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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Rechtmäßigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen.
3Der geschiedene Kläger war im Jahr 2007 als ... selbständig tätig und an einer "Apparategemeinschaft" beteiligt, aus der er ebenfalls Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielte. Darüber hinaus erzielte er Einkünfte aus Kapitalvermögen und Einkünfte aus einer vermieteten Wohnung.
4Mit Bescheid vom 27.4.2007 setzte der Beklagte die vom Kläger jeweils zum 10.3., 10.6., 10.9. und 10.12 zu leistenden Vorauszahlungen für das Jahr 2007 hinsichtlich der Einkommensteuer auf 9.506 Euro, hinsichtlich der römisch-katholischen Kirchensteuer auf 801 Euro und hinsichtlich des Solidaritätszuschlags auf 489 Euro fest. Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Akte des Beklagten befindlichen Vorauszahlungsbescheid vom 27.4.2007 Bezug genommen.
5Im Rahmen der mit Schriftsatz vom 21.9.2007 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 hatte der im Besteuerungsverfahren von der "C Ltd." vertretene Kläger mit Blick auf einen von ihm errechneten Erstattungsüberhang von rund 48.500 Euro für "bis dahin fällige und fällig werdende sonstige Steuern und Abgaben" eine Stundung beantragt. Die Einkommensteuerveranlagung für 2006 wurde mit Bescheid vom 18.12.2007 durchgeführt und führte zu einem Erstattungsüberhang zugunsten des Klägers von rund 60.000 Euro.
6Ausweislich einer Rückstandsaufstellung des Beklagten schuldete der Kläger am 18.10.2007 unter anderem noch Abgaben im Gesamtbetrag von 10.886,42 Euro. Dieser Betrag setzte sich – neben allgemeinen Pfändungsgebühren und Auslagen – aus Säumniszuschlägen zu den am 10.3.2007 fälligen Einkommensteuer- und Solidaritätszuschlagsvorauszahlungen für das erste Quartal 2007 in Höhe von 95 Euro (ESt) bzw. 4,50 Euro (SolZ) sowie aus zum 10.9.2007 fälligen Einkommensteuer-, Kirchensteuer- und Solidaritätszuschlagsvorauszahlungen für das dritte Quartal 2007 in Höhe von 9.277 Euro (ESt), 801 Euro (KiSt) und 489 Euro (SolZ) nebst Säumniszuschlägen (ESt: 187,50 Euro, SolZ: 9 Euro) zusammen.
7Wegen dieser Rückstände pfändete der Beklagte mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 18.10.2007 die Konten des Klägers bei der A AG (nunmehr: D AG) und teilte dem Kläger dies mit Verfügung vom 29.10.2007 mit. In der Folgezeit hob der Beklagte die Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der A AG unter dem 10.12.2007 wieder auf und teilte dies dem Kläger mit. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Erhebungsakten des Beklagten befindlichen Verfügungen vom 18.10.2007, 29.10.2007 und vom 10.12.2007 Bezug genommen.
8Gegen die Pfändungsmaßnahme vom 18.10.2007 hat der Kläger mit Schreiben vom 2.11.2007 Einspruch eingelegt, über den der Beklagte bisher nicht entschieden hat.
9Mit einer weiteren Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 20.11.2007 pfändete der Beklagte wegen der oben genannten Rückstände – wobei sich der wegen Einkommensteuer 3. Quartal 2007 offene Restbetrag nunmehr nur noch auf 7.170,42 Euro belief – alle Ansprüche des Klägers aus Bausparverträgen bei der E Bauspar AG und teilte dies dem Kläger mit Verfügung vom 26.11.2007 mit. Die E Bauspar AG teilte dem Beklagten bereits unter dem 21.11.2007 mit, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht mehr berücksichtigt werden könne, da das Bausparguthaben und das Bauspardarlehen bereits ausgezahlt seien. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Erhebungsakten des Beklagten befindlichen Verfügungen vom 20.11.2007 und vom 26.11.2007 sowie die Mitteilung der E Bauspar AG vom 21.11.2007 Bezug genommen.
10Mit Verfügung vom 12.11.2007 beantragte der Beklagte wegen der oben genannten Rückstände – der wegen Einkommensteuer 3. Quartal 2007 offene Restbetrag belief sich nur noch auf 7.170,42 Euro – beim AG F die Eintragung einer Sicherungshypothek auf einem Grundstück des Klägers und teilte dies dem Kläger mit Verfügung vom 20.11.2007 mit. Die Sicherungshypothek wurde am 14.11.2007 im Grundbuch eingetragen und nach einer entsprechenden Löschungsbewilligung des Beklagten am 10.1.2008 wieder gelöscht. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Erhebungsakten des Beklagten befindlichen Verfügungen vom 12.11.2007 und vom 10.12.2007 sowie die entsprechenden Grundbuchauszüge Bezug genommen.
11Mit Verfügungen vom 16.11.2007 und vom 23.11.2007 forderte der Beklagte den Kläger wegen der oben genannten Rückstände – der wegen Einkommensteuer 3. Quartal 2007 offene Restbetrag belief sich nur noch auf 7.170,42 Euro – darüber hinaus zur unverzüglichen Zahlung auf. Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Erhebungsakte des Beklagten befindlichen Zahlungsaufforderungen vom 16.11.2007 und vom 23.11.2007 Bezug genommen.
12Mit seiner am 3.12.2007 durch die "C Ltd." erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber der A AG und der B-Bausparkasse AG sowie die Aufhebung der Eintragung der Sicherungshypothek. Darüber hinaus macht er geltend, dass der Beklagte weitere Vollstreckungsmaßnahmen unterlassen solle. Zudem begehrt er die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen und Nebenabgaben ab dem Jahr 2007 auf 0 Euro und eine Stundung der fällig werdenden Beträge bis zum Abschluss der für das Jahr 2006 durchzuführenden Einkommensteuerveranlagung.
