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Der Abrechnungsbescheid des Beklagten zur Körperschaftsteuer 2000 vom 27.06.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und vom 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 wird in der Weise geändert, dass weitere anrechenbare Kapitalertragssteuer in Höhe von 94.987.493,40 € und darauf entfallender Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.221.550,77 € ausgewiesen werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 12 % und der Beklagte zu 88 %.
Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtsgang über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides im Sinne des § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zur Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums 2000. Insbesondere ist streitig, ob und in welchem Umfang Kapitalertragsteuer und darauf entfallender Solidaritätszuschlag auf die festgesetzte Körperschaftsteuer anzurechnen sind.
3Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, welche mit notariellem Vertrag vom 04.08.2000 in der Rechtsform der GmbH gegründet und durch Umwandlungsbeschluss vom 21.12.2000 mit steuerlicher Wirkung zum 30.12.2000 in eine GmbH & Co. KG umgewandelt worden ist.
4Der Unternehmensgegenstand der Klägerin bestand im Streitjahr 2000 im Erwerb und im Halten von neu ausgegebenen Anteilen an Kapitalgesellschaften (sog. Zielgesellschaften), die über hohe Rücklagen aus versteuerten und thesaurierten Gewinnen verfügten. Hintergrund dieser Beteiligungen war die Durchführung eines sog. Rücklagenmanagements in Gestalt eines „Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens“. Dieses Verfahren diente der Realisierung bzw. der Vermeidung eines Verlustes von in der Vergangenheit bei den Zielgesellschaften angesammelten Körperschaftsguthaben im Zusammenhang mit dem Systemwechsel vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Dabei führten die Kläger und ihre Schwestergesellschaften den Zielgesellschaften im Rahmen des Erwerbs von Vorzugsanteilen zunächst Kapital zu, welches bei den Zielgesellschaften steuerlich in das Eigenkapitalkonto (EK) 04, ab dem 31.12.2001 in das sog. Einlagenkonto (§ 27 KStG), einzustellen war. Eine solche Kapitalzuführung in den Zielgesellschaften war notwendig, damit diese noch während der Geltung des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens im Jahre 2000 Gewinnausschüttungen an die Kläger durchführen konnten. Die mit dem Erwerb der Vorzugsanteile verbundenen Vorzugsgewinnausschüttungen wurden aufgrund der gesetzlich festgelegten Verwendungsfiktionen steuerlich mit dem EK 45 bzw. dem EK 40 verrechnet (§§ 28, 30 KStG) und auf diese Weise ruhendes Körperschaftsteuerguthaben bei den Zielgesellschaften mobilisiert. Wegen der Einzelheiten des von der Klägerin verfolgten Konzept wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 28.06.2006 (I R 97/05, BFHE 2014, 276) verwiesen. Dort hat der BFH die Mobilisierung von Körperschaftsteuerguthaben im Wege eines sog. Rücklagenmanagements als nicht rechtsmissbräuchlich angesehen.
5Im Oktober bzw. November 2000 erwarb die Klägerin Geschäftsanteile an 25 unbeschränkt körperschaftspflichtigen Kapitalgesellschaften, die jeweils über Rücklagen aus versteuerten und thesaurierten Gewinnen verfügten, welche nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 ungemildert der Körperschaftsteuer unterlegen hatten (Zielgesellschaften). Finanziert wurden die Beteiligungsankäufe durch ein Darlehen seitens der Beigeladenen. So erteilte die Beigeladene der Klägerin und deren Schwestergesellschaften am 14.08.2000 eine Kreditzusage über eine Milliarde DM, welche später auf drei Milliarden DM aufgestockt wurde. Die Rückführung des Darlehens sollte durch Gewinnausschüttungen der Zielgesellschaften und Steuererstattungen erfolgen, wobei die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften in der Kreditzusage angewiesen wurden, dass Gewinnausschüttungen der Zielgesellschaften ausschließlich über die Konten bei der Beigeladenen, Filiale , erfolgen durften. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Kreditzusage vom 30.08.2000 Bezug genommen. Im Dezember 2000 entrichteten die Zielgesellschaften– nach vorheriger Fassung entsprechender Gewinnverteilungsbeschlüsse – an die Klägerin Vorzugsdividenden in Höhe von insgesamt 738.286.233,08 DM (1.002.765.653,61 DM Brutto-Dividende abzüglich 250.691.393,40 DM Kapitalertragsteuer und 13.788.027,13 DM Solidaritätszuschlag). Die auf diese Ausschüttungen entfallende Kapitalertragssteuer führten die Zielgesellschaften an die zuständigen Betriebsfinanzämter ab. Die Dividendenzahlungen wurden unmittelbar auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überwiesen und dort zur teilweisen Ablösung der gegenüber der Beigeladenen bestehenden Darlehnsverbindlichkeiten verwendet. Ferner trat die Klägerin am 30.01.2001 einen Teil der ihr aus der Körperschaftsteuer-Veranlagung 2000 zustehenden Steuererstattungsansprüche in Höhe von 557.882.000,00 DM an die Beigeladene ab. Die Wirksamkeit der Abtretung ist inzwischen unstreitig.
6Im Jahr 2001 führte die Finanzverwaltung mit den einzelnen Zielgesellschaften Verhandlungen über eine Rückabwicklung des Gestaltungsmodells „Rücklagenmanagements“, an welchen die Klägerin nicht beteiligt war. Dabei wurden mit mehreren Zielgesellschaften als „tatsächliche Verständigung“ bezeichnete Vereinbarungen getroffen, nach denen die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der jeweiligen Zielgesellschaft nicht im Sinne eines Anteilserwerbs mit nachfolgender Gewinnausschüttung, sondern als Darlehnsverhältnis angesehen wurde (sog. Darlehenslösung). Hinsichtlich der Einzelheiten zur Darlehenslösung wird auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion Münster vom 04.10.2001 nebst Anlagen – inklusive des Musters der tatsächlichen Verständigung – Bezug genommen. Im Anschluss an diese tatsächlichen Verständigungen widerriefen die betreffenden Zielgesellschaften die von ihnen ursprünglich ausgestellten Steuerbescheinigungen, in denen jeweils eine Gewinnausschüttung unter Einbehaltung von Kapitalertragssteuer bescheinigt worden war und ersetzten sie durch sog. Nullbescheinigungen, welche jeweils eine einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,- DM ausgewiesen. Nachfolgend erstatte das jeweilige Betriebsfinanzamt der jeweiligen Zielgesellschaft die vorab abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Die jeweiligen Zielgesellschaften leiteten die (zurück-) erhaltene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag teilweise an die Klägerin weiter.
7Im Jahr 2001 reichte die Klägerin ihre Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2000 ein. Dabei machte sie anrechenbare Körperschaftsteuer in Höhe von 429.756.675,00 DM, anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 250.691.393,00 DM, anrechenbare Zinsabschlagsteuer in Höhe von 394.237,00 DM und anrechenbare Solidaritätszuschläge zur Kapitalertragsteuer und zum Zinsabschlag in Höhe von 13.809.710,00 DM geltend. Der Körperschaftsteuererklärung waren zunächst Steuerbescheinigungen im Sinne des § 44 Abs. 1 und 2 KStG 1999 von 21 der 25 Zielgesellschaften beigefügt; die vier fehlenden Steuerbescheinigungen reichte sie nach.
