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1. Das im Land Nordrhein-Westfalen geltende sog. Nebengeschäftsverbot für Wettvermittlungsstellen gemäß § 13 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW, wonach die Wettvermittlung im Nebengeschäft unzulässig ist und die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle nur für die Vermittlung im Hauptgeschäft erteilt werden darf, ist mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar.
2. Eine der Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle beigefügte Nebenbestimmung, durch die dem Wettveranstalter aufgegeben wird, der Erlaubnisbehörde bauliche bzw. räumliche Veränderungen der Wettvermittlungsstelle spätestens zwei Wochen vor Beginn des Umbaus oder der räumlichen Veränderung unter Vorlage entsprechender Nachweise schriftlich anzuzeigen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin, eine in Malta ansässige Limited, die ausweislich der amtlichen Liste gemäß § 9 Abs. 8 des Staatsvertrages zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021 – GlüStV 2021) vom 29. Oktober 2020, bekannt gemacht am 28. April 2021 (GV. NRW. S. 459), in Kraft getreten am 1. Juli 2021 (im Folgenden: GlüStV 2021), der sog. Whitelist, aktuell über eine bundesweite Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten verfügt, ist Veranstalterin von Sportwetten. Sie wendet sich gegen einzelne Regelungen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten in E. .
3Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 22. Januar 2020 bei der Bezirksregierung Düsseldorf (im Folgenden: Bezirksregierung) die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Wettvermittlungsstelle am Standort F.--------straße 0 in E. (im Folgenden: Wettvermittlungsstelle) durch die C. GmbH, F1.--------straße 00 in J. (im Folgenden: Wettvermittlerin).
4Die nach § 10a Abs. 2 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) vom 15. Dezember 2011 in der Fassung des Dritten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Dritter Glücksspieländerungsstaatsvertrag – 3. GlüÄndStV), bekannt gemacht am 3. Dezember 2019 (GV. NRW. S. 911), gültig bis 30. Juni 2021, (im Folgenden: GlüStV a.F.) erforderliche Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten im Internet sowie zur terrestrischen Veranstaltung von Sportwetten wurde der Klägerin durch das Regierungspräsidium Darmstadt nach Inkrafttreten des Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrages mit seinen Änderungen im Sportwettkonzessionsverfahren zum 1. Januar 2020 (Entfallen der Obergrenze von 20 zulassungsfähigen Sportwettveranstaltern) am 2. November 2020 erteilt.
5Mit inhaltsgleichen Bescheiden vom 2. September 2021, adressiert an die Klägerin als Wettveranstalterin sowie an die Wettvermittlerin, erteilte der Beklagte durch die Bezirksregierung die beantragte glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betreiben der Wettvermittlungsstelle am vorgenannten Standort. Darin heißt es auszugsweise wörtlich:
6„I. Erlaubnis
71. Der J1. F2. Ltd. sowie der C. GmbH wird erlaubt, auf Basis der am 02.11.2020 durch das Regierungspräsidium Darmstadt erteilten Veranstaltererlaubnis in nachfolgender Wettvermittlungsstelle Sportwetten im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen (Veranstalterin) bzw. zu vermitteln (Vermittlerin):
8[…]
92. Sobald eine Zulassung des Sportwettangebots der Veranstalterin durch die zuständige Behörde bestandskräftig erfolgt ist, beschränkt sich diese Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten in der Wettvermittlungsstelle auf das zugelassene Sportwettangebot. § 13 Abs. 4 Satz 3 AG GlüStV NRW (Abschluss und Vermittlung von Pferdewetten unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen) bleibt unberührt.
10[…]
115. Die Kosten des Verfahrens trägt die Veranstalterin. Über die Höhe der zu entrichtenden Verwaltungsgebühr ergeht ein gesonderter Bescheid.
126. Die Kosten für die Durchführung von Testkäufen zur Überwachung der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen werden der Veranstalterin auferlegt.
13II. Nebenbestimmungen zur Erlaubnis
141. Die Aufnahme bzw. Aufgabe des Geschäftsbetriebs der Wettvermittlungsstelle ist mir durch die Veranstalterin spätestens zwei Tage vorher schriftlich anzuzeigen. Soweit der Betrieb bereits aufgenommen wurde, ist diesbezüglich keine Anzeige erforderlich.
15[…]
165. Bauliche bzw. räumliche Veränderungen der Wettvermittlungsstelle sind mir durch die Veranstalterin spätestens zwei Wochen vor Beginn des Umbaus oder der räumlichen Veränderung unter Vorlage entsprechender Nachweise schriftlich anzuzeigen.
17[…]“
18Zur Begründung der Ziffer I. 1. des Bescheides führte der Beklagte u.a. aus, die Erlaubnis habe nach den §§ 4 Abs. 1, 21a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 i.V.m. § 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag – AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012 (GV. NRW. S. 524) in der Fassung vom 23. Juni 2021 (GV. NRW. S. 772, ber. S. 1102) (im Folgenden: AG GlüStV NRW) und § 5 Abs. 8 der Verordnung über die Annahme- und Wettvermittlungsstellen des Landes Nordrhein-Westfalen (Annahme- und Vermittlungsstellenverordnung Nordrhein-Westfalen – AnVerVO NRW) vom 25. Februar 2020 (GV. NRW. S. 159, ber. S. 183), in der Fassung vom 1. Juli 2021 (GV. NRW. S. 872, ber. S. 927), in Kraft getreten am 13. Juli 2021 (im Folgenden: AnVerVO NRW) im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung antragsgemäß erteilt werden können. Die Klägerin erfülle die notwendigen Erlaubnisvoraussetzungen, insbesondere verfüge sie über die notwendige Veranstaltererlaubnis. Versagungsgründe seien nicht ersichtlich. Zur Begründung der Ziffer II. 5. wurde ausgeführt, die Erlaubnis könne nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens mit Nebenbestimmungen versehen werden. Die Regelung sei erforderlich, um die Einhaltung der Anforderungen an die Räumlichkeiten der Wettvermittlungsstelle sicherzustellen bzw. zu überprüfen. Da Angaben zur Ausstattung, Beschaffenheit und Einteilung der Wettvermittlungsstelle bereits mit den Antragsunterlagen im Erlaubnisverfahren vorzulegen seien (§ 5 Abs. 2 Nr. 7 AnVerVO NRW) und nur die Veranstalterin antragsberechtigt sei, werde die Verpflichtung zur Information über bauliche bzw. räumliche Veränderungen der Klägerin als Veranstalterin auferlegt.
19Die Klägerin hat am 21. September 2021 Klage erhoben.
20Mit der Klage wendet sich die Klägerin nur noch gegen die Regelungen in Ziffer I. 1. und Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021.
21Ursprünglich war die Klage zusätzlich auch gegen die Regelungen in Ziffer I. 2., Ziffer I. 5., Ziffer I. 6. und Ziffer II. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 gerichtet. Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2023 hat die Klägerin mitgeteilt, die Klage habe sich hinsichtlich der Regelungen in Ziffer I. 2. und Ziffer II. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 erledigt. Insoweit hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und diesbezüglich eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung hinsichtlich der Ziffer I. 2. und der Ziffer II. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 mit Schriftsatz vom 27. Juni 2023 angeschlossen. Mit Bescheid vom 27. Juni 2023 hat der Beklagte die Regelungen in Ziffer I. 5. und Ziffer I. 6. des Bescheides vom 2. September 2021 widerrufen. Bezüglich der Ziffer I. 5. und der Ziffer I. 6. des Bescheides vom 2. September 2021 haben die Beteiligten den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 5. Juli 2023 (Klägerin) und vom 19. Juli 2023 (Beklagter) übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, wobei der Beklagte insoweit eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben hat.
22Zur Begründung der nunmehr allein noch gegen die Regelungen in Ziffer I. 1. und Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021 gerichteten Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
23Der Bezirksregierung des Beklagten fehle es an der Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung. Allein die jeweils im ländereinheitlichen Verfahren zuständige Behörde sei berechtigt, die Erlaubnis zur terrestrischen Veranstaltung von Sportwetten mit Nebenbestimmungen zu versehen. Im Übrigen benötige sie – die Klägerin – keine weitere Erlaubnis, um Sportwetten in der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle zu veranstalten, weil ihr dies die vom Regierungspräsidium Darmstadt erteilte Konzession, die u.a. zur terrestrischen Veranstaltung von Sportwetten berechtige, bereits gestatte. Ein Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung von Sportwetten in einer konkreten Wettvermittlungsstelle verstoße sowohl gegen nationales Verfassungsrecht als auch gegen die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, da er einen faktischen Niederlassungszwang zur Folge habe. Zudem handele es sich bei der vom Beklagten erteilten Erlaubnis „sich Sportwetten vermitteln zu lassen“ um eine vom Gesetz nicht vorgesehene Erlaubnis, weil der Wortlaut des § 4 Abs. 1 AG GlüStV NRW nur das Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten erfasse, nicht aber das in Ziffer I. 1. des Bescheides enthaltene „Sportwetten vermitteln zu lassen“. Außerdem sei diese Erlaubnis nicht an sie als Konzessionärin, sondern an den Wettvermittler vor Ort zu richten. Dafür spreche auch, dass sie nicht als Betreiberin der Wettvermittlungsstelle anzusehen sei.
24Die Beschränkung der Erlaubnis auf das „Hauptgeschäft“ in Ziffer I. 1. des Bescheides und das dem zu Grunde liegende gesetzliche Verbot der Wettvermittlung im Nebengeschäft verstoße gegen Verfassungs- und Unionsrecht. Das Nebengeschäftsverbot verletze sie – die Klägerin – in ihren nach nationalem Recht bestehenden Grundrechten (Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz – GG) sowie in ihren unionsrechtlichen Grundrechten (Art. 20, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – GrCh) und Grundfreiheiten (Art. 49, Art. 56, Art. 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV). Ein Verstoß des Nebengeschäftsverbotes gegen die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, insbesondere gegen das Kohärenzgebot, werde bereits dadurch hervorgerufen, dass es sich nicht in ein stimmiges Gesamtkonzept des Gesetzgebers zur Verfolgung der mit der Glücksspielregulierung verfolgten Ziele einfüge. Denn einerseits schätze der Gesetzgeber im Rahmen von Abstandsregelungen die Wettvermittlung durch staatliche Anbieter im Nebengeschäft als weniger suchtgefährdend für Spielende ein, womit er Privilegierungen von Annahmestellen rechtfertige. Andererseits rechtfertige der Gesetzgeber das Nebengeschäftsverbot für private Veranstalter und Vermittler aber damit, dies sei erforderlich, um Glücksspiel nicht als allgegenwärtiges Gut des täglichen Lebens verfügbar zu machen. Bei dieser Einschätzung habe der Gesetzgeber seine Einschätzungsprärogative überschritten, da er es versäumt habe, durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu belegen, dass die von ihm behauptete Gefahrenlage durch das Veranstalten von Sportwetten im Nebengeschäft tatsächlich bestehe und dessen Verbot zu ihrer Abwehr geeignet und erforderlich sei. Zudem sei das Nebengeschäftsverbot inkohärent, weil Geldspielgeräte in Gaststätten, wo sie für Jugendliche unmittelbar zugänglich seien, aufgestellt werden dürften, obwohl es sich hierbei um eine deutlich suchtgefährdendere Spielform im Vergleich zu Sportwetten handele. Das Nebengeschäftsverbot sei ferner von vornherein ungeeignet, die damit verfolgten gesetzgeberischen Ziele zu erreichen, weil Sportwetten längst zum Gut des täglichen Lebens geworden seien. Dies liege zum einen daran, dass der Vertrieb staatlich veranstalteter Sportwetten unter der Bezeichnung „Oddset“ häufig nebengeschäftlich in Kiosken oder kleinen Einzelhandelsgeschäften stattfinde und Sportwetten dadurch bewusst mit dem Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs in Verbindung gebracht würden. Zum anderen würden Sportwetten durch die massive Werbepräsenz von Sportwettanbietern in den Medien sowie von Sportwettangeboten im Internet in der Bevölkerung längst als Gut des Alltags angesehen. So sei etwa die Werbung staatlicher Glücksspielveranstalter bewusst darauf ausgerichtet, Kundennähe zu suggerieren sowie Sportwetten mit der Sportbegeisterung der Menschen zu verknüpfen und als unverfängliche Freizeitbeschäftigung zu verharmlosen. Diese Werbestrategie mache deutlich, dass der Gesetzgeber mit der Zulassung staatlich veranstalteter Sportwetten im Nebengeschäft in Wirklichkeit rein fiskalische Interessen verfolge, die wiederum das Nebengeschäftsverbot für die von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht rechtfertigen könnten. Ferner habe die Präsenz von privaten Sportwettanbietern in der Werbung auch öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten dafür gesorgt, dass Sportwetten in der Bevölkerung bereits als alltäglich wahrgenommen würden. Zu diesem Effekt würden auch die zahlreichen im Internet verfügbaren Sportwettangebote beitragen.
25Es sei nicht nachvollziehbar, warum es ihr durch das Nebengeschäftsverbot untersagt werde, Sportwetten nebengeschäftlich neben anderen Arten von Wetten, etwa Pferdewetten, anzubieten. Der Auffassung, dass das Hauptgeschäftserfordernis diskriminierend und inkohärent sei, sei auch der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber. Dieser habe in der Gesetzesbegründung zum rheinland-pfälzischen Landesglücksspielgesetz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH eingeräumte Möglichkeit, Sportwetten auch über die in ihre Vertriebsorganisation eingegliederten Annahmestellen zu vertreiben, auch den übrigen Konzessionsnehmern unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten das Angebot von Sportwetten im Nebengeschäft nicht verwehrt werden dürfe.
