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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
2Der Kläger wendet sich gegen den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 12.06.2019, mit dem diese die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls widerrufen hat.
3I.
4Der Kläger ist 63 Jahre alt. Er ist seit dem 11.08.1994 als Rechtsanwalt zugelassen. Mitglied der Beklagten ist er seit dem 28.04.2015.
5II.
6Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 27.06.2018 eine Mitteilung gemäß §§ 36 Abs. 2 BRAO, 10 StBerG wegen des Verdachts einer Berufspflichtverletzung der in den §§ 3 und 4 Nr. 1 und 2 StBerG genannten Personen. Die Rückstandsaufstellung bzgl. Einkommensteuer und Umsatzsteuer ab 2011 endete mit 118.422,23 € einschließlich Verspätungs- und Säumniszuschlägen.
7Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 30.07.2018 an. Dieser bat am 28.08.2018 um Prüfung, ob nicht ein Verstoß gegen das Steuergeheimnis vorliege; im übrigen halte er das Vorgehen der Finanzbehörde für rechtsmissbräuchlich, da er davon ausgehe, dass die Mitteilung nicht dem Schutz der Interessen der Rechtsuchenden diene, sondern ein Druckmittel darstelle, um streitige Forderungen durchzusetzen. Zwar seien die gegen ihn gerichteten Forderungen tituliert und vollstreckbar; es handele sich aber ausdrücklich und ausschließlich um streitige Forderungen, die teilweise noch nicht einmal fällig seien. Auch das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in U habe gegen ihn Forderungen in Höhe von ca. 48.000,00 €. Die genaue Höhe hänge von den Einkommensteuerbescheiden des Finanzamts Düsseldorf-Süd ab. Weitere Verbindlichkeiten bestünden aber nicht. Er besitze kein nennenswertes Geldvermögen und auch keine sonst zur Schuldenreduzierung geeigneten Wertgegenstände, insbesondere keine Immobilien. Seinen Kanzleisitz habe er Anfang 2015 aus Kosten- und Gesundheitsgründen von U nach E in das Haus seiner Eltern verlegt, unter anderem deswegen, um sich um diese zu kümmern. Derzeit erziele er monatliche Nettoumsätze in Höhe von ca. 1.000,00 € bei monatlichen Fixkosten in Höhe von ca. 100,00 €. Ab Mai 2021 erziele er zusätzlich in geringem Maß Rente von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Bei Fortführung der Anwaltstätigkeit könnten spätestens dann eventuell noch existierende Verbindlichkeiten getilgt werden. Er gehe davon aus, die Interessen der Rechtssuchenden seien nicht gefährdet. Er werbe nicht und vertrete nur noch Mandanten im Verwandten- und erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis. Er nehme generell kein Fremdgeld an und fordere seine Gegner zur Direktzahlung an seine Mandanten auf.
8Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 07.09.2018 eine Stellungnahme der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, wonach es wegen der Steuerrückstände in der Vergangenheit wiederholt zu Vollstreckungsmaßnahmen gekommen sei, die nicht zur Befriedigung geführt hätten. Zuletzt sei der Kläger seitens des zuständigen Finanzamts zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen worden. Nach Abgabe der Auskunft sei der Kläger in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden. Aufgrund des Steuergeheimnisses könnten nähere Informationen nicht erteilt werden.
9Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 02.10.2018 auf, mitzuteilen und zu belegen, ob und in welcher Höhe die zur Kenntnis gegebenen Steuerrückstände streitig seien. Ferner wurde um Mitteilung gebeten, ob und in welcher Höhe die Steuerrückstände durch Änderungsbeschlüsse verringert oder sogar hätten erledigt werden können.
10Mit Schreiben vom 29.10.2018 teilte der Kläger der Beklagten mit, die Forderungen des Finanzamts basierten auf Schätzungen, die von wesentlich höheren Einnahmen ausgingen, als er sie in seiner Zeit in U erzielt habe. Seine wöchentlichen Fahrten von E nach U und zurück seien nicht als Betriebsausgaben bewertet worden. Ferner habe der BFH Bedenken bzgl. der Vollstreckung überhöhter Zinsen. Im übrigen seien in den betreffenden Jahren schon Gelder an die Finanzämter geflossen; er könne aber nicht prognostizieren, ob diese am Ende ausreichten, die dann festzusetzenden Steuern zu tilgen oder ob ein Rest verbleibe oder ob vielleicht sogar eine Erstattung erfolge.