8Der Beklagte folgte der Erklärung nicht. Er versagt im Ergebnis insbesondere die Anrechnung von Kapitalertragsteuer insoweit, als diese Gegenstand inzwischen widerrufener Steuerbescheinigungen der Zielgesellschaften war. Auf dieser Basis erging am 25.06.2007 ein (geänderter) Körperschaftsteuerbescheid für 2000; den sich aus diesem Bescheid ergebenden Erstattungsanspruch zahlte der Beklagte – unter Abzug eines schon zuvor an die Beigeladene gezahlten Teilbetrags – aufgrund der Abtretungsanzeige vom 30.01.2001 an die Beigeladene aus.
9Im weiteren Verlauf kam es zu außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, deren Gegenstand die Frage war, ob und ggfls. unter welchen Voraussetzungen der Beklagte der Klägerin die von den Zielgesellschaften abgeführten Steuerbeträge erstatten muss. Im Streitfall geht es dabei nur um die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer. Dabei ist unstreitig, dass im Kern zwischen drei Fallgruppen zu unterscheiden ist und zwar den Fällen, in denen der jeweiligen Zielgesellschaft die zunächst abgeführte Steuer nicht erstattet wurde (nachfolgend „Beteiligung“ oder „Beteiligungsfälle“ genannt), Fällen, in denen die abgeführte Steuer an die Zielgesellschaft erstattet, von dieser aber nicht an die Klägerin weitergeleitet wurde (nachfolgend: „Erstattung“ oder „Erstattungsfälle“ genannt) und schließlich Fällen, in denen die jeweilige Zielgesellschaft die ihr erstatte Steuer an die Klägerin weitergeleitet hat (nachfolgend „Weiterleitung“ oder „Weiterleitungsfälle“ genannt). Nach Auffassung der Beklagten stellen sich diese Fallgruppen in Beträgen wie folgt dar:
10Kapitalertragsteuer | Solidaritätszuschlag | |
Beteiligung | 15.032.650,00 DM | 826.795,75 DM |
Erstattungen | 24.216.166,75 DM | 1.331.889,67 DM |
Weiterleitung | 211.442.576,25 DM | 11.629.341,71 DM |
Summe: | 250.691.393,00 DM | 13.788.027,13 DM |
Mit Abrechnungsbescheid vom 27.06.2007 stellte der Beklagte fest, dass die aus dem Körperschaftsteuerbescheid vom 25.06.2007 resultierenden Guthaben zur Körperschaftsteuer (39.121.134,25 € = 76.514.287,90 DM) und zum Solidaritätszuschlag (433.820,31 € = 848.478,77 DM) an die Beigeladene ausgezahlt worden und damit insoweit die Steueransprüche der Klägerin erloschen seien. Diesen Bescheid focht die Klägerin mit einer am 04.07.2007 vor dem Finanzgericht Münster erhobene Sprungklage an, zu der der Beklagte die Zustimmung verweigerte (9 K 2892/07 K). Zudem erhob die Klägerin am 19.11.2007 Untätigkeitsklage beim Finanzgericht Münster gegen den Abrechnungsbescheid des Beklagten vom 27.06.2007 (Az.: 6 K 4808/07 AO). Nachdem der Körperschaftsteuerbescheid für 2000 am 16.11.2007 geändert worden war, erließ der Beklagte am 08.02.2008 einen geänderten Abrechnungsbescheid, darin hielt der Beklagte daran fest, dass der Klägerin weder die Kapitalertragsteuer noch der Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer zu erstatten seien. Am 02.03.2009 erließ der Beklagte abermals einen gem. § 130 Abs. 1 AO geänderten Abrechnungsbescheid. Der Abrechnungsbescheid weist – wie bisher – eine festgesetzte Körperschaftsteuer in Höhe von 66.492.733,00 DM (33.997.194,54 €) aus. Darauf werden – ebenfalls wie bisher – Körperschaftsteuer in Höhe von 429.756.765,00 DM und Zinsabschlag in Höhe von 394.237 DM angerechnet. Der Beklagte rechnete jedoch sowohl die Kapitalertragsteuer als auch den Solidaritätszuschlag nur noch insoweit nicht mehr an, als sie den Zielgesellschaften erstattet und von diesen an die Klägerin – nach Auffassung des Beklagten – weitergeleitet worden waren (Weiterleitungsfälle). Die anzurechnende Kapitalertragsteuer setzte der Beklagte im Vergleich zum letzten Abrechnungsbescheid vom 08.02.2008 nunmehr nicht mehr mit 15.032.650 DM, sondern mit 39.248.816,75 DM an (Beteiligungs- und Erstattungsfälle). Ferner erhöhte er den anzurechnenden Solidaritätszuschlag von 848.478,77 DM auf 2.180.368,44 DM. Die Mehranrechnung der Kapitalertragsteuer begründete der Beklagte damit, dass es sich dabei um die Fälle der Zielgesellschaften handele, denen die Kapitalertragsteuer zwar vom Finanzamt erstattet worden sei, die diese jedoch nicht an die Kläger weitergeleitet hätten (Erstattungsfälle). Die (weiterhin) nicht angerechneten Beträge beliefen sich auf 211.442.576,25 DM Kapitalertragsteuer und 11.629.341,71 DM Solidaritätszuschlag (Weiterleitungsfälle). Insoweit war die Beklagte der Auffassung, dass die Kapitalertragsteuer tatsächlich von den Zielgesellschaften an die Klägerin weitergeleitet worden sei, so dass die Kapitalertragsteuer insoweit nicht im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG „erhoben“ worden sei.
12Der Beklagte nahm an, dass die verschiedenen geänderten Abrechnungsbescheide– was inzwischen unstreitig ist – zum Gegenstand des den Bescheid vom 27.06.2007 betreffenden Einspruchsverfahrens geworden seien und wies diesen Einspruch als unbegründet zurück.
13Das Finanzgericht Münster ging im ersten Rechtszug davon aus, dass im Anschluss an die Einspruchsentscheidung über die beim Finanzgericht anhängige Untätigkeitsklage gegen den Abrechnungsbescheid vom 27.06.2007 zu entscheiden sei und gab dieser Klage mit Urteil vom 13.05.2009 vollständig statt (Az.: 6 K 4808/07 AO). Der 6. Senat des Finanzgerichts Münster war der Ansicht, dass der Abrechnungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2000 vom 27.06.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und vom 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 dahingehend zu ändern sei, dass weitere anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 211.442.576,35 DM und darauf entfallender Solidaritätszuschlag in Höhe von 11.629.341,78 DM auszuweisen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 13.05.2009 des Finanzgerichts Münster zu Az.: 6 K 4808/07 AO Bezug genommen.
14Auf die Revision des Beklagten hob der I. Senat des BFH mit Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Frage, ob anrechenbare Steuern im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 als „erstattet“ anzusehen seien, anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu entscheiden sei. Im Ergebnis hänge die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides daher davon ab, inwieweit zum Einen die Zielgesellschaften die zunächst einbehaltenen und an die Finanzämter abgeführten sowie später an sie erstatteten Kapitalertragssteuerbeträge in der Folge an die Klägerin weitergeleitet hätten und zum Anderen die Klägerin die betreffenden Vorgänge als Auskehrung von Kapitalertragssteuer erkannt habe oder habe erkennen müssen. Beides – die Weiterleitung und das Erkennen bzw. das Erkennen müssen der Weiterleidung – sei durch das Finanzgericht weiter aufzuklären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des BFH vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) Bezug genommen.
