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Landesarbeitsgericht Hamm, 14 Sa 1711/10

Datum:
10.07.2012
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 Sa 1711/10
ECLI:
ECLI:DE:LAGHAM:2012:0710.14SA1711.10.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Iserlohn, 5 Ca 1055/09
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 743/12
Schlagworte:
Anhörung, außerordentliche Kündigung, Betriebsrat, Beweismittel, Beweisverwertungsverbot, informationelle Selbstbestimmung, Nachschieben von Kündigungsgründen, Persönlichkeitsrecht, Telekommunikation, Vermögensdelikt
Normen:
Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 GG, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, § 102 Abs. 1 BetrVG, § 626 BGB, § 32 BDSG, § 206 StGB, § 88 TKG, § 286 ZPO
Leitsätze:

1. Stützt sich der Arbeitgeber zum Nachweis des Vorwurfs, der Arbeitnehmer habe ein gegen ihn gerichtetes Vermögensdelikt begangen, auf den Inhalt von Chatprotokollen, die auf dem Arbeitsplatzrechner des Arbeitnehmers nach Ausspruch der Kündigung vorgefunden wurden, handelt es sich nicht um ein Nachschieben von Kündigungsgründen, zu dem der Betriebsrat vorher angehört werden muss.

2. Aus einer ggf. gegen § 206 StGB, § 88 TKG. § 32 BDSG und § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG verstoßenden Erlangung der auf einem Arbeitsplatzrechner vorgefundenen abgespeicherten Chatprotokolle folgt kein Beweisverwertungsverbot, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern lediglich eine gelegentliche private Nutzung elektronischer Ressourcen gestattet und zugleich darauf hinweist, dass bei einer Abwicklung persönlicher Angelegenheiten auf elektronischen Geräten und über das Netzwerk der Mitarbeiter keine Vertraulichkeit erwarten und der Arbeitgeber die Nutzung überwachen und bei gegebener Notwendigkeit die Daten einsehen kann, die der Mitarbeiter anlegt oder mit anderen austauscht. Ein Arbeitnehmer muss, wenn er illegale Aktivitäten gegen seinen Arbeitgeber entwickelt, bei einer derart eingeschränkten Vertraulichkeit der Privatnutzung damit rechnen, dass Spuren, die er durch die Nutzung von elektronischen Ressourcen des Arbeitgebers hinterlässt, in einem Prozess gegen ihn verwendet werden.

 
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 14. September 2010 (5 Ca 1055/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. März 2009, sondern durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 20. März 2009 mit dem Ablauf dieses Tages sein Ende gefunden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 19/20, die Beklagte zu 1/20.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 
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