11In einem weiteren Schreiben des Klägers, bei der Beklagten am 25.01.2019 eingegangen, wies der Kläger darauf hin, er sei Miterbe zu 1/6 bzgl. des Nachlasses der am ##.01.2019 verstorbenen Frau K. Eine Verwertung des Immobilienbesitzes stehe bevor. Mit einer Auskehrung sei frühestens im zweiten Halbjahr 2019 zu rechnen. Ferner habe sich sein Umsatz in den letzten Monaten in etwa verdoppelt. Da absehbar sei, dass ihm im Jahre 2019 erhebliche Gelder zuflössen, sehe er trotz der Vollstreckungsmaßnahmen keine Gefahr, dass Mandantengelder zweckentfremdet werden könnten.
12Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 30.01.2019 auf mitzuteilen, wann und in welcher Höhe er zwischenzeitlich Zahlungen an das Finanzamt geleistet habe und in welcher Höhe aktuell noch Rückstände bestünden und ob er gedenke, diese zu begleichen.
13Der Kläger antwortete der Beklagten unter dem 12.02.2019, nicht er habe Zahlungen an das Finanzamt geleistet, sondern die Stadtsparkasse als Drittschuldnerin. Die Beklagte verstoße gegen die Europäische Datenschutzverordnung, was umso schwerer wiege, da das das Widerrufsverfahren initiierende Schreiben der Finanzbehörde seines Erachtens hinsichtlich der Art und Weise, wie detailliert steuerliche Details aufgelistet worden seien, eine strafbare Verletzung des Steuergeheimnisses darstelle.
14Unter dem 14.02.2019 wies die Beklagte den Kläger auf § 36 Abs. 2 BRAO hin, wonach Gerichte und Behörden personenbezogene Daten, deren Kenntnis aus Sicht der übermittelnden Stelle für das Erlöschen der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer erforderlich seien, übermittelt werden dürften. Gemäß dem aktuellen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis vom ##.02.2019 sei er dort immer noch vermerkt. Nochmals werde um Mitteilung gebeten, wann und in welcher Höhe er zwischenzeitlich Zahlungen an die Finanzverwaltung geleistet habe und in welcher Höhe aktuell noch Rückstände bestünden.
15Da der Kläger nicht antwortete, setzte die Beklagte dem Kläger unter dem 21.03.2019 eine Nachfrist auf den 02.04.2019. Hierauf antwortete der Kläger mit Schreiben vom 01.04.2019, die Sparkasse habe im März 2019 eine Drittschuldnerzahlung in Höhe von ca. 690,00 € erbracht. Für Februar sei nichts abgeführt worden. Ob weitere Zahlungen durch andere Personen erfolgt seien, wisse er nicht, da ihn das Finanzamt hierüber nicht informiere.
16Erneut wandte sich die Beklagte an die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen und bat um Mitteilung der aktuellen Rückstandshöhe. Die Oberfinanzdirektion antwortete unter dem 06.05.2019, aktuell beliefen sich ihre Forderungen auf 114.992,78 € zzgl. Säumniszuschlägen in Höhe von 25.889,00 € = 140.881,78 €.
17III.
18Die Beklagte beschloss in ihrer Vorstandssitzung vom 12.06.2019, die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu widerrufen. Dem Protokoll über die Sitzung ist zu entnehmen, dass von den 30 Vorstandsmitgliedern 28 anwesend waren und zwei Vorstandsmitglieder entschuldigt fehlten. Der Zulassungswiderruf wurde unter TOP 16 beschlossen. Unterzeichnet ist das Protokoll vom Präsidenten und vom Schriftführer. Auf der Anwesenheitsliste haben sämtliche anwesenden Vorstandsmitglieder mit Ausnahme des Rechtsanwalts W unterzeichnet.
