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§ 29 Abs. 3 Satz 9 SG und § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO sind keine Spezialregelungen im Sinne von § 1 Abs. 3 IFG.
Ein parlamentarisches Untersuchungsverfahren nach Art. 44 GG fällt nicht in den Schutzbereich des § 3 Nr. 1 g) IFG.
Den über § 3 Nr. 4 IFG geschützten öffentlichen Belangen drohen nur dann Nach-teile, wenn eine als Verschlusssache eingestufte Information nach wie vor materiell geheimhaltungsbedürftig ist.
Der gerichtlichen Prüfung des § 3 Nr. 4 IFG ist die prognostische Einschätzung der Behörde zugrunde zu legen, die auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch tragfähig sein muss.
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2012 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2013 verpflichtet, der Klägerin die in Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, ergänzt und korrigiert durch Schriftsatz der Beklagten vom 19. Juni 2015, aufgeführten Unterlagen in Kopie in folgendem Umfang zur Verfügung zu stellen:
2. |
Ordner zu BVMg-3, |
komplett (S. 1 bis 344) |
3. |
Ordner zu BMVg-3, |
komplett (S. 345 bis 725) |
4. |
Ordner zu BMVg-3, |
komplett (S. 1 bis 51) |
5. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 4 bis 175 |
6. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 278 |
7. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 29 bis 83 |
8. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 52 |
9. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 129, 147 bis 164, 172 bis 342, 350 bis 432 |
10. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 48, 51 bis 100 |
11. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 317 |
13. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 175, 178 bis 271 |
14. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 83, 105 bis 147, 157 bis 181, 184 bis 234, 257 bis 321, 360 bis 432, 451 bis 541, 553 bis 585, 592 bis 750 |
15. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 69, 76 bis 161, 187 bis 209, 211 bis 251, 277 bis 330 |
16. |
Ordner zu BMVg-3, |
komplett (S. 1 bis 46) |
17. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 21, 38 bis 100, 108 bis 140, 145 bis 149, 175 bis 252, 268 bis 316, 351 bis 355, 358 bis 395 |
1. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 48 |
2. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 262 |
3. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 124 |
4. |
Ordner zu BMVg-7, |
komplett (S. 1 bis 385) |
5. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 255, 258 bis 425. |
1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16.
Ordner zu BMVg-4, komplett (S. 1 bis 198).
Personenbezogene Daten - mit Ausnahme des Uwe Mundlos - darf die Beklagte in allen herauszugebenden Ordnern schwärzen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Unter Einbeziehung des erstinstanzlich für erledigt erklärten bzw. zurückgenommenen Teils des Rechtsstreits tragen die Klägerin und die Beklagte die Kosten des Verfahrens beider Instanzen jeweils zur Hälfte.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Verlagshaus. Sie verlegt u. a. die Zeitung „Die Welt“.
3Am 19. September 2012 beantragte ein Journalist der Zeitung „Die Welt“ beim Bundesministerium der Verteidigung (im Folgenden: BMVg) die Herausgabe von Informationen zu dem mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos. Zur Begründung führte er aus, der Antrag umfasse alle Informationen, die dem BMVg sowie den ihm unterstehenden Stellen wie beispielsweise dem Militärischen Abschirmdienst (im Folgenden: MAD) vorlägen. Das BMVg habe dem NSU-Untersuchungs-ausschuss des Deutschen Bundestages zu Uwe Mundlos ein speziell zusammengestelltes Konvolut überlassen. Dieses liege dem Antragsteller vor. Die Unterlagen seien offenbar eigens neu paginiert worden und umfassten danach 78 Blatt. Es bestehe nach Äußerungen von Bundestagsabgeordneten mehrerer Fraktionen der Verdacht, dass das BMVg Unterlagen zurückhalte, die möglicherweise für die Aufarbeitung der Versäumnisse im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie wichtig seien. Der Aufklärung dieses Vorwurfs diene dieser Antrag, der mehrere Bestandteile habe:
4„Teilantrag 1)
5Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich die Unterlagen des Verteidigungsministeriums zu Uwe Mundlos sind (genaue Angabe in Seiten). Teilen Sie uns zudem für jeden Aktenbestandteil in Stichworten mit, um welche Art von Unterlage es sich handelt. (Für die dem Antragsteller bereits vorliegenden 78 Blatt müssen diese Angaben nicht gemacht werden)
6Teilantrag 2)
7Bitte stellen Sie uns die dem Antragsteller bislang nicht zur Verfügung stehenden Unterlagen zur Verfügung, möglichst in Kopieform. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können.
8Teilantrag 3)
9Per E-Mail vom 23. November 2011 hat die MDR-Redakteurin N. T. einen IFG-Antrag bei der Wehrbereichsverwaltung Ost gestellt (Blatt 62 und 63 des vorliegenden Konvoluts). Bitte stellen Sie dem Antragsteller alle Informationen zu dem Vorgang zur Verfügung. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können.
10Teilantrag 4)
11Bitte teilen Sie uns mit, welche Informationen dem Militärischen Abschirmdienst zu Uwe Mundlos vorliegen. Falls solche Informationen vorhanden sein sollten, bitten wir um die Herausgabe in Kopieform - mit den erforderlichen Schwärzungen. Nicht von diesem Teilantrag erfasst sind die zunächst vom BfV aufgefundenen Unterlagen zu Mundlos (Paginier: 284-305 sowie 448-473 sowie 245-257; diese Unterlagen liegen dem Antragsteller bereits vor)
12Teilantrag 5)
13„Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich das im Verteidigungsministerium vorhandene Material im Zusammenhang mit der Herausgabe der Informationen an den Deutschen Bundestag ist, interministerielle Abstimmungen einbezogen (genaue Anzahl der Seiten). Bitte stellen Sie uns diese Unterlagen möglichst in Kopieform zur Verfügung.“
14In seinen Sitzungen am 9. Februar 2012, am 5. Juli 2012, am 13. September 2012 und am 8. November 2012 fasste der 2. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages der 17. Wahlperiode - der NSU-Untersuchungs-ausschuss - die Beweisbeschlüsse BMVg-1, BMVg-2, BMVg-3, BMVg-4, BMVg‑5, BMVg-6 und BMVg-7. Die Beweisbeschlüsse waren jeweils auf die Beiziehung von Akten und Dokumenten des BMVg gerichtet. Der Beweisbeschluss BMVg-1 richtete sich auf die Bezeichnung des Aktenplans und der Datenverzeichnisse des MAD und des BMVg. Der Beweisbeschluss BMVg-2 betraf die Beiziehung sämtlicher Akten und Dokumente, die sich auf den Diebstahl und Verbleib von Sprengstoff aus einem Munitionsdepot der NVA/Bundeswehr in den Jahren 1990/91 bezögen und die im BMVg oder in dem diesem nachgeordneten Bereich, insbesondere im MAD, vorhanden seien. Die Beweisbeschlüsse BMVg‑3 und BMVg-4 hatten die Beiziehung sämtlicher Akten und Dokumente zum Inhalt, die den Untersuchungsgegenstand des 2. Untersuchungsausschusses beträfen und die im BMVg nebst nachgeordnetem Bereich im Untersuchungszeitraum vom 1. Januar 1992 bis 8. November 2011 vorhanden gewesen seien, soweit sie nicht durch zuvor gefasste Beweisbeschlüsse bereits beigezogen seien. Der Beweisbeschluss BMVg-5 forderte das BMVg auf, für den gesamten Untersuchungszeitraum sämtliche Einsätze operativer nachrichtendienstlicher Mittel seiner nachgeordneten Behörden mit Laufzeit, Beschreibung der Art der Maßnahme, Benennung ihres Zwecks oder Auftrags zu bezeichnen, die im Zusammenhang gestanden hätten mit einer der Personen, die vom Bundeskriminalamt in der Antwort auf einen anderweitigen Beweisbeschluss berücksichtigt worden seien. Durch den Beweisbeschluss BMVg-6 wurden sämtliche Unterlagen angefordert, die im Geschäftsbereich des BMVg entstanden oder in Gewahrsam genommen worden seien und sich auf die Wehrdienstzeit des Uwe Mundlos bezögen, insbesondere zu Kontakten des MAD zu Uwe Mundlos und sonstigen Erkenntnissen über Auffälligkeiten während seines Wehrdienstes sowie alle Vorgänge, die sich auf den Umgang mit diesen Erkenntnissen im BMVg, seinem Geschäftsbereich sowie innerhalb der Bundesregierung bezögen. Der Beweisbeschluss BMVg-7 erstreckte sich auf die Beiziehung sämtlicher Unterlagen, die im Geschäftsbereich des BMVg entstanden oder in Gewahrsam genommen worden seien und sich auf die Wehrdienstzeit bestimmter Personen bezögen, insbesondere Unterlagen des MAD, Personalakten sowie Unterlagen über Disziplinarverfahren.
15Mit Bescheid vom 13. November 2012 gab das BMVg dem Teilantrag zu 3) statt. Im Übrigen lehnte es den Informationsantrag ab. Zur Begründung führte es aus, der mit den Teilanträgen zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) begehrte Informationszugang sei gemäß § 3 Nr. 1 g), Nr. 4 sowie Nr. 8 IFG ausgeschlossen. § 3 Nr. 1 g) IFG greife im Hinblick auf das laufende parlamentarische Untersuchungsverfahren. § 3 Nr. 4 IFG stehe dem Informationsanspruch in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Inneren zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung - VSA) entgegen, weil die begehrten Unterlagen überwiegend als Verschlusssachen einzustufen seien. § 3 Nr. 8 IFG schließe einen Anspruch auf Informationszugang zu den begehrten Unterlagen des MAD aus, bei dem es sich um einen Nachrichtendienst im Sinne der Vorschrift handele.
16Die Klägerin erhob am 29. November 2012 Widerspruch gegen die Ablehnung der Teilanträge zu 1), zu 2) und zu 5). Zur Begründung machte sie geltend, parlamentarische Untersuchungsausschüsse seien von § 3 Nr. 1 g) IFG nicht erfasst. Mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sei eine verfassungskonforme enge Auslegung der Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsgesetzes hinsichtlich des Grundrechtsträgers Presse erforderlich. Die Bezeichnung der streitgegenständlichen Dokumente als Verschlusssache allein rechtfertige nicht die Annahme einer Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht i.S.d. § 3 Nr. 4 IFG. Eine materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit sei nicht erkennbar. Angesichts der vielen Verfehlungen der Verfassungsorgane und ihrer Versuche, die Akten dazu zu vernichten, überwiege das Offenbarungsinteresse. Zudem sei auch der Ablehnungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG eng auszulegen. Ein besonderer Ausnahmefall sei nicht dargelegt.
17Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2013, zugestellt am 22. Mai 2013, wies das BMVg den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus: Bis auf zwei Aktenstücke, die Personalakten darstellten, seien die in den Teilanträgen zu 1), zu 2) und zu 5) begehrten Unterlagen als Verschlusssachen i.S.v. § 3 Nr. 4 IFG in Verbindung mit der VS-Anweisung einzustufen. Hierbei handele es sich um Unterlagen, die als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD), „Verschlusssache - Vertraulich“ (VSA-Vertraulich) bzw. als „Geheim“ qualifiziert worden seien. Eine Prüfung anlässlich des Antrags der Klägerin habe ergeben, dass die Gründe für die Einstufung fortbestünden. Die Dokumente beinhalteten größtenteils Quellenberichte, Erkenntnisübermittlungen, Informationen zur Terrorismusabwehr, Gesprächsvermerke und Dokumente zu Einzelpersonen. Bei einer Offenlegung bestünde die Gefahr, dass die Aufgabenerfüllung des MAD in den Bereichen „Aufklärung“ und „Beschaffung“ gefährdet würde. Auch ließe ein Bekanntwerden der Informationen Rückschlüsse auf technische und operative Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Nachrichtenbeschaffung zu. Nachteilige Auswirkungen für sicherheitsempfindliche Belange der Bundesrepublik Deutschland seien bei einer Offenlegung nicht auszuschließen. Im Hinblick auf die genannten zwei Teilakten, die Personalakten seien, sei ein Informationszugang nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG ausgeschlossen. Des Weiteren sei der Informationsanspruch gemäß § 3 Nr. 8 IFG in Bezug auf die begehrten Unterlagen des MAD abzulehnen, weil dieser ein Nachrichtendienst im Sinne der Bestimmung sei. Der Vollständigkeit halber halte das BMVg auch an seiner im Ablehnungsbescheid vertretenen Auffassung fest, dass mit Blick auf das laufende parlamentarische Untersuchungsverfahren der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 g) IFG vorliege.
18Die Klägerin hat am Montag, dem 24. Juni 2013, Klage erhoben.