13Zur Begründung trägt er vor, dass die Klage "in jedem Punkt zulässig" sei. Gegen die Kontenpfändung bei der A AG sei sie als Untätigkeitsklage zulässig, da der Beklagte aus "Ignoranz und durchscheinender Willkür" bisher nicht über den hiergegen eingelegten Einspruch entschieden habe. Hinsichtlich der weiteren Vollstreckungsmaßnahmen ergebe sich die Zulässigkeit auch ohne die Durchführung eines Vorverfahrens aus § 45 FGO, wobei der Beklagte dieser Sprungklage allerdings zustimmen müsse. Die auf die Unterlassung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen und die Stundung sowie die Herabsetzung der Vorauszahlungen gerichtete Verpflichtungsklage sei ebenfalls zulässig; insbesondere sei diesbezüglich eine Beschwer aufgrund der zu erduldenden Vollstreckungsmaßnahmen gegeben. Der auf die Stundung der Steuerzahlungen gerichtete Antrag sei im Wege der Auslegung bereits mit Blick auf die vom Beklagten vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen als abgelehnt anzusehen; daher sei auch insoweit eine Sprungklage zulässig. Die Klage sei insgesamt auch begründet. Denn ihm – dem Kläger – stünden aus der Einkommensteuerveranlagung 2006 Erstattungsansprüche von rund 48.500 Euro zu. Wann dieser Erstattungsanspruch realisiert werde, liege alleine in der Sphäre des Beklagten. Vor diesem Hintergrund bestehe ein Anspruch auf Stundung nach § 222 AO. Die Untätigkeit des Beklagten mache jede Vollstreckung unbillig. Er – der Kläger – habe einen Anspruch auf Anpassung der Vorauszahlungen; dem stehe nicht entgegen, dass die Veranlagung für 2006 noch nicht durchgeführt sei. Die Untätigkeit des Beklagten sei durch eine erkennbare Willkür geprägt. Aus § 258 AO folge auch, dass weitere Vollstreckungsmaßnahmen untersagt werden müssten. Daher sei der Klage in jedem Punkt stattzugeben.
14Mit einem am 18.3.2011 eingegangenen Schriftsatz führt der Kläger ergänzend aus, dass sich der gesamte Geschehensablauf im Nachhinein "in einem anderen Licht" – nämlich als "Bestandteil einer koordinierten, rechtswidrigen Aktion" – darstelle, bei der "Mittel der Besteuerung zu anderen Zwecken missbraucht" worden seien und "das Recht gebeugt" worden sei.
15Es sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Jahr 2007 bei ihm – dem Kläger – eine Betriebsprüfung angeordnet habe. Hiergegen sei er – der Kläger – gerichtlich vorgegangen, habe jedoch in dem beim Finanzgericht Köln unter dem Aktenzeichen 7 K 4391/07 geführten Verfahren nicht obsiegen können. Dies sei nur deshalb der Fall gewesen, weil das Gericht den seinerzeitigen Beweisanträgen nicht gefolgt sei. Mittlerweile stehe aber fest, dass sich die zu beweisenden Tatsachen auch erwiesen hätten. Allerdings sei diese Erkenntnis zu spät gekommen. Gerade wegen der Veranlagungsjahre 2005 bis 2007 habe der Beklagte die von ihm – dem Kläger – beauftragte "C Ltd." zurückgewiesen und ein Bußgeld angekündigt. Dies sei am 23.04.2010 geschehen. Diese Angelegenheit sei zwischen den Beteiligten noch streitig; allerdings habe er – der Kläger – unmissverständlich klargemacht, dass er diesem Verlangen des Beklagten nicht nachkommen werde. Aus diesem Grund seien die "rüden Vollstreckungsmaßnahmen" des Beklagten als Druckmittel erfolgt. Darüber hinaus sei er – der Kläger – am 13.07.2010 von der Steuerfahndung "überfallen und durchsucht" worden; vorgeblich wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung für die Jahre 2006 bis 2008. Ihm sei "alles weggenommen" worden. Auch die Räume der Directoren der "C Ltd." seien in Deutschland durchsucht worden. Ein Zugriff auf die Praxisräume in den Niederlanden habe hingegen nicht bestanden. Schon während der Durchsuchung habe er – der Kläger – den Eindruck gewonnen, dass es gar nicht um seine Steuern für die Jahre 2006 bis 2008 gehe, sondern vielmehr um die Beauftragung der "C Ltd.". Wäre er bei dem vorher für ihn tätigen Steuerberater geblieben, so wäre das Ganze nicht passiert. Würde er sich von "C Ltd." trennen, würde sich auch alles zum Guten wenden.
16Nach dieser Aktion habe sich dieser Eindruck bestätigt. Denn an diesem Tag seien "rund 200 Steuerfahnder in 3 Bundesländern unterwegs" gewesen und hätten "an ca. 40 Orten Mandanten dieser Gesellschaft" durchsucht. Dabei habe man den verschiedenen Mandanten klar und unverblümt mitgeteilt, dass sie diese Vorgehensweise nur erdulden müssten, weil sie die "C Ltd." beauftragt hätten; würden sie sich hiervon lösen, wäre "der Spuk" sofort vorbei. Aber auch dieser Aktionismus habe dem Beklagten nicht zu dem gewünschten Erfolg verholfen. Er – der Kläger – sei bei der "C Ltd." geblieben, weswegen dann zeitgenau und folgerichtig der Beklagte im November/Dezember 2010 wieder "die alte Prüfung aus dem Hut gezaubert" habe, um Druck auf ihn – den Kläger – auszuüben. Da dies nicht gelungen sei, habe der Beklagte – logisch und schlüssig – weiteren Druck durch einen "Prüfbericht" und einen "Änderungsbescheid" aufgebaut, wobei sich das "Prüfungsergebnis" nur auf das Jahr beziehe, das von der "C Ltd." bearbeitet worden sei, nicht aber auf die beiden Jahre, die von dem – vom Beklagten empfohlenen – Vorberaterbüro bearbeitet worden seien. Gegen diesen Bescheid sei am 16.02.2011 Klage erhoben worden, die derzeit noch beim Finanzgericht Köln unter dem Az.: 9 K 562/11 anhängig sei.
17Vor diesem Hintergrund sei die vorliegende Klage auch als Nichtigkeitsklage zulässig. Im Übrigen sei sie "gegebenenfalls" auch als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, wenn das Gericht die Nichtigkeit der Bescheide verneinen sollte. Aus dem Gesamtsachverhalt heraus seien die angefochtenen Bescheide jedenfalls rechtswidrig. In beiden denkbaren Fällen sei auch die Voraussetzung des Feststellungsinteresses gegeben. Er – der Kläger – erleide nunmehr seit Jahren "extreme rechtswidrige Angriffe aus sachfremden Gründen". Er habe ein berechtigtes Interesse daran, diesen "rechtswidrigen Druck" zu beseitigen. Die Feststellung der Nichtigkeit – gegebenenfalls der Rechtswidrigkeit – sei das "adäquate Mittel", um "weitere missbräuchliche Übergriffe" des Beklagten zu vermeiden. Zudem sei diese Feststellung Grundlage zur Schadensersatzforderung nach Amtshaftungsgrundsätzen. Ein Schaden sei ihm "zumindest durch die aufgezwungenen Prozessführungen mindestens in Höhe von rund 10.000 €" entstanden.
