Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes um die Berechtigung des Antragsgegners, an einer koordinierten grenzüberschreitenden steuerlichen Außenprüfung mitzuwirken und hierbei mit den Steuerverwaltungen Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs die Antragstellerinnen betreffende Informationen für die Jahre 2014 bis 2017 auszutauschen.
4Die Antragstellerinnen sind Gesellschaften der Z-Gruppe, einem internationalen ...konzern. Obergesellschaft des deutschen Konzernteils ist die Antragstellerin zu 1). Sie ist eine Tochtergesellschaft der in Luxemburg ansässigen Konzernobergesellschaft, der Z S.A. Die Antragstellerinnen zu 2) bis 5) sind Tochter- bzw. Enkelgesellschaften der Antragstellerin zu 1). Sie betreiben an ihren jeweiligen Standorten Unternehmen. Hierzu wird ergänzend auf die von den Antragstellerinnen vorgelegte Übersicht über die Konzernstruktur im Jahr 2016 (Bl. 15 der Gerichtsakte -GA-) Bezug genommen. Zwischen der Antragstellerin zu 1) als Organträgerin und den übrigen Antragstellerinnen als Organgesellschaften besteht eine ertragsteuerliche Organschaft.
5Zum ...2016 wurde innerhalb der Z-Gruppe das „Z Industrial Franchising Agreement“ (nachfolgend: IFA; vgl. Bl. 16 der GA) implementiert. Vertragspartner des IFA sind die luxemburgische Z S.A. als Franchisegeberin und die Antragstellerin zu 1) als Franchisenehmerin. Zuvor bestanden ab dem ...2015 Franchiseverträge der Z S.A. unmittelbar mit den Tochtergesellschaften der Antragstellerin zu 1). Im Zuge der Vereinbarung des IFA ab dem ...2016 erfolgte der Vertragsübergang auf die Antragstellerin zu 1) als neue Franchisenehmerin gegenüber der Z S.A. bzw. als neue (Sub-)Franchisegeberin gegenüber den Tochtergesellschaften, d.h. den Antragstellerinnen zu 2) bis 5).
6Das IFA regelt die Nutzung von Rechten und Technologie, die im Eigentum der Z S.A. stehen, sowie die Erbringung bestimmter Dienstleistungen der Z S.A. gegenüber den Antragstellerinnen. Das IFA regelt insbesondere:
7- Marken, Handelsnamen und andere eingetragene und nicht eingetragene marketingbezogene Rechte an geistigem Eigentum („IP“), Lösungen und Implementierungsunterstützung, einschließlich der Entwicklung und Pflege von immateriellen Gütern wie der Marke Z,
8- Technologie, Know-how und andere technologiebezogene IP-Rechte, Lösungen und Implementierungsunterstützung,
9- Globales Netzwerk, Lösungen und Implementierungsunterstützung,
10- Globales Einkaufsnetzwerk und Unterstützung, einschließlich Einkaufsvereinbarungen, die für die Tochtergesellschaften der Z S.A. direkt zugänglich sind.
11Für die sich aus dem IFA ergebenden Vorteile zahlt die Antragstellerin zu 1) als Franchisenehmerin eine umsatzbasierte Gebühr (sog. Franchise Fee, vgl. Art. 14.1 IFA, Bl. 41 der GA). Auf Basis entsprechender Verträge (sog. Unter-Franchiseverträge) mit den Antragstellerinnen zu 2) bis 5) reicht die Antragstellerin zu 1) die aus dem IFA erlangten Vorteile weiter (vgl. Artikel 2.1 ff. und Annex 5 des IFA, Bl. 26, 65 der GA).
12Neben dem IFA bestehen innerhalb des Konzerns der Z-Gruppe Verträge über die Beschaffung der für die Produktion benötigten Rohstoffe. Die zentrale Rohstoffbeschaffung (sog. Procurement) bei externen Lieferanten sowie der Weiterverkauf an die Produktionswerke steuert die Einkaufsgesellschaft des Konzerns, die in Luxemburg ansässige Z aa S.A. Hierfür schließen die einzelnen Tochtergesellschaften jeweils Verträge mit der Einkaufsgesellschaft ab (vgl. beispielhaft die Verträge Bl. 68 und 81 der GA).
13Mit Schreiben vom 2. Oktober 2020 (Bl. 2 der vom Beklagten geführten Verwaltungsakte -VA- sowie Bl. 106 der GA) informierte das Finanzamt für Großunternehmen Y (nachfolgend: Finanzamt Y) die Antragstellerin zu 1) darüber, dass ein zwischenstaatlicher Informationsaustausch nach dem EU-Amtshilfegesetz vorgesehen ist. Als teilnehmende Staaten an einer Auswahlsitzung wurden zunächst Deutschland, Belgien und die Niederlande genannt. Möglicher gemeinsamer Prüfungsgegenstand sollten die Zahlungen an die Z S.A. in Luxemburg sein.
14Mit Schreiben vom 29. Januar 2021 (Bl. 4 der VA sowie Bl. 108 der GA) informierte das Finanzamt Y die Antragstellerin zu 1) darüber, dass in der Auswahlsitzung entschieden wurde, dass eine gleichzeitige Prüfung nach § 117 Abs. 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 EUAHiG stattfinden werde, und gab der Antragstellerin Gelegenheit, zum beabsichtigten Informationsaustausch Stellung zu nehmen und etwaige Einwendungen mitzuteilen. Beteiligt an dieser Prüfung sollten die folgenden Länder sein: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Spanien. Als gemeinsamer Prüfungsgegenstand wurden die „Zahlungen an die Z S.A., Luxembourg, vor allem die Industrial Franchise Fee ab 2015“ angekündigt. Das Schreiben war ausschließlich an die Antragstellerin zu 1) „als Konzernspitze des deutschen Teilkonzerns“ und nicht auch an die übrigen Antragstellerinnen adressiert.
15In einem weiteren Schreiben vom 22. Februar 2021 (Bl. 18 der VA sowie Bl. 111 der GA) bestätigte das Finanzamt Y auf Rückfrage der Antragstellerin zu 1), dass ein Informationsaustausch zum IFA stattfinden werde. Darüber hinaus sollte voraussichtlich auch ein Informationsaustausch der Teilnehmerstaaten zum Thema „Procurement“ durchgeführt werden, hierüber sollte aber erst im Startmeeting abschließend entschieden werden.
16Hierauf antwortete die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 8. März 2021 (Bl. 60 der VA sowie Bl. 117 der GA) und wies insbesondere darauf hin, dass nicht ersichtlich sei, weshalb Österreich in die gemeinsame Prüfung einbezogen werde, da keinerlei Berührung zum Gegenstand der Prüfung bestehe. Zudem sei die gemeinsame Prüfung, bei der es im Wesentlichen um die Zahlungen im Rahmen des IFA gehe, nur dann sinnvoll, wenn auch Luxemburg daran beteiligt sei, da dort der Franchisegeber ansässig sei.
17Der Antragsgegner nahm zu den Einwendungen mit Schreiben vom 30. März 2021 (Bl. 80 der VA sowie Bl. 120 der GA) Stellung und teilte der Antragstellerin zu 1) mit, dass auf Anfrage der belgischen Steuerverwaltung u.a. auch Luxemburg zur koordinierten Außenprüfung eingeladen worden sei. Aber selbst für den Fall, dass Luxemburg nicht teilnehme, bestünden keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere sei eine voraussichtliche Erheblichkeit der Informationen gegeben. Dass keine direkten Transaktionen zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten bestünden, stehe der voraussichtlichen Erheblichkeit nicht entgegen, da legitimer Zweck der koordinierten Außenprüfung auch sei, eine etwaige Gewinnverlagerung in einen anderen Staat auszuschließen. Schließlich bestehe ein Interesse des Finanzamts, die auf Basis des IFA geleisteten Zahlungen sowie das im Konzern zentralisierte Beschaffungswesen auf steuerliche Angemessenheit hin zu überprüfen.
18Mit dem vorliegenden Antrag wenden sich die Antragstellerinnen gegen die vom Antragsgegner beabsichtigte Teilnahme an der grenzüberschreitenden Prüfung und tragen zur Begründung im Wesentlichen vor: Gegenstand der Prüfung seien nicht Geschäftsbeziehungen zwischen den Antragstellerinnen und Konzerngesellschaften in den anderen Teilnehmerstaaten, sondern ausschließlich Geschäftsbeziehungen, welche die Antragstellerin zu 1) mit den übrigen Antragstellerinnen einerseits und die in den anderen Teilnehmerstaaten ansässigen Konzerngesellschaften andererseits jeweils unabhängig voneinander zu der in Luxemburg ansässigen Konzernobergesellschaft unterhielten. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner oder auch die Finanzverwaltungen der anderen Teilnehmerstaaten aus der geplanten gemeinsamen Prüfung ohne Beteiligung Luxemburgs steuerlich erhebliche Informationen gewinnen oder andere, mit einer gemeinsamen Prüfung verbundene Vorteile erreichen könnten. Die geplante gemeinsame Prüfung und der damit verbundene Informationsaustausch würden zu einer nicht zu rechtfertigenden Verletzung des Steuergeheimnisses der Antragstellerinnen führen. Zudem werde die laufende Betriebsprüfung im Inland ohne sachlichen Grund bzw. ohne, dass hierdurch verfahrensökonomische Vorteile im Sinne einer Vermeidung einer potenziellen Doppelbesteuerung erzielt werden könnten, verzögert. Vielmehr stehe zu befürchten, dass unnötig Kapazitäten gebunden und Kosten verursacht würden.
19Mit der Vereinbarung, Vorbereitung und Durchführung der koordinierten Prüfung und der damit verbundenen Offenbarung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnissen der Antragstellerinnen drohe eine Verletzung des Steuergeheimnisses. Dies betreffe insbesondere Existenz, Inhalt und Durchführung der von den Antragstellerinnen mit der Z S.A. geschlossenen Verträge. Das Steuergeheimnis sei auch gegenüber den anderen (ausländischen) Konzerngesellschaften und Finanzverwaltungen geschützt. Diese Verletzung des Rechts der Antragstellerinnen auf Wahrung des Steuergeheimnisses sei auch nicht durch die Regelungen über den internationalen Informationsaustausch gedeckt. Die Voraussetzungen für eine Teilnahme sowohl an einer gleichzeitigen Prüfung i.S.v. § 12 EUAHiG als auch an einer gemeinsamen Prüfung i.S.v. §§ 10, 11 EUAHiG lägen nicht vor. Es fehle an der Voraussetzung gemäß § 4 EUAHiG, wonach die Finanzbehörden nur solche Informationen weiterleiten dürften, die für die Besteuerung im anderen Staat voraussichtlich erheblich seien.
20Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Nach der anzustellenden Schlüssigkeitsprüfung seien die Informationen zu den Vertrags- und sonstigen Beziehungen zwischen den Antragstellerinnen und der Z S.A. nicht voraussichtlich erheblich für die Besteuerung in den anderen Teilnehmerstaaten. Denn dafür müsse irgendein Bezug der deutsch-luxemburgischen Geschäftsbeziehungen zu den Geschäftsbeziehungen zwischen den jeweiligen anderen Teilnehmerstaaten und Luxemburg (oder den anderen Teilnehmerstaaten untereinander) möglich erscheinen. Daran fehle es vorliegend, da lediglich eine Parallelität von Sachverhalten gegeben sei. Zwischen der Konzernobergesellschaft Z S.A. und den in den anderen Teilnehmerstaaten ansässigen Konzerngesellschaften bestünden ebenfalls Franchisevereinbarungen, die inhaltlich dem mit der Antragstellerin zu 1) geschlossenen IFA entsprechen. Hieran seien die Antragstellerinnen nicht beteiligt. Über weitere Informationen hierzu verfügten die Antragstellerinnen nach eigenen Angaben nicht. Lediglich für die Tochtergesellschaften der Z S.A. in Österreich bestehe keine entsprechende Vereinbarung. Insoweit verweisen die Antragstellerinnen auf eine konzerninterne Auskunft (vgl. Bl. 66 der GA).