19Zur Begründung hat sie wiederholend und ergänzend vorgetragen: § 3 Nr. 1 g) IFG gelte nicht für parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Auch sei eine Gefährdungslage nicht konkret dargelegt. Soweit die Beklagte sich pauschal auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG berufe, da Teile der streitgegenständlichen Unterlagen als „VS-NfD“ eingestuft seien, werde deren materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit bestritten. Diese Einstufung sei der niedrigste Geheimhaltungsgrad, so dass an die Darlegung der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit besonders hohe Anforderungen zu stellen seien. Diese habe die Beklagte mit ihren Ausführungen in den Schriftsätzen vom 4. September 2013 und vom 29. Oktober 2013 nicht erfüllt. Entsprechendes gelte für den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 b) IFG. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit der begehrte Informationszugang heute noch konkrete nachteilige Auswirkungen auf militärische oder sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr haben solle. Das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung sei vom Schutzbereich des § 3 Nr. 4 IFG zu trennen. Die Beklagte verkenne auch, dass es vorliegend nicht um die Veröffentlichung der Informationen gehe, sondern lediglich um deren Herausgabe. Die Erstreckung des eng auszulegenden Ausnahmetatbestands des § 3 Nr. 8 IFG auf das BMVg sei nach dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes und dessen Sinn und Zweck ausgeschlossen. Auch die Formulierung „soweit“ zeige, dass nur abgegrenzte Teilaufgaben anderer Behörden als der Nachrichtendienste von diesem Ausnahmetatbestand umfasst seien. Der Gesetzgeber habe dem Schutzbereich des § 3 Nr. 8 IFG darüber hinaus Rechnung getragen, indem er sonstige öffentliche Stellen des Bundes, die Aufgaben i.S.d. § 10 Nr. 3 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) wahrnähmen, vom Anspruch auf Informationszugang ausgenommen habe. Erst recht könne sich eine Behörde nicht auf § 3 Nr. 8 IFG berufen, wenn ihre Aufgaben nicht von § 10 Nr. 3 SÜG erfasst seien. Um den Grundsatz des freien Informationszugangs nicht zu gefährden, solle der Ausnahmebereich des § 3Nr. 8 IFG eng begrenzt bleiben. Im Übrigen handele es sich bei den streitgegenständlichen Unterlagen um solche, die sich beim BMVg befänden, und damit nicht gerade um Unterlagen des MAD. Das BMVg sei insoweit auch verfügungsbefugt i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG, zumal es seiner Vorlagepflicht gegenüber dem NSU-Untersuchungsausschuss auch bezüglich der bei ihm vorhandenen Unterlagen des MAD nachgekommen sei. Auch der - seinerseits eng zu verstehende - Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG sei nicht erfüllt. Der Schutz von Personalakten sei nicht absolut. Er sei im Einzelfall gegen das Informationsinteresse abzuwägen. Auskünfte aus Personalakten seien nicht grundsätzlich verboten, wenn der Betroffene zustimme oder soweit dem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit oder eines Dritten an der Auskunft entgegenstehe. Da es sich bei den in Rede stehenden Personalakten um diejenigen eines bekennenden Neonazis und mutmaßlichen Mörders handele, dessen mutmaßlicher Gehilfin oder Mittäterin zur Zeit ein in der Öffentlichkeit äußerst beachteter Prozess gemacht werde, seien das Informationsinteresse der Klägerin und der Öffentlichkeit entsprechend hoch zu bewerten. Da in dem besagten Gerichtsverfahren sämtliche vorhandenen Informationen über Herrn Mundlos berücksichtigt und in sämtlichen Medien verbreitet würden, erscheine dessen Geheimhaltungsinteresse aus einem postmortalen Persönlichkeitsschutz heraus verhältnismäßig gering oder sogar ausgeschlossen. Der Betroffene sei eine absolute Person der Zeitgeschichte gewesen, dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung als wesentlich weniger schutzwürdig anzusehen sei als das der Öffentlichkeit und der Presse. Insoweit sei das Gewicht des Grundrechts auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG sowie der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Jedenfalls liege ein Ermessensausfall vor, weil eine Abwägung durch die Beklagte nicht stattgefunden habe. Etwas anderes gelte auch nicht aufgrund von § 5 Abs. 2 IFG. § 29 Abs. 3 SG ändere gleichfalls nichts an der Herausgabefähigkeit der Informationen. Auch diese Norm regle lediglich den Umgang mit Personalakten lebender Soldaten. Gleiches gelte für den Inhalt der streitgegenständlichen Disziplinarakten. Vorsorglich werde die Einleitung eines in-camera-Verfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO beantragt.
20In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 25. Juni 2015 haben die Beteiligten die Hauptsache im Hinblick auf den Teilantrag zu 1) übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich des 1. Ordners BMVg-3 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen, weil sie davon ausgegangen ist, dass ihr dieser Ordner vorliegt.
21Die Klägerin hat sodann beantragt,
221. die Beklagte unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2012 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2013 zu verpflichten, ihr Zugang zu den mit den Teilanträgen zu 2) und zu 5) vom 19. September 2012 begehrten Informationen zu gewähren, nämlich
a) „Bitte stellen Sie uns dem Antragsteller bislang nicht zur Verfügung stehende Unterlagen zur Verfügung, möglichst in Kopieform. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können.“
25b) „Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich das im Verteidigungsministerium vorhandene Material im Zusammenhang mit der Herausgabe der Informationen an den Deutschen Bundestag ist, interministerielle Abstimmungen einbezogen (genaue Anzahl der Seiten). Bitte stellen Sie uns diese Unterlagen möglichst in Kopieform zur Verfügung.“
262. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Sie hat wiederholend und ergänzend vorgetragen: Soweit sich der Klageantrag auf Überlassung von Kopien bzw. Akteneinsicht in Akten/Aktenteile des MAD beziehe, stehe ihm § 3 Nr. 8 IFG entgegen. Unter diese Bereichsausnahme fielen nicht nur Ansprüche auf Informationszugang gegenüber dem MAD selbst. Sie gelte vielmehr auch für solche Akten des MAD, die dieser dem BMVg vorlege. Sinn und Zweck einer Bereichsausnahme sei, ganze Verwaltungsbereiche vom Informationszugangsanspruch freizustellen. Dies gelte selbst dann, wenn keine sicherheitsrelevanten Informationen betroffen seien. Der nachrichtendienstliche Aufgabenbezug des MAD gehe nicht durch die Lagerung entsprechender Akten in anderen Bereichen zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten verloren. Die entsprechend gekennzeichneten Akten/Aktenteile des MAD, die in der Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgeführt seien, seien zur Übersendung an den NSU-Untersuchungsausschuss zusammengestellt und über das BMVg in Erfüllung der Beweisbeschlüsse des Untersuchungsausschusses BMVg-1 bis 7 im Wege der Dienst- und Fachaufsicht als aufsichtführende Behörde für den MAD an den Untersuchungsausschuss übermittelt worden. Die Umsetzung der Beweisbeschlüsse erfolge wie in anderen Ressorts durch das BMVg. Eine eigenständige Beantwortung durch den MAD erfolge nicht, wenngleich die übersandten Akten unter dem Gesichtspunkt der Verfügungsberechtigung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG solche des MAD blieben. Die Frage der Bereichsausnahme gemäߧ 3 Nr. 8 IFG entfalte daher bereits an der Stelle der Prüfung der Verfügungsbefugnis ihre Wirkung. Die in der besagten Anlage 2 angeführten und entsprechend gekennzeichneten Akten bzw. Aktenteile des MAD, die auf S. 2 f. der Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgelistet seien, fielen damit unter die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG. Soweit die streitgegenständlichen Akten/Aktenteile nicht solche des MAD seien, handele es sich um Personalakten, die durch § 5 Abs. 2 IFG i.V.m. § 29 Abs. 3 SG vom Informationsanspruch ausgenommen seien. Der Schutz der Personalakten sei infolge der gesetzgeberischen Abwägungsentscheidung nicht gegen das Informationsinteresse abzuwägen. Aus der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sei eine Einsichtnahme in Personal- und Disziplinarakten - und sei es auch nur zur Vorbereitung späterer Veröffentlichungen - nicht ableitbar. § 5 Abs. 2 IFG wirke insoweit absolut. Personalaktenrechtlich sei eine Auskunftserteilung aus Personalakten an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs nur unter den Voraussetzungen des§ 29 Abs. 3 Satz 9 SG zulässig. Eine Einsichtnahme sei insoweit überhaupt nicht vorgesehen. Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 Satz 9 SG seien vorliegend auch nicht erfüllt. Der Schutz personenbezogener Daten ende nicht mit dem Dienstverhältnis. Er reiche für Angaben mit Personenbezug auch über den Tod hinaus. Dies stehe somit einer Herausgabe der in Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgeführten und auf deren S. 4 aufgelisteten Akten bzw. Aktenteile entgegen. Gleiches gelte für die Akten, die Teile aus disziplinaren Ermittlungsakten der Wehrdisziplinaranwaltschaften bzw. aus gerichtlichen Disziplinarverfahren der Truppendienstgerichte enthielten. Disziplinarsachen seien ihrer Natur nach zu den Personalangelegenheiten der Soldaten zu zählen. Schon aus diesem Grund bedürften sie wie Personalunterlagen der vertraulichen Behandlung. Das Auskunftsrecht in Bezug auf Disziplinarmaßnahmen, disziplinare Ermittlungen und gerichtliche Disziplinarverfahren etc. werde spezialgesetzlich in § 9 Wehrdisziplinarordnung (WDO) geregelt. Diese Regelung sei gemäß § 1Abs. 3 IFG gegenüber dem Informationsanspruch vorrangig. Hiervon seien die in Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgeführten und auf S. 5 dieser Klageerwiderung genannten Akten bzw. Aktenteile - ergänzt durch den Schriftsatz vom 19. Juni 2015 - umfasst. Die übrigen, nicht von den vorgenannten Gründen umfassten Akten/Aktenteile unterlägen der Einstufung nach der VS-Anweisung und seien als „VS-NfD“ oder „VS-Vertraulich“ eingeordnet. Diesbezüglich bestehe ein Anspruch auf Informationszugang nach § 3 Nr. 4 IFG nicht. Die Dokumente beinhalteten geheimhaltungsbedürftige Tatsachen oder Erkenntnisse, die im öffentlichen Interesse schutzbedürftig seien. Hinsichtlich der Dokumente zum Sachverhalt und den Hintergründen zum Diebstahl und Verbleib von Sprengstoff in den 1990er Jahren liege darüber hinaus der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 b) IFG vor. Neben den Ermittlungsvorgängen zu gemeldeten Munitions- und Waffenverlusten seien dort auch Einschätzungen zu Gefährdungslagen und Sicherheitshinweisen enthalten, die zur Vermeidung von Ausspähversuchen nicht offengelegt werden könnten. Diese Vorgänge bezögen sich auch auf die aktuelle Arbeit des MAD im Jahr 2011. Aus Anlass von entsprechenden Presseberichten seien in diesem Jahr ältere Fälle aufgearbeitet worden.
31Mit Urteil vom 25. Juni 2015 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, soweit das Zugangsbegehren Informationen aus Disziplinarakten von Soldaten betreffe, sei der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes gemäß § 1 Abs. 3 IFG nicht eröffnet. § 9 WDO bilde einen vorrangigen spezialgesetzlichen Auskunftsanspruch. Im Übrigen unterfielen die von der Klägerin begehrten Informationen in vollem Umfang Ausschlusstatbeständen nach dem Informationsfreiheitsgesetz. § 3 Nr. 8 IFG finde nach seinem Sinn und Zweck auch auf die Konstellation Anwendung, in der Akten eines Nachrichtendienstes an eine weitere Behörde weitergegeben worden seien und dieser gegenüber ein Informationsanspruch geltend gemacht werde. Die rein formale Frage der Verfügungsberechtigung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG sei hierfür nicht ausschlaggebend. Soweit sich das Informationsbegehren der Klägerin auf Akten bzw. Aktenteile erstrecke, die über Uwe Mundlos geführt würden, sei ihr Auskunftsanspruch nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG ausgeschlossen. Auch der Zugang zu Personalakten eines Verstorbenen sei von dem Schutz des Art. 1 Abs. 1 GG erfasst. Die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem Datenschutzinteresse habe der Gesetzgeber für personenbezogene Daten i.S.d. § 5 Abs. 2 IFG abschließend vorweggenommen. Der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG gelte überdies für Akten über Disziplinarverfahren gegen Soldaten. Schließlich sei der Anspruch auf Informationszugang hinsichtlich derjenigen Akten und Aktenteile nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen, welche die Beklagte als „VS-NfD“ eingestuft habe und die weder Personalakten noch solche des MAD seien. Veranlassung, ein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO einzuleiten, habe nicht bestanden. Ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe nicht. Auch stünden insbesondere die durch § 5 Abs. 2 IFG gezogenen Grenzen des einfachgesetzlichen Informationsanspruchs nicht im Widerspruch zur Pressefreiheit.
32Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.
33Zu deren Begründung trägt die Klägerin wiederholend und ergänzend vor: Das Informationsfreiheitsgesetz sei auf alle beantragten Informationen anwendbar.§ 9 WDO sei keine speziellen Norm i.S.d. § 1 Abs. 3 IFG, der eng auszulegen sei. Die Norm enthalte keinen mit dem Informationsanspruch identischen sachlichen Regelungsgegenstand. § 9 Abs. 3 WDO bestimme ausdrücklich, dass andere Rechtsvorschriften, die eine Auskunftserteilung zuließen, unberührt blieben. Eine Ausnahme nach § 3 Nr. 8 IFG liege ebenso wenig vor. Auch dieser Ablehnungsgrund sei eng zu interpretieren. Eine erweiternde Auslegung des § 3 Nr. 8 IFG laufe auf eine nicht vertretbare Analogie hinaus. Demgegenüber folge aus dem Wortlaut von § 3 Nr. 8 IFG, dass ein Informationsanspruch nur gegenüber Nachrichtendiensten und den in der Vorschrift genannten Behörden - nicht also gegenüber dem BMVg - ausgeschlossen sei. Aus systematischer Sicht sei festzustellen, dass sich § 3 Nr. 8 IFG im Unterschied zu den anderen Ausschlussgründen auf bestimmte Behörden beziehe, nicht auf einen bestimmten Typus von Information. Dem gesetzgeberischen Willen sei zu entnehmen, dass lediglich alle nicht durch § 3 Nr. 1 c) oder Nr. 4 IFG schützbaren Informationen vom Informationsanspruch auszunehmen seien, wenn sich diese bei den entsprechenden Behörden befänden. Eine Information, die den Bereich eines Nachrichtendienstes verlassen habe, tangiere dessen Interessen nur, wenn diese z. B. als Verschlusssache gekennzeichnet sei. Andernfalls könne kein Geheimhaltungsinteresse bestehen. Zweck der Bereichsausnahme sei nicht, sämtliche nachrichtendienstlichen Informationen vom Informationsanspruch auszunehmen. Der Ausschluss nach § 3 Nr. 8 IFG betreffe damit nur solche Informationen, die sich ausschließlich bei den entsprechenden Behörden befänden. Sobald eine Information die Herrschaftssphäre dieser Behörden verlassen habe, regelten die übrigen Ausnahmevorschriften das Geheimhaltungsinteresse. Das BMVg sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Unterlagen auch verfügungsbefugt i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG. Ferner greife der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 4 IFG nicht. Die Beklagte habe diesen nicht hinreichend konkret ausgefüllt. Auszüge aus dem Einheitsaktenplan der Bundeswehr für das Jahr 2005 seien im Internet frei einsehbar. Die Erläuterungen zum Verbleib von Sprengstoff aus dem Jahr 1990 seien gleichfalls nicht materiell geheimhaltungsbedürftig, was auch die Archivgesetze des Bundes und der Länder zeigten. Im Hinblick auf § 5 IFG habe die Beklagte bei den Erben von Uwe Mundlos anfragen müssen, ob diese in den Zugang zu den personenbezogenen Daten einwilligten. Das Verwaltungsgericht hätte insoweit ein Bescheidungsurteil erlassen müssen. Erst nach einer Ablehnung durch die Erben hätte man zur Ausschlussnorm des § 5 Abs. 2 IFG kommen dürfen. Diese müsse jedoch im Licht der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG interpretiert werden. Dieser Grundrechtsschutz sei verkannt worden. Er sei nicht abgewogen worden. Ohnehin ergebe sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG direkt ein Auskunftsanspruch. Verkannt worden sei überdies die Bedeutung von Art. 10 EMRK. Dieser gewährleiste ebenfalls einen Informationszugang. Zumindest habe er als Auslegungshilfe herangezogen werden müssen. Es werde klargestellt, dass das Klagebegehren nicht zusätzlich auf einen presserechtlichen Auskunftsanspruch als eigenständige Anspruchsgrundlage gestützt werden solle.