15Im zweiten Rechtsgang schrieb der 6. Senat des Finanzgerichts Münster die elf Zielgesellschaften der so genannten Weiterleitungsfälle sowie die Prozessbeteiligten zwecks weiterer Sachverhaltsfeststellungen an. Dies führte in Bezug auf die elf Zielgesellschaften der Weiterleitungsfälle zu folgenden Feststellungen:
16Alle elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften schlossen sich alle der sogenannten Darlehnslösung der Finanzverwaltung an und erstellten für die Klägerin korrigierte Steuerbescheinigungen, welche nunmehr keine anrechenbaren Steuern mehr auswiesen (sogenannte Nullbescheinigungen). Hinsichtlich der Einzelheiten zu der sogenannten Darlehnslösung wird auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion Münster vom 04.10.2001 nebst Anlagen Bezug genommen. Die Betriebsfinanzämter der elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften erstatteten daraufhin den Zielgesellschaften die zuvor jeweils angemeldete und abgeführte Kapitalertragsteuer und den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag. Dies geschah teilweise nicht durch Auszahlung, sondern durch Verrechnung mit anderen Steuerforderungen, welche die Betriebsfinanzämter gegen die Zielgesellschaften hatten. Entsprechende Kapitalertragsteuererstattungen überwiesen die Zielgesellschaften jedenfalls teilweise an die Klägerin.
17In Bezug auf die elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften ergaben sich im Einzelnen folgende Feststellungen:
18- A GmbH
19Die A GmbH, die Rechtsvorgängerin der heutigen GmbH (nachfolgend einheitlich A GmbH genannt), schloss mit ihrem Betriebsfinanzamt im Jahr 2001 eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Mit Schreiben vom 01.08.2001 forderte die A GmbH die Klägerin zur Rückgabe der ursprünglich erteilten Steuerbescheinigungen auf. Da die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, erstellte die A GmbH am 14.01.2008 eine Nullbescheinigung, welche die A GmbH mit Schreiben vom 14.08.2001 an die Klägerin übersandte. Im Nachgang zu dieser Nullbescheinigung erstattete (ggfls. durch Verrechnung) das Betriebsfinanzamt der A GmbH Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 17.117.325,51 € (16.224.953,27 € Kapitalertragsteuer und 892.372,24 € Solidaritätszuschlag). Den Gesamtbetrag in Höhe von 17.117.325,51 € überwies die A GmbH am 14.01.2002 (Wertstellung) versehentlich nicht an die Klägerin, sondern an deren Schwestergesellschaft, die B mbH & Co. KG, auf deren Konto bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ). Da die B mbH & Co. KG den fehlerhaft überwiesenen Betrag zunächst nicht an die A GmbH zurückzahlte, verklagte ein Gesellschafter der A GmbH, Herr A, die B mbH & Co. KG auf Rückzahlung der Fehlüberwiesung vor dem Landgericht (Az.: 6 O 747/10), nachdem die A GmbH Herrn A den (vermeintlichen) Rückzahlungsanspruch abgetreten hatte. Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 22.12.2010 statt, da die B mbH & Co. KG die Gutschrift ohne Rechtsgrund erhalten habe. Die B mbH & Co. KG zahlte daraufhin im September 2011 den Betrag in Höhe von 17.117.325,51 € an Herrn A zurück und erhob Berufung gegen das Urteil des Landgerichts . Das Berufungsverfahren war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Streitfall noch nicht abgeschlossen – nach Angabe des Beklagten soll zwar im Februar 2013 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben worden sein, ein Berufungsurteil in Schriftform liegt jedoch nicht vor (Schriftsatz vom 19.02.2013). Zwischenzeitlich verbuchte die Klägerin eine Forderung gegen ihre Schwestergesellschaft, die B mbh & Co. KG, in Höhe der Fehlüberweisung, wobei sie das Buchhaltungskonto mit der Bezeichnung „Erträge aus Beteiligungen“ ansprach.
20- C Holding GmbH
21Im Dezember 2001 schloss die C Holding KG, die Rechtsnachfolgerin der Zielgesellschaft C GmbH (nachfolgend einheitlich C GmbH genannt), mit der Beigeladen einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die C GmbH im Dezember 2001 eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Die C KG, , überwies der Klägerin – auf Veranlassung der C GmbH und ohne vorherigen Schriftverkehr mit der Klägerin – am 15.05.2002 75.571.783,88 € auf ihr Konto bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ). Dies entsprach dem Betrag, welchen die C GmbH zuvor für die Klägerin an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an ihr Betriebsfinanzamt abgeführt hatte (71.580.837,80 € Kapitalertragsteuer und 3.936.946,08 € Solidaritätszuschlag). Einen gesonderten Buchungstext fügte die C KG der Überweisung nicht hinzu. Die Klägerin verbuchte den Zahlungseingang auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“. Ferner teilte die Klägerin dem Finanzamt I auf eine dortige Anfrage mit Schreiben vom 22.06.2010 mit, dass der Zahlungseingang eine mittelbare Folge der Umsetzung der Darlehnslösung sei. Auf die Anfrage des Berichterstatters an die Zielgesellschaft, ob im Zusammenhang mit der Überweisung ein Schriftwechsel mit der Klägerin geführt worden sei und ob aus Sicht der Zielgesellschaft für die Klägerin erkennbar gewesen sei, dass es sich bei der Überweisung um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt habe, teilte Herr , der steuerliche Berater und Leiter der Steuerabteilung der Zielgesellschaft und der C KG, dem Gericht mit Schreiben vom 09.03.2012 mit, dass ein Schriftwechsel nicht stattgefunden habe und dass seine Mandantin nicht beurteilen könne, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Überweisung um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dem Schreiben fügte Herr den Überweisungsauftrag bei. Auf das Schreiben vom 09.03.2012 nebst Anlage wird Bezug genommen.
22- D GmbH
23Die D GmbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 1.576.704,01 € nach vorheriger Anmeldung ab (1.494.506,17 € Kapitalertragsteuer und 82.197,84 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Im Dezember 2001 schloss die Beigeladene mit den Altgesellschaftern der D GmbH einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die D GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Mit Schreiben vom 10.01.2002 teilte die D GmbH der Klägerin mit, dass sie mit dem Finanzamt am 18.10.2001 eine tatsächliche Verständigung in Bezug auf die Darlehnslösung geschlossen habe, dass sich hieraus eine berichtigte Steuerbescheinigung mit Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,- DM ergebe und dass sie die Kapitalertragsteuer unverzüglich an die Klägerin auf das Konto mit der Nummer (BLZ ) überweisen werde, sobald die Erstattung seitens des Finanzamts erfolgt sei. Dabei handelte es sich bei dem im Schreiben vom 10.01.2001 angegebenen Konto nicht um ein Konto der Klägerin, sondern um jenes der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG. Eine Richtigstellung der Bankverbindung seitens der Klägerin erfolgte nicht. Die Überweisung seitens der D GmbH in Höhe von 1.576.704,01 € erfolgte sodann am 10.07.2002 auf das Konto der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG, mit dem Buchungstext „D GmbH Rückabwicklung Ruecklagenmanagement“. Im Jahresabschluss zum 31.12.2002 wies die Klägerin diesbezüglich eine Forderung gegen verbundene Unternehmen in gleicher Höhe aus, wobei die Klägerin das Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“ ansprach. Eine Rückzahlung erfolgte nicht.
