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Die halbjährliche Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung ist selbst dann nicht Bestandteil des nach der Versorgungsordnung für die Betriebsrente zugrunde zu legenden letzten Monatsgehalts, wenn ursprünglich ein monatlicher Erstattungsanspruch be-standen hat.
I.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 08.10.2020 - AZ. 1 Ca 731/20 - wird zurückgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten darüber, ob eine halbjährlich gezahlte "Einmalzahlung Besitzstand" in Höhe des Arbeitnehmeranteils an den Sozialversicherungsbeiträgen ruhegeldfähig ist.
3Bei ihrer Gründung gehörte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die X. T. banken GmbH & Co KG, die während des Berufungsverfahrens auf die Beklagte als aufnehmender Rechtsträger verschmolzen worden ist (im Folgenden einheitlich die Beklagte), zum Konzern der W. LB. Die Arbeitnehmer der W. LB konnten sich auf Antrag von der Sozialversicherungspflicht befreien lassen, was Arbeitnehmern der Beklagten nicht möglich war.
4Der am 04.04.1962 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1987 bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 05.08.1987 beschäftigt. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags beabsichtigte die Beklagte, Entgeltrahmentarifverträge und Entgelttarifverträge abzuschließen. Hierzu hieß es in § 6 des Arbeitsvertrags der Parteien:
5"Bis zum Abschluss tarifvertraglicher Regelungen und/oder Betriebsvereinbarungen gelten für das Arbeitsverhältnis die "Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter der X. T. banken GmbH & Co. KG, N., X. Straße 108-112", die mit Unterzeichnung des Dienstvertrages als verbindlich anerkannt und Vertragsbestandteil werden.
6Nach Abschluss tarifvertraglicher Regelungen und/oder Betriebsvereinbarungen werden diese in ihrer jeweils gültigen Fassung Vertragsbestandteil."
7Auf die zur Akte gereichten "Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter der X. T. banken GmbH & Co. KG" (im Folgenden: Arbeitsbedingungen) wird Bezug genommen. In den Arbeitsbedingungen finden sich u.a. Regelungen zu verschiedenen Vergütungsgruppen (A, B und C). In den unter Ziffer 2 enthaltenen "Gehaltsvereinbarungen für die Arbeitsverhältnisse mit den X. T. banken GmbH & Co. KG" (im Folgenden Gehaltsvereinbarungen) hieß es u.a.:
8"§ 3 Troncverwendung
9(1) Das Gesamttroncaufkommen wird ausschließlich im Rahmen der Tronc-Verordnung zur Deckung der gesamten Personalaufwendungen für die Arbeitnehmer nach Maßgabe dieser Vereinbarung verwendet.
10(2) Personalaufwendungen in diesem Sinne sind:
111. Vergütungen gemäß § 5 dieser Vereinbarung einschließlich der Leistungen gemäß §§ 9, 10 der Rahmenbedingungen.
122. Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung) sowie für nicht versicherungspflichtige oder von der Versicherung befreite Arbeitnehmer zweckgebundene Zuschüsse in Höhe der Beiträge für vergleichbare versicherungspflichtige Arbeitnehmer. Die zweckgebundene Verwendung dieser Zuschüsse ist nachzuweisen.
133. Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) und zu einer Gruppen- Unfallversicherung.
144. Sonstige Sozialleistungen zu Gunsten der Arbeitnehmer (z.B. betriebliche Altersversorgung, Freizeitwerk, Ausbildung, Betriebssport).
1516
§ 5 Vergütung
1718
(2) Als monatliche Vergütung erhalten
1920
3. Arbeitnehmer der Vergütungsgruppe C eine monatliche Vergütung nach Maßgabe des Arbeitsvertrages auf der Grundlage der beigefügten Tabelle (Anlage 3). Die Jahresbezüge insgesamt und sonstige Leistungen orientieren sich an den Bezügen vergleichbarer Berufsgruppen im Konzern unter Berücksichtigung der Vergütungen an die Arbeitnehmer der Gruppen A und B.
21§ 6 Sozialleistungen
22(1) Sozialleistungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 4 sind auch:
231. Vermögenswirksame Leistungen
2425
2. Essengeldzuschuss
2627
3. Beihilfen
2829
4. Heirats- und Geburtsgelder
3031
5. Kinderzulage
3233
6. Haushaltszulage
3435
7. Urlaubsgeld
3637
8.
38Vorschüsse in besonderen Fällen
39"
40Die Arbeitsbedingungen enthielten unter Ziffer 3 "Nähere Bestimmungen zu den Rahmenbedingungen und Gehaltsvereinbarungen". Hierin waren u.a. vermögenswirksame Leistungen, Beihilfeleistungen, sowie Heirats- und Geburtsgelder, Kinderzulagen und Haushaltszulagen geregelt.
41Die Beklagte zahlte an den in die Vergütungsgruppe C eingeordneten Kläger monatlich ein "Gehalt" sowie - als "Lohnart 107 SOZ.ANANTEIL" ausgewiesen - eine weitere Bruttovergütung in Höhe des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung. Mit dieser zusätzlichen Zahlung glich die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer an jene der Mitarbeiter der O.LB an.
42In einer "Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung", abgeschlossen zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und deren Betriebsrat vom 11.01.1980, die rückwirkend zum 01.01.1979 in Kraft trat, hieß es u.a.:
43"1. Die X. R.banken GmbH & Co. KG gewährt ihren Arbeitnehmern Versorgungsleistungen gemäß der beiliegenden Versorgungsordnung der X. X.R.banken GmbH & Co. KG.
44"
45In dieser Versorgungsordnung (im Folgenden VO), die nach den verschiedenen Vergütungsgruppen A, B und C differenzierte, hieß es u.a.:
46"
47II. Vergütungsgruppe C
48II § 1 Anspruchsberechtigte
49Die Gesellschaft wird Mitarbeitern ohne einzelvertragliche Pensionszusage, die nach Vollendung des 20. Lebensjahres mindestens 10 volle Jahre ununterbrochen im festen Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft gestanden haben (Wartezeit), laufende Versorgungsleistungen gewähren, wenn sie wegen Dienstunfähigkeit oder Erreichen der Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres) aus den Diensten der Gesellschaft ausscheiden.
5051
II § 5 Höhe der Versorgungsleistungen
52Als Versorgung der Mitarbeiter dienen zunächst die Renten aus der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung sowie einer befreienden Lebensversicherung in voller Höhe. Bei Kapitalzahlungen aus einer befreienden Lebensversicherung wird die Rente angerechnet, die sich bei Eintritt des Versorgungsfalls aus der Versicherungsleistung einschließlich Überschussanteilen ergibt, wenn die Rententarife der Q.-Lebensversicherungsanstalt in C. (netto) zugrunde gelegt würden. Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587 b BGB beruhen, bleiben unberücksichtigt. Soweit diese Renten eine angemessene Versorgung nicht garantieren, wird der fehlende Betrag als Versorgungsleistung gezahlt. Die Versorgungsleistungen sind nicht von der Bedürftigkeit des Empfängers abhängig.
53Als angemessene Gesamtversorgung gelten Rentenbezüge und Versorgungsleistungen in folgender Höhe:
54nach 10jähriger Dienstzeit 35%,
55für jedes weitere Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Lebensjahr weitere 2% = max. 30 %,
56für jedes weitere Dienstjahr bis zum vollendeten 35. Lebensjahr weitere 1% = max. 10%,
57des zugrunde zu legenden letzten Monatsgehaltes, wobei spätere Tariferhöhungen zu berücksichtigen sind (ohne Sozialzulagen, Mehrarbeits- und Abschlussvergütungen oder ähnliches). Der Höchstsatz nach 35-jähriger Dienstzeit bei der Gesellschaft beträgt demgemäß max. 75 %.
5859
II § 7 Anrechnung von Arbeitseinkommen
60Die Versorgungsleistung ruht, solange der Mitarbeiter vor Vollendung seines 65. Lebensjahres Einkünfte aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit bezieht, insoweit, als die Summe aus Versorgungsleistung, Renten und sonstigen Einkünften sein aktives Gehalt (ohne Abschlussvergütung) bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses übersteigt.
61"
62Zum 01.12.1989 trat ein zwischen der Beklagten und der damaligen Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen abgeschlossener Entgeltrahmentarifvertrag vom 08.12.1989 (im Folgenden ERTV) in Kraft. Dieser führte zu einer Veränderung der Gehaltsstruktur. Alle Mitarbeiter wurden neu eingruppiert. Im ERTV hieß es u.a.:
63"§ 9
64Besitzstandswahrung
651. Unterschreitet das ab 01.12.1989 gültige monatliche Tarifentgelt, das in den letzten 34 Monaten (01.01.1987 - 31.10.1989) erzielte durchschnittliche Monatseinkommen, erfolgt ein Besitzstandsausgleich, durch den Arbeitnehmer/innen ihr bisheriges durchschnittliches Monatseinkommen garantiert bekommen.