34Die Klägerin beantragt,
351. das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2012 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2013 zu verpflichten, ihr die in Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, ergänzt und korrigiert durch Schriftsatz der Beklagten vom 19. Juni 2015, aufgeführten Unterlagen in Kopie vollständig zur Verfügung zu stellen, wobei personenbezogene Daten Dritter - mit Ausnahme des Uwe Mundlos - geschwärzt werden können,
2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
40die Berufung zurückzuweisen.
41Sie trägt wiederholend und ergänzend vor: § 9 WDO sei eine spezielle Norm i.S.d. § 1 Abs. 3 IFG. § 9 Abs. 3 Satz 1 WDO betreffe die Übermittlungen nach dem Soldatengesetz, dem Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst oder dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz, nicht jedoch nach dem Informationsfreiheitsgesetz. § 3 Nr. 8 IFG stelle mit absolutem Vorrang ganze Verwaltungsbereiche vom Informationszugangsanspruch frei, selbst wenn keine sicherheitsrelevanten Informationen betroffen seien. Daher gehe es insoweit nicht um eine weite Auslegung eines Ausnahmetatbestandes im Informationsfreiheitsgesetz. Vielmehr sei die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG nach dem Willen des Gesetzgebers in ihrem umfassend ausschließenden Sinn (Schutz aller Tätigkeiten der Nachrichtendienste) anzuwenden. § 3 Nr. 8 IFG müsse nach seinem Sinn und Zweck umfassend auch dann gelten, wenn Akten eines Nachrichtendienstes an eine weitere Behörde weitergegeben worden seien. Andernfalls hinge der Schutz des § 3 Nr. 8 IFG vom taktischen Geschick des Antragstellers ab, indem er seinen Antrag ins Blaue hinein bei einer vorgesetzten Behörde der Nachrichtendienste stelle. Der Schutz der Nachrichtendienste durch § 3 Nr. 1 c) oder Nr. 4 IFG sei nach dem Willen des Gesetzgebers nicht ausreichend. Auf die Thematik der Verfügungsbefugnis des BMVg über die Unterlagen komme es danach nicht an. Den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG habe die Beklagte in nachvollziehbarer Weise dargelegt. Sie sei konkret auf die Inhalte der einzelnen als „VS-NfD“ eingestuften Ordner eingegangen. Der Hinweis der Klägerin auf das Bundesarchivgesetz führe hinsichtlich der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterlagen nicht weiter, weil selbst die Dreißigjahresfrist des § 5 Abs. 1 BArchG noch nicht abgelaufen sei. Inwieweit darüber hinaus die besonderen (längeren) Fristen des § 5 BArchG einschlägig sein könnten, bedürfe mithin keiner weiteren Erörterung. Der Schutz des § 5 Abs. 2 IFG habe bisher durch Zeitablauf nicht an Intensität eingebüßt. Die Verfügungsbefugnis über Informationen aus Personalakten sei höchstpersönlicher Natur. Eine Rechtsnachfolge komme bei einer Einwilligung daher - ähnlich wie bei § 203 StGB - sachlogisch nicht in Betracht. Eine Parallele zum zivilrechtlichen Persönlichkeitsrecht mit vermögenswerten Bestandteilen könne nicht gezogen werden. Für eine weitergehende Abwägung lasse § 5Abs. 2 IFG keinen Raum. Der Gesetzgeber selbst habe Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bereits berücksichtigt. Eine nochmalige restriktive Handhabung der Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsgesetzes mit Blick auf die Pressefreiheit scheide danach aus. Uneingeschränkte unmittelbare Auskunftsansprüche aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 EMRK seien zu verneinen (GA 397). Diese hingen davon ab, wie der Anspruch einfachgesetzlich ausgestaltet sei und sich im jeweiligen konkreten Einzelfall auswirke.
42Der Senat hat am 30. August 2016 über die Berufung der Klägerin mündlich verhandelt und die Sache zur weiteren Sachaufklärung vertagt.
43Auf die anschließende Aufklärungsverfügung des Senats vom 31. August 2016 trägt die Beklagte mit Schriftsätzen vom 19. Oktober 2016 und vom 10. Februar 2017 weitergehend vor: Lediglich bei dem 1. Ordner zu BMVg-3 handele sich um eine Personalakte von Uwe Mundlos. Dieser Aktenordner sei jedoch nicht mehr streitgegenständlich. Bei den übrigen in der Verfügung des Senats vom 31. August 2016 genannten Akten zu BMVg-3 und BMVg-7 handele es sich um Personalakten anderer ehemaliger Soldaten. Sie seien ebenfalls nicht streitgegenständlich, weil die Klägerin keinen Zugang zu Informationen über Dritte begehre. Eine inhaltliche Relevanz dieser Akten für das geltend gemachte Informationsbegehren bezüglich Uwe Mundlos sei nicht erkennbar. Der Anknüpfungspunkt liege lediglich darin, dass diese Personen zu derselben Zeit wie Mundlos Dienst geleistet hätten. Diese Akten unterfielen, auch soweit sie nicht oder nicht mehr als vertraulich eingestuft seien, zudem dem Ablehnungsgrund des abwägungsresistenten § 5 Abs. 2 IFG. Die Rechtsprechung zum postmortalen Persönlichkeitsschutz sei nicht einschlägig, weil die anderen Personen noch lebten. Die Akten seien einer Abwägung nicht zugänglich. Sie enthielten besonders sensible Daten von Personen, die nicht im besonderen Licht der öffentlichen Debatte stünden. Eine Ausnahme davon bilde teilweise der 9. Ordner zu BMVg-3, der auch eine Vorgangs- und Beschwerdeakte enthalte. Dort finde sich auf S. 147 bis 432 eine Vorgangsakte zur Entlassung des ehemaligen Soldaten (S. 147 bis 316) sowie die Beschwerdeakte zu der Entlassung (S. 317 bis 432). Dabei handele es sich nicht um Personalakten. Gleichwohl beträfen sie das Dienstverhältnis i.S.d. § 5 Abs. 2 IFG und dürften daher ebenfalls diesem Ausschlussgrund unterfallen. In Bezug auf den weiteren Ablehnungsgrundes § 3 Nr. 4 IFG habe eine erneute Prüfung ergeben, dass sämtliche Ordner der Akten zu BMVg-3 und BMVg-7 mit einem Deckblatt versehen seien, in der die Einstufung mit „Offen/VS - Nur für den Dienstgebrauch“ angegeben werde. Dabei seien ausdrücklich als „VS-NfD“ zumeist nur Teile der Ordner eingestuft. Soweit eingestuft worden sei, ergebe sich die Einstufung der Ordner entsprechend der VS-Anweisung aus dem jeweils am höchsten eingestuften Dokument. Danach seien bestimmte Aktenblätter, die als Teil der jeweiligen Personalakte weiterhin als „VS-NfD“ eingestuft seien, dem Informationszugang auch unter dem Gesichtspunkt § 3 Nr. 4 IFG entzogen. Im 9. Ordner zu BMVg-3 fänden sich BV-(„Besondere Vorkommnisse“)-Meldungen(S. 163 bis 164, 184, 194 bis 198, 329, 366) sowie ein Bericht des MAD-Amtes (S. 165 bis 171, 343 bis 349), die jeweils als „VS-NfD“ eingestuft seien. Während die Einstufung der BV als „VS-NfD“ als nicht mehr zwingend erscheine, da sicherheitsrelevante Umstände nicht erkennbar seien, werde dies für den MAD-Bericht anders bewertet. Bei dem Bericht - für den im Übrigen auch die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG greife - handele es sich um eine Unterrichtung des MAD an den zuständigen Bundeswehrkommandeur über sicherheitsrelevante Erkenntnisse über einen damaligen Soldaten. Neben den personenbezogenen Daten ergäben sich aus dem Bericht Vorkommnisse tatsächlicher Art und weitere Erkenntnisse des MAD. Der Bericht sei weiterhin als „VS-NfD“ einzustufen, weil er Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des MAD im Hinblick auf Quellennutzung, Art und Weise der Informationsbeschaffung, Zusammenarbeit, Auswertung, Vorgehensweise, Methodik, Arbeitsabläufe auch in zeitlicher Hinsicht u. ä. zulasse. Dies sei grundsätzlich sicherheitsrelevant und somit schützenswert, zumal durch die genaue Zuordnung der Zuständigkeiten auf die Einordnung der Vorfälle geschlossen werden könne. Letzteres gelte - neben der Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG - auch für die weiteren Aktenteile. Im 10. Ordner zu BMVg-3 (S. 49 bis 50), im 15. Ordner zu BMVg-3 (Blatt 210), im 17. Ordner zu BMVg-3 (S. 356 bis 357) sowie im 5. Ordner zu BMVg-7 (S. 256/257) seien jeweils Unterrichtungsersuchen des MAD für den Fall der Einberufung zu einer Wehrübung enthalten, die nach wie vor als „VS-NfD“ einzustufen seien. Im 13. Ordner zu BMVg-3 (S. 176/177) sei ein Ersuchen des MAD auf Nichtheranziehung für die Dauer von fünf Jahren aufgrund von Sicherheitsbedenken enthalten, das richtigerweise auch als Verschlusssache anzusehen sei. Nicht mehr an der Einstufung als „VS-NfD“ festgehalten werde im Hinblick auf S. 323 bis 325 des 2. Ordners zu BMVg-3 (Anhörung zu einer beabsichtigten Nachdienverfügung nach unerlaubter Abwesenheit sowie diesbezügliches Nachberechnungsblatt und Mitteilung an die vorgesetzte Dienststelle), auf S. 69 des 6. Ordners zu BMVg-3 (Fernschreiben mit der Mitteilung, dass eine Änderung der PK stattgefunden hat) sowie auf S. 203 des 2. Ordners zu BMVg-7 (Erklärung zur Verschwiegenheit beim Ausscheiden aus dem Dienst gemäß ZDv 20/3 Ziff. 101). Des Weiteren sei der einzige Ordner zu BMVg-4 (komplett) gemäß § 3 Nr. 4 IFG dem Informationszugang entzogen. Er sei aufgrund materieller Geheimhaltungsbedürfnisse gemäߧ 3 Nr. 4 VSA i.V.m. § 4 Abs. 2 SÜG als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS - Nur für den Dienstgebrauch“ qualifiziert. Eine Herabstufung dieses Ordners komme unverändert nicht in Betracht. Vorgänge im Zusammenhang mit einem Munitionsdiebstahl seien sicherheitsrelevant und daher potentiell geeignet, Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig zu tangieren. Dies gelte auch für Meldungen über „Besondere Vorkommnisse“. Derartige Vorfälle begleitende Unterlagen wie z. B. Vorlagen an die Leitung seien notwendigerweise in gleicher Weise einzustufen. Der Ordner zu BMVg-4 enthalte eine gezielte Zusammenstellung von Vorlagen und Unterlagen, die im Zusammenhang mit Presseanfragen zu dem mutmaßlichen Munitionsdiebstahl in der Zeit vom 9. November 2011 bis zum 27. Februar 2012 entstanden seien. Dazu gehörten zahlreiche Unterlagen mit persönlichem Schriftverkehr mit Namen von Personen, die heute zum Teil in geheimhaltungsbedürftigen Verwendungen seien. Darüber hinaus enthalte der Ordner Unterlagen, die auf eine mögliche Gefährdung von Personen schließen ließen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Dienststellen, ihrer Dienstposten oder ihrer namentlichen Nennung als schutzbedürftig zu betrachten seien. Ergänzend zu verschiedenen Dokumenten seien Hintergrundinformationen und teilweise unveränderte Meldungen von „Besonderen Vorkommnissen“ und „Sicherheitsvorkommnissen“ beigefügt. Einzelne Hintergrundinformationen bezögen sich auf die grundsätzliche oder auch konkrete Arbeitsweise des MAD oder der mit Fragen der militärischen Sicherheit befassten damaligen BMVg FüS-Referate bzw. ließen Rückschlüsse auf diese zu. Die im Ordner enthaltenen Schriftstücke hätten ihren Ursprung bei Dienststellen und Arbeitsbereichen, die sich mit militärischer Sicherheit befassten. Selbst wenn einzelne Seiten des Ordners für sich genommen keiner Einstufung bedürften, sei es durch die gezielte Zusammenführung der Unterlagen in dem Ordner durchaus möglich, die Arbeitsweise des MAD oder der Bereiche, die sich mit militärischer Sicherheit befassten, zumindest teilweise offen zu legen. Nachteilige Auswirkungen seien daher insbesondere dadurch zu befürchten, dass in Kenntnis der Arbeitsweise dieser Bereiche der Bundeswehr Rückschlüsse auf zukünftige sicherheitsrelevante behördeninterne Abläufe gezogen werden könnten, die Behörden damit berechenbar würden und dadurch Unbefugte ihrer Verhaltensweisen entsprechend anpassen könnten. Dies könne dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit der mit der militärischen Sicherheit befassten Bereiche sowie des MAD gezielt untergraben werde, was letztlich eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen könne. Entsprechendes gelte für den VS-eingestuften Einheitsaktenplan mit „Schlüsselwörtern“, den 1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16. Diese Auszüge des Einheitsaktenplans beinhalteten neben dem Deckblatt und der Erläuterung die Hauptgruppenverzeichnisse und die Az-Liste der Hauptgruppe 6 (Militärische Sicherheit und dabei MAD-Angelegenheiten), die neben anderen mitursächlich für die damalige Einstufung des Einheitsaktenplans (ZDv 64/2) als „VS-NfD“ gewesen seien. Die Kenntnis der Aktenzeichen gewisser Hauptgruppen des damaligen Einheitsaktenplan ließen auch heute noch Rückschlüsse auf Aufgabengebiete, Arbeitsbereiche und damit auch auf die Strukturen des MAD, aber auch anderer sicherheitsrelevanter Bereiche des BMVg und seines nachgeordneten Bereichs zu. Eine Einstufung der gesamten (damaligen) ZDv 64/2 als „VS-NfD“ sei nach den Grundsätzen der VS-Anweisung und deren Umsetzung in der ZDv 2/30 VS-NfD für den Geschäftsbereich aus diesen Gründen zwingend vorgeschrieben. Mit der derzeit gültigen Neufassung des Aktenplans als Zentralrichtlinie A2-500/0-0-2 - Anwendung des Einheitsaktenplans - sei zumindest der einleitende grundsätzliche Teil der Regelung nicht mehr als „VS-NfD“ eingestuft. Jedoch bleibe es aus den oben genannten Gründen auch jetzt bei der Einstufung des Einheitsaktenplans als „VS-NfD“, was die Hauptgruppen und ihre Aktenzeichen betreffe (heute Hauptgruppe 5 - MAD). Grundsätzlich habe sich diesbezüglich nichts an der Aussagekraft des Einheitsaktenplans geändert. Mit seinen Veröffentlichungen im Internet erläutere der MAD lediglich seine Arbeitsweise im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit. Diese Darstellung beschreibe die Strukturen im Groben, ohne auf Details einzugehen. Sie weise keine Detailtiefe auf, die auf die operative Arbeitsweise des MAD im Konkreten Rückschlüsse zulasse. Insbesondere würden keinerlei Angaben zu den handelnden Personen, Mitteln, Methodik oder gar zu Einzelfällen gemacht. Presserechtliche Auskunftsansprüche könne die Klägerin im vorliegenden informationsfreiheitsrechtlichen Verfahren nicht geltend machen.