21Darüber hinaus jedoch bestünden keine Berührungspunkte zwischen den in den verschiedenen Teilnehmerstaaten für die Besteuerung relevanten Sachverhalten. Das IFA selbst vermittele keine direkte Geschäftsbeziehung zwischen den Antragstellerinnen und den Konzerngesellschaften/Franchisenehmern in anderen Staaten. Auch sonst finde lediglich zwischen der Konzernmuttergesellschaft und den Antragstellerinnen als Franchisenehmer ein tatsächlicher Leistungsaustausch statt. Zwischen den einzelnen Konzerntochtergesellschaften, damit auch den Antragstellerinnen, bestünden auch keine Verträge betreffend die zentrale Rohstoffbeschaffung.
22Im Ergebnis seien daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die etwaig im Ausland vorhandenen steuerlichen Informationen für Besteuerungszwecke in Deutschland in irgendeiner Weise erheblich sein könnten. Umgekehrt bestünden auch in Deutschland keine Informationen, die für eine Besteuerung in den anderen am Joint Audit teilnehmenden Staaten erheblich sein könnten.
23Insoweit unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von der vom FG Köln mit Beschluss vom 23. Februar 2018 (2 V 814/17, EFG 2018, 852) entschiedenen Konstellation, in der eine koordinierte Außenprüfung der Prüfung dienen könne, ob im Zusammenhang mit einer Franchisegebühr und mithilfe eines Verrechnungspreismodells Gewinne in einen anderen Staat verlagert worden sein könnten. Damit könne aber nicht gemeint sein, dass eine koordinierte Außenprüfung durchgeführt werden dürfe, ohne dass die Finanzverwaltung überhaupt Anhaltspunkte für Geschäftsbeziehungen zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten benennen könne. Das FG Köln habe in seiner Entscheidung explizit festgestellt, dass die voraussichtliche Erheblichkeit darauf beruhe, dass im entschiedenen Fall zwischen der Antragstellerin und Schwestergesellschaften in dem ersuchenden Mitgliedsstaat Geschäftsbeziehungen bestanden hätten, die u.a. auch für die Beurteilung der Angemessenheit der an die in der Schweiz ansässigen Muttergesellschaft gezahlten Franchisegebühren relevant gewesen seien.
24Der vorliegende Fall unterscheide sich hiervon maßgeblich, denn hier sei der Antragsgegner nicht in der Lage, überhaupt Anhaltspunkte dafür zu benennen, dass zwischen den Antragstellerinnen und anderen Konzerngesellschaften im Ausland Geschäftsbeziehungen, die den Prüfungsgegenstand betreffen, bestünden. Es sei nicht ersichtlich, wie eine Information über einen deutsch-luxemburgischen Sachverhalt für die Besteuerung z.B. in Belgien von Bedeutung sein könne, wenn schon keine Beziehungen zu diesem Staat bestünden.
25Etwas anderes würde allenfalls gelten, wenn auch Luxemburg als Ansässigkeitsstaat des Franchisegebers/der Konzernmuttergesellschaft an der koordinierten Außenprüfung teilnehmen würde, da für die Antragstellerinnen nämlich nur zu diesem Staat Geschäftsbeziehungen mit entsprechenden relevanten steuerlichen Informationen bestünden. So wären die steuerlichen Informationen aus Deutschland und beispielsweise Belgien jeweils für sich genommen voraussichtlich erheblich für die Besteuerung in Luxemburg und die Informationen aus Luxemburg wiederum voraussichtlich erheblich für die Besteuerung in Deutschland und den übrigen Mitgliedstaaten. Ohne die Teilnahme Luxemburgs an der koordinierten Außenprüfung bestünden unter den übrigen Teilnehmerstaaten aber gerade keine Informationen, die für die jeweilige Besteuerung im anderen Land voraussichtlich erheblich sein könnten. Das Interesse, die auf Basis des IFA geleisteten Zahlungen sowie das im Konzern zentralisierte Beschaffungswesen auf steuerliche Angemessenheit hin zu überprüfen, könne – anders als der Antragsgegner meint – allenfalls die Beteiligung Luxemburgs an der koordinierten Außenprüfung rechtfertigen, nicht aber die Beteiligung Deutschlands an einer koordinierten Außenprüfung mit Mitgliedsstaaten, in denen keine für die Besteuerung in Deutschland relevanten Informationen vorhanden seien.
26Etwas anderes ergebe sich auch nicht, wenn man neben dem IFA auch auf den Bereich der Rohstoffbeschaffung (Procurement) als Prüfungsgegenstand abstelle. Die Rohstoffbeschaffung werde ausschließlich von Luxemburg aus durch eine luxemburgische Konzerngesellschaft durchgeführt. Nur diese zentrale Einkaufseinheit schließe die entsprechenden Verträge über die Beschaffung von Rohstoffen z.B. mit ...betreibern in Brasilien einerseits und jeweils separat mit den Antragstellerinnen und den Konzerngesellschaften in den Teilnehmerstaaten andererseits. Andere Konzerngesellschaften kauften keine Rohstoffe ein. Soweit sich die zentrale Einkaufseinheit in Luxemburg bestimmter Dienstleistungen anderer Konzerngesellschaften außerhalb Luxemburgs bediene, handele es sich hierbei vor allem um Backoffice-Leistungen, die mit der eigentlichen Rohstoffbeschaffung nichts zu tun hätten.
27Soweit der Antragsgegner Informationen zu den Einkaufsverträgen zwischen der luxemburgischen Zentraleinheit und den im Wesentlichen brasilianischen ...betreibern erlangen möchte, sei hierfür eine gemeinsame Prüfung nicht geeignet. Den Antragstellerinnen lägen hierzu keine Auskünfte oder Unterlagen vor. Diese Informationen könnten aber über ein an Luxemburg gerichtetes Auskunftsersuchen beschafft werden.
28Es sei weder erkennbar, welche konkreten Erkenntnisse für inländische Besteuerungsverfahren sich der Antragsgegner von der koordinierten Außenprüfung erhoffe, noch bestehe irgendeine Aussicht, Besteuerungskonflikte im Verhältnis zu Luxemburg zu lösen oder solchen Konflikten vorzubeugen. Es verbleibe bei den Antragstellerinnen letztlich der Eindruck, dass ihr Anspruch auf Wahrung des Steuergeheimnisses geopfert werde, um der Finanzverwaltung die Kontaktpflege zu Finanzverwaltungen anderer Staaten zu ermöglichen.
29Soweit der Antragsgegner bzgl. der Franchise Fee hauptsächlich auf die Überlassung immaterieller Werte („Research & Development“; nachfolgend kurz: R&D IP) abstelle, sei zu beachten, dass die Betriebsprüfung und der Antragsgegner selbst davon ausgingen, dass das im Rahmen des Franchisekonzeptes überlassene R&D IP in den jeweiligen R&D-Einheiten in Frankreich, Belgien und Spanien entwickelt worden sei. Daraus folge, dass in Deutschland keinerlei relevanten Informationen für die Besteuerung in den übrigen teilnehmenden Staaten vorhanden sein könnten, sondern dass diese allenfalls in den genannten Ländern vorhanden seien. Soweit der Antragsgegner darauf abstelle, die Betriebsprüfung erhoffe sich von den Teilnehmern Frankreich, Belgien und Spanien Informationen zu dem Thema R&D IP, müsse berücksichtigt werden, dass der Betriebsprüfung bereits über sämtliche Informationen hierzu verfüge.
30Soweit der Antragsgegner die beabsichtigte Prüfung damit rechtfertige, dass für die deutsche Finanzverwaltung die Wertbestimmung für den Verkauf von R&D IP schwierig sei, würde dies allenfalls ein Informationsbegehren rechtfertigen, nicht hingegen eine gemeinsame Prüfung. Deren Sinn und Zweck sei es, grenzüberschreitende Sachverhalte zwischen den teilnehmenden Staaten einvernehmlich zu identifizieren und zu würdigen. In diesem Zusammenhang habe die inländische Behörde zudem die ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Gegenüber der Betriebsprüfung und am 21. August 2020 auch gegenüber dem Antragsgegner seien umfassende Berechnungen zum Verkauf des R&D IP offengelegt worden. Zuvor sei ein umfassendes Memorandum einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgelegt worden. Sodann habe die Betriebsprüfung hierzu zunächst keine Rückfragen gestellt oder weitere Informationen angefragt. Erst am 20. Mai 2021 seien sodann weitere umfangreiche Prüfungsanfragen zum Thema IFA Fee gestellt worden. Selbst wenn man die Befugnis der Betriebsprüfung anerkenne, die Angaben des Steuerpflichtigen zu verifizieren, sei nicht ersichtlich, wieso die Angaben der Antragstellerinnen ausgerechnet bei Schwestergesellschaften in den an der gemeinsamen Prüfung teilnehmenden Staaten verifiziert werden könnten, da auf den Gebieten „Procurement“ und „IFA Fee“ keinerlei vertragliche Beziehungen zwischen den Gesellschaften in den teilnehmenden Staaten bestünden.
31Das Argument, auch für die anderen beteiligten Staaten seien in Deutschland vorhandene Informationen zum R&D IP voraussichtlich für die Prüfung, ob aus Luxemburg erhaltene Zahlungen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, relevant, da vermutlich auch seitens der anderen europäischen Konzerngesellschaften R&D IP an die luxemburgische Gesellschaft veräußert worden sei, überzeuge ebenfalls nicht. Eine Vereinbarung zwischen den Antragstellerinnen und ihrer luxemburgischen Konzernobergesellschaft sei grundsätzlich nicht geeignet, Anhaltspunkte zum „richtigen“ Fremdvergleichspreis in anderen Staaten zu liefern. Es sei nicht ersichtlich, wie eine Vereinbarung zwischen einer deutschen und einer luxemburgischen nahestehenden Person hilfreich sein soll bei der Prüfung, ob die Veräußerung von R&D IP zwischen einer ausländischen Tochtergesellschaft und der luxemburgischen Muttergesellschaften dem Fremdvergleich entspreche, denn es handele sich stets um konzerninterne Vereinbarungen, die keine „Fremdüblichkeit“ belegen könnten. Daher sei auch die vom Antragsgegner zur Begründung herangezogene „Methodik der Lizenzpreisanalogie“ nicht geeignet, die voraussichtliche steuerliche Erheblichkeit der begehrten Informationen zu belegen. Bei der Lizenzpreisanalogie sei entscheidend, was ein Unternehmen aufwenden müsse, wenn es eine Lizenz zur Nutzung einer Marke (vorliegend das R&D IP) von einem Dritten erwerben müsste. Inwieweit hierbei auf konzerninterne Preise abgestellt werden könne, sei nicht ersichtlich, da hinsichtlich der Themen Franchise Fee und Procurement keine Verbindungen zwischen Gesellschaften aus den teilnehmenden Staaten bestünden.
32Die von der Betriebsprüfung aufgeworfene Frage, ob die Erträge aus der Überlassung von R&D IP den Forschungsstandorten zustünden oder nicht, sei einzig eine Frage der Allokation zwischen Luxemburg sowie Frankreich, Belgien und Spanien, vorliegend jedoch nicht maßgeblich. Weder werde in Deutschland ein Ertrag aus der Überlassung von R&D IP erzielt noch sei Deutschland ein Forschungsstandort.
33Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass – worauf der Antragsgegner allgemein verweise – sich alle zentralen Einheiten in Luxemburg für ihre Leistungserbringung im Zusammenhang mit dem IFA konzernzugehöriger Gesellschaften außerhalb Luxemburgs bedienten. Bei diesen von den dienstleistenden konzernzugehörigen Gesellschaften erbrachten Vorarbeiten handele es sich um Leistungen von untergeordneter Bedeutung bzw. um Leistungen, die sich nicht konkret dem IFA zuordnen ließen. Dies beziehe sich z.B. auf die Absicherung des Währungsrisikos über die X S.A. in Frankreich oder den Bereich des Accountings in Polen. Unabhängig davon betreffe der Einkauf dieser Leistungen im Zusammenhang mit dem IFA allenfalls ein Verrechnungspreisthema zwischen Luxemburg und dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat der dienstleistenden Gesellschaft. Die auf Basis des IFA erbrachten Leistungen zwischen Luxemburg und Deutschland seien hiervon aber nicht berührt. Zudem sei nicht ersichtlich, inwieweit Geschäfte zwischen Luxemburg und Frankreich zur Absicherung von Währungsrisiken einer luxemburgischen Gesellschaft die Besteuerung in Deutschland berühren könnten. Diese Geschäfte wiesen zudem keine Verbindung zu dem Themenkomplex „Procurement“ auf.