662. Der Besitzstandsausgleich ist solange unkündbar, wie der/die Arbeitnehmer/in im Unternehmen beschäftigt ist.
673. Zukünftige Tariferhöhungen werden in voller Höhe beim Tarifentgelt berücksichtigt. Der Besitzstandsausgleich wird gleichzeitig um die Hälfte der jeweiligen Tariferhöhungen reduziert."
68Die Tarifvertragsparteien vereinbarten zudem einen Entgelttarifvertrag, der im Wesentlichen eine Vergütungstabelle enthielt. Bei Mitarbeitern, deren Tarifgehalt das in § 9 Nr. 1 ERTV bezeichnete durchschnittliche Monatseinkommen unterschritt (sog. "Unterschreiter" im Gegensatz zu sog. "Überschreitern"), zahlte die Beklagte zusätzlich den Besitzstandsausgleich gemäß § 9 ERTV. Bei der Berechnung des durchschnittlichen Monatseinkommens wurde auch der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung berücksichtigt. Diesen bezeichnete sie in den Abrechnungen als "BESITZS.WAHRUNG". Der Kläger erhielt keinen tariflichen Besitzstand gemäß § 9 ERTV. Er war bei Einführung des Tarifvertrags "Überschreiter".
69Seit Dezember 1989 zahlte die Beklagte zunächst neben dem Tarifgehalt keinen weiteren Vergütungsbestandteil in Höhe des Arbeitnehmeranteils zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Am 26.04.1990 vereinbarte sie mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung (im Folgenden GBV 1990). In dieser hieß es:
70"1. In regelmäßigen Abständen wird das Lohn- und Gehaltsniveau der Mitarbeiter des Servicepersonals überprüft. Gegebenenfalls werden übertarifliche Zulagen geleistet.
712. Den Mitarbeitern der ehemaligen Entlohnungsgruppe C, die vor dem 01.12.1989 in das Unternehmen eingetreten sind, werden zukünftige Erhöhungen der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung (Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung) erstattet.
72Soweit für diese Mitarbeiter ein Besitzstand im Rahmen der tariflichen Regelungen errechnet wurde, wird aus diesem Besitzstand der jetzige Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung heraus gerechnet und als nicht abbaubarer Besitzstand festgeschrieben.
733. Diese Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 01.05.1990 in Kraft."
74Die Umsetzung von Ziffer 2 Abs. 2 GBV 1990 machte die Beklagte in den folgenden Gehaltsabrechnungen kenntlich, indem sie bei den sog. "Unterschreitern", die Lohnart 183 "BESITZS.WAHRUNG" aufteilte und nun zwei Lohnarten auswies, nämlich die bisherige Lohnart 183 "BESITZS.WAHRUNG" und die neue Lohnart 184 "BESITZSTAND SV", welche dem Anteil am Arbeitnehmerbeitrag in der bisherigen Besitzstandszulage entsprach. Beide Beiträge zusammen ergaben den zuvor in den Abrechnungen ausgewiesenen einheitlich als "BESITZS.WAHRUNG" ausgewiesenen Besitzstand gemäß § 9 ERTV. Nach Einführung eines neuen Lohnabrechnungssystems wurden die Zahlungen später als Entgeltbestandteil 110 "Besitzstand" und 111 "SV Besitzstand" bezeichnet. Der Kläger erhielt als Überschreiter keine derartigen Zahlungen.
75Im Februar 1991 erfolgte ein Ausgleich der unterlassenen Zahlungen der Arbeitnehmerbeiträge für die Zeit von jedenfalls Mai bis Dezember 1990. In der Folge zahlte die Beklagte an den Kläger und die anderen Arbeitnehmer in einem halbjährlichen Rhythmus einen Vergütungsbestandteil in Höhe der in den sechs Vormonaten angefallenen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung auf der Grundlage von Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990, allerdings lediglich soweit diese sich gegenüber den Ausgangsbeträgen erhöht hatten. Nach Einführung der Pflegeversicherung bezog die Beklagte auch die Arbeitnehmeranteile zur Pflegeversicherung mit ein. Auf die zur Akte gereichte Lohnabrechnung für Juli 2019 (Anlage K 5, Bl. 28 f. d.A.), die einen entsprechenden Bruttobetrag in Höhe von 4.576,20 Euro als "Besitzstand Einmalzahlung" auswies, wird Bezug genommen.
76Nachfolgend wurde die Vergütung in einem neuen Entgeltrahmentarifvertrag vom 12.10.2012 (im Folgenden ERTV 2012) und in einem Entgelttarifvertrag vom 12.10.2012 geregelt; beide abgeschlossen zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di. Zuletzt erfolgte die Regelung durch Entgeltrahmentarifvertrag vom 09.11.2020 (im Folgenden ERTV 2020) und in einem Entgelttarifvertrag vom 09.11.2020; beide abgeschlossen zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di. §§ 9 ERTV 2012 und 2020 entsprachen dem ursprünglichen § 9 ERTV (im Folgenden einheitlich § 9 ERTV). Im Laufe des Rechtsstreits stellte die Beklagte die Zahlung des Vergütungsbestandteils "Besitzstand Einmalzahlung" ein.
77Der Kläger hat behauptet, ihm und den anderen Mitarbeitern der Vergütungsgruppe C sei bei der Einstellung die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zugesichert worden. Einige Mitarbeiter der Vergütungsgruppe C hätten sich im Januar 1990 erkundigt, warum die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht wie bisher gezahlt würden. Die damalige Geschäftsführung habe allen Mitarbeitern der Vergütungsgruppe C zugesichert, die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu übernehmen, und verlauten lassen, dass der Ausgleich zum Jahresende gezahlt würde. Grund für die halbjährliche Auszahlung seien aufkommende Schwierigkeiten gewesen, die mit einer monatlichen Abrechnung einhergegangen wären, sowie eine hierzu erfolgte Besprechung von Herrn P., dem damaligen Leiter der Abrechnung, mit dem Personalleiter N...
78Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der im Jahr 1990 erfolgte Wechsel von der monatlichen Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung hin zur halbjährlichen Erstattung ändere nichts daran, dass dieser Vergütungsanteil, d.h. der "Besitzstand Einmalzahlung" zum ruhegehaltsfähigen Monatsgehalt im Sinne der VO zähle. Da er zu keinem Zeitpunkt sein Einverständnis mit der geänderten Zahlungsweise erklärt habe, könne diesem Entgeltbestandteil nicht seine Ruhegeldfähigkeit genommen werden. Der Begriff des Monatsgehalts in der VO sei weit auszulegen. Der Kläger hat sich zur Stützung seiner Ansicht auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 05.11.2014 (AZ: 4 Sa 882/14, n.v.) bezogen. Der Anspruch auf die Erstattung der Steigerung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung ergebe sich im Übrigen aus der GBV 1990. Diese verstieße nicht gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, weil sich die Regelungsgegenstände von § 9 ERTV und Ziff. 2 GBV 1990 nicht überschnitten.
79Der Kläger hat zuletzt beantragt,
80festzustellen, dass die zweimal jährlich durch die Beklagte gezahlten Besitzstände zum versorgungsfähigen letzten monatlichen Entgelt gehören und der Berechnung seiner Betriebsrente zugrunde zu legen sind.
81Die Beklagte hat beantragt,
82die Klage abzuweisen.
83Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits unzulässig. Rechtsfriede sei durch ein Feststellungsurteil nicht zu erwarten, weil auch mit einem klagestattgebenden Urteil nicht geklärt würde, in welcher Höhe bzw. mit welchem Anteil die zweimal jährlich gezahlten Besitzstände für die Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen wären. Der halbjährlich gezahlte Besitzstand ließe sich nicht einfach durch sechs Monate teilen. Denn die Übernahme von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung, die z.B. auf Sozialzulagen, Mehrarbeits- oder Abschlussvergütungen oder Ähnliches anfielen, sei bereits nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung herauszurechnen. Zudem sei der Klageantrag unbestimmt.
84Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe bereits keinen Anspruch auf die Zahlung des Besitzstandes Einmalzahlung. Die zum 01.12.1989 in Kraft getretenen Tarifverträge regelten die Vergütung abschließend und hätten insofern die vorherigen tarifvertragsoffenen Gehaltsregelungen im Arbeitsvertrag und der Arbeitsordnung abgelöst. Sofern die GBV 1990 abweichend von den tariflichen Regelungen einen Besitzstand regele, nach dem den Arbeitnehmern der Vergütungsgruppe C alle künftigen Erhöhungen, gemeint seien insofern alle über den im "tariflichen Besitzstand SV-Anteil" hinausgehenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, erstattet würden, verstoße sie gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG. Der Kläger könne auch kein rechtlich schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand oder die weitere Umsetzung der GBV 1990 entwickelt haben. Denn sie habe erst kürzlich im Zusammenhang mit einem anderen Rechtsstreit die Unwirksamkeit der GBV 1990 festgestellt. Daran ändere die Berücksichtigung der Arbeitnehmeranteile zur Pflegeversicherung nichts. Da es in Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 um die künftigen Arbeitnehmerbeiträge gehe, habe sie sich für verpflichtet gehalten, die bei Abschluss der GBV 1990 noch nicht existente Pflegeversicherung mit einzubeziehen.
85Ohnehin zähle der halbjährliche "Besitzstand Einmalzahlung" nicht zum "letzten Monatsgehalt" im Sinne von Ziffer II § 5 Abs. 2 VO. Bereits der Wortlaut sei eindeutig, weil die streitigen Beträge in den Lohnabrechnungen gerade nicht als Gehalt, sondern als "Besitzstand Einmalzahlung" aufgeführt und zudem nicht monatlich, sondern halbjährlich gezahlt würden. Auch der Klammerzusatz in Ziffer II § 5 Abs. 2 VO "ohne Sozialzulagen, Mehrarbeits- und Abschlussvergütungen oder Ähnliches" belege eine offengehaltene und ausdrücklich nicht abschließende Formulierung, die verdeutliche, dass jedwede andere Leistung als die übliche monatliche Vergütung nicht ruhegehaltsfähig sein solle. Dass die Übernahme von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung durch sie nicht direkt erfolgen, sondern wirtschaftlich nur mittelbar dadurch erreicht werden könne, dass sie einen entsprechenden zusätzlichen Brutto-Betrag an die Arbeitnehmer leiste, ändere nichts an der "Sonderfunktion" dieser Zahlung, die keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstelle. Da die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Beiträge zur Rentenversicherung bereits als solches einen Beitrag zur Altersversorgung der begünstigten Arbeitnehmer beinhalte, könne die VO nicht so ausgelegt werden, dass sie durch Berücksichtigung dieses Vergütungsanteils auch für das Ruhegehalt im Ergebnis zweimal zur Altersversorgung des Klägers beitrüge. Zudem sei es nach der Rechtsprechung des BAG ausgeschlossen, schwankende Bezüge als ruhegeldfähig zu berücksichtigen, wenn es - wie hier - auf das letzte Monatsgehalt ankomme. Hätte der "Besitzstand Einmalzahlung" einbezogen werden sollen, der nur in einzelnen Monaten geleistet würde und außerdem wegen der variablen Berechnungsfaktoren (z.B. Arbeitnehmeranteile für Überstunden) schwankte, hätte die VO nicht auf das letzte Monatsgehalt, sondern auf einen größeren Referenzzeitraum abstellen müssen. Schließlich bestehe ohnehin kein Anspruch auf eine monatliche Zahlung des Besitzstandes. Weder die GBV 1990 noch § 9 ERTV des Tarifvertrages regele die Fälligkeit. Außerdem sei eine monatliche Zahlung auf Grund der variierenden Betragshöhe unpraktikabel. Jedenfalls aber dürfe der halbjährlich gezahlte "Besitzstand Einmalzahlung" nicht in voller Höhe als ruhegeldfähig berücksichtigt werden. Denn Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für Sozialzulagen, Mehrarbeits- und Abschlussvergütungen seien nicht ruhegeldfähig, weil diese Beträge selbst nach Ziffer II § 5 Abs. 2 VO nicht ruhegeldfähig seien.
86Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.10.2020 abgewiesen. Gegen das ihm am 23.10.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.11.2020 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.01.2021 - mit einem am Montag, dem 25.01.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
87Der Kläger behauptet, er habe im Rahmen des Vorstellungsgesprächs zunächst erklärt, für das von der Beklagten angebotene Gehalt, sei er nicht bereit, bei ihr anzufangen. Daraufhin sei ihm mitgeteilt worden sei, er möge bedenken, dass sie die Sozialversicherungsbeiträge erstatte. Auch in anderen Vorstellungsgesprächen sei stets die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge erwähnt worden. Der Kläger behauptet, in dem tariflichen Entgeltsystem des § 9 ERTV 1989 seien zwar Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung enthalten gewesen, nicht aber solche, die sich auf sonstige Gehaltsbestandteile wie z.B. Überstundenvergütungen und Sonderzahlungen angefallen seien.
88Der Kläger meint, zum Zeitpunkt ihrer Einstellung habe es keine kollektiv-rechtliche Zusage gegeben. Die Zusage sei vielmehr individualrechtlicher Natur gewesen. Jedenfalls müsse die Beklagte sich an das von ihr begründete Vertrauen binden lassen. Aufgrund des ERTV habe er als Überschreiter für sein Grundgehalt keinen Anspruch mehr auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung gehabt. Etwas anderes und bezogen auf einen vom ERTV nicht geregelten Bereich habe sich für ihn dann aber aus Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 ergeben. Diese Regelung sei nicht unwirksam, sondern beziehe sich auf einen Bereich, den der ERTV schlicht vergessen habe. Soweit sein zuvor individualrechtlicher Anspruch nicht durch den ERTV weggefallen sei, müsse die Beklagte sich an der für ihn günstigeren vorherigen Rechtslage festhalten lassen. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag ändere daran nichts, denn sein hier geltend gemachter Anspruch beziehe sich auf den nicht durch den ERTV geregelten Teil des zuvor einheitlichen Anspruchs auf Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung.
89Im Hinblick auf die Frage, was "letztes Monatsgehalt" i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO sei, überzeuge die Auslegung des Landesarbeitsgerichts Hamm. Die Besitzstandszulagen seien seinem Monatsgehalt zuzurechnen, denn sie seien regelmäßig monatlich an sie gezahlt worden, und seien Gegenleistung für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO gehe von einem weiten Verständnis des Gehaltsbegriffs aus. Es werde der Begriff "Monatsgehalt" und nicht "Grundgehalt" verwendet. Für ein weites Verständnis spreche vor allem der Klammerzusatz in Ziffer II § 5 Abs. 2 VO. Von diesem sei die hier streitige Besitzstandszulage nicht erfasst. Es handele sich dabei weder um eine Mehrarbeits- noch eine Abschlussvergütung. Es handele sich aber auch nicht um eine Sozialzulage, die Ziffer II § 10 VO als Haushalts- und Kinderzulagen kennzeichne. Die in § 6 Gehaltsvereinbarungen bezeichneten Sozialleistungen enthielten die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ebenfalls nicht. Weiterhin handele es sich bei der "Einmalzahlung Besitzstand" nicht um etwas "ähnliches" im Sinne des Klammerzusatzes von Ziffer II § 5 Abs. 2 VO. Insbesondere sei die Übernahme der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht mit den Sozialzulagen vergleichbar, selbst wenn man den weiten Begriff des § 6 Gehaltsvereinbarungen zu Grunde lege. Diese Sozialleistungen seien anlassbezogen oder zweckgebunden und unterschieden sich deshalb grundlegend von Besitzstandszulagen. Die Besitzstandswahrung der Sozialversicherungsbeiträge habe hingegen der dauerhaften Alimentierung der Arbeitnehmer gedient.
90Soweit Ziffer II § 5 Abs. 2VO auf das Monatsgehalt abstelle, ändere sich nichts, weil die Umstellung auf eine halbjährliche Zahlungsweise allein aus buchhalterischen Gründen erfolgt sei. Damit habe die Rechtsnatur der Zahlungen nicht geändert werden sollen. Der Personalleiter N. und der Gehaltsbuchhalter P. hätten aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes formlos vereinbart, die Differenz nur halbjährlich zu ermitteln und an die Mitarbeiter auszuzahlen. Auf die E-Mail des H. P. vom 16.09.2019 (Anlage K4), welche die arbeitgeberseitige Intention authentisch wiedergebe, nimmt der Kläger insoweit Bezug. Soweit es ggfs. zweckmäßiger gewesen wäre, in der Versorgungsordnung einen Referenzzeitraum zu regeln, ließen unzweckmäßige Gestaltungen der Betriebsparteien nicht einen bestehenden Anspruch untergehen. Es sei das Recht der Betriebsparteien, Abrechnungsmodi auch unpraktikabel zu gestalten. Letztlich handele es sich auch deshalb um eine monatliche Zahlung, weil für die Differenzberechnung die einzelnen Monate betrachtet werden müssten.