44Mit Schriftsatz vom 5./13. Januar 2017 trägt die Klägerin dazu vor: Die Beklagte lege den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG nicht hinreichend konkret dar. Hinsichtlich der Aktenteile 10. Ordner zu BMVg-3 (S. 49 bis 50), 15. Ordner zu BMVg-3 (S. 210), 17. Ordner zu BMVg-3 (S. 356 bis 357), 5. Ordner zu BMVg-7 (S. 256/257) und 13. Ordner zu BMVg-3 (S. 176/177) mache die Beklagte lediglich grundsätzliche Ausführungen, ohne konkret darzutun, welches Schutzgut betroffen sei. Im Übrigen ließen sich Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des MAD ohne Weiteres auch bereits nach einer kurzen Google-Recherche ziehen. Auf der offiziellen Seite des Amtes für den militärischen Abschirmdienst werde ein pdf-Dokument vom 5. September 2016 zum Download angeboten, das auf acht Seiten die Struktur, Aufgabenbereiche und teilweise auch die Art und Weise der Arbeit des MAD erläutere. Was die nicht oder nicht mehr eingestuften Personalakten 1. bis 13. Ordner und 15. bis 16. Ordner zu BMVg-3, 1. bis 5. Order zu BMVg-7 angehe, seien diese Akten immer noch streitgegenständlich. Das Auskunftsbegehren der Klägerin beziehe sich auf alle Akten, die an den Deutschen Bundestag herausgegeben worden seien. Außerdem habe sie sich bereits mit der Schwärzung personenbezogener Daten Dritter einverstanden erklärt, so dass die Beklagte ein Scheinproblem aufwerfe. Nicht hinreichend konkret für die Ausfüllung des Ablehnungsgrunds gemäß § 3 Nr. 4 IFG seien auch die Darlegungen der Beklagten zum einzigen Ordner BMVg-4 (komplett). Die Beklagte habe es auch insofern versäumt, konkret zum Inhalt und zur materiellen Geheimhaltungspflicht vorzutragen. Gleiches gelte für den Einheitsaktenplan mit „Schlüsselwörtern“ (1. Ordner zum BMVg-1, S. 1 bis 16). Schließlich werde nochmals auf den Informationsanspruch aus Art. 10 EMRK verwiesen.
45Mit Schriftsätzen vom 2. Februar 2017 und vom 14. Februar 2017 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
47E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
48Nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, entscheidet der Senat über die Berufung der Klägerin gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.
49Die Berufung der Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Klage, soweit sie noch anhängig ist, ist zulässig und - wie aus dem Tenor hervorgeht - teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
50Der Bescheid des BMVg vom 13. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2013 ist im noch streitgegenständlichen Umfang in Teilen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
51Die Klägerin hat im tenorierten Umfang einen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG, ihr Zugang zu den in Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, ergänzt und korrigiert durch Schriftsatz der Beklagten vom 19. Juni 2015, aufgeführten Unterlagen zu gewähren, soweit es sich dabei um Personalakten handelt. Ferner hat die Klägerin einen Informationsanspruch gegen die Beklagte im Hinblick auf den Einheitsaktenplan im 1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16, sowie auf den kompletten und einzigen Ordner zu BMVg-4 (S. 1 bis 198), der Unterlagen im Zusammenhang mit mutmaßlichen Munitionsdiebstählen aus Bundeswehr/NVA-Beständen Anfang der 1990er Jahre beinhaltet. Hinsichtlich streitbefangener Akten bzw. Aktenteile, die beim BMVg vorliegen, aber vom MAD stammen, sowie hinsichtlich Disziplinarakten ist der Informationsanspruch hingegen ausgeschlossen.
52Im Einzelnen:
53Die Grundvoraussetzungen des Informationsanspruchs nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG liegen vor. Die Klägerin zählt zu dem Kreis der nach dieser Bestimmung Anspruchsberechtigten (dazu 1. a). Das BMVg ist eine informationspflichtige Stelle i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG und das streitige Informationsbegehren zielt auf eine amtliche Information gemäß § 2 Nr. 1 IFG (dazu 1. b). Das Informationsfreiheitsgesetz findet nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 IFG zudem auch insoweit Anwendung, als das Informationsbegehren der Klägerin auf Personal- und Disziplinarakten eines ehemaligen Soldaten gerichtet ist (dazu 1. c). Allerdings stehen dem Informationsanspruch teilweise Ausschlussgründe entgegen (dazu 2.). Um zu diesen Feststellungen zu gelangen, bedarf es der Einleitung eines in-camera-Verfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO nicht (dazu 3.). Ein darüber hinausgehender - presserechtlicher - Informationsanspruch der Klägerin unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG oder aufgrund von Art. 10 EMRK ist im vorliegenden Verfahren, dessen Streitgegenstand allein dem Informationsfreiheitsgesetz entstammt, nicht zu prüfen (dazu 4.).
541. Die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Informationszugang nach§ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG sind erfüllt.
55Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.
56a) Danach gehört die Klägerin zum Kreis der Anspruchsberechtigten.
57Der Informationsanspruch besteht prinzipiell für jedermann, auch für juristische Personen des Privatrechts,
58vgl. die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/4493, S. 7; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 61 f.,
59wie die Klägerin. Diese ist als Societas Europea i.S.d. Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft rechtsfähig. Für das Bestehen des Informationsanspruchs der Klägerin ist unschädlich, dass ein Journalist der Zeitung „Die Welt“ den Informationsantrag in eigenem Namen gestellt hat. „Die Welt“ wird vom Verlagshaus der Klägerin verlegt. Die Beteiligten gehen auch übereinstimmend davon aus, dass das streitige Informationsbegehren der Klägerin zuzurechnen ist.
60b) Das BMVg ist als Behörde des Bundes eine gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG informationspflichtige Stelle. Die streitbefangenen Akten bzw. Aktenteile, welche die Beklagte in der Anlage 2 zu ihrer Klageerwiderung vom 4. September 2013 - ergänzt durch den Schriftsatz vom 19. Juni 2015 - aufgelistet hat, sind überdies ohne Weiteres amtliche Informationen i.S.v. § 2 Nr. 1 IFG. Sie stellen amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen dar.
61c) Das Informationsfreiheitsgesetz ist gemäß § 1 Abs. 3 IFG auch insoweit anwendbar, als das Informationsbegehren der Klägerin auf Personal- und Disziplinarakten ehemaliger Soldaten gerichtet ist. § 29 Abs. 3 Satz 9 SG und § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO, die eigene Anforderungen an die Auskunftserteilung aus Personal- bzw. Disziplinarakten von (früheren) Soldaten stellen, sind keine Spezialregelungen, die den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes verschließen.
62§ 1 Abs. 3 IFG normiert, dass Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 SGB X vorgehen.
63Eine Sperrwirkung kann demnach nur eine Norm entfalten, die einen mit dem Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz identischen sachlichen Regelungsgegenstand hat. Damit sind die Voraussetzungen für den Nachrang des Informationsfreiheitsgesetzes allerdings nicht abschließend umschrieben. Wenn und soweit die Bestimmung des § 1 Abs. 3 IFG dem Fachrecht Geltung verschaffen will, bedarf es des Weiteren der Prüfung, ob sich diespezialgesetzliche Bestimmung als abschließend versteht.
64Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, juris Rn. 46, und vom 3. November 2011 - 7 C 4.11 -, juris Rn. 9, Beschluss vom9. November 2010 - 7 B 43.10 -, juris Rn. 8.
65Dies trifft auf § 29 Abs. 3 Satz 9 SG und § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO im Verhältnis zum Informationsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht zu.
66Zwar knüpft § 29 Abs. 3 Satz 9 SG Auskünfte aus Personalakten von (früheren) Soldaten an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg, bei denen es sich auch um natürliche oder juristische Personen des Privatrechts handeln kann,
67vgl. dazu Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, SG,3. Aufl. 2016, § 29 Rn. 52,
68an besondere Voraussetzungen. Danach dürfen derartige Auskünfte außer in den Fällen des § 29 Abs. 3 Satz 6 SG ohne Einwilligung des Bewerbers, Soldaten oder früheren Soldaten nur erteilt werden, wenn zwingende Gründe der Verteidigung, die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangige Interessen Dritter dies erfordern.
69In ähnlicher - wenn auch inhaltlich restriktiverer - Weise legt § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO einschränkend fest, dass Auskünfte etwa über Disziplinarmaßnahmen und im Disziplinarbuch eingetragene gerichtliche Strafen, Mitteilungen über Ermittlungen des Disziplinarvorgesetzten, über Vorermittlungen des Wehrdisziplinaranwalts und über gerichtliche Disziplinarverfahren sowie über Tatsachen aus solchen Verfahren ohne Zustimmung des Soldaten oder des früheren Soldaten nur erteilt werden an Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg, an Gerichte und Staatsanwaltschaften, soweit dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben erforderlich ist (Nr. 1), sowie an Verletzte zur Wahrnehmung ihrer Rechte (Nr. 2).
70Vgl. hierzu Dau, WDO, 5. Aufl. 2013, § 9 Rn. 4 ff.
71Gleichwohl entfalten § 29 Abs. 3 Satz 9 SG und § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO hinsichtlich der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes keine Sperrwirkung.
72A. A. bezüglich § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO: Dau, WDO, 5. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2a und 19.
73Diese Bestimmungen haben keinen mit dem Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz identischen sachlichen Regelungsgegenstand. Zum einen sind sie im Unterschied zu § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht als grundsätzlich voraussetzungslose Jedermann-Rechte konzipiert. Zum anderen vollzieht sich nach der Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes der Schutz von in Personal- und Disziplinarakten enthaltenen personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstverhältnis stehen, nicht schon auf der vorgelagerten Ebene des § 1 Abs. 3 IFG, sondern erst im Rahmen des Ausschlusstatbestands des § 5 Abs. 2 IFG. Dieser entzieht Personalakten ebenso wie Akten aus Disziplinarverfahren gegen (frühere) Soldaten grundsätzlich in abwägungsresistenter Weise einem Informationszugang, soweit keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. § 5 Abs. 2 IFG inkorporiert mithin, wie im Einzelnen unter 2. b) und c) ausgeführt werden wird, den - soldatenrechtlich durch § 29 Abs. 3 Satz 9 SG und § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO - vorgegebenen und austarierten Vertraulichkeitsschutz.
74Vgl. zu diesem Regelungsmechanismus OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 46, 59 und 110 f. (mit Blick auf die vergleichbaren §§ 106 ff. BBG, insbesondere § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG); zu Inhalt und Reichweite von § 5 Abs. 2 IFG siehe weiterhin bereits an dieser Stelle BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 -, juris Rn. 19 und 26, sowie die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/4493, S. 13 („Auch Akten aus Disziplinarverfahren … sind damit geschützt.“).
75Demgemäß ist erst anhand der Durchbrechungen der grundsätzlichen Vertraulichkeit der Personal- bzw. Disziplinarakte im Ausnahmefall, wie sie in § 29 Abs. 3 Satz 9 SG, § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO vorgesehen und ausgestaltet sind, zu untersuchen, ob im konkreten Einzelfall ein spezifisches Informationsinteresse den an sich eingreifenden Vertraulichkeitsschutz des § 5 Abs. 2 IFG einzuschränken vermag.
76Vgl. zu diesem Ansatz wiederum OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 64.
77Welche Bedeutung davon abgesehen § 9 Abs. 3 Satz 1 WDO, wonach andere Rechtsvorschriften, die eine Auskunftserteilung zulassen, unberührt bleiben, für das Zusammenspiel des wehrdisziplinarrechtlichen Auskunftsrechts mit dem Informationsfreiheitsgesetz hat, kann daher dahinstehen.