18Die Klage sei auch begründet. Denn nach § 125 Abs. 2 Nr. 4 AO sei ein Verwaltungsakt kraft Gesetzes nichtig, wenn er sittenwidrig sei. Die Frage der Sittenwidrigkeit entscheide sich nach den Bestimmungen des BGB. Ein solcher Bescheid sei gemäß § 124 Abs. 3 AO unwirksam. Werde ein Bescheid außerhalb des gesetzlichen Zwecks erlassen und würden also Mittel der Besteuerung zu anderen Zwecken – sogar zu ehrenrührigen Zwecken – missbraucht, sei das eindeutig sittenwidrig. Dass eine solche Fallgestaltung vorliegend gegeben sei, werde anhand der beantragten Beweiserhebung eindeutig nachgewiesen. Zudem erfülle der Druck, den der Beklagte – auch und gerade mit den Vollstreckungsmaßnahmen – ausübe, den Tatbestand der Nötigung, was eindeutig eine Straftat darstelle. Eine Straftat sei immer sittenwidrig. Diese Sittenwidrigkeit schlage auch auf die "Tatwerkzeuge" – mithin den angefochtenen Bescheid – durch, der schließlich das "Werkzeug zur Nötigung" sei. Bildlich gesprochen stelle sich das Ganze so dar: Wenn jemand einen anderen mit einem Hammer bedrohe, mit dem er zuschlagen werde, wenn der andere ihm nicht gefügig sei, so werde der Hammer vom legalen Werkzeug zur illegalen Waffe. Die Öffentlichkeit werde seit Monaten in einem ähnlichen Verfahren strapaziert, "in dem ein Küchenmesser so mutiert" sei. Ebenso stelle jeder andere Verwaltungsakt in diesem Zusammenhang eine "Waffe" dar; insbesondere auch die Zurückweisung der "C Ltd." mit der Bußgeldandrohung. Das sei "eindeutig eine Verletzung des Art. 56 AEUV". Unterstelle man, dass der vorliegende Sachverhalt nicht zur Nichtigkeit führe, mache er die Vollstreckungsmaßnahmen jedenfalls rechtswidrig. Es liege dann eine Willkür vor, die auf dem Boden der deutschen Gesetze keinen Bestand haben dürfe (vgl. BFH I R 50/00 vom 20.12.2000, IV R 34/90; vom 01.10.1992, III B 5/89 vom 14.04.1989; FG Baden-Württemberg XII K 227/86 vom 23.09.1987; FG Brandenburg 3 K 967/96 E vom 09.12.1997). Im Übrigen würden sich der Sachverhalt und die Wertungen vollumfänglich erweisen, wenn den Beweisanträgen gefolgt werde. Dabei mögen die "angebotenen Beweise" auf den ersten Blick als ungewöhnlich angesehen werden. Sie seien aber jedenfalls zulässig und auch aus wissenschaftlicher Sicht erforderlich.
19Dabei sei Folgendes zu berücksichtigen: Um das Gesamtgeschehen nach Art, Umfang und Qualität zu werten und zu beurteilen sei die Forensik das wissenschaftlich exakte Mittel. In der Forensik würden Arbeitsgebiete zusammengefasst, in denen (kriminelle) Handlungen systematisch identifiziert bzw. ausgeschlossen sowie analysiert oder rekonstruiert würden. Wesentlicher Kernbereich der Forensik sei die Glaubwürdigkeitslehre, in Bezug auf die Glaubwürdigkeit von Personen sowie der Glaubhaftigkeit von Sachverhalten, mittels Verhaltensanalyse sowie Aussageanalyse, beurteilt nach den inhaltlichen Realitätskriterien, strukturellen Kriterien, Wiederholungskriterien, Lügensignalen. Derartige forensische Untersuchungen seien auch nicht Neues oder Exotisches oder gar Utopisches; es handele sich um wissenschaftlich fundierte Methoden, Techniken und Verfahren, die sogar schon in den Nürnberger Prozessen in Form des sog. Rorschachtests entscheidungserheblich eingesetzt worden seien. Forensische Gutachten seien auch in der Nachkriegs-Rechtspraxis bis zum jetzigen Zeitpunkt eingefahrene Mittel, die der Tatrichter jedenfalls auf fundierten Antrag, gegebenenfalls sogar von Amts wegen, einzusetzen habe. Dies ergebe sich etwa aus den BGH-Entscheidungen vom 11.09.2002 1 StR 171/02 und vom 30.07.1999 1 StR 618/98. Einem fundierten Antrag nicht zu folgen, stelle dabei einen Revisionsgrund dar. Ganz aktuell sehe man dies im "Kachelmann-Verfahren". Jedenfalls im Interesse von "sogenannten Prominenten" komme dieses Beweismittel selbstverständlich zum Einsatz. Allgemein in der Literatur erfolgten diese Untersuchungen in Bezug auf den Angeklagten und die Straftat sowie auf Zeugen und deren Aussagen. Im konkreten Fall sei es sachlich unmöglich, diesen losgelöst vom dazu führenden komplexen Gesamtverfahren zu beurteilen, weder sachlich objektiv noch persönlich subjektiv noch rechtlich unter allen gegebenen und möglichen Gesichtspunkten. Dass der Gesamtkomplex ein einheitliches und sich entwickelndes Geschehen sei, werde der Forensiker an den sogenannten Glattheitssymptomen der Handlungsabläufe, den einheitlichen Zielsymptomen und deren konsequenter Verfolgung, sowie den sogenannten Strukturbruchsignalen erkennen, etwa dort, wo sich eingesetzte (steuerliche) Instrumentarien nicht mehr mit den gewollten Zielen vereinbaren lassen.
20Darüber hinaus komme auch der Sozialpsychologie eine bedeutende Rolle zu. Denn diese biete wesentliche wissenschaftliche Grundlagen der forensischen und kriminologischen Ermittlungen und Erkenntnisse. Im Gegensatz zu anderen psychologischen Disziplinen, die das Verhalten und Erleben des Einzelnen als Forschungsgegenstand hätten, beschreibe und erkläre die Sozialpsychologie die Interaktionen zwischen Individuen und Gruppen von Individuen sowie die Ursache und Wirkung dieser Interaktionen. Für das Geschehen im vorliegenden Fall seien vorrangig die Bereiche und die Erkenntnisse daraus der kognitiven Dissonanz sowie der Konformität, die im Folgenden kurz dargestellt würden, von Bedeutung. Von kognitiver Dissonanz spreche man unter anderem, wenn man sich konträr zu seinen Überzeugungen verhalte, ohne dass es dafür eine externe Rechtfertigung gebe. Das Verhalten werde als erzwungen dargestellt ("Ich musste so handeln."). Der sozialpsychologischen Betrachtung unterliege hier die Auflösung der Dissonanz mit Blick auf die Fragestellung, wie Einzelne und/oder Gruppen den in der Dissonanz liegenden Konflikt lösen. Entweder werde das Verhalten geändert, so dass es zur Überzeugung passe, oder die Überzeugung werde geändert, so dass sie zum Verhalten passe, oder weitere Überlegungen würden als Rechtfertigung herangezogen. Solche Auflösungsstrategien bezeichne die Wissenschaft als "Selbstbestätigungstheorie" (self-affirmation theory, C.M. Steele); die Kriminologie bezeichne sie als "Neutralisierung" (Strategien, mit denen Täter ihre Verbrechen rechtfertigen). Mechanismen und Folgen seien auch aus der Sektenforschung bekannt; insbesondere dort, wo Prophezeiungen (Weltuntergang, neue Sintflut, Überfall von Ufos etc. etc.) sich nicht erfüllten, komme es bei den Sektenmitgliedern zu einem Konflikt, einer kognitiven Dissonanz, zwischen der Erwartung und der Erfahrung in der Wirklichkeit. Zur Auflösung dieser Dissonanz gebe es zwei Möglichkeiten: die Änderung der eigenen Meinung oder der Meinung aller anderen. Typisch für Sekten sei die Auflösung der Dissonanz in der Weise, dass man versuche, die Meinung aller anderen zu ändern, letztlich also die Erfahrung der Wirklichkeit den Erwartungen anzupassen.