91Soweit das Arbeitsgericht ausführe, dass Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 allenfalls die Erstattung künftiger Erhöhungen regele, habe es übersehen, dass er die Klage von Beginn an nur auf den Ausgleich der Steigerung des Arbeitnehmeranteils gerichtet habe. Die vermeintliche Klarstellung der Antragsfassung in der mündlichen Verhandlung habe dann zu einer Unklarheit geführt. Es wurde und werde nur der auf die Steigerung begrenzte Besitzstand der Sozialversicherungsbeiträge geltend gemacht.
92Mit dem Hilfsantrag trage er dem Bedenken Rechnung, dass das Arbeitsgericht meine, wenn Sozialzulagen, Mehrarbeits- und Abschlussvergütungen nicht ruhegehaltsfähig seien, müsse das auch für die auf diese anfallenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung gelten.
93Der Kläger beantragt,
94das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 08.10.2020 - 1 Ca 731/20 - abzuändern und festzustellen,
951. dass die zweimal jährlich durch die Beklagte erbrachten Zahlungen, mit denen die Steigerung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung besitzstandswahrend ausgeglichen werden, zum versorgungsfähigen letzten monatlichen Entgelt gehören und der Berechnung seiner Betriebsrente zugrunde zu legen sind;
96- hilfsweise -
972. dass die zweimal jährlich durch die Beklagte erbrachten Zahlungen, mit denen die Steigerung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung besitzstandswahrend ausgeglichen werden, soweit nicht Sozialzulagen, Mehrarbeits- und Abschlussvergütungen in ihre Berechnung eingeflossen sind, zum versorgungsfähigen letzten monatlichen Entgelt gehören und der Berechnung seiner Betriebsrente zugrunde zu legen sind.
98Die Beklagte beantragt,
99die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
100Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvorbringens. Die Beklagte behauptet, dass bei der Vergleichsberechnung gemäß § 9 ERTV bei dem Durchschnittseinkommen auch unregelmäßige Leistungen, wie z.B. das Urlaubsgeld und der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung berücksichtigt worden seien. Die halbjährliche Auszahlung des Besitzstandes gemäß Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 sei wegen der sich ständig ändernden Berechnungsfaktoren erfolgt, weil eine monatliche Berechnung zu aufwendig gewesen sei Selbst wenn es die von dem Kläger behaupteten Äußerungen bei Einstellungsgesprächen gegeben hätte, so hätte es sich nur um einen bloßen Verweis auf betriebsübliche Regelungen gehandelt.
101Der halbjährliche "Besitzstand Einmalzahlung" sei bei der Berechnung der Betriebsrente nicht zu berücksichtigen. Der Begriff des Monatsgehalts sei eng auszulegen, was der Klammerzusatz belege. Die Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge habe wie die Gewährung von Beihilfen oder vermögenswirksamer Leistungen der Gleichstellung mit den Mitarbeitern der V. LB gedient. Es handele sich bei der Erstattung um eine sonstige Leistung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarung. "Ähnliches" nehme der Klammerzusatz in Ziffer II § 5 Abs. 2 VO ausdrücklich aus. Der Gesamtzusammenhang mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarung führe zum gleichen Ergebnis. Die Betriebsparteien hätten an den damals vorhandenen Begriff des Monatsgehalts in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarung angeknüpft, der gerade zwischen Monatsgehältern und sonstigen Leistungen unterscheide. Da es sich um eine Gesamtversorgung handele, führe auch der Sinn und Zweck dazu, dass der Besitzstand Einmalzahlung nicht ruhegehaltsfähig sei, da sie ansonsten mit dieser Zahlung zweimal zur Altersversorgung des Klägers beitragen würde. Und auch 1979/1980 habe es nicht dem Sprachgebrauch entsprochen, die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung als Gehalt zu bezeichnen, sondern eben als "SOZ. AN-ANTEIL". Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt habe, habe der ERTV die bis dahin geltenden Entgeltregelungen aufgrund von § 6 des Arbeitsvertrags vollständig auch in Bezug auf die Erstattung des Arbeitnehmerbeitrags zur Sozialversicherung abgelöst.
102Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, auf die Sitzungsniederschriften sowie sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
103E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
104A.
105Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden. Die 6. Kammer folgt vollumfänglich den Ausführungen der 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in dem in einem Parallelverfahren ergangenen Urteil vom 05.05.2021 - 12 Sa 844/20 - (zur Veröffentlichung vorgesehen).
106I.Die form- und fristgemäß eingelegte und ordnungsgemäß begründete Berufung ist zulässig. Mit ihr verfolgt der Kläger mit dem in zweiter Instanz gestellten Hauptantrag die Beseitigung der erstinstanzlichen Beschwer.
107Das Rechtsmittel der Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer erstrebt. Dies erfordert, dass der im ersten Rechtszug erhobene Anspruch wenigstens teilweise weiterverfolgt wird. Die Erweiterung oder Änderung der Klage kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein, sondern nur auf der Grundlage eines zulässigen Rechtsmittels verwirklicht werden (BAG v. 18.09.2019 - 4 AZR 275/18 - Rn. 12). Für die Frage der Beschwer kommt es darauf an, worüber rechtskräftig entschieden werden sollte und worüber tatsächlich entschieden worden ist, mithin auf den Umfang der prozessualen Rechtskraftwirkung, die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte (BAG 18.09.2019 - 4 AZR 275/18 - Rn. 13).
108Ausgehend von diesen Grundsätzen verfolgt der Kläger mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Hauptantrag die Beseitigung der in der angefochtenen Entscheidung liegende Beschwer. Zwar ist der Hauptberufungsantrag des Klägers nicht mit dem zuletzt gestellten und vom Arbeitsgericht abgewiesenen Antrag vollständig wortlautidentisch. Der zweitinstanzlich aufgenommene Zusatz dient aber nur der Klarstellung, welche Besitzstandszulage gemeint ist. Eine Änderung des Streitgegenstandes gegenüber demjenigen, über welchen das Arbeitsgericht entschieden hat, ergibt sich hieraus nicht.
109II.Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet, weil der "Besitzstand Einmalzahlung" nicht zum Monatsgehalt i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO zählt.
1101.Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Hauptantrag als Feststellungsantrag i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
111a)Der Antrag bezieht sich in der gebotenen Auslegung auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO.
112aa)Zwar können gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen bzw. auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 26.01.2021 - 3 AZR 139/17 - Rn. 28; BAG v. 13.10.2020 - 3 AZR 410/19 - Rn. 49).
113bb)So liegt es hier. Es geht um den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten bezogen auf die dem Kläger zustehende Betriebsrente. Die Rechtsgrundlage ist zwar als solche nicht im Antrag genannt. Die Auslegung ergibt unter Berücksichtigung des Parteivorbringens aber, dass die Betriebsrente des Klägers als ehemals unter die Vergütungsgruppe C fallendem Mitarbeiter gemäß Ziffer II §§ 1, 5 VO gemeint ist. Das streitige Teilrechtsverhältnis bezieht sich darauf, ob der "Besitzstand Einmalzahlung", wie er sich rechnerisch auf der Grundlage von Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 ergibt, als "letztes Monatsgehalt" i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO der Berechnung der Betriebsrente des Klägers zu Grunde zu legen ist. Wie bereits das Arbeitsgericht ausgeführt hat, ist auch klar, welcher Teil des halbjährlich gezahlten "Besitzstandes Einmalzahlung" der Betriebsrentenberechnung im Sinne des Antrags zu Grunde gelegt werden soll. Es soll ersichtlich nicht der vollständige Betrag, sondern nur 1/6 des halbjährlichen Betrags zugrunde gelegt werden. Ob eine solche Berechnung mit 1/6 - unterstellt der "Besitzstand Einmalzahlung" ist ruhegehaltsfähig - rechtlich zutreffend ist, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags.
114b)Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben.
115aa)Das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung mit dem Hauptantrag besteht, weil die Beklagte in Abrede stellt, dass der anteilige (1/6) "Besitzstand Einmalzahlung" als "letztes Monatsgehalt" i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO der Betriebsrentenberechnung des Klägers zu Grunde zu legen ist. Der Umstand, dass die Beklagte die Auffassung gewonnen hat, überhaupt nicht zur Zahlung des "Besitzstandes Einmalzahlung" verpflichtet zu sein und die diesbezügliche Zahlung eingestellt hat, ändert an dem rechtlichen Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO schon deshalb nichts, weil die Frage, ob ein Anspruch auf die Zahlung besteht, zwischen den Parteien streitig ist. Feststellungsfähiges Teilrechtsverhältnis ist, ob der im Wege der Antragsauslegung anteilige "Besitzstand Einmalzahlung" dem Monatsgehalt i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO zugehört und damit bei der Betriebsrentenberechnung zu Grunde zu legen ist.
116bb)Dem Feststellungsinteresse steht nicht entgegen, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Dies ist unerheblich (BAG v. 19.11.2019 - 3 AZR 332/18 - Rn. 14). Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht ein, weil die Betriebsrente noch nicht zur Zahlung fällig ist (BAG v. 15.01.2013 - 3 AZR 169/10 - Rn. 23).