782. Allerdings ist der streitige Informationsanspruch bezüglich der Akten bzw. Aktenteile, die beim BMVg vorliegen, aber vom MAD stammen, gemäß § 3 Nr. 8 IFG umfassend ausgeschlossen (dazu a). Dagegen kann die Beklagte den erstrebten Informationszugang im Hinblick auf die in Rede stehenden Personalakten außerhalb des Anwendungsbereichs des § 3 Nr. 8 IFG weder gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG noch nach § 3 Nr. 4, Nr. 1 g) und Nr. 1 b) IFG verweigern (dazu b). Für die Disziplinarakten greift der Ablehnungstatbestand des § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG hingegen ein (dazu c). Mit Blick auf die danach verbleibenden Akten bzw. Aktenteile, die nicht den vorstehenden Aktenkategorien zuzurechnen sind, welche die Beklagte nach den ergänzenden Ausführungen in ihren Schriftsätzen vom 19. Oktober 2016 und vom 10. Februar 2017 aber weiterhin als gemäß § 3 Nr. 4 IFG geheimhaltungsbedürftige Verschlusssachen deklariert - d. h. den 1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16, sowie auf den einzigen Ordner zu BMVg-4 komplett (S. 1 bis 198) -, ist der Informationsanspruch der Klägerin indes nicht ausgeschlossen, weil der insoweit allein angeführte Versagungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG nicht greift (dazu d).
79a) Soweit die Klägerin die Zugänglichmachung von Akten bzw. Aktenteilen begehrt, die beim BMVg vorhanden sind, aber vom MAD stammen, steht dem Informationsanspruch § 3 Nr. 8 IFG entgegen.
80Nach dieser Bestimmung besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben i.S.d. § 10 Nr. 3 SÜG wahrnehmen.
81Mit § 3 Nr. 8 IFG normiert das Informationsfreiheitsgesetz die einzige ausdrückliche Bereichsausnahme. Für sie kommt es bei der Entscheidung über den Informationszugang nicht auf eine Bewertung der begehrten Informationen und die Prognose eines mit deren Offenlegung verbundenen Nachteils für gesetzlich anerkannte Schutzgüter an. Vielmehr sind die Nachrichtendienste - im Verständnis des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254) - in Gänze und die anderen in § 3 Nr. 8 IFG genannten Behörden und Stellen bezogen auf bestimmte Aufgabenbereiche vom Informationszugang ausgenommen.
82Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 - 7 C 18.14 -, juris Rn. 12, unter Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses zum Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/5606, S. 6.
83§ 3 Nr. 8 IFG knüpft damit an den Adressaten eines Zugangsbegehrens an und nimmt diesen von einer grundsätzlich gegebenen Informationspflicht aus. Sein Wortlaut („gegenüber“) verweist auf eine verwaltungsrechtliche Beziehung zwischen dem die Information begehrenden Antragsteller und dem Adressaten seines Zugangsantrags. Danach kann der um Informationszugang angegangene Nachrichtendienst auf diesen Versagungsgrund verweisen.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 - 7 C 18.14 -, juris Rn. 13 und 17.
85Sinn und Zweck des § 3 Nr. 8 IFG führen indes auf ein funktionsbezogen erweitertes Verständnis dieser Bereichsausnahme, das auch - i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG hinsichtlich der betreffenden Information verfügungsberechtigte - Aufsichtsbehörden über einen Nachrichtendienst einbezieht. Nachrichtendienste sollen nicht nur in Bezug auf Informationen, die nach allgemein gefassten materiellen oder prozeduralen Kriterien als schutzwürdig einzustufen sind, vom Informationszugang ausgenommen sein. Vielmehr ist der Informationszugang bezüglich aller sie betreffenden Vorgänge und aller ihrer Tätigkeiten gesperrt. Die Nachrichtendienste werden damit hinsichtlich der Anforderungen an eine Informationsverweigerung privilegiert, indem sie sich zur Ablehnung des Antrags mit einem Verweis auf ihre besondere Aufgabenstellung begnügen können. Der besondere den Nachrichtendiensten durch § 3 Nr. 8 IFG zugebilligte Schutz liegt demnach darin, dass diese zur Vermeidung eines jeglichen Ansatzes für eine umfassende Ausforschung den Informationszugang unterschiedslos zu allen Informationen verweigern können und deswegen der Notwendigkeit einer detaillierten Bewertung der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit und einer hierauf bezogenen Begründung eines ablehnenden Bescheids enthoben sind. Dieser verfahrensrechtlichen Erleichterung kommt angesichts des ansonsten mit der Bearbeitung von Informationszugangsanträgen verbundenen Verwaltungsaufwands ein nicht unbeträchtliches Gewicht zu. Dieses Regelungsziel wird nur dann vollständig erreicht, wenn ergänzend solche Behörden von der auch verfahrensmäßigen Privilegierung des § 3 Nr. 8 IFG erfasst werden, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung in einer besonders engen Beziehung zu den Nachrichtendiensten stehen. Sie verfügen typischerweise über eine Vielzahl von Dokumenten, die von den Nachrichtendiensten stammen und nicht nur deren Erkenntnisse und Bewertungen, sondern insbesondere Interna über Aufbau und Arbeitsweisen der Nachrichtendienste enthalten können. Diese sind folglich auch dann der Gefahr einer Ausforschung ausgesetzt, wenn sich zahlreiche Informationszugangsanträge gegen bestimmte andere Behörden richten, in deren Aktenbestand sich die Tätigkeit der Nachrichtendienste jedenfalls teilweise abbildet.
86Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 - 7 C 18.14 -, juris Rn. 21 ff., unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/4493, S. 12 sowie die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses zum Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/5606, S. 6; kritisch dazu Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 349, demzufolge nach Wortlaut, Systematik und Gesetzesbegründung die in Betracht kommenden Anspruchsgegner in § 3 Nr. 8 IFG abschließend genannt seien, darunter befänden sich das etwa das Bundeskanzleramt und das BMVg nicht.
87Nach diesen Grundsätzen schließt § 3 Nr. 8 IFG den geltend gemachten Informationsanspruch hinsichtlich der Akten bzw. Aktenteile umfassend aus, die beim BMVg vorliegen, aber vom MAD stammen.
88Das BMVg ist - anders als der MAD - selbst kein Nachrichtendienst. Es steht zu diesem aber in einer besonders engen funktionalen Beziehung, weil es die Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht über ihn ausübt. Der MAD ist gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den militärischen Abschirmdienst vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954; im Folgenden: MAD-Gesetz) eine Dienststelle des BMVg. Seine Aufgabe ist die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MAD-Gesetz) sowie über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MAD-Gesetz), wenn sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten gegen Personen, Dienststellen oder Einrichtungen im Geschäftsbereich des BMVg richten und von Personen ausgehen oder ausgehen sollen, die diesem Geschäftsbereich angehören oder in ihm tätig sind.
89Im streitgegenständlichen Aktenbestand des BMVg, der vom MAD stammt, bildet sich dessen nachrichtendienstliche Tätigkeit ab. Dieses Aktenmaterial ist solchermaßen bei der vorzunehmenden funktionsbezogenen Betrachtung gemäߧ 3 Nr. 8 IFG dem Informationszugang entzogen, ohne dass - anders als etwa bei§ 3 Nr. 1, Nr. 3 b) oder Nr. 4 IFG - seine Sicherheitsrelevanz oder (fortbestehende) Geheimhaltungsbedürftigkeit - d. h. die nachteilige Auswirkung des Informationszugangs auf die nachrichtendienstliche Tätigkeit - geprüft werden muss.
90Der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 8 IFG erstreckt sich damit zunächst auf folgende der von der Beklagten in der Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013, ergänzt durch den Schriftsatz vom 19. Juni 2015, aufgeführten Akten bzw. Aktenteile:
911. |
Ordner zu BMVg-1, |
S. 17 bis 73 |
2. |
Ordner zu BMVg-1, |
komplett (S. 1 bis 78) |
3. |
Ordner zu BMVg-1, |
komplett (S. 1 bis 205) |
5. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 3 |
6. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 279 bis 291 |
7. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 28 |
8. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 53 bis 88 |
9. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 130 bis 146 |
14. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 84 bis104, 148 bis 156, 182 bis 183, 235 bis 256, 322 bis 359, 433 bis 450, 542 bis 552, 58 bis 591, 751 bis 757 |
15. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 70 bis 75, 162 bis 164, 165 bis 186, 252 bis 276 |
17. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 22 bis 37, 101 bis 107, 141 bis 144, 150 bis 174, 253 bis 267, 317 bis 350, 396 bis 412 |
1. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 1 bis 455) |
2. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 456 bis 716) |
3. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 717 bis 1009) |
4. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 1 bis 96) |
4a. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 1 bis 5) |
5. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 1 bis 416) |
6. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 417 bis 814) |
7. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 815 bis 1268) |
8. |
Ordner zu BMVg-5, |
komplett (S. 1269 bis 1732) |
(einziger) |
Ordner zu BMVg-6, |
S. 118 bis 137, 214 bis 222 |
6. |
Ordner zu BMVg-7, |
komplett (S. 1 bis 15). |
Hinzu kommen aufgrund der Ausführungen der Beklagten in ihren Schriftsätzen vom 19. Oktober 2016 und vom 10. Februar 2017 folgende Aktenbestandteile:
939. Ordner zu BMVg-3, S. 165 bis 171, 343 bis 349
9410. Ordner zu BMVg-3, S. 49 bis 50
9513. Ordner zu BMVg-3, S. 176/177
9615. Ordner zu BMVg-3, S. 210
9717. Ordner zu BMVg-3, S. 356 bis 357
985. Ordner zu BMVg-7, S. 256/257.
99Bei diesen Aktenteilen handelt es sich nach dem Vorbringen der Beklagten um einen Bericht des MAD an den zuständigen Bundeswehrkommandeur über sicherheitsrelevante Erkenntnisse über einen damaligen Soldaten, um Unterrichtungsersuchen des MAD für den Fall der Einberufung zu einer Wehrübung bzw. um ein Ersuchen des MAD auf Nichtheranziehung. Auch diese Unterlagen beziehen sich bei funktionsbezogener Betrachtung auf die nachrichtdienstliche Tätigkeit des MAD, weswegen sie ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 8 IFG einbezogen sind.
100Da der Ausschlussgrund aus § 3 Nr. 8 IFG wie dargestellt im Hinblick auf die Tätigkeit der Nachrichtendienste bereichsspezifisch-funktionsbezogen zu verstehen ist, ist er von dem von den Beteiligten in diesem Zusammenhang diskutierten Aspekt der Verfügungsberechtigung der angegangenen informationspflichtigen Stelle i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG - hier des BMVg - zu trennen. Auf die Verfügungsberechtigung kommt es nicht gesondert an, weil sie im Vorliegen des Versagungstatbestands gleichsam aufgeht.
101b) Was den Informationszugang der Klägerin zu Personalakten anbelangt, sind demgegenüber außerhalb des Anwendungsbereichs des § 3 Nr. 8 IFG keine Versagungsgründe gegeben. Dies gilt sowohl für § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG (dazu aa) als auch für die übrigen insoweit noch in Betracht kommenden Ausschlusstatbestände nach § 3 Nr. 4 IFG (dazu bb), § 3 Nr. 1 g) IFG (dazu cc) und § 3Nr. 1 b) IFG (dazu dd).
102Als streitgegenständlich betrachtet der Senat dabei auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2016 von der Klägerin gestellten Antrags, ihres ergänzenden Vorbringens im Schriftsatz vom 5./13. Januar 2017 sowie des gesamten Verfahrensstoffs alle in Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, ergänzt und korrigiert durch Schriftsatz der Beklagten vom 19. Juni 2015, gelisteten Personalakten. Zwar bezieht sich das Informationsbegehren der Klägerin in der Tat in erster Linie auf Akten über Uwe Mundlos, nicht auf Personalakten Dritter. Allerdings war das Informationsbegehren seit der Stellung des Informationsantrags bei der Beklagten am 19. September 2012 auf die Akten gerichtet bzw. unmittelbar mit diesen verknüpft, die die Beklagte im Hinblick auf Uwe Mundlos (und Uwe Bohnhardt) in Erfüllung der Beweisbeschlüsse BMVg-1 bis BMVg-7 an den NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages übersandt hatte. Diese Akten markieren damit über das gesamte Verfahren hinweg unverändert den Streitgegenstand, selbst wenn sie - wie die Beklagte nunmehr mit Schriftsätzen vom 19. Oktober 2016 und vom10. Februar 2017 geltend macht - Personalakten anderer (ehemaliger) Soldaten sind. Ihre Übergabe an den NSU-Untersuchungsausschuss lässt zudem den Schluss zu, dass sie einen sachlichen Bezug zu Uwe Mundlos und dessen Dienstzeit bei der Bundeswehr aufweisen.
103aa) Die Voraussetzungen für eine Verweigerung des Informationszugangs zu den danach streitgegenständlichen Personalakten gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG sind nicht erfüllt.
104Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 IFG). Besondere Arten personenbezogener Daten i.S.d.§ 3 Abs. 9 BDSG dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 IFG). Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen (§ 5 Abs. 2 IFG).
105Damit ist nach § 5 Abs. 2 IFG bei personenbezogenen Daten, die durch die in der Vorschrift bezeichneten besonderen Umstände gekennzeichnet sind - mithin insbesondere auch für Personalakten -, für eine einzelfallbezogene Abwägung prinzipiell kein Raum mehr. Vielmehr hat das Gesetz selbst eine abschließende Entscheidung getroffen und im Ergebnis einen abwägungsresistenten Ausschlussgrund für einen beantragten Informationszugang normiert, der nur im Wege der Einwilligung überwunden werden kann.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 -, juris Rn. 19 und 26; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 46; sowie die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/4493, S. 13.
107In Bezug auf (frühere) Soldaten knüpft § 5 Abs. 2 IFG indes zugleich an den in§ 29 SG verwendeten und von diesem vorgeprägten Begriff der Personalakte an.
108Vgl. insoweit nochmals den Bericht des Innenausschusses zum Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/5606, S. 6
109Ausgehend davon sichert er die schon dienstrechtlich bestimmte Vertraulichkeit der Personalakte (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SG), soweit sie nach der hierfür maßgeblichen Bestimmung des § 29 Abs. 3 SG reicht, auch gegen allgemeine Informationsansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz ab. Wie bereits unter 1. c) ausgeführt, inkorporiert § 5 Abs. 2 IFG auf diese Weise den - hier soldatenrechtlich - speziell ausgeformten Vertraulichkeitsschutz. Insoweit kommt ihm letztlich lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Auf diese Weise findet eine systematisch-inhaltliche Parallelführung und Aufeinanderabstimmung des spezifisch informationsfreiheitsrechtlichen Versagungsgrunds des § 5 Abs. 2 IFG und der nach Maßgabe spezieller dienstrechtlicher Normen gewährleisteten Vertraulichkeit von Personalakten statt.
