustande gekommen sei und der Erwerber und der Makler eine Provision i.H.v. 27.167,50 € inklusive Mehrwertsteuer vereinbart hätten, was zu Beweiszwecken festgehalten werde.
18Nach Beurkundung des notariellen Kaufvertrags am 28.02.2020 stellte die Beklagte die Courtage i.H.v. 27.167,50 € in Rechnung. Die Rechnung wurde am 15.03.2020 durch die Kläger ausgeglichen.
19Am 21.01.2021 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten per E-Mail – über ein Faxgerät verfügten die Kläger nicht – den Widerruf des Maklerauftrags vom 30.01.2020 und forderten die Beklagte auf, die bereits bezahlte Maklercourtage innerhalb von 14 Tagen an sie zurückzuzahlen (Anl. K3).
20Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass ihr erklärter Widerruf wirksam, insbesondere fristgerecht erfolgt sei. Da sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien, habe die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen.
21Ein Verbraucher sei grundsätzlich so zu belehren, dass er nicht an der Ausübung des Widerrufsrechts gehindert bzw. die Ausübung erschwert werde. Hier seien die Kläger bereits im Unklaren gelassen worden, mit wem der Maklervertrag zustande komme.
22Die Widerrufsbelehrung vom 30.01.2020, die entscheidend sei, genüge weder den inhaltlichen Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB noch könne die Beklagte sich auf eine Gesetzlichkeitsfiktion berufen, weil sie das Muster in der Anlage 1 zum EGBGB nicht ordnungsgemäß verwendet habe.
23Die Beklagte habe schon redaktionelle Veränderungen vorgenommen und das Muster-Widerrufsformular quasi in die Muster-Widerrufsbelehrung eingefügt, so dass bei Verbrauchern der Eindruck entstehe, dass auch das Muster-Widerrufsformular Gegenstand der Widerrufsbelehrung sei. Darüber hinaus habe die Beklagte entgegen der gesetzlichen Vorgaben in der Muster-Widerrufsbelehrung ihre Telefaxnummer nicht angegeben, obwohl sie eine solche für den Kontakt mit Verbrauchern vorhalte. Die Einfügung des Gestaltungshinweises [6] sei fehlerhaft, da die Beklagte entgegen des Musters von Dienstleistung anstelle von Dienstleistungen spreche.
24Auch das Muster-Widerrufsformular sei von der Beklagten unter dem ersten Spiegelstrich nicht ordnungsgemäß ausgefüllt worden. Die Beklagte hätte auch hier ihre Telefaxnummer angeben müssen. Die Angabe ihrer Telefonnummer dagegen sei verfehlt.
25Zudem hätte die Beklagte den Klägern sowohl die Widerrufsbelehrung als auch das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zum EGBGB auf einem dauerhaften Datenträger aushändigen müssen.
26Das Widerrufsrecht sei auch nicht nach § 356 Abs. 4 BGB erloschen. Erforderlich sei nämlich, die Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger und „in vollständiger Übereinstimmung mit dem Muster-Widerrufsformular des Art. 246 a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB in Verbindung mit der Anlage 2“ zur Verfügung zu stellen. Dies sei – wie ausgeführt – nicht der Fall. Es fehle auch an einem Hinweis für den Verbraucher, dass ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nur in Betracht komme, wenn die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Dadurch würde wiederum die gesamte Widerrufsbelehrung fehlerhaft.
27Schließlich sei es jedenfalls dadurch, dass die Kläger hier unterschiedliche Widerrufsbelehrungen erhalten hätten, zu einer Verunsicherung im Hinblick auf das Widerrufsrecht, konkret hinsichtlich des Fristbeginns, gekommen.
28Sie haben beantragt,
2930die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Mitgläubiger einen Betrag von 27.167,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.03.2020 zu zahlen sowie die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.842,50 € freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
3132die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Widerruf, der sich ausdrücklich auf den Maklervertrag vom 30.01.2020 beziehe, ins Leere gehe. Denn dieser Maklervertrag sei im Ergebnis nicht zum Tragen gekommen. Entscheidend sei vielmehr die Courtagevereinbarung vom 28.02.2020, die den Maklervertrag vom 30.01.2020 modifiziert bzw. ersetzt habe. Ausschließlich diese Courtagevereinbarung stelle die Grundlage für die Maklercourtage dar. Ein Widerruf, der sich hierauf beziehe, sei von den Klägern aber nicht erklärt worden.