19Der Widerrufsbescheid wurde dem Kläger am 15.06.2019 zugestellt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.07.2019 Klage erhoben; die Klage ging am 15.07.2019 bei der Beklagten ein. Darin beantragt der Kläger,
20den Widerrufsbescheid vom 12.06.2019 aufzuheben.
21Zur Begründung führt der Kläger aus, der Bescheid sei aus formellen, tatsächlichen und materiellrechtlichen Gründen rechtswidrig. Der Name des Präsidenten der Beklagten sei weder im Briefkopf enthalten noch im Rahmen der Unterschrift vollständig aufgeführt. Als einziges Dokument zur Vorstandssitzung betreffend Ladung und Ablauf enthalte der Bescheid eine Kopie der Anwesenheitsliste. Rechtsanwalt W habe nicht unterzeichnet. Die Oberfinanzdirektion habe durch ihre Mitteilungen an die Klägerin gegen das Steuergeheimnis verstoßen. Im übrigen rüge er eine fehlende bzw. unzureichende Anhörung. Er sei nicht persönlich angehört worden und die schriftliche Anhörung sei nur teilweise erfolgt. Es sei nicht erkennbar, ob und in welcher Weise die Beklagte die DSGVO umgesetzt habe. Ferner: Wenn die Beklagte schon rechtswidrig das Schreiben der Oberfinanzdirektion berücksichtige, so hätte sie bemerken müssen, dass zum einen bei keiner einzigen Teilforderung Aussagen über deren Rechtskraft getätigt worden und zum anderen in der Gesamtforderung auch erhebliche Zinssummen enthalten seien, deren Vollstreckbarkeit der BFH für möglicherweise verfassungswidrig halte, da ihm der Zinssatz trotz aktueller Niedrig- und Negativzinsen nicht mehr vertretbar erscheine. Schließlich und endlich sei der streitgegenständliche Bescheid ermessensfehlerhaft, weil es in 25-jähriger Anwaltstätigkeit keine einzige Mandantenbeschwerde über ihn gegeben habe. Ferner habe er nie einen Haftungsfall gehabt. Im übrigen nehme er grundsätzlich keine Fremdgelder entgegen. Seine reguläre Berufstätigkeit ende im April 2021.
22Die Beklagte hat unter dem 29.07.2019 beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie hat keine Begründung abgegeben und auf mündliche Verhandlung verzichtet.
25IV.
26Das Gericht hat sowohl die Personalakten der Beklagten als auch die der Rechtsanwaltskammer U beigezogen. Letzterer ist zu entnehmen, dass der Kläger am 30.03.2012 vom Amtsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen - 121 Ds 942/11 - wegen Insolvenzverschleppung zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 20,00 € verurteilt worden ist. Als Geschäftsführer der Fa. L mit Sitz in Düsseldorf hatte er am 05.04.2011 die eidesstattliche Versicherung für die Gesellschaft abgegeben, die nicht imstande gewesen war, Verbindlichkeiten in Höhe von 2.503,50 € zu bedienen.
27Entscheidungsgründe
28I.
29Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Sie wurde per Telefax am 15.07.2019 fristgerecht eingereicht.
30Die Abwesenheit des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.10.2019 war unschädlich. Er ist dem Termin ohne Entschuldigung ferngeblieben, nachdem er mit der Ladungsverfügung darauf hingewiesen worden war, dass im Falle seines unentschuldigten Ausbleibens im Termin zur mündlichen Verhandlung auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne, § 102 Abs. 2 VwGO.
31II.
32Die Klage ist unbegründet.
33Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig.
341. Der Bescheid ist verfahrensfehlerfrei ergangen.
35Soweit der Kläger rügt, dass der Name des Präsidenten nicht im Briefkopf und bei der Unterschrift des angegriffenen Bescheides niedergeschrieben sei, stellt dies keinen formalen Mangel dar. Der Präsident der Beklagten vertritt die Kammer aufgrund der Vorschrift des § 80 Abs. 1 BRAO gerichtlich und außergerichtlich. Nach § 80 Abs. 2 vermittelt er den geschäftlichen Verkehr der Kammer. Dies tut er kraft seines Amtes. Die Angabe des Namens ist somit entbehrlich.
