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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21.02.2018 – Az. 23 O 489/16 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger ist Hubschrauberpilot im Rettungsdienst des B. Er unterhält bei der Beklagten eine private Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif TV42 mit einer Karenzzeit von 42 Tagen und einem Tagessatz von 147,82 €. Auf die zugrundeliegenden AVB (Anlage XXX 1, Bl. 63 ff. d. A.) und die Tarifbedingungen (Anlage XXX 2, Bl. 71 ff. d. A.) wird Bezug genommen. Neben der streitgegenständlichen Krankentagegeldversicherung verfügt der Kläger bei der C AG über eine Lizenzverlustversicherung (so genannte „M“-Versicherung bzw. M-Versicherung) mit einer auf Basis eines versicherten Kapitals ermittelten Monatsrente von 1.894,97 €, die eine Zusatzversicherung zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist (vgl. Versicherungsschein nebst AVB, Bl. 228 ff. d. A.). Die im Vertrag vereinbarte Fluguntauglichkeitsklausel enthält unter Ziffer 2. folgende Regelung (vgl. Bl. 262 d. A.):
4„Es gilt als vereinbart, dass Berufsunfähigkeit schon dann vorliegt, wenn gemäß Ziffer 3 festgestellt wird, dass der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich dauernd fluguntauglich für den Tauglichkeitsgrad 1 ist, oder eine zeitlich begrenzte Fluguntauglichkeit mit Nachprüfung in frühestens sechs Monaten attestiert wird.“
5Im August 2015 wurde der Kläger aufgrund einer Venenthrombose im Bereich des linken Beins arbeitsunfähig. Nach erfolgreicher Behandlung der Thrombose bestand das Luftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 13.01.2016 darauf, dass der Kläger für einen weiteren Zeitraum bis zum 12.12.2016 sicherheitshalber das blutverdünnende Präparat Marcumar einnimmt und Kontrollen durchführen lässt. Aufgrund dieser Vorgaben wurde der Kläger für diesen Zeitraum arbeitsunfähig krankgeschrieben. Es erfolgte eine weitere Krankschreibung wegen Arbeitsunfähigkeit bis September 2017. Der Kläger wurde auf eine dauerhafte Antikoagulation eingestellt und nahm am 21.08.2017 seine Tätigkeit als Hubschrauberpilot beim B wieder auf.
6Für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 bezog der Kläger aufgrund der M-Versicherung von der C AG sechs Monatsrenten in Höhe von insgesamt 11.369,84 €. Im Zeitraum vom 14.10.2015 bis 31.03.2016 und auch für spätere Zeiträume bezog der Kläger zudem Krankentagegeld von der Beklagten. Unter dem 18.08.2016 (Bl. 26 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger deshalb mit, die Rentenzahlung durch die C AG führe zur Beendigung des streitgegenständlichen Krankentagegeldvertrags zum 31.12.2015. Im Nachleistungszeitraum vom 14.10.2015 bis 31.03.2016 habe der Kläger lediglich – aus Kulanz – Anspruch auf die Differenzzahlung zwischen Krankentagegeld (147,82 € pro Tag) und der Rentenzahlung aus der M-Versicherung (63,16 € pro Tag), mithin auf 84,65 € täglich. Daher forderte die Beklagte, die volles Krankentagegeld in Höhe von 25.129,40 € für diesen Zeitraum gezahlt hatte, die Differenz von 10.737,20 € zurück. Ihre behaupteten Rückzahlungsansprüche verrechnete sie in der Folgezeit vollständig mit Ansprüchen des Klägers für die Folgezeit [(vgl. Schreiben vom 18.08.2016 (Bl. 133 f.), 07.09.2016 (Bl. 135 f.), Schreiben vom 30.09.2016 (Bl. 137 f. d. A.)].
7Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von Krankentagegeld in Höhe von 10.737,20 EUR für den Zeitraum vom 14.10.2015 bis 31.03.2016 stattgegeben. Es ist der Auffassung, dass der Versicherungsvertrag vorliegend nicht wegen des zeitgleichen Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente gem. Nr. 30 Abs. 2 zu § 15 lit. b) MB/KT 2009 beendet ist. Die C AG habe ihre Leistungen nur für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten erbracht, so dass diese Leistungen gerade nicht einen Erwerbsausfall auf unabsehbare Zeit ausgleichen sollten, sondern lediglich die Einbußen des - für vorübergehend gehaltenen - Verlusts der Fluglizenz kompensieren sollte.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der vor dem Landgericht gestellten Schlussanträge wird zunächst auf den Tatbestand sowie die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, ferner auf den Beschluss zur Tenorberichtigung wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO vom 23.03.2018.
9Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie Fehler bei der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen geltend macht sowie die Rechtsauffassung im angefochtenen Urteil zum Rentenbezug unter § 15 b Nr. 30 Abs. 2 der Tarifbedingungen rügt.
10Das Landgericht gehe rechtsfehlerhaft von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers aufgrund der Entziehung der Fluglizenz aus. Es hätte ferner ein Sachverständigengutachten zur Frage der Arbeitsunfähigkeit einholen müssen, eine Bindung des Versicherers an die Entscheidung eines Dritten, nämlich der für die Fluglizenz zuständigen Stelle, sei nicht mit der Rechtsprechung des BGH vereinbar. Der Beweis der Arbeitsunfähigkeit sei ausschließlich durch ein gerichtlich eingeholtes Gutachten zu führen.
11Der Entzug der Fluglizenz aus „formellen“ Gründen reiche nicht aus. Die Entziehung der Fluglizenz beruhe auf einer überholten Bestimmung, wonach Piloten mit einem Blutungsleiden sechs Monate auf Marcumar eingestellt sein müssten, bevor die Flugtauglichkeit wieder festgestellt werde. Auf allgemeinmedizinischem Gebiet habe kein krankhafter Befund mehr festgestellt werden können und zwar bereits zum 18.11.2016, wie das im Auftrag der Beklagten eingeholte Gutachten des J vom selben Tag belege (vgl. Anlage K 6, Bl. 37 ff. d. A.).
12Ferner stelle die Regelung in § 15 b Nr. 30 Abs. 2 der Tarifbedingungen nicht auf eine „tatsächlich auf Dauer gegebene Erwerbsunfähigkeit“ ab, sondern nur darauf, ob eine Leistungspflicht der Berufsunfähigkeitsversicherung bestehe. Aus dem Schreiben der C AG vom 03.03.2016 ergebe sich, dass diese ihre Leistungspflicht einschränkungslos anerkannt habe.
13Die Beklagte beantragt,
14unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Ergänzend zum erstinstanzlichen Vortrag trägt er vor, dass aufgrund der öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Flugsicherheit irrelevant sei, ob auf allgemeinmedizinischem Gebiet keine krankhaften Befunde festgestellt worden seien. Fehlerhaft sei auch die Annahme der Beklagten, dass die C AG von einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit ausgegangen sei. Dies sei denknotwendig ausgeschlossen, denn es handele sich vorliegend um eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die zusätzlich eine M-Versicherung beinhalte. Zum versicherten Risiko der M-Versicherung gehöre insbesondere die spezielle Fallgruppe, wonach der Pilot nach flugmedizinischer Feststellung einer vorübergehenden Fluguntauglichkeit bis zur Vorlage eines neuen medizinischen Attests nicht mehr fliegen dürfe.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 09.10.2018 (Bl. 266 ff. d. A.) verwiesen.
19II.
20Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Krankentagegeldes in Höhe von 10.737,20 € für den Zeitraum vom 14.10.2015 bis zum 31.03.2016 aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Krankentagegeldvertrag.
211.
22Der Kläger hat das Vorliegen des Versicherungsfalles nach § 1 Abs. 2 MB/KT 2009 dargetan. Denn der Senat geht davon aus, dass die Beklagte durch ihre fortlaufenden Zahlungen das Vorliegen des Versicherungsfalls anerkannt hat. Mithin kann dahinstehen, ob im streitgegenständlichen Zeitraum eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit beim Kläger vorgelegen hat.