110Vgl. dazu nochmals OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 59 und 110 f. (zu den vergleichbaren §§ 106 ff. BBG).
111Angesichts des kombinierten dienst- ebenso wie informationsfreiheitsrechtlichen Regelungszwecks, die Vertraulichkeit der Personalakte einerseits zu sichern, andererseits aber auch im Rahmen des Dienstrechts mit etwaigen Informationsbegehren abzustimmen, folgt daraus, dass § 5 Abs. 2 IFG dort nicht eingreift, wo das Personalaktenrecht selbst Durchbrechungen der Vertraulichkeit der Personalakte vorsieht. Die Vertraulichkeit der Personalakte gilt, wo es das Dienstrecht bestimmt, nicht einschränkungslos. Vielmehr sind die in der Personalakte enthaltenen Unterlagen und Informationen danach nur gegen eine auch dienstrechtlich unbefugte Einsichtnahme geschützt. § 5 Abs. 2 IFG schützt die Personalakte damit inhaltlich akzessorisch zum Personalaktenführungsrecht. Er tritt zurück, soweit die Vertraulichkeit der Personalakte im Ausnahmefall gesetzlich durchbrochen wird. Namentlich der von einem spezifischen Informationsinteresse abhängige Anspruch Dritter nach § 29 Abs. 3 Satz 9 SG schränkt den Vertraulichkeitsschutz der Personalakte schon dem Grunde nach ein.
112Vgl. insofern OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 64 und 110 f. (im Hinblick auf § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG); a. A. wohl Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 29 Rn. 53.
113Dies gilt - ungeachtet der Frage, inwieweit ein postmortaler Persönlichkeitsschutz verfassungsrechtlich durch Art. 1 Abs. 1 GG über die einfachgesetzliche Norm des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG hinaus gewährt ist - im Grundsatz auch für in Personalakten enthaltene Daten verstorbener Soldaten. Aus § 29 Abs. 7 Satz 3 SG geht hervor, dass die Personalakten auch über den Tod des Soldaten hinaus der Vertraulichkeit unterliegen. Danach steht auch Hinterbliebenen die Einsicht in die Personalakten nicht ohne Weiteres zu, sondern nur dann, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen. Leitlinie für die zeitliche Reichweite dieses Vertraulichkeitsschutzes ist die Aufbewahrungsfrist für Personalakten, die anhand von § 5 Abs. 2, Abs. 6 der Verordnung über die Führung der Personalakten der Soldaten und der ehemaligen Soldaten vom 31. August 1995 (BGBl. I S. 1195; im Folgenden: SPersAV), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. März 2012 (BGBl. I S. 462), zu bestimmen ist. So beträgt etwa gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 SPersAV die Aufbewahrungsfrist für Personalakten über frühere Soldaten, die verstorben sind, fünf Jahre nach Eintritt des Ereignisses. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Personalakten dem Bundesarchiv-Militärarchiv zur Übernahme anzubieten(§ 5 Abs. 6 Satz 1 SPersAV). Archivgut, das sich auf natürliche Personen bezieht, steht dann nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BArchG - vorbehaltlich einer Fristverkürzung nach § 5 Abs. 5 BArchG - grundsätzlich erst 30 Jahre nach dem Tod des Betroffenen zur Verfügung.
114Vgl. auch dazu OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 98 ff. (für §§ 106 ff. BBG und namentlich §§ 110 Abs. 2 Satz 2, 111 Abs. 3 Satz 1 BBG); siehe außerdem Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 29 Rn. 93.
115Soweit nach alledem die Vertraulichkeit der Personalakte nach Maßgabe von§ 29 Abs. 3 Satz 9 SG überwunden werden kann und der Ausschlussgrund des§ 5 Abs. 2 IFG nicht eingreift, werden personenbezogene Daten lediglich nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG geschützt. Die nach dieser Vorschrift vorzunehmende Güterabwägung richtet sich jedoch nach den gleichen Interessen und Parametern wie die Abwägung im Rahmen des § 29 Abs. 3 Satz 9 SG. Ein weitergehendes Geheimhaltungsbedürfnis lässt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht ableiten.
116Vgl. insoweit OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 128 (für § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG).
117Gemessen an diesen Maßstäben kann sich die Beklagte mit Rücksicht auf die klägerseits angestrebte Informationserteilung zu den streitbefangenen Personalakten nicht auf den Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG berufen.
118Dies gilt ungeachtet der Tatsache, ob es sich um Personalakten über Uwe Mundlos handelt oder um Personalakten dritter (ehemaliger) Soldaten, die die Beklagte dem NSU-Untersuchungsausschuss vorgelegt hat. § 5 Abs. 2 IFG greift in beiden Fällen nicht ein, weil der durch ihn grundsätzlich gewährleistete Vertraulichkeitsschutz im konkreten Einzelfall ausnahmsweise aufgrund von § 29 Abs. 3 Satz 9 SG zurückzutreten hat.
119Dieser sieht - wie schon oben unter 1. c) wiedergegeben - vor, dass Auskünfte an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung außer in den Fällen des § 29 Abs. 3 Satz 6 SG ohne Einwilligung des Bewerbers, Soldaten oder früheren Soldaten nur erteilt werden dürfen, wenn zwingende Gründe der Verteidigung, die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen Dritter dies erfordern. Letzteres ist der Fall, weil die Klägerin gestützt auf das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berechtigte, höherrangige Interessen an dem begehrten Informationszugang ins Feld führen kann, welche die Vertraulichkeit der Personalakte im Einzelfall überwiegen.
120Bei der Prüfung der Frage, ob der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen des Klägers die Auskunftserteilung zwingend erfordert, ist dem Grundrecht der Pressefreiheit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechend seiner herausgehobenen Bedeutung Rechnung zu tragen. Der Staat ist verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die praktische Wahrnehmung der Pressefreiheit berührt, dem aus der institutionellen Dimension des Grundrechts folgenden, über den abwehrgrundrechtlichen Gehalt hinausgehenden Schutz- und Förderauftrag hinreichend Rechnung zu tragen.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 70, unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u. a. -, juris.
122Je größer die potentielle politische Relevanz eines Sachverhalts ist, desto wichtiger ist es, über eine hinreichende Presseinformation wirksame Öffentlichkeitskontrolle zu ermöglichen. Daher ist aus dem institutionell-objektiven Gehalt der Pressefreiheit zu folgern, dass der Staat zur Schaffung behördlicher Auskunftspflichten gegenüber der Presse verpflichtet ist, die es der Presse erleichtern oder in Einzelfällen sogar überhaupt erst ermöglichen, ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktionen zu erfüllen, die in der repräsentativen Demokratie unerlässlich sind. Dieser objektiven Förderpflicht korrespondiert ein subjektiv-rechtlicher Anspruch einzelner Vertreter der Presse,
123vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris Rn. 26, und vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 72,
124dessen Stellenwert auch - wie hier - bei der Anwendung des Informationsfreiheitsrechts zu berücksichtigen ist.
125Eine effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse setzt danach auch im Bereich des Informationsfreiheitsrechts voraus, dass ihre Vertreter in hinreichendem Maß von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten, die nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind. Mit der hohen Bedeutung der Presse für die öffentliche Meinungsbildung in der Demokratie wäre es nicht vereinbar, insoweit eine übermäßig restriktive Betrachtungsweise an den Tag zu legen.
126Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris Rn. 30; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 74.
127Deshalb ist die Pressefreiheit, jedenfalls dort, wo das Informationsfreiheitsgesetz - wie hier durch § 5 Abs. 2 IFG i.V.m. § 29 Abs. 3 Satz 9 SG - Abwägungen ermöglicht, als relevanter Abwägungsgesichtspunkt bei der Kollision mit anderen Gütern oder Interessen angemessen einzubeziehen.
128Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 76, m.w.N.
129Nach alledem kommt als berechtigtes Interesse i.S.v. § 29 Abs. 3Satz 9 SG, das die Vertraulichkeit der Personalakte zu überwinden geeignet ist, gerade auch ein pressespezifisches Informationsinteresse in Betracht.
130Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 78 (zu § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG).
131Dabei kann sich ein Auskunftsanspruch - wie § 29 Abs. 3 Satz 9 SG ihn vorsieht - ausnahmsweise zu einem Recht auf Akteneinsicht verdichten, wenn das mit einem Informationsbegehren verbundene Informationsinteresse, soweit es das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt, nur durch eine vollständige oder teilweise Überlassung der Personalakte angemessen befriedigt werden kann. Dies ist ausnahmsweise dann der Fall, wenn ein legitimes Auskunftsinteresse entweder die Offenlegung der originalen Urkunde erfordert, wenn der Gesamtzusammenhang der Aktenführung Gegenstand eines legitimen Auskunftsverlangens ist oder wenn bei zu den Akten gehörigen Dokumenten, die eine komplexere Sprachfassung haben, gerade die präzisen Formulierungen innerhalb der Akte relevant sind.
132Vgl. auch insofern OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 112 (zu § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG).
133Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin ein berechtigtes, höherrangigeres Informationsinteresse an der Überlassung der streitigen Personalakten in Kopie. Dieses kann sie aus dem Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG herleiten. Im vorliegenden Einzelfall verdrängt die Pressefreiheit den Schutz der Vertraulichkeit der herausverlangten Personalakten.
134Die Klägerin verweist zu Recht darauf, dass im Fall des bekennenden Neonazis und mutmaßlichen Mörders und NSU-Terroristen Uwe Mundlos ein erhebliches Aufklärungs- und Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Dies gilt auch gerade mit Blick darauf, dass zur Zeit noch ein Strafverfahren gegen die mutmaßliche Mittäterin des Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, anhängig ist, das nach wie vor von einem großen Medieninteresse begleitet wird und das ebenfalls die Aufarbeitung der NSU-Mordserie zum Gegenstand hat.
135Die hier durch die Klägerin repräsentierte unabhängige Presse ist zur Erfüllung dieses gewichtigen Aufklärungs- und Informationsinteresses der Öffentlichkeit berufen. Dazu ist sie aber auf die entsprechende Informationsbasis angewiesen. Insoweit kann sich die Klägerin darauf berufen, dass auch die Bundeswehr-Personalakten des Uwe Mundlos einen erheblichen Informatiosgehalt haben können. Denn bekanntlich war Uwe Mundlos auch während seiner Bundeswehrzeit durch seine rechtsextremistische Gesinnung aufgefallen. Aus eben diesem Grund hat der NSU-Untersuchungsausschuss die Akten angefordert.
136Dies gilt im Übrigen in gleichem Maße für die Personalakten dritter (ehemaliger) Soldaten, die die Beklagte für den NSU-Untersuchungsausschuss zusammengestellt hat. Da davon auszugehen ist, dass diese Akten einen sachlichen Bezug zu Uwe Mundlos aufweisen - sonst wären sie vom Beweisbeschluss und vom Untersuchungsauftrag des NSU-Untersuchungsausschusses nicht erfasst - können auch sie einen Informationsgehalt haben, der für Presse und Öffentlichkeit von Interesse ist. Dieser Informationsgehalt kann womöglich darin bestehen, dass sich diesen Personalakten mittelbar Informationen zu Uwe Mundlos und/oder zu rechtsextremen Einstellungen und/oder Handlungen der dritten (ehemaligen) Soldaten entnehmen lassen. Auch unter dieser Prämisse hat die Öffentlichkeit ein durch die Presse vermitteltes erhebliches Interesse daran, ob Uwe Mundlos während seiner Bundeswehrzeit in seinem dortigen Umfeld Gesinnungsgenossen hatte und ggf. wie seine Vorgesetzten darauf reagierten.
137Dem derart grundierten pressespezifischen Informationsinteresse der Klägerin - und der durch sie repräsentierten Öffentlichkeit - stehen keine überwiegenden Interessen entgegen, die den Schutz der inmitten stehenden Personalakten erfordern.
138Zwar gebietet Art. 1 Abs. 1 GG einen postmortalen Schutz der Persönlichkeit gegen Angriffe auf die Menschenwürde wie Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung.
139Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 112, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 1971 - 1 BvR 435/68 -, juris; siehe zum postmortalen Persönlichkeitsschutz und dessen verfassungsrechtlicher Verankerung außerdem BVerfG, Beschluss vom 5. April 2001 - 1 BvR 932/94 -, juris Rn. 18.
140Betreffen die noch streitgegenständlichen Personalakten jedoch, wie die Beklagte nunmehr vorträgt, Uwe Mundlos nicht (unmittelbar), würde der begehrte Informationszugang den postmortalen Persönlichkeitsschutz von Uwe Mundlos schon deswegen nicht berühren. Aber auch abgesehen davon würden die von der Klägerin beantragten Informationen zu Personalakten von Uwe Mundlos oder Dritten keine Angriffe auf die postmortal nachwirkende Menschenwürde der genannten Art bedeuten und somit die Menschenwürde nicht tangieren. Sie wären vielmehr in dem sachlich-aufklärerischen Gesamtkontext des vorerwähnten NSU-Strafprozesses sowie der Untersuchungen des NSU-Untersuchungsausschusses zu sehen, die durch die Informations- und Aufklärungsarbeit der freien Presse ergänzt und flankiert werden.
141Verhalten sich die im Streit befindlichen Personalakten nur noch zu Dritten, lässt sich eine Verletzung von deren allgemeinem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dadurch ausschließen, dass sie - und nicht Uwe Mundlos - betreffende personenbezogene Daten vor der Gewährung des Informationszugangs geschwärzt werden. Die Klägerin hat sich mit dieser Vorgehensweise ausdrücklich einverstanden erklärt. Diese hat solchermaßen auch Eingang in den stattgebenden Verpflichtungsausspruch gefunden.
142Sind die streitigen, nicht dem Ausschlussgrund des § 3 Nr. 8 IFG zuzuordnenden Personalakten demzufolge nicht von § 5 Abs. 2 IFG geschützt, kann einem Informationsanspruch unter dem Aspekt des Schutzes personenbezogener Daten nach dem oben Gesagten allein noch § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegenstehen. Jedoch führt auch diese Vorschrift nicht zu einem anderen(Abwägungs-)Ergebnis. Auch in ihrem Regelungsrahmen setzt sich die Pressefreiheit der Klägerin nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG aus den genannten Gründen gegen den Vertraulichkeitsschutz der Personalakten - sei es derjenigen von Uwe Mundlos, sei es derjenigen von Dritten - durch.