117cc)Soweit die Beklagte einwendet, dass derzeit noch gar nicht abzusehen sei, ob im letzten Monat vor dem Ausscheiden des Klägers der "Besitzstand Einmalzahlung" überhaupt - nach dem Antrag in der gebotenen Auslegung in einem Umfang von 1/6 - gezahlt werde bzw. rechtlich zustehe, lässt dies das Feststellungsinteresse nicht entfallen. Eine mögliche Änderung der Sachlage nach Abschluss des Rechtsstreits steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Soweit sich zukünftig die für die Versorgungsverpflichtung der Beklagten maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ändern sollten, entfiele die Rechtskraftwirkung des Feststellungsausspruchs (BAG v. 10.12.2019 - 3 AZR 478/17 - Rn. 28).
1182.Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, weil der "Besitzstand Einmalzahlung" nicht zum Monatsgehalt i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO zählt. Dies hat bereits die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf überzeugend in dem Parallelverfahren (Urteil v. 05.05.2021 - 12 Sa 844/20 -) ausgeführt. Dieser Begründung, die im nachfolgend im Wesentlichen wiedergegeben wird, schließt sich die 6. Kammer an.
119a)Soweit der Kläger sein Begehren zunächst darauf stützt, dass ihm die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung von Beginn an - wie auch anderen Arbeitnehmern - im Einstellungsgespräch individualrechtlich zugesagt, die Erstattung anschließend praktiziert worden sei und ein daraus folgender Anspruch auf monatliche Erstattung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung ihm nach wie vor zustehe, ist dem nicht zu folgen. Sollten entsprechende Äußerungen in den Einstellungsgesprächen erfolgt sein - was die Beklagte bestreitet - begründeten diese nur den Hinweis auf eine bei der Beklagten bestehende Praxis im Sinne einer Gesamtzusage oder betrieblichen Übung, die mit In-Kraft-Treten des ERTV abgelöst worden ist. Nachdem der ERTV in Kraft getreten war, bestand für den Kläger kein Anspruch auf eine Übernahme der Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung gegenüber der Beklagten mehr.
120aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen (BAG v. 23.01.2018 - 1 AZR 65/17 - Rn. 26). Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags i.S.v. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG v. 23.01.2018 - 1 AZR 65/17 - Rn. 26; BAG v. 20.08.2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 14; BAG v. 13.11.2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 16).
121Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden (BAG v. 27.04.2016 - 5 AZR 311/15 - Rn. 27). Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG v. 27.04.2016 - 5 AZR 311/15 - Rn. 27; BAG v. 19.03.2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 43).
122bb)In Anwendung dieser Grundsätze liegt selbst dann keine einzelvertragliche Zusage vor, wenn man den diesbezüglichen tatsächlichen Vortrag des Klägers hinsichtlich der Äußerungen im Rahmen von Einstellungsgesprächen unterstellt. Derartige Äußerungen waren erkennbar so zu verstehen, dass die Beklagte auf ihre damalige allgemeine Praxis der Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung hingewiesen hat. Selbst wenn der Kläger im Einstellungsgespräch gesagt haben sollte, dass er nicht bereit sei, "für das Gehalt" anzufangen und die Beklagte erst dann entgegnet haben sollte, er möge die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bedenken, so ist auch dies aus der Sicht des Erklärungsempfängers nichts anderes als der Hinweis auf die tatsächliche Handhabung im Sinne einer Gesamtzusage oder bestehenden betrieblichen Übung, die allen Arbeitnehmern und damit ebenfalls dem Kläger zukommen sollte. Der Kläger hatte keinen Anlass zur Annahme, ihm solle der Anspruch selbst dann gewährt werden, wenn die anderen Arbeitnehmer die Leistung nicht mehr erhielten.
123cc)Diese Rechtsgrundlage war tarif- und betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.
124(1)Für Allgemeine Geschäftsbedingungen hat der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass bei deren Verwendung stets konkludent die Abänderung durch betriebliche Normen vorbehalten ist, soweit der Vertragsgegenstand einen kollektiven Bezug hat (BAG v. 05.03.2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60). Der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass im Wege der Gesamtzusage erteilte Leistungen der betrieblichen Altersversorgung üblicherweise der Abänderbarkeit unterliegen (BAG v. 10.03.2015 - 3 AZR 56/14 - Rn. 32). Demgegenüber hat sich der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts kritisch zur konkludenten Annahme einer "Betriebsvereinbarungsoffenheit" insbesondere im Hinblick auf die AGB-Kontrolle einer solchen Klausel geäußert (BAG v. 11.04.2018 - 4 AZR 119/17 -). Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kommt es auf den Meinungsstreit nicht an.
125(2)Der mit dem Kläger abgeschlossene Arbeitsvertrag war in § 6 ausdrücklich tarifvertrags- und betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Gemäß § 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sollten nach Abschluss tarifvertraglicher Regelungen und/oder Betriebsvereinbarungen diese in ihrer jeweils gültigen Fassung Vertragsbestandteil werden. Diese sollten, wie sich aus dem Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags ergibt, die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter der Beklagten ablösen, die gemäß § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags bis zum Abschluss tarifvertraglicher Regelungen und/oder von Betriebsvereinbarungen gelten sollten. Zwar ist die Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung in den umfassenden Arbeitsbedingungen, die aus mehreren Teilen bestehen, nicht ausdrücklich enthalten. Bereits § 3 Abs. 2 Nr. 1 Gehaltsvereinbarungen belegt aber, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung bekannt und in den Gehaltsvereinbarungen als Teil der Arbeitsbedingungen in Form von Personalaufwendungen angesprochen werden. Zudem zeigt § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarungen, dass es neben der monatlichen Vergütung für die Arbeitnehmer der Vergütungsgruppe C die Jahresbezüge und sonstige Leistungen gab. Diese orientierten sich an den Bezügen vergleichbarer Berufsgruppen im Konzern. Damals gehörte die Beklagte zum Konzern der WestLB, deren Arbeitnehmer sich auf Antrag von der Sozialversicherungspflicht befreien lassen konnten. Die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung bei der Beklagten war dem nachgebildet und ist so ohne weiteres als "sonstige Leistung" i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarungen zu verstehen. Als solche sonstige Leistung erfasste der Vorbehalt in § 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrags auch die damalige monatliche Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung durch die Beklagte.
126dd)Die bisherige Handhabung im Sinne einer Gesamtzusage oder betrieblichen Übung gerichtet auf die monatliche Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung ist durch die nachfolgenden tariflichen Regelungen des ERTV auf der Grundlage der oben dargestellten Tarifvertragsoffenheit abgelöst worden. Der ERTV hat diese sonstige Leistung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarungen abgelöst. Der ERTV hat zusammen mit dem Entgelttarifvertrag die bisherige Gehaltsstruktur bei der Beklagten umfassend geregelt. So wurden u.a. das Tarifentgelt (§ 3 ERTV), Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge (§ 4 ERTV), Mehrarbeit (§ 5 ERTV) und Sonderzahlungen (§ 6 ERVT) normiert. Die Ablösung sämtlicher Einkommensbestandteile und damit auch der sonstigen Leistung "Übernahme des Arbeitnehmeranteils an der Sozialversicherung" wird an § 9 Nr. 1 ERTV deutlich. Der darin enthaltene Besitz-standsausgleich knüpft an das durchschnittliche Monatseinkommen der letzten 34 Monate an. Es wird hier ausdrücklich der umfassende Begriff des "Einkommens" gebraucht. Dieser Begriff ist weiter als derjenige des Gehalts und umfasst grundsätzlich alle Einkommensteile, die nicht ausdrücklich ausgenommen sind (vgl. dazu BAG 19.01.2011 - 3 AZR 83/09 - Rn. 35). Er erfasst hier die bisherige sonstige Leistung der Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Der Gesamtzusammenhang des ERTV stützt das Ergebnis, denn der ERTV verwendet im Übrigen z.B. den Begriff des Tarifentgelts (z.B. § 3 Nr. 1 ERTV). Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck einer umfassenden Sicherung des bisherigen Besitzstandes. Die tatsächliche Praxis bei der Beklagten bestätigt dies. Dementsprechend gehen auch beide Parteien dieses Rechtsstreits davon aus, dass im tariflichen Entgeltsystem der Vergütungsgruppe C bereits die Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung enthalten war, wobei lediglich Uneinigkeit besteht, in welchem Umfang diese in die Besitzstandszulage gemäß § 9 Nr. 1 ERTV eingeflossen sind. Dieses allgemeine Verständnis wird durch die GBV 1990 bestätigt. Die Herausrechnung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung aus dem Besitzstand des § 9 Nr. 1 ERTV gemäß Ziffer 2 Abs. 2 GBV 1990 und die daraus folgende Aufspaltung der bisherigen Lohnart "BESITZS.WAHRUNG" in die zwei Lohnarten "BESITZS.WAHRUNG" und "BESITZSTAND SV" ergibt nur dann Sinn, wenn die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zuvor in dem Besitzstand des § 9 Nr. 1 ERTV enthalten war. Da der ERTV diesbezüglich eine ausdrückliche Regelung enthielt, hat er die bisherige Regelung auf der Grundlage einer Gesamtzusage oder betrieblichen Übung gerichtet auf die monatliche Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung vollständig abgelöst. Dem steht nicht entgegen, dass bei Zugrundelegung des ERTV künftige Steigerungen des Arbeitnehmeranteils an der Sozialversicherung nicht mehr zu erstatten waren und die bisherige und im Besitzstand des § 9 Nr. 1 ERTV enthaltene Erstattung durch die Anrechnung künftiger Tariferhöhungen gemäß § 9 Nr. 3 ERTV aufgezehrt werden würde. Es mag sein, dass die Tarifvertragsparteien dies nicht bedacht haben. Die tarifliche Regelung ist gleichwohl abschließend und eindeutig. Es wird ein neues Tarifentgelt festgelegt und die Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nur noch im Besitzstand des § 9 Nr. 1 ERTV berücksichtigt. Die bisherige Regelung im Sinne einer Gesamtzusage oder bestehenden betrieblichen Übung gerichtet auf die monatliche Übernahme des Arbeitnehmeranteils zu den So-zialversicherungsbeiträgen war damit vollständig abgelöst und bestand nicht mehr.