33Für die Courtagevereinbarung vom 28.02.2020 habe außerdem ohnehin kein Widerrufsrecht bestanden, weil es sich weder um einen Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312c BGB noch um ein Außerhausgeschäft im Sinne des § 312b BGB gehandelt habe.
34lm Übrigen sei die Widerrufsbelehrung zum Maklervertrag vom 30.01.2020 aber auch ordnungsgemäß gewesen. Eine etwaig fehlende Angabe einer Telefaxnummer sei unschädlich, da diese nur „gegebenenfalls" anzugeben sei.
35Schließlich hat die Beklagte sich auf Rechtsmissbrauch und Verwirkung berufen.
36Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Widerruf zu spät erfolgt sei. Schon die Widerrufsbelehrung vom 30.01.2020 sei zutreffend erfolgt. Im Übrigen hätten die Parteien, nachdem sie sich auf die Reduzierung des Maklerhonorars geeinigt hätten, das Vertragsverhältnis am 28.02.2020 „auf neue Füße" gestellt. Die sodann erteilte Widerrufsbelehrung enthalte auch die Faxnummer und sei daher (ebenso) korrekt.
37Mit der Berufung verfolgen die Kläger den geltend gemachten Anspruch weiter.
38Sie rügen, dass das Landgericht es im Ergebnis offengelassen habe, ob die ursprüngliche Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß erfolgt sei oder nicht. Denn diese Widerrufsbelehrung sei maßgeblich. Die Annahme des Gerichts, dass nach dem ursprünglichen Vertragsschluss am 30.01.2020 noch ein neuer Maklervertrag geschlossen worden sei, sei fehlerhaft. Die weitere am Tag des Notartermins unterzeichnete Vereinbarung habe zweifelsohne nur deklaratorischen Charakter gehabt.
39Im Hinblick auf die angenommene Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Widerrufsbelehrung vom 30.01.2020 wiederholen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
40Sie beantragen,
4145unter Abänderung des vorgenannten Urteils, die Beklagte zu verurteilen,
42
- 1. 43
an sie als Mitgläubiger einen Betrag von 27.167,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.03.2020 zu zahlen,
- 2. 44
sie von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.842,50 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
4647die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
48Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Der Kläger ist im Termin am 26.01.2023 persönlich angehört worden.
49B.
50Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.
51I.
52Den Klägern steht kein Anspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage i. H. v. 27.167,50 € gemäß §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB zu, wonach im Falle des Widerrufs die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren sind. Denn das den Klägern nach § 312g Abs. 1 BGB zustehende Widerrufsrecht war gemäß § 356 Abs. 4 S. 1 BGB in der bis zum 27.05.2022 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) zum Zeitpunkt der Ausübung erloschen.
531.
54Zwar stand den Klägern aufgrund des am 30.01.2020 mit der Beklagten konkludent zustande gekommenen Maklervertrages ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu. Nach dieser Vorschrift besteht ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen.
55Die Vorschrift des § 312g Abs. 1 BGB findet nach § 312 Abs. 1 BGB auf Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher Anwendung, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden (§ 312c Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
56Zwischen den Parteien ist am 30.01.2020 ein Maklervertrag zustande gekommen, der mit E-Mails angebahnt und letztlich auch geschlossen wurde und zwar von den Klägern als Verbraucher und von der Beklagten als Unternehmerin.
57Nach ihrer ersten Interessensbekundung und der daraufhin an sie seitens der K versandten E-Mail (Anl. B2), in der sich noch einmal eine Kurzübersicht über das Objekt mit Nennung des Kaufpreises und der anfallenden Käuferprovision befand, haben die Kläger in Kenntnis des Provisionsverlangens darum gebeten, dass ihnen das vollständige Objektangebot zur Verfügung gestellt wird. Hierdurch haben sie der Beklagten ein entsprechendes Vertragsangebot auf Abschluss eines Maklervertrages unterbreitet. Dass das Angebot an die Beklagte gerichtet war, durfte diese, vertreten durch die K, auch so verstehen. Denn den Klägern waren noch vor Abgabe ihrer Willenserklärung mit der ersten E-Mail der K verschiedene Dokumente zugänglich gemacht worden, aus denen sich die Person des Vertragspartners hinreichend deutlich ergab. Durch die anschließende Übersendung des Links für das vollständige Web-Exposé hat die Beklagte, aufgrund der Umstände erkennbar vertreten durch die K, das Angebot auf Abschluss des Maklervertrags angenommen.