143Unter Heranziehung der - durch den Schriftsatz der Beklagten vom 19. Juni 2015 ergänzten - Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 ist der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG damit - außerhalb der Reichweite des § 3 Nr. 8 IFG - für folgende Akten bzw. Aktenteile nicht einschlägig, welche die Beklagte als Personalakten bezeichnet hat:
1442. |
Ordner zu BVMg-3, |
komplett (S. 1 bis 344) |
3. |
Ordner zu BMVg-3, |
komplett (S. 345 bis 725) |
4. |
Ordner zu BMVg-3, |
komplett (S. 1 bis 51) |
5. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 4 bis 175 |
6. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 278 |
7. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 29 bis 83 |
8. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 52 |
9. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 129, 147 bis 164, 172 bis 342, 350 bis 432 |
10. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 48, 51 bis 100 |
11. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 317 |
13. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 175, 178 bis 271 |
14. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 83, 105 bis 147, 157 bis 181, 184 bis 234, 257 bis 321, 360 bis 432, 451 bis 541, 553 bis 585, 592 bis 750 |
15. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 69, 76 bis 161, 187 bis 209, 211 bis 251, 277 bis 330 |
16. |
Ordner zu BMVg-3, |
komplett (S. 1 bis 46) |
17. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 21, 38 bis 100, 108 bis 140, 145 bis 149, 175 bis 252, 268 bis 316, 351 bis 355, 358 bis 395 |
1. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 48 |
2. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 262 |
3. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 124 |
4. |
Ordner zu BMVg-7, |
komplett (S. 1 bis 385) |
5. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 1 bis 255, 258 bis 425. |
bb) Soweit die Beklagte folgende Teile der umstrittenen Personalakten, die nicht dem Ablehnungstatbestand des § 3 Nr. 8 IFG unterfallen, zusätzlich weiterhin als Verschlusssache „VS-NfD“ gekennzeichnet hat, nämlich den
14614. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 83, 105 bis 147, 157 bis 181, 184 bis 234, 257 bis 321, 360 bis 432, 451 bis 541, 553 bis 585, 592 bis 750, |
und den
14817. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 1 bis 21, 38 bis 100, 108 bis 140, 145 bis 149, 175 bis 252, 268 bis 316, 351 bis 355, 358 bis 395, |
liegt der für diese Aktenteile in Frage kommende Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 4 IFG nicht vor.
150Nach dieser Regelung besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt.
151Zu den gesetzlichen Vertraulichkeitspflichten i.S.v. § 3 Nr. 4 IFG gehören zunächst auch die fachgesetzlichen Regelungen über die Vertraulichkeit der Personalakten nach § 29 SG, soweit (frühere) Soldaten betroffen sind.
152Vgl. erneut OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 132 (zu §§ 106 ff. BBG).
153Für diese Personengruppe ergibt sich aus § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SG allerdings kein über § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG hinausreichender Informationsverweigerungsgrund. Es kann offen bleiben, ob diese Vorschrift, die dem Schutz öffentlicher Geheimhaltungsinteressen dient, in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten neben § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG zur Anwendung kommt, oder ob die datenschutzspezifischen Vorschriften insoweit als speziellere Regelungen Vorrang haben. Hierauf kommt es nicht an, weil § 3 Nr. 4 IFG hinsichtlich des Inhalts und der Reichweite des Vertraulichkeitsschutzes auf § 29 SG verweist. Insoweit reicht der Anspruchsausschluss des § 3 Nr. 4 IFG in der Sache jedenfalls für betroffene (frühere) Soldaten von vornherein nicht weiter als der - hier im Lichte des § 29 SG auszulegende und anzuwendende - Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG.
154Vgl. zu dieser Konsequenz nochmals OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 133 (im Hinblick auf §§ 106 ff. BBG).
155Aber auch im Übrigen trägt § 3 Nr. 4 IFG die Ablehnung des Informationszugangs nicht mit Blick auf die Einordnung als „VS-NfD“ nach der VS-Anweisung.
156§ 3 IFG schützt nach der amtlichen Überschrift besondere öffentliche Belange gegen Nachteile, die ihnen drohen, falls eine Information bekannt wird. Die nur formale Einstufung als Verschlusssache ist losgelöst von den eventuell hinter ihr stehenden materiellen Geheimhaltungsbedürfnissen danach nicht schutzwürdig. Den über § 3 Nr. 4 IFG geschützten öffentlichen Belangen drohen keine Nachteile, wenn eine als Verschlusssache eingestufte Information bekannt wird, es sei denn, die Einstufung entspricht den materiellen Geheimhaltungsbedürfnissen, wie sie in § 3 Nr. 4 VSA i.V.m. § 4 SÜG geregelt sind.
157Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 20 F 1.11, 7 A 15.10 -, juris Rn. 9, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 22.08 -, juris Rn. 53.
158Der diesbezüglichen gerichtlichen Überprüfung ist die prognostische Einschätzung der Behörde zugrunde zu legen, die auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch tragfähig sein muss.
159Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 22.08 -, juris Rn. 33.
160Gemessen daran ergibt sich aus § 3 Nr. 4 VSA i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG keine Geheimhaltungsbedürftigkeit der als „VS-NfD“ deklarierten Passagen der Personalakten.
161Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 SÜG sind Verschlusssachen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Eine Verschlusssache ist „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ - abgekürzt „VS-NfD“ -, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann (vgl. § 3 Nr. 4 VSA, § 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG).
162Dass diese Befürchtung konkret auch auf die als „VS-NfD“ klassifizierten, nicht bereits von § 3 Nr. 8 IFG erfassten besagten Teile der Personalakten im 14. und im 17. Ordner zu BMVg-3 zutrifft, hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Für deren materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit aus Gründen, die über die bereits im Rahmen der Prüfung gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG berücksichtigten Belange - wie namentlich den (postmortalen) Persönlichkeitsschutz - sowie über den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 8 IFG hinausgehen, ist auch sonst nichts ersichtlich. Die ergänzenden Ausführungen der Beklagten auf die Aufklärungsverfügung des Senats vom 31. August 2016 in ihren Schriftsätzen vom 19. Oktober 2016 und vom 10. Februar 2017 gehen nicht hinreichend konkret und im Einzelnen auf die fortbestehende materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit der als „VS-NfD“ eingestuften Unterlagen im 14. und im 17. Ordner zu BMVg-3 i.S.d. § 3 Nr. 4 IFG ein. Die Beklagte benennt diese Ordner lediglich als weiterhin geheimhaltungsbedürftig, ohne den Grund für die materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit zu spezifizieren.
163cc) Des Weiteren ist die Zugänglichmachung der Personalakten nicht im Hinblick auf den fortdauernden NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages wegen § 3 Nr. 1 g) IFG abzulehnen.
164Dieser Vorschrift zufolge besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen.
165§ 3 Nr. 1 g) IFG schützt die Ordnungsgemäßheit der Durchführung von Gerichtsverfahren und bestimmter Verwaltungsverfahren. Er dient dem Schutz der Rechtspflege und des Gesetzesvollzugs.
166Vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 119; Rossi, IFG, 2006, § 3 Rn. 29 f.; Jastrow/Schlatmann, IFG, 2006, § 3 Rn. 48 ff.; Roth, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, IFG, 2. Aufl. 2013, § 3 Rn. 67 ff.; siehe darüber hinaus die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/4493, S. 10.
167Nachteilige Auswirkungen i.S.v. § 3 Nr. 1 g) IFG für dieses Schutzgut sind gegeben, wenn die Effektivität der in der Norm genannten laufenden Verfahren durch das Bekanntwerden der Information beeinträchtigt werden kann. Dies ist der Fall, wenn aufgrund der konkreten Umstände deren Beeinträchtigung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies erfordert eine auf konkreten Tatsachen beruhende prognostische Bewertung.
168Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 -, juris Rn. 16 f.
169Ausgehend hiervon fällt ein parlamentarisches Untersuchungsverfahren nach Art. 44 GG schon nicht in den Schutzbereich des § 3 Nr. 1 g) IFG. Es ist kein Gerichts- bzw. Verwaltungsverfahren im Sinne der Norm. Abgesehen davon existieren keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses durch die Offenlegung der Personalakten beeinträchtigt werden könnte. Der Untersuchungsausschuss hat diese Akten auch bereits mit den Beweisbeschlüssen BMVg-3 vom 9. Februar 2012 und BMVg-7 vom 8. November 2012 angefordert. Sie liegen ihm aufgrund dessen vor und können in seine Untersuchungen einfließen.
170dd) Betreffend die Personalakten ist schließlich der Versagungstatbestand des§ 3 Nr. 1 b) IFG nicht einschlägig.
171Der Anspruch auf Informationszugang besteht danach nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr.
172Militärische Belange der Bundeswehr sind alle Angelegenheiten, die i.S.v.Art. 87a GG die Aufstellung und den Einsatz der Streitkräfte betreffen. Erfasst werden auch Informationen zu Auslandseinsätzen und zur Bündnisverteidigung, namentlich die NATO und die EU betreffend. Sonstige sicherheitsempfindliche Belange sind des Weiteren Informationen aus nichtmilitärischen Bereichen der Bundeswehr, die Rückschlüsse auf schutzwürdige sicherheitsrelevante Sachverhalte zulassen. Dafür, dass diese Belange betroffen sind, trägt die informationspflichtige Behörde auch im Rahmen von § 3 Nr. 1 b) IFG die Darlegungslast. Sie muss substantiieren, aufgrund welcher konkreten Tatsachen die behauptete Befürchtung im Einzelfall besteht.
173Vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 46 ff.; Rossi, IFG, 2006, § 3 Rn. 13 f.; Jastrow/Schlatmann, IFG, 2006, § 3 Rn. 26 ff.; Roth, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, IFG, 2. Aufl. 2013, § 3 Rn. 31 ff.; siehe zudem die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes, BT-Drs. 15/4493, S. 9.
174Mit Blick auf den Ablehnungsgrund nach § 3 Nr. 1 b) IFG verhält es sich danach nicht anders als hinsichtlich derjenigen gemäß § 3 Nr. 4 IFG und § 3 Nr. 1 g) IFG. Auch insoweit trägt die Beklagte nicht hinreichend konkret vor und ist auch nicht anderweitig ersichtlich, dass die Schutzgüter dieser Norm durch den streitigen Informationszugang zu den Personalakten nachteilig betroffen sein können. Die Beklagte trägt keine spezifischen Gründe vor, die den Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 b) IFG ausfüllen.
175c) Für die von der Klägerin herausverlangten Disziplinarakten greift der Ablehnungstatbestand des § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG dagegen ein.
176Im Anschluss an die Ausführungen unter 2. b) aa) bemisst sich die Reichweite von § 5 Abs. 2 IFG, was den Vertraulichkeitsschutz von Disziplinarakten (früherer) Soldaten angeht, ebenfalls nach den insofern einschlägigen fachrechtlichen Vorgaben des § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO, der seinerseits spezielle Anforderungen an Auskünfte aus derartigen Disziplinarakten aufstellt. Nach dieser Vorschrift werden - wie bereits oben unter 1. c) zitiert - Auskünfte über förmliche Anerkennungen, über Disziplinarmaßnahmen und im Disziplinarbuch eingetragene gerichtliche Strafen, Mitteilungen über Ermittlungen des Disziplinarvorgesetzten, über Vorermittlungen des Wehrdisziplinaranwalts und über gerichtliche Disziplinarverfahren sowie über Tatsachen aus solchen Verfahren ohne Zustimmung des Soldaten oder des früheren Soldaten nur erteilt an Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg, an Gerichte und Staatsanwaltschaften, soweit dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben erforderlich ist (Nr. 1), sowie an Verletzte zur Wahrnehmung ihrer Rechte (Nr. 2).
177§ 9 Abs. 1 Satz 1 WDO ist damit restriktiver als § 29 Abs. 3 Satz 9 SG, weil er den Kreis der Auskunftsberechtigten deutlich enger zieht. Auskunft darf zudem nur gegeben werden, soweit dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben erforderlich ist.
178Vgl. zu diesen im Einzelnen Dau, WDO, 5. Aufl. 2013, § 9 Rn. 9 ff.
179Über § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WDO hinaus kennt das Wehrdisziplinarrecht keine Auskunftserteilung für den Fall, dass der Antragsteller berechtigte, höherrangige Interessen an der Auskunft geltend machen kann. Auch eine Differenzierung danach, ob es sich um einen aktiven oder einen ehemaligen, einen lebenden oder einen bereits verstorbenen Soldaten handelt, findet nicht statt. Infolgedessen kann - anders als bei § 29 Abs. 3 Satz 9 SG - auch die Pressefreiheit aus Art. 5Abs. 1 Satz 2 GG der Klägerin keine gegenüber dem Vertraulichkeitsschutz nach § 5 Abs. 2 IFG, § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO ausnahmsweise durchsetzungsfähige Rechtsposition einräumen. Es bleibt insofern bei der vorweggenommenen gesetzgeberischen Abwägungsentscheidung des § 5 Abs. 2 IFG zugunsten des Schutzes personenbezogener Daten in Disziplinarakten.
180Da bereits § 5 Abs. 2 IFG, § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO eine abschließende Abwägungsentscheidung zu Lasten des Informationsanspruchs der Klägerin in Disziplinarakten von (früheren) Soldaten treffen, scheidet eine weitergehende Prüfung des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG aus.