127b) Soweit der Kläger sein Begehren sodann in zweiter Linie darauf stützt, dass ihm der "Besitzstand Einmalzahlung" auf der Grundlage von Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 zustehe, vermag dies den Feststellungsantrag ebenfalls nicht zu begründen. Diese Bestimmung der GBV 1990 ist wegen eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam.
128aa)Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn und soweit ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen liegt vor, wenn diese in einem nach seinem räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich einschlägigen Tarifvertrag enthalten sind und der Betrieb in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fällt (BAG v. 12.03.2019 - 1 AZR 307/17 - Rn. 32). Eine die Sperrwirkung auslösende tarifliche Regelung setzt dabei voraus, dass der Tarifvertrag hinsichtlich der in Frage stehenden Arbeitsbedingungen eine positive Sachregelung enthält. Der Umfang einer tariflichen Regelung ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln. Dabei ist insbesondere der Gesetzeszweck des § 77 Abs. 3 BetrVG zu berücksichtigen, der verhindern will, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend durch Betriebsvereinbarung geregelt werden (BAG v. 29.10.2002 - 1 AZR 573/01 - Rn. 16).
129bb)So liegt es hier.
130(1)Der in seinem Anwendungsbereich einschlägige ERTV enthält, wie die obigen Ausführungen belegen, eine positive Sachregelung zu der vorherigen Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Das eingeführte Tarifentgelt hat diese sonstige Leistung abgelöst und sie nur noch eingeschränkt innerhalb des Besitzstandsausgleichs des § 9 Nr. 1 ERTV geschützt. Die Tarifvertragsparteien haben die Frage der Übernahme des Arbeitnehmeranteils an den Sozialversicherungsbeiträgen gesehen und diese einer abschließenden - lediglich aus Sicht des Klägers nicht ausreichenden - Regelung zugeführt. Wenn entgegen der tariflichen Regelung eine bessere, weil umfassende Regelung erstrebt wurde, dann oblag es den Tarifvertragsparteien, eine solche Regelung zu schaffen. Es ist durch Ziffer 2 GBV 1990 gerade der Schutzzweck des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG betroffen. Durch die Erstattung der künftigen Steigerungen des Arbeitnehmeranteils der Sozialversicherungsbeiträge (Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990) sowie die Einführung einer von § 9 Nr. 3 ERTV abweichenden abgespaltenen anrechnungsfesten Zulage (Ziffer 2 Abs. 2 GBV 1990) haben die Betriebsparteien konkurrierend zu den Tarifvertragsparteien eine weitergehende Regelung zu dem bereits von den Tarifvertragsparteien geregelten Gegenstand getroffen. Genau dies will § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verhindern. Im Übrigen haben die Tarifvertragsparteien an der Besitzstandsregelung in § 9 ERTV bis zum ERTV 2020 unverändert festgehalten.
131(2)Die tariflichen Regelungen des ERTV enthalten insoweit keine Öffnungsklausel. Gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dies muss nicht wörtlich geschehen. Die Zulassung muss im Tarifvertrag nur deutlich zum Ausdruck kommen. Wollen die Tarifvertragsparteien den Betriebspartnern nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG eine nicht nur die tariflichen Angelegenheiten ergänzende, sondern sogar eine hiervon abweichende Regelungsbefugnis einräumen, muss dies mit der gebotenen Deutlichkeit erfolgen. Aus der Tarifnorm muss sich hinreichend klar ergeben, dass die Betriebsparteien im Rahmen ihrer Rechtsetzung die im Tarifvertrag festgelegten Bedingungen abändern dürfen (BAG v. 12.03.2019 - 1 AZR 307/17 - Rn. 32; BAG v. 29.10.2002 - 1 AZR 573/01 - Rn. 16). Eine solche Regelung ist in dem ERTV nicht enthalten.
132cc)Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist vorliegend nicht auf Grund der Schutzfunktion der in § 87 Abs. 1 BetrVG geregelten Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beseitigt. Allerdings greift der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dann nicht ein, soweit es sich um Angelegenheiten der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG handelt. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG nur dann ausgeschlossen, wenn eine zwingende tarifliche Regelung vorliegt (BAG v. 18.02.2015 - 4 AZR 778/13 - Rn. 20). § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG dann zur - vollständigen oder partiellen - Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, wenn dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht (BAG v. 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 - Rn. 101), weil der Arbeitgeber tarifgebunden ist (BAG 12.03.2019 - 1 AZR 307/17 - Rn. 39; BAG v. 09.12.2003 - 1 ABR 52/02 - Rn. 31). So liegt es hier, denn die Beklagte ist als Vertragspartei des ERTV tarifgebunden.
133dd) Der Kläger stützt sich zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung zu Unrecht u.a. auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 05.11.2014 - 4 Sa 882/14. Gegenstand der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm war allein die Ruhegehaltsfähigkeit der beiden aufgespaltenen monatlichen Besitzstandszahlungen "Besitzstand" und "SV Besitzstand" . Diese sind hier nicht Streitgegenstand. Mit der Wirksamkeit der GBV 1990 hat sich das LAG Hamm in der vorgenannten Entscheidung nicht befasst.
134c) Soweit der Kläger sein Begehren hilfsweise trotz Unwirksamkeit der GBV 1990 auf eine entsprechende Gesamtzusage stützt, begründet auch dies die Ruhegehaltsfähigkeit i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO nicht. Die entscheidende Kammer lässt ebenso wie die 12. Kammer in dem o.g. Parallelverfahren offen, ob die Regelungen der GBV 1990 ganz oder teilweise in eine Gesamtzusage umgedeutet werden können. Selbst wenn eine Gesamtzusage anzunehmen wäre, hätte sie allenfalls den Inhalt, den Besitzstand Einmalzulage, so wie er vor der Einstellung der Zahlung an den Kläger gewährt wurde, halbjährlich zu erstatten. In einer solchen Zahlung liegt kein "Monats"-gehalt i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO.
135aa)Eine halbjährliche Leistung kann nicht Bestandteil des versorgungsfähigen Entgelts sein. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungsordnung.
136aaa) Die VO ist als Gesamtbetriebsvereinbarung wegen ihres normativen Charakters nach den für Tarifverträge und für Gesetze geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Soweit kein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist, kommen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Auslegungskriterien wie etwa eine regelmäßige Anwendungspraxis oder die Normengeschichte in Betracht. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 21.01.2020 - 3 AZR 656/18 - Rn. 15).