26Schließlich werde sie durch das gesetzliche Verbot gegenüber den von staatlichen Stellen veranstalteten „Oddset“ Sportwetten benachteiligt. Dies sei der Fall hinsichtlich solcher Wettvermittlungsstellen, die als bloße Tippannahmestellen ausgestaltet seien und deren Räumlichkeiten und Angebot nicht dazu bestimmt seien, Kunden zu einer längeren Verweildauer anzuregen. Dabei habe der Gesetzgeber übersehen, dass ein erheblicher Teil der Wettvermittlungsstellen in Nordrhein-Westfalen baurechtlich als bloße Wettannahmestellen und nicht als Wettbüros mit Live-Wetten und mit Fernsehübertragung genehmigt sei.
27Rechtswidrig sei auch die Regelung in Ziffer II. 5. des Bescheides. Die Adressatenauswahl bei dieser Regelung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Der Beklagte habe hierfür nicht sie als Veranstalterin, sondern die Wettvermittlerin vor Ort in Anspruch nehmen müssen. Ein Ermessen hinsichtlich der Auswahl des Adressaten habe der Beklagte weder erkannt noch ausgeübt. Allein die Wettvermittlerin nehme ggf. bauliche oder räumliche Veränderungen der Wettvermittlungsstelle vor, weswegen ihr auch die entsprechende Anzeigeverpflichtung aufzuerlegen sei. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Wettveranstalterin sei hingegen, weil sie in Malta ansässig sei, eine unnötige Kommunikationsetappe und belaste sie in unverhältnismäßiger Art und Weise. Zudem widerspreche ihre Verpflichtung auch der baurechtlichen Systematik. Schließlich sei die gewählte Formulierung der „baulichen bzw. räumlichen Veränderungen“ nicht hinreichend bestimmt.
28Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
29folgende Regelungen des Bescheides des Beklagten vom 2. September 2021 aufzuheben: Erlaubnisziffer I. 1., soweit darin der Klägerin erlaubt wird, sich Sportwetten „im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“ sowie Erlaubnisziffer II. 5.,
hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. September 2021 zu verpflichten, den Erlaubnisbescheid ohne die angegriffenen Regelungen zu erlassen,
höchst hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. September 2021 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
34die Klage abzuweisen.
35Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus:
36Hinsichtlich der Ziffer I. 1. des Bescheides sei die Klage unbegründet. Die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in einer Wettvermittlungsstelle sei erlaubnispflichtig. Der Erlaubnisvorbehalt für Wettvermittlungsstellen gelte unabhängig davon, ob der Vertrieb über einen zwischengeschalteten Wettvermittler erfolge oder der Wettveranstalter die Sportwetten in der Wettvermittlungsstelle im Eigenvertrieb anbiete. Sowohl der Wettveranstalter als auch der Wettvermittler benötigten eine Erlaubnis. Dies folge unmittelbar aus § 13 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW, wonach die Erlaubnis dem Inhaber der Veranstaltererlaubnis für Sportwetten und dem Vermittler zu erteilen sei. Der Erlaubnisvorbehalt sei Ausdruck der zwingenden Eingliederung der Wettvermittlungsstelle in die Vertriebsorganisation des Wettveranstalters. Folglich sei die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle sowohl an den Wettveranstalter als auch an den Wettvermittler zu adressieren. Die der Klägerin seitens des Regierungspräsidiums Darmstadt erteilte Konzession zur terrestrischen Veranstaltung von Sportwetten umfasse hingegen nicht das Recht, Sportwetten in Wettvermittlungsstellen an einem konkreten Standort anzubieten. Dieses Recht werde erst durch die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle begründet. Da der stationäre Vertrieb von Sportwetten gemäß § 21a Abs. 2 GlüStV 2021 lediglich in Wettvermittlungsstellen erfolgen dürfe, eröffneten Wettvermittlungsstellen dem Wettveranstalter überhaupt erst die Möglichkeit, seine Produkte an einem konkreten Standort anzubieten oder durch einen Vermittler anbieten zu lassen. Die der Klägerin unter Ziffer I. 1. des Bescheides erteilte Erlaubnis betreffe mithin sowohl sie als Wettveranstalterin als auch den Wettvermittler vor Ort, weil Wettvermittlungsstellen in die Vertriebsorganisation des Wettveranstalters eingegliedert seien und von dem Wettvermittler gerade nicht selbstständig betrieben werden könnten. Daher sei die Klägerin im behördlichen Antragsverfahren nicht als bloße Stellvertreterin für den Vermittler vor Ort anzusehen. Die Formulierung in Ziffer I. 1. des Bescheides sich „Sportwetten vermitteln zu lassen“ trage letztlich dem Gesetzeswortlaut Rechnung.
37Der Passus „im Hauptgeschäft“ in Ziffer I. 1. des Bescheides sei ebenfalls rechtmäßig, weil die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle gemäß § 13 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW nur für die Vermittlung im Hauptgeschäft erteilt werden dürfe. Eine Vermittlung im Nebengeschäft sei unzulässig. Ein Verstoß gegen Verfassungs- und Unionsrecht sei nicht ersichtlich, weil die Eignung des Hauptgeschäftsgebots nicht durch Regelungen in anderen Glücksspielsektoren aufgehoben werde. Dass staatlich vermittelte Sportwetten unter der Bezeichnung „Oddset“ in Annahmestellen im Nebengeschäft erlaubt seien, sei dadurch gerechtfertigt, dass diese hinsichtlich des Wettangebots und der Gestaltung der Geschäftsräume strengeren Einschränkungen unterlägen als Wettvermittlungsstellen und sie ohnehin nur noch für einen begrenzten Zeitraum zulässig seien. Zudem werde die Eignung des Nebengeschäftsverbotes auch nicht durch Regelungen im Bereich der Geldspielgeräte in Gaststätten konterkariert, weil diese einem anderen Glücksspielsektor unterfielen, für den der Gesetzgeber abweichende Gefahreneinschätzungen treffen dürfe und das unionsrechtliche Kohärenzgebot insoweit keine Uniformität verlange. Aus diesen Gründen bestehe auch keine Ungleichbehandlung von Sportwetten gegenüber diesen Glücksspielformen.
38Auch die Nebenbestimmung unter Ziffer II. 5. des Bescheides sei rechtmäßig. Die Pflicht zur Anzeige baulicher und räumlicher Veränderungen ermögliche es dem Beklagten, die ihm obliegende Aufgabe der Glücksspielaufsicht auszuüben. Die bauliche und räumliche Gestaltung der Wettvermittlungsstelle sei bereits Gegenstand des behördlichen Erlaubnisverfahrens. Die Nachweispflicht im Erlaubnisverfahren, dass die Geschäftsräume nach Lage, Beschaffenheit und Ausstattung den Zielen des § 1 GlüStV 2021 nicht entgegenstehen, obliege dem Wettveranstalter. Bei einer nachträglichen räumlichen bzw. baulichen Veränderung handele es sich letztlich um einen Nachtrag zum Erlaubnisantrag, den ausschließlich der Veranstalter stellen könne, so dass die Inanspruchnahme der Klägerin als antragstellende Veranstalterin gerechtfertigt sei. Die Anzeigeverpflichtung widerspreche schließlich nicht der baurechtlichen Systematik, weil die Anzeigepflicht bezüglich baulicher Veränderungen gegenüber der Glücksspielaufsichtsbehörde anderen Zwecken diene als die Anzeige gegenüber der Bauaufsichtsbehörde. Die gewählte Formulierung der „baulichen bzw. räumlichen Veränderungen“ sei angesichts der Erläuterung in der Begründung des Bescheides, in der von „Angaben zur Ausstattung, Beschaffenheit und Einteilung“ die Rede sei, hinreichend bestimmt. Insoweit seien unter dem Begriff der „Ausstattung“ im Wesentlichen die technischen Geräte sowie das Mobiliar zu verstehen. Der Begriff der „Einteilung“ meine die Aufteilung der Räumlichkeiten gemäß ihrer Funktion sowie die Positionierung der Ausstattung im Ladenlokal. Unter dem Begriff der „Beschaffenheit“ seien funktionserhebliche Eigenschaften zu verstehen, die Auswirkungen auf die Einsehbarkeit der Wettvermittlungsstelle haben könnten. Unter einem „Umbau“ seien nach allgemeinem Sprachgebrauch Handlungen zu verstehen, durch die in die Bausubstanz eingegriffen werde und diese oder die Konstruktion des Gebäudes dauerhaft verändert werde. Schließlich sei das Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt worden. Eine Verpflichtung des Wettvermittlers sei in Erwägung gezogen worden, was aus der Formulierung „auferlegt“ deutlich werde. Es sei indes die Klägerin als Wettveranstalterin in Anspruch genommen worden, weil es sich bei einer nachträglichen räumlichen bzw. baulichen Veränderung letztlich um einen Nachtrag zum Erlaubnisantrag handele und im Erlaubnisverfahren allein der Wettveranstalter antragsberechtigt sei. Im Rahmen der Ermessensausübung habe der Sitz der Klägerin im Ausland unberücksichtigt bleiben müssen, da durch einen solchen die Pflicht zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen nicht entfallen könne.
39Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 23. Mai 2023 (Klägerin) und vom 30. Mai 2023 (Beklagter) mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42A. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Regelungen in Ziffer I. 2., Ziffer I. 5., Ziffer I. 6. und Ziffer II. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
43B. Die im Übrigen hinsichtlich der Regelungen in Ziffer I. 1. und Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021 aufrechterhaltene Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter und mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, bleibt sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen ohne Erfolg.
44Die Klage ist zwar überwiegend zulässig, aber sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet.
45I. Die Klage ist teilweise zulässig.
461. Hinsichtlich der Regelung in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 2. September 2021, mit der der Klägerin u.a. erlaubt wird, sich „Sportwetten im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“, ist die Klage allerdings mit der im Hauptantrag verfolgten Anfechtungsklage unzulässig und lediglich mit der in den Hilfsanträgen verfolgten Verpflichtungsklage zulässig.
47In Bezug auf die streitgegenständliche Regelung in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 ist statthafte Klageart allein die mit den Hilfsanträgen verfolgte Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, nicht aber die mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO.
48Eine isolierte Anfechtung von belastenden Nebenbestimmungen gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist auch bei glücksspielrechtlichen Erlaubnissen grundsätzlich statthaft. Ob eine Nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden kann, hängt davon ab, ob der Verwaltungsakt ohne sie sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist grundsätzlich eine Frage der Begründetheit des Anfechtungsbegehrens, sofern eine isolierte Aufhebbarkeit nicht offenkundig von vornherein ausscheidet. Letzteres ist der Fall, wenn die fragliche Bestimmung den Regelungsgehalt des Hauptverwaltungsaktes definiert oder modifiziert, es sich mithin um eine sogenannte Inhaltsbestimmung handelt,
49vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2019 – 8 B 10.18 –, juris Rn. 5 m.w.N.
50Inhaltsbestimmungen sind einer gesonderten Anfechtung nicht zugänglich. Eine Inhaltsbestimmung ist ein Element der Hauptregelung, die das genehmigte Tun oder Verhalten entsprechend dem Antrag oder hiervon abweichend festlegt und konkretisiert, indem sie die genehmigte Handlung bzw. das Verhalten räumlich und inhaltlich bestimmt und damit die Genehmigung erst ausfüllt. Das ist der Fall, wenn die Genehmigung erst aufgrund der fraglichen Bestimmung einen vollziehbaren Gehalt erhält. Für die Abgrenzung ist die im Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht der Genehmigungsbehörde maßgeblich; es kommt darauf an, welche Rechtsfolgen sie – innerhalb des gesetzlichen Rahmens – mit der jeweiligen Festsetzung erzeugen will. Dabei ist für die rechtliche Einordnung einer im Genehmigungsbescheid enthaltenen Einschränkung der objektive Erklärungsgehalt des Bescheides und nicht die Bezeichnung der entsprechenden Regelung durch die Behörde entscheidend,
51vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2018 – 7 C 9.17 –, juris Rn. 23; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. Juni 2023 – 3 M 14/23 –, juris Rn. 7.
52Dies zu Grunde gelegt, handelt es sich bei der streitgegenständlichen Regelung in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 um eine Inhaltsbestimmung und nicht um eine isoliert anfechtbare Nebenbestimmung. Bei der in Ziffer I. 1. enthaltenen Beschränkung der erteilten Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle dahingehend, sich „Sportwetten“ nur „im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“, handelt es sich nicht um eine von den übrigen Bestandteilen der Ziffer I. 1. isoliert abtrennbare Regelung, da sie den Inhalt des genehmigten Verhaltens unmittelbar konkretisiert und die Erlaubnis damit inhaltlich erst ausfüllt. Durch eine Abtrennung dieser Beschränkung würde der Erlaubnistenor inhaltlich derart verändert, dass er nicht mehr dem entsprechen würde, was der Beklagte hat regeln wollen,
53vgl. im Ergebnis ebenso: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 44.
54Angesichts dessen kann die Klägerin ihr Begehren, die in Ziffer I. 1. enthaltene inhaltliche Beschränkung der Erlaubnis zu beseitigen, nicht mit einer (isolierten) Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO erreichen, da diese unstatthaft ist. Vielmehr kann sie ihr Rechtsschutzziel der Erteilung einer unbeschränkten Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle ohne die streitgegenständliche Einschränkung in Ziffer I. 1. in statthafter Weise nur im Wege der Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO erreichen, weil sie insoweit den Erlass eines sie uneingeschränkt begünstigenden Verwaltungsaktes begehrt.
552. Hinsichtlich der Regelung in Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021, mit der der Klägerin aufgegeben wird, dem Beklagten bauliche bzw. räumliche Veränderungen der Wettvermittlungsstelle spätestens zwei Wochen vor Beginn des Umbaus oder der räumlichen Veränderung unter Vorlage entsprechender Nachweise schriftlich anzuzeigen, ist die Klage hingegen mit der im Hauptantrag verfolgten Anfechtungsklage zulässig.
56Bei der Regelung in Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021 handelt es sich um eine Nebenbestimmung in Gestalt einer Auflage. Eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Die so statuierte Verhaltenspflicht ist mit dem begünstigenden Hauptverwaltungsakt akzessorisch verknüpft und selbstständig durchsetzbar,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2018 – 7 C 9.17 –, juris Rn. 23; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. Juni 2023 – 3 M 14/23 –, juris Rn. 10.
58Da die Regelung in Ziffer II. 5. den Regelungsgehalt der Erlaubnis zum Betreiben der Wettvermittlungsstelle als Hauptverwaltungsakt nicht definiert oder modifiziert und damit kein Element der Hauptregelung darstellt, scheidet deren isolierte Aufhebbarkeit nicht offenkundig von vornherein aus. Folglich ist gegen diese die Klägerin belastende Nebenbestimmung, die im Hauptantrag erhobene isolierte Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft,
59vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2019 – 8 B 10.18 –, juris Rn. 5; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. Juni 2023 – 3 M 14/23 –, juris Rn. 6.
60II. Die Klage ist indes – soweit sie nach den vorstehenden Ausführungen zulässig ist – sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet.
611. Hinsichtlich der Regelung in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 ist angesichts der Unzulässigkeit des Hauptantrages nur noch über die Begründetheit der Hilfsanträge zu entscheiden.
62Die insoweit mit den Hilfsanträgen zur Entscheidung gestellte Verpflichtungsklage ist unbegründet.
63Die Klägerin hat weder einen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihr – was mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemacht wird – die begehrte Erlaubnis für den Betrieb der Wettvermittlungsstelle am Standort F.--------straße 0 in E. ohne die in Ziffer I. 1. enthaltene Beschränkung, sich „Sportwetten im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“ erteilt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), noch darauf, dass – was mit dem zweiten Hilfsantrag geltend gemacht wird – der Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb der Wettvermittlungsstelle am vorgenannten Standort unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Bescheid der Bezirksregierung vom 2. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
64Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis ohne die Beschränkung, sich „Sportwetten im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“ besteht nicht, da die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen.
65a. Die Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer Erlaubnis für den Veranstalter von Sportwetten zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle durch einen Vermittler findet sich in §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 21a Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 GlüStV 2021 i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW.
66Gemäß § 21a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 bedarf die Vermittlung von Sportwetten in Wettvermittlungsstellen im Sinne des § 3 Abs. 6 GlüStV 2021 der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021. Das Nähere zu Wettvermittlungsstellen regeln gemäß § 21a Abs. 5 GlüStV 2021 die Ausführungsbestimmungen der Länder, namentlich im Land Nordrhein-Westfalen das AG GlüStV NRW. § 13 Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW bestimmt wiederum, dass die Vermittlung von Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV 2021 in einer stationären Vertriebsstelle im Sinne des § 3 Abs. 6 GlüStV 2021 (Betreiben einer Wettvermittlungsstelle) der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 sowie nach § 4 AG GlüStV NRW und der weiteren Vorschriften des AG GlüStV NRW bedarf. Die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle durch einen Vermittler wird dem Inhaber der Veranstaltererlaubnis für Sportwetten und dem Vermittler erteilt; den Erlaubnisantrag kann nur der Veranstalter stellen (§ 13 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW). Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 AG GlüStV NRW soll die Erlaubnis erteilt werden, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW erfüllt sind.
67b. Die formellen Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt.
68aa. Der von der Klägerin als Sportwettveranstalterin gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW zu stellende Erlaubnisantrag wurde mit Schreiben vom 22. Januar 2020 angebracht.
69bb. Zudem hat die Bezirksregierung Düsseldorf als gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 3 AG GlüStV NRW sachlich und örtlich zuständige Erlaubnisbehörde gehandelt. Nach § 19 Abs. 3 Nr. 3 AG GlüStV NRW sind die Bezirksregierungen u.a. zuständig für die Erteilung von Erlaubnissen für die Vermittlung von Wetten durch Wettvermittlungsstellen im Sinne von § 13 AG GlüStV NRW. So liegt der Fall hier. Denn die Klägerin begehrt die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle ohne die in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 enthaltene Beschränkung, sich „Sportwetten im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“. Die Klägerin geht fehl in der Annahme, die Erteilung einer unbeschränkten Erlaubnis zum Betreiben einer stationären Wettvermittlungsstelle sei nicht durch die Bezirksregierung gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 3 AG GlüStV NRW, sondern im ländereinheitlichen Verfahren durch die gemäß § 9a Abs. 1 und 2 GlüStV 2021 zuständige Behörde, namentlich seit dem 1. Januar 2023 durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder gemäß §§ 27f Abs. 1, 27p GlüStV 2021, vorzunehmen. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 9a GlüStV 2021 wird die Erteilung von Erlaubnissen zum Betreiben von Wettvermittlungsstellen ausdrücklich nicht vom Anwendungsbereich des in § 9a GlüStV 2021 geregelten ländereinheitlichen Verfahrens erfasst,
70vgl. Erläuterungen zum GlüStV 2021, LT-Drs. NRW 17/11683, S. 171; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 107 ff.
71c. Allerdings sind die materiellen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt.
72aa. Insoweit greift zunächst der Einwand der Klägerin nicht durch, sie benötige als Veranstalterin von Sportwetten für das Betreiben der streitgegenständlichen stationären Wettvermittlungsstelle überhaupt keiner (weiteren) Erlaubnis des Beklagten, weil ihr deren Betrieb bereits durch die vom Regierungspräsidium Darmstadt erteilte Konzession, die u.a. zur terrestrischen Veranstaltung von Sportwetten berechtige, gestattet werde.
73(1) Dass das Betreiben einer stationären Wettvermittlungsstelle einem Erlaubnisvorbehalt unterliegt und die Klägerin als Veranstalterin von Sportwetten neben der Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten (vgl. §§ 4a bis 4c GlüStV 2021) zum Betreiben der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle demgemäß einer (weiteren) Erlaubnis bedarf, folgt unmittelbar aus §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 21a Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 GlüStV 2021 i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW.
74Bereits § 21a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 stellt klar, dass die Vermittlung von Sportwetten in Wettvermittlungsstellen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 bedarf, wobei das Nähere zu Wettvermittlungsstellen gemäß § 21a Abs. 5 GlüStV 2021 die Ausführungsbestimmungen der Länder regeln. Die insoweit maßgebliche ausführungsgesetzliche Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW bestimmt hierzu explizit, dass die Vermittlung von Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV 2021 in einer stationären Vertriebsstelle im Sinne des § 3 Abs. 6 GlüStV 2021 (Betreiben einer Wettvermittlungsstelle) der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 sowie nach § 4 AG GlüStV NRW und der weiteren Vorschriften des AG GlüStV NRW bedarf. Dass es sich bei der in § 13 Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW genannten „Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021“ nicht um die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten – die in §§ 4a bis 4c GlüStV 2021 eine spezielle Regelung erfahren hat – handelt, folgt unmissverständlich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW, der namentlich bestimmt, dass die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle durch einen Vermittler dem „Inhaber der Veranstaltererlaubnis für Sportwetten“ und dem Vermittler erteilt wird. Wäre das Betreiben einer stationären Wettvermittlungsstelle hingegen bereits von der Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten mit umfasst, hätte es der Regelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW, die explizit u.a. den „Inhaber der Veranstaltererlaubnis für Sportwetten“ als Erlaubnisadressaten benennt, schlicht nicht bedurft.
75Folglich ist die Erteilung einer Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten in einer stationären Wettvermittlungsstelle nicht deshalb entbehrlich, weil bereits das terrestrische Veranstalten von Sportwetten als solches erlaubnispflichtig ist und die Klägerin eine solche Veranstaltererlaubnis erhalten hat. Denn die Erlaubnisverfahren regeln jeweils unterschiedliche Bereiche. Während sich das Verfahren nach § 4a bis § 4c GlüStV 2021 auf die generelle und bundesweite Erlaubnisfähigkeit des Veranstaltens von Sportwetten bezieht, ist Bezugspunkt der Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 und 2 AG GlüStV NRW die konkrete Betriebsstelle und deren örtliche Belegenheit. Zudem sind bei der Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis die in § 4 Abs. 1 AG GlüStV NRW niedergelegten weiteren Voraussetzungen zu prüfen,
76vgl. VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 99; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 95.
77Schließlich geht die Klägerin auch fehl in der Annahme, dem Erlaubnisvorbehalt für das Betreiben einer Wettvermittlungsstelle unterliege allein der Wettvermittler und nicht der Wettveranstalter, so dass die Erlaubnis nur an den Wettvermittler zu adressieren sei. Ganz im Gegenteil bedarf es für den Betrieb einer stationären Wettvermittlungsstelle am jeweils beantragten Standort kumulativ einer Erlaubnis des Wettveranstalters und des Wettvermittlers. Dies folgt aus der gesetzlichen Konzeption des § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW i.V.m. § 5 Abs. 8 AnVerVO NRW, wonach die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle durch einen Vermittler dem Inhaber der Veranstaltererlaubnis für Sportwetten und dem Vermittler erteilt wird (vgl. § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW), mithin Adressat der Erlaubnis sowohl der Wettveranstalter als auch der im Antrag bezeichnete Wettvermittler ist (vgl. § 5 Abs. 8 AnVerVO NRW),
78vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 62, 89; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3201/21 –, juris Rn. 61, 88.
79Es ist daher nicht zweifelhaft, dass das Betreiben einer stationären Wettvermittlungsstelle sowohl für den Wettveranstalter, d.h. den Inhaber der Veranstaltererlaubnis für Sportwetten, als auch für den Vermittler einem Erlaubnisvorbehalt unterliegt,
80vgl. so auch: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 83 f.
81(2) Der geltende Erlaubnisvorbehalt für das Betreiben einer stationären Wettvermittlungsstelle steht in Einklang mit höherrangigem Recht.
82In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ein präventiver Erlaubnisvorbehalt zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verfassungs- und unionsrechtskonform ist,
83vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – C-186/11 u.a. – Stanleybet u.a., juris Rn. 47 f. m.w.N.; EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 – C-336/14 – Sebat Ince, juris Rn. 92; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 928/08 –, juris Rn. 32 f.; BVerwG, Beschluss vom 7. November 2018 – 8 B 29.18 –, juris Rn. 12 ff.; BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 8 B 36.14 –, juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 17.12 –, juris Rn. 72.
84Zwar konnte in der Vergangenheit eine Erlaubnis nicht schon wegen des – unionsrechtswidrigen – Staatsmonopols, sondern erst nach Prüfung der unionsrechtskonformen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden,
85vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 17.12 –, juris Rn. 72.
86Auch konnte bis zur Aufhebung der Kontingentierung von Sportwettkonzessionen durch den zum 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag das Fehlen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für sich allein genommen dem Wettvermittler wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht entgegengehalten werden, weil private Anbieter tatsächlich in Deutschland keine Konzessionen in einem unionsrechtskonformen Auswahl- und Erlaubnisverfahren erlangen konnten und deshalb auch Vermittlungserlaubnisse in Nordrhein-Westfalen nicht mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden konnten und erteilt wurden,
87vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Juni 2022 – 4 B 1864/21 –, juris Rn. 29; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2017 – 4 A 3244/06 –, juris Rn. 37 ff.; vgl. auch OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 45.
88Allerdings hat sich die Sach- und Rechtslage inzwischen grundlegend geändert. Seit Inkrafttreten des Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrags besteht nämlich die realistische Möglichkeit, Erlaubnisse zur Veranstaltung von Sportwetten in einem ordnungsgemäßen Verfahren – wie es auch die Klägerin bezogen auf die Veranstaltererlaubnis ausweislich der sog. White-List gemäß § 9 Abs. 8 Satz 1 GlüStV 2021 erfolgreich durchlaufen hat – zu erlangen, die ihrerseits Voraussetzung für die nunmehr gleichfalls mögliche und erfolgende Erteilung von Erlaubnissen zum Betreiben von stationären Wettvermittlungsstellen sind,
89vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Juni 2022 – 4 B 1864/21 –, juris Rn. 31; vgl. auch OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 45; VGH Bayern, Beschluss vom 21. März 2023 – 23 CS 22.2677 –, juris Rn. 28.
90Begegnet mithin der Erlaubnisvorbehalt für das Betreiben einer stationären Wettvermittlungsstelle dem Grunde nach keinen verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken, so gilt selbiges erst Recht für dessen Erstreckung auf den Wettveranstalter und den Wettvermittler gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW. Denn die Erstreckung des Erlaubnisvorbehaltes auf Wettveranstalter und Wettvermittler gleichermaßen dient dem verfassungs- und unionsrechtlich anerkannten legitimen Zweck der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht sowie weiterer negativer Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebes und ist im Übrigen zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne,
91vgl. hierzu eingehend: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 88 m.w.N.; vgl. hierzu auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 281 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3201/21 –, juris Rn. 280 ff.; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 100 ff.
92bb. Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, bei der vom Beklagten unter Ziffer I. 1. des Bescheides erteilten Erlaubnis, sich „Sportwetten […] vermitteln zu lassen“ handele es sich um eine vom Gesetz nicht vorgesehene Erlaubnis, weil der Wortlaut des § 4 Abs. 1 AG GlüStV NRW nur das Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten erfasse, nicht aber ein sich „Sportwetten […] vermitteln zu lassen“.
93Denn bei verständiger Würdigung handelt es sich bei der in Ziffer I. 1. des Bescheides enthaltenen Formulierung, sich „Sportwetten […] vermitteln zu lassen (Veranstalterin)“ nicht um eine im AG GlüStV NRW gesetzlich nicht vorgesehene Erlaubnis „sui generis“, sondern vielmehr erkennbar um die dem Wettveranstalter zu erteilende Erlaubnis zum Betrieb einer stationären Wettvermittlungsstelle im Sinne der §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 21a Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 GlüStV 2021 i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW.
94Zwar spricht der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW von der „Erlaubnis zum Veranstalten, Durchführen und Vermitteln von Glücksspielen“, weswegen sich aus diesem Wortlaut zunächst nicht ohne weiteres die Formulierung in Ziffer I. 1. des Bescheidtenors ergibt, nämlich die Erlaubnis, sich „Sportwetten […] vermitteln zu lassen (Veranstalterin)“. Im Wege der Auslegung ergibt sich aber, dass damit das Vermitteln von Sportwetten durch einen Wettvermittler für den Wettveranstalter in einer stationären Wettvermittlungsstelle gemeint ist,
95vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 61.
96Bei der Ermittlung des Inhalts einer Regelung ist auf den objektiven Erklärungsinhalt eines Verwaltungsaktes abzustellen, so wie er sich für den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben verstanden werden darf (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB analog). Zur Auslegung des Regelungsgehaltes sind dabei auch die erkennbaren Begleitumstände, insbesondere auch die beigefügte Begründung heranzuziehen,
97vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46.12 –, juris Rn. 27; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 62.
98Dies zu Grunde gelegt, ergibt sich aus der Begründung der Regelung und aus der Zusammenschau mit weiteren Normen der Gesetze, die der Erlaubnis zu Grunde liegen, dass mit dem Teil des Erlaubnistenors „Sportwetten […] vermitteln zu lassen (Veranstalterin)“ die Vertriebsform der Vermittlung von Sportwetten durch einen Dritten im Auftrag des Veranstalters zu verstehen ist,
99vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 64.
100Ausweislich der Begründung zu Ziffer I. 1. des Bescheides habe die Erlaubnis gemäß §§ 4 Abs. 1, 21a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 i.V.m. § 13 Abs. 1 AG GlüStV NRW und § 5 AnVerVO NRW nach pflichtgemäßer Ermessensausübung antragsgemäß erteilt werden können, da die Klägerin u.a. über die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 AG GlüStV NRW notwendige Veranstaltererlaubnis verfüge. Durch die Anknüpfung an diese Rechtsgrundlagen und die Abgrenzung zu der bereits erteilten, bundesweit geltenden Konzession der Klägerin, namentlich der Veranstaltererlaubnis, die wiederum Voraussetzung für die Erlaubniserteilung nach den genannten Vorschriften ist, wird deutlich, dass Ziffer I. 1. des Bescheides als die Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten in der beantragten Wettvermittlungsstelle für die Veranstalterin zu verstehen ist. Dass der Beklagte bei der Erlaubniserteilung die Formulierung „Sportwetten […] vermitteln zu lassen (Veranstalterin)“ gewählt hat, steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, sondern ist aus der Zusammenschau mit § 4 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 AG GlüStV NRW sowie §§ 4a bis 4d GlüStV 2021 zu erklären,
101vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 65.
102Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 AG GlüStV NRW ist in der Erlaubnis die Form des Vertriebes oder der Vermittlung von Sportwetten festzulegen. Die Formulierung, „Sportwetten […] vermitteln zu lassen“ ist in diesem Kontext so zu verstehen, dass der Beklagte damit die konkret erlaubte Vertriebsform festlegen wollte, nämlich die Vermittlung von Sportwetten durch einen Vermittler im Auftrag der Klägerin als Veranstalterin,
103vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 66.
104Zudem wird die Wahl der Formulierung unter Ziffer I. 1. des Bescheides auch aus der Zusammenschau mit den §§ 4a bis 4d GlüStV 2021 nachvollziehbar. Diese Normen bezeichnen die Konzession zum Veranstalten von Sportwetten, die im hiesigen Fall das Regierungspräsidium Darmstadt der Klägerin erteilt hat, als „Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten“. Daher liegt nahe, dass der Beklagte die streitgegenständliche Erlaubnis eine bestimmte Wettvermittlungsstelle betreffend durch die Wahl der Formulierung „Sportwetten […] vermitteln zu lassen (Veranstalterin)“ zu der Konzession nach den §§ 4a bis 4d GlüStV 2021 auch sprachlich abgrenzen wollte,
105vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 67.
106cc. Dies vorweggeschickt hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle ohne die Beschränkung, sich „Sportwetten im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“.
107Zwar hat die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle, weil die Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 21a Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 GlüStV 2021 i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW vorliegen, Versagungsgründe nicht ersichtlich sind (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021) und somit die Voraussetzungen für ein Abweichen von dem in § 4 Abs. 1 Satz 5 AG GlüStV NRW vorgesehenen intendierten Ermessen nicht vorliegen.
108Allerdings ist der Umfang des Anspruchs durch die anspruchsbeschränkende gesetzliche Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW begrenzt, wonach eine Vermittlung von Sportwetten im Nebengeschäft unzulässig ist. Der Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle ist folglich im Umkehrschluss auf das Hauptgeschäft beschränkt (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW). Die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle ohne die Beschränkung auf das Hauptgeschäft ist folglich aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Nebengeschäftsverbots gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW ausgeschlossen.
109In diesem Zusammenhang ist klarstellend anzumerken, dass das Nebengeschäftsverbot des § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW – anders als die Klägerin augenscheinlich meint – einer Vermittlung von Pferdewetten neben der Vermittlung der von ihr veranstalteten Sportwetten in der streitbefangenen Wettvermittlungsstelle grundsätzlich nicht entgegensteht. Denn in § 13 Abs. 4 Satz 3 AG GlüStV NRW ist insoweit normiert, dass in Wettvermittlungsstellen abweichend von den Verboten des § 13 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW – wonach in einer Wettvermittlungsstelle grundsätzlich nur Sportwetten des Veranstalters, der über die Erlaubnis zum Betreiben der jeweiligen Wettvermittlungsstelle verfügt und keine sonstigen öffentlichen Glücksspiele veranstaltet und vermittelt werden dürfen – der Abschluss und die Vermittlung von Pferdewetten unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Abschluss und die Vermittlung von Pferdewetten zulässig ist.
110dd. Das in § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW normierte Nebengeschäftsverbot ist mit höherrangigem Recht vereinbar und daher uneingeschränkt anzuwenden,
111vgl. so auch: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 111 ff. m.w.N.
112Das Nebengeschäftsverbot des § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW begegnet keinen durchgreifenden verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken. Es verstößt nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 und Art. 56 AEUV, stellt in verfassungsrechtlicher Hinsicht einen zulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG dar und wird dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gerecht.
113Zwar beschränkt das – aufgrund seiner Adressierung an In- und Ausländer nicht diskriminierende – Nebengeschäftsverbot grundsätzlich die unionsrechtlichen Grundfreiheiten des Art. 49 und Art. 56 AEUV, stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG dar und ist mit Blick auf eine abweichende Regulierung in Bezug auf andere Glücksspielangebote am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Die mit dem Nebengeschäftsverbot einhergehende Einschränkung ist jedoch gerechtfertigt, weil es im Einklang mit dem sowohl im Verfassungsrecht als auch im Unionsrecht verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht. Danach ist zu prüfen, ob die Regelung geeignet ist, die Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele zu gewährleisten, nicht über das hierfür Erforderliche hinausgeht, und angemessen ist, d.h. die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschreitet, wobei insbesondere sicherzustellen ist, dass sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, die mit ihr verfolgten Ziele in konsequenter, kohärenter und systematischer Weise zu erreichen,
114vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 – C-322/16 – Global Starnet, juris Rn. 51; EuGH, Urteil vom 10. März 2007 – C-169/07 – Hartlauer, juris Rn. 55; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris Rn. 130 ff., 141 ff., 148 ff. m.w.N.
115Diesen Anforderungen wird das Nebengeschäftsverbot gerecht. Es verfolgt verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele und ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet, erforderlich und angemessen.
116(1) Das Nebengeschäftsverbot des § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW zielt nach dem Willen des Gesetzgebers darauf, die Glücksspielform der Sportwette nicht als allgegenwärtiges Gut des täglichen Lebens verfügbar zu machen und eine starke Bindung sowie Verantwortung des Wettvermittlers zu gewährleisten,
117vgl. LT-Drs. NRW 17/6611, S. 35; LT-Drs. NRW 17/12978, S. 83.
118Das Ziel, Glücksspiel in Wettvermittlungsstellen nicht als allgegenwärtiges Gut des täglichen Lebens wahrnehmbar und verfügbar zu machen, dient dazu, einen Gewöhnungseffekt der Bevölkerung an Sportwetten zu verhindern – zumal aufgrund eines gesellschaftlich gemeinhin „leichten“ Zugangs über den starken Bezug zum Sport und deren Akteuren – und damit den mit Sportwetten einhergehenden Suchtgefahren möglichst frühzeitig vorzubeugen,
119vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 122.
120Folglich bezweckt der Gesetzgeber mit dem Nebengeschäftsverbot letztlich das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern und gleichsam den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten (vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 GlüStV 2021). Hierbei handelt es sich um überragend wichtige Gemeinwohlziele, die verfassungsrechtlich selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen,
121vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris Rn. 132 f.; BVerwG, Urteil vom 5. April 2017 – 8 C 16.16 –, juris Rn. 34; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 132,
122und unionsrechtlich in Gestalt zwingender Gründe des Allgemeininteresses ebenfalls als legitime Gemeinwohlziele anerkannt sind,
123vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-46/08 – Carmen Media, juris Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 – 8 C 14.09 –, juris Rn. 69.
124(2) Das Nebengeschäftsverbot ist geeignet, die vorgenannten legitimen Gemeinwohlziele zu fördern. Geeignet ist eine Regelung, wenn sie die Erreichung des legitimen Ziels in irgendeiner Weise fördert.
125(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gehört die Glücksspielregulierung zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen und in denen diese in Ermangelung einer Harmonisierung durch die Union bei der Bestimmung des ihnen am geeignetsten erscheinenden Niveaus des Schutzes der Verbraucher und der Sozialordnung über ein weites Ermessen verfügen,
126vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2016 – C-225/15 – Politanò, juris Rn. 39 m.w.N.
127Es ist daher Sache eines jeden Mitgliedstaates, zu beurteilen, ob es zur Erreichung des von ihm verfolgten Ziels erforderlich ist, die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Hinblick auf das angestrebte Schutzniveau zu beschränken und mehr oder weniger strenge Maßnahmen, wie etwa die Beschränkung der Vertriebsform von bestimmten Glücksspielen, vorzusehen,
128vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-316/07 u.a. – Markus Stoß, juris Rn. 91 f.; BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 14.16 –, juris Rn. 36 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 18.16 –, juris Rn. 39 m.w.N.
129Dieses Beurteilungsermessen bei der Festlegung des Schutzniveaus entspricht dem in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die vorgenommene Maßnahme abgeben können,
130vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. September 2010 – 1 BvR 2005/10 –, juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 14.16 –, juris Rn. 32.
131Zwar kommt es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen an,
132vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2016 – C-464/15 – B. D. & F2. AG, juris Rn. 25, 37.
133Eine „Beweislast“ dergestalt, dass der Gesetzgeber seine Gefahreneinschätzung durch wissenschaftliche Studien oder andere Erkenntnismittel belegen müsste, besteht hingegen nicht,
134vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 149; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 210; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 133 ff. m.w.N.
135(b) Dies zu Grunde gelegt, bestehen keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Eignung des Nebengeschäftsverbots zur Förderung der Erreichung der mit diesem verfolgten legitimen Gemeinwohlziele. Es ist vorliegend nicht zweifelhaft, dass Sportwetten grundsätzlich ein Suchtgefährdungspotential gerade auch für vulnerable Bevölkerungsgruppen aufweisen. Auch die Annahme des Gesetzgebers, das Nebengeschäftsverbot verhindere, dass Sportwetten als allgegenwärtiges Gut des täglichen Lebens wahrgenommen und verfügbar werden und diene damit der Spielsuchtprävention, ist isoliert betrachtet nicht offensichtlich fehlsam, sondern bewegt sich innerhalb der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative. Insbesondere wenn Sportwetten im Nebengeschäft an einem Ort neben Gütern des alltäglichen Bedarfs (etwa in Kiosken, Tankstellen oder Einzelhandelsgeschäften) oder in Gaststätten angeboten würden, ist die Annahme naheliegend, dass dies in der Bevölkerung zu einem Gewöhnungs- und Normalisierungseffekt in Bezug auf Sportwetten führte. Das Verbot, Wettvermittlung im Nebengeschäft zu betreiben, hat zur Folge, dass das Angebot insgesamt auf wenige Lokalitäten beschränkt wird. Der Bürger wird mithin nicht bei seinen Besorgungen des täglichen Bedarfs mit dem Angebot von Wettvermittlern konfrontiert, sondern muss sich zum Abschluss solcher Wetten gezielt in eine Wettvermittlungsstelle begeben,
136vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 132.
137Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Gesetzgeber auch nicht verpflichtet, durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu belegen und nachzuweisen, dass durch Wettvermittlung im Nebengeschäft eine Gefahrenlage überhaupt besteht und dass deren Verbot zu ihrer Abwehr geeignet und erforderlich ist. Denn – wie bereits ausgeführt – ist der Gesetzgeber nicht gehalten, seine Gefahreneinschätzung durch wissenschaftliche Studien oder andere Erkenntnismittel zu belegen,
138vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 149; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 210; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 133 ff. m.w.N.
139Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass die Gefahreneinschätzung des Gesetzgebers, das Nebengeschäftsverbot diene der Suchtprävention, weil es verhindere, dass Sportwetten als allgegenwärtiges Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden, durch Studien, die die Länder nach den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021 herangezogen haben,
140vgl. u.a. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020 (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/ PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf), die in den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021, LT-Drs. NRW 17/11683, S. 74 in Bezug genommen wird,
141gestützt wird. Denn nach der in Bezug genommenen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) weisen Sportwetten im Vergleich zu anderen Glücksspielformen ein erhöhtes Risiko für problematisches Spielverhalten auf,
142vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 13, 91, 160 (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf).
143Diese erhöhte Suchtgefahr ist nachvollziehbar u.a. wegen der besonderen Ausgestaltung von Sportwettangeboten. Dabei erscheinen insbesondere die nach § 21 Abs. 1, 1a, 4 GlüStV 2021 zulässigen Ereigniswetten (Live-Wetten), deren Vertrieb in Wettvermittlungsstellen grundsätzlich zulässig ist (vgl. arg e § 13 Abs. 4 Satz 1, § 13b Abs. 1 Satz 2 AG GlüStV NRW), als besonders suchtgefährdend, weil sie durch eine besonders schnelle Abfolge von Wettmöglichkeiten und entsprechenden Gewinnen oder Verlusten und das damit einhergehende Risiko eines Kontrollverlustes beim Spielen sowie einen besonders engen Bezug zu einem bestimmten Sportereignis geprägt sind. Das erhöhte Risiko für problematisches Spielverhalten bei Sportwetten erscheint außerdem plausibel auf Grund der vergleichsweise leichten Zugänglichkeit wegen des Bezugs zum Sport und dessen Akteuren. Dieses Risiko erscheint auch dadurch erklärbar, dass Sportwetten in der Bevölkerung weniger als Glücksspiel und damit auch als potentiell suchtgefährdend wahrgenommen werden, weil viele (potentielle) Sportwettende meinen, sich durch ihr „(Sport-)Fachwissen“ besonders gut auszukennen,
144vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 161, unter Verweis auf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 92 (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf).
145Darüber hinaus sind Sportwettende besonderen Suchtgefahren ausgesetzt, weil sie signifikant öfter an anderen erhöht suchtgefährdenden Glücksspielformen teilnehmen, etwa dem Automatenglücksspiel, als Teilnehmende anderer, weniger suchtgefährdender Glücksspielformen, etwa Lotteriespielende,
146vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 163, unter Verweis auf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 80 (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf).
147Hinzu kommt, dass die Studie ausdrücklich auf die von Sportwetten ausgehenden Gefahren für Kinder und Jugendliche hinweist. Studien zum Glücksspielverhalten aus dem angloamerikanischen wie auch dem deutschen Sprachraum hätten darauf aufmerksam gemacht, dass die Teilnahme an Glücksspielen auch unter Jugendlichen verbreitet sei. Die Vulnerabilität von Jugendlichen für das Entstehen glücksspielbedingter Probleme lasse sich z.B. durch eine besondere Experimentierfreudigkeit bzw. ein ausgeprägtes Risikoverhalten, eine hohe Verführbarkeit durch verbreitete Glücksspielangebote im Internet oder im öffentlichen Raum (Wettbüros, Sportbars usw.), verbunden mit einer scheinbar hohen Akzeptanz in der Gesellschaft erklären. 2,8 % der Jugendlichen in der Altersgruppe der 16- und 17-jährigen hätten 2019 an Sportwetten teilgenommen,
148vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 166; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 214 f., jeweils unter Verweis auf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland - Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 27, 147 (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf).
149Dieses nicht unerhebliche Gefahrenpotential kann der Gesetzgeber bei der Bestimmung des angestrebten Schutzniveaus zu Grunde legen, ohne dass das ihm dabei zustehende Ermessen eingeschränkt wäre,
150vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 168.
151(c) Die Eignung des Nebengeschäftsverbots zur Zielerreichung wird insbesondere nicht durch den Einwand infrage gestellt, angesichts omnipräsenter Werbemaßnahmen für Glücksspiele und insbesondere für Sportwetten auf Plakaten, in Sportstätten, im Internet sowie im Rundfunk seien Sportwetten längst zum Gut des täglichen Lebens geworden.
152Hierdurch wird die gegenteilige gesetzgeberische Prognose nicht erschüttert. Orte, an denen Sportwetten vermittelt werden, werden als Teil der unmittelbar realen Umgebung nämlich anders wahrgenommen als mediale Glücksspielwerbung, sei es auf Plakatwänden oder in Sportstätten, sei es im Rundfunk oder im Internet. Insbesondere die Werbung im Internet wird nicht ohne Weiteres und ständig angezeigt, sondern nur bei bestimmten Suchanfragen des Benutzers. Dies lässt die Annahme plausibel erscheinen, dass die Konfrontation mit der realen Wettvermittlungsstelle zu einem negativen Gewöhnungseffekt bzw. einem Mehr an Gewöhnung führt, das durch das Nebengeschäftsverbot verhindert werden soll. Flankierend ist zu berücksichtigen, dass das terrestrische Sportwettangebot einen zusätzlichen, realeren Reiz als die Werbung für Sportwetten in den Medien ausübt, insbesondere für nicht sportbegeisterte oder nicht medienaffine Erwachsene und Minderjährige. Hinzu kommt, dass das Nebengeschäftsverbot gerade Kinder und Jugendliche typischerweise in einer Gruppensituation – insbesondere auf ihrem gemeinsamen Schulweg bzw. bei der gemeinsamen Freizeitgestaltung – schützt und damit auch einen maßgeblichen Beitrag leistet, das Entstehen einer Gruppendynamik hinsichtlich der für sie illegalen Nutzung („Reiz des Verbotenen“) von und der Gewöhnung an Sportwetten zu verhindern,
153vgl. zu diesen Aspekten bereits: VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 172 ff.
154Selbst wenn unterstellt wird, dass Werbung für Sportwetten in den Medien für die Erreichung der mit dem Nebengeschäftsverbot verfolgten Gemeinwohlziele nicht förderlich ist, folgte hieraus jedenfalls nicht, dass die Eignung des Nebengeschäftsverbots zur Zielerreichung in Gänze entfiele. Denn das Werben für und das Anbieten von Sportwetten vor Ort ist mit besonderen Suchtgefahren verbunden, da – anders als bei der Werbung im Fernsehen oder im Internet – eine Möglichkeit zur sofortigen Spielteilnahme besteht,
155vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 173, 178.
156(3) Das Nebengeschäftsverbot verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot und das verfassungsrechtliche Gebot der Konsequenz bzw. Konsistenz.
157Es ist zu konstatieren, dass das unionsrechtliche Kohärenzgebot auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, allerdings dort weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung oder gar eine föderale Zuständigkeiten übergreifende Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen verlangt, wohl aber gebietet, dass die Geeignetheit von Regelungen, die die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in einem Bereich einschränken, zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels nicht durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotential konterkariert werden darf,
158vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13 – Digibet und Albers, juris Rn. 33 ff.; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-316/07 u.a. – Markus Stoß, juris Rn. 97 ff.; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-46/08 – Carmen Media, juris Rn. 57 ff.; EuGH, Urteil vom 10. März 2007 – C-169/07 – Hartlauer, juris Rn. 55; BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 18.16 –, juris Rn. 41; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6.15 –, juris Rn. 84 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 10.12 –, juris Rn. 31 ff., 51 ff.; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 38.
159Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung, ob Einschränkungen der Berufsfreiheit in einem Glücksspielbereich konsequent auf die Bekämpfung von Spielsucht ausgerichtet sind, andere Glücksspielformen nur („insbesondere“) dann einbezogen, wenn der Gesetzgeber in einer Konfliktlage mit staatlicher Beteiligung am Spiel- und Wettmarkt (auch) eigene fiskalische Interessen verfolgt und die Glücksspielformen potentiell in Konkurrenz zueinander stehen,
160vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris Rn. 122 f., 132 und 141 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 1. August 2022 – 8 B 16.22 –, juris Rn. 6; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 - 6 B 62/22 -, juris Rn. 38.
161Die Vereinbarkeit etwa der Abstandsgebote für Spielhallen mit Art. 12 Abs. 1 GG wurde daher nur im Hinblick auf die Regulierung von Spielbanken, bei der nicht ausgeschlossen ist, dass die Abstandsvorgabe indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördert, näher untersucht, nicht aber im Hinblick auf die Regulierung zu Geldspielgeräten in Gaststätten, bei der keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar sind. In der Sache resultiert daraus indes keine geringere Prüfungsdichte mit potentiell abweichenden Ergebnissen, da die unionsrechtlich unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz zu betrachtenden Glücksspielsegmente, in denen der Gesetzgeber trotz gleich hohem oder höherem Suchtpotential auf ein Nebengeschäftsverbot verzichtet hat, verfassungsrechtlich jedenfalls auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz geprüft werden müssen,
162vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris Rn. 123, 170 ff.,
163und bei Vorliegen hinreichender Sachgründe für eine Ungleichbehandlung auch keine unionsrechtliche Inkohärenz angenommen werden kann,
164vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 38.
165Dies zu Grunde gelegt, führt die Regulierung sämtlicher Glücksspielbereiche mit gleich hohem oder höherem Suchtpotential nicht zu einer unionsrechtlichen Inkohärenz, geschweige denn zu einer verfassungsrechtlichen Inkonsequenz des Nebengeschäftsverbots.
166Es ist nicht feststellbar, dass das Nebengeschäftsverbot den aufgeführten legitimen Gemeinwohlzielen bloß vordergründig dient, und der Gesetzgeber damit in Wahrheit „scheinheilig“ andere, insbesondere fiskalische Zwecke verfolgt oder das Verbot durch Regelungen in anderen Glücksspielbereichen konterkariert wird,
167vgl. so auch: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 152 ff.
168(a) Das unionsrechtliche Kohärenzgebot bzw. das verfassungsrechtliche Gebot der Konsequenz und Folgerichtigkeit wird zunächst nicht dadurch verletzt, dass für das Automatenspiel in Gaststätten kein Nebengeschäftsverbot normiert ist und auch sonst trotz höherem bzw. gleichem Suchtpotential geringere Anforderungen nach § 2 Abs. 4 GlüStV 2021 als für Wettvermittlungsstellen gelten.
169Zwar gelten auch für Gaststätten die Geldspielgeräte bereithalten Spielerschutzvorschriften wie Werbebeschränkungen, die Pflicht zur Entwicklung eines Sozialkonzepts, Aufklärungspflichten und die Teilnahme am bundesweiten Spielersperrsystem (§ 2 Abs. 4 i.V.m. §§ 5, 6, 7 bis 8d GlüStV 2021). Allerdings ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Wettvermittlungsstellen, obwohl auch Spielautomaten in Gaststätten im unmittelbaren Lebensumfeld potentieller Spieler leicht zugänglich und derartige Gaststätten insbesondere auch für Kinder und Jugendliche eine alltägliche Erscheinung sind. Dies rechtfertigt sich aber aufgrund der Unterschiede im Gepräge der Spielorte. Wettvermittlungsstellen dienen in aller Regel hauptsächlich dem Glücksspiel, was auch ihr äußeres Erscheinungsbild bestimmt, während der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten liegt, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeit und Anreize zu ununterbrochenem Spiel sind daher in Wettvermittlungsstellen typischerweise größer als in Gaststätten mit nur zwei zulässigen Geldspielgeräten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung – SpielV)), wo Spieler zudem anders als in Wettvermittlungsstellen regelmäßig einer größeren Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt sind. Auch ist bei einer Betrachtung der Örtlichkeiten von außen die Verknüpfung mit Glücksspielangeboten bei Gaststätten weitaus geringer ausgeprägt als bei Wettvermittlungsstellen,
170vgl. zu diesen Aspekten mit Blick auf Mindestabstandsregelungen für Wettvermittlungsstellen bereits: OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 41; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 285 f., 364; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 220; vgl. bereits in Bezug auf Spielhallen: BVerfG Beschluss vom 7. März 2017 – 1314/12 u.a. –, juris Rn. 175 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6.15 –, juris Rn. 80.
171In Anbetracht der mit dem Nebengeschäftsverbot verfolgten Ziele, durch die Verhinderung eines Gewöhnungs- und Normalisierungseffekts in der Bevölkerung im Hinblick auf Glücksspiel dem Entstehen von Glücksspielsucht vorzubeugen und gleichsam den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten (vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 GlüStV 2021) erweist sich Selbiges nicht als inkohärent, sondern ist geeignet, die bestehenden Standards der Spielsuchtprävention sowie des Spieler- und Jugendschutzes aufrechtzuerhalten. Denn wäre die Vermittlung von Sportwetten im Nebengeschäft in den nach § 21 Abs. 1, 1a und 4 GlüStV 2021 zulässigen Formen, beispielsweise neben einem hauptgeschäftlichen Einzelhandels- oder Gaststättenbetrieb erlaubt, wäre es möglich, besonders suchtgefährdende Wettformen, wie z.B. Live-Wetten, auch etwa neben Alkoholausschank in Gaststätten anzubieten, obwohl es naheliegt, dass die Kombination von Genussmitteln und Glücksspiel, beispielsweise aufgrund des Enthemmungseffekts von Alkohol, pathologisches Spielverhalten fördert. Ferner würde ein Wegfallen des Nebengeschäftsverbots Möglichkeiten eröffnen, die geltenden Betretungsverbote von Minderjährigen und damit den Kinder- und Jugendschutz bei der Vermittlung von Sportwetten aufzuweichen. Denn nach der geltenden Gesetzeslage ist es diesen Gruppen erlaubt, das jeweilige Hauptgeschäft, etwa Einzelhandelsbetriebe oder Gaststätten, zu betreten. Damit könnten Minderjährige mit Sportwetten, insbesondere auch in der besonders suchtgefährdenden Form der Live-Wetten, in Kontakt kommen,
172vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 155 ff.
173(b) Es besteht auch keine Inkohärenz bzw. Inkonsequenz mit Blick auf die Regulierung der Annahmestellen im Sinne von § 3 Abs. 5 GlüStV 2021, in denen im Wesentlichen stationär Lotterieprodukte der staatlichen Veranstalter im Sinne des § 10 Abs. 2 und 3 GlüStV 2021 vermittelt werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1 AG GlüStV NRW), dahingehend, als es Annahmestellen derzeit (noch) erlaubt ist, Sportwetten des staatlichen Anbieters Oddset Sportwetten GmbH (im Folgenden: Oddset ) im Nebengeschäft zu vermitteln.
174Diesbezüglich ist zunächst zu berücksichtigen, dass das Gefährdungspotential von Wettvermittlungsstellen aufgrund des erheblichen Umfangs des dortigen Sportwettangebotes (vgl. § 21 Abs. 1, 1a und 4 GlüStV 2021) deutlich größer ist als dasjenige von Annahmestellen, die typischerweise im Nebengeschäft in einem Ladenlokal überwiegend Lotterieprodukte anbieten, die mit Ausnahme der Lotterie Keno über ein erheblich niedrigeres Suchtpotential als Sportwetten verfügen,
175vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 241; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 43, unter Verweis auf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 161 f. (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/ PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf), zum Anteil mindestens problematischer Spieler bei Sportwetten zu festen Quoten von 3,1 % im Vergleich zu mindestens problematischen Spielern bei Lotterien von insgesamt 1,2 %, darunter etwa Bingo 0 %, Keno 6,7 % und Sofortlotterien/Rubbellosen von 1,1 %; vgl. zum geringeren Gefährdungspotential von Lotterien auch: VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 234, 362.
176Insbesondere Sofortlotterien in Gestalt von Rubbellosen weisen ein im Vergleich zu Sportwetten deutlich geringeres Suchtgefährdungspotential auf,
177vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 243, unter Verweis auf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 161 f. (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/ PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf); VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 362; im Ergebnis ebenso: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2023 – OVG 1 S 11/23 –, juris Rn. 15.
178An dem geringeren Gefährdungspotential von Annahmestellen ändert auch der Umstand nichts, dass im Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 29 Abs. 6 GlüStV 2021, § 13b Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW in den Annahmestellen, in denen stationär Lotterieprodukte staatlicher Veranstalter vermittelt werden (§ 5 Abs. 1 AG GlüStV NRW) übergangsweise abweichend von § 21a Abs. 2 GlüStV 2021 noch bis zum 30. Juni 2024 im Nebengeschäft Sportwetten des staatlichen Veranstalters Oddset vermittelt werden dürfen. Denn die rechtliche Ausgestaltung dieses Glücksspielsegments ist insgesamt ausreichend an dem in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV 2021 festgelegten Ziel, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, ausgerichtet,
179vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 245; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 219 ff., 234 ff.; VG Minden, Urteil vom 16. Februar 2023 – 3 K 990/22 –, juris Rn. 48.
180Entscheidend ist jedoch, dass im Gegensatz zum Sportwettangebot privater Sportwettveranstalter in Wettvermittlungsstellen das Sportwettangebot des staatlichen Veranstalters Oddset in Annahmestellen auf Grund der insoweit bestehenden gesetzlichen Beschränkungen weniger attraktiv und damit weniger suchtgefährdend ist. Denn neben der nur noch zeitlich befristet bis zum 30. Juni 2024 bestehenden Zulässigkeit des Vermittelns von Sportwetten des staatlichen Veranstalters Oddset in Annahmestellen sind dort anders als in Wettvermittlungsstellen Sportwetten nur in einer beschränkten Vertriebsform zulässig, die sich von dem zulässigen Angebot privater Sportwettveranstalter deutlich unterscheidet. So sind gemäß § 29 Abs. 6 GlüStV 2021, § 13b Abs. 1 Satz 2 AG GlüStV NRW Sportwetten nur in Gestalt von Ergebniswetten zulässig, die vor Beginn des Sportereignisses abgegeben werden (sog. Pre-Match-Wetten). Die Vermittlung von Ergebniswetten während des laufenden Sportereignisses sowie die Vermittlung von Ereigniswetten sind hingegen unzulässig. Die Aufstellung von Wettterminals ist untersagt, zulässig sind nur Spielvorbereitungsterminals, mit deren Hilfe lediglich Spielscheine vorausgefüllt werden können (vgl. § 13b Abs. 2 Sätze 7 und 8 AG GlüStV NRW). Zudem dürfen die äußere Gestaltung, die Einrichtung und der Betrieb der Annahmestelle durch die Sportwettvermittlung nach ihrem Wesen und Gesamtbild nicht verändert werden, insbesondere dürfen keine Monitore angebracht werden, mit deren Hilfe Wettveranstaltungen verfolgt werden können oder Sitz- oder Stehgelegenheiten geschaffen werden, die zum längeren Verweilen in der Annahmestelle einladen (vgl. § 13b Abs. 2 Sätze 5 und 6 AG GlüStV NRW),
181vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 247; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 165.
182Das geringere Gefährdungspotential von Annahmestellen im Vergleich zu Wettvermittlungsstellen wird schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass dort neben Lotterieprodukten weiterhin auch Toto Fußballwetten angeboten werden dürfen. Zwar weisen Toto Fußballwetten mit 3,0 % einen ähnlich hohen Anteil von mindestens problematischen Spielern wie Sportwetten auf,
183vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland – Ergebnisse des Surveys 2019 und Trends, BZgA Forschungsbericht / Januar 2020, S. 161 (abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/ PDF/studien/BZgA-Forschungsbericht_Gluecksspielsurvey_2019.pdf),
184und für die Einschätzung ihres Suchtpotentials ist ohne Belang, dass es sich mangels fester Quoten nicht um Sportwetten im Sinne der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021 handelt. Zu berücksichtigen ist aber, dass ihr Anteil gemessen an den angebotenen Lotterieangeboten und im Vergleich zu den umfangreichen Sportwettprodukten einer Wettvermittlungsstelle sehr gering ist und dass die unter Suchtgesichtspunkten gefährlichsten Live-Wetten in Annahmestellen im Unterschied zu Wettvermittlungsstellen überhaupt nicht angeboten werden dürfen (vgl. § 21 Abs. 1, 1a und 4, § 21a Abs. 2, § 29 Abs. 6 Hs. 2 GlüStV 2021),
185vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 43; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 248 ff.
186Das Nebengeschäftsverbot ist auch nicht deshalb inkohärent bzw. inkonsequent, weil – nach dem Vorbringen der Klägerin – die Landesgesetzgeber durch die Erlaubnis von staatlich veranstalteten Sportwetten unter der Bezeichnung „Oddset“ in Wahrheit rein fiskalische Zwecke verfolgten. Denn die Vermittlung solcher Sportwetten in Annahmestellen diente ursprünglich dem – mit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 für Sportwetten entfallenen – staatlichen Auftrag, ein ausreichendes Glücksspielangebot als Alternative zum Schwarzmarkt sicherzustellen, und ist bis zum 30. Juni 2024 befristet (vgl. § 29 Abs. 6 GlüStV 2021, § 13b Abs. 1 Satz 1 AG GlüStV NRW). Ein insoweit übergangsweise weiterbestehendes beschränktes Sportwettangebot ermöglicht der Kundschaft und Betreibern der Annahmestellen, sich auf die Rechtsänderung einzustellen. Dies dient letztlich auch einer Vermeidung der Abwanderung von bisherigen Teilnehmern der Sportwette „Oddset“ in den Schwarzmarkt,
187vgl. Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021, LT-Drs. NRW 17/11683, S. 217 f.; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 168.
188(c) Eine Inkohärenz bzw. Inkonsequenz der Nebengeschäftsverbotes folgt auch nicht aus der zum 1. Juli 2021 erfolgten Öffnung des Online-Glücksspielmarktes und der hiermit verbundenen Möglichkeit, virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele nach vorheriger Erlaubniserteilung in Deutschland legal über das Internet anbieten zu können (vgl. § 2 Abs. 7 bis 9, § 4, § 22a bis § 22c GlüStV 2021). Die Zulassung des Online-Glücksspiels stellt sich nicht als inkohärente gegenläufige Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleich hohem oder höherem Suchtpotential dar. Zwar sehen die Bestimmungen zum Online-Glücksspiel denklogisch kein vergleichbares Nebengeschäftsverbot vor. Allerdings etabliert der Glücksspielstaatsvertrag 2021 für die Kategorie des nicht stationären Spiels ein vollkommen eigenständiges bereichsspezifisches Regulierungssystem, das die Zwecke der Suchtprävention und des Spielerschutzes gleichermaßen verfolgt,
189vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2023 – OVG 1 S 11/23 –, juris Rn. 15; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2022 – OVG 1 B 21.17 –, juris Rn. 68 ff.; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 42; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 228; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 367.
190Mit dem am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag 2021 soll der Schwarzmarkt, der sich trotz des bis zum 30. Juni 2021 bestehenden weitgehenden Internetverbots gebildet hat und auf dem verschiedene Arten von Online-Spielen angeboten und nachgefragt wurden, massiv zurückgedrängt werden. Nach den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021,
191vgl. Erläuterungen zum GlüStV 2021, LT-Drs. NRW 17/11683, S. 72 ff.,
192soll die Zulassung von Online-Glücksspielangeboten dem Spielerschutz und der Suchtprävention dienen und den legitimen Zweck verfolgen, eine geeignete Alternative zum illegalen Online-Glücksspiel anzubieten und dadurch den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken und der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Die Zulassung von Online-Glücksspielen geht einher mit bereichsspezifischen strengen gesetzlichen Vorgaben zum Spielerschutz (vgl. §§ 6a ff. GlüStV 2021), darunter einem anbieterübergreifenden Einzahlungslimit, dessen Einhaltung mit der Limitdatei überwacht wird (vgl. § 6c GlüStV 2021) und das trotz Ausweitung des legalen Angebots im Internet die Spielmöglichkeit für den einzelnen Spieler stark einschränkt. Zudem sieht der Glücksspielstaatsvertrag 2021 ein anbieter- und spielformübergreifendes Spielersperrsystem vor (§§ 8 bis 8d GlüStV 2021), das vor übermäßigen Ausgaben durch Fremd- und Selbstsperre schützt. Ferner sind für das virtuelle Automatenspiel zusätzlich erhebliche Begrenzungen der Spielabläufe vorgesehen. So ist der Einsatz pro Spiel auf einen Euro begrenzt (§ 22a Abs. 7 GlüStV 2021), die Mindestspieldauer je Spiel darf durchschnittlich fünf Sekunden nicht unterschreiten (§ 22a Abs. 6 GlüStV 2021) und nach einer Spielzeit von einer Stunde ist eine verbindliche Spielpause von fünf Minuten einzuhalten (§ 22a Abs. 9 GlüStV 2021). Ein Nebengeschäftsverbot, wie es im Land Nordrhein-Westfalen für stationäre Wettvermittlungsstellen vorgesehen ist, ist demgegenüber bei Angeboten im Internet kein taugliches Mittel zur Begrenzung des Glücksspiels. In der Schaffung dieses eigenständigen, mit dem stationären Glücksspiel generell nicht vergleichbaren bereichsspezifischen Regulierungssystems für das Online-Glücksspiel liegt kein Verstoß gegen das Kohärenzgebot,
193vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2023 – OVG 1 S 11/23 –, juris Rn. 15; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2022 – OVG 1 B 21.17 –, juris Rn. 71; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 42; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 232; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 367.
194denn dieses verlangt weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung oder eine föderale Zuständigkeiten übergehende Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen,
195vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 17.12 –, juris Rn. 42.
196Es ist daher zulässig, dass die Regelungen für das Online-Glücksspiel anders ausgestaltet sind als für den stationären Bereich,
197vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2023 – OVG 1 S 11/23 –, juris Rn. 15; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2022 – OVG 1 B 21.17 –, juris Rn. 71; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2022 – 6 B 62/22 –, juris Rn. 42; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 236; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 367; vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 173 ff.
198(d) Eine Inkohärenz des Nebengeschäftsverbotes wird ferner nicht dadurch begründet, dass in anderen Bundesländern – wie etwa in Rheinland-Pfalz – die Vermittlung von Sportwetten in Wettvermittlungsstellen im Nebengeschäft erlaubt sein mag und insoweit zum Teil weniger strenge bzw. von der Rechtslage in Nordrhein-Westfalen abweichende Regelungen gelten. Die Wirkung des in Nordrhein-Westfalen geltenden Nebengeschäftsverbotes wird dadurch nicht konterkariert. Denn die unionsrechtlichen Grundfreiheiten verpflichten den Mitgliedstaat nicht zu einer die föderalen Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen,
199vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 18.16 –, juris Rn. 41; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 17.12 –, juris Rn. 42; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juni 2020 – 4 A 2089/17 –, juris Rn. 35; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2023 – OVG 1 S 11/23 –, juris Rn. 15; VGH Bayern, Beschluss vom 21. März 2023 – 23 CS 22.2677 –, juris Rn. 56; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 265; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 172; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 372 ff.
200Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern ist vielmehr gemäß Art. 4 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV), wonach die Union verpflichtet ist, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt, auch unionsrechtlich zu achten,
201vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13 –, Digibet und Albers, juris Rn. 34 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juni 2020 – 4 A 2089/17 –, juris Rn. 35; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. April 2020 – 4 B 1478/18 –, juris Rn. 33.
202Dies gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG),
203vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 17.12 –, juris Rn. 42; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2023 – OVG 1 S 11/23 –, juris Rn. 15; VGH Bayern, Beschluss vom 21. März 2023 – 23 CS 22.2677 –, juris Rn. 56; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 269; VG Köln, Urteil vom 5. Oktober 2022 – 24 K 1472/21 –, juris Rn. 372 ff.
204(e) Eine Inkohärenz bzw. Inkonsequenz begründet schließlich der Umstand nicht, dass auch für Wettvermittlungsstellen, die tatsächlich keine Live-Wetten anbieten und deren Räumlichkeiten und Angebot nicht dazu bestimmt sind, Kunden zu einer längeren Verweildauer anzuregen, die mithin als bloße „Tippannahmestellen“ ausgestaltet sind, in der sich Spieler lediglich kurzzeitig aufhalten, um Tippscheine abzugeben oder Gewinne abzuholen, und die damit faktisch ein den Annahmestellen vergleichbares Sportwettangebot bereitstellen, gleichfalls das Nebengeschäftsverbot des § 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW gilt. Denn diese Differenzierung ist durch die bereits dargelegten Unterschiede, insbesondere durch das in den Annahmestellen nur vorübergehend noch zugelassene beschränkte Sportwettangebot einerseits und dem in Wettvermittlungsstellen grundsätzlich möglichen Angebot von Sportwetten andererseits gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang kommt es nämlich ausschließlich auf die gemäß § 21 Abs. 1, 1a und 4 GlüStV 2021 zugelassenen Sportwetten an, so dass es unerheblich ist, ob die jeweilige Wettvermittlungsstelle ihr Angebot tatsächlich bzw. faktisch auf die vorübergehend in Annahmestellen noch zulässigen Sportwetten beschränkt,
205vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 254; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 191 f.
206Dass der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber demgemäß – was in § 13 Abs. 1 Satz 3 AG GlüStV NRW zum Ausdruck kommt – keine Differenzierung zwischen Wettvermittlungsstellen und Wettannahmestellen bzw. „Tippannahmestellen“ vornimmt, ist flankierend zudem durch die Bestrebung des Gesetzgebers gerechtfertigt, hierdurch einheitliche Spielerschutzstandards sicherzustellen,
207vgl. LT-Drs. NRW 17/12978, S. 78; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2023 – 3 K 3202/21 –, juris Rn. 256.
208(4) Das Nebengeschäftsverbot ist zur Spielsuchtprävention sowie zum Spieler- und Jugendschutz erforderlich, da kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich ist,
209vgl. so auch: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 179.
210(5) Das Nebengeschäftsverbot ist in Anbetracht der mit ihm verfolgten überragend wichtigen Gemeinwohlziele auch angemessen. Die mit dem Nebengeschäftsverbot für die Veranstalter von Sportwetten einhergehenden Einschränkungen stehen nicht außer Verhältnis zu den mit dem Nebengeschäftsverbot verfolgten Gemeinwohlzielen.
211Zwar beschränkt das Nebengeschäftsverbot grundsätzlich die unionsrechtlichen Grundfreiheiten des Art. 49 und Art. 56 AEUV, stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG dar und ist mit Blick auf eine abweichende Regulierung in Bezug auf andere Glücksspielangebote am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Die mit dem Nebengeschäftsverbot einhergehende Einschränkung ist indes nicht als besonders intensiv einzustufen, weil es sich letztlich nur um eine Berufsausübungsregelung handelt, die den Sportwettveranstaltern nicht ihre unternehmerische Tätigkeit per se, sondern nur eine bestimmte Vertriebsmodalität untersagt und sie bei ihrer unternehmerischen Betätigung weiterhin auf andere Vertriebsformen ausweichen können. Dem gegenüber stehen die mit dem Nebengeschäftsverbot verfolgten Zwecke, nämlich die Spielsuchtprävention sowie der Spieler- und Jugendschutz, die als Ausprägungen der staatlichen Schutzpflicht für die Gesundheit und damit für die körperliche Unversehrtheit der Bürgerinnen und Bürger (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG) von bedeutendem Gewicht sind.
212vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 181 f.
213(6) Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das Nebengeschäftsverbot gegen das unionsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 20 GrCh oder das in Art. 21 Abs. 1 GrCh niedergelegte Diskriminierungsverbot verstößt. Insoweit wird zur Begründung auf die vorstehenden Ausführungen zur Verfassungs- und Unionsrechtskonformität des Nebengeschäftsverbotes verwiesen, die hinsichtlich des Art. 20 GrCh entsprechend gelten. Im Übrigen ist ein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 GrCh nicht feststellbar, da das streitgegenständliche Nebengeschäftsverbot ebenso wie die sonstigen Erlaubnisvorschriften gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer Geltung beansprucht und im Übrigen keinerlei tatsachengestützte Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es diskriminierend angewendet werden könnte.
214d. Da nach den vorstehenden Ausführungen die materiellen Anspruchsvoraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle ohne die in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 enthaltene Beschränkung auf das Hauptgeschäft nicht vorliegen, ist auch der hilfsweise gestellte Bescheidungsantrag unbegründet.
2152. Hinsichtlich der Regelung in Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021 ist angesichts der Zulässigkeit des Hauptantrages zunächst über dessen Begründetheit zu entscheiden.
216a. Die insoweit mit dem Hauptantrag zur Entscheidung gestellte Anfechtungsklage ist unbegründet.
217Die Regelung in Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021, wonach bauliche bzw. räumliche Veränderungen der Wettvermittlungsstelle dem Beklagten gegenüber durch die Klägerin als Veranstalterin spätestens zwei Wochen vor Beginn des Umbaus oder der räumlichen Veränderung unter Vorlage entsprechender Nachweise schriftlich anzuzeigen sind, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
218aa. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen in dem streitgegenständlichen Erlaubnisbescheid findet sich in § 4 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV 2021 i.V.m. § 36 Abs. 1 VwVfG NRW bzw. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW und § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV 2021 kann die Erlaubnis auch nachträglich u.a. mit Nebenbestimmungen versehen werden. Gemäß § 36 Abs. 1 VwVfG NRW darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist, oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Unbeschadet des § 36 Abs. 1 VwVfG NRW darf ein Verwaltungsakt nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW nach pflichtgemäßem Ermessen verbunden werden mit einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage).
219Hiernach können Erlaubnisbescheide nach pflichtgemäßem Ermessen mit Nebenbestimmungen verbunden werden. Gemäß § 40 VwVfG NRW hat die Behörde, wenn sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Den gerichtlichen Prüfungsumfang bei Ermessensentscheidungen legt § 114 Satz 1 VwGO fest. Danach hat das Gericht in diesen Fällen auch zu prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dagegen ist das Gericht nicht befugt, die Ermessensentscheidung der Behörde durch eine eigene Entscheidung zu ersetzen, die es für sachdienlicher und zweckmäßiger hält. Bei Ermessensentscheidungen mit einem Ermessensspielraum im konkreten Fall gibt es mehrere „richtige“ Entscheidungen und die Verwaltung darf eine von ihnen wählen, während die Gerichte nur prüfen dürfen, ob eine Entscheidung gefällt wurde, die außerhalb dieser Wahlmöglichkeiten liegt. Die Kontrolle wird somit auf die Überprüfung von Ermessensfehlern beschränkt,
220vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2016 – 10 C 8.15 –, juris Rn. 13; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 16.
221bb. Dies zu Grunde gelegt, erweist sich die Nebenbestimmung in Ziffer II. 5. des Bescheides als rechtmäßig. Der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen frei von Rechtsfehlern ausgeübt. Die Nebenbestimmung steht insbesondere in Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
222(1) Die zum Gegenstand der Auflage gemachte Pflicht zur schriftlichen Anzeige baulicher bzw. räumlicher Veränderungen, für die in Anbetracht der gewählten Formulierung „schriftlich“ anstatt der Formulierung „Schriftform“ offenkundig eine Anzeige in Textform ausreicht, dient dazu, dem Beklagten die Wahrnehmung seiner Aufgaben im Bereich der Glücksspielaufsicht zu ermöglichen (vgl. §§ 19 Abs. 3 Nr. 3, 20 Abs. 1 und 3 AG GlüStV NRW i.V.m. § 9 Abs. 1 GlüStV 2021). Denn die räumliche und bauliche Gestaltung der Wettvermittlungsstelle ist ein für die Erteilung der Erlaubnis und damit auch für die Überwachung des Betriebs relevanter Umstand. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV NRW darf die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn die Geschäftsräume nach ihrer Lage, Beschaffenheit und Ausstattung den Zielen des § 1 GlüStV 2021 nicht entgegenstehen. § 5 Abs. 2 Nr. 7 AnVerVO NRW sieht daher auch vor, dass dem Erlaubnisantrag zwingend u.a. Angaben zur Ausstattung, Beschaffenheit und Einteilung der Wettvermittlungsstelle sowie, wenn vorhanden, die diesbezügliche Baugenehmigung beizufügen sind. Denn nur anhand dieser Unterlagen kann – bei Erlaubniserteilung ebenso wie bei der späteren Überwachung des genehmigten, aber veränderten Betriebs – geprüft werden, ob die baulichen und räumlichen Verhältnisse den gesetzlichen Anforderungen (noch) entsprechen,
223vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 198.
224(2) Die Auflage ist zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zweckes geeignet.
225Dass der Klägerin mit der Verpflichtung zur Anzeige baulicher bzw. räumlicher Veränderungen etwas Unmögliches abverlangt wird, ist nicht ersichtlich. Zwar dürfte es zutreffen, dass etwaige bauliche bzw. räumliche Veränderungen nicht durch die Klägerin selbst, sondern durch die Wettvermittlerin als Betreiberin der konkreten Wettvermittlungsstelle vorgenommen würden. Angesichts der engen vertraglichen Verbundenheit der Wettvermittlerin mit der Klägerin ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Klägerin von etwaigen Veränderungen der Wettvermittlungsstelle keine Kenntnis erlangen kann bzw. erlangen wird. Nach Ziffer 1.1 des zwischen der Klägerin und der Wettvermittlerin geschlossenen Vermittlungsvertrages hat die Wettvermittlerin vor Aufnahme der Wettvermittlung zunächst für sämtliche Wettvermittlungsstandorte die schriftliche Zustimmung der Klägerin einzuholen. Darüber hinaus ist die Wettvermittlerin verpflichtet, der Klägerin als Wettveranstalterin etwaige Änderungen der Standorte, u.a. einen „Umbau“, mitzuteilen und die Zustimmung der Wettveranstalterin (erneut) einzuholen. Die Zustimmung der Wettveranstalterin zum Betrieb der konkreten Wettvermittlungsstelle erlischt nach Ziffer 1.1 des Vertrages ohne weitere Erklärung u.a. im Falle des „Umbaus“ eines Standortes. Nach Ziffer 13.2.2 des Vertrages ist die Wettvermittlerin überdies verpflichtet, der Klägerin als Wettveranstalterin auf Anfordern jederzeit die jeweils aktuelle Erfüllung aller Erlaubnisvoraussetzungen nachzuweisen und ggf. die hierfür notwendigen Dokumente und Nachweise vorzulegen. Bei einem Verstoß der Wettvermittlerin gegen ihre Pflichten aus dem Vermittlungsvertrag steht der Klägerin nach Ziffer 8.4 des Vertrages ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, insbesondere bei einem Verstoß gegen Ziffer 1.1 des Vertrages. Angesichts dieser vertraglichen Regelungen kann nicht zweifelhaft sein, dass die Klägerin auch auf die bauliche bzw. räumliche Gestaltung der Wettvermittlungsstelle einen bestimmenden Einfluss hat bzw. nehmen kann, und dass sie auf dieser Grundlage der Wettvermittlerin gegenüber auch durchsetzen kann, sie von beabsichtigten baulichen bzw. räumlichen Veränderungen rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Etwaige Verzögerungen, die sich aus dem Sitz der Klägerin in Malta ergeben, sind letztlich unternehmerischen Entscheidungen geschuldet. Diese könnten und müssten ggf., wenn anders Verzögerungen bei der Erfüllung der hier relevanten Verpflichtung nicht begegnet werden kann, durch organisatorische Maßnahmen oder vertragliche Vereinbarungen angepasst bzw. ergänzt werden. Dass die Zwei-Wochen-Frist unter Berücksichtigung dessen erkennbar zu knapp bemessen ist, ist nicht feststellbar,
226vgl. so auch: VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 199.