58Auf Grundlage dieses - später lediglich hinsichtlich der Höhe der Maklercourtage modifizierten - Maklervertrags zahlten die Kläger, nachdem die Beklagte ihnen das Objekt nachgewiesen hatte und es zum Abschluss des notariellen Kaufvertrags gekommen war, am 15.03.2020 die Maklercourtage.
592.
60Der Maklervertrag vom 30.01.2020 ist jedoch nicht wirksam widerrufen worden.
61Das Widerrufsrecht der Kläger war zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs gemäß § 356 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BGB a.F. erloschen.
62Ein Erlöschen nach § 356 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BGB a.F. setzt voraus, dass die Beklagte ihre (Dienst-)Leistung vollständig erbracht und der Verbraucher vor Beginn der Erbringung ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, sowie seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt. Zudem ist erforderlich, dass der Verbraucher - zuvor - eine formell ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nebst Muster-Widerrufsformular erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.2020 - I ZR 169/19, NJW-RR 2021, 177 Rn. 58 ff.).
63Diese Voraussetzungen liegen vor.
64a)
65Die Beklagte hat ihre Dienstleistung in Form der Nachweisleistung spätestens mit der Preisgabe der Namen der Verkäufer vollständig erbracht.
66b)
67Die von den Klägern betätigte Schaltfläche beinhaltete die betreffende Zustimmung der Kläger und die Bestätigung ihrer Kenntnis vom Verlust des Widerrufsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung. Dass der „Unternehmer“ in dem betreffenden Text nicht namentlich genannt, sondern durch das Pronomen „Sie“ ersetzt war, ist unschädlich. § 356 Abs. 4 S. 1 BGB a.F. sieht keine bestimmten formellen Anforderungen im Hinblick auf den Begriff „Unternehmer“ vor. Durch die Verbraucherinformation war ausreichend verdeutlicht, dass die Beklagte die Maklerdienste erbringen werde. Die Beachtung besonderer Formvorschriften (Zustimmung auf dauerhaftem Datenträger) ist gemäß § 356 Abs. 4 Nr. 2b) BGB a.F. nur bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen im Sinne von § 312b BGB erforderlich.
68c)
69Weiter hatten die Kläger zuvor eine formell ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nebst Muster-Widerrufsformular erhalten. Die den Klägern im Anhang der E-Mail zur Verfügung gestellten Informationen genügten den gesetzlichen Vorgaben.
70Die von den Klägern gerügten Umstände führen nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung bzw. des Muster-Widerrufsformulars. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung wird Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB a.F., wonach der Unternehmer verpflichtet ist, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zu informieren, gerecht.
71aa) Die Beklagte kann sich jedoch nicht auf eine nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB vom Gesetzgeber vorgesehene Privilegierungswirkung einer zutreffend ausgefüllten und übermittelten Muster-Widerrufsbelehrung berufen, weil sie das in der Anlage 1 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB a.F. vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung nicht zutreffend ausgefüllt an die Kläger übermittelt hat. Für eine Privilegierung nach Abs. 2 S. 2 ist erforderlich, dass der Unternehmer das Muster exakt übernimmt und richtig ausfüllt (BGH, Urt. v. 28.06.2011 − XI ZR 349/10, NJW-RR 2012, 183, beck-online). Das Belehrungsmuster darf nicht verändert werden und ist entsprechend den Gestaltungshinweisen auszufüllen.
72Die damals geltende Muster-Widerrufsbelehrung enthielt folgenden Hinweis:
7374Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns [2] mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail)) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.
In den Gestaltungshinweisen heißt es in der damals geltenden Fassung zu [2]:
7576Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein.
Die Beklagte hat hier den Gestaltungshinweis [2] nicht ordnungsgemäß ausgefüllt, indem sie keine Telefaxnummer angegeben hat.
77Zwar hat die Beklagte im Vorfeld des Vertragsschlusses, namentlich in der ebenfalls am 30.01.2020 übersandten Verbraucherinformation unter Ziff. 2 („Identität des Unternehmers“), den Klägern gegenüber keine Faxnummer als Kontaktmöglichkeit genannt. Jedoch verfügte sie unstreitig über einen geschäftlich - auch für den Kontakt mit Verbrauchern - genutzten Telefaxanschluss und nannte die Telefaxnummer jedenfalls in den kurze Zeit später an die Kläger übersandten Verbraucherinformationen.