137bbb) Bemessungsgrundlage ist gemäß Ziffer II § 5 Abs. 2 VO das letzte Monatsgehalt. Diese Bemessungsgrundlage bestimmt den Umfang der angemessenen Gesamtversorgung, welche sich aus den Rentenbezügen der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsleistungen der Beklagten zusammensetzt. Der Begriff "Monatsgehalt" bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (BAG v. 21.01.2014 - 3 AZR 362/14 - Rn. 32; BAG v. 13.11.2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22). Es handelt sich bei dem Monatsgehalt nur um solche Zahlungen, die der Arbeitnehmer bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhält (BAG v. 21.01.2014 - 3 AZR 362/14 - Rn. 32). Dies wird hier noch zusätzlich dadurch deutlich, dass auf das "letzte" Monatsgehalt abgestellt wird und es keine Durchschnittsberechnung gibt. Die halbjährliche Erstattung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung, die sich in der Summe aus schwankenden monatlichen Erstattungsbeträgen zusammensetzt, ist gerade keine auf den Monatszeitraum bezogene Leistung, sondern eine halbjährliche Gesamtleistung. Dies kommt zugleich in der Bezeichnung "Besitzstand Einmalzahlung" zum Ausdruck. Ein Abstellen auf den Durchschnitt des Erstattungsbetrags in Höhe von 1/6 dieses halbjährlichen Erstattungsbetrags lässt sich Ziffer II § 5 Abs. 2 VO nicht entnehmen.
138bb) Eine etwaig nach Inkrafttreten des ERTV neu begründete Gesamtzusage umfasst keine monatlichen Leistungen.
139aaa) Eine wegen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksame Betriebsvereinbarung kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter Umständen entsprechend § 140 BGB in eine Gesamtzusage umgedeutet werden (BAG v. 19.11.2019 - 3 AZR 129/18 - Rn. 59; BAG v. 23.01.2018 - 1 AZR 65/17 - Rn. 27). Allerdings unterliegt nicht die Betriebsvereinbarung als kollektiv-rechtliches Gestaltungsmittel der Umdeutung. Vielmehr bezieht sich die Umdeutung auf besondere Umstände, welche die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Leistungen zu gewähren. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitgeber von einer Betriebsvereinbarung durch Kündigung jederzeit lösen kann, während eine Änderung der Arbeitsverträge, zu deren Inhalt eine Gesamtzusage wird - vorbehaltlich einer etwaigen Betriebsvereinbarungsoffenheit -, nur einvernehmlich oder durch gerichtlich überprüfbare Änderungskündigung möglich ist. Ein hypothetischer Wille des Arbeitgebers, sich unabhängig von der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung auf Dauer einzelvertraglich zu binden, kann daher nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Ein solcher Rechtsbindungswille vermag vor allem nicht aus den in der Betriebsvereinbarung selbst getroffenen Regelungen geschlossen werden. Er muss sich aus außerhalb der Betriebsvereinbarung liegenden Umständen ergeben und auf einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers losgelöst von der Betriebsvereinbarung und gegenüber allen oder einer Gruppe von Arbeitnehmern gerichtet sein (BAG v. 19.11.2019 - 3 AZR 129/18 - Rn. 59; BAG v. 23.01.2018 - 1 AZR 65/17 - Rn. 27).
140bbb)Es kann dahingestellt bleiben, ob danach hier eine Umdeutung in eine Gesamtzusage vorzunehmen wäre. Eine solche wäre jedenfalls nicht auf eine monatliche Zahlung gerichtet, sondern allenfalls auf eine halbjährliche Erstattung des künftigen Arbeitnehmeranteils an dem Sozialversicherungsbeitrag. Die Kammer hat dabei zu Gunsten des Klägers den von ihm behaupteten Sachverhalt unterstellt.
141Zunächst einmal enthielt die - unwirksame - Regelung in Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 für die hier in Rede stehende Erstattung keinen Zahlungszeitpunkt. An einen solchen kann unabhängig davon, dass ohnehin auf einen Verpflichtungswillen losgelöst von der unwirksamen Betriebsvereinbarung abzustellen ist, nicht angeknüpft werden. In der Praxis fand nach Inkrafttreten des ERTV nur noch eine halbjährliche Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung statt, wofür unstreitig abrechnungs- oder buchungstechnische Gründe ausschlagegebend waren. Es waren laut der vom Kläger in Bezug genommenen Erklärung des für die Abrechnungen zuständigen Mitarbeiters P. Vereinfachungsgründe, die zu der Umstellung des Zahlungsrhythmus geführt haben, weil jede Sonderzahlung (Überstunden, Tantieme, Urlaubsgeld, Gehaltsnachzahlungen) zu einer Veränderung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung führte. Ein Wille der Beklagten, die Zahlungen bei Unwirksamkeit der Ziffer 2 Abs. 1 GBV 1990 monatlich zu leisten oder als solche zu behandeln, lässt sich daraus nicht entnehmen. Einen solchen Willen der Beklagten, trotz der sich daraus ergebenden praktischen Probleme eine Gesamtzusage auf eine monatliche Zahlung zu begründen, hatte diese erkennbar nicht. Sie wollte keine monatliche Erstattung mehr, sondern eine nur noch halbjährliche, weil allein diese praxistauglich war. Wenn die GBV 1990 überhaupt in eine Gesamtzusage umgedeutet werden kann, dann kann diese nur auf eine halbjährliche Erstattung gerichtet gewesen sein. Selbst wenn die damalige Geschäftsführung nach In-Kraft-Treten noch einmal zugesagt haben sollte, die monatlichen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung würden übernommen und zum Jahresende nachgezahlt, ergäbe sich daraus nichts anderes. Es handelte sich nur um die Ankündigung einer Nachzahlung, die gerade nicht monatlich, sondern im Nachhinein für einen längeren Zeitraum erfolgen sollte. Dem schloss sich die halbjährliche Abrechnungspraxis an. Und auch als die Pflegeversicherung eingeführt wurde und ein neuer möglicherweise zu erstattender Arbeitnehmeranteil an Sozialversicherung hinzukam, änderte sich die Zahlungsweise nicht.
142d) Unabhängig von Vorstehendem zu II.2.a., II.2.b und II.2.c besteht zu allen drei genannten Streitgegenständen der Zahlung in der oben genannten Reihenfolge hinsichtlich des Besitzstandes Einmalzahlung keine Ruhegehaltsfähigkeit i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO. Wie die 12. Kammer des LAG Düsseldorf im Urteil vom 05.05.2021 - 12 Sa 844/20 - überzeugend dargelegt hat, ergibt die Auslegung dieser Bestimmung, dass der "Besitzstand Einmalzahlung" nicht erfasst wird. Die Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ist nämlich grundsätzlich und unabhängig vom Zahlungsrhythmus nicht von dem Begriff des Monatsgehalts i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO erfasst.
143aa) Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut der Bestimmung, der auf das letzte Monatsgehalt ohne - so der Klammerzusatz - Sozialzulagen, Mehrarbeits- und Abschlussvergütungen oder ähnliches abstellt. Damit definiert die VO nicht, was zum Monatsgehalt gehören soll, sondern nimmt, ausgehend von diesem Begriff, lediglich bestimmte Leistungen, nämlich diejenigen des Klammerzusatzes aus diesem Begriff heraus. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das Gehalt nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und Sachleistungen (vgl. BAG v. 13.11.2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22). Der Begriff des Monatsgehalts ist hier nicht etwa deshalb weiter zu verstehen, weil ansonsten die Herausnahme der in der Klammer genannten Entgeltbestandteile überflüssig wäre. Der Klammerzusatz hat hier lediglich einen klarstellenden Charakter. Mit der Verwendung des Begriffs "Monatsgehalt" haben die Betriebsparteien nämlich bewusst einen engen Entgeltbegriff verwendet. Dies wird daraus ersichtlich, dass die VO auch andere Vergütungs-Bezeichnungen wie z.B. in Ziffer II § 7 VO für die Anrechnung von Entgelt den umfassenderen Begriff des Arbeitseinkommens oder der Einkünfte, womit sämtliche Einnahmen aus unselbständiger und selbständiger Arbeit gemeint sind, verwendet. Für die Versorgung der Personen der Vergütungsgruppen A und B, die anders als bei der Vergütungsgruppe C nicht als Gesamtversorgung ausgestaltet ist, wird in Ziffer I § 4 VO der Begriff der pensionsfähigen Bezüge verwandt. Der Begriff der "Bezüge" ist erkennbar weiter gefasst als der Begriff des Monatsgehalts. Er erfasst von seinem Wortlaut her all das, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber "bezogen", also erhalten hat. Dies sind z.B. auch Zulagen, Zuschläge, Gratifikationen und Sonderzahlungen - wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld -, aber auch Kostenerstattungen, wie z.B. eine Kontoführungsgebühr (BAG v. 19.01.2011 - 3 AZR 83/09 - Rn. 34 f.). Wenn dieselben Betriebsparteien dann in § 5 Abs. 2 VO mit dem Begriff "Monatsgehalt" eine hiervon abweichende Vergütungsbezeichnung verwenden, die gemeinhin in einem engeren Sinne verstanden wird, so spricht dies dafür, dass die Übernahme des Arbeitnehmeranteils an der Sozialversicherung nicht vom Begriff des Monatsgehalts i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO erfasst ist. Mit dieser Zahlung wird nämlich ein wirtschaftlich eigentlich bei den Arbeitnehmern anfallender Aufwand erstattet und von der Beklagten übernommen. Der Umstand, dass eine solche Zahlung an die Arbeitnehmer nur als weitere Bruttozahlung erfolgen kann, ändert am Charakter der Erstattung eines Aufwands nichts (vgl. bereits LAG Düsseldorf v. 13.06.2018 - 12 Sa 145/18 - Rn. 212; a.A. LAG Hamm v. 05.11.2014 - 4 Sa 882/14 -).