23Der Versicherungsfall und dem folgend ein Anspruch des Klägers auf Krankentagegeld sind dann gegeben, wenn nach § 1 Abs. 2 MB/KT 2009 die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen besteht. Eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit liegt nach § 1 Abs. 3 MB/KT 2009 vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
24Die Beklagte hat nach den zur Akte gereichten Unterlagen an den Kläger seit Feststellung der Thromboseerkrankung im August 2015 zumindest bis September 2016 das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld in Höhe von täglich 147,82 € gezahlt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.08.2016 (Bl. 26 ff. d. A.). Nachdem die Beklagte auf ihre Nachfrage vom Kläger das Schreiben der C AG vom 03.03.2016 übersandt erhielt, mit dem die C AG Leistungen aus der sog. „Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit Fluguntauglichkeitsklausel“ für den Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 in Höhe von insgesamt 11.369,84 € bestätigte, hat sie ihre Rückforderungsansprüche einzig darauf gestützt, dass aufgrund der Rentenbewilligung der C AG die Versicherungsfähigkeit des Klägers in der Krankentagegeldversicherung entfallen sei.
25Dies ergibt sich aus dem Rückforderungsschreiben der Beklagten vom 18.08.2016, in dem sie nicht zusätzlich die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung aufgrund der Thromboseerkrankung bezweifelt und in Abrede stellt, sondern als Begründung lediglich den Rentenbezug aus der M-Versicherung nennt. Die Beklagte führt hierzu aus, dass dieser Umstand die Versicherungsfähigkeit für die Krankentagegeldversicherung entfallen lasse und das Versicherungsverhältnis spätestens drei Monate nach Wegfall der Voraussetzung ende. Für diese drei Monate bestehe ein Anspruch auf Differenzzahlung zwischen der Rentenzahlung und dem vereinbarten Krankentagegeld, im vorliegenden Fall also für die Monate Oktober bis Dezember 2015. Ferner teilte die Beklagte in dem vorgenannten Schreiben mit, dass sie sich entgegenkommenderweise dazu entschieden habe, anstatt das Krankentagegeld für den Zeitraum Januar bis März 2016 vollständig zurückzufordern, dem Kläger aus Kulanz für diesen Zeitraum ebenfalls die Differenzzahlung zu gewähren. Den überschießenden Teil der Zahlung, mithin einen Betrag von 10.738,90 €, verrechnete sie mit einem Krankentagegeldanspruch vom 15.07.2016 bis 28.07.2016 in Höhe von 2.069,48 € und forderte den Kläger auf, den Restbetrag in Höhe von 8.667,72 € an sie zurückzuzahlen. Aus Vorstehendem ergibt sich, dass die Beklagte das Vorliegen des Versicherungsfalles in der Krankentagegeldversicherung zu keiner Zeit angezweifelt hat, sondern nach Aktenlage sogar bis mindestens September 2016 Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung an den Kläger erbracht hat (vgl. Leistungsabrechnung vom 22.07.2016, vom 07.09.2016 und 30.09.2016, Bl. 119 ff. d. A.). Die Verrechnung der Krankentagegeldansprüche ist ausweislich des Schreibens vom 18.08.2016 nur vor dem Hintergrund des anderweitigen Rentenbezugs erfolgt und gerade nicht mit der Begründung, eine bedingungsgemäße medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit liege nicht vor.
26Folge diese vorbehaltlosen Krankentagegeldzahlungen ist, dass die Beklagte sich nicht auf Einwendungen berufen kann, die die Voraussetzungen der bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit betreffen. Durch die fortlaufenden – wenn auch nur anteiligen - Zahlungen hat die Beklagte die bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers anerkannt, so dass sie sich nachträglich nicht auf das Fehlen einer solchen berufen kann. Auch mit dem Einwand, der Kläger sei lediglich aus formellen Gründen flugunfähig gewesen, so dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 MB/KT 2009 nicht vorlägen, kann die Beklagte aufgrund ihres Anerkenntnisses nicht durchdringen.
272.
28Die Versicherungsfähigkeit des Klägers im Rahmen der Krankentagegeldversicherung sowie der Anspruch auf Krankentagegeld sind vorliegend auch nicht aufgrund der Leistungen für die Monate Oktober 2015 bis März 2016 aus der M-Versicherung der C AG entfallen. Denn die zeitweiligen Leistungen aus der M-Versicherung sind nicht als Berufsunfähigkeitsrente im Sinne von § 15 b) Nr. 30 Abs. 2 der vereinbarten AVB einzuordnen, so dass der Leistungsbezug auch nicht zu einer Beendigung der Krankentagegeldversicherung nach § 15 b) Nr. 30 MB/KT 2009 bzw. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 1 MB/KT 2009 geführt hat.