34Im Übrigen habe der Antragsgegner zuletzt eingeräumt, dass es nicht primär darum gehe, Kenntnisse über die Geschäftszahlen und Preisgestaltungen der Schwestergesellschaften der Antragstellerinnen zu erlangen. Dies sei aber auch sekundär nicht möglich. Auch umgekehrt seien die Geschäftszahlen und Preisgestaltungen der Antragstellerinnen nicht erheblich für die Besteuerung der ausländischen Schwestergesellschaften in ihren jeweiligen Ansässigkeitsstaaten. Soweit es dem Antragsgegner darum gehe, zu einer einvernehmlichen Feststellung des Sachverhaltes zu gelangen, halte er eine weitere Sachverhaltsaufklärung für erforderlich, ohne jedoch konkrete Sachverhaltselemente, die aus seiner Sicht noch nicht vollständig aufgeklärt seien, zu benennen. Es sei daher weiter fraglich, welche voraussichtlich steuerlich relevanten Umstände der Antragsgegner im Rahmen der gemeinsamen Prüfung erlangen möchte.
35Insgesamt verkenne der Antragsgegner die maßgebliche Schwelle für den grenzüberschreitenden Informationsaustausch („voraussichtliche Erheblichkeit“) und messe dieser keine Bedeutung bei, wenn diese ähnlich niedrig wie für die Durchführung einer Außenprüfung gemäß §§ 193 ff. AO angesehen werde.
36Wie sich aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Aktenvermerk der Betriebsprüfung vom 19. April 2021 (vgl. Bl. 165, 174 f. der GA) und dem dazugehörenden Schaubild ergebe, hätten der Antragsgegner und die Betriebsprüfung einen hervorragenden Überblick über den Gesamtkonzern. Einzig die Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaften aus anderen Staaten mit der Konzerngesellschaft in Luxemburg seien unbekannt. Diese hätten aber keine Auswirkung auf die Besteuerung in Deutschland. Insgesamt gehe es den Finanzverwaltungen der Staaten, die die gemeinsame Prüfung durchführen wollen, nach der Absage Luxemburgs ausschließlich darum, eine mögliche gemeinsame Basis gegen die Gesellschaft in Luxemburg zu „erforschen“, ohne dass ein Mehrwert für die teilnehmenden Staaten hinsichtlich der Leistungsbeziehungen untereinander erwartet werden könne. Dies sei in einer globalisierten Welt eventuell steuerpolitisch nachvollziehbar, allerdings fehle für einen derart unbeschränkten internationalen Informationsaustausch bislang die Ermächtigungsgrundlage.
37Soweit nach Ansicht der Betriebsprüfung für die Berechnung der Franchise Fee der Nachweis erforderlich sei, ob und welche konzerninternen Vorleistungen aus europäischen Mitgliedstaaten tatsächlich mit der Franchise Fee und in welcher Höhe belastet seien, beruhe dies auf einem Fehlverständnis der Berechnung der Franchise Fee. Gemäß Art. 14.1 des IFA seien konzerninterne Vorleistungen („Intercompany Purchases“) für die Berechnung der Franchise Fee nicht relevant, da sich diese allein aufgrund der Summe der Verkäufe sowie die Intercompany Purchases an sich berechne. Die Franchise Fee werde umsatzbasiert (d.h. auf Basis des deutschen Umsatzes; vgl. Art. 14.1 IFA) und nicht kostenbasiert (d.h. nicht auf Grundlage der ggf. aus den anderen teilnehmenden Staaten erbrachten Dienstleistungen) berechnet. Hierzu seien der Betriebsprüfung bereits alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden. Eine Rückmeldung der Betriebsprüfung sei nicht erfolgt. Die bloße Untätigkeit der nationalen Steuerverwaltung könne jedoch keine gemeinsame Außenprüfung rechtfertigen. Im Übrigen seien der Betriebsprüfung u.a. eine umfangreiche Verrechnungspreisdokumentation gemäß GAufZV sowie alle Verträge zwischen der luxemburgischen Gesellschaft und anderen EU-Gesellschaften vorgelegt worden.
38Schließlich sei die Teilnahme Deutschlands an der von Belgien initiierten gemeinsamen Prüfung auch deshalb unzulässig, weil Österreich ebenfalls an der Prüfung teilnehme, ein Informationsaustausch mit Österreich hingegen unzulässig sei. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit etwaige in Deutschland bestehende Informationen zu den Themen „Franchise Fee“ und „Procurement“ für in Österreich ansässige Gesellschaften von Bedeutung sein könnten, da österreichische Gesellschaften selbst kein IFA abgeschlossen und somit keinerlei Berührung mit diesem Thema hätten. Der Verweis des Antragsgegners darauf, dass Deutschland keinen Einfluss darauf habe, ob Belgien als einladender Staat auch Österreich einlade und Österreich in eigener Zuständigkeit entscheide, teilzunehmen, überzeuge nicht, da dadurch nicht gerechtfertigt werden könne, das Steuergeheimnis der Antragstellerinnen gegenüber beliebigen Steuerverwaltungen aus dem Ausland zu verletzen. Es sei nicht irgendeine steuerliche Relevanz von Informationen ausreichend. Vielmehr müsse es entweder Informationen in Deutschland geben, die für die Besteuerung in Österreich voraussichtlich erheblich seien, oder Österreich müsse über Informationen verfügen, die voraussichtlich für die Besteuerung in Deutschland erheblich seien.
39Die Antragstellerinnen tragen zudem Bedenken dagegen vor, dass der Antragsgegner trotz des bei Gericht anhängigen Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an der Startsitzung für die gemeinsame Prüfung „passiv“ teilgenommen habe. Auch bei einer passiven Teilnahme an der Startsitzung sei nicht sichergestellt, dass nicht bereits das Steuergeheimnis der Antragstellerinnen verletzt werde, zumal bereits im Rahmen der Auswahlsitzung Namen, Sachverhalte, Prüfungsfelder, Steuerart und Prüfungszeitraum ausgetauscht würden. Es sei zu erwarten, dass auch in nachfolgenden Sitzungen der beteiligten Staaten der Informationsaustausch bereits intensiviert werde.
40Schließlich liege auch ein Anordnungsgrund im Sinne des § 114 Abs.1 Satz 1 FGO vor, da die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerinnen vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Vorliegend drohe eine Verletzung des subjektiven Rechts der Antragstellerinnen auf Wahrung des Steuergeheimnisses durch eine nicht durch eine Rechtsgrundlage abgedeckte Auskunft. Diese Verletzung könne nicht mehr rückgängig gemacht werden, in diesem Fall folge der Anordnungsgrund aus dem Anordnungsanspruch.
41Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen (vgl. Bl. 1 ff., 178 ff., 198 ff. und 209 f. der GA).
42Die Antragstellerinnen beantragen,
431. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, an einer gleichzeitigen oder gemeinsamen Außenprüfung und dem damit verbundenen Informationsaustausch mit den Finanzverwaltungen Belgiens, Frankreich, Italiens, Österreichs und Spaniens, aber ohne Beteiligung der Finanzverwaltung Luxemburgs, zum Gegenstand „Zahlungen an die Z S.A. in Luxemburg, insbesondere die Industrial Franchise Fee ab 2015“ teilzunehmen,
442. hilfsweise im Unterliegensfalle die Beschwerde zuzulassen.
45Der Antragsgegner beantragt,
461. den Antrag abzulehnen,
472. hilfsweise im Unterliegensfalle die Beschwerde zuzulassen.
48Zur Begründung nimmt der Antragsgegner ergänzend zum Vorbringen im vorgerichtlichen Anhörungsverfahren Bezug auf die Stellungnahmen der Bundesbetriebsprüfung vom 19. April 2021 (Bl. 164 ff. ,175 der GA), vom 17. Mai 2021 (Bl. 196 der GA) und vom 19. Mai 2021 (Bl. 194 der GA). Im Wesentlichen verweist der Antragsgegner darauf, dass sich im Konzern der Antragstellerinnen alle zentralen Einheiten in Luxemburg für ihre Leistungserbringung im Zusammenhang mit dem Franchise-Agreement und mit dem zentralen Einkauf von Rohstoffen für die europäischen Gesellschaften konzernzugehöriger Gesellschaften außerhalb Luxemburgs bedienten. Die deutschen Produktionswerke zahlten jährlich dreistellige Millionenbeträge für die mit den luxemburgischen Gesellschaften vereinbarten Geschäftstransaktionen. Für die Beurteilung, ob diese Zahlungen auch unter fremden Dritten üblich wären, lägen der Betriebsprüfung keine relevanten Informationen vor und können seitens der deutschen Tochtergesellschaften auch nicht beschafft werden. Die rein innerdeutschen Ermittlungsmöglichkeiten seien dementsprechend ausgeschöpft.
49Wesentlicher Inhalt des zum ...2015 abgeschlossenen Franchise-Agreements (IFA) sei die Überlassung von immateriellen Werten (R&D IP). Dabei sei sowohl das bisher in den deutschen Produktionswerken vorhandene R&D IP als auch das seither im Rahmen des Franchisekonzeptes überlassene R&D IP nicht in Luxemburg, sondern in den jeweiligen R&D-Einheiten in Frankreich, Belgien und Spanien entwickelt worden. Für die Implementierung des Franchise-Konzeptes sei es jedoch zunächst notwendig gewesen, das vorhandene IP der deutschen Produktionswerke an die luxemburgische Muttergesellschaft zu verkaufen, damit es in einer logischen Sekunde später an die Werke habe zurücklizenziert werden können. Allein die Wertbestimmung für den Verkauf dieses R&D IPs gestalte sich aus deutscher Sicht schwierig, da konkrete Informationen (zu Produkten und Prozesstechnologien) fehlten. Wenn die Muttergesellschaft als Franchisegeber das R&D IP der gesamten Gruppe einsammle, um es sodann ab dem ...2015 gegen Lizenzentgelt an Unternehmen der gesamten Gruppe wieder zu überlassen, ohne dabei an der tatsächlichen Entwicklung des R&D IPs beteiligt gewesen zu sein, liege auf der Hand, dass das an die deutschen Tochtergesellschaften überlassene R&D IP ein solches der gesamten Gruppe sei. Nach Einschätzung der Betriebsprüfung müssten der Kaufpreis für das R&D IP und der voraussichtliche Ertrag aus dessen Überlassung in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Gemäß der Methodik der Lizenzpreisanalogie würden für die Bewertung eines immateriellen Wertes zum Übertragungsstichtag die im Rahmen einer Überlassung gezahlten (fiktiven) Lizenzentgelte herangezogen. Daher seien jegliche Informationen zu Art und Umfang des übertragenen und wieder überlassenen R&D IP sowie aller Lizenzentgelte dazu geeignet, die im Dokumentationsansatz getätigten Annahmen des Steuerpflichtigen in Bezug auf das R&D IP des gesamten Konzerns zu stützen bzw. zu überprüfen. Die geplante gemeinsame Prüfung diene dazu, Informationen zu den konkreten R&D-Tätigkeiten des Konzerns, zur Höhe der Werthaltigkeit der Ergebnisse und zu den Fragen, welche Entwicklungskosten angefallen seien und ob der Ertrag aus der Überlassung von R&D IP nicht eher den Forschungsstandorten zustehe, zu erhalten. Es sei davon auszugehen, dass ein hoher Anteil an der IFA Fee auf das überlassene R&D IP zurückzuführen sei.
50Die Verrechnungspreisproblematik sei weiterhin streitbefangen, nachdem bereits in der abgeschlossenen Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2013 die Betriebsprüfung Verrechnungspreise korrigiert habe.