78bb) Gleichwohl sind die Kläger entsprechend den Vorgaben in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. ordnungsgemäß über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 informiert worden.
79(1) Trotz Nichtangabe der Telefaxnummer in der Widerrufsbelehrung hat die Beklagte ordnungsgemäß über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informiert.
80Eine Irreführung des Verbrauchers dahingehend, dass ein sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht unzutreffender Eindruck erweckt werden könnte, der Widerruf könne der Beklagten gegenüber nicht per Telefax erklärt werden, ist ausgeschlossen, da in dem gleichem Satz ausdrücklich darüber informiert wird, dass eine Widerrufserklärung auch per Telefax erfolgen kann. Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher wird die Nichtangabe einer Telefaxnummer jedenfalls nicht dahingehend deuten, dass entgegen der ausdrücklichen Information doch kein Widerruf per Fax erfolgen könne.
81Der Senat vermag auch keine relevante Benachteiligung zu erkennen. Denn durch die Angabe der E-Mail-Adresse wird dem Verbraucher ein gleich schneller und ebenso effektiver Weg zur Ausübung des Widerrufsrechts aufgezeigt, der - auch wenn die Bedeutung des Telefaxes nicht grundlegend in Frage gestellt werden soll - angesichts der zunehmenden Digitalisierung für den Durchschnittsverbraucher die mit Abstand praktikabelste Kommunikationsmöglichkeit darstellt.
82Eine Pflicht des Unternehmers, als Teil seiner Kontaktinformation gegenüber Verbrauchern auch eine Telefaxnummer anzugeben, ist in der seit dem 28.05.2022 geltenden Neufassung der Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB auch nicht mehr vorgesehen. Zwar ist die Muster-Widerrufsbelehrung erst zum 28.05.2022, also nach dem hier streitgegenständlichen Vertragsschluss, geändert worden. Sie beruht aber auf der bereits am 07.01.2020 in Kraft getretenen Richtlinie 2019/2161/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.11.2019 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union, die das bisherige Muster der Widerrufsbelehrung dahingehend verändert hat, dass die Angabe einer E-Mail-Adresse verpflichtend und die Angabe der Telefaxnummer gestrichen wurde. Damit hat der europäische Gesetzgeber bereits zum Zeitpunkt des hiesigen Vertragsschlusses die Angabe einer Faxnummer nicht mehr als wesentlich eingestuft und verdeutlicht, dass ihm die Angabe einer Faxnummer neben der E-Mail-Adresse nicht mehr erforderlich erschien, um einen effektiven Verbraucherschutz zu gewährleisten.
83Auch die Kläger, die über kein Faxgerät verfügten, haben den Widerruf auf dem für sie einfachsten Weg per E-Mail erklärt.
84(2) Der Beginn der Widerrufsfrist ist in der Widerrufsbelehrung mit „ab dem Tag des Vertragsschlusses“ hinreichend genau bezeichnet.
85Denn auch die Muster-Widerrufsbelehrung sah und sieht noch immer genau diese Formulierung im Gestaltungshinweis [1] vor. Der Unternehmer muss nicht exakter belehren als der Gesetzgeber. Auch die von Klägerseite zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 27.04.1994 - VIII ZR 223/93, NJW 1994, 1800, beck-online) steht nicht entgegen; in dieser Entscheidung ging es um die dort gerügte Formulierung „ab heute“.
86(3) Der Umstand, dass Widerrufsrecht und Muster-Widerrufsformular innerhalb eines Rahmens dargestellt sind, führt ebenso nicht zu deiner Widerrufsmöglichkeit für die Kläger.
87Zwar sind nach den Anlagen 1 und 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB a.F. beide Dokumente von je einem eigenen Kasten umrahmt. Durch die Verwendung einer einheitlichen Umrahmung tritt jedoch keine erkennbare Erschwerung der Ausübung der Verbraucherrechte ein. Das gilt auch insofern, als lediglich die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ (drucktechnisch) zentriert ist, nicht hingegen auch die Überschrift „Muster-Widerrufsformular“. Es mag sich um einen gestalterischen Missgriff handeln, der jedoch die Verständlichkeit weder der Widerrufsbelehrung noch des Muster-Widerrufsformulars berührt oder gar einschränkt. Aufgrund der optischen Zäsur durch die fett gedruckte Überschrift „Muster-Widerrufsformular“ wird für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher verdeutlicht, dass an dieser Stelle das zuvor in der Belehrung erwähnte Formular beginnt.
