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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der am 23. Mai 2023 gestellte Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine zwangsweise Abholung, Bestattung und Kremation des Körpers ihres leiblichen Sohnes B. S. S1. nicht vor dem 00. Juli 2023 zu veranlassen und durchführen zu lassen und darüber hinaus zu dulden, dass der Körper des Sohnes noch bis zum Ablauf des 00. Juli 2023 gekühlt beim Bestattungsunternehmen der Firma E. in X. aufbewahrt werden darf,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist statthaft. Eine vorrangig nach § 123 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO anzufechtende Ordnungsverfügung liegt nicht vor.
6Dem Antrag muss jedoch in der Sache der Erfolg versagt bleiben.
7Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der zugrunde liegende materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
8Vorliegend fehlt es an einem die begehrte Anordnung tragenden Anspruch der Antragsteller.
9Leichen müssen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Bestattungsgesetz NRW (im Folgenden: BestG NRW) grundsätzlich auf einem Friedhof bestattet werden. Erdbestattungen oder Einäscherungen müssen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW innerhalb von zehn Tagen durchgeführt werden. Die örtliche Ordnungsbehörde kann diese Frist auf Antrag von hinterbliebenen Personen oder deren Beauftragten sowie im öffentlichen Interesse verlängern (§ 13 Abs. 3 Satz 3 BestG NRW). Zur Bestattung verpflichtet sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW in der nachstehenden Rangfolge Ehegatten, Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern und volljährige Enkelkinder (Hinterbliebene). Soweit diese ihrer Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, hat nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW die örtliche Ordnungsbehörde der Gemeinde, auf deren Gebiet der Tod eingetreten oder die oder der Tote gefunden worden ist, die Bestattung zu veranlassen.
10Hiervon ausgehend können die Antragsteller nicht verlangen, die Bestattung ihres Sohnes noch bis zum Ablauf des 00. Juli 2023 aufzuschieben. Der Sohn der Antragsteller, B. S. S1. , ist am 00. April 2023 in der elterlichen Wohnung in X. im Alter von 00 Jahren verstorben. Dies ist den im Verwaltungsvorgang befindlichen Unterlagen (Todesbescheinigung des Notarztdienstes der Feuerwehr X. vom 00. April 2023, Beerdigungsschein der Staatsanwaltschaft X. vom 00. April 2023 und Sterbeurkunde des Standesamtes X. vom 00. Mai 2023) unzweifelhaft zu entnehmen. Ein sofortiges Tätigwerden der erst vor wenigen Tagen eingeschalteten Antragsgegnerin ist mit Blick auf die bereits lange abgelaufene zehntägige Bestattungsfrist zur Verhinderung von Gesundheitsgefahren, die nach dem Einsetzen des Verwesungsprozesses von einer unbestatteten Leiche ausgehen können, geboten.
11Dem können die Antragsteller nicht mit Erfolg entgegen halten, sie hielten es aufgrund eigener Einschätzung und nach Einschaltung des lange Jahre in China lebenden und mit der chinesischen Medizin bestens vertrauten Heilpraktikers S2. O. für möglich, jedenfalls für nicht absolut ausgeschlossen, dass ihr Sohn noch nicht verstorben sei, sondern sich möglicherweise im Zustand einer Anabiose, auch Kryptobiose genannt, befinde, welcher innerhalb eines Zeitraumes von 3 Monaten nach einem schweren Unfall oder todesnahen Ereignissen spätestens zu einem Erwachen der betreffenden Person bzw. seines Körpers führen solle. Der nicht weiter belegte Vortrag entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Der Tod von B. S. S1. wurde zweifelsfrei ärztlich festgestellt und beurkundet.
12Soweit sich die Antragsteller zur Antragstellung veranlasst sehen, weil sie gläubige Christen seien und daran glaubten, „dass Jesus Christus nach seiner Auferstehung bereits (scheinbar) Verstorbenen seinerzeit zum Wiederaufleben verholfen“ habe, können sie daraus – unbeschadet der Frage des christlichen Verständnisses – keinen Anspruch auf Verhinderung der Bestattung bis zum Ablauf des 00. Juli 2023 ableiten. Ebenso verhält es sich mit den vorgelegten „Bestattungsverfügungen“, die von dem Verstorbenen stammen sollen, und in denen dieser unter dem 00. August 2022 verfügt haben soll, dass er im Zustand der Anabiose aufbewahrt werde, damit er auferstehen könne wie Jesus Christus; seine Eltern sollten seinen Wunsch umsetzen; ihm sei bewusst, dass es den Tod nicht gebe; eine Bestattung jedweder Art sei für ihn Mord; aus diesem Grunde werde es für ihn keine Feuer-, Erdbestattung oder eine sonstige Beerdigung geben.
13Soweit hier das Recht der Antragsteller auf Totenfürsorge und ihre Glaubensfreiheit sowie der aus Art. 1 Abs. 1 GG folgende postmortale Achtungsanspruch des Verstorbenen betroffen sind, ist ein Eingriff jedenfalls durch den überragend wichtigen Gemeinwohlbelang des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt.
14Vgl. zu letzterem BVerfG, Beschluss vom 29. September 2022 – 1 BvR 2380/21 –, juris Rn. 98 m.w.N.
15Das angeführte Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auf Leben und körperliche Unversehrtheit endet mit dem Tod, der hier eingetreten ist.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
17Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und bemisst sich in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte und unter Berücksichtigung der Vorläufigkeit des Verfahrens auf den halben Auffangwert.
18Rechtsmittelbelehrung:
19(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
20Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
21Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
22Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
23Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
24Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
25(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
26Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
27Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
28Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
29Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
30War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.