51Darüber hinaus bestünden umfangreiche grenzüberschreitende Verflechtungen innerhalb des Konzerns. Aufgrund der fortschreitenden globalen Vernetzung und Digitalisierung von internationalen Unternehmen würden immaterielle Werte zunehmend zu Werttreibern bei den globalen Wertschöpfungsprozessen. Konzerne nutzten weltweit ihre Expertise basierend auf immateriellen Werten, die von internationalen Tochtergesellschaften entwickelt, gekauft, genutzt und überlassen würden. Wie der vorliegende Fall zeige, gestalte sich die Bestimmung der Werthaltigkeit solcher immateriellen Werte äußerst schwierig. Daher seien sämtliche Informationen dazu von größter steuerlicher Bedeutung, zumal allein die Lizenzaufwendungen der deutschen Tochtergesellschaften sich jährlich auf einen hohen zweistelligen Millionenbereich beliefen (vgl. Bl. 195 f. der GA). Die Transaktionen mit deutschen Gesellschaften könnten nur auf Basis der Erkenntnisse der Gesamtverhältnisse steuerlich beurteilt werden. Der deutschen Finanzverwaltung läge jedoch nur ein Mindestmaß an Informationen über die Organisation des Gesamtkonzerns („Masterfile“) vor; dies decke nicht den erforderlichen Informationsbedarf ab.
52Angesichts dieser Sachlage sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, aber unbegründet. Es fehle bereits an einem Anordnungsgrund i.S.v. § 114 FGO, da die Antragstellerinnen nicht glaubhaft dargelegt hätten, dass ihnen wesentliche Nachteile entstünden, die nur durch den Erlass einer Anordnung abzuwenden seien. Insbesondere drohe keine Verletzung des subjektiven Rechts auf Wahrung des Steuergeheimnisses, da der Informationsaustausch und die Auskünfte im Zusammenhang mit der beabsichtigten Prüfung durch eine hinreichende Rechtsgrundlage abgedeckt seien. Zudem könne in einer zutreffenden Besteuerung in Deutschland kein wesentlicher Nachteil bestehen, da die mit dem Auskunftsverkehr erstrebte zutreffende Besteuerung gerade dem Gesetzeszweck entspreche. Insoweit stelle auch die Gefahr der Beeinträchtigung von Geschäftsbeziehung des Steuerpflichtigen zu einem ausländischen Geschäftspartner keinen beachtlichen Nachteil dar.
53Ungeachtet dessen bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 30 AO lägen nicht vor. Eine Ermächtigungsgrundlage für den vorliegend beabsichtigten Auskunftsaustausch ergebe sich aus § 117 AO i.V.m. § 12 EUAHiG. Hiernach seien neben dem Informationsaustausch auch koordinierte bi- und multilaterale Außenprüfungen in Form gleichzeitiger bzw. gemeinsamer Prüfungen zulässig. Das Instrument der gleichzeitigen Prüfung sei ausdrücklich geschaffen worden, um die Sachverhaltsaufklärung zu ermöglichen, wenn diese wegen grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen und der ausgeschöpften nationalen Ermittlungsmöglichkeiten nur durch die internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich sei. Soweit dies nach § 4 EUAHiG zulässig sei, seien die hierbei erlangten Informationen auszutauschen.
54Das wesentliche Ziel einer koordinierten Außenprüfung bestehe darin, während der Außenprüfung unter Beteiligung ausländischer Bediensteter zu einer einvernehmlichen Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes zu gelangen. Gemeinsame steuerliche Außenprüfungen eigneten sich zur Klärung sämtlicher Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug, v.a. bei Verrechnungspreisen, Betriebsstätten, grenzüberschreitender Steuergestaltungs- und Steuervermeidungsmodellen und zur Ermittlung komplexer Sachverhalte. Die gleichzeitige Außenprüfung sei mehr mit einem dynamischen Prozess als mit einem (punktuellen) Auskunftsersuchen vergleichbar. So könne die Zusammenarbeit mit einem anderen Staat u.a. auch zur Bestätigung der Verrechnungspreisgestaltung eines Konzerns führen.
55Voraussetzung einer gleichzeitigen Prüfung gemäß § 12 EUAHiG sei, dass mindestens in zwei Staaten parallele Außenprüfungen durchgeführt würden und die Steuerverwaltungen beider Staaten der Ansicht seien, dass im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung die notwendigen Erkenntnisse erlangt werden könnten, die beiden Steuerverwaltungen eine zutreffende steuerliche Würdigung von bereits in der Außenprüfung befindlichen Sachverhalten erlaubten. Hierbei entscheide der einladende Staat, welche Länder er einlädt. Die jeweils eingeladenen Staaten entschieden, ob sie teilnehmen. Dementsprechend habe vorliegend Deutschland keinen Einfluss darauf, ob Belgien als einladender Staat auch Österreich einlade, und Österreich entscheide in eigener Zuständigkeit, teilzunehmen. Im Übrigen seien alle an der koordinierten Prüfung Beteiligten zur Verschwiegenheit und damit zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet.
56Ergänzend verweist der Beklagte auf den Vortrag der Vertreter Österreichs im sog. Selection Meeting und im sog. Start Meeting, wonach die Gesellschaften in Österreich ab 2009 integrierter Bestandteil der globalen Business Division „Construction“ von Z seien. Seit der Übernahme der österreichischen Gesellschaften durch die Z-Gruppe hätten die zuvor profitablen Unternehmen nunmehr für 2009 bis 2018 ausschließlich Verluste erklärt. Die Betriebsprüfung in Österreich beabsichtige, die erklärte Dauerverlustsituation und hierbei auch die Preisgestaltung bei der Lieferkette von Produkten vom Werk bis zum Kunden sowie den konzerninternen Versand der Produkte als potentielles Geschäftsfeld von Angehörigen der Inhaberfamilie im Rahmen des Joint Audit besser analysieren zu können. Daraus ergebe sich das ergänzende Interesse Österreichs an einer umfassenden Ermittlung der Wertschöpfungskette des Einkaufs der Produkte und in der Folge die steuerliche Relevanz des Informationsaustauschs sowie die Rechtfertigung der Teilnahme Österreichs (vgl. hierzu die ergänzende Stellungnahme der Bundesbetriebsprüfung, Bl. 194 der GA).
57Unter Beachtung vorstehender Grundsätze seien vorliegend die Voraussetzungen für eine Teilnahme Deutschlands an der gleichzeitigen Prüfung und der Auswahlsitzung gegeben. Die Prüfung ziele auf die Aufklärung und Beurteilung dahingehend ab, ob die Zahlungen der Antragstellerinnen an die luxemburgischen Gesellschaften dem sog. Fremdvergleich standhalten. Ansonsten wären Gewinnverlagerungen zu korrigieren. Dies gelte vor allem auch im Zusammenhang mit den angefallenen Entwicklungskosten, die mit dem Franchise-Konzept im Zusammenhang ständen. Aufgrund der Wechselbeziehungen und Verflechtungen zwischen den europäischen Konzerngesellschaften könne dieser Sachverhalt jedoch weder allein national noch bilateral zwischen Deutschland und Luxemburg aufgeklärt werden, insbesondere auch, da sich die zentralen Einheiten in Luxemburg für ihre Leistungserbringung im Zusammenhang mit dem Franchise-Agreement und mit dem zentralen Einkauf von Rohstoffen konzernzugehöriger Gesellschaften außerhalb Luxemburgs bedienten.
58Auch ohne die Teilnahme Luxemburgs könnten durch die koordinierten Prüfungen in Frankreich, Belgien und Spanien sowie Deutschland Informationen zu der konkreten R&D‑Tätigkeit des Konzerns und zu der Frage, welche Entwicklungskosten angefallen seien, erlangt werden. Hieraus könnten sich Korrekturen von Gewinnverlagerungen ergeben, die voraussichtlich steuerlich erheblich seien. Wenn die Teilnahme Luxemburgs auch wünschenswert wäre, so könnten nach Einschätzung der Betriebsprüfung gerade auch aus der gemeinsamen Prüfung der Länder, in denen die Konzern-Schwestergesellschaften ihren Sitz haben, steuerlich erhebliche Erkenntnisse gewonnen werden. Dies zeige zudem, dass der Antragsgegner an die Grenzen seiner innerstaatlichen Ermittlungsmöglichkeiten gestoßen sei, da es ihm nicht möglich sei, von den Antragstellerinnen die Vorlage von Unterlagen die ausländischen Schwestergesellschaften betreffend zu fordern.
59Der Antragsgegner stellt klar, dass es nicht darum gehe, Fremdvergleichspreise auf Basis des Vergleichs der Geschäftszahlen der Schwestergesellschaften untereinander zu ermitteln. Ziel der Teilnahme an der gemeinsamen Prüfung sei vielmehr, zu einer einvernehmlichen Feststellung des Sachverhaltes zu gelangen. Auf dieser Basis könnten dann sekundär die Verrechnungspreise durch Vergleich mit fremden Dritten auf die Fremdüblichkeit hin überprüft werden. Ohne die Kenntnis des zuvor ermittelten zutreffenden Sachverhaltes sei dies hingegen nicht möglich.
60Vor diesem Hintergrund seien in den anderen Staaten vorhandene Informationen zur Wertermittlung bei der jeweiligen dortigen Veräußerung auch für Zwecke der Prüfung, ob das aus Luxemburg gegenüber der deutschen Gesellschaft berechnete Franchising-Entgelt dem Fremdvergleichsgrundsatz entspreche, voraussichtlich relevant. Umgekehrt könnten Informationen aus Deutschland u.a. deshalb für die anderen Staaten voraussichtlich erheblich sein, weil Deutschland Informationen hinsichtlich eines bis einschließlich ...2014 geltenden „cost contribution agreement“ mit daraus resultierenden Tätigkeiten in Deutschland geben könne. Diese Informationen könnten für die jeweiligen ausländischen Betriebsprüfungen insoweit erheblich und steuerlich relevant sein, wie bzw. ob die aus Luxemburg erhaltenen Zahlungen bzw. nach Luxemburg gehenden Zahlungen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Zudem könnten in Deutschland vorhandene Informationen zu eventuellen internen Vorleistungen aus Deutschland, die zur Vermeidung von Kaskadeneffekten bei der Ermittlung der „Adjusted Sales“ zu berücksichtigen seien, für die jeweilige ausländische Prüfung der Bemessungsgrundlage der Franchisegebühr erheblich sein (vgl. Aktenvermerk vom 19. April 2021, Bl. 166 der GA).
61Auch der wiederholte Hinweis der Antragstellerinnen auf bereits vorgelegten Unterlagen und Dokumentationen führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorlage von Unterlagen verbiete nicht die Überprüfung des Sachverhaltes. Die Aufgabe der Betriebsprüfung bestehe gerade darin, die Unterlagen zu verifizieren. Vorliegend zeige sich gerade der Dissens zwischen den Ansichten der Antragstellerinnen und der Betriebsprüfung und somit die Notwendigkeit der Ermittlung des tatsächlich verwirklichten Sachverhaltes. Lediglich dann, wenn Einvernehmen zwischen der Finanzverwaltung und dem Steuerpflichtigen bestünde, läge kein Grund für weitere Ermittlungen vor.
62Des Weiteren ermögliche der Austausch aller an der Prüfung beteiligten Staaten auch im Zusammenhang mit dem zentralen Wareneinkauf („Procurement) Rückschlüsse auf die – unter Betrachtung der wiederum jeweils von den Konzerngesellschaften ausgeübten Funktionen – tatsächlich in Luxemburg ausgeübten Funktionen. Die deutschen Produktionswerke und damit die Antragstellerinnen kauften ihre benötigten Rohstoffe über die zentrale Einkaufsgesellschaft in Luxemburg. Auch diese Gesellschaft bediene sich für ihre Leistungserbringung anderer Gesellschaften im Ausland. Das operative Hedging der Währungskursrisiken dieser Einkaufsgesellschaft werde durch die in Frankreich ansässige X S.A. durchgeführt. Durch die u.a. mit Frankreich koordinierte Betriebsprüfung seien Erkenntnisse zu gewinnen, wie das Hedging genau ablaufe und wie die Preise gegenüber den deutschen Werken fixiert würden.
