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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erfassung von Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer als steuerpflichtige Betriebseinnahmen.
3Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Bereich der Unternehmensberatung und Insolvenzverwaltung tätig ist, ihren Gesellschaftern hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb vermittelt und die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, erfasste in den Jahren 2013 bis 2015 Erstattungszinsen i.S.d. § 233a der Abgabenordnung (AO) auf Gewerbesteuererstattungen als Erträge in ihren Jahresabschlüssen. Im Rahmen der Ermittlung des steuerlichen Gewinns zog sie die Zinserträge unter Verweis auf § 4 Abs. 5b EStG außerbilanziell wieder ab. Die Zinsen betrugen ... € für 2013, ... € für 2014 und ... € für 2015. Die Veranlagungen erfolgten zunächst erklärungsgemäß, allerdings unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).
4Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2013 und 2014 bis 2017 machte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) die außerbilanziellen Kürzungen der Gewerbesteuererstattungszinsen wieder rückgängig. Er verzichtete aufgrund einer entsprechenden Verwaltungsanweisung allerdings insoweit auf den Ansatz der Erstattungszinsen als Betriebseinnahmen, als diese im Zusammenhang mit zuvor nicht als Betriebsausgaben erfassten bzw. hinzugerechneten Nachforderungszinsen (in unstreitiger Höhe) standen. Die Änderungen stellen sich wie folgt dar:
52013 |
2014 |
2015 |
|
früher unberücksichtigte Zinsaufwendungen |
... € |
... € |
... € |
nunmehr erhaltene Erstattungszinserträge |
... € |
... € |
... € |
Gewinnerhöhung |
... € |
... € |
... € |
Das FA erließ entsprechende nach § 164 Abs. 2 AO geänderte gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide (vom 02.06.2016 für 2013 und vom 15.09.2020 für 2014 und 2015) sowie Gewerbesteuermessbescheide (vom 15.08.2016 für 2013 und vom 15.09.2020 für 2014 und 2015).
7Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte, die Veranlagungen erklärungsgemäß durchzuführen. Sie argumentierte im Wesentlichen damit, dass aufgrund des Betriebsausgabenabzugsverbotes des § 4 Abs. 5b EStG im Umkehrschluss bei der Erstattung von Gewerbesteuer keine Betriebseinnahme zu erfassen sei; dies gelte entsprechend für Nebenleistungen wie z. B. Zinsen i.S.d. § 233a AO.
8Die Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 19.07.2021). Das FA stützte seine ablehnenden Entscheidungen maßgeblich auf die mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2010 eingeführte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG.
9Mit der hiergegen erhobenen Klage ergänzt die Klägerin ihre rechtlichen Ausführungen. Sie führt aus, vor Einführung des § 4 Abs. 5b EStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz (UntStReformG) 2008 habe ein symmetrisches Normgefüge hinsichtlich der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen bestanden: bis dahin seien unstreitig Nachzahlungszinsen zur Gewerbesteuer als Betriebsausgaben, Erstattungszinsen wiederum als Betriebseinnahmen zu behandeln gewesen. Das vom Gesetzgeber mit dem UntStReformG 2008 u.a. durch Beseitigung der Interdependenzen zwischen der Gewerbesteuer auf der einen und der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer auf der anderen Seite maßgeblich verfolgte Ziel, die Position Deutschlands im internationalen Steuerwettbewerb zu stärken, habe dabei ohne unnötige Systembrüche erreicht werden sollen. Die Gewerbesteuer habe der Gesetzgeber insofern durch deren bewusste Disqualifizierung als Betriebsausgabe dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen und so die vormals geltende Symmetrie bewahrt, nur mit umgekehrten Vorzeichen, d.h. (bezogen auf die Zinsen nach § 233a AO): Nachzahlungszinsen seien keine Betriebsausgaben, Erstattungszinsen aber auch keine Betriebseinnahmen mehr. Die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sei für den Streitfall irrelevant, weil diese aufgrund der in § 20 Abs. 8 EStG angeordneten Subsidiarität bereits keine Anwendung finde, im Übrigen aber ohnehin nur eine Aussage für Erstattungszinsen auf Steuern treffe, die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar seien.