144bb) Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung "Gehalt" im Sinne der Versorgungsordnung wären, so wäre ihre Versorgungsfähigkeit zumindest aufgrund des Klammerzusatzes ausgeschlossen. Wie bereits die 12. Kammer im Urteil vom 05.05.2021 zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei der Übernahme des Arbeitnehmeranteils an den Sozialversicherungsbeiträgen um eine "ähnliche" Leistung im Sinne des Klammerzusatzes (a.A. LAG Hamm v. 05.11.2014 - 4 Sa 882/14 -). Zwar ist die Übernahme des Arbeitnehmeranteils an der Sozialversicherung nicht mit Mehrarbeits- oder Abschlussvergütungen vergleichbar. Hingegen ist die Übernahme des Arbeitnehmeranteils mit den Sozialzulagen vergleichbar. Wie Ziffer II § 10 VO zu entnehmen ist, haben die Betriebsparteien unter den "Sozialzulagen" die Haushalts- und Kinderzulagen verstanden. Diese werden anlassgebunden und zweckbezogen im Hinblick auf einen bestimmten Aufwand gewährt. Wie aufgezeigt handelt es sich auch bei der Übernahme des Arbeitnehmeranteils zum Sozialversicherungsbeitrag um eine Art Aufwandsentschädigung. Die Zahlung ist ebenso zweckbezogen wie die Haushalts- und Kinderzulage. Sie wird - anders als die Besitzstandszulage nach § 9 ERTV - nicht losgelöst von den anfallenden Arbeitnehmeranteilen zum Sozialversichersicherungsbeitrag gezahlt, wie die aufgetretene Berechnungsproblematik, die zur halbjährlichen Erstattung führte, plastisch zeigt. Es wird nur der jeweils konkret angefallene Aufwand erstattet. Dies ist eine ähnliche Leistung im Sinne des Klammerzusatzes von Ziffer II § 5 Abs. 2 VO.
145cc)Für das obige Auslegungsergebnis spricht weiterhin der Sinn und Zweck der Regelung in Ziffer II § 5 VO. Es wird dort eine Gesamtversorgung geregelt, die sich grundsätzlich aus den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungsleistung der Beklagten zusammensetzt. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO bestimmt den sich aus diesen beiden Komponenten zusammensetzenden Gesamtversorgungsbedarf anknüpfend an die dort genannten Prozentsätze in Abhängigkeit von der Dienstzeit, die auf das hier in Rede stehende letzte Monatsgehalt anzuwenden sind. Mit dem letzten Monatsgehalt und den darauf anzuwendenden Prozentsätzen wird mithin nicht etwa die Betriebsrentenleistung bestimmt, sondern der Gesamtversorgungsbedarf. Diese Zwecksetzung spricht deutlich dagegen, den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung zum "letzten Monatsgehalt" in diesem Sinne hinzuzuzählen. Der Arbeitnehmeranteil zum Sozialversicherungsbeitrag beinhaltet auch den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung, der dazu dient, die Gesamtversorgung zu erhöhen. Er soll damit dazu beitragen, den Gesamtversorgungsbedarf, der durch Ziffer II § 5 Abs. 2 VO definiert wird, zu befriedigen. Eine Einbeziehung in die Berechnung der Gesamtversorgung wäre systemwidrig (vgl. BAG v. 08.12.2020 - 3 AZR 437/18 - Rn. 53; BAG v. 19.08.2008 - 3 AZR 1101/06 - Rn. 19).
146Hinzu kommt Folgendes. Es mag sein, dass bis zum Eintritt des Ruhestandes die Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung den Lebensstandard des Klägers prägen wird, weil ihm so ein größeres Nettoeinkommen zur Verfügung steht. Mit der Betriebsrente soll ein bestimmter Lebensstandard gesichert werden. Der Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung fällt aber mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand gar nicht mehr an. Nichts anderes gilt für den Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung. Es besteht insoweit nach Rentenbeginn kein zu erstattender Aufwand mehr. Zwar gilt dies nicht für den Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 11, 237, 247, 248, 249a Satz 1 SGB V; §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11, 59 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB XI). Da die VO aber keine Regelung zur Aufteilung des einheitlich erstatteten Arbeitsnehmerbeitrags zur Sozialversicherung enthält, kann der "Besitzstand Einmalzulage" nur ganz oder gar nicht in die versorgungsfähigen Bezüge einfließen.
147dd)Der Gesamtzusammenhang mit den sonstigen Regelungen bei der Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Richtig ist, dass die Sozialleistungen, wie sie in § 6 Gehaltsvereinbarungen aufgezählt sind, die Erstattung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung nicht enthalten, obwohl dieser als Personalaufwendung im Zusammenhang mit der Troncverwendung in § 3 Nr. 3 Gehaltsvereinbarungen angesprochen ist, während die Sozialleistungen in § 3 Abs. 2 Nr. 4 Gehaltsvereinbarungen enthalten sind. Dies führt zunächst deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil Ziffer II § 5 Abs. 2 VO im Klammerzusatz mit den Sozialzulagen einen anderen Begriff als denjenigen der Sozialleistungen verwendet und die Sozialzulagen i.S.d. VO in Ziffer II § 10 VO ausdrücklich genannt sind. Die Ähnlichkeit mit diesen Leistungen ist - wie oben ausgeführt - im Hinblick auf die Erstattung des Arbeitnehmeranteils an dem Sozialversicherungsbeitrag gegeben. Hinzu kommt, dass die Erstattung des Arbeitnehmeranteils an der Sozialversicherung sich - wie oben ausgeführt - ohne weiteres als sonstige Leistung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Gehaltsvereinbarungen einordnen lässt und eine solche ist. Auch dies spricht dafür, sie nicht als vom Begriff des Monatsgehalts erfasst anzusehen, sondern als sonstige Leistung i.S. einer "ähnlichen" gemäß dem Klammerzusatz in Ziffer II § 5 Abs. 2 VO. Es mag sein, dass sich nach Einführung des ERTV bei der Beklagten die Begriffe des Gehalts und des Zuschlagsgehalts herausgebildet haben. Allein der Umstand, dass auch ein Zuschlagsgehalt ggfs. Monatsgehalt i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO sein mag, vermag an der Einordnung der Erstattung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung nichts zu ändern.
148e)Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass sie mit dieser Entscheidung keine Aussage dazu getroffen hat, ob der hier nicht streitgegenständliche monatliche Besitzstandsausgleich nach § 9 ERTV bzw. die darauf basierenden Entgeltbestandteile Nr. 110 "Besitzstand" und Nr. 111 "SV Besitzstand" zum Begriff des letzten Monatsgehalts i.S.v. Ziffer II § 5 Abs. 2 VO zählen. Dies ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich.
149III.Der zulässige Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet.
1501.Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen keine Bedenken.
151a) Der Kläger konnte in der Berufungsinstanz seine Klage um den Hilfsantrag erweitern. Dieser ist - wenn es sich nicht ohnehin nur um eine Beschränkung i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO handeln sollte - jedenfalls sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO. Eine Entscheidung ist gestützt auf Tatsachen i.S.v. § 533 Nr. 2 ZPO möglich.
152b) Der Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 252 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die herauszurechnenden Bestandteile der Zahlung "Besitzstand Einmalzulage" sind im Einzelnen bezeichnet, so dass im Falle einer Klagestattgabe keine Zweifel an der Reichweite der Entscheidung aufkommen können.
153c) Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind ebenso wie bei dem Hauptantrag erfüllt. Auf die hierzu erfolgten Ausführungen wird verwiesen.
1542. Der Antrag ist aber aus denselben Gründen unbegründet, die auch zur Abweisung des Hauptantrags geführt haben. Auf die obigen Ausführungen wird vollumfänglich Bezug genommen.
155B.
156I.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
157II. Die Kammer hat die Revision für den Kläger gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
158RECHTSMITTELBELEHRUNG
159Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
160REVISION
161eingelegt werden.
162Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.
163Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
164Bundesarbeitsgericht
165Hugo-Preuß-Platz 1
16699084 Erfurt
167Fax: 0361 2636-2000
168eingelegt werden.
169Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
170Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1711.Rechtsanwälte,
1722.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1733.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
174In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
175Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
176Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
177* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
178J. Barth te Neues Fischer