63Angesichts des vorliegenden Streitverfahrens habe der Antragsgegner an der Startsitzung für die koordinierte Außenprüfung sowie den weiteren Sitzungen bisher lediglich passiv teilgenommen, ohne Informationen weiterzugeben. Eine Verletzung des Steuergeheimnisses durch Preisgabe von Informationen nur durch Zuhören sei naturgemäß ausgeschlossen. Soweit der Antragsgegner dabei zuhörend Informationen empfange, entspreche dies der zulässigen, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpften Entgegennahme von Spontanauskünften i.S.v. § 9 EUAHiG.
64Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze des Antragsgegners (Bl. 147 ff., 190 ff., 204 ff. der GA).
65II.
66Der zulässige Antrag ist unbegründet.
67Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch, dem Antragsgegner einstweilen zu untersagen, zusammen mit den Steuerverwaltungen Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs an einer gleichzeitigen oder gemeinsamen Außenprüfung betreffend die Antragstellerinnen und die ausländischen Schwestergesellschaften mitzuwirken und in diesem Zusammenhang die für die Besteuerungsverfahren erforderlichen Informationen auszutauschen.
681. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass der im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass der Antragsteller den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO).
692. Die Antragstellerinnen begehren den Erlass einer Sicherungsanordnung, denn durch die gerichtliche Anordnung möchten sie verhindern, dass der Antragsgegner mit den Steuerverwaltungen Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs (weiter) in Kontakt tritt und diesen Informationen über die Antragstellerinnen übermittelt mit dem Ziel, eine koordinierte (gemeinsame oder gleichzeitige) Prüfung bei den Antragstellerinnen und den in den anderen Staaten ansässigen Schwestergesellschaften des Z‑Konzerns vor allem zur Überprüfung und Abstimmung bezüglich der innerhalb des Konzerns an die luxemburgische Muttergesellschaft aufgrund der Franchise-Vereinbarungen geleisteten Zahlungen zu vereinbaren und durchzuführen.
703. Das Antragsbegehren hat in der Sache keinen Erfolg. Den Antragstellerinnen steht kein entsprechender Anordnungsanspruch zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 30 AO im Hinblick auf die Weiterleitung von Informationen zur Vereinbarung und Vorbereitung einer grenzüberschreitend koordinierten Prüfung, denn die Antragstellerinnen haben eine entsprechende Informationsweitergabe gemäß § 1004 Abs. 2 BGB analog zu dulden.
71a) Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – in analoger Anwendung – i.V.m. § 30 AO anerkannt (vgl. BFH‑Beschluss vom 29. April 1992 I B 12/92, BStBl. II 1992, 645). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Zu Recht ist der Antragsgegner der Auffassung, dass sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 1 und 2 AO und den Vorschriften des EU-Amtshilfegesetzes eine Rechtfertigung für die mit der Vereinbarung, Vorbereitung und Durchführung einer koordinierten Prüfung mit den Steuerverwaltungen Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs verbundene Offenbarung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnissen der Antragstellerinnen ergibt.
72b) Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO ist die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen zulässig, soweit sie der Durchführung eines Verfahrens i.S.v. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) und b) AO, d.h. eines Verwaltungsverfahrens, eines Rechnungsprüfungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahren in Steuersachen, dient. Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO ist die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen auch erlaubt, soweit sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Zudem ist auch gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2a AO eine Offenbarung erlaubt, wenn sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist. Zu diesen Normen gehören auch die Rechtsgrundlagen des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs (vgl. Bozza-Bodden, DStJG Band 36, 2013, 133, 154).
73Gemäß § 117 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. Gemäß § 117 Abs. 2 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU-Amtshilfegesetzes (EUAHiG), durch das die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (EU-Amtshilferichtlinie, ABl. EU L 64, 1) umgesetzt wird, leisten.
74c) Im Ergebnis kommt es vorliegend nicht entscheidend darauf an, um welche konkrete Art der Prüfung im zwischenstaatlichen Auskunftsverkehr, gegen die sich die Antragstellerin wendet, es sich hier handelt. Unter koordinierten Außenprüfungen werden begrifflich sowohl in mehreren Staaten gleichzeitig nebeneinander durchgeführte Simultanprüfungen als auch in einem Staat unter Beteiligung ausländischer Bediensteter durchgeführte gemeinsame Prüfungen verstanden. Die Rechtsgrundlage betreffend die gleichzeitige Prüfung (Simultanprüfung) mit ausländischen Finanzbehörden findet sich für die deutschen Finanzbehörden in § 12 Abs. 1 EUAHiG. Diese Simultanprüfungen führen die nationalen Steuerbehörden gleichzeitig, jedoch örtlich unabhängig voneinander, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet und – im Unterschied zur gemeinsamen Prüfung – ohne Beteiligung ausländischer Bediensteter durch (vgl. Gehm, IWB 2017, 229, 231; Rätke in Klein, § 117 AO Rn. 205). Demgegenüber bilden §§ 10, 11 EUAHiG die Rechtsgrundlage für eine gemeinsame Prüfung (sog. Joint Audits), bei der entweder ausländische Bedienstete an einer Betriebsprüfung in Deutschland oder umgekehrt deutsche Finanzbeamte an einer im Ausland durchgeführten Prüfung teilnehmen (vgl. Anger, IWB 2017, 204; Gehm, IWB 2017, 229, 232; BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89, Rn. 2.2.4; dazu bereits FG Köln, Beschluss vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852).
75Insoweit kann hier allerdings offengelassen werden, ob es sich bei der beabsichtigten Prüfung um eine gleichzeitige Prüfung i.S.v. § 12 EUAHiG – eine solche dürfte hier, auch nach dem Vortrag der Beteiligten, von den Steuerbehörden in der an der Prüfung beteiligten Staaten angestrebt werden – oder um eine gemeinsame Prüfung i.S.v. §§ 10, 11 EUAHiG handeln soll. Die Voraussetzungen für beide Arten von Prüfungen liegen vor. Darüber hinaus ist sowohl bei einer gleichzeitigen Prüfung gemäß § 12 EUAHiG (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG) als auch bei einer gemeinsamen Prüfung gemäß §§ 10, 11 EUAHiG (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG) unter den weiteren Voraussetzungen von § 4 EUAHiG der Austausch der im Rahmen der Prüfung erlangten Informationen sowie der für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse zulässig.
76d) Im Streitfall ist die vom Antragsgegner beabsichtigte Informationsweitergabe zum Zwecke der Vorbereitung, Vereinbarung und Durchführung einer grenzüberschreitenden Prüfung mit den Steuerverwaltungen Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs rechtlich nicht zu beanstanden, da insoweit gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 und 2a AO i.V.m. § 117 Abs. 2, §§ 10, 11, 12 EUAHiG das Steuergeheimnis nicht entgegensteht.
77aa) Gemäß § 1 Abs. 1 EUAHiG regelt das Gesetz den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Es ist anzuwenden auf jede Art von Steuern, die von einem oder für einen Mitgliedstaat für dessen Gebiets- oder Verwaltungseinheiten einschließlich der örtlichen Behörden erhoben werden. Ausnahmen sind in § 1 Abs. 2 EUAHiG geregelt. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG erstellt die zuständige Finanzbehörde auf Ersuchen alle Antworten, die für die Festsetzung von Steuern gemäß § 1 voraussichtlich erheblich sind. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 EUAHiG erfolgt keine Übermittlung von Informationen, wenn der andere Mitgliedstaat die üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, ohne dabei die Erreichung des Ziels zu gefährden.
78Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EUAHiG kann zum Zweck des Informationsaustauschs mit einem anderen Mitgliedstaat vereinbart werden, dass unter den von der Finanzbehörde festgelegten Voraussetzungen befugte Bedienstete des anderen Mitgliedstaats in den Amtsräumen zugegen sein dürfen, in denen deutsche Finanzbehörden ihre Tätigkeit ausüben, sowie bei den behördlichen Ermittlungen zugegen sein dürfen, die auf deutschem Hoheitsgebiet durchgeführt werden. Hierbei hat gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG die Finanzbehörde sicherzustellen, dass Bediensteten der anderen Mitgliedstaaten nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 EUAHiG übermittelt werden dürfen. Gemäß § 11 EUAHiG können, sofern die Komplexität eines Ersuchens es erfordert, bevollmächtigte inländische Bedienstete in andere Mitgliedstaaten entsandt werden; in diesem Fall gilt § 10 EUAHiG sinngemäß.
79Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG kann auf Vorschlag einer Finanzbehörde das zentrale Verbindungsbüro mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten vereinbaren, im jeweils eigenen Hoheitsgebiet eine gleichzeitige Prüfung einer oder mehrerer Personen von gemeinsamem oder ergänzendem Interesse durchzuführen. Für Deutschland übernimmt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG i.V.m. §§ 3 Abs. 2 EUAHiG der Antragsgegner die Aufgaben des zentralen Verbindungsbüros. Soweit gemäß § 4 EUAHiG zulässig, sind die hierbei erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG). Gemäß § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EUAHiG bestimmt die Finanzbehörde, welche Personen oder welche Personen sie für eine gleichzeitige Prüfung vorschlägt. Das zentrale Verbindungsbüro unterrichtet die betroffenen Mitgliedstaaten darüber, begründet die Auswahl und gibt den Zeitraum an, in welchem die gleichzeitige Prüfung durchgeführt werden soll. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 EUAHiG entscheidet für den Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat eine gleichzeitige Prüfung vorschlägt, die Finanzbehörde, ob sie an der gleichzeitigen Prüfung teilnehmen wird. Das zentrale Verbindungsbüro teilt dem anderen Mitgliedstaat das Einverständnis oder die begründete Ablehnung mit (§ 12 Abs. 3 Satz 2 EUAHiG).
80Der eigentlichen Prüfung vorgeschaltet sind regelmäßig sog. Auswahlsitzungen bzw. Auftaktsitzungen, in denen die Unternehmen für koordinierte Außenprüfungen ausgewählt werden, ausgehend vom zu prüfenden Sachverhalt der Prüfungszeitraum und die Prüfungsschwerpunkte festgelegt und formale Fragen wie die Abänderbarkeit von Steuerfestsetzungen und dem ggf. entgegenstehende Vereinbarungen erörtert werden (vgl. Gehm, IWB 2017, 229, 231; BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89, Rn. 3.7 und 3.8; FG Köln, Beschluss vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852).
81bb) Amtshilfeersuchen deutscher Finanzbehörden an ausländische Behörden stehen im Ermessen der deutschen Finanzverwaltung. Grundsätzlich muss die begehrte Auskunft für Zwecke der deutschen Besteuerung erforderlich sein. Dieser für die Amtshilfe allgemeingültige Grundsatz ergibt sich aus § 111 Abs. 1 AO, aber auch aus § 6 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG, wonach eine Finanzbehörde befugt ist, um „sachdienliche behördliche Ermittlungen“ zu ersuchen. Erforderlichkeit verlangt, dass ein Bezug zur Besteuerung im ersuchenden Staat besteht (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 I R 79/07, BFH/NV 2008, 1807). Dies wiederum erfordert, dass die Finanzbehörde darlegt, aus welchen Gründen ein beabsichtigtes Auskunftsersuchen für die Besteuerung im ersuchenden Staat „voraussichtlich erheblich ist“ (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Trotz der unterschiedlichen Terminologie sind die Tatbestandsmerkmale „Erforderlichkeit“ bzw. der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ einheitlich zu verstehen (vgl. bereits FG Köln, Beschluss vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).
82Für den Bereich der koordinierten Prüfungen ist dies darüber hinaus gesetzlich klarstellend geregelt. Soweit dies gemäß § 4 EUAHiG zulässig ist, sind die im Zuge einer gleichzeitigen Prüfung erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG). Auch bei einer gemeinsamen Prüfung hat die Finanzbehörde sicherzustellen, dass Bediensteten der anderen Mitgliedstaaten nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 übermittelt werden dürfen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG). Durch die Bezugnahme auf § 4 EUAHiG mit dem Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ stellt das Gesetz auch für koordinierte, grenzüberschreitende Prüfungen praktisch keine andere Schwelle als für den herkömmlichen Auskunftsverkehr auf. Des Weiteren kann gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 EUAHiG keine Auskunft mit der Begründung verweigert werden, dass die Information nicht für die Durchführung eines inländischen Besteuerungsverfahrens benötigt wird.
