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Zum Ausschluss für „Gebrauch eines Kraftfahrzeugs“ in einer Betriebshaftpflichtversicherung: Der Ausschluss erfasst auch das Pumpen von Splitt mittels der Motorkraft des versicherten (Silo-)Lkws. Es kommt an auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, wobei Ausschlussklauseln im Zweifel eng auszulegen. Der Begriff des „Gebrauchs“ geht – gleichwohl – weiter als der des Betriebs gemäß § 7 Abs. 1 StVG.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Streithelferin der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
G r ü n d e:
2I.
3Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die – von der Streithelferin der Klägerin (dem von der Klägerin in Anspruch genommenen Kraftfahrthaftpflichtversicherer) geführte – Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
4Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der entstandene Schaden ist – (auch) im Sinne der hier geltenden Ausschlussklausel – beim Gebrauch eines Kraftfahrzeugs entstanden und daher in der bei der Beklagten genommenen Betriebshaftpflichtversicherung nicht versichert.
5Die in den Versicherungsvertrag einbezogenen Besonderen Bedingungen zur Betriebs- und Berufs-Haftpflichtversicherung für das Bauhauptgewerbe/Baunebengewerbe lauten auszugsweise:
61. Versichertes Risiko
7Versichert ist auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und der folgenden Vereinbarungen die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers aus dem im Versicherungsschein angegebenen Betrieb bzw. Beruf.
84.9 Kraftfahrzeuge und Anhänger (nicht zulassungs- und nicht versicherungspflichtig)
9Mitversichert ist - abweichend von Ziff. 5.4 - die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus dem Halten und/oder Gebrauch von nicht zulassungs- und nicht versicherungspflichtigen Fahrzeugen innerhalb und außerhalb des Betriebsgeländes des Versicherungsnehmers, einschließlich
10- Kraftfahrzeugen aller Art mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h,
11- Hub- und Gabelstaplern mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h,
12- selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h,
13- Anhänger.
14Mitversichert ist auch das Befahren öffentlicher Wege, wenn dem kein behördliches Verbot entgegensteht.
15(…)
165.4 Kraft- und Wasserfahrzeuge
175.4.1 Nicht versichert ist die Haftpflicht
18- wegen Schäden, die der Versicherungsnehmer, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder Kraftfahrzeuganhängers verursachen (siehe jedoch Ziff. 4.9);
19- (…)“
20Der Schaden ist nach den – insoweit zu Recht nicht angegriffenen – Feststellungen des Landgerichts dadurch entstanden, dass von einem für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassenen und, wie gesagt, bei der Streithelferin der Klägerin kraftfahrthaftpflichtversicherten Silo-LKW Splitt mittels der Motorkraft des Fahrzeugs und der auf dem Fahrzeug vorhandenen Vorrichtungen durch eine Schlauchleitung auf das obere Hochdeck eines Parkhauses gepumpt wurde, auf dem die Klägerin auftragsgemäß ein Steinpflaster verlegen sollte. Wegen einer versehentlich am Ende der Schlauchleitung nicht angeschlossenen Wasserzufuhr kam es zu der schadenstiftenden Staubentwicklung.
21Ein so entstandener Schaden ist gemäß Ziffer 5.4.1 1. Spiegelstrich der zitierten Besonderen Versicherungsbedingungen vom Versicherungsschutz ausgenommen. Denn er ist, was das Landgericht zu Recht angenommen hat, – auch im Sinne der hier geltenden Ausschlussklausel – durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht worden.
22Die Klausel ist nach der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen, der andere Bedingungen (hier einer Kraftfahrthaftpflichtversicherung) nicht zu kennen braucht. Ausschlüsse dürfen ohne hinreichende Klarstellung den Versicherungsschutz nicht einschränken; deshalb wird hier ein „Gebrauch“ im Sinne der Ausschlussklausel nur anzunehmen sein, wenn erstens nach der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers Gebrauch vorliegt, wobei die Ausschlussklausel eher eng auszulegen ist, und zweitens der Schadensfall mit üblichen Kraftfahrthaftpflicht-Versicherungen zu decken ist.
23Beide Voraussetzungen sind indes erfüllt.
24Der Begriff des Gebrauchs eines Kfz schließt den Betrieb ein, geht darüber aber auch hinaus. Gebraucht werden kann ein Kraftfahrzeug auch dann, wenn es als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2015 – VI ZR 139/15, BGHZ 208, 140, Rn. 22 – zur Kraftfahrthaftpflichtversicherung: „‘Gebraucht‘ wird ein Kraftfahrzeug auch dann, wenn es nur als Arbeitsmaschine eingesetzt wird“). Jedenfalls der Entladevorgang, auch soweit er nicht mehr dem „Betrieb“ des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist, gehört zu dessen Gebrauch, solange das Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen dabei beteiligt sind (ebd., Rn. 22 – Gebrauch bejaht für Entladen von Heizöl; vgl. auch bereits Urteil vom 26. Juni 1979 – VI ZR 122/78 –, BGHZ 75, 45-49, Rn. 34).
