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Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.01.2023 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Beklagte.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Soweit die Beklagte zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann sie die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 27.000,00 € abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Wert des Streitgegenstands wird für die Berufung endgültig auf 25.000,00 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Der Kläger, ein in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eingetragener Verein, nimmt die Beklagte, die u. a. Kochgeschirr produziert und vertreibt, wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung sowie auf Erstattung pauschalierter Kosten für eine von ihm ausgesprochene Abmahnung in Anspruch.
4Dem liegt zugrunde, dass die Beklagte die beschichtete Bratpfanne „Q.“ am 00.00.2023 in dem von ihr betriebenen Onlineshop insbesondere durch Verwendung des besonders hervorgehobenen Logos
5 6mit der Möglichkeit des Abschlusses einer 10jährigen Garantie bewarb, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass die Beschichtung der beworbenen Pfanne von der Garantie ausgenommen ist. Diese Information erfolgte erst bei Aufruf einer gesonderten Internetseite, die über einen mit dem Logo verbundenen Link verknüpft war und auf der die Garantiebedingungen im Einzelnen dargestellt wurden.
7Der Kläger, der hierin eine irreführende geschäftliche Handlung der Beklagten erblickt, hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
8es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, wie in der Anlage K1 wiedergegeben, für beschichtete Bratpfannen mit einer zehnjährigen Garantie zu werben, wenn die Garantie nicht für die Beschichtung des beworbenen Produkts gilt,
9an ihn 374,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat mit näheren Ausführungen die Ansicht vertreten, die Werbung sei in der vorliegenden Form nicht irreführend, da der angesprochene Verbraucher über den mit dem Garantie-Logo verknüpften Link zu den Garantiebedingungen gelange. Dies sei ausreichend, zumal der durchschnittlich informierte Verbraucher auch nicht damit rechne, dass eine beworbene Garantie – insbesondere für beschichtete Bratpfannen – zwangsläufig allumfassend sei.
13Das Landgericht hat die vom Kläger beanstandete Werbung hinsichtlich des Garantieumfangs als irreführend sowie die vom Kläger ausgesprochene Abmahnung als berechtigt angesehen und der Klage infolgedessen vollumfänglich stattgegeben.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der vom Landgericht gegebenen Begründung wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung ergänzend Bezug genommen.
15Mit der von ihr eingelegten Berufung beantragt die Beklagte im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags sowie näheren rechtlichen Ausführungen,
16das am 30.01.2024 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum abzuändern und die Klage abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags als zutreffend.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
21Der Senat hat die Beklagte mit dem ihrer Prozessbevollmächtigten am 08.07.2024 zugestellten Beschluss vom 04.07.2024 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege beabsichtigt ist. Hierauf hat die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.07.2024 Stellung genommen.
22II.
23Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.
24Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 04.07.2024 Bezug genommen. Die hierzu erfolgte Stellungnahme der Beklagten vom 19.07.2024 rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht, sondern gibt lediglich zu folgender ergänzenden Begründung Anlass:
251.
26Dass das streitgegenständliche Garantiesymbol im Rahmen der Verkaufsofferte zusammen mit neun weiteren Symbolen/Piktogrammen wiedergegeben wird, ändert nichts daran, dass es sich hierbei um eine blickfangmäßige Werbung handelt. Denn durch die Verwendung des Symbols wird die Möglichkeit des Abschlusses der 10jährigen Garantie – ebenso wie die durch die weiteren neun Piktogramme/Symbole beschriebenen Eigenschaften – im Rahmen der gesamten Verkaufsofferte im Vergleich zu den sonstigen Angaben von der Beklagten besonders herausgestellt, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erwecken.
272.