83Mit dem Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG) wurde der OECD-Standard (vgl. Art. 26 OECD-Musterabkommen) in das EUAHiG übernommen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852; so auch EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654 sowie etwa Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 1 EUAHiG, Rn. 3). Zugleich soll klargestellt werden, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, sich an Beweisausforschungen („Fishing Expeditions“) zu beteiligen oder um Informationen zu ersuchen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuerpflichtigen erheblich sind (vgl. Begründung zum Entwurf des EU-Amtshilfegesetz der Bundesregierung vom 25. Mai 2012, BR-Drucks. 302/12, S. 66 f.). Insoweit nimmt die Gesetzesbegründung explizit Bezug auf die Erwägungsründe der EU-Amtshilferichtlinie, wonach mit dem Standard der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ gewährleistet werden soll, dass ein steuerlicher Informationsaustausch im größtmöglichen Umfang stattfindet. Des Weiteren sollen die Verfahrensvorschriften gemäß Art. 20 EU-Amtshilferichtlinie großzügig ausgelegt werden, damit der effiziente Informationsaustausch nicht vereitelt wird (vgl. 9. Erwägungsgrund, ABl. EU L 64, 2).
84Das Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ verlangt, dass zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654; FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55). Die Daten müssen für die Subsumtion unter Besteuerungstatbestände des ersuchenden Vertragsstaates von Bedeutung sein (vgl. Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29). Darauf, ob die Information nach ihrer Übermittlung tatsächlich relevant ist, kommt es nicht an und eine mangelnde Relevanz macht das ursprüngliche Ersuchen nicht unzulässig (vgl. Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55).
85Die deutschen Finanzbehörden, insbesondere der Antragsgegner als zentrales Verbindungsbüro, sind im Falle der Beantwortung eines Auskunftsersuchens aus dem Ausland nicht verpflichtet, das ausländische Steuerrecht und die Bedeutung der angefragten Informationen abschließend zu prüfen bzw. Ermittlungen hierzu anzustellen. Es genügt, dass die Erheblichkeit der begehrten Auskunft nach einer ex-ante-Betrachtung möglich erscheint. Der inländischen Behörde obliegt insoweit lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Mai 2005 I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503; vom 17. September 2007 I B 30/07, BFH/NV 2008, 51; ebenso etwa Seer, IWB 2014, 87, 90). Insoweit hat auch der EuGH mittlerweile klargestellt, dass die um Auskunft ersuchte Behörde bzw. das angerufene Gericht nicht auf eine Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit des Ersuchens beschränkt sind. Allerdings ist die Kontrolle der Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im Zusammenhang mit der voraussichtlichen Erheblichkeit der erbetenen Informationen auf die Prüfung beschränkt, ob diese Erheblichkeit offenkundig fehlt (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Die entsprechenden Anforderungen sind auch im vorliegenden Zusammenhang bei Prüfung der behördlichen Entscheidung, an einer vorgeschlagenen koordinierten Prüfung i.S.v. § 12 EUAHiG teilzunehmen, zu beachten.
86cc) Anders als der herkömmliche zwischenstaatliche Auskunftsverkehr insbesondere in Form von Auskunftsersuchen oder Spontanauskünften wird durch koordinierte Prüfungen ein weiter Anwendungsbereich eröffnet, da sich eine steuerliche Prüfung – anders als ein Auskunftsersuchen im Einzelfall oder eine Spontanauskunft – nicht nur auf eine punktuelle, sondern auf eine umfassende Prüfung eines Steuerfalls bezieht. Gemäß § 199 Abs. 1 AO sind bei einer (innerstaatlichen) Außenprüfung die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse, die für die Besteuerungspflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind, zu Gunsten und zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen. Die Finanzbehörde trägt insoweit die Verantwortung für die Sachaufklärung, sie hat zugleich die Verfahrensherrschaft bei der Sachaufklärung und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 199 AO, Rn. 1 mit Verweis auf § 88, Rn. 1). Mit diesen Prüfungsgrundsätzen für die steuerliche Außenprüfung wird inhaltlich auf die allgemeinen Regelungen gemäß §§ 85, 88 AO Bezug genommen. Gemäß § 88 Abs. 1 AO ermittelt die Finanzbehörde einen Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Gemäß § 88 Abs. 2 AO bestimmt die Finanzbehörde Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Finanzbehörde hat zugleich das Recht und die Pflicht, Angaben eines Steuerpflichtigen zu verifizieren. Soweit eigene Sachaufklärungen im Ausland unzulässig sind, muss sich die Finanzbehörde der zwischenstaatlichen Amtshilfe bedienen, um dem Untersuchungsgrundsatz zu entsprechen (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852, vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322 sowie vom 13. April 2018, 2 V 174/18, EFG 2018, 1164; Seer in Tipke/Kruse, § 88 AO Rn. 6; Hendricks in Beermann/Gosch, § 117 AO, Rn. 7; Schäffkes/Fechner/Schreiber, DB 2017, 1668).
87Mit dem durch die gesetzlichen Regelungen vor allem in § 12 EUAHiG den Finanzbehörden zur Verfügung gestellten Institut der grenzüberschreitend koordinierten Außenprüfung wird letztendlich der Ermittlungsansatz des grenzüberschreitenden Informationsaustausches zwischen den EU-Mitgliedstaaten auf die Ebene der umfassenden steuerlichen Prüfung übertragen. Eine entsprechende europarechtliche Ermächtigungsgrundlage bestand schon nach der EG-Amtshilferichtlinie (Art. 8b), wurde jedoch erst mit § 12 EUAHiG in deutsches Recht umgesetzt (vgl. Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 12 EUAHiG, Rn. 1). Simultanprüfungen i.S.v. § 12 EUAHiG entsprechen einer Konzernprüfung auf dem Gebiet der EU (vgl. bereits FG Köln, Beschluss vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852; Zöllner in Tipke/Kruse, § 117 AO, Rn. 69). Die maßgebliche Schwelle der voraussichtlichen Erheblichkeit der Informationen, die im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung ausgetauscht werden sollen, ist insoweit ähnlich niedrig wie nach den Vorschriften der Abgabenordnung bezüglich der Durchführung einer Außenprüfung (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322 und vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852; Müller, DB 2017, 1744).
88Für eine Außenprüfung gemäß §§ 193 ff. AO bedarf es grundsätzlich keines besonderen Anlasses. Ausreichend ist bereits, wenn es der Betriebsprüfung darum geht, die Angaben des Steuerpflichtigen zu verifizieren (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351 und vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852; Schäffkes/Fechner/Schreiber, DB 2017, 1668, 1673).
89e) Nach dieser Maßgabe ist im vorliegenden Fall der vom Antragsgegner beabsichtigte Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Vereinbarung, Vorbereitung und Durchführung einer koordinierten Prüfung mit den Steuerverwaltungen Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs für die Festsetzung von Steuern voraussichtlich erheblich und die Entscheidung, dem Vorschlag der belgischen Steuerverwaltung zu folgen und eine solche Prüfung unter Beteiligung der anderen Staaten anzustreben, ermessensfehlerfrei ergangen und auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.
90aa) Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine gleichzeitige Prüfung nach § 12 EUAHiG vor. Die Einschätzung der Steuerverwaltungen der an der Prüfung beteiligten Staaten als auch des Antragsgegners sowie des für die inländische Betriebsprüfung zuständigen Finanzamts für Großunternehmen in Y, dass eine gleichzeitige Prüfung sowohl der Antragstellerinnen als auch anderer ausländischer Schwestergesellschaften im Hinblick auf Zahlungen an die Muttergesellschaft in Luxemburg erforderlich sei, und die damit zusammenhängende Erwartung, dass die für die jeweiligen Besteuerungsverfahren relevanten tatsächlichen Umstände weiter aufgeklärt bzw. überprüft werden können, stoßen auf keine rechtlichen Bedenken.
91Gegenstand der koordinierten Prüfung zwischen der deutschen Finanzverwaltung und den ausländischen Finanzverwaltungen sollen die in den Besteuerungszeiträumen 2014 bis 2017 auf Basis des zwischen der Konzernmuttergesellschaft und den verschiedenen Tochtergesellschaften in den an der Prüfung beteiligten Staaten abgeschlossenen Agreements (IFA) an die Muttergesellschaft in Luxemburg geleisteten Zahlungen (Franchise Fee) sowie das im Konzern zentralisierte Beschaffungswesen sein. Dies erfasst auch die den Antragstellerinnen seitens der Konzernmutter in Rechnung gestellten Franchisegebühren. Diese Zahlungen sollen nach dem Vortrag des Antragsgegners im Ergebnis daraufhin überprüft werden, ob sie als innerhalb der Unternehmensgruppe angesetzte Verrechnungspreise angemessen sind, d.h. dem Fremdvergleich standhalten, oder ob sie steuerlich zu korrigieren sind.
92bb) Die Frage der Angemessenheit von Verrechnungspreisen zwischen den Antragstellerinnen und der im Ausland ansässigen Muttergesellschaft der Z-Gruppe kann für die Gewinnverteilung und damit für die Besteuerung sowohl in Deutschland als auch im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft sowie in den Ansässigkeitsstaaten der anderen Tochtergesellschaften, die ebenfalls aufgrund des IFA oder einer vergleichbaren Vereinbarung Zahlungen an die Muttergesellschaft leisteten, erheblich sein.
93(1) Der Antragsgegner hat insoweit nachvollziehbar dargestellt, dass nach der Ansicht sowohl der ausländischen Steuerverwaltungen als auch des Antragsgegners und des im Inland zuständigen Betriebsprüfungsfinanzamts, gerade vor dem Hintergrund der Umstellung der Franchiseverträge innerhalb der Z-Gruppe ab dem Jahre 2015, die Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Fremdvergleichsüblichkeit der zwischen den Antragstellerinnen und den ausländischen Schwestergesellschaften einerseits sowie der in Luxemburg ansässigen Muttergesellschaft andererseits noch nicht abgeschlossen ist und daher der Aspekt der Verrechnungspreisgestaltung – wie auch in Vorjahren – eine besondere Prüfungsrelevanz hat. Nachvollziehbar ist zudem, dass die Antragstellerinnen nicht in der Lage sind, im Besitz der anderen ausländischen Schwestergesellschaften befindliche Unterlagen vorzulegen bzw. diesbezüglich Auskünfte zu erteilen.
94Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen geht der Senat davon aus, dass sich mittels eines Vergleichs der sowohl von den ausländischen Konzerngesellschaften als auch von den Antragstellerinnen an die luxemburgische Muttergesellschaft gezahlten Vergütungen und unter Berücksichtigung der zuvor an die Muttergesellschaft übertragenen immateriellen Vermögenswerte (R&D IP) bzw. weiterer Leistungsbeziehungen die tatsächliche Gewinnverteilung innerhalb der Unternehmensgruppe prüfen lässt. Die Leistungsbeziehungen zwischen den Antragstellerinnen zur Muttergesellschaft in Luxemburg einerseits und den ausländischen Schwestergesellschaften zur Muttergesellschaft andererseits können Auswirkungen auf die Beurteilung der Fremdvergleichsüblichkeit der Franchisezahlungen haben.
95Vor diesem Hintergrund besteht die Möglichkeit, dass der vorliegend von den beteiligten Staaten beabsichtigte Informationsaustausch für steuerliche Zwecke in diesen Staaten relevant sein wird. Jedenfalls ist es legitimer Zweck der angestrebten Prüfung, insoweit die Angaben der Steuerpflichtigen in den beteiligten Staaten zu überprüfen.