36Dass die Beklagte dem Widerrufsbescheid außer der Anwesenheitsliste zur Vorstandssitzung vom 12.06.2019 keine weiteren Unterlagen angehängt hat, ist ebenfalls unschädlich, da hierdurch nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen worden ist. Im übrigen ist der Handakte der Beklagten zu entnehmen, dass von den 30 Mitgliedern des Vorstands der Beklagten 28 anwesend waren. Warum das Vorstandsmitglied W die Anwesenheitsliste nicht unterzeichnet hat, lässt sich nicht aufklären, ist aber auch nicht entscheidungserheblich, da der Beschluss einstimmig, d.h. ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen erfolgt ist, somit zumindest 27 von 30 Vorstandsmitgliedern an der Entscheidungsfindung beteiligt waren.
37Dass die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen der Beklagten Mitteilung über die Steuerrückstände des Klägers gemacht hat, stellt keinen Verstoß gegen das Steuergeheimnis dar. Nach § 36 Abs. 2 BRAO haben Behörden personenbezogene Daten, deren Kenntnis aus Sicht der übermittelnden Stelle für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bedeutsam sind, der Rechtsanwaltskammer zu übermitteln. Die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BRAO für das Unterlassen der Übermittlung sind nicht erfüllt, da das Interesse des Klägers am Unterlassen der Übermittlung das Informationsinteresse der Beklagten nicht überwiegt und auch sonstige besondere gesetzliche Verwendungsregelungen nicht entgegenstehen. Ganz im Gegenteil: Nach § 36 Abs. 2 Satz 3 können Informationen über die Höhe rückständiger Steuerschulden entgegen § 30 AO zum Zwecke der Vorbereitung des Zulassungswiderrufs wegen Vermögensverfalls übermittelt werden.
38Zu Unrecht rügt der Kläger, er sei nicht bzw. nur unzureichend angehört worden. Der Handakte der Beklagten ist zu entnehmen, dass der Kläger erstmals am 30.07.2018 angehört wurde. In dem betreffenden Schreiben wurde der Kläger mit der Rechtslage und der Mitteilung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vertraut gemacht. Er wurde um eine eingehende Stellungnahme zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gebeten. Unter Hinweis auf die §§ 32 BRAO, 26 Abs. 2 VwVfG NRW wurde ihm eine Erledigungsfrist von vier Wochen gesetzt. Nachdem sich der Kläger geäußert hatte, holte die Beklagte eine Stellungnahme der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen ein, um den Kläger nach Erhalt der Stellungnahme aufzufordern, ergänzend vorzutragen, ob und in welcher Höhe die zur Kenntnis gegebenen Steuerrückstände tatsächlich streitig seien. Ferner wurde der Kläger um Mitteilung gebeten, ob und in welcher Höhe die Steuerrückstände durch Änderungsbeschlüsse verringert oder sogar erledigt werden könnten. Nach Erhalt der Stellungnahme des Klägers bat die Beklagte den Kläger unter dem 30.01.2019 erneut mitzuteilen, wann und in welcher Höhe er zwischenzeitlich Zahlungen an das Finanzamt geleistet habe, in welcher Höhe aktuell noch Rückstände bestünden und wie er gedenke diese zu begleichen. Mit Schreiben vom 14.02.2019 wies die Beklagte den vom Kläger behaupteten Verstoß gegen die DSGVO zurück und forderte den Kläger erneut auf mitzuteilen, wann und in welcher Höhe er zwischenzeitlich Zahlungen an die Finanzverwaltung geleistet habe. Als der Kläger nicht reagierte, setzte ihm die Beklagte eine letzte Stellungnahmefrist. Nach Erhalt der Stellungnahme erkundigte sich die Beklagte bei der Oberfinandirektion Nordrhein-Westfalen bezüglich der Höhe der aktuellen Steuerrückstände.
