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Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.11.2011 – 1 Ca 1000/11 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten (noch) um das Bestehen von Ansprüchen auf Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.
3In der Zeit ab 01.07.2009 bis zur fristlosen Eigenkündigung vom 23.03.2011 war die Klägerin als Krankenschwester bei dem Beklagten, der einen privaten Pflegedienst betreibt, tätig. Sie arbeitete bis zum 30.04.2010 mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 24 und danach von 30 Stunden in der 6-Tage-Woche.
4Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 01.05.2010 lautet auszugsweise wie folgt:
5"…
6§ 5 Arbeitsvergütung
7Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von 1.700,-- €.
8Ein gesonderter Ausgleich für geleistete Überstunden erfolgt nicht. Diese sind mit dem Grundgehalt abgegolten.
9…
10§ 7 Urlaub
11Der Urlaubsanspruch beträgt 26 Tage im Kalenderjahr.
12…
13§ 15 Verfall-/Ausschlussfristen
14Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Andernfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.
15…"
16In der Zeit ab Januar 2010 bis Dezember 2010 leistete die Klägerin insgesamt 768,52 Überstunden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Urteil unter I. 2. a) der Gründe.
17Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne die Vergütung aller begehrten Überstunden verlangen. Daneben stehe ihr noch ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von sieben Tagen zu.
18Soweit hier noch von Interesse, hat die Klägerin beantragt,
19den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.470,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen.
20Der Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er hat die Meinung geäußert, Überstundenforderungen seien angesichts der arbeitsvertraglichen Abgeltungsregelung ausgeschlossen; im Übrigen seien sie größtenteils verfallen. Hinzu komme, dass es zu unrichtigen Aufzeichnungen und damit falschen Darlegungen gekommen sei.
23Das Arbeitsgericht hat mit Schlussurteil vom 24.11.2011 der Klage im Umfang von 768,52 Überstunden und sieben Tagen Urlaubsabgeltung stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte schulde für den Zeitraum ab Januar bis Dezember 2010 für insgesamt 768,52 geleistete Überstunden eine Vergütung in Höhe von 11.927,43 €, ausgehend von einem Stundensatz von 15,52 €. Dem stehe § 5 Absatz 2 des Arbeitsvertrages nicht entgegen, weil die dort verankerte Abgeltungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.
24Die Berufung auf die Verfallklausel des § 14 des Arbeitsvertrages sei dem Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.
25Der Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 543,32 € für insgesamt sieben Urlaubstage, darunter drei zulässigerweise aus dem Jahr 2010 übertragene Tage, sei ebenfalls gegeben.
26Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
27Er ist der Ansicht, namentlich die Überstundenansprüche seien nach § 15 des Arbeitsvertrages verfallen. Ein treuwidriges Verhalten auf seiner Seite liege nicht vor; die Klägerin hätte ggf. rechtzeitig Rechtsrat einholen müssen.
28Davon abgesehen seien die Überstunden nicht richtig aufgezeichnet worden; zudem seien sie nicht angeordnet gewesen.
29Der Beklagte beantragt,
30das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.11.2011 – 1 Ca 1000/11 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
31Die Klägerin beantragt,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Sie ist der Ansicht, § 15 des Arbeitsvertrages sei intransparent, weil darin nicht der Beginn des Laufs der Verfallfrist festgelegt worden sei. In jedem Fall habe sie der Beklagte treuwidrig von der Geltendmachung der Ansprüche abgehalten.
34Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe
36Die zulässige Berufung ist unbegründet.
37Das Arbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht Ansprüche auf Vergütung von Überstunden und Abgeltung von Urlaub zugesprochen.
38I. Nach §§ 611 Abs. 1, 612 BGB kann die Klägerin vom Beklagten für den streitbefangenen Zeitraum von Februar bis Dezember 2010 die Vergütung von insgesamt 768,52 Überstunden in Höhe von 11.927,43 € brutto verlangen.
391. In dem Zusammenhang kann zum Umfang der angefallenen Überstunden einschließlich des zugrunde gelegten Vergütungssatzes in Höhe von 15,52 € pro Stunde zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG in vollem Umfang Bezug genommen werden auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung unter I. 2. a).
40Statt in der Berufungsbegründung insoweit nur pauschal (in allen Verfahren) auf unrichtige Aufzeichnungen hinzuweisen, hätte der Beklagte sich im Einzelnen damit auseinandersetzen müssen, an welcher Stelle der mehrseitigen Darlegungen des Arbeitsgerichts aus welchen Gründen von welchen unzutreffenden Stundenangaben ausgegangen worden ist.