181Der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG erfasst anhand der Anlage 2 zur Klageerwiderung der Beklagten vom 4. September 2013 folgende Aktenteile:
1825. |
Ordner zu BMVg-3, |
S. 176 bis 288 |
6. |
Ordner zu BVMg-3, |
S. 292 bis 513 |
11. |
Ordner zu BVMg-3, |
S. 318 bis 602 |
12. |
Ordner zu BVMg-3, |
komplett (S. 603 bis 1194) |
(einziger) |
Ordner zu BMVg-6, |
S. 1 bis 59, 138 bis 213 |
1. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 49 bis 105 |
2. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 263 bis 302 |
3. |
Ordner zu BMVg-7, |
S. 125 bis 169 |
d) Hinsichtlich der verbleibenden streitgegenständlichen Akten bzw. Aktenteile, die nicht den vorstehenden Aktenkategorien zuzurechnen sind, welche die Beklagte nach den ergänzenden Ausführungen in ihren Schriftsätzen vom 19. Oktober 2016 und vom 10. Februar 2017 aber weiterhin als gemäß § 3 Nr. 4 IFG geheimhaltungsbedürftige Verschlusssachen deklariert - d. h. den 1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16, sowie auf den kompletten Ordner zu BMVg-4 (S. 1 bis 198) ‑, ist der Informationsanspruch der Klägerin indes nicht ausgeschlossen. Der insoweit von der Beklagten allein angeführte und in Betracht kommende Versagungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG greift nicht. § 3 Nr. 8 IFG wird diesbezüglich von der Beklagten nicht herangezogen. Er ist auch nicht ansonsten einschlägig, weil sich im 1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16, sowie im einzigen Ordner zu BMVg-4 nach den Darlegungen der Beklagten nicht die nachrichtendienstliche Tätigkeit des MAD im Sinne der Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG abbildet.
184aa) Bezüglich des 1. Ordners zu BMVg-1, S. 1 bis 16, der den (zwischenzeitlich überholten) Einheitsaktenplan mit „Schlüsselwörtern“ enthält, hat die Beklagte nicht hinreichend konkret dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass insoweit eine materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit gemäß § 3 Nr. 4 VSA i.V.m.§ 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG (fort-)besteht. Aus den Ausführungen der Beklagten dazu geht nicht hervor, dass eine Offenlegung dieser Unterlagen gegenüber Dritten für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein kann.
185Der Auszug aus dem Einheitsaktenplan des BMVg (1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16) betrifft nach den Darlegungen der Beklagten keine sicherheitsrelevanten Belange, die seine Qualifizierung als Verschlusssache nach wie vor rechtfertigen. Nach dem Vorbringen der Beklagten differenziert dieser Einheitsaktenplan nach „Hauptgruppen“, „Sachgruppen“ und „Gruppen“. Er sei in 99 Hauptgruppen gegliedert, von denen die Hauptgruppe 06 „Militärische Sicherheit“ die Facharbeit des MAD sowie des im Ministerium angesiedelten Aufsichtsreferates berühre. Um eine effektive und zweckmäßige Ordnung durchzuführen, würden im Einheitsaktenplan im Einzelfall besonders einordnende Schlüsselbegriffe verwendet. Diese gäben Aufschluss über konkrete sicherheitsempfindliche Tätigkeiten und Aufgaben der Bundeswehr. Der Einheitsaktenplan lasse damit auch Rückschlüsse auf Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des MAD zu.
186Daraus ergeben sich die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 IFG indessen nicht. Allein die Kenntnis eines - zumal wie hier - nicht mehr gültigen Teils eines Einheitsaktenplans, aus dem sich u. a. auch Aktenzeichen der Hauptgruppen ergeben, tangiert keine sicherheitsrelevanten Belange. Entsprechendes gilt für das Wissen um die Organisation und die Arbeitsbereiche des MAD mit Hilfe des Einheitsaktenplans. Die Funktionsfähigkeit der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des MAD hängt nicht davon ab, dass über abstrakte Zuständigkeits- und sonstige organisatorische Festlegungen gefolgert werden kann, welche Abteilung des MAD welche Aufgaben wahrnimmt. Der Einheitsaktenplan äußert sich danach nicht zu einzelnen handelnden Personen oder zu Mitteln und Methodiken des MAD im Einzelfall. Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich konkret ergibt, inwieweit schon die bloße Kenntnis des Einheitsaktenplans bestimmte Bedienstete des MAD in bestimmten Aufgabenfeldern gefährdet.
187bb) Schließlich fällt der (einzige) Ordner zu BMVg-4 nicht unter § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 3 Nr. 4 VSA, § 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG. Auch seine Geheimhaltungsbedürftigkeit hat die Beklagte weder hinreichend konkret dargelegt noch ist sie anderweitig zu ersehen.
188Die Beklagte hat den Inhalt dieses Ordners im Verlauf des Verfahrens zunächst dahingehend beschrieben, dass dieser Dokumente zum Sachverhalt und zu den Hintergründen des Diebstahls und Verbleibs von Sprengstoff in den 1990er Jahren aus Munitionsdepots der ehemaligen Nationalen Volksarmee der DDR und deren möglicher Verwendung bei den Mordanschlägen der NSU enthalte. Eine Veröffentlichung dieses Aktenmaterials würde - so die Beklagte zuerst - Informationen über die Arbeitsweise bei den Ermittlungen der Bundeswehr im Zusammenhang mit dem Verlust von Waffen und Munition sowie über die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder einem nicht eingrenzbaren Personenkreis im In- wie im Ausland zugänglich machen.
189Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 trägt die Beklagte weiterhin vor, der Ordner zu BMVg-4 enthalte eine gezielte Zusammenstellung von Vorlagen und Unterlagen, die im Zusammenhang mit Presseanfragen zu dem mutmaßlichen Munitionsdiebstahl in der Zeit vom 9. November 2011 bis zum 27. Februar 2012 entstanden seien. Dazu gehörten zahlreiche Unterlagen mit persönlichem Schriftverkehr mit Namen von Personen, die heute zum Teil in geheimhaltungsbedürftigen Verwendungen seien. Darüber hinaus enthalte der Ordner Unterlagen, die auf eine mögliche Gefährdung von Personen schließen ließen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Dienststellen, ihrer Dienstposten oder ihrer namentlichen Nennung als schutzbedürftig zu betrachten seien. Ergänzend zu verschiedenen Dokumenten seien Hintergrundinformationen und teilweise unveränderte Meldungen von „Besonderen Vorkommnissen“ und „Sicherheitsvorkommnissen“ beigefügt. Einzelne Hintergrundinformationen bezögen sich auf die grundsätzliche oder auch konkrete Arbeitsweise des MAD oder der mit Fragen der militärischen Sicherheit befassten damaligen BMVg FüS-Referate bzw. ließen Rückschlüsse auf diese zu. Die im Ordner enthalten Schriftstücke hätten ihren Ursprung bei Dienststellen und Arbeitsbereichen, die sich mit militärischer Sicherheit befassten. Selbst wenn einzelne Seiten des Ordners für sich genommen keine Einstufung bedürften, sei es durch die gezielte Zusammenführung der Unterlagen in dem Ordner durchaus möglich, die Arbeitsweise des MAD oder der Bereiche, die sich mit militärischer Sicherheit befasst, zumindest teilweise offen zu legen. Nachteilige Auswirkungen seien daher insbesondere dadurch zu befürchten, dass in Kenntnis der Arbeitsweise dieser Bereiche der Bundeswehr Rückschlüsse auf zukünftige sicherheitsrelevante behördeninterne Abläufe gezogen werden könnten, die Behörden damit berechenbar würden und dadurch Unbefugte ihrer Verhaltensweisen entsprechend anpassen könnten. Dies könne dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit der mit der militärischen Sicherheit befassten Bereiche sowie des MAD gezielt untergraben werde, was letztlich eine Gefahr Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen könne.
190Der Beklagten ist angesichts dieses Vorbringens zwar darin zuzustimmen, dass eine Offenlegung des Ordners zu BMVg-4 i.S.v. § 3 Nr. 4 IFG immer noch materiell geheimhaltungsbedürftig wäre, wenn er auch aktuell konkrete sicherheitsrelevante Einblicke in die Ermittlungsarbeit des MAD bzw. der Bundeswehr und die Aufbewahrungsmodalitäten und dabei etwa auftretende Sicherheitslücken bei der Verwahrung von Waffen und Munition geben würde. Diesen Gefahrenaspekt konkretisiert die Beklagte jedoch nicht hinreichend. Ihre Ausführungen dazu bleiben zu pauschal, um den Ablehnungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG auszufüllen. Sie umschreibt insbesondere die in Bezug genommenen Meldungen zu „Besonderen Vorkommnissen“ und „Sicherheitsvorkommnissen“ in ihrer Sicherheitsrelevanz nicht näher. Sie erläutert auch nicht, inwiefern sicherheitsrelevante behördeninterne Abläufe beeinträchtigt oder Bedienstete des BMVg bzw. des MAD gefährdet werden könnten, wenn sie den Ordner zu BMVg-4 der Klägerin zugänglich macht. Auch warum sich einzelne Hintergrundinformationen auf die konkrete Arbeitsweise des MAD oder der mit Fragen der militärischen Sicherheit befassten damaligen BMVg FüS-Referate bezögen, bleibt offen. Dergestalt fehlt es an hinreichenden Anknüpfungspunkten für die Bejahung des § 3 Nr. 4 IFG ebenso wie - wie gesagt - des § 3 Nr. 8 IFG. Dies gilt im Übrigen auch deswegen, weil die Beklagte mit Einverständnis der Klägerin befugt ist, auch im Ordner zu BMVg-4 etwa enthaltene personenbezogene Daten zu schwärzen.
1913. Um zu den unter 2. getroffenen Feststellungen zu gelangen, bedarf es der Einleitung eines in-camera-Verfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO nicht.
192Auf der nach §§ 86 Abs. 1, Abs. 2, 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beurteilenden Ebene der informationsfreiheitsrechtlichen Sachverhaltsfeststellung und-würdigung ist zu prüfen, ob anhand des konkreten Inhalts der zur Verfügung stehenden Akten bzw. mittels der dazu gemachten behördlichen Angaben verifiziert werden kann, dass ein Ablehnungsgrund (auch) hinsichtlich der nicht zur Verfügung stehenden (Teile der) Information vorliegt.
193Vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 -, juris Rn. 8, Urteil vom 27. Juni 2013 - 7 A 15.10 -, juris Rn. 20; OVG NRW, Urteile vom 18. August 2015 - 15 A 2856/12 -, juris Rn. 56, und vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 89.
194Allein aus dem Umstand, dass Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten ist, folgt nicht, dass es zwingend der Einsicht in die zurückgehaltenen Akten bedarf. Streitigkeiten um Informationszugangsrechte führen nicht gleichsam automatisch zur Verlagerung in das in-camera-Verfahren des § 99 Abs. 2 VwGO. Dies gilt sowohl mit Blick auf prozedurale als auch hinsichtlich materieller Geheimhaltungsgründe. Auch für deren Feststellung muss der konkrete Akteninhalt nicht zwingend rechtserheblich sein. Das Hauptsachegericht muss zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären. Je nach Fallkonstellation muss es vor Erlass eines Beweisbeschlusses die aktenverweigernde Stelle ggf. auffordern, weitere Angaben mit abstrakter Umschreibung zur Kategorisierung der einzelnen in den zurückgehaltenen Akten befindlichen Schriftstücke einschließlich der Anlagen etwa in Form eines mit (paginierten) Blattzahlen spezifizierten Inhaltsverzeichnisses zu machen. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines Erörterungstermins kann hinreichende Grundlage für die Feststellung sein, dass eine Einsicht in die zurückgehaltenen Unterlagen entscheidungserheblich ist, weil die Angaben der Behörde - unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Erörterung der Sach- und Rechtslage - nicht ausreichen, um zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten fachgesetzlichen Ausnahmegründe vorliegen.
195Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 -, juris Rn. 8, 6. April 2011 - 20 F 20.10 -, juris Rn. 8, vom 2. November 2010 - 20 F 2.10 -, juris Rn. 12 f., vom 25. Juni 2010 - 20 F 1.10 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteile vom 18. August 2015 - 15 A 2856/12 -, juris Rn. 58, und vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 91.
196An diesen Maßstäben gemessen ist ein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht veranlasst. Bereits mit Hilfe des Akteninhalts und des unter 2. ausgewerteten Vortrags der Beklagten lässt sich hinreichend sicher beurteilen, dass und inwieweit die vorliegend in Betracht zu ziehenden Ablehnungsgründe nach§ 3 Nr. 1 b), Nr. 1 g), Nr. 4, Nr. 8 IFG sowie § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG gegeben bzw. nicht gegeben sind. Der Senat hatte insbesondere auf der Basis des Vorbringens der Beklagten, zu dessen Ergänzung die Beklagte auch im Nachgang zur mündlichen Verhandlung am 30. August 2016 Gelegenheit hatte, keinen Anlass zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Auf die entsprechenden Ausführungen unter 2., aus denen sich diese Prüfung im Einzelnen ergibt, wird Bezug genommen.
1974. Zuletzt ist ein darüber hinausgehender - presserechtlicher - Informationsanspruch der Klägerin unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG oder aufgrund von Art. 10 EMRK im vorliegenden Verfahren, dessen Streitgegenstand allein dem Informationsfreiheitsgesetz entstammt, nicht zu prüfen.
198Der presserechtliche Auskunftsanspruch ist gegenüber § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ein eigenständiger Streitgegenstand, der in einem eigenen (presserechtlichen) Verfahren zu prüfen ist. Die Rechtsordnung hat das grundsätzlich voraussetzungslose Jedermannsrecht auf Informationszugang und den besonderen Auskunftsanspruch der Presse in vielerlei Hinsicht unterschiedlich ausgestaltet. Dies gilt etwa für die Zugangsarten, die Anspruchsvoraussetzungen, die Begrenzung - bei dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch im Sinne der Gewährung eines Mindeststandards -, die Verfahrensregelungen und nicht zuletzt die Kostenfrage. Mit diesen Unterschieden soll der informationsrechtlichen Stellung der Presse und deren besonderen Funktionsbedürfnissen Rechnung getragen werden. Der Pressevertreter kann sich zwar auch auf das Jedermannsrecht berufen. Er nimmt in seiner Eigenschaft als Presseorgan und als Jedermann aber gleichwohl verschiedene Funktionen bzw. Rollen wahr, die einen je eigenständigen Lebensvorgang kennzeichnen.
199Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2016 - 7 C 7.15 -, juris Rn. 2 ff.
200Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
201Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO), weil es der Klägerin angesichts der schwierigen und teilweise ungeklärten Rechtslage nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen.
202Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, Nr. 11, 711 ZPO.
203Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat. Er wirft insbesondere bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärte Fragen zur Auslegung des § 5 Abs. 2 IFG im Zusammenspiel mit dem jeweils einschlägigen Fachrecht zu Auskunftsrechten in Bezug auf Personal- und Disziplinarakten auf.