10Die Klägerin beantragt,
11die Gewerbesteuermessbescheide 2013 bis 2015 vom 15.08.2016, 15.09.2020 und 30.01.2017, geändert am 15.09.2020 sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für die Jahre 2013 bis 2015 vom 02.06.2016, 15.09.2020 und 10.01.2017, geändert am 15.09.2020, jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19.07.2021, insoweit abzuändern, als die Erfassung der bezogenen Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer als steuerpflichtige Betriebseinnahmen rückgängig gemacht wird, wodurch sich die laufenden gewerblichen Einkünfte und die Gewerbeerträge der Streitjahre um ... Euro (für 2013) ... Euro (für 2014) und ... Euro (für 2015) verringern;
12hilfsweise: die Revision zuzulassen.
13Das FA beantragt,
14die Klage abzuweisen;
15hilfsweise: die Revision zuzulassen.
16Es wiederholt und vertieft seine rechtlichen Ausführungen aus dem Vorverfahren.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Steuerakte Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19Die Klage ist unbegründet.
20Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin (bzw. ihre Gesellschafter) daher nicht i.S.d. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten.
211. Bei den vom FA auf die Gewerbesteuererstattungsansprüche der Klägerin gezahlten Zinsen i.S.d. § 233a AO handelt es sich um steuerpflichtige Betriebseinnahmen, die das Betriebsvermögen und damit den Gewinn der Klägerin i.S.d. § 4 Abs. 1, § 5 EStG (d.h. die Einkünfte i.S.d. § 15 EStG) in den Streitjahren erhöhen und daher entsprechend in den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung sowie (wegen § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--) in den Gewerbesteuermessbescheiden der Streitjahre grundsätzlich (Ausnahme: s. u. unter 2. d)) zu berücksichtigen sind.
22a) Als „Betriebseinnahmen“ werden in Anlehnung an die Definition der Betriebsausgaben in § 4 Abs. 4 und der Einnahmen in § 8 EStG nach ständiger Rechtsprechung „alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind“ verstanden (vgl. z.B. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteile vom 29.09.2020 VIII R 14/17, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2021, 431; vom 21.11.2018 VI R 54/16, BStBl II 2019, 311 und vom 02.08.2016 VIII R 4/14, BStBl II 2017, 310; dazu auch Loschelder in: Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 4 Rz. 420).
23b) Hiernach sind Gewerbesteuererstattungszinsen Betriebseinnahmen. Die erforderliche betriebliche Veranlassung hinsichtlich der Erzielung der Zinserträge ist gegeben.
24Die Gewerbesteuer als ertragsorientierte Objektsteuer knüpft unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Betriebsinhabers an den Gewerbebetrieb als Steuerobjekt an und berührt nicht die Privatsphäre des Steuersubjekts und auch nicht diejenige der Gesellschafter, wenn – wie hier – Betriebsinhaberin eine Gesellschaft ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.09.2015 IV R 8/13 BStBl II 2015, 1046, Rz. 17 [juris]). Die Zahlung von Gewerbesteuer ist demgemäß stets betrieblich veranlasst. Wird überzahlte Gewerbesteuer erstattet, liegt der Grund hierfür ebenfalls in der betrieblichen Sphäre und sind auf die Erstattung vom FA gezahlte Zinsen betrieblich veranlasst (so auch Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rz. 32, 123. EL Juni 2018).
252. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 5b EStG.
26a) Nach § 4 Abs. 5b EStG sind „[d]ie Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen […] keine Betriebsausgaben.“
27Vom Wortlaut der Vorschrift ist der streitige Sachverhalt nicht erfasst, weil es vorliegend nicht um gezahlte Gewerbesteuer oder darauf entfallende Nachzahlungszinsen als Betriebsausgaben, sondern um vereinnahmte Gewerbesteuererstattungszinsen i.S.d. § 233a AO geht. § 4 Abs. 5b EStG könnte daher nur eine Auswirkung auf das oben unter 1.b) gefundene Ergebnis haben, wenn die Vorschrift die Gewerbesteuer ganz grundsätzlich dem nichtsteuerbaren Bereich zuordnen würde (b) oder jedenfalls unter Berücksichtigung eines sog. actus contrarius Gedankens dazu führen würde, dass wegen der angeordneten Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe die auf Gewerbesteuererstattungen entfallenden Nebenleistungen sämtlich nicht als Betriebseinnahmen zu erfassen wären (c). Beides ist nicht der Fall.