24- E GmbH
25Die E GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von insgesamt 180.973,04 € an ihr Betriebsfinanzamt ab (171.583,43 € Kapitalertragsteuer und 9.434,61 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Mit Schreiben vom 20.11.2001 wies die E GmbH die Klägerin darauf hin, dass sie mit der Finanzverwaltung eine tatsächliche Verständigung in Bezug auf die Darlehnslösung getroffen habe. Zugleich wies die E GmbH die Klägerin darauf hin, dass sie die Kapitalertragsteuer und den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag nach Erhalt seitens der Finanzverwaltung als Darlehnstilgung an die Klägerin weiterleiten werde. Im Juli 2002 schloss die E GmbH mit der Beigeladen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Am 06.08.2002 überwies die E GmbH an die Klägerin auf ihr Konto bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ) 171.538,43 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuer“, 9.434,61 € mit dem Buchungstext „Solidaritätszuschlag“ und 49.084,03 € mit dem Buchungstext „Differenz zwischen Agio und Vorzugsdividende“.
26- F GmbH
27Die F GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von insgesamt 1.878.370,69 € an ihr Betriebsfinanzamt ab (1.780.446,15 € Kapitalertragsteuer und 97.924,54 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Im Juni 2002 schloss die F GmbH mit der Beigeladen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die F GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Nach (erfolgloser) Rückforderung der ursprünglichen Steuerbescheinigung von der Klägerin überwies die F GmbH am 27.09.2002 auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ) einen Betrag in Höhe von 1.000.000 € mit dem Buchungstext „Rückzahlung Kapitalertragsteuer“ sowie einen Betrag in Höhe von 1.333.956,11 € mit dem Buchungstext „Rückzahlung Kapitalertragsteuer u. Aufgeld ./. Einbehalt 50.000,-- EUR“. Ein Schriftverkehr mit der Klägerin zu den Überweisungen ging diese nicht voraus.
28- G GmbH
29Die G GmbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 3.053.684,94 € ab (2.894.488,09 € Kapitalertragsteuer und 159.196,84 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Im Juni 2002 schloss die G GmbH mit der Beigeladen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die G GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Nach (erfolgloser) Aufforderung zur Rückgabe der ursprünglichen Steuerbescheinigung überwies die G GmbH am 09.09.2002 auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen einen Betrag in Höhe von 3.053.481,77 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuer Erstattung Holte 2000“. Überdies überwies die G GmbH bereits am 03.09.2002 einen Betrag in Höhe von 773.608,97 € an die Klägerin mit dem Buchungstext „Rückabwicklung des Rücklagenmanagements Rückzahlung Aufgeld“. Die Überweisungen erfolgten jeweils auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ). Ein Schriftverkehr mit der Klägerin zu den Überweisungen ging diese nicht voraus.
30- H GmbH
31Die H GmbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 971.212,99 € ab (920.581,03 € Kapitalertragsteuer und 50.631,96 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Die H GmbH schloss ebenfalls mit der Finanzverwaltung eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Einen Rückabwicklungsvertrag mit der Beigeladenen schloss sie nicht. Am 02.10.2002 übersandte die H GmbH der Klägerin eine korrigierte Steuerbescheinigung (Nullbescheinigung). Am 13.02.2003 überwies die H GmbH einen Betrag in Höhe von 971.212,99 € mit dem Buchungstext „Avisierte Zahlung Kapitalertragsteuer H“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ). Ein Schriftverkehr mit der Klägerin zu den Überweisungen ging diese nicht voraus.
32- I GmbH
33Die I GmbH, die Rechtsvorgängerin der heutigen I Finanzierungs- und Beteiligungs-GmbH (nachfolgend einheitlich I GmbH genannt), führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 5.947.027,60 € ab (5.636.992,99 € Kapitalertragsteuer und 310.034,61 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Am 28.07.2004 schloss die I GmbH mit der Beigeladen einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die I GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Ohne vorangegangenen Schriftverkehr mit der Klägerin überwies die I KG am 30.07.2004 auf Veranlassung der I GmbH einen Betrag in Höhe von 7.543.420,19 € ohne gesonderten Buchungstext auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ). Dem Gericht erläuterte Herr , der steuerliche Berater und Leiter der Steuerabteilung der Zielgesellschaft und der I KG, mit Schreiben vom 09.03.2012, dass sich der Überweisungsbetrag aus Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von zusammen 5.947.027,60 € zuzüglich des Aufgeldes in Höhe von 1.610.569,43 € abzüglich der Zielgesellschaft entstandener Rechtsberatungskosten in Höhe von 14.176,84 € (27.727,48 DM) zusammensetze und von der I KG für die I GmbH angewiesen worden sei. Ferner teilte Herr auf die Anfrage des Berichterstatters an die Zielgesellschaft, ob im Zusammenhang mit der Überweisung ein Schriftwechsel mit der Klägerin geführt worden sei und ob aus Sicht der Zielgesellschaft für die Klägerin erkennbar gewesen sei, mit, dass ein Schriftwechsel nicht stattgefunden habe und dass seine Mandantin nicht beurteilen könne, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Überweisung um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dem Schreiben fügte Herr die von den Herren und unterschriebene Zahlungsanweisung bei. Auf das Schreiben vom 09.03.2012 nebst Anlage wird Bezug genommen.
34- J GmbH
35Die J GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 619.380,90 € zu Gunsten der Klägerin ab (587.090,90 € Kapitalertragsteuer und 32.290,00 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Die J GmbH schloss mit der Finanzverwaltung eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Mit Schreiben vom 28.01.2003 teilte die J GmbH der Klägerin mit, dass sie sich der sogenannten Darlehnslösung angeschlossen habe und forderte die ursprüngliche Steuerbescheinigung vom 15.12.2000 zurück. Zugleich wies die J GmbH die Klägerin darauf hin, dass sie nach Erhalt der Steuerbescheinigung die an das Finanzamt abgeführte Kapitalertragsteuer und den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag zurückfordern werde. Am 12.12.2003 erstattete das Finanzamt der J GmbH Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 619.380,90 €. Im Oktober 2004 schloss die J GmbH mit der Beigeladenen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Am 19.11.2004 überwies die J GmbH einen Betrag in Höhe von 687.084,64 € mit dem Buchungstext „Rücklagenm. GFR Parag. 1 619.380,90 EUR Kap Ertst. GFR Parag. 2 67.703,74 EUR“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ).
36- K GmbH
37Die K GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 867.780,43 € ab (822.540,81 € Kapitalertragsteuer und 45.239,62 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Am 15.10.2003 erstattete das Finanzamt der K GmbH den vollen Betrag. Im Juni 2005 schloss die K GmbH mit ihren Altgesellschaftern und der Beigeladen einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung schloss die K GmbH nicht. Ohne vorangegangenen (diesbezüglichen) Schriftverkehr überwies die K GmbH der Klägerin am 28.07.2005 einen Betrag in Höhe von 867.780,55 € mit dem Buchungstext „K Rueckerstattung Kapitalertragst. und Soli“ sowie einen Betrag in Höhe von 134.171,68 € mit dem Buchungstext „K GmbH Rueckerstattung Vorzugsgeschäftsanteile“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ).