29Nach § 15 b) Nr. 30 Abs. 2 MB/KT 2009 liegt ein Fall der Berufsunfähigkeit auch dann vor, wenn die versicherte Person eine Berufsunfähigkeitsrente oder eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bei Unfähigkeit des Versicherten, mehr als vier Stunden kalendertäglich erwerbstätig zu sein, bezieht. Mithin schließen sich der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente und der Erhalt von Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung nach den vereinbarten Bedingungen aus. Auf die Geltendmachung dieses Einwands hat die Beklagte ausweislich ihres Schreibens vom 03.03.2016 auch nicht verzichtet, sondern im Gegenteil diesen unverzüglich geltend gemacht, nachdem sie von dem Bezug der M-Versicherung erfahren hat.
30Nach der Rechtsprechung ist unerheblich, ob der Versicherungsnehmer eine Rente aus einer gesetzlichen Versicherung oder einer privaten Berufsunfähigkeits-(Zusatz-) Versicherung erhält. Damit führt auch der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente aus einer privaten Versicherung zur Leistungsfreiheit des Krankentagegeldversicherers, da wegen der Spezialität der Berufsunfähigkeitsversicherung einerseits und der Krankentagegeldversicherung andererseits Leistungen aus beiden Versicherungen zwar nacheinander, nicht jedoch gleichzeitig gewährt werden können (BGH, Urteil vom 25.01.1989, Az. IV ZR 178/87; OLG Hamm, Urteil vom 13.04.1988, Az. 20 U 331/87, juris). Unerheblich ist auch, wenn dem Versicherungsnehmer die private Berufsunfähigkeitsrente nur befristet oder auf Zeit bewilligt oder aufgrund einer Fiktion für eine in Wirklichkeit nur vorübergehende Berufsunfähigkeit gewährt wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.07.2006, Az. 12 U 89/06, juris).
31Die Frage, um welche Art von Versicherung es sich bei der M-Versicherung handelt, richtet sich nicht nach den Bedingungen des Krankentagegeldversicherers, da dieser gerade keine Berufsunfähigkeitsrente verspricht. Es kommt vielmehr maßgeblich darauf an, ob der andere Versicherer „Rente wegen Berufsunfähigkeit“ gewährt (vgl. OLG Hamm, 10.02.2016, Az. 20 U 204/15; OLG Hamm, Urteil vom 18.01.2002, Az. 20 U 108/01, juris). Mithin ist aufgrund der Versicherungsbedingungen der C AG und der dort abgeschlossenen M-Versicherung zu entscheiden, ob diese dem Kläger im vorliegenden Fall eine Rente wegen des Vorliegens einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit gezahlt hat.
32Eine Auslegung der Versicherungsbedingungen der C AG führt im Ergebnis dazu, dass die Leistungen, die der Kläger von Oktober 2015 bis März 2016 aus der M-Versicherung erhalten hat, nicht als Berufsunfähigkeitsrente anzusehen sind.
33Zwar spricht der Wortlaut für eine Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, denn zum einen hat die C AG in ihrem Schreiben vom 03.03.2016 im Zusammenhang mit der Anerkennung ihrer Leistungspflicht ausdrücklich die M-Versicherung als „Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit Fluguntauglichkeitsklausel“ bezeichnet. Zum anderen soll nach Ziffer 2 der Fluguntauglichkeitsklausel eine „Berufsunfähigkeit“ entweder dann vorliegen, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich dauernd fluguntauglich ist oder eine zeitlich begrenzte Fluguntauglichkeit mit Nachprüfung in frühestens sechs Monaten attestiert wird. Dass auch Rentenzahlungen für eine dauernde Fluguntauglichkeit nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen in Betracht kommen, ergibt sich ferner aus Ziffer 9 der Fluguntauglichkeitsklausel, nach der der Versicherte verpflichtet ist, in den ersten 5 Jahren auf Verlangen des Versicherers im Abstand von jeweils einem Jahr nachzuweisen, dass eine Fluguntauglichkeit für den Tauglichkeitsgrad 1 fortbesteht.