28b) § 4 Abs. 5b EStG ordnet trotz seines verunglückten Wortlauts und der unsystematischen Verortung im Gesetz (zur Kritik stv. Loschelder, a.a.O., § 4 Rz. 651) im Ergebnis lediglich ein Betriebsausgaben-Abzugsverbot an und disqualifiziert die Gewerbesteuer nicht bereits dem Grunde nach als Betriebsausgabe; es handelt sich der Sache nach weiterhin um betrieblich veranlasste Aufwendungen i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 10.09.2015 IV R 8/13, BStBl II 2015, 1046, Rz. 17 [juris]; aus der Literatur statt vieler Hentschel et al. in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG Rz. 1980, 314. EL Oktober 2022 und Drüen in: Brandis/Heuermann, EStG, § 4 Rz. 923, 165. EL Dezember 2022).
29Dass der Gesetzgeber von diesem (im Schrifttum vorherrschenden und auch vom BFH nunmehr bestätigten bzw. geteilten) Verständnis abweichend – wie die Klägerin meint – die Gewerbesteuer per se dem nichtsteuerbaren Bereich zuordnen wollte, indem er ihr die Betriebsausgaben-Eigenschaft als solche abspricht, lässt sich seinem Willen, also insbesondere den Gesetzesmaterialien, nicht entnehmen.
30§ 4 Abs. 5b EStG wurde durch das UntStReformG 2008 vom 14.08.07 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 2007, 1912) mit Wirkung für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume nach dem 31.12.2007 festgesetzt wird, eingeführt. Ziel der „Abschaffung des Abzugs der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe“ war die Verbesserung der Steuerbelastungstransparenz (vgl. BT-Drs. 16/4841, S. 47). Nach dem bis dahin geltenden Recht wurde die Gewerbesteuer zum einen von ihrer eigenen Bemessungsgrundlage, zum anderen von derjenigen der Einkommen- oder Körperschaftsteuer abgezogen, was zu zusätzlichen Berechnungen bezüglich der Steuerbelastung führte und es den Steuerpflichtigen erschwerte, das tatsächliche wirtschaftliche Belastungsniveau zutreffend zu erkennen. Diese Schwierigkeiten sollten durch die Einführung der Norm entfallen, die Gesamtsteuerbelastung sollte nach Vorstellung des Gesetzgebers nunmehr grundsätzlich durch einfache Addition der Teilkomponenten berechnet werden können (BT-Drs. 16/4841, a.a.O.). Weiteres erklärtes Ziel der Maßnahme war die klarere Abgrenzung der Ertragshoheiten bei der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer durch Wegfall der o. g. Interdependenzen.
31Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich dagegen nicht, dass der Gesetzgeber darüber hinaus die bis dahin bestehende Symmetrie hinsichtlich Gewerbesteueraufwand inklusive Nebenleistungen (voll abziehbar) einerseits und Gewerbesteuerertrag (aus Gewerbesteuererstattungen) inklusive Nebenleistungen (voll anzusetzen) andererseits insgesamt – jetzt nur mit umgekehrten Vorzeichen – beibehalten wollte. Insbesondere finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass korrespondierend mit dem Abzugsverbot für Nachzahlungszinsen Erstattungszinsen nicht mehr gewinnerhöhend erfasst werden sollten.
32c) Auch der (insoweit zutreffende) Hinweis der Klägerin auf die symmetrische Besteuerung bei anderen Betriebssteuern (wie z.B. der Umsatzsteuer, der betrieblichen Kfz-Steuer oder Grundsteuer auf betriebliche Grundstücke) verfängt nicht.
33Denn zum einen unterscheiden sich die vorgenannten Steuern seit dem UntStReformG 2008 insoweit von der Gewerbesteuer, als dass der Gesetzgeber für sie gerade keine Regelung wie den § 4 Abs. 5b EStG geschaffen hat (die Vorschrift des § 12 Nr. 3 EStG, die besondere, die Privatsphäre oder nicht abziehbare Betriebsausgaben berührende Komponenten der Umsatzsteuer betrifft und diese vom Abzug ausschließt, einmal außen vorgelassen). Zum anderen zeigt die Entwicklung der gesetzlichen Vorschriften im EStG betreffend die (Nicht-) Erfassung von Erstattungszinsen bzw. die (Nicht-) Abziehbarkeit von Nachzahlungszinsen, dass der Gesetzgeber sich spätestens seit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl. I 1999, 402) im Privatvermögen für die asymmetrische Besteuerung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen entschieden hatte. Denn mit diesem Gesetz wurde der bis dahin in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG geregelte Abzugstatbestand für Nachzahlungszinsen gestrichen. Dieser war ursprünglich durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25.07.1988 (BGBl. I 1988, 1093) in das EStG eingefügt worden, allerdings eher als Zweitlösung, weil man sich zu der im ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehenen Steuerbefreiung für Erstattungszinsen in einem neu zu schaffenden § 3 Nr. 55 EStG nicht hatte durchringen können (vgl. den Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1990, BT-Drs. 11/2157, S. 5, zur Gesetzesentwicklung auch Thiemann FR 2012, 673, 679).