28Es verbleibt auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten weiter vorgetragenen Rechtsauffassungen dabei, dass der Blickfang irreführend ist. Denn er suggeriert dem durchschnittlich informierten und aufmerksamen sowie verständigen Verbraucher jedenfalls die Möglichkeit des Abschlusses – wenn nicht sogar das Bestehen (vgl. hierzu 3.) – einer umfassenden 10jährigen Garantie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verkaufsangebot der Beklagten vom durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher erwartungsgemäß nicht mit besonderer Sorgfalt studiert wird, weil es sich um ein gewöhnliches Kochwerkzeug handelt, dessen Erwerb aufgrund des Preises (99,99 €) nicht mit einer besonderen Investition verbunden ist. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von demjenigen, mit dem sich der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.12.2014 (I ZR 129/13 – Schlafzimmer komplett) auseinandergesetzt hat. Denn in dem seinerzeit vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war maßgeblich, dass sich die angesprochenen Verbraucher mit der streitgegenständlichen Werbung – anders als hier – erwartungsgemäß eingehend und nicht nur flüchtig auseinandersetzten, weil sie langlebige und kostspielige Güter zum Gegenstand hatte.
29Dass der vorgenannten Entscheidung insoweit Ausnahmecharakter zukommt und die Annahme, der Verbraucher werde die Einschränkung einer blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussage durch eine andere, nicht am Blickfang teilhabenden Aussage in der Werbung erkennen, nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt ist, hat der Bundesgerichtshof in seinem vom Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 04.07.2024 zitierten Urteil vom 15.10.2015 (I ZR 260/14 – All Net Flat) herausgestellt. Daher kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob sich der richtige Sinn der mit dem Garantiesymbol getroffenen Werbeaussage bei näherer Befassung der Werbung aus anderen, ihrerseits nicht blickfangmäßig hervortretenden Angaben entnehmen lässt.
30Wie der Senat ebenfalls bereits in dem Hinweis vom 04.07.2023 ausgeführt hat, liegt eine im Sinne des § 5 UWG relevante Irreführung – anders als die Beklagte meint – auch dann schon vor, wenn der Verkehr durch den missverständlichen Blickfang veranlasst wird, sich mit dem Angebot näher zu beschäftigen (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2000 - I ZR 254/97 – Computerwerbung, GRUR 2000, 911, beck-online; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.90).
313.
32Ohne, dass es nach den vom Senat bereits gemachten Ausführungen hierauf entscheidend ankommt, suggeriert das von der Beklagten verwendete Garantiesymbol dem von der Werbung angesprochenen, durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher nicht lediglich die Möglichkeit des Abschlusses einer uneingeschränkten – d. h. auch die Beschichtung umfassenden – Garantie. Vielmehr wird hierdurch der Eindruck hervorgerufen, dass die umfassende Garantie bereits in dem beworbenen Verkaufspreis von 99,99 € inkludiert ist. Dies folgt daraus, dass das Symbol einerseits aus der farblich und ihrer Größe nach besonders hervorgehobenen Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ und andererseits dem deutlich kleiner und farblich unscheinbarer gehaltenen Zusatz „jetzt aktivieren“ besteht. Da die vorliegende Werbung – wie der Senat bereits ausgeführt hat – auch vom verständigen Verbraucher nur flüchtig wahrgenommen wird, ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher, lediglich die in dem Symbol besonders hervorgehobene Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ zur Kenntnis nehmen und infolgedessen davon ausgehen, dass sie die Garantie zusammen mit der beworbenen Pfanne für den Preis von 99,99 € erwerben (können).
33Dass das Garantiesymbol durch einen Link mit einer weiteren Internetseite verknüpft ist, auf der über die näheren Bedingungen der beworbenen Garantie aufgeklärt wird, ändert hieran nichts. Es spricht nämlich nichts dafür, dass der Verbraucher die Angebotsseite mit seinem Cursor auf etwaige hinterlegte Links durchsucht, so dass es letztlich dem Zufall überlassen bleibt, ob der Link – und damit die weitergehenden Informationen zu der Garantie – von ihm „entdeckt“ werden.
34III.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.
36Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insbesondere sind die Voraussetzungen zulässiger blickfangmäßiger Werbung durch die vom Senat mit der vorliegenden Entscheidung zur Anwendung gebrachten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt.