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Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt vom Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe, der Krankenbehandlung sowie der Hilfe zur Pflege in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an einer ausgeprägten Tetraspastik mit schwerster Körper- und Sprachbehinderung. Bei ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" anerkannt. Er bezieht von der IKK classic Pflegekasse Leistungen der Pflegestufe III in Form von Pflegegeld in Höhe von 700,00 Euro. Bislang wurde die Pflege des Klägers durch dessen Mutter sowie durch zwei weitere Pflegepersonen (E. und I. J1 sichergestellt. Bis 31.03.2011 war der Kläger in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig. Zum 01.04.2011 gab er diese Tätigkeit auf eigenen Wunsch auf. Von seiner Krankenkasse erhielt er Leistungen der physikalischen Therapie und der Sprachtherapie. Am 10.11.2010 stellte er bei dem Beklagten unter Hinweis auf einen Hilfeplan vom 09.11.2010 einen Antrag auf Leistungen in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets. Zur Begründung führte er u.a. aus, während seiner über achtjährigen Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen seien kaum Fortschritte erzielt worden, so sei ihm z.B. kein Computerarbeitsplatz angeboten worden. Mit Hilfe der Eheleute J1 solle nun eine Einzelschulung des Klägers mit dem Ziel einer Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt erfolgen, denkbar sei auch die Durchführung einer selbständigen Tätigkeit. Auch die Sprach- und Physiotherapie solle nunmehr durch die Eheleute J1 erfolgen. Der Beklagte beteiligte die Krankenkasse des Klägers und entschloss sich, den An-trag in drei Teilbereiche (Bereich Arbeit, Bereich Gesundheit und Pflege und Bereich Wohnen und Freizeit) aufzuspalten und zu bescheiden. Im Hinblick auf den Teilbereich Arbeit lehnte der Beklagte die Erbringung von Leis-tungen im Rahmen eines persönlichen Budgets mit Bescheid vom 24.08.2011 ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2011) unter dem Az. S 19 SO 218/11 erhobene Klage nahm er am 09.09.2013 zurück. Mit Bescheid vom 07.11.2011 lehnte der Beklagte die Gewährung eines persönlichen Budgets für die Teilbereiche Gesundheit und Pflege ab. Für den Teilbereich Wohnen und Freizeit erkannte er einen Hilfebedarf von 10 Stunden pro Woche an, bewilligte ein persönliches Budget im Umfang von monatlich 793,78 Euro (10 Stunden á 18,46 Euro x 4,3) und bot eine entsprechende, bis 28.02.2012 befristete Zielvereinbarung über diese Leistungen an. Weitere Leistungen für den Bereich Wohnen und Freizeit lehnte er ab. Zur Begründung führte er aus, dem Ehepaar J1 fehle die Kompetenz, Leistungen der Logopädie und Physiotherapie fachgerecht zu erbringen. Soweit Leistungen zur Pflege wie Hilfe beim Aufstehen, Frühstücken, Abendbrot, Zubettgehen, Hygienetraining begehrt würden, seien diese durch die in Anspruch genommenen Leistungen der Pflegekasse abgedeckt. Des weiteren fehle es an einer beruflichen Qualifikation der Eheleute J1, Leistungen der psychosozialen Beratung, Begleitung und Betreuung zu erbringen. Der Kläger lehnte die Unterzeichnung einer Zielvereinbarung ab und legte Wider-spruch ein. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2012 un-ter Vertiefung seiner bisherigen Ausführungen zurück.
4Hiergegen richtet sich die am 29.02.2012 erhobene Klage.
5Im Rahmen eines am 14.03.2013 bei Gericht eingereichten Eilantrags (Az. S 19 SO 29/13 ER) hat der Kläger ausgeführt, seine Mutter, welche bislang (auch) seine Pflege sichergestellt habe, müsse sich verschiedenen Operationen unterziehen, welche stationäre Krankenhausaufenthalte bedingten. Auch könne sie die Pflege ganz allgemein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr leisten. Die Pflege des Klägers sei daraufhin allein vom Ehepaar J1 übernommen worden. Zur Sicherstellung der Pflege müssten jedoch weitere Assistenten eingestellt werden, was ohne die Zahlung eines persönlichen Budgets unmöglich sei.
6Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 07.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, über seinen Antrag auf Krankenbehandlung in Form von Heilmittelversorgung durch Leistungen der Logopädie und Physiotherapie im Rahmen eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
7sowie,
8den Beklagten weiter zu verpflichten,
9über seinen Antrag auf Hilfe zur Pflege im Rahmen eines persönlichen Bud-gets mit einem wöchentlichen Kontingent von 30 Stunden und dem sich da-raus ergebenden Betrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
10sowie den Beklagten weiter zu verpflichten,
11über seinen Antrag auf Eingliederungshilfe in Form von Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Ge-meinschaft zu ermöglichen mit einem wöchentlichen Kontingent von 40 Stunden und dem sich daraus ergebenden Betrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
12sowie den Beklagten weiter zu verpflichten,
13über seinen Antrag auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben im Rahmen eines persönlichen Budgets mit einem wöchentlichen Kontingent von 25 Stunden und dem sich daraus ergebenden Betrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
14Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
15Er hält an seiner bisherigen Auffassung fest.
16Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. und I. J1. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
17Hinsichtlich der weiteren wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Streitakten der Verfahren S 19 SO 218/11 und S 19 SO 29/13 ER verwiesen.
18Entscheidungsgründe:
19Statthafte Klageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Materielle Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Form eines (trägerübergreifenden) persönlichen Budgets ist nach § 3 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Budgetverordnung BudgetV) der Abschluss einer Zielvereinbarung. Fehlt es an einer solchen Zielvereinbarung, können Leistungen in Form eines persönlichen Budgets nicht erbracht (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.05.2011 L 8 SO 29/10 ER = juris) und folglich auch die zuständigen Leistungsträger nicht zur Erbringung eines persönlichen Budgets verpflichtet werden. Da dies jedoch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich verbürgten Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht dazu führen darf, dass den Betroffenen keinerlei Möglichkeit gegeben ist, den Abschluss einer Zielvereinbarung gerichtlich durchzusetzen, besteht aus Sicht der Kammer lediglich die Möglichkeit, den die trägerübergreifenden Leistungen erbringenden Träger unter Aufhebung bzw. Abänderung der entsprechenden Ablehnungsbescheide zu verpflichten, über den Antrag des Betroffenen unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass nach § 17 Abs. 1 bis 4 i.V.m. § 159 Abs. 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch Rehabilitation und Teilhabe Behinderter Menschen (SGB IX) bei Vorliegen der materiellen Sachleistungsvoraussetzungen und der besonderen Voraussetzungen zur Erbringung dieser Leistungen in Form eines persönlichen Budgets eigentlich ein Anspruch auf Ausführung jener Leistungen durch ein persönliches Budget besteht.
20Soweit der Kläger mit seiner so verstandenen Klage auch Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben im Rahmen eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets mit einem wöchentlichen Kontingent von 25 Wochenstunden begehrt, ist diese Klage bis zur Höhe von 10 Wochenstunden unzulässig, weil es insoweit an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn der Beklagte hat einen solchen Bedarf anerkannt und dem Kläger den Abschluss einer entsprechenden Zielvereinbarung angeboten. Der Kläger hätte diese Zielvereinbarung, die sich als öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) darstellt (dazu etwa LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.01.2013 L 8 SO 4/12 = juris, Rdnr. 29; SG München, Urteil vom 07.05.2013 S 48 SO 235/12 = juris, Rdnr. 26 ff.; ausführlich auch Urteil der Kammer vom 19.09.2013 S 19 SO 76/13), nur annehmen müssen. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die dem Kläger vom Beklagten angebotene Zielvereinbarung lediglich bis zum 28.02.2012 befristet war und angesichts der erfolgten Ablehnung des Beklagten Leistungen bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (also weit über den 28.02.2012 hinaus) Gegenstand der Klage sind. Jedoch hat der Beklagte während des gerichtlichen Verfahrens keine Zweifel daran gelassen, dass er auch weiterhin bereit ist, einen Bedarf an Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben im Rahmen eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets mit einem wöchentlichen Kontingent von 10 Stunden anzuerkennen. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers war demnach weiterhin lediglich insoweit gegeben, als er Teilhabeleistungen in einem Umfang begehrt, die über die vom Beklagten angebotenen 10 Wochenstun-den hinausgehen.
21Soweit der Kläger mit seiner Klage auch Leistungen begehrt in Form von Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, so ist diese Klage unzulässig. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtenen Bescheide des Beklagten für diesen Teilbereich überhaupt eine Regelung treffen. Es fehlt damit nicht nur an der Durchführung eines Vorverfahrens für diesen Teilbereich, sondern überhaupt an einer Entscheidung des Beklagten über den Teilbereich "Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen".
22Soweit der Kläger mit seiner Klage schließlich Hilfe zur Pflege geltend macht, so ist diese Klage ebenfalls unzulässig. Denn auch Regelungen betreffend Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII sind weder dem angefochtenen Bescheid vom 07.11.2011, noch dem Widerspruchsbescheid vom 15.02.2012 zu entnehmen. Der Bescheid vom 07.11.2011 verhält sich allein zu Pflegeleistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Seite 2, drittletzter Absatz).
23Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Denn der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsge-setz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Leistungen der Krankenbehandlung in Form von Logopädie und Physiotherapie und Ausführung dieser Leistungen in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets (dazu unter I.). Er hat weiter keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemein-schaft zu ermöglichen, selbst man entgegen den obigen Ausführungen davon aus-gehen wollte, dass der Beklagte über diesen Teilbereich entschieden hat (dazu unter II.) und er hat schließlich keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben sowie Ausführung dieser Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets mit einem wöchentlichen Kontingent von 25 Stunden (soweit diese Klage nicht bereits bis zu einem Kontingent von 10 Wochenstunden unzulässig ist, s.o.), dazu unter III.
24I.
25Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Krankenhilfe in Form von Logopädie und Physiotherapie und Ausführung jener Leistungen in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets.
26Hierbei kann es die Kammer dahin stehen lassen, ob ein Sachleistungsanspruch des Klägers auf die Erbringung derartiger Leistungen gegen seine Krankenkasse nach § 32 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. den §§ 17 ff. und §§ 30 ff. der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie) besteht, wozu die Kammer neigt und wovon die Beteiligten offenbar auch ausgehen. Denn jedenfalls besteht kein Anspruch auf Ausführungen dieser Leistungen in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets, weil die besonderen Voraussetzungen nicht vorliegen.
27Bei der Erbringung von Leistungen in Form eines (trägerübergreifenden) persönli-chen Budgets handelt es sich wie bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ("können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein persönliches Budget ausgeführt werden ") verdeutlicht nicht um eine nach materiellen Kriterien des SGB zu beurteilende Sozialsachleistung, sondern lediglich um eine besondere Art der Ausführung jener Leistungen. Anstelle der Erbringung von Sachleistungen durch Leistungserbringer werden dem Hilfebedürftigen Geldleistungen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 SGB IX, § 3 Abs. 1 Nr. 2 BudgetV) mit dem Ziel erbracht, die eigenverantwortliche Handlungsweise des Hilfebedürftigen zu stärken (siehe dazu die Begründung zu Art. 8 Nr. 3 des Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, BT-Drs. 15/1514, S. 72).
28Folglich gilt für die Erbringung von Leistungen in Form eines persönlichen Budgets, dass die Leistungserbringer im Wesentlichen die gleichen materiellen Anforderungen und Qualifikationen erfüllen müssen, welche für die Leistungserbringer gelten, wenn der Anspruch durch Sachleistungen erfüllt wird. Die als Zeugen gehörten Eheleute J1 erfüllen nicht ansatzweise die Anforderungen und Qualifikationen, welche für die Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie bzw. Logopädie gesetzlich vorgeschrieben sind.
29Welche Anforderungen und Qualifikationen für die Erbringung von Logopädie und Physiotherapie gelten, wenn diese Leistungen als Sachleistungen erbracht werden, lässt sich § 124 Abs. 4 SGB V sowie den auf der Grundlage dieser Vorschrift ergan-genen Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Anwendung nach § 124 Abs. 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistungen an Versicherte abgegeben werden (Zulassungsempfehlungen) entnehmen. Nach Abschnitt B.1.1.1 der Zulassungsempfehlungen können nur Physiotherapeuten bzw. Krankengymnasten zur Abgabe von Leistungen der physikalischen Therapie zugelassen werden. Nach Abschnitt B.1.2.3. sind Heilpraktiker sogar explizit den nicht zulassungsfähigen Berufsgruppen zugeordnet. Abschnitt C. 1.1. benennt die Berufsgruppen, welche zur Erbringung von Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie zugelassen werden können. Die Zeugen E. und I. J1 verfügen nicht über eine in den Zulassungsempfehlungen genannte Berufsausbildung. Die von dem Zeugen J1 geltend gemachte Tätigkeit als Coach und Leiter einer Rettungswache genügt den Anforderungen ebenso wenig wie die Qualifikation der Zeugin J1 als Heilpraktikerin (als eine solche ist sie sogar explizit von der Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie ausgenommen, s.o.).
30II.
31Der Kläger hat weiter auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe in Form von Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (falls man davon ausgehen wollte, dass der Beklagte über diesen Teilbereich entschieden hat). Grundlage für einen solchen Anspruch sind die §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch Sozialhilfe (SGB XII) i.V.m. § 17 Abs. 1 bis 4, § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 159 Nr. 5 SGB IX. Zwar zweifelt die Kammer nicht daran, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hat. Sie zweifelt jedoch auch insoweit an der erforderlichen Qualifikation und Sachkunde der Eheleute J1, dem Kläger entsprechende Kenntnisse zu vermitteln.
32Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX umfassen in erster Linie Hilfen zur Vor-nahme einfachster Handhabungen und Verrichtungen und insbesondere zur selbstständigen Haushaltsführung. In Betracht kommen etwa sozial ausgerichtete Trainingsmaßnahmen (Hauswirtschafts-, Wohn- und Verkehrstraining, Hilfen zum Umgang mit anderen Menschen und der eigenen Sexualität, in der räumlichen Orientierung usw.), aber auch institutionalisierte Hilfen in Fördergruppen, Tageseinrichtungen und Wohnstätten (Luthe, in: juris-PK, Stand 2013, § 55 SGB IX Rdnr. 32 m.w.N.). Angesichts der thematischen Überschneidung hält die Kammer zur Konkretisierung dieser Maßnahmen einen Rückgriff auf die Vorschrift des § 16 der Verordnung nach § 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Eingliederungshilfe-Verordnung) für angezeigt. Danach gehören zu den Maßnahmen der Eingliederungshilfe u.a. auch hauswirtschaftliche Lehrgänge, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen die Besorgung des Haushalts ganz oder teilweise zu ermöglichen (§ 16 Nr. 3 Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie Lehrgänge und ähnliche Maßnahmen, die erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen (§ 16 Nr. 4 Eingliederungshilfe-Verordnung). Bereits für die zugelassenen Erbringer entsprechender ambulanter Sachleistungen ("Dienste") folgt aus § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 76 Abs. 1 SGB XII, dass die Anbieter über entsprechend qualifiziertes Personal verfügen müssen. Folglich kann im Hinblick auf die Qualifikation und Befähigung des Anbieters im Rahmen der Leistungserbringung durch ein persönliches Budget nichts anderes gelten. Erforderlich ist, dass das vom Hilfebedürftigen mit den Leistungen betraute Personal über entsprechende Qualifikationen und Fähigkeiten (auch in pädagogischer Hinsicht) verfügt. Indessen ist nicht ersichtlich, dass die Eheleute J1 über entsprechende Qualifikatio-nen verfügen, mit dem Kläger z.B. ein Verkehrstraining durchzuführen oder ihn in hauswirtschaftlichen Dingen zu schulen. Weder die von der Zeugin J1 angeführte Anerkennung als Heilpraktikerin, noch die vom Zeugen J1 erfolgreich absolvierte sechsmonatige Fortbildungsmaßnahme "Assistenz Unternehmens- und Projektma-nagement" reichen hierfür aus. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass die Eheleute J1 ein sozialpädagogisches Studium abgeschlossen haben oder über eine ähnliche Ausbildung verfügen.
33III.
34Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben sowie Ausführung dieser Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets mit einem wöchentlichen Kontingent von 25 Stunden. Denn zur Überzeugung der Kammer steht keinesfalls fest, dass sich ein Freizeitbedarf des Klägers ergibt, der über die vom Beklagten anerkannten 10 Wo-chenstunden hinausgeht.
35Grundlage für einen solchen Anspruch des Klägers sind die sind die §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 17 Abs. 1 bis 4, § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 7, § 159 Abs. 5 SGB IX i.V.m. §§ 3 und 4 BudgetV.
36Das Gericht hegt keine Zweifel, dass der Kläger die materiellen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben dem Grunde nach erfüllt, was angesichts des vom Beklagten anerkannten Bedarfs von 10 Wochenstunden zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Was die Höhe des Bedarfs angeht, so ist die vom Kläger geltend gemachte Kalkula-tion indessen für die Kammer nicht nachvollziehbar und die von den Zeugen doku-mentierten Anwesenheitszeiten lassen keine zuverlässigen Rückschlüsse zu, wie die dort aufgelistete Zeit mit dem Kläger verbracht worden ist.
37Bereits der geltend gemachte zeitliche Bedarf in Höhe von 25 Wochenstunden er-scheint deutlich zu hoch bemessen, lässt sich aber jedenfalls unter Berücksichtigung des von der Pflegekasse festgestellten Pflegebedarfs und den übrigen von den Eheleuten J1 erbrachten Leistungen nicht nachvollziehen. Nach dem Pflegegutachten vom 14.12.2007 belief sich der Grundpflegebedarf des Klägers auf 357 Minuten täglich und der Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung auf 60 Minuten täglich. Nach dem aktuellen Pflegegutachten des MDK Nordrhein vom 28.11.2013 beläuft sich der Grundpflegebedarf sogar auf 385 Minuten pro Tag bei einem Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von nach wie vor 60 Minuten pro Tag. Hinzu kommt der vom Kläger geltend gemachte Bedarf an Hilfe zur Pflege im Rah-men von 30 Wochenstunden. Die Zeugin J1 hat im Rahmen ihrer Vernehmung am 19.09.2013 angegeben, für die mit dem Kläger durchgeführte Logopädie bzw. Physiotherapie habe sie ein bis zwei Stunden pro Tag aufgewendet. Der Zeuge J1 hat im Rahmen seiner Vernehmung am 19.09.2013 angegeben, das Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten, welche bis zum 31.03.2011 in der Werkstatt für behinderte Menschen vermittelt worden waren, habe pro Tag weitere ein bis zwei Stunden in Anspruch genommen. Überdies hat der Kläger m Rahmen des Klageverfahrens einen Bedarf an weiteren 40 Wochenstunden für Leistungen der Eingliederungshilfe geltend gemacht in Form von Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Auch wenn die Kammer dem Kläger insoweit zu Gute hält, dass der zuletzt genannte Bedarf sich jedenfalls zu einem Teil mit dem Bedarf überschneidet, für den der Zeuge J1 ein bis zwei Stunden pro Tag veranschlagt hat (Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten, welche bis zum 31.03.2011 in der Werkstatt für behinderte Menschen vermittelt worden waren), so ist nicht ersichtlich, wie angesichts dieser Tagesgestaltung ein Bedarf von durchschnittlich rund 3,57 Stunden pro Tag für Freizeitgestaltung verbleiben können soll.
38Selbst wenn man indessen davon ausgehen wollte, dass der geltend gemachte Be-darf von 25 Wochenstunden Freizeitgestaltung nachvollziehbar dargelegt ist, so ist er jedenfalls anhand der von den Eheleuten J1 durchgeführten Dokumentation nicht ausreichend belegt.
39Angesichts des oben beschriebenen Charakters der Erbringung von Leistungen in Form eines (trägerübergreifenden) persönlichen Budgets lediglich als besondere Art der Ausführung von Sozialleistungen (Geldleistung statt Sachleistung) gelten für die Dokumentation des geltend gemachten Zeitaufwands strenge Anforderungen. Denn auch bei der überkommenen Erbringung von entsprechenden Leistungen durch zugelassene Leistungserbringer ist eine solche Dokumentation erforderlich. Für die Ausführung von Leistungen in Form eines persönlichen Budgets kann daher nichts anderes gelten. Aus Sicht der Kammer muss aus diesen Gründen für den Bereich "Freizeit" jedenfalls nachgehalten werden, welche konkreten Unternehmungen mit dem Hilfebedürftigen durchgeführt worden sind. An diese Dokumentation sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen, jedoch muss im Ansatz jedenfalls in Form eines Schlagwortes oder einer Kurzbeschreibung nachvollzogen werden können, wie die Zeit mit dem Hilfebedürftigen verbracht worden ist.
40Erst Recht müssen diese Anforderungen gelten, wenn fast das komplette Spektrum von Leistungen im Wesentlichen von den gleichen Personen im vorliegenden Fall den Eheleuten J1 erbracht wird. Denn die Erbringung von Leistungen als trägerübergreifendes persönliches Budget bedeutet gerade nicht, dass ein wie auch immer gearteter "Gesamtbedarf" ermittelt und befriedigt wird. Vielmehr sind die einzelnen Bedarfe nach dem für den betroffenen Bereich geltenden materiellen Recht zu ermitteln und ein hieraus abzuleitendes Teilbudget festzulegen (§ 3 Abs. 4 BudgetV).
41Diesen Anforderungen wird die von den Eheleuten J1 vorgenommene Dokumentation nicht gerecht. Denn in den eingereichten Unterlagen finden sich lediglich die Gesamtzeiten, welche die Zeugen mit dem Kläger insgesamt verbracht haben wollen. Den Aufzeichnungen lässt sich demgegenüber nicht entnehmen, welcher Zeitanteil auf die unstreitig ebenfalls geleistete Pflege im Umfang von insgesamt 417 Minuten pro Tag (laut Pflegegutachten vom 14.12.2007) entfallen ist und den Aufzeichnungen lässt sich erst Recht nicht entnehmen, welche einzelnen Eingliederungsleistungen erbracht worden sind. Aufgelistet wird nicht mehr als die Zeit in Stunden, die die Zeugen mit dem Kläger verbracht haben. Aus Sicht der Kammer erscheint selbst in Anbetracht der unzureichenden Dokumentation ein Freizeitbedarf des Klägers im Umfang der vom Beklagten anerkannten 10 Wochenstunden (entsprechend 1,42 Stunden pro Tag) plausibel. Demgegenüber vermag die Kammer den geltend gemachten Bedarf von nicht weniger als 3,57 Stunden Freizeitgestaltung pro Tag (25 Wochenstunden) beim besten Willen nicht nachzuvollziehen.
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.