34Eine symmetrische Besteuerung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen ist aus Sicht des Gesetzgebers nicht (mehr) der Regelfall (vgl. zur Körperschaftsteuer den BFH-Beschluss vom 15.02.2012 I B 97/11, BStBl II 2012, 697). Diese grundsätzliche Entscheidung hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 4 Abs. 5b EStG auch für die Gewerbesteuer übernommen. Dies mag steuerpolitisch als ungerecht empfunden werden oder gar kritikwürdig erscheinen (hierzu z.B. Behrens, FR 2015, 214), ist allerdings geltendes Recht.
35Nach alledem war zum Erreichen der gesetzgeberischen Ziele bei Einführung des § 4 Abs. 5b EStG die vollständige Herausnahme der Gewerbesteuer aus dem steuerbaren Bereich nicht erforderlich, vielmehr reichte die Anordnung eines Betriebsausgaben-Abzugsverbots aus (wie nach herrschender Lesart durch die Einführung des § 4 Abs. 5b EStG geschehen). In der Praxis wird dabei der Gewerbesteueraufwand in einem ersten Schritt zwar bilanziell erfasst, dann aber in einem zweiten Schritt außerbilanziell wieder hinzugerechnet (hierzu Hentschel et al., a.a.O. Rz. 1981 m.w.N.).
36d) Allerdings sind im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Verrechnungen von im Zeitablauf für den gleichen Besteuerungszeitraum angefallenen gegenläufigen Gewerbesteuer- bzw. Nebenleistungsbeträgen geboten.
37Denn es kann für eine verfassungsgemäße Besteuerung keinen Unterschied machen, ob die Gewerbesteuer eines Veranlagungszeitraums gleich in zutreffender Höhe festgesetzt wird (z. B. mit 1 Mio €), oder ob sie zunächst unzutreffend hoch (z. B. mit 2,5 Mio €) festgesetzt und anschließend (im Beispielsfall um 1,5 Mio €) herabgesetzt wird. Um das identische Ergebnis (1 Mio € nicht abziehbare Gewerbesteuerlast) zu erhalten, darf notwendigerweise der Herabsetzungsbetrag nicht als Betriebseinnahme erfasst werden.
38Dies hat der Gesetzgeber andeutungsweise erkannt: Obwohl er nach Genese und Wortlaut der Vorschrift primär die (deutlich relevantere) Betriebsausgabenseite regeln wollte, hat er sich in der Gesetzesbegründung auch zur zutreffenden Behandlung von Gewerbesteuererstattungen geäußert: diese sollten spiegelbildlich zur Behandlung der Gewerbesteuerzahlung (kein Abzug) nicht als Betriebseinnahme erfasst werden (vgl. BT-Drs. 16/4841, a.a.O.). Eine Gleichbehandlung der Betriebseinnahmen mit den hinzugerechneten/ nicht berücksichtigten Betriebsausgaben ist nämlich dann geboten, wenn die Betriebseinnahmen auf dem actus contrarius (Gegenakt) des Vorgangs (Akts) beruhen, der zu den nicht abziehbaren Betriebsausgaben geführt hat (vgl. BFH-Urteile vom 04.12.1991 I R 26/91, BStBl II 1992, 686; vom 15.06.2010 VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503). So liegt es seit Einführung des § 4 Abs. 5b EStG bezüglich der Zahlung von Gewerbesteuer und ihrer späteren Erstattung. In gleicher Weise ist innerhalb eines Veranlagungszeitraums bei der späteren Herabsetzung zuvor erhöht festgesetzter Verpätungszuschläge und Zinsen zu verfahren.