39Der Kläger ist entgegen seiner Ansicht auch durch das Fehlen von Hinweisen auf die Rechts- bzw. Bestandskraft der Steuerbescheide nicht rechtswidrig belastet. Ausschlaggebend ist allein die Vollstreckbarkeit. Im übrigen hätte es dem Kläger oblegen, Ausführungen dazu zu machen, warum die Steuerforderungen aus den Jahren 2009 ff. (Umsatzsteuer) und 2011 ff. (Einkommensteuer) im Jahre 2019 immer noch nicht fällig und die zugrunde liegenden Bescheide noch nicht bestands- bzw. rechtskräftig sein sollen.
402. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
41Gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, die Interessen der Rechtssuchenden werden hierdurch nicht gefährdet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Anwalt in ungeordnete und schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. BGH, Beschluss vom 08.10.2010, AnwZ (B) 11/09, NJW-RR 2011, 438; BGH, Beschluss vom 20.12.2013, AnwZ (Brfg) 40/13 (juris)). Der Eintritt des Vermögensverfalls wird gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gesetzlich vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis nach § 882 b ZPO eingetragen worden ist. Maßgeblicher Zeitpunkt, auf den bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung vorliegen, abzustellen ist, ist der Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens (BGH, Urteil vom 29.06.2011, AnwZ (Brfg) 11/10, NJW 2011, 3234; Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Auflage, § 14 BRAO Rn. 8 und 30), also der Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung.
42Ein Vermögensverfall des Klägers im Sinne der o.a. Definition ist vorliegend gegeben. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hatte der Kläger Steuerschulden i.H.v. 140.881,78 € sowie Schulden beim Versorgungswerk in Höhe von rd. 48.000,00 €. Die Steuerforderungen waren vollstreckbar und haben zu einer Pfändung des Bankkontos des Klägers geführt. Dem standen keine liquiden Mittel aus Einkommen und Vermögen des Klägers entgegen.
43Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden verbunden (BGH NJW-RR 2011, 483 Tz. 15 und AGH Hamm, Urteil vom 13.09.2013 - 1 AGH 24/13 - Tz. 45). Die Annahme der Gefährdung der Rechtssuchenden ist schon im Hinblick auf den regelmäßig möglichen Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (st. Rspr. des BGH; vgl. etwa NJW-RR 2006, 559 Tz. 8; NJW 2007, 2924 Tz. 8; NJW 2007, 2924 Tz. 8 m.w.N.; BGH NJW-RR 2011, 482 Tz. 15).
44Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung ausnahmsweise nicht besteht, ergeben sich weder aus dem Vortrag des Klägers, der eine Einzelkanzlei betreibt, noch sonst aus der Akte. Das Gegenteil ist der Fall; nach dem Vortrag des Klägers ist sein Bankkonto gepfändet, so dass die Bank als Drittschuldner Zahlungen an das Finanzamt leistet. Im übrigen hat der Kläger eingeräumt, zusätzlich zu seinen Steuerschulden auch noch Schulden beim Versorgungswerk in deutlich fünfstelliger Höhe zu haben.
45Die vom Kläger angenommene Ermessensfehlerhaftigkeit des Widerrufsbescheides ist nicht gegeben. Eine rüge- und regressfreie Vergangenheit hat ebenso wenig Einfluss auf den Zulassungswiderruf wegen Überschuldung wie das demnächstige Erreichen des Rentenalters und damit einhergehende Rentenzahlungen. Dass die Erbauseinandersetzung des Nachlasses der Frau K bis zum Verhandlungstermin auf Seiten des Klägers finanzielle Entlastung gebracht hätte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
46III.
47Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c BRAO, 154, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 194 Abs. 2 BRAO.
48Anlass, die Berufung nach §§ 112 c BRAO, 124 VwGO zuzulassen, besteht nicht. Die Angelegenheit weist keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO auf, da die entscheidungserheblichen Fragen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt sind.
49Ein Fall der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben, weil das Urteil des Senats in seinen tragenden Gründen weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts oder des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht.
50Rechtsmittelbelehrung
51Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen.
52Die Berufung ist nur zuzulassen,
531. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
542. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
553. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
564. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
575. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
58Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
59Gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs über den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. § 80 Abs. 7 VwGO bleibt unberührt.
60Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.