25Es muss sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1993 – IV ZR 243/92 – VersR 1994, 83 unter 3 a, wiederum zur Kraftfahrthaftpflichtversicherung, defekte Spritzanlage an Traktor, Gebrauch verneint). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber beim Gebrauch vom Fahrzeug selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Ausschlussklausel dann und nur dann eröffnet sein soll, wenn sich ein Gebrauchsrisiko gerade des Kraftfahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 – IV ZR 120/05 –, BGHZ 170, 182-187, Rn. 9 – Deckung aus Privathaftpflichtversicherung bejaht, Heizlüfter; vgl. auch Senat, Urteil vom 2. Oktober 2015 – 20 U 139/14 –, Rn. 54, juris – Deckung aus Privathaftpflichtversicherung bejaht, Schweißgerät). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, und zwar auch bei einem – zugunsten des Versicherungsnehmers – engen Verständnis der Ausschlussklausel.
26Im Streitfall kommt es entgegen der mit der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht der Klägerin nicht darauf an, ob das schadenstiftende Ereignis dem „Betrieb“ des Fahrzeugs zuzuordnen ist.
27Die Klausel in Ziffer 5.4.1 der Besonderen Versicherungsbedingungen stellt nicht auf den Betrieb gemäß § 7 Abs. 1 StVG, sondern auf den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ab. Und zum Gebrauch des Silo-Fahrzeugs gehört jedenfalls auch dessen Entladung, und zwar selbst dann, wenn diese nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Standort des Fahrzeugs erfolgt, sondern die Ladung über ein Schlauchsystem durch die am Fahrzeug hierfür vorgehaltenen Einrichtungen über einige Entfernung zum Bestimmungsort befördert wird. Denn der Kläger bediente sich des Fahrzeugs gerade deshalb, weil hiermit der Splitt zur Baustelle und dann – freilich auch – vom Standort des Fahrzeugs über eine gewisse Entfernung und unter Überwindung einer gewissen Höhe an die Stelle gebracht werden konnte, an der das Material benötigt wurde. Das Fahrzeug wurde daher bestimmungsgemäß zum Transport im öffentlichen Verkehrsraum und dann als Arbeitsmaschine auch zur Beförderung im Bereich der Baustelle genutzt, an dem der Splitt verbaut werden sollte. Die dafür erforderlichen technischen Möglichkeiten bot das Silo-Fahrzeug selbst durch mitgeführte Einrichtungsgegenstände.
28Dies ist Gebrauch auch im Sinne der üblichen Klauseln der Kraftfahrhaftpflichtversicherung. Das von der Berufung zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.09.2021 (VI ZR 726/20) befasst sich demgegenüber nur mit der Frage nach Betrieb im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG (im Übrigen steht im dortigen Streitfall nicht ein Entladen in Rede, sondern die Nutzung eines Traktors mit Kreiselmäher). Die Kraftfahrhaftpflichtversicherung geht aber, indem sie auf den Gebrauch abstellt, darüber hinaus (vgl. nur Klimke, in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, 350 AKB 1.1 Rn. 7 ff. m.w.N.) und erfasst jedenfalls ein Entladen.
29Gegen den Eintritt eines Schadens durch den Gebrauch des Fahrzeugs kann auch nicht mit Erfolg eingewendet werden, dass die übermäßige und schadenstiftende Staubentwicklung dadurch eintrat, dass versäumt wurde, an die vorstehend beschriebenen Einrichtungen des Silo-Fahrzeugs eine (externe) Wasserquelle zur Reduzierung der Staubentwicklung anzuschließen. Denn der Schaden ist nicht eingetreten durch eine Realisierung der Gefahr, die von dem (fehlenden) Wasseranschluss ausging. Realisiert hat sich die Gefahr einer übermäßigen Staubentwicklung durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Silo-Fahrzeugs einschließlich seiner verbauten Einrichtungen, die durch den Wasseranschluss vermindert werden sollte.
30Um ein in Ziffer 4.9 der Besonderen Bedingungen genanntes Fahrzeug, dessen Gebrauch abweichend von Ziffer 5.4.1 versichert wäre, handelt es sich bei dem Silo-Fahrzeug erkennbar nicht.
31II.
32Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.
33Auf diesen Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.