39In ähnlicher Weise können darüber hinaus aus Billigkeitsgründen gegenläufige Zinsbeträge in verschiedenen Veranlagunszeiträumen ausnahmsweise zu einer Nichberücksichtigung von Erstattungszinsen führen (vgl. z. B. BMF-Schreiben vom 05.10.2000, BStBl I 2000, 1508 und vom 16.03.2021, BStBl I 2021, 353 sowie AEAO zu § 233 a, Nr. 69.2). Solche Korrekturen sind für 2013 zutreffend erfolgt.
40e) Eine der vorstehend genannten Konstellationen liegt im Streitfall allerdings nicht vor. Darüber hinaus ist für einen allgemeinen actus contrarius Gedanken kein Raum und trägt dieser im Streitfall nicht, weil
41 er eine Ausnahme der Rechtsprechung zur ansonsten vertretenen Position darstellt, dass es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, demzufolge die Erstattung nicht abziehbarer Werbungskosten/Betriebsausgaben nicht zu (Betriebs-) Einnahmen führen könne (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15.02.2012 I B 97/11, BStBl II 2012, 697), und weil
42 Nachzahlungs- und Erstattungszinsen – anders als Steuerzahlung und Steuererstattung – gerade nicht im Verhältnis von Akt und Gegenakt stehen: zwar lassen sich die Erstattungszinsen systematisch durchaus als „Spiegelbild” oder „Gegenstück” der Nachzahlungszinsen begreifen; erhält der Steuerpflichtige Erstattungszinsen, soll damit aber regelmäßig nicht eine vorherige Leistung von Nachzahlungszinsen rückgängig gemacht werden (Thiemann FR 2012, 673, 676). Erstattungszinsen sind nicht dem unmittelbaren Bereich gegenläufiger Steuerzahlungen zugeordnet, vielmehr wollen die Vorschriften zur Gewährung von Erstattungszinsen einen Ausgleich dafür schaffen, dass dem Steuerschuldner aufgrund der überhöhten Steuerzahlungen die Möglichkeit zur Kapitalnutzung entzogen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 15.02.2012, a.a.O.).
43f) Ein anderes Ergebnis folgt schließlich auch nicht aus den Erwägungen des BFH in seinem Urteil vom 15.06.2010 VIII R 33/07, BStBl. II 2011, 503, mit welchem er in ausdrücklicher Abkehr von seiner bis dahin bestehenden Rechtsprechung die Steuerbarkeit von Erstattungszinsen verneinte, soweit sie auf Steuern entfallen, die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind. Der VIII. Senat begründete dies damit, dass der Gesetzgeber die in § 12 Nr. 3 EStG genannten Steuern, d.h. deren Zahlung und Erstattung, dem nichtsteuerbaren Bereich zugeordnet habe und die steuerlichen Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen würden.
44Die Erwägungen des BFH im o.g. Urteil kommen hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil der VIII. Senat dort für die Zuordnung der Erstattungszinsen zum nichtsteuerbaren Bereich maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Privatsphäre abstellt, wohingegen die Klägerin als Personengesellschaft zwar grds. ebenfalls einen Privatbereich haben kann (vgl. z.B. Bodden in: Korn, EStG, § 15 Rz. 466 ff., 137. EL April 2022 m.w.N.), die Gewerbesteuer aber eindeutig der betrieblichen und damit der steuerbaren Sphäre zuzuordnen ist (so auch Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG Kommentar, § 7 Rz. 32; zur parallelen Problematik i.R.d. § 10 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes -- KStG --vgl. BFH-Beschluss vom 15.02.2012 I B 97/11, BStBl II 2012, 697, in welchem der BFH mit eben diesem Begründungsansatz die Steuerbarkeit/-pflicht der Erstattungszinsen zur Körperschaftsteuer bejaht.
45g) Auf die durch das JStG 2010 eingeführte Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG kommt es nach alledem nicht an. Denn nach dem in § 20 Abs. 8 EStG geregelten Subsidiaritätsprinzip sind die Erstattungszinsen vorrangig den Einkünften aus § 15 EStG zuzuordnen und letztere – wie geschehen -- nur nach den hierfür geltenden Gewinnermittlungsvorschriften zu beurteilen (vgl. nur Levedag in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 20 Rz. 256).
463. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
474. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).