38- L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH
39Die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 6.324.616,66 € ab (5.994.897,31 € Kapitalertragsteuer und 329.719,34 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung schloss die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH nicht ab, ebenso auch keinen gesonderten Rückabwicklungsvertrag mit der Beigeladenen. Mit Schreiben vom 02.01.2006 wies die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH die Klägerin darauf hin, dass sie beim Finanzamt eine geänderte Kapitalertragsteueranmeldung in Form einer sogenannten Null-Erklärung abgegeben habe. Die sich hieraus ergebende Kapitalertragsteuererstattung werde nach entsprechender Gutschrift an die Klägerin weitergeleitet. Ferner forderte die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH die Klägerin im Schreiben vom 02.01.2006 zur Rückgabe der zuvor ausgestellten Steuerbescheinigung auf. Mit Schreiben vom 22.05.2006 teilte die L & Cie KG der Klägerin mit, dass sie nunmehr Kapitalertragsteuer für Dezember 2000 in Höhe von 6.324.616,66 € unter Abzug eines Betrages von 4.405,48 €, mithin einen Betrag in Höhe von 6.320.211,18 € auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überweisen werde. Der Abzugsbetrag resultiere aus der am 06.01.2002 für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 gezahlten Dividende in Höhe von 22.176,00 €. Hierbei sei zunächst Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von nur 273,45 € einbehalten worden. Es hätten jedoch Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.678,93 € einbehalten werden müssen. Am 24.05.2006 überwies die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH der Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.320.211,18 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuer-Erstattung für Dez. 2000 lt. Schreiben v. 22.05.2006“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ ).
40Die Klägerin ist der Ansicht, dass keine der streitgegenständlichen elf Zielgesellschaften vom Finanzamt erstattete Kapitalertragsteuerbeträge an die Klägerin weitergeleitet habe. Jedenfalls habe die Klägerin eine etwaige Weiterleitung nicht als solche erkannt und auch nicht als solche erkennen müssen.
41Eine Weiterleitung scheitere schon daran, dass die Zielgesellschaften die zunächst abgeführten Kapitalertragsteuerbeträge – jedenfalls teilweise – offenbar nicht vollständig von Seiten der Betriebsfinanzämter ausgezahlt erhalten hätten. Vielmehr sei es – jedenfalls teilweise – auch zu Verrechnungen mit sonstigen Steuerforderungen der Zielgesellschaften gekommen. Dabei setze eine Weiterleitung begrifflich voraus, dass es zuvor zu einer Auszahlung – und nicht zu einer Verrechnung – seitens der Finanzverwaltung an die jeweilige Zielgesellschaft gekommen ist.
42In zeitlicher Hinsicht setze eine Weiterleitung überdies voraus, dass der Erstempfänger eines Geldbetrages diesen innerhalb von drei Bankarbeitstagen an den Letztempfänger überweise. Dies sei nicht geschehen. Selbst wenn das Gericht der Auffassung sei, dass eine Weiterleitung auch dann vorliegen könne, wenn die zweite Überweisung nicht innerhalb von drei Bankarbeitstagen, sondern später erfolge sei, so ergebe sich aus dem Urteil des BFH vom 20.10.2010 (I R 54/09) jedenfalls, dass die Weiterleitung der Kapitalertragsteuerbeträge „in der Folge“ der Erstattungen erfolgen müsse. Dies setzte einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erstattung und Weiterleitung voraus. Ein solcher sei nicht gegeben.
43Neben dem zeitlichen Zusammenhang setzte eine Weiterleitung auch einen sachlichen Zusammenhang zwischen Erstattung seitens des Finanzamtes und der Überweisung der Zielgesellschaft an die Klägerin voraus. Ein solcher sei ebenfalls nicht gegeben. Rechtsgrund für die Überweisungen der Zielgesellschaften an die Klägerin seien die zwischen der jeweiligen Zielgesellschaft und der Beigeladenen geschlossenen Rückabwicklungsverträge zum Rücklagenmanagement und/oder die zwischen den Zielgesellschaften und den Betriebsfinanzämtern geschlossenen (rechtswidrigen) tatsächlichen Verständigungen. An diesen Vertragsverhältnissen sei die Klägerin in keinem Fall beteiligt gewesen. Dabei hätten sich die Zielgesellschaften in den Rückabwicklungsverträgen – jedenfalls wirtschaftlich – nicht zu einer Zahlung von erstatteter Kapitalertragsteuer an die Klägerin, sondern zu einer Darlehenstilgung durch Zahlung an die Beigeladene verpflichtet. Dies ergebe sich daraus, dass sich die Zielgesellschaften in den Rückabwicklungsverträgen zu einer Zahlung auf ein bestimmtes Konto der Klägerin verpflichtet hätten, welches bei der Beigeladenen geführt werde und welches zu Gunsten der Beigeladenen verpfändet sei. Bei wirtschaftlicher Betrachtung seien die Gutschriften auf dem Konto der Klägerin bei der Beigeladenen daher nicht ihr, sondern der Beigeladenen zu Gute gekommen.
44Selbst wenn das Gericht der Ansicht sei, dass Kapitalertragsteuer an die Klägerin weitergeleitet worden sei, so sei für die Klägerin jedenfalls nicht erkennbar gewesen, dass es sich um die Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dies habe sie auch nicht erkennen müssen.
45Das Urteil des BFH vom 20.10.2010 (I R 54/09) könne nur so verstanden werden, dass die Kenntnis bzw. das Kennen müssen vom Vorliegen einer Weiterleitung zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto der Klägerin vorgelegen haben müsse. Dies ergebe sich schon daraus, da andernfalls der Beklagte es in der Hand habe, die hiesige Klage durch eine nachträgliche Information über Erstattungs- und Weiterleitungsvorgänge unbegründet werden zu lassen. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Überweisungen seitens der Zielgesellschaften habe die Klägerin keine Kenntnis davon gehabt, dass es sich hierbei um die Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Geschäftsführer der Klägerin, die Herren und , in die Rückabwicklung des Rücklagenmanagements nicht eingebunden worden seien. Sie seien zwar ursprünglich bei der Beigeladenen, welche offensichtlich in die Rückabwicklung eingebunden gewesen sei, beschäftigt gewesen. Dort seien sie aber wegen der Probleme mit dem Rücklagenmanagement Ende Juni 2001 freigestellt und Ende 2001 gekündigt worden. An sämtlichen Rückabwicklungsverträgen mit den Zielgesellschaften und auch an den tatsächlichen Verständigungen sei die Klägerin – und ihre Geschäftsführer – nicht mehr beteiligt worden. Auch seien sie hierüber nicht mehr informiert worden. Insofern habe die Klägerin – zum Zeitpunkt der Gutschriften auf ihrem Konto – über die Hintergründe der Zahlungen allenfalls Vermutungen anstellen können.
46Von einer Kenntnis einer Weiterleitung könne ferner nur dann gesprochen werden, wenn die Klägerin auch Kenntnis von der Erstattung der Kapitalertragsteuer seitens der Finanzverwaltung an die jeweilige Zielgesellschaft hätte. Dies sei bis heute– insbesondere aufgrund von vorgenommenen Verrechnungen und unterbliebenen Mitteilungen – nicht der Fall.
47Allein aus dem jeweiligen Zahlungseingang auf ihrem Konto habe die Klägerin nicht erkennen müssen, dass es sich um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dies gelte auch in den Fällen, in denen der Buchungstext auf dem Konto auf eine Kapitalertragsteuerzahlung hingewiesen habe und gegebenenfalls auch der überwiesene Betrag identisch mit dem Betrag sei, welcher ursprünglich zu Gunsten der Klägerin an das jeweilige Betriebsfinanzamt der Zielgesellschaften abgeführt worden sei. Wegen der Verzinsungspflicht aus § 233a AO wäre für die Klägerin eine Weiterleitung eher dann anzunehmen gewesen, wenn der Weiterleitungsbetrag über dem Betrag der ursprünglichen Steuerbescheinigung gelegen hätte. Ferner habe die Klägerin auch nicht aus der – später erlangten – Kenntnis von dem Muster der tatsächlichen Verständigung zur Darlehenslösung Kenntnis von einer Weiterleitung erhalten können, denn die tatsächlichen Verständigungen sei nichtig, weil sie jeweils eine unzulässige Vereinbarung über Rechtsfolgen enthalte. Die tatsächlichen Verständigungen seien jedenfalls rechtswidrig, weil sie auf der Annahme basierten, dass das Rücklagenmanagement unzulässig sei. Dabei sei inzwischen höchstrichterlich geklärt, dass das Rücklagenmanagement mit der materiellen Rechtslage vereinbar gewesen sei. Dementsprechend sei auch die Kenntnis von etwaigen sogenannten Nullbescheinigungen unbeachtlich, denn diese stünden nicht im Einklang mit dem materiellen Recht.
48Dass die Klägerin die Überweisungen als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkannt habe, ergebe sich auch nicht aus dem zeitlichen Verlauf der Rückabwicklungen und der Buchungen einiger der Gutschriften auf dem Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“, denn die Beteiligungserträge seien bereits im Jahresabschluss der Klägerin des Jahres 2000 erfasst worden. Die nachfolgende nochmalige Erfassung auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“ sei vorsichtshalber zusätzlich erfolgt, um hier keinem Vorwurf der Finanzverwaltung ausgesetzt zu werden, die Klägerin habe ihre Einnahmen nicht vollständig versteuert. Wegen etwaiger Rückzahlungsverpflichtungen habe die Klägerin in Höhe der Zahlungseingänge zudem Rückstellungen gebildet.
49Auch aus etwaigen Buchungstexten auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“, welche auf Kapitalertragsteuer hindeuten, ergebe sich keine Kenntnis der Klägerin dahingehend, dass sie erkannt habe, dass es sich um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe, denn insofern sei lediglich der Buchungstext aus den Überweisungen übernommen worden.
50In Bezug auf die Überweisungen der A GmbH und der D GmbH sei zudem darauf hinzuweisen, dass deren Überweisungen nicht auf das Konto der Klägerin, sondern auf das Konto der B mbH & Co. KG erfolgt sei. Dies sei eine eigenständige Gesellschaft. Dortige Gutschriften könnten der Klägerin nicht zugerechnet werden.
51Die vom Beklagten als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer der I GmbH und der I GmbH angesehene Überweisung erfolgte im Übrigen seitens der I KG, . Diese Gesellschaft sei keine der Zielgesellschaften gewesen, so dass die Klägerin nicht habe erkennen müssen, dass es sich hier um eine Weiterleitung von Steuern für eine der Zielgesellschaften gehandelt habe. Allein aus der Höhe der Beträge bzw. der Betragsidentität mit den damals erteilten Steuerbescheinigungen habe sie dies nicht erkannt und auch nicht erkennen müssen.
52Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Vortrag der Klägerin wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 21.03.2011, 13.05.2001, 20.04.2012 und 17.08.2012 Bezug genommen.
53Die Klägerin beantragt,
54den Abrechnungsbescheid vom 27.06.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 dahingehend zu ändern, dass weitere Kapitalertragssteuern in Höhe von 108.108.872,60 € (= 211.442.576,35 DM) und darauf entfallende Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.945.988,00 € (= 11.629.341,78 DM), insgesamt also 114.054.860,60 € (= 223.071.918,13 DM) angerechnet werden,
55hilfsweise,
56die Revision zuzulassen
57sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
58Der Beklagte beantragt,
59Beweis zu erheben darüber,
601 ob und wann im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung des Betrags i. H. v. 75.517.783,88 € für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine mündliche oder schriftliche Kommunikation durch verantwortliche der I KG und/oder der I Holding KG (vormals I GmbH) handelnde Personen und der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater stattgefunden hat,
2 wer mit der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin in Kontakt getreten ist und welchen Inhalt das Gespräch oder das Schreiben hatte; sofern es hierzu eine schriftliche Notiz/Schriftstück gibt, sollte dies vorgelegt werden,
3 aus welchen Gründen die Überweisung nicht durch die Zielgesellschaft, sondern durch die I KG vorgenommen worden ist,
und zwar jeweils durch Befragung des Unterzeichners der Zahlungsanweisung vom 28.07.2004 sowie der Herren , (vgl. Zahlungsbeleg vom 30.07.2004 über 7.543.420,19 €), jeweils zu laden über die I Finanzierungs- und Beteiligungs GmbH, ,
65ferner soll Beweis erhoben werden darüber,
664 ob und wann im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung des Betrages i. H. v. 7.543.420,19 € für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine mündliche oder schriftliche Kommunikation durch verantwortlich für die I KG und/oder die I Finanzierungs- und Beteiligungs GmbH (vormals I GmbH) handelnde Personen und der Klägerin und/oder den steuerlichen Berater der Klägerin stattgefunden hat,
5 wer mit der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin in Kontakt getreten ist oder welchen Inhalt das Gespräch hatte; sofern es hierzu eine schriftliche Notiz/Schriftstück gibt, sollte dies vorgelegt werden,
6 welcher Rechtsgrund für die Einbehaltung der Rechtsberatungskosten maßgebend war und ob und zwischen wem dieser Einbehalt kommuniziert wurde,
7 welcher Grund für die Überweisung eines über die Kapitalertragsteuererstattung von 5.947.027,60 € (geschuldet/gezahlt aber 7.543.420,19 €/Datum 30.07.2004) existierte,
8 warum auf dem Kontoauszug vom 02.04.2002 (Kontoauszug Nr. 3) „I KG “ aufgeführt ist während die Zahlungsanweisung von der I GmbH angewiesen wurde,
jeweils wiederum durch Befragung der zu Ziffer 1. – 3. genannten Personen.
73Im Übrigen beantragt der Beklagte,
74hilfsweise, die Klage abzuweisen,
75hilfsweise, die Revision zuzulassen.
76Der Beklagte ist der Ansicht, dass – bei der gemäß BFH-Urteil vom 20.10.2010, I R 54/09 gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise – sämtliche Kapitalertragsteuerbeträge und Solidaritätszuschlagsbeträge bzgl. der elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften der sog. Weiterleitungsfälle an die Klägerin im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 durch Weiterleitungen erstattet worden seien und die Klägerin dies erkannt habe, jedenfalls aber habe erkennen müssen. Eine Anrechnung der ursprünglich von den elf Zielgesellschaften abgeführten Kapitalertragsteuerbeträge zu Gunsten der Klägerin bei der Körperschaftsteuer für 2000 komme somit nicht in Betracht.