21Diese Erkenntnisse seien schon 1957 von Festinger beschrieben worden (A Theory of Cognitive Dissonance), auch mit der "Seeking-an-Avoiding-Hypothese". Danach würden Menschen versuchen, dissonante Informationen zu vermeiden. Sie würden dazu neigen, einmal getroffene Entscheidungen beizubehalten und zu rechtfertigen (Bestätigungsfehler) und alle Informationen zu verwerfen, die zur getroffenen Entscheidung in Widerspruch stünden. Erst wenn die durch die bestehende Dissonanz erzeugte Spannung zu groß werde, also die individuelle Toleranzschwelle überschreite, ändere das Individuum die getroffene Entscheidung, um so Entscheidung und Erfahrung wieder in Konsonanz zu bringen. Neben der Festinger-Theorie gebe es weitere sog. Konsistenztheorien, so etwa die Balancetheorie nach Heider, deren Weiterentwicklung nach Newcomb sowie die Kongruitätstheorie nach Osgood/Tannenbaum. Sie beruhten aber alle auf den gleichen Grundannahmen, dem Konsonanzmodell. Die entstandene, komplexe Vorstellung des Menschen, seine "kognitive Landkarte", strebe nach Konsonanz. Entsprechend erfolge die Aufnahme von Informationen selektiv. Konsonante Informationen, die also in die kognitive Landkarte passten, würden ausgewählt, verarbeitet und erinnert; inkongruente, dissonante Informationen hingegen würden gemieden, ignoriert, vergessen und/oder kongruent umgedeutet, um Widersprüche zu vermeiden. Die Konsequenzen gingen bis hin zur sog. Opfer-Abwertung und Entmenschlichung. Dass – zumal wehrlose – Opfer von den Tätern abgewertet würden, sei ein universelles Phänomen, das mit Dissonanzreduktion erklärbar sei. Man erkenne das z.B. an den Opfern des Holocausts ("Untermenschen"), zivilen Kriegsopfern ("Pollacken, Froschfresser, Inselaffen"), Opfern häuslicher Gewalt ("Schlampen, Balgen"), Opfern von Rassenhass ("Kanacken"), Opfern von Diskriminierung aus Tradition ("Es sind doch nur Frauen/Sklaven/Tiere"). Vergewaltigungsopfer würden oft abgewertet, indem nach Scheinrechtfertigungen in ihrem Verhalten oder Erscheinungsbild gesucht werde. Diese Abwertungen träten nicht auf, hätten die Opfer – für die Täter erkennbar – Möglichkeiten zur Gegenwehr oder gar Vergeltung. Dissonanzreduziertes Verhalten sei ego-defensiv. Indem man kognitive Dissonanzen reduziere, bewahre man sich ein positives Bild von sich selbst. Informationen würden nicht objektiv verarbeitet, sondern so verzerrt, dass sie zu den vorgefassten Meinungen passten. Konformität sei die Einstellungs- und Verhaltensänderung einer Person aufgrund des wirklichen oder vermeintlichen Drucks, der durch einen Einzelnen oder eine Gruppe ausgeübt werde. Mechanismen, die hier wirkten, seien sehr anschaulich dem Wahrnehmungsexperimenten von Solomon Asch zu entnehmen. Konformität könne auch zu Gruppenzwang und Gruppendruck führen; Konformitätsdruck bestimme die persönliche Urteilsbildung und sei damit wesentlicher Faktor bei der Dissonanzauflösung (vgl. kognitive Dissonanz). Es gebe grundsätzlich zwei Gründe dafür, dass Menschen sich konform verhalten; zum einen könne das Verhalten anderer davon überzeugen, dass die ursprüngliche Einschätzung falsch gewesen sei; zum anderen sollten Strafen (wie Ablehnung, Spott, berufliche Nachteile etc.) vermieden und Belohnungen (etwa Akzeptanz, Anerkennung etc.) von der Gruppe erhalten werden – Belohnung und Strafe versus Information. Konformität habe erheblichen Einfluss in allen Bereichen, auf die Emotionen, auf Leben und Tod und auch auf den sozialen Bereich. Im sozialen Bereich unterscheide man zwischen drei Arten von Reaktionen:
22Die Compliance beschreibe das Verhältnis einer Person, die von dem Wunsch motiviert werde, eine Belohnung zu erhalten oder eine Strafe zu vermeiden. Hauptkomponente sei die Macht, die Macht des Einflussnehmenden, für Compliance Belohnung und für Noncompliance Strafe auszuteilen.
23Unter der Identifikation verstehe man Reaktionen auf den sozialen Einfluss, ausgelöst durch den Wunsch, von der einflussnehmenden Person (oder Gruppe) gemocht zu werden; man schließe sich Meinungen und Werten an, selbst wenn diese Überzeugung nicht sehr stark sei oder ganz fehle. Hauptkomponente hier sei die Attraktivität der Person oder Gruppe, mit der man sich identifiziere.
24Bei der Internalisierung eines Wertes oder einer Überzeugung handele es sich um die tiefgreifenste Reaktion auf den sozialen Einfluss. Die Motivation dafür, dass man eine spezifische Überzeugung internalisiere, sei der Wunsch, das Richtige zu tun. Die Belohnung für eine internalisierte Überzeugung sei also intrinsischer Natur. Hauptkomponente hier sei die Glaubwürdigkeit der Person oder Gruppe, die eine Information vermittle.
25Jedes spezifische Verhalten könne auf Compliance, Identifikation oder Internalisierung beruhen. Autoritätsgehorsam sei eine stark verbreitete Form der Compliance, wie z.B. die Studien von Stanly Milgram auf sogar dramatische Weise bestätigten (Versuche am Schockgenerator). Das Individuum empfinde keine individuell eindeutige Verantwortung mehr; es bestehe das Gefühl, ein "gemeinsames Schicksal" zu haben. Dieser Autoritätsgehorsam bezeichne und bewirke Konformität nicht nur zwischen Personen oder Personen zu Institutionen, sondern auch – und wesentlich – zwischen den Institutionen. Zusammenfassend werde der forensische Sachverständige daher im vorliegenden Verfahren feststellen, dass hier ein einheitlicher auf Konformitätsmechanismen beruhender Prozess gegeben sei, der systemisch und systematisch kognitive Dissonanzen ausgelöst habe, deren Auflösungen wiederum und gleichermaßen konform erfolgt sei und noch erfolge, internalisiert und entmenschlicht bis hin zur Verwirklichung sog. "weißer Folter" im Sinn des Art. 3 EMRK in Verbindung mit Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter. Bis auf ein paar "führende Köpfe", die die Zielrichtung vorgäben, erledigten alle "ihre Pflicht, egal um welchen Preis, selbst um den der Existenzvernichtung und schwerer gesundheitlicher Schäden".
26Bei den "führenden Köpfen" im vorgenannten Sinne, also den Herren G, H, K, werde der Gutachter "eindeutig Symptome mit absolutem psychischen Krankheitswert" feststellen, die er dann nach weiteren Untersuchungen eindeutig Krankheitsbildern zuordnen werde, wie sie in der ICD-10 beschrieben sind; dort unter "psychische Störungen und Verhaltensstörungen".
27Abschließend werde das Übergehen von Beweisantritten, die Nichtzuziehung von Akten sowie die Nichtgewährung von Akteneinsicht nach erfolgter Zuziehung ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt. Diese Rüge gelte als erhoben, auch wenn sie im Lauf des weiteren Verfahrens, insbesondere einer mündlichen Verhandlung, nicht ausdrücklich wiederholt werde.
28In einem weiteren Schriftsatz vom 18.3.2011 kündigt der Kläger an, dass er an der mündlichen Verhandlung am 21.3.2011 nicht teilnehmen werde. Denn in der Sache erfordere die "neue prozessuale Situation" objektiv eine Vertagung, zumindest die Anhörung des Beklagten dazu, ob er den neuen Vortrag bestreiten wolle oder nicht; letzteres sei ein prozessuales Zugeständnis, ersteres erfordere weiteren Vortrag und Beweisanerbieten. Dies nicht zu tun könne – da ohne Beweiserhebung der zu beweisende Vortrag zu unterstellen sei – nur eine Entscheidung zugunsten des Klägers bewirken; ansonsten müsse eben Beweis erhoben werden. Hierfür sei die Teilnahme am Termin nicht erforderlich. Sei eine Abweisung der Klage vorgesehen bzw. beabsichtigt, könne daran auch eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nichts ändern; sie würde dem Ganzen allenfalls den Anschein eines ordentlichen Verfahrens geben.
29Der Kläger beantragt in der Sache,
30weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu unterlassen,
32die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und Nebenabgaben ab 2007 auf 0 Euro festzusetzen,
33fällige sowie fällig werdende Beträge bis zu einer Gesamthöhe von 48.426,22 Euro bis zum Abschluss der Einkommensteuerveranlagung 2006 zu stunden,
345. im Unterliegensfall die Revision zuzulassen,
366. zum Verfahren: ...
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Zur Begründung verweist er darauf, dass die den Vollstreckungsmaßnahmen zugrunde liegenden Steuerrückstände – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – zwischenzeitlich getilgt und die Vollstreckungsmaßnahmen demzufolge eingestellt worden seien. Den Sprungklagen werde zudem nicht zugestimmt. Im Übrigen seien die ohne Vorverfahren erhobenen Verpflichtungsklagen unzulässig. Über den Antrag auf Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen werde in einem gesonderten Verfahren entschieden; dem Stundungsantrag sei – was vom Kläger nicht bestritten wird – mit Verfügung vom 18.12.2007 entsprochen worden.
40Der Kläger wurde vom Berichterstatter mit Schreiben vom 10.6.2009 darauf hingewiesen, dass das Gericht beabsichtige, die "C Ltd." als Prozessbevollmächtigte nach § 62 Abs. 3 FGO zurückzuweisen. In diesem Zusammenhang wurde nachgefragt, ob der Kläger nach einer solchen Zurückweisung künftig einen anderen Prozessbevollmächtigten benennen oder sich selbst vertreten wolle. Darüber hinaus wurde der Kläger auf die Möglichkeit zur Akteneinsichtnahme hingewiesen. Für nähere Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 10.6.2009 (Bl. 43 f. d. A.) Bezug genommen. Eine Antwort des Klägers blieb aus; die Möglichkeit zur Akteneinsicht wurde nicht wahrgenommen. Der Senat hat die "C Ltd." mit Beschluss vom 31.8.2009, auf den für nähere Einzelheiten Bezug genommen wird, nach § 62 Abs. 3 FGO zurückgewiesen (vgl. Bl. 50 ff. d.A.).
41Entscheidungsgründe:
421.
43Der Senat entscheidet in der Sache, ohne den Termin der mündlichen Verhandlung zu vertagen bzw. zu verlegen. Die Voraussetzungen für eine Vertagung bzw. Verlegung nach § 155 FGO in Verbindung mit § 227 ZPO sind nicht gegeben.
44Nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder vertagt werden. Ein Anspruch auf Terminsverlegung bzw. Vertagung besteht nach § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO unter anderem nicht, wenn ein Verfahrensbeteiligter ankündigt, zum Termin der mündlichen Verhandlung nicht zu erscheinen und das Gericht nicht dafür hält, dass der Beteiligte ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich mitgeteilt, dass er nicht am Termin teilnehmen werde, weil er dies nicht für erforderlich halte bzw. er dem Verfahren durch seine Teilnahme nicht den "Anschein der Ordnungsmäßigkeit" geben wolle. Dies rechtfertigt eine Verlegung bzw. Vertagung des Termins ebenso wenig, wie die Bestellung der neuen Prozessbevollmächtigten erst drei Tage vor dem Termin. Denn der Wechsel bzw. die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung stellt nur dann einen Grund zur Terminänderung dar, wenn es sich um eine in tatsächlicher oder rechtlicher Sicht schwierige Sache handelt, der Wechsel kurz vor der mündlichen Verhandlung stattfindet und vom Kläger nicht verschuldet wird oder er zumindest aus schutzwürdigen Gründen erfolgt (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 2008 V B 72/06, BFH/NV 2008, 812). Vorliegend wurde dem Kläger die Ladung zu der am 21. März 2011 stattfindenden mündlichen Verhandlung am 1. März 2011 per Postzustellungsurkunde zugestellt. Er hätte deshalb die Möglichkeit gehabt, einen neuen Prozessbevollmächtigten so rechtzeitig zu bestellen, dass dieser hinreichend Zeit für die Einarbeitung in den Sach- und Rechtsstand gehabt hätte. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass das Gericht bereits im Zusammenhang mit der Zurückweisung der "C Ltd." mit Verfügung vom 17. Juni 2009 erfolglos beim Kläger angefragt hatte, ob er künftig einen neuen Prozessbevollmächtigten bestellen wolle. Schutzwürdige Gründe, weshalb die neuen Prozessbevollmächtigten erst drei Tage vor der mündlichen Verhandlung bestellt wurden, hat der Kläger nicht dargelegt. Darüber hinaus hat der Kläger von einer ihm angebotenen Einsicht in die Verfahrensakten keinen Gebrauch gemacht (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.). Denn sowohl dem Kläger als auch seiner damaligen Prozessbevollmächtigten wurde die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die den Kläger und das vorliegende Verfahren betreffenden Akten bereits in der Verfügung vom 17.6.2009 angeboten. Auf diese Verfügung und die darin ermöglichte Akteneinsicht wurde zudem nochmals im Beschluss vom 31.8.2009 ausdrücklich Bezug genommen. Hierauf ist keine Reaktion erfolgt und keine Akteneinsicht genommen worden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 21. März 2011 eine Einsichtnahme in die Akten hätte erfolgen können, wenn die Klägerseite – entgegen ihrer ausdrücklichen Ankündigung, nicht erscheinen zu wollen – zum Termin erschienen wäre. Anhaltspunkte für eine fortdauernde Unmöglichkeit der Akteneinsichtnahme aus von der Klägerseite nicht zu vertretenden Gründen sind – ebenso wenig wie andere Gründe, die eine Terminsverlegung bzw. Vertagung rechtfertigen könnten – weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Verlegung bzw. Vertagung des Termins kam vor diesem Hintergrund nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.; vom 30. Januar 1997 I B 79/96, BFH/NV 1997, 671 und vom 30. November 1992 X B 18/92, BFH/NV 1993, 732).
45Die Klägerseite kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen. Denn trotz der vom Senat ausdrücklich angebotenen Möglichkeit zur Akteneinsichtnahme hat die Klägerseite nicht alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.; vom 29. Oktober 2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566 und vom 22. Dezember 2003 VII B 35/03, BFH/NV 2004, 652; BFH-Urteil vom 27. Juni 2006 VII R 34/05, BFH/NV 2006, 2024). Die Klägerseite hat vielmehr im Schriftsatz vom 18. März 2011 ausdrücklich und ohne eine die Verlegung des Termins rechtfertigende Begründung angekündigt, zum Termin nicht erscheinen zu wollen. Damit hat sie bewusst an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen, obwohl ihr aufgrund der vorherigen Mitteilungen über die Möglichkeit zur Akteneinsicht bekannt war, dass die den Kläger und das vorliegende Verfahren betreffenden Akten beim Gericht vorliegen und zumindest im Termin hätten eingesehen werden können.
462.
47Die Klage ist unzulässig.
48a)
49Die Klage ist hinsichtlich der gegenüber der A AG vorgenommenen Kontenpfändung als Untätigkeitsklage im Sinne des § 46 FGO unzulässig. Denn insoweit fehlt es jedenfalls an einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, da die Pfändungsmaßnahme vom Beklagten am 10.12.2007 wieder aufgehoben wurde und sich damit erledigt hatte. Denn mit der Aufhebung der Pfändungsmaßnahme ist nach Rechtshängigkeit der Klage ein Ereignis eingetreten, das die mit Blick auf die angefochtene Pfändungsmaßnahme im Streit befindlichen Sachfragen gegenstandslos macht (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1992 VI B 105/91, BFHE 169, 20; BStBl. II 1993, 57 und vom 9. September 1999 VII B 266/98, Juris; Ratschow, in: Gräber, FGO, 7. Auflage 2010, § 138 Rn 75). Im Übrigen kann der Kläger vor diesem Hintergrund auch keine Beschwer im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO mehr geltend machen.
50Eine Erledigungserklärung hat der Kläger trotz zweifachem Hinweis des Berichterstatters nicht abgegeben. Der zu einer Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 2 Satz 1 letzter Fall FGO führende Eintritt einer Erledigung kraft Gesetzes gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz FGO kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren; insbesondere wurde die Pfändungsmaßnahme vom Beklagten nicht innerhalb einer vom Gericht hierfür gesetzten Frist aufgehoben.
51b)
52Hinsichtlich der Pfändungsmaßnahme gegenüber der B-Bausparkasse AG, der Eintragung der Sicherungshypothek sowie der beantragten Stundung ist die Klage jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Beklagte der vom Kläger insoweit beantragten Sprungklage im Sinne des § 45 FGO nicht zugestimmt hat. Da die Sprungklage mangels Zustimmung des Beklagten gescheitert ist, liegt gemäß § 45 Abs. 3 FGO ein außergerichtlicher Rechtsbehelf vor. Beharrt der Steuerpflichtige in dieser Konstellation trotz der verweigerten Zustimmung des Beklagten dennoch weiterhin auf einer gerichtlichen Entscheidung, so verfolgt er nach dem Scheitern der Sprungklage ein neues und unstatthaftes Klagebegehren, das durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen ist (vgl. nur BFH-Beschluss vom 6. Dezember 2002 IV B 144/01, BFH/NV 2003, 629 m.w.N.).
53c)
54Die Klage ist hinsichtlich der geltend gemachten Anpassung der Vorauszahlungen als Verpflichtungsklage mangels Durchführung eines Vorverfahrens ebenfalls unzulässig. Die auf den Erlass eines Verwaltungsaktes (Herabsetzung der Vorauszahlungen durch einen geänderten Vorauszahlungsbescheid für den Veranlagungszeitraum 2007) gerichtete Klage erfordert als Verpflichtungsklage die Durchführung eines Vorverfahrens nach § 44 FGO. Ein solches Vorverfahren hat der Kläger nicht durchgeführt; die Voraussetzungen des § 45 FGO sind offenkundig nicht gegeben, zumal es jedenfalls auch insoweit an einer Zustimmung des Beklagten mangelt.
55d)
56Hinsichtlich des begehrten Unterlassens weiterer Vollstreckungsmaßnahmen ist die Klage als vorbeugende Unterlassungsklage ebenfalls unzulässig. Eine vorbeugende Unterlassungsklage – die auch auf das Unterlassen eines (künftigen) Handelns der Behörde durch Verwaltungsakt gerichtet sein kann (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rn 28; von Beckerath, in: Beermann/Gosch, AO/FGO, § 40 FGO Rn 126) – ist ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn vom Kläger substantiiert und in sich schlüssig dargelegt wird, dass er durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in seinen Rechten verletzt werde, und dass ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung für ihn unzumutbar sei, weil die Rechtsverletzung nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachen wäre (vgl. BFH-Urteile vom 8. April 2008 VIII R 61/06, BFHE 220, 313; BStBl. II 2009, 579 und vom 27. Oktober 1993 I R 25/92, BFHE 172, 488; BStBl. II 1994, 210 m.w.N.; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rn 28; von Beckerath, in: Beermann/Gosch, AO/FGO, § 40 Rn 126).
57Diesen Anforderungen entspricht der Vortrag des Klägers nicht. Unabhängig davon, dass der Kläger ohne eine nähere Konkretisierung ganz allgemein das "Unterlassen von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen" begehrt und für den Senat bereits vor diesem Hintergrund nicht erkennbar ist, welche (künftig zu erwartenden) Maßnahmen im Einzelnen überhaupt gemeint sind, hat der Kläger weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass er durch künftige – bisher nicht manifestierte – Vollstreckungsmaßnahmen in seinen Rechten verletzt würde und ihm ein Abwarten einer etwaig eintretenden Rechtsverletzung – auch im Hinblick darauf, dass er gegen etwaige Vollstreckungsmaßnahmen gesondert vorgehen und zudem Vollstreckungsschutz beantragen könnte – wegen einer nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachenden Rechtsverletzung unzumutbar wäre. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die den bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen zugrunde liegenden Steuerschulden zwischenzeitlich – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – getilgt sind und weitere Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten in dieser Angelegenheit daher nicht mehr zu erwarten sind.
58e)
59Die vom Kläger hinsichtlich der "angefochtenen Verwaltungsakte" geltend gemachte Nichtigkeitsfeststellungsklage im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO ist unzulässig. Die Klage bezieht sich nach Auffassung des Senats angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf die "angefochtenen Verwaltungsakte" nur auf die in Form eines Verwaltungsaktes ergangenen Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten (ausgesprochene Pfändungsmaßnahmen, Eintragungsersuchen betreffend die Sicherungshypothek) und nicht auch auf die Vollstreckungsankündigungen vom 16.11.2007 bzw. 23.11.2007, denen mangels Regelungscharakters keine Verwaltungsaktqualität zukommt (vgl. dazu etwa BFH-Beschluss vom 13. Februar 1997 VII S 35/96, BFH/NV 1997, 462).
60Nach § 41 Abs. 1 FGO kann die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes im Klageweg begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung hat (besonderes Feststellungsinteresse). Ein solches Interesse kann der Kläger vorliegend jedoch nicht geltend machen. Denn zum Einen fehlt es an einem solchen besonderen Feststellungsinteresse, wenn der Verwaltungsakt, dessen Nichtigkeit geltend gemacht wird, von der Behörde – wie vorliegend hinsichtlich der (Konten)Pfändungsmaßnahmen bei der A AG sowie hinsichtlich der Eintragung der Sicherungshypothek – wieder aufgehoben bzw. zurückgenommen wurde (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. September 1999 VII B 279/98, BFH/NV 2000, 324; VII B 266/98, Juris; Steinhauff, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 41 FGO Rn 270).
61Zum Anderen ist ein Interesse des Klägers an der "baldigen" Feststellung im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO nur dann zu bejahen, wenn er ohne eine gerichtliche Feststellung die Gefährdung seiner Rechte besorgen muss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das besondere Feststellungsinteresse bei einem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes zwar grundsätzlich gegeben ist, weil von einem nichtigen Verwaltungsakt der Rechtsschein der Wirksamkeit ausgehen kann und daher die Gefahr besteht, dass sich die Finanzbehörde bei unklarer Rechtslage eines tatsächlich nicht gegebenen Rechtsanspruchs bedienen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 36/06, BFHE 220, 208; BStBl. II 2008, 686).
62Im vorliegenden Fall bestand jedoch – insbesondere auch hinsichtlich der nicht aufgehobenen Pfändungsmaßnahme gegenüber der B-Bausparkasse AG – keine Gefahr der weiteren Vollstreckung bei der B-Bausparkasse AG durch den Beklagten. Der Beklagte hat bereits während des gerichtlichen Verfahrens mit Schreiben vom 16.6.2008 ausdrücklich erklärt, dass die den Vollstreckungsmaßnahmen zugrundeliegenden Steuerschulden getilgt und die Vollstreckungsmaßnahmen demzufolge insgesamt eingestellt worden seien. Die Pfändung bei der B-Bausparkasse AG ging zudem "ins Leere", was dem Beklagten bekannt war. Denn die B-Bausparkasse AG hatte dem Beklagten bereits unmittelbar im Anschluss an die Pfändungsmaßnahme am 21.11.2007 mitgeteilt, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht berücksichtigt werden könne, da das Bausparguthaben und das Bauspardarlehen bereits ausgezahlt worden seien. Der Beklagte hatte in der Folgezeit – bis zur Tilgung der zugrundeliegenden Steuerschulden (siehe oben) – daher auch keine weiteren Vollstreckungsversuche mehr gegenüber der B-Bausparkasse AG unternommen und damit – neben seinem Hinweis vom 16.6.2008 – deutlich gemacht, dass er insoweit auch keine weiteren Vollstreckungsaktivitäten unternehmen werde. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat das nach § 41 Abs. 1 FGO vorausgesetzte berechtigte Interesse an einer "baldigen" Feststellung der Nichtigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen auch mit Blick auf die nicht ausdrücklich aufgehobene Vollstreckung gegenüber der B-Bausparkasse AG nicht erkennen.
63f)
64Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers im Wege der Auslegung, dass er – jedenfalls hilfsweise – hinsichtlich der "angefochtenen Verwaltungsakte" (siehe oben) im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO begehrt. Ein ausdrücklicher Antrag ist hierfür nicht erforderlich (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. Januar 2004 VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797).
65Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unzulässig, weil der Kläger das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse weder schlüssig geltend gemacht hat noch ein solches sonst erkennbar ist.
66Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist auf Antrag auszusprechen, dass ein vor Ergehen der Sachentscheidung des Gerichts erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Für ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juli 2008 VIII R 8/07, BFHE 222, 46; BStBl. II 2008, 941 und vom 27. Januar 2004 VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797 m.w.N.).