88Im Übrigen sind die in den Anlagen 1 und 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB a.F. vorhandenen Rahmen selbst im Text der Richtlinie (nebst den dort aufgeführten Anhängen), wie er veröffentlicht ist, nicht vorhanden (siehe eur-lex.europa.eu zu L 304/64 Amtsblatt der Europäischen Union vom 22.11.2011 betr. die RICHTLINIE 2011/83/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates).
89(4) Der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte bei Ausfüllen des Gestaltungshinweises [6] unter „Folgen des Widerrufs“ anstelle von „Dienstleistungen“ im Singular formuliert hat und daher von „Dienstleistung“ die Rede ist. Es handelt sich um die Verkürzung eines Wortes ohne jegliche sinntragende oder inhaltliche Auswirkung bzw. Veränderung des Gehalts der Widerrufsbelehrung sowie ohne jeden Einfluss auf den Informationsinhalt.
90(5) Das Muster-Widerrufsformular war der Widerrufsbelehrung beigefügt und wurde den Klägern ebenfalls übersandt.
91Zwar dürfte die Beklagte das damals geltende Muster-Widerrufsformular ebenso nicht korrekt ausgefüllt haben, weil die Beklagte auch hier nicht ihre verfügbare Telefaxnummer angegeben hat, obwohl es unter dem ersten Spiegelstrich in dem Muster-Widerrufsformular heißt:
9293An [hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Telefaxnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]:
Das in Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB zur Verfügung gestellte Muster ist allerdings ebenso wie die Muster-Widerrufsbelehrung auf Grundlage der am 07.01.2020 in Kraft getretenen Richtlinie 2019/2161/EU dahingehend verändert worden, dass die Angabe einer E-Mail-Adresse verpflichtend und die Angabe der Telefaxnummer gestrichen wurde. Insoweit kann auf die oben dargelegte Argumentation verwiesen werden.
94Der Senat vermag zudem in der Rechtsfolge eine fehlende Telefaxnummer in einem Widerrufsformular, das ohne Weiteres von einem Verbraucher verwendet werden kann, nicht einem in Gänze nicht übersandten und dem Verbraucher daher nicht zur Verfügung stehenden Muster-Widerrufsformular gleichzustellen.
95Bei formeller Betrachtung entspricht das hier übersandte Widerrufsformular auch deshalb nicht dem Muster, weil unter dem ersten Spiegelstrich eine Telefonnummer angegeben ist, deren Angabe das Muster in den Ausfüllungshinweisen nicht vorsieht.. Eine Irreführung des Verbrauchers ist gleichwohl ausgeschlossen. Denn ein für die Beurteilung einer Irreführung maßgeblicher Durchschnittsverbraucher wird gemäß den Grundsätzen der Denklogik nicht davon ausgehen, dass das Muster-Widerrufsformular per Telefon an den Unternehmer übermittelt werden kann, zumal – entsprechend dem Muster – eine Rücksendung des Formulars verlangt wird („Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück.“).cc) Die Beklagte hat auch den formalen Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflichten (Art. 246a § 4 EGBGB a.F.) genügt.
96Entgegen der Auffassung der Kläger musste die Beklagte den Klägern die Informationen nicht auf Papier oder einem dauerhaften Datenträger aushändigen. Die von den Klägern mehrfach zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 26.11.2020 - I ZR 169/19, NJW-RR 2021, 177 Rn. 34, beck-online) betraf einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag. Nur bei einem solchen muss der Unternehmer gemäß Art. 246a § 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.F. die Informationen auf Papier oder, wenn der Verbraucher zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Für Fernabsatzverträge stellt Abs. 3 grundsätzlich andere formale Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflichten. Hiernach muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung stellen. Dies ist vorliegend geschehen, indem den Klägern auf elektronischem Wege die erforderlichen Informationen einschließlich der Widerrufsbelehrung und dem Muster-Widerrufsformular in Form eines PDF-Dokuments per E-Mail übersandt wurden.
97cc) Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sich in einem gesonderten Rahmen unterhalb der Widerrufsbelehrung der – wie die Kläger meinen – unvollständige Hinweis zum Erlöschen des Widerrufsrechts befindet.