77Zunächst könne eine Weiterleitung von Kapitalertragsteuerbeträgen auch dann angenommen werden, wenn die Erstattung von Seiten der Betriebsfinanzämter an die Zielgesellschaften nicht durch Überweisung der Kapitalertragssteuerbeträge, sondern durch Verrechnung mit sonstigen Steuerforderungen erfolgt sei. Rechtlich liege in der Verrechnung von gegenseitigen Steuerforderungen eine Aufrechnung. Die Aufrechnung führe ebenso zu einer Erfüllung eines etwaigen Steuererstattungsanspruchs der Zielgesellschaften wie die Erstattung durch Auszahlung. In rechtlicher Hinsicht mache dies keinen Unterschied.
78Sämtliche an die elf Zielgesellschaften erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge seien von den Zielgesellschaften an die Klägerin weitergeleitet worden. Insbesondere sei die Weiterleitung der Kapitalertragsteuerbeträge nicht an die Beigeladene erfolgt. Die Klägerin habe zwar vor den hier streitgegenständlichen Weiterleitungen ihren Anspruch auf Erstattung von Körperschaftsteuer 2000 an die Beigeladene abgetreten, diese Abtretung habe jedoch nicht zugleich die Kapitalertragsteuerbeträge erfasst. Eine Weiterleitung an die Beigeladene – und nicht an die Klägerin – folge auch nicht daraus, dass das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen, auf welches die Zielgesellschaften die Kapitalertragsteuerbeträge weitergeleitet hätten, an die Beigeladene als Sicherheit verpfändet worden sei. Gerade aus der Tatsache, dass die Klägerin und die Beigeladene es für notwendig hielten, etwaige Guthaben auf dem Konto an die Beigeladene zu verpfänden, mache deutlich, dass das Konto der Klägerin und nicht der Beigeladenen zuzurechnen sei. Dementsprechend sei die Klägerin nicht lediglich Zahlstelle in Bezug auf eine Weiterleitung an die Beigeladene gewesen.
79Die Klägerin habe auch erkannt, dass es sich bei den weitergeleiteten Beträgen um die den Zielgesellschaften erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge gehandelt habe. Jedenfalls habe sie dies erkennen müssen.
80Zunächst ergebe sich aus den Ausführungen des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/00) nicht, dass die Kenntnis bzw. das Kennen müssen bei der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Weiterleitung vorgelegen haben müsse. Daher sei auch jede später erlangte Kenntnis der Klägerin geeignet, den Anrechnungsanspruch entfallen zu lassen.
81Dass die Klägerin die Überweisungen der Zielgesellschaften als Weiterleitung der den Zielgesellschaften erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge erkannt habe oder jedenfalls habe erkennen müssen ergebe sich daraus, dass einige der Zielgesellschaften die Klägerin vor der ersten Weiterleitung von Kapitalertragsteuer angeschrieben hätten und darauf hingewiesen hätten, dass nunmehr die Darlehnslösung verfolgt werde und dies zu einer Erstattung und Weiterleitung von Kapitalertragsteuer führen werde. So habe beispielsweise die E GmbH der Klägerin mit Schreiben vom 20.11.2001 mitgeteilt, dass sie sich der Darlehnslösung der Finanzverwaltung angeschlossen habe, um Rücksendung der am 21.02.2001 überlassenen Steuerbescheinigung gebeten und mitgeteilt, dass sie der Klägerin die Kapitalertragsteuer und den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag nach Erhalt von Seiten der Finanzverwaltung als Darlehnstilgung weiterleiten werde und zudem auch die Differenz zwischen Aufgeld und Gewinnausschüttung an die Klägerin überweisen werde. Erst nach diesem Schreiben hätten die Zielgesellschaften begonnen, die an sie erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge an die Klägerin weiterzuleiten. Aus dem zeitlichen Verlauf habe die Klägerin daher erkennen können, dass es sich auch bei jenen Gesellschaften, welche nicht durch einen gesondertes Schreiben auf die Hintergründe der Zahlung hingewiesen hätten, um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Zudem hätten einige der Zielgesellschaften im Buchungstext zur Überweisung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den überwiesenen Beträgen um Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag gehandelt habe. Teilweise hätten die Überweisungsbeträge auch exakt jenen Beträgen entsprochen, welche die Zielgesellschaften zu Gunsten der Klägerin an die Betriebsfinanzämter abgeführt hätten und bzgl. derer die Zielgesellschaften der Klägerin Steuerbescheinigungen ausgestellt hätten. Allein aus der Betragsidentität zwischen angemeldeter Kapitalertragsteuer und Überweisungsgutschrift auf dem Konto der Klägerin hätte die Klägerin erkennen müssen, dass es sich bei den Gutschriften auf ihrem Konto um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Aus der geringen Anzahl der Kontoauszüge der Klägerin ergebe sich zudem, dass bei dieser nur sehr wenige Geschäftsvorfälle angefallen seien. Dabei seien die hier streitgegenständlichen Geschäftsvorfälle von beachtlicher Höhe. Vor dem Hintergrund dessen, dass die Herren und das System des Rücklagenmanagements mit entwickelt hätten, hätten sie bei den wenigen Gutschriften auf dem Konto ihrer Gesellschaft erkennen müssen, dass es sich bei diesen beachtlichen Gutschriften um die Weiterleitung der Kapitalertragsteuer der Zielgesellschaften gehandelt habe. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Klägerin zu den Zielgesellschaften keine anderweitigen Geschäftsbeziehungen unterhalten habe. Dass die Klägerin die Gutschriften als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer seitens der Zielgesellschaften erkannt habe, ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin es offensichtlich unterlassen habe, bei den Zielgesellschaften nachzufragen, warum diese derart hohe Beträge an die Klägerin überweisen. Dementsprechend habe die Klägerin die Gutschriften auch auf dem Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“ verbucht und hierbei – jedenfalls teilweise – den Buchungstext „Kapst“ bzw. „Solz“ verwendet. Zudem habe das Finanzamt die Klägerin bereits mit Schreiben vom 30.03.2001 darauf hingewiesen, dass sie das Gestaltungsmodell des Rücklagenmanagements nicht akzeptieren werde. Insofern habe die Klägerin damit rechnen müssen, dass die zu ihren Gunsten ausgestellten Steuerbescheinigungen und abgeführten Körperschaftsteuerbeträge rückabgewickelt würden. Dass die Klägerin von der Darlehnslösung, der Rückabwicklung des Rücklagenmanagements und den tatsächlichen Verständigungen der Zielgesellschaften Kenntnis gehabt habe, ergebe sich aus der am 17.10.2002 durchgeführten Akteneinsicht der Klägerin im Verfahren 9 K 5138/02 K beim Finanzgericht Münster. In dieser Akte sei die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 04.10.2001 mit dem Muster der tatsächlichen Verständigung enthalten gewesen. Hierauf habe die Klägerin im weiteren Fortgang des Verfahrens 9 K 5138/02 K Bezug genommen. Zudem habe die Klägerin im Verfahren vor dem Finanzgericht Münster mit dem Aktenzeichen 6 K 576/08 AO eine Übersicht gefertigt, in welcher sie einige Zahlungen der Zielgesellschaften den zunächst einbehaltenen Kapitalertragsteuerbeträgen entgegengestellt und hierdurch eine „vereitelte“ KSt-Minderung ermittelt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten zu dieser Übersicht wird auf Seite 12 der Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 17.02.2012 verwiesen. Aus dieser Übersicht ergebe sich, dass die Klägerin die Gutschriften auf ihrem Konto (zutreffend) als weitergeleitet Kapitalertragsteuer erkannt habe.
82Im Ergebnis habe die Klägerin erkannt oder jedenfalls erkennen müssen, dass es sich bei den Überweisungen seitens der Zielgesellschaften um die weitergeleiteten Kapitalertragsteuerbeträge gehandelt habe, welche den Zielgesellschaften zunächst seitens der Finanzämter erstattet bzw. gutgeschrieben worden seien.
83Dies gelte auch für die Überweisung der A GmbH und der D GmbH, welche ihre Weiterleitungsbeträge versehentlich nicht auf das Konto der Klägerin, sondern auf das Konto der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG überwiesen hätten, denn auch diese Überweisungen seien der Klägerin zu Gute gekommen und von der Klägerin als weitergeleitete Kapitalertragsteuererstattungen erkannt worden. Die Klägerin habe insoweit eine Forderung gegen ihre Schwestergesellschaft erfasst. Dabei habe sie das Buchhaltungskonto 7000 „Erträge aus Beteiligungen“ angesprochen. Ferner ergebe sich aus dem Tatbestand des Urteils des Landgerichts vom 22.12.2010 (6 O 747/10), auf welches Bezug genommen wird, dass die Klägerin jedenfalls die Überweisung an ihre Schwestergesellschaft von Seiten der C GmbH als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkannt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 18.03.2011, 29.04.2011, 17.02.2012, 13.07.2012, 23.11.2012, 01.02.2013 und vom 19.02.2013 Bezug genommen.
84Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und auch inhaltlich zum (verbliebenen) Streitgegenstand keine Stellungnahme abgegeben.
85Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu den Aktenzeichen 6 K 187/11 AO, 6 K 4808/07 AO, 6 K 1539/08 AO, 6 K 2131/08 AO, 6 K 576/08 AO sowie 9 K 5138/02 K und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Ferner wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.02.2013 Bezug genommen.
86Entscheidungsgründe:
87Die zulässige Klage ist zum Teil begründet und im Übrigen unbegründet.
88Der Abrechnungsbescheid des Beklagten vom 27.06.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und vom 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit die Beklagte nicht Kapitalertragsteuer in Höhe von 115.055.094,75 € (225.028.205,97 DM) nebst hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 6.325.269,06 € (12.371.150,97 DM) zu Gunsten der Klägerin angerechnet hat. Im Vergleich zum streitgegenständlichen Abrechnungsbescheid des Beklagten sind daher weitere Kapitalertragsteuer in Höhe von 94.987.493,40 € (185.779.389,22 DM) (bisher 20.067.601,35 € = 39.248.816,75 DM) sowie darauf entfallender Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.221.550,77 € (10.212.465,62 DM) (bisher 1.103.718,29 € = 2.158.685,35 DM) im Rahmen der Anrechnung zu erfassen (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Insoweit ist die Klage begründet.
89Im Übrigen ist die Klage unbegründet, da die elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften der sogenannten Weiterleitungsfälle Kapitalertragsteuer in Höhe von 13.121.379,17 € (25.663.187,03 DM) nebst darauf entfallendem Solidaritätszuschlag in Höhe von 724.437,24 € (1.416.876,09 DM) an die Klägerin weitergeleitet haben und die Klägerin diese Weiterleitungen als Auskehrungen von Kapitalertragsteuer seitens der elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften erkannt hat bzw. erkennen musste.
90I. Der Anspruch der Klägerin auf Anrechnung weiterer Kapitalertragsteuer folgt aus § 49 KStG 1999 in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997.
91Gemäß § 36 Abs. 2 Satz Nr. 2 Satz 1 EStG 1997 wird die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer – § 49 KStG 1999 – angerechnet, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte oder auf die nach § 8b Abs. 1 KStG 1999 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezüge entfällt und nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist. Gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG wird die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer nicht angerechnet, wenn die in § 45a Abs. 2 und 3 EStG bezeichnete Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist.
92Diese Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 und 2 EStG zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer sind im Streitfall – bezogen auf alle 25 Zielgesellschaften – in Höhe von 115.055.094,75 € (225.028.205,97 DM) bzgl. Kapitalertragsteuer und in Höhe von 6.325.269,06 € (12.371.150,97 DM) in Bezug auf Solidaritätszuschlag erfüllt.
93Bei den Gewinnausschüttungen der insgesamt 25 Zielgesellschaften des Jahres 2000, an denen die Klägerin als Gläubigern und die insgesamt 25 Zielgesellschaften als Schuldnerin von Kapitalertragsteuer im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG beteiligt waren, ist Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt 123.176.473,93 € (250.691.393,00 DM) wirksam erhoben worden (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG). Die 25 Zielgesellschaften als Schuldner der Kapitalerträge haben die auf die an die Klägerin ausgezahlten Vorzugsdividenden entfallende Kapitalertragsteuer in gesetzlicher Höhe (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG) einbehalten und auf der Grundlage entsprechender Steueranmeldungen (§ 45a Abs. 1 EStG) an die jeweils zuständigen Betriebsfinanzämter entrichtet (§ 44 Abs. 1 EStG). Jedenfalls dadurch ist die Kapitalertragsteuer im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG erhoben worden. Die Erhebung der Kapitalertragsteuer stand auch mit dem materiellen Recht im Einklang. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 28.06.2006 (I R 97/05, BFH/NV 2006, 2207) das vorangegangene Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19.08.2005 (9 K 5138/02 K, EFG 2006, 205) dahingehend bestätigt, dass das von der Klägerin betriebene Rücklagenmanagement zivil- und steuerrechtlich anzuerkennen ist.
94Der BFH hat im ersten Rechtszug des hiesigen Verfahrens (Urteil vom 20.10.2010, I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) ferner bestätigt, dass weder die spätere Rückzahlung der Steuerbeträge an die Zielgesellschaften noch die Weiterleitung der gezahlten Beträge an die Klägerin das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „erhoben“ berührt. Denn die erfolgte Erhebung kann nicht mit steuerlicher Wirkung ungeschehen gemacht werden. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG 1997 weist als den im Verhältnis zur „Erhebung“ gegenläufigen Vorgang allein die „Erstattung“ aus und bestimmt gerade nicht, dass die spätere Auszahlung des Abzugsbetrages an den Steuerschuldner die „Erhebung“ rückgängig macht (BFH-Urteil vom 20.10.2010, I R 54/09, BFH/NV 2011, 641).
95Gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 ist eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag davon abhängig, dass diesbezüglich „nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist“. Diesbezüglich hat der BFH im Urteil vom 20.10.2010 ausgeführt, dass § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 – entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Münster im ersten Rechtsgang – nicht formal, sondern „wirtschaftlich“ zu verstehen sei (BFH-Urteil vom 20.10.2010, I R 54/09, BFH/NV 2011, 641). Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofes vom 20.10.2010 Bezug genommen.
96Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 20.10.2010 weiter ausgeführt, dass eine „Erstattung“ nicht