67Ein solches Interesse kann sich daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 1995 IV R 83/92, BFHE 177, 4, BStBl. II 1995, 488). Darüber hinaus kann es daraus abzuleiten sein, dass ein konkreter Anlass für die Annahme besteht, das Finanzamt werde die vom Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft wiederholen (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 2004 VIII R 88/00, BFH/NV 2004, 1103). Schließlich kann es unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 27. Januar 2004 VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797 m.w.N.; von Groll, in: Gräber, FGO, 7. Auflage 2010, § 100 Rn 61) sowie deshalb bestehen, weil die begehrte Feststellung voraussichtlich in einem beabsichtigten und nicht völlig aussichtslosen Schadensersatzprozess erheblich sein wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 VIII R 8/07, BFHE 222, 46; BStBl. II 2008, 941; BFH-Beschluss vom 12. Juni 2008 VI B 62/07, BFH/NV 2008, 1514). Dabei müssen die Voraussetzungen für das besondere Feststellungsinteresse bis zum Ende der mündlichen Verhandlung substantiiert dargelegt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 7. April 2009 XI B 115/08, BFH/NV 2009, 1085). Hierzu gehört unter anderem auch, dass der Kläger den Schaden, den er durch das behauptete rechtswidrige Verhalten der Behörde erlitten haben will, schlüssig konkretisiert (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 VIII R 8/07, BFHE 222, 46; BStBl. II 2008, 941; BFH-Beschluss vom 20. September 2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458). An einem besonderen Feststellungsinteresse fehlt es allerdings dann, wenn der Kläger als Schaden lediglich die gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsverfolgungs- und Verfahrenskosten geltend macht. Er muss vielmehr darlegen, dass ihm ein über die Verfahrenskosten hinausgehender Schaden entstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 VIII R 8/07, BFHE 222, 46; BStBl. II 2008, 941 m.w.N.).
68Vor diesem Hintergrund kann der Kläger kein berechtigtes Feststellungsinteresse geltend machen.
69Die Voraussetzungen für ein berechtigtes Feststellungsinteresse liegen mit Blick auf einen beabsichtigten Schadensersatzprozess nicht vor. Der Kläger hat zwar Angaben zu einem von ihm angeblich erlittenen Schaden gemacht. Seine Darlegungen beschränken sich jedoch auf den Hinweis auf die ihm seiner Meinung nach durch Maßnahmen des Beklagten "aufgezwungenen Prozessführungen". Unabhängig davon, dass der Kläger seinen angeblichen Schaden sowie die ihm angeblich "aufgezwungenen Prozessführungen" im Einzelnen nicht näher konkretisiert hat – der bloße Hinweis auf einen angeblichen Schaden von "mindestens 10.000 Euro" genügt nach Auffassung des Senats nicht den Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Vortrag, zumal insoweit schon nicht erkennbar ist, welcher konkrete Schaden in welcher konkreten Höhe durch welchen Prozess beim Kläger durch die angefochtenen Pfändungsmaßnahmen eingetreten sein soll (vgl. auch BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2003 VII B 35/03, BFH/NV 2004, 652) –, bezieht sich die geltend gemacht "Schadensposition" von "mindestens 10.000 Euro" offensichtlich auch lediglich auf durch "aufgezwungene Prozessführungen" entstandene gerichtliche und außergerichtliche Verfahrens- bzw. Rechtsverfolgungskosten, die ein besonderes Feststellungsinteresse nicht begründen können (siehe oben). Anhaltspunkte für einen über diese Kosten hinausgehenden Schaden sind nicht erkennbar.
70Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt einer Wiederholungsgefahr. Hierfür wäre die begründete und hinreichend konkret einzuschätzende Annahme erforderlich, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen würde (vgl. BFH-Urteile vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BFHE 192, 32; BStBl. II 2000, 514 und vom 12. Oktober 1993 VII K 21/92, BFH/NV 1994, 673; von Groll, in: Gräber, FGO, 7. Auflage 2010, § 100 Rn 60). Nachdem die den Vollstreckungsmaßnahmen zugrundeliegenden Steuerrückstände vollständig getilgt waren, bestand für den Kläger keine Gefahr, dass der Beklagte wegen dieser Rückstände zukünftig erneut Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn einleiten würde. Der nicht hinreichend substantiierte Vortrag des Klägers, dass er "seit Jahren extreme rechtswidrige Angriffe aus sachfremden Gründen" erleide und er daher ein berechtigtes Interesse habe, diesen "rechtswidrigen Druck zu beseitigen", vermag eine Wiederholungsgefahr nicht zu begründen. Insbesondere ist bereits nicht hinreichend konkret erkennbar, dass sich der Beklagte in künftigen Veranlagungszeiträumen – auch mit Blick auf etwaige, bisher nicht manifestierte Vollstreckungsmaßnahmen – rechtswidrig verhalten würde.
71Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht im Hinblick auf ein mögliches Rehabilitierungsinteresse des Klägers. Ein solches Interesse ist anerkannt, wenn aufgrund eines erheblichen Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre des Klägers dessen Rehabilitierung durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Behörde geboten ist. Dies betrifft Fallgestaltungen, in denen der angefochtene Verwaltungsakt einen diskriminierenden Bedeutungsinhalt hat sowie Verwaltungsakte, die eine besondere Beziehung zum Recht des Klägers aufweisen, als Persönlichkeit mit einem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung anerkannt zu werden, oder bei denen es sonst der Bedeutung elementarer Grundrechte entspricht, auch nach der Erledigung des Verwaltungsaktes eine Entscheidung über die Verletzung der Grundrechte herbeizuführen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2004 VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die angefochtenen Vollstreckungsverwaltungsakte waren nicht diskriminierend im vorgenannten Sinne; sie stellten auch keinen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Klägers dar.
72g)
73Da die Klage aus den vorgenannten Gründen insgesamt als unzulässig abzuweisen war, brauchte den Beweisangeboten des Klägers, die allesamt die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der jeweiligen Maßnahmen des Beklagten und mithin die Begründetheit der Klage betreffen, nicht nachgegangen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Beweisangebote teilweise auch zu Rechtsfragen ergangen sind und insoweit schon deshalb nicht zu berücksichtigen waren, weil die Beurteilung der im Streitfall maßgebenden Rechtsfragen einschließlich des Gemeinschaftsrechts den Gerichten obliegt und nicht durch ein Sachverständigengutachten oder die Vernehmung von Zeugen vorbereitet werden muss (vgl. BFH-Beschluss vom 13. März 2009 II B 84/08, BFH/NV 2009, 956 m.w.N.).
74Der im Übrigen durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger kann sich insgesamt auch nicht auf eine etwaige Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO berufen. Denn er ist – wie von ihm angekündigt – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung im Termin der mündlichen Verhandlung weder persönlich erschienen noch ist ein Vertreter für ihn aufgetreten. Somit hat er nicht alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche getan, um seinen Anspruch auf rechtliches Gehör zu verwirklichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. März 2009 II B 84/08, BFH/NV 2009, 956 und vom 14. Februar 2008 I B 162/07, BFH/NV 2008, 1353).
75h)
76Dahingestellt bleiben kann für das vorliegende Verfahren schließlich, ob und gegebenenfalls welche der mit Schriftsätzen vom 18.3.2011 für den Kläger aufgetretenen Prozessbevollmächtigten nach § 62 Abs. 3 FGO zurückzuweisen wären, da nach § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO auch die Prozesshandlungen eines nicht vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten bis zu seiner Zurückweisung wirksam sind und der Inhalt der am 18.3.2011 eingegangenen Schriftsätze vom Gericht daher auch unabhängig von einer Zurückweisung zu beachten war.
773.
78Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FG.
794.
80Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.