34Ferner ergibt sich aus dem Schreiben der C AG vom 03.03.2016, dass für die Zeit des Leistungsbezugs die Beitragszahlung endet. Dies stellt eine typische Regelung für eine Berufsunfähigkeitsversicherung dar.
35Dennoch führen diese vorgenannten Umstände in der Gesamtschau nicht dazu, dass der in Ziffer 2, 2. Alternative der Fluguntauglichkeitsklausel genannte zeitweilige Rentenbezug aus der M-Versicherung als Rentenbezug aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung einzuordnen ist. Ziffer 2 der Fluguntauglichkeitsklausel regelt zwei Fallgestaltungen, zum einen den dauerhaften Rentenbezug wegen dauernder Fluguntauglichkeit, zum anderen lediglich zeitweilige Zahlungen. Die 2. Alternative hat damit einen eigenen Regelungsgehalt und erfasst die Fälle, in denen eine Berufsunfähigkeit nicht feststeht, sondern vielmehr lediglich eine zeitweilige, zunächst auf 6 Monate begrenzte Fluguntauglichkeit besteht. Diese Regelung, die speziell für Piloten gilt, besitzt daher einen eigenen Anwendungsbereich neben einer Krankentagegeld- und einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie bietet Piloten eine Absicherung u.a. für solche Fälle, in denen eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen grundsätzlich nicht erforderlich ist, jedoch die Fluglizenz vorübergehend aufgrund flugsicherheitsrelevanter Vorschriften vom Luftfahrtbundesamt entzogen wird und der jeweilige Pilot seinen Beruf zeitweilig nicht ausüben kann. Eine Krankentagegeldversicherung könnte in diesen Fällen mangels Vorliegens eines Versicherungsfalles im Sinne der vereinbarten Bedingungen der Krankentagegeldversicherung eine Eintrittspflicht zu Recht verneinen. Aufgrund des lediglich nur zeitweiligen Entzugs der Fluglizenz bestünden auch keine Ansprüche gegenüber einer Berufsunfähigkeitsversicherung, so dass für den Versicherten eine Absicherungslücke entstünde. Diese geht auf die berufsspezifischen Anforderungen bzw. Voraussetzungen für Piloten und Flugpersonal zurück, die dem Risiko unterliegen, aus gesundheitlichen Gründen zeitweilig die Fluglizenz durch das Luftfahrtbundesamt entzogen zu bekommen, ohne dass eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit im Rahmen einer Krankentagegeldversicherung gegeben ist. Denn wenn eine Behandlung, wie möglicherweise im vorliegenden Fall mit Marcumar, lediglich aufgrund flugsicherheitsrelevanter Vorschriften erforderlich ist, jedoch nicht aufgrund eines allgemeinmedizinischen Befundes – was im vorliegenden Fall aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten offen bleiben kann - , dann kann eine solche Behandlung zum Verlust der Fluglizenz führen, ohne dass der Betroffene Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung erhält, weil er nach allgemeinmedizinischem Befund nicht erkrankt ist. Mithin deckt die M-Versicherung ein spezielles Risiko für die Berufsgruppe „Pilot“ ab, welches von den übrigen Verdienstausfallversicherungen nicht erfasst ist.
36Diese zeitweiligen, von der 2. Alternative von Ziffer 2 der Fluguntauglichkeitsklausel erfassten Leistungen stehen damit im Ergebnis zeitweiligen Zahlungen aus einer Krankentagegeldversicherung näher als auf Dauer angelegte Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Daher ist das Vorliegen eines Rentenbezugs wegen Berufsunfähigkeit aufgrund der von dem Kläger durch die C AG erhaltenen Leistungen im Ergebnis trotz der verwendeten Begrifflichkeiten nach Sinn und Zweck der Regelung zu verneinen. Mangels Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente sind die Vorschriften § 15 b) Nr. 30 Abs. 2 MB/KT 2009 bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 2 (1) MB/KT 2009 nicht einschlägig, so dass ein Anspruch auf Krankentagegeld für den vorgenannten Zeitraum besteht.
373.
38Der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 16.10.2018 bot keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da dieser keinen entscheidungserheblichen Sachvortrag enthielt.
394.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
415.
42Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO).
436.
44Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.737,20 € festgesetzt.