96Zwar mögen – wie die Antragsstellerinnen vortragen – keine unmittelbaren Geschäftsbeziehungen zwischen ihnen und den Schwestergesellschaften in den anderen Teilnehmerstaaten bestehen und lediglich parallele Sachverhalte gegeben sein. Es mag auch sein, dass allein eine isolierte Betrachtung der Vereinbarung zwischen einer deutschen Konzerngesellschaft mit der luxemburgischen Muttergesellschaft einerseits und einer ausländischen Konzerngesellschaft mit der Muttergesellschaft andererseits einen Fremdvergleich nicht ermöglicht. Allerdings kann eine Zusammenschau der konzerninternen Vereinbarungen zwischen verschiedenen Tochtergesellschaften und der Muttergesellschaft sehr wohl eine Prüfung der Fremdüblichkeit konzerninterner Preise ermöglichen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Streitfall – entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen – nicht von der Senatsentscheidung vom 23. Februar 2018 (2 V 814/17, EFG 2018, 852), denn auch hier zielt die Außenprüfung auf die tatsächlichen Umstände der Abrechnung einer Franchisegebühr ab, die von Konzerntochtergesellschaften aus verschiedenen, die Prüfung koordinierenden Staaten, an eine Konzernmuttergesellschaft gezahlt wird.
97(2) Dies erklärt sich bereits daraus, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners und den Feststellungen der inländischen Betriebsprüfung (vgl. Aktenvermerk vom 19. April 2021, Bl. 165 f. der GA) verschiedene deutsche und ausländische Tochtergesellschaften zum 31. Dezember 2014 immaterielle Werten (Research & Development, R&D IP) an die Muttergesellschaft veräußert hatten. Diese immateriellen Werte wurden sodann ab dem 1. Januar 2015 von der Muttergesellschaft aufgrund einer Franchisevereinbarung nach dem Muster des IFA an Konzerntochtergesellschaften zur Nutzung überlassen. Die Franchise Fee ist somit teilweise Entgelt für die (Rück‑)Überlassung des R&D IP an die am IFA bzw. einer vergleichbaren Vereinbarung teilnehmenden Schwestergesellschaften.
98Vor diesem Hintergrund ist dem Antragsgegner zuzugeben, dass die Fragen dazu, welchen Gesellschaften das R&D IP zuzurechnen ist und in welchem Umfang das R&D IP sodann seitens der einzelnen Tochtergesellschaften auf die Muttergesellschaft übertragen wurde, Relevanz für die Frage der Angemessenheit der gezahlten Franchise Fee haben kann. Insoweit stellt sich auch die vom Antragsgegner aufgeworfene Frage, welche Auswirkungen auf die Preisgestaltung der Umstand hat, dass die Muttergesellschaft als Franchisegeberin das R&D IP von Konzerngesellschaften erhalten hatte und gegen Lizenzentgelt wieder überlässt, ohne an der tatsächlichen Entwicklung des R&D IPs beteiligt gewesen zu sein.
99Entsprechendes gilt auch für die Prüfung der Berechnung der Franchise Fee, insbesondere angesichts der Vereinbarung gemäß Art. 14.1 des IFA zu deren rein umsatzbasierter und nicht kostenbasierter Ermittlung, sowie für die Inanspruchnahme von Leistungen der zentralen Einkaufsgesellschaft in Luxemburg durch die Konzerntochtergesellschaften in den verschiedenen Staaten.
100Diese tatsächlichen Gegebenheiten genügen für eine zwischen den Steuerverwaltungen der beteiligten Staaten koordinierte Abstimmung über die zugrundeliegenden tatsächlichen Gegebenheiten, um sodann die Prüfung der Preisgestaltungen und damit von möglichen Gewinnverlagerungen zwischen den Konzerngesellschaften und damit zwischen den einzelnen an der Außenprüfung beteiligten Staaten zu ermöglichen. Die Übertragung von R&D IP auf die Muttergesellschaft und deren anschließende Überlassung im Rahmen der Franchisevereinbarungen sowie die Tätigkeit der Einkaufsgesellschaft haben auch die Antragstellerinnen nicht in Abrede gestellt. Sie sind lediglich der Ansicht, dass diese Leistungsbeziehungen bzw. die Abrechnungsmodalitäten ohne Relevanz für die Preisgestaltung zwischen den Antragstellerinnen und der Muttergesellschaft sind. Der Prüfung einer insoweit möglichen Relevanz dient gerade die beabsichtigte koordinierte Außenprüfung.
101(3) Eine Information bzgl. des Verhältnisses der Antragstellerinnen zur luxemburgischen Muttergesellschaft kann sehr wohl relevant sein für die – vergleichende – Betrachtung eines Sachverhalts, der das Verhältnis zu einer in einem anderen an der Prüfung teilnehmenden Staat ansässigen Konzerntochtergesellschaft ebenfalls zur Konzernmuttergesellschaft in Luxemburg betrifft. Hierbei ist eine unmittelbare Geschäftsbeziehung zwischen den in unterschiedlichen Staaten ansässigen Tochtergesellschaften nicht erforderlich. Selbst wenn durch die Prüfung der auf Basis des IFA oder einer vergleichbaren Vereinbarung geleisteten Zahlungen sowie des im Konzern zentralisierten Beschaffungswesens auf steuerliche Angemessenheit hin keine für die Besteuerung in Deutschland unmittelbar, sondern lediglich mittelbar relevante Informationen erlangt werden könnten, würden diese eine Prüfung, ob unterschiedliche Preisgestaltungen und damit ggf. Gewinnverlagerungen über unangemessene Verrechnungspreise vorliegen oder nicht, ermöglichen.
102Insoweit kann – anders als die Antragstellerinnen meinen – eine Vereinbarung zwischen einer deutschen und einer luxemburgischen Gesellschaft beispielsweise u.U. mit einer Vereinbarung einer ausländischen Tochtergesellschaft und wiederum der luxemburgischen Muttergesellschaft verglichen werden und Feststellungen ermöglichen, ob die Preise einem Fremdvergleich standhalten bzw. ggf. Gewinnverlagerungen von dem einen in den anderen Staat erfolgen.
103(4) Der von den Antragstellerinnen anstelle der koordinierten Außenprüfung als rechtmäßig angesehenen Sachverhaltsaufklärung durch einzelne Auskunftsersuchen, die sich als mildere und die betroffenen Unternehmen weniger belastende Ermittlungsmaßnahme darstellten, ist hingegen kein etwaiger Vorrang einzuräumen. Ausgehend davon, dass insoweit dem Antragsgegner und den sonst beteiligten Finanzbehörden ein weiter Ermessens- bzw. Entscheidungsspielraum zuzuerkennen ist, welches Instrument der Sachverhaltsaufklärung bzw. der Sachverhaltsüberprüfung sie als effizient ansehen und ergreifen, sind für den Senat vorliegend keine Bedenken gegen die hier gewählte Ermittlungsmaßnahme der grenzüberschreitend koordinierten Außenprüfung ersichtlich. Diese Prüfung verspricht angesichts der Komplexität der Sachverhaltsgestaltung und der Vielzahl von beteiligten Unternehmen in mehreren Staaten eine größere Effizienz als die von den Antragstellerinnen für ausreichend erachteten Auskunftsersuchen. Diese müssten in der Regel auf bilateraler Ebene erfolgen und sich auf konkrete Sachverhaltsfragen beziehen. Demgegenüber zielt eine koordinierte Außenprüfung im europäischen Kontext – vergleichbar der Betriebsprüfung nach der Abgabenordnung – auf einen möglichst effizienten Informationsaustausch im Rahmen einer europäischen Konzernprüfung ab (vgl. dazu FG Köln, Beschluss vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852; Zöllner in Tipke/Kruse, § 117 AO, Rn. 69).
104cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob und inwieweit in Bezug auf die Leistungsbeziehungen zwischen den Antragstellerinnen und den Schwestergesellschaften in den an der Prüfung beteiligten Staaten die Verrechnungspreisgestaltungen einer Prüfung bedürfen bzw. sich steuerliche Auswirkungen zwischen diesen Staaten ergeben. Das Ziel einer koordinierten Betriebsprüfung muss nicht darin bestehen, eine rechtlich verbindliche Verständigung über die ertragsteuerliche Behandlung eines einvernehmlich festgestellten Sachverhalts zwischen den an der Prüfung beteiligten Mitgliedstaaten herzustellen. Dies wäre ohnehin nur dann der Fall, wenn für die beteiligten Mitgliedstaaten Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass Gewinne von einem Staat in einen anderen verlagert worden sind und daher zwischen diesen Staaten eine Verständigung herbeigeführt werden soll.
105Selbst wenn der Zweck der beabsichtigten Prüfung primär darin besteht zu prüfen, ob mithilfe des Franchisemodells Gewinne von den beteiligten Staaten, in denen die Konzerntochtergesellschaften ansässig sind, nach Luxemburg verlagert worden sein könnten, würde dies der Zulässigkeit der beabsichtigten Prüfung nicht entgegenstehen. Auch in diesem Falle wären die im Zusammenhang mit der Prüfung ausgetauschten Informationen für die Besteuerung sowohl in den beteiligten Staaten einschließlich Deutschland als auch in Luxemburg voraussichtlich erheblich i.S.v. § 4 Abs. 1 EUAHiG. Denn für die Beurteilung der Angemessenheit der an die luxemburgische Muttergesellschaft gezahlten Franchisegebühren unter Berücksichtigung der Fremdvergleichsgrundsätze sind beispielsweise auch die zuvor von den Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft übertragenen R&D IP relevant. Ob und inwieweit hierbei angemessene Vergütungen/Verrechnungspreise gezahlt wurden, ist typischer und rechtlich nicht zu beanstandender Gegenstand einer Prüfung, wie sie vom Antragsgegner in Abstimmung mit den Steuerverwaltungen der anderen an der Prüfung beteiligten Staaten beabsichtigt ist.
106dd) Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend auf eine Teilnahme Luxemburgs an der koordinierten Außenprüfung an, um die voraussichtliche steuerliche Relevanz der auszutauschenden Informationen bejahen zu können. Zwar wäre die Teilnahme Luxemburgs als Ansässigkeitsstaat der Konzernmuttergesellschaft aus Sicht der beteiligten Steuerverwaltungen für die Prüfung sicherlich förderlich. Jedoch kann bereits der mögliche Austausch von Informationen über die Grundlagen der Franchise Fee, die von zwei Tochtergesellschaften aus verschiedenen Staaten an die Muttergesellschaft im dritten Staat gezahlt wird, in den beiden Ansässigkeitsstaaten voraussichtlich erheblich sein, selbst wenn keine Informationen von Seiten des Ansässigkeitsstaats der Muttergesellschaft erlangt werden können. Jedenfalls sind für den Senat hier nach Maßgabe der anzustellenden Schlüssigkeitsprüfung keine Bedenken hinsichtlich der vom Antragsgegner angeführten Gesichtspunkte, die im Hinblick auf die Berechnungsgrundlage für die Franchise Fee einen Informationsaustausch zwischen den an der geplanten Außenprüfung beteiligten Staaten – ohne Luxemburg – voraussichtlich erheblich erscheinen lassen.
107Ansonsten wäre im Übrigen in Konstellationen wie der vorliegenden die Durchführung einer koordinierten Außenprüfung in einem grenzüberschreitend agierenden Konzern regelmäßig davon abhängig, dass möglichst alle Staaten, in denen Konzerngesellschaften ansässig sind, daran mitwirken.
108ee) In diesem Zusammenhang ist ein Informationsaustausch zwischen den deutschen und den Steuerbehörden Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Österreichs auch insoweit zulässig – und wird auch von den Antragstellerinnen nicht beanstandet –, als sich die Ermittlungen auf den Zeitraum ab 2014 erstrecken, obwohl erst ab 2015 das neue Franchisemodell implementiert wurde. Denn es liegt nahe, dass dieser Zeitraum zumindest insoweit mittelbar Relevanz für die Zeiträume ab 2015 entfalten kann, als Erkenntnisse hieraus im Zuge der Prüfung der Angemessenheit der konzerninternen Verrechnungspreise als Vergleichsmaßstab herangezogen werden können.