412. Soweit der Beklagte sich im Übrigen darauf beruft, er habe keine Überstunden angeordnet, steht diese Einwendung dem klägerischen Begehren ebenfalls nicht entgegen. Denn nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. 25.05.2005 – 5 AZR 319/04 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung; zust. ErfK/Preis, 12. Aufl., § 611 BGB Rn. 492) reicht es aus, wenn Überstunden gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der anfallenden Aufgaben notwendig waren. Hier ergab sich die betriebliche Notwendigkeit, wie von der Klägerin bereits in der Klageschrift im Einzelnen dargelegt, aus der arbeitgeberseits vorgenommenen Dienstplaneinteilung, der andauernden personellen Unterbesetzung und dem zwingenden Erfordernis, die anvertrauten Patientinnen und Patienten kontinuierlich zu versorgen.
423. Ebenfalls zutreffend und vom Beklagten nicht mehr angegriffen ist das Arbeitsgericht zum Ergebnis gelangt, dass die Regelungen in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zur Abgeltung von Überstunden wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind (zuletzt BAG, 17.08.2011 – 5 AZR 406/10 – NZA 2011, 1335).
434. Auch die arbeitsvertraglichen Abreden zum Verfall von Ansprüchen gemäß § 15 des Arbeitsvertrages stehen der geltend gemachten Überstundenvergütung nicht entgegen. Denn bei der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingung bleiben Zweifel, die gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten als Verwender gehen und gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Bestimmung führen.
44Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt z.B. BAG, 13.12.2011 – 3 AZR 791/09 – DB 2012, 1155; 19.08.2010 – 8 AZR 645/09 – AP BGB § 307 Nr. 49) sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind.
45Bleiben nach Erwägung dieser Umstände Zweifel, gehen diese gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (BAG, 19.01.2011 – 10 AZR 738/09 – AP BGB § 307 Nr. 50 – vgl. auch BAG, 17.08.2011 – 5 AZR 406/10 – NZA 2011, 1335).
46Gemessen daran ergibt sich hier, dass zwar in § 15 des Arbeitsvertrages geregelt ist, dass alle beiderseitigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich zu erheben sind, weil sie andernfalls erlöschen. Ungeregelt geblieben ist aber, wann die Drei-Monats-Frist zu laufen beginnen sollte.
47Zwar ist es der häufigste Fall, dass eine Verfallfrist mit dem Eintritt der Fälligkeit des Anspruchs beginnt (s. ErfK/Preis, a.a.O., §§ 194 – 218 BGB Rn. 52), um auf diese Weise schnellstens für Klarheit zu sorgen. Es kommt aber auch vor, dass die beteiligten Kreise an das Entstehen des Anspruchs, die Erteilung einer Abrechnung oder die Ablehnung durch den Gegner anknüpfen. Schließlich ist es nicht selten, dass in einschlägigen Klauseln für die Geltendmachung von Forderungen ausschließlich auf die (tatsächliche oder rechtliche) Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgestellt wird (vgl. z.B. BAG, 01.03.2006 – 5 AZR 511/05 – AP BGB § 307 Nr. 10; Schaub/Treber, 14. Aufl., § 209 Rn. 39). Dies kann sachgerecht sein, wenn ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während des Bestehens nicht mit der Notwendigkeit zur zeitnahen (schriftlichen) Geltendmachung von Ansprüchen belasten will, während er aber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglichst schnell Gewissheit haben möchte, ob noch Forderungen erhoben werden.
48Angesichts dieser aufgezeigten Gestaltungsbreite kann die insoweit lückenhaft gebliebene Regelung in § 15 des Arbeitsvertrages nicht eindeutig dahingehend ausgelegt werden, dass die Drei-Monats-Frist mit der Fälligkeit der Ansprüche zu laufen beginnen sollte. Es verbleiben vielmehr Zweifel, die im Rahmen des § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten als verantwortlichem Klauselverwender gehen.
49Die bestehende Unklarheit führt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2. Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Vertragsbestimmung.
50II. Der Anspruch auf Abgeltung von sieben Urlaubstagen in Höhe von 543,32 € folgt aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 7 Abs. 4 BUrlG. Insoweit kann Bezug genommen werden auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 2. b) der Gründe, die mit der Berufung nicht angegriffen worden sind.
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
52Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.