98Zum einen tangiert der klar abgegrenzte Hinweis nicht die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung im engeren Sinne, da es sich hier entgegen der Auffassung der Kläger erkennbar nicht um eine Ergänzung dieser Belehrung handelt. Zum anderen folgt der Senat auch nicht der Auffassung der Kläger, der Hinweis zum vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts sei für sich genommen missverständlich, weil es an einem Hinweis darauf fehle, dass das vorzeitige Erlöschen nur in Betracht komme, wenn die Widerrufsbelehrung auch gesetzeskonform sei. Zwar hat der Unternehmer den Verbraucher grundsätzlich auch darüber zu informieren, unter welchen Umständen ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verloren geht (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB a.F.). Von der Erfüllung dieser Verpflichtung hängt aber jedenfalls nicht das Ingangsetzen der Widerrufsfrist ab, denn in § 356 Abs. 3 S. 1 BGB ist diese Verpflichtung nicht genannt. Abgesehen davon ist die Frage, ob der Verlust des Widerrufsrechts gem. § 356 Abs. 4 S. 1 BGB a.F. von einer vorherigen richtigen Belehrung abhängt, auch erst durch das Urteil des BGH vom 26.11.2020 entschieden worden.
99d)
100Schließlich führt auch nicht die den Klägern etwa vier Wochen nach Vertragsschluss am 26.02.2020 mit der die herabgesetzte Courtage berücksichtigenden Courtagevereinbarung per E-Mail übersandte weitere Widerrufsbelehrung dazu, dass die Kläger den Maklervertrag vom 30.01.2020 widerrufen konnten.
101Zum einen kann das einmal erloschene Widerrufsrecht hierdurch nicht wieder aufleben; die unter dem 30.01.2020 erteilte Widerrufsbelehrung war ordnungsgemäß.
102Zum anderen ist aber auch im Nachhinein für die Kläger keine Irreführung durch die zweite Belehrung eingetreten. Insbesondere hat die Widerrufsbelehrung nicht zu Irritationen im Hinblick auf den Beginn der Widerrufsfrist geführt.
103Zwar heißt es auch in der weiteren den Klägern per E-Mail übersandten Widerrufsbelehrung, dass die Widerrufsfrist vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsschlusses betrage. Für die Kläger stand jedoch niemals in Frage, dass sie bereits vier Wochen vorher, am 30.01.2020, einen Vertrag mit der Beklagten geschlossen hatten. Hiervon gingen sie sowohl im Januar/Februar 2020 als auch ein Jahr später zum Zeitpunkt des Widerrufs aus. Die schriftliche Courtagevereinbarung, die sie am 28.02.2020 unterzeichneten, verstanden sie – bestärkt durch die entsprechende Äußerung des Herrn J. – als Formalie im Hinblick auf den bereits am 30.01.2020 geschlossenen Maklervertrag und jedenfalls nicht als Abschluss eines neuen Maklervertrags, nachdem die Beklagte die Nachweisleistung bereits erbracht hatte und auch die Beauftragung des Notars bereits erfolgt war. Der am 28.02.2020 unterschriebenen Vereinbarung und der zuvor per Mail übersandten Widerrufsbelehrung haben die Kläger richtigerweise keine Bedeutung beigemessen. Dies zeigt zum einen die Formulierung der Widerrufserklärung der Kläger, mit der sie den „Maklervertrag vom 30.01.2020“ widerrufen haben. Zum anderen hat der Kläger dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ebenso erläutert wie vor der Kammer (vgl. Bl. 83 f. der Papierakte).
104Die seitens der Kläger angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.05.2021 (Urt. v. 20.05.2021, III ZR 126/19, BeckRS 2021, 17221 Rn. 15, beck-online) betrifft im Übrigen den Fall, dass eine weitere – formal oder inhaltlich nicht ordnungsgemäße – Belehrung in den Vertragsbedingungen selbst vorhanden ist, die den Verbraucher von einer rechtzeitigen Ausübung seines Widerrufsrechts abhält.
105II.
106Mangels der Existenz eines Rückzahlungsanspruchs bestehen auch keine Ansprüche auf die geltend gemachten Nebenforderungen in Gestalt von Zinsen und der Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
107III.
108Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
109Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Der Fall hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung verlangen nicht eine Befassung des Bundesgerichtshofs, § 543 Abs. 2 ZPO.