109ff) Die Rechtmäßigkeit der koordinierten Außenprüfung steht auch nicht aufgrund der Teilnahme Österreichs in Zweifel. Zum einen könnte das Vorbringen, die österreichischen Gesellschaften seien am IFA nicht beteiligt bzw. hätten keine vergleichbare Vereinbarung geschlossen, im Rahmen der Prüfung selbst überprüft werden. Zum anderen müssen bei einer koordinierten Prüfung die Interessen der teilnehmenden Staaten nicht gleichgerichtet sein. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG sowie Art. 12 Abs. 1 EU‑Amtshilferichtlinie ist erforderlich und ausreichend, dass die Prüfung einem „gemeinsamem oder ergänzendem Interesse“ dient. Insoweit genügt es, dass die österreichische Steuerverwaltung unter Verweis auf die Zugehörigkeit der österreichischen Gesellschaften der Z-Gruppe zum Konzern seit 2009 und vor allem der Teilnahme an der Wertschöpfungskette beim Einkauf der Rohstoffe die Mitwirkung an der Prüfung auf ein ergänzendes Interesse stützt.
110Zudem ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Steuerbehörden der an der Prüfung beteiligten Staaten ihrerseits auch nur die für den Auskunftsverkehr tatsächlich erforderlichen Informationen die ausländischen Schwestergesellschaften betreffend offenbaren dürfen. Umgekehrt hat sich auch der Antragsgegner daran zu halten, nur die – am Prüfungsgegenstand orientiert – erforderlichen Auskünfte auszutauschen. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG dürfen nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 EUAHiG übermittelt werden dürfen. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG können nur die bei der gleichzeitigen Prüfung erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse ausgetauscht werden.
111Des Weiteren dient das zweistufige Verfahren der innerhalb der EU grenzüberschreitend koordinierten Prüfung mit dem der eigentlichen Prüfung vorgeschalteten Vorbereitungsstadium, in dem die Reichweite und der Gegenstand der beabsichtigten Prüfung abzustimmen sind, auch der Wahrung der Rechte der betroffenen Steuerpflichtigen. Ein Auskunftsaustausch ist zwar in einem – dem Zweck der Ermittlung der zutreffenden Besteuerungsgrundlagen dienenden – größtmöglichem Umfang eröffnet, aber eben nicht schrankenlos und nicht losgelöst von einem vorher zwischen den beteiligten Staaten abgestimmten Prüfungsziel. In diesem Vorbereitungsstadium einer angestrebten koordinierten Betriebsprüfung erfolgt noch keine umfassende und detaillierte Darlegung der Erkenntnisse, die den Behörden des um Auskunft ersuchenden bzw. die Prüfung anregenden Mitgliedstaats vorliegen, sondern erst nach der getroffenen Entscheidung aller Staaten, an der Prüfung teilzunehmen. Insoweit besteht die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Beteiligung ausländischer Steuerbehörden im Hinblick auf das maßgebliche Tatbestandsmerkmal der voraussichtlichen Erheblichkeit des beabsichtigten Auskunftsverkehrs zu überprüfen, bevor die eigentliche Prüfung und der damit verbundene intensive Informationsaustausch beginnen.
112Bei einer Prüfung auf Basis des EUAHiG ist zwar das Steuergeheimnis grundsätzlich auch gegenüber den anderen (ausländischen) Konzerngesellschaften und Finanzverwaltungen geschützt. Allerdings erlauben die Vorschriften zum internationalen Auskunftsverkehr nach dem EUAHiG bzw. der EU‑Amtshilferichtlinie gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 bzw. Nr. 2a AO insoweit gerade eine Durchbrechung des Steuergeheimnisschutzes.
113In diesem Zusammenhang ist schließlich zu beachten, dass in dem um Informationsaustausch ersuchten Mitgliedsstaat nur geprüft werden muss, ob ein hinreichend begründetes Ersuchen der ausländischen Behörde vorliegt und ob den erbetenen Informationen die voraussichtliche Erheblichkeit für die von der ersuchenden Behörde geführte Ermittlung nicht offenkundig völlig zu fehlen scheint (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Soweit also die österreichische Steuerverwaltung im vorliegenden Fall ihr Interesse an der von Belgien vorgeschlagenen Prüfung betreffend die Zahlung der Franchise Fee durch die Konzerntochtergesellschaften an die luxemburgische Muttergesellschaft bekundete, ist diese Entscheidung für die Behörden der anderen teilnehmenden Staaten nur eingeschränkt überprüfbar.
114gg) Vorliegend ist seitens des Antragsgegners auch der Grundsatz der Subsidiarität gewahrt worden.
115Gemäß § 6 Abs. 3 EUAHiG sind Amtshilfeersuchen gegenüber anderen Mitgliedstaaten subsidiär, d.h. vor einem Ersuchen muss eine Finanzbehörde alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, es sei denn, die Durchführung der Ermittlungen wäre mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden oder stelle sich nicht als erfolgversprechend dar. Dieser Grundsatz der Subsidiarität gilt allgemein und folgt im deutschen Recht auch aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AO.
116Mit der Vereinbarung bzw. Durchführung einer koordinierten Prüfung wie vorliegend mit Belgien, Frankreich, Italien, Spanien und Österreich geplant verletzt der Antragsgegner nicht den Subsidiaritätsgrundsatz. Unter Bezugnahme auf die Feststellungen der inländischen Betriebsprüfung verweist der Antragsgegner nachvollziehbar darauf, dass die Prüfung der weiteren, im Inland so nicht möglichen Sachverhaltsaufklärung dient, um die Angemessenheit der zwischen den Konzerngesellschaften abgerechneten Franchise Fee zu prüfen. Vor diesem Hintergrund ist eine koordinierte Betriebsprüfung zwischen Deutschland und den anderen Staaten eine geeignet und erforderlich erscheinende Möglichkeit, im Wege der Amtshilfe eine Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf das Franchisemodell und die dabei angesetzten Preise innerhalb der Unternehmensgruppe der Antragstellerinnen zu betreiben und die Fremdvergleichsmöglichkeit der gezahlten Vergütungen zu beurteilen.
117Darüber hinaus kann das Erfordernis des Ausschöpfens inländischer Ermittlungsmöglichkeiten im Falle einer gleichzeitigen Betriebsprüfung eingeschränkt sein, insbesondere da es auch zu den Aufgaben einer Betriebsprüfung gehört, den Vortrag eines Steuerpflichtigen zu verifizieren, Tatsachenbehauptungen zu Prüfen und hierzu Unterlagen anzufordern bzw. einzusehen, um eine entsprechende Verifikation vorzunehmen (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).
118Dem entsprechen auch und gerade die Voraussetzungen für eine Außenprüfung gemäß den Regelungen der Abgabenordnung. Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, freiberuflich tätig oder bei Steuerpflichtigen i.S.d. § 147a AO zulässig. Bei anderen als den in § 193 Abs. 1 AO bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung unter den in § 193 Abs. 2 AO genannten Voraussetzungen zulässig. Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse eines Steuerpflichtigen (§ 194 Abs. 1 AO). Die steuerlichen Verhältnisse anderer Personen können insoweit geprüft werden, als der Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen (§ 194 Abs. 1 Satz 4, 1. Halbsatz AO).
119Wie aus der gesetzlichen Formulierung in § 193 Abs. 1 AO folgt, ist eine Außenprüfung unter anderem bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen Betrieb unterhalten, ohne weitere Voraussetzungen zulässig (vgl. BFH-Urteile vom 7. Februar 2002 IV R 9/01, BStBl. II 2002, 269; vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BStBl. II 1992, 220; Beschluss vom 27. Juli 2001 XI B 133/00, BFH/NV 2001, 1534). Für die Anordnung einer routinemäßigen Prüfung bei Steuerpflichtigen, die unter § 193 Abs. 1 AO fallen, genügt es im allgemeinen, wenn als Begründung die Rechtsgrundlage, d.h. die für die Prüfungsanordnung maßgebende Rechtsvorschrift, angegeben wird (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BStBl. II 1983, 286). Der Regelung in § 193 Abs. 1 AO liegt der Gedanke zu Grunde, dass die steuerlichen Verhältnisse des genannten Personenkreises grundsätzlich prüfungsbedürftig sind. Insbesondere bedarf es keines besonderen Anlasses für eine Prüfung. Dies bedeutet v.a., dass das steuerliche Verhalten des Steuerpflichtigen keinen Grund zu Misstrauen gegeben haben muss (vgl. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 193 AO Rn. 42).
120Hinsichtlich der Anordnung einer Außenprüfung ergeben sich allerdings nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift Grenzen insoweit, als es im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde liegt, ob und bei wem eine Außenprüfung tatsächlich durchgeführt wird. So ist eine Außenprüfung unzulässig, wenn die Prüfungsfeststellungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerlich verwertet werden können, etwa weil die steuerliche Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2003 IV R 30/01, BFH/NV 2003, 1234) oder fehlende Verwertungsmöglichkeiten aus sonstigen Gründen unzweifelhaft feststehen. Gleichfalls unzulässig sind Außenprüfungen, die sich als Ermittlungen „ins Blaue hinein“ darstellen, d.h. wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine mögliche Steuerpflicht vorliegen (vgl. Intemann in Pahlke/König, § 193 AO Rn. 35; dazu auch BFH-Urteile vom 26. Juli 2007 VI R 68/04, BStBl. II 2009, 338; vom 17. November 1992 VIII R 25/89, BStBl. II 1993, 146 jeweils zur Begründung von Prüfungsanordnungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO). Andererseits ist eine Außenprüfung etwa nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die zu prüfenden Steueransprüche möglicherweise verjährt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 3. März 2006 IV B 39/04, BFH/NV 2006, 1250; Intemann in Pahlke/König, § 193 AO Rn. 26).
121Nach diesen Maßstäben wäre bei den Antragstellerinnen sowie den in den anderen beteiligten Staaten ansässigen Schwestergesellschaften des Z-Konzerns eine Außenprüfung grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen zulässig, da diese Gesellschaften einen Gewerbebetrieb unterhalten.
122e) Keine rechtlichen Bedenken bestehen zudem dahingehend, dass der Antragsgegner bislang – aufgrund des vorliegenden Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – rein „passiv“ an der koordinierten Prüfung teilgenommen hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner darüber hinaus am Informationsaustausch bereits mitgewirkt und ihm bzw. der deutschen Finanzverwaltung vorliegende Informationen offenbart hat. Die bloße passive Entgegennahme von Informationen stellt keine Verletzung des Steuergeheimnisschutzes i.S.v. § 30 AO dar. Das Steuergeheimnis kann nur durch aktive Offenbarung von geschützten Informationen oder allenfalls das pflichtwidrige Unterlassen von gebotenen Schutzmaßnahmen verletzt werden, nicht aber durch die bloße Entgegennahme von Informationen.
123f) Der Antragsgegner hat auch das ihm bei der beabsichtigten Weiterleitung des Auskunftsersuchens zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
124Aus dem Gesetzeswortlaut in § 117 Abs. 1 und 2 AO folgt, dass die Inanspruchnahme des bzw. Mitwirkung am zwischenstaatlichen Auskunft in das Ermessen des Antragsgegners gestellt ist. Demnach können die Finanzgerichte die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde gemäß § 102 FGO nur auf Ermessensüberschreitung, Ermessensmissbrauch und Ermessensfehlgebrauch hin prüfen.
125Im Streitfall lässt die Begründung des Antragsgegners, dass angesichts der komplexen Sachverhaltsfragen im Zusammenhang mit dem Franchisemodell innerhalb der Z‑Gruppe eine Mitwirkung an der von der belgischen Steuerverwaltung vorgeschlagenen koordinierten Prüfung als das am besten geeignete Mittel zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und -abstimmung erscheint, keinen Ermessensfehler erkennen.
1264. Da kein Anordnungsanspruch gegeben ist, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht an.
1275. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
1286. Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erforderlich ist. Eine Beschwerde ist insbesondere nicht im Hinblick auf die Frage, was unter dem Begriff der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ zu verstehen ist, zuzulassen. Eine Erläuterung des Begriffs ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654). Entscheidend ist, ob „vernünftigerweise die Möglichkeit besteht“, dass sich der beabsichtigte Informationsaustausch als steuerlich erheblich erweist. Hiervon ist das Gericht im Streitfall überzeugt.
1297. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 des Gerichtskostengesetzes.