227(3) Die Anzeigeverpflichtung der Klägerin ist zur Erreichung des genannten Zweckes auch erforderlich.
228Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, eine etwaige Anzeige baulicher Veränderungen gegenüber der Bauaufsichtsbehörde, zu der nach dem Baurecht bereits eine Verpflichtung bestehe, sei ausreichend, weswegen es nicht zusätzlich einer Anzeige gegenüber der Glücksspielaufsichtsbehörde bedürfe. Bauliche Veränderungen können nicht nur Auswirkungen auf eine erteilte baurechtliche Genehmigung, sondern auch auf die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle haben. Die Anzeige baulicher Veränderungen gegenüber der Glücksspielaufsichtsbehörde dient insoweit anderen Zwecken als die Anzeige bei der Bauaufsichtsbehörde, nämlich spezifisch glücksspielrechtlichen Zwecken. Allein die Vereinbarkeit der Änderungen mit den Zielen des § 1 GlüStV 2021 ist durch die Glücksspielaufsichtsbehörde zu überprüfen. Ebenso ist denkbar, dass eine unwesentliche bauliche Änderung baurechtlich nicht anzeigepflichtig ist, aber gleichwohl relevante Auswirkungen auf die glücksspielrechtliche Erlaubnis haben kann. Dies zu überprüfen, ist Aufgabe der Glücksspielaufsichtsbehörde, der sie nur nachkommen kann, wenn sie rechtzeitig von diesen Änderungen erfährt. Überdies sind im Sportwettbereich Bau- und Glücksspielaufsichtsbehörden ohnehin regelmäßig – und so auch hier – unterschiedlichen Rechtsträgern zugeordnet. Eine etwaige Anzeige gegenüber der Bauaufsichtsbehörde kann auch unter diesem Gesichtspunkt nicht von der Anzeigeverpflichtung gegenüber der Glücksspielaufsichtsbehörde entbinden. Diese Auffassung wird letztlich bestätigt durch § 74 Abs. 3 Satz 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW), wonach die Baugenehmigung aufgrund anderer Vorschriften bestehende Verpflichtungen zum Einholen von Genehmigungen, Bewilligungen, Erlaubnissen und Zustimmungen oder zum Erstatten von Anzeigen gerade unberührt lässt,
229vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 200; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 28.
230Es besteht auch kein milderes, gleich geeignetes Mittel.
231Die Nebenbestimmung ist in diesem Zusammenhang insbesondere nicht wegen eines Ermessensausfalls in Bezug auf die alleinige Pflichtenadressierung an die Klägerin als Wettveranstalterin rechtswidrig. Der Beklagte hat das ihm insoweit zustehende Auswahlermessen erkannt und rechtsfehlerfrei mit Blick auf eine Inanspruchnahme der Klägerin ausgeübt. Denn der Begründung des Erlaubnisbescheides lässt sich eindeutig entnehmen, dass sämtliche Nebenbestimmungen nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erlassen wurden und mit Blick auf die streitgegenständliche Nebenbestimmung in Ziffer II. 5. die Klägerin als Veranstalterin gerade aufgrund ihrer ausschließlichen Berechtigung zur Stellung des Erlaubnisantrages (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW) als Pflichtenadressatin in Anspruch genommen wurde. Aus der in der Begründung zur Nebenbestimmung in Ziffer II. 5. gewählten Formulierung „auferlegt“ wird zudem hinreichend deutlich, dass eine Pflichtenadressierung an die Wettvermittlerin zuvor ebenfalls in Erwägung gezogen wurde.
232Eine mögliche Pflichtenadressierung an die Wettvermittlerin stellte im Übrigen kein milderes gleich geeignetes Mittel dar. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass die in Deutschland ansässige Wettvermittlerin als potentiell Verantwortliche für etwaige bauliche bzw. räumliche Veränderungen durchaus „sachnäher“ sein kann als die in Malta ansässige Klägerin. Zudem ist neben der Klägerin ausdrücklich auch die Wettvermittlerin als Betreiberin der Wettvermittlungsstelle Adressatin des Erlaubnisbescheides, dem die angefochtene Auflage beigefügt ist (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW). Nach § 3 Abs. 6 GlüStV 2021 muss die Wettvermittlungsstelle jedoch in die Vertriebsorganisation eines Sportwettveranstalters eingebunden sein. Aufgrund der erforderlichen Einbindung in die Vertriebsorganisation eines Wettveranstalters dürfen in jeder Wettvermittlungsstelle daher nur Wetten dieses Veranstalters angeboten werden. Das Angebot von Sportwetten weiterer Veranstalter ist ausgeschlossen. Dies dient der Begrenzung des Angebotes und erleichtert die Überwachung,
233vgl. Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021, LT-Drs. NRW 17/11683, S. 109; VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 202; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 30.
234Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat vor diesem Hintergrund nicht den Wettvermittler als Betreiber der Wettvermittlungsstelle, sondern ausdrücklich den Veranstalter des Sportwettangebots, der die vertriebsorganisatorische Verantwortung trägt, „in die Pflicht genommen“. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW kann den Erlaubnisantrag nur der Veranstalter stellen. Nur dieser kann und muss mit seinem Antrag darlegen, dass die Geschäftsräume der Wettvermittlungsstelle nach ihrer Lage, Beschaffenheit und Ausstattung den Zielen des § 1 GlüStV 2021 nicht entgegenstehen (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV NRW). Dem entspricht die ebenfalls dem Veranstalter obliegende Pflicht zur Beifügung entsprechender Angaben im Erlaubnisantrag (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 7 AnVerVO NRW). Dass sich diese Verpflichtung nicht auf die Antragstellung beschränkt, sondern der Veranstalter für das Fortbestehen der Erlaubnisvoraussetzungen verantwortlich und damit ggf. zum Nachweis bzw. zur Änderungsanzeige verpflichtet bleibt, zeigt § 13 Abs. 2 Satz 3 AG GlüStV NRW. Danach trägt der Veranstalter die Gewähr dafür, dass der Vermittler die im Antragsverfahren zu berücksichtigenden gesetzlichen Anforderungen für das Betreiben einer Wettvermittlungsstelle erfüllt. Da es sich beim Betreiben einer Wettvermittlungsstelle um einen Dauertatbestand handelt und die Erlaubnisvoraussetzungen für den Betrieb dauerhaft vorliegen müssen, handelt es sich bei der normierten Verantwortlichkeit des Veranstalters auch um eine fortwährende Verantwortlichkeit, die sich gerade nicht nur auf die Antragstellung, sondern auch auf die Betriebsdauer der Wettvermittlungsstelle erstreckt. Angesichts dieser Pflichtenverteilung durch den Gesetz- und Verordnungsgeber erweist sich die Adressierung der Auflage an die Klägerin als Wettveranstalterin nicht als ermessensfehlerhaft. Insbesondere ist ein Ermessensausfall bei der Adressatenauswahl nicht feststellbar,
235vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 204; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 32.
236(4) Die Nebenbestimmung ist auch angemessen. Sie ist weder mit Kosten noch mit einem größeren Aufwand verbunden und stellt als reine Berufsausübungsregelung nur einen geringfügigen Eingriff in die verfassungsrechtliche Berufsfreiheit bzw. eine geringfügige Beschränkung der unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Klägerin dar, die aus den dargelegten und hier überwiegenden Gründen des öffentlichen Interesses, namentlich wegen der Ermöglichung der Wahrnehmung der Glücksspielaufsicht über den streitgegenständlichen Betrieb, ohne weiteres gerechtfertigt ist,
237vgl. VG Aachen, Urteil vom 20. Juni 2023 – 10 K 1789/21 –, juris Rn. 205; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 33.
238cc. Die Auflage ist mit Blick auf die darin gewählte Formulierung der „baulichen bzw. räumlichen Veränderungen“ auch hinreichend bestimmt gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG NRW.
239(1) Nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW rechtswidrig.
240Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat in die Lage versetzt wird, klar und unzweideutig zu erkennen, was von ihm gefordert wird und wenn der Verwaltungsakt darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts,
241vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 18.16 –, juris Rn. 13; BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 7 VR 10.12 –, juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, juris Rn. 35; BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 – 4 C 41.87 –, juris Rn. 29.
242Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Es kommt demnach nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des Bescheides verstehen musste. Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seines verfügenden Teils, seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt,
243vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 18.16 –, juris Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 7 VR 10.12 –, juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, juris Rn. 37.
244(2) Dies zu Grunde gelegt, erweist sich die Formulierung der „baulichen bzw. räumlichen Veränderungen“ als hinreichend bestimmt.
245Dass der Begriff der „baulichen bzw. räumlichen Veränderungen“ auslegungsbedürftig ist, nimmt ihm nicht die gebotene Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Denn dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot ist Genüge getan, wenn der Adressat in zumutbarer Weise den Regelungsinhalt der Auflage erkennen kann, wofür es hinreichend ist, dass dieser sich im Wege der Auslegung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt,
246vgl. VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 19.
247Diese Voraussetzungen sind hier trotz der bei der Verwendung eines typisierenden Begriffs notwendigerweise verbleibenden Unschärfen erfüllt. Denn bereits aus der Begründung zu Ziffer II. 5. des Erlaubnisbescheides geht hinreichend deutlich hervor, dass sich die Verpflichtung zur Information über „bauliche bzw. räumliche Veränderungen“ auf Angaben zur Ausstattung, Beschaffenheit und Einteilung der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle bezieht,
248vgl. so im Ergebnis auch: VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2022 – 10 L 356/21 –, juris Rn. 21.
249(3) Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die in Ziffer II. 5. gewählte Formulierung der „baulichen bzw. räumlichen Veränderungen“ nebst der zugehörigen Begründung des Erlaubnisbescheides für sich genommen hinreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG NRW ist. Denn ein etwaiger Bestimmtheitsmangel wäre jedenfalls durch die im Schriftsatz des Beklagten vom 27. Juni 2023 enthaltenen Klarstellungen geheilt worden. Diese Heilung wäre, weil es sich um einen materiellen Mangel gehandelt hätte, zwar nicht nach § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG NRW – in dem die Vorschrift des § 37 VwVfG NRW nicht aufgeführt wird – der Fall gewesen. Es ist jedoch höchstrichterlich geklärt, dass die Behörde gleichwohl befugt ist, einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, der den Verwaltungsakt – wie hier – nicht nichtig macht, noch im gerichtlichen Verfahren durch nachträgliche Klarstellung zu heilen,
250vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2006 – 4 B 32.06 –, juris Rn. 1; BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 – 4 C 18.03 –, juris Rn. 54; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 – 7 C 5.90 –, juris Rn. 26; OVG Niedersachsen, Urteil vom 18. Juli 2012 – 7 KS 4/12 –, juris Rn. 28.
251In dem vorzitierten Schriftsatz vom 27. Juni 2023 führt der Beklagte in weiterer Konkretisierung der Bescheidbegründung detailliert anhand konkreter Beispiele im Einzelnen auf, was unter „Angaben zur Ausstattung, Beschaffenheit und Einteilung“ der Wettvermittlungsstelle sowie unter dem Begriff „Umbau“ zu verstehen ist.
252b. Ist die Nebenbestimmung in Ziffer II. 5. des Bescheides vom 2. September 2021 nach den vorstehenden Ausführungen rechtmäßig, erweist sich die mit den Hilfsanträgen zur Entscheidung gestellte Verpflichtungsklage sowohl in Gestalt des Verpflichtungsantrages (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) als auch in Gestalt des Bescheidungsantrages (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) ebenfalls als unbegründet.
253C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
254Insoweit ergibt sich die Kostenfolge für den streitig entschiedenen Teil des Streitgegenstandes aus § 154 Abs. 1 VwGO, da die Klägerin diesbezüglich vollständig unterlegen ist.
255Hinsichtlich des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Streitgegenstandes ergibt sich die Kostenfolge aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Diesbezüglich ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Dem entspricht es, die Kosten des Verfahrens hinsichtlich der Regelungen in Ziffer I. 2. und Ziffer II. 1. des Bescheides vom 2. September 2021 ebenfalls der Klägerin aufzuerlegen, weil sie insoweit eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben hat. Hinsichtlich der Regelungen in Ziffer I. 5. und Ziffer I. 6. des Bescheides vom 2. September 2021 entspricht es hingegen billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil er die diesbezüglichen Regelungen widerrufen und insoweit eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben hat.
256Ausgehend hiervon ergibt sich für die vorzunehmende einheitliche Kostenentscheidung die tenorierte Kostenquote, die dem jeweiligen Maß von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten entspricht. Dabei ist der streitig entschiedene Teil höher zu gewichten, weil hier der Schwerpunkt des Vortrages und damit auch des Rechtsschutzbegehrens der Klägerin lag, während die erledigten Regelungen für die Klägerin ihrem Vortrag nach lediglich untergeordnete Bedeutung hatten.
257D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
258Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
259Rechtsmittelbelehrung:
260Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
261Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
262Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
263Die Berufung ist nur zuzulassen,
2641. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2652. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
2663. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2674. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
2685. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
269Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
270Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
271Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
272Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
273Beschluss:
274Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
275Gründe:
276Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
277Rechtsmittelbelehrung:
278Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
279Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
280Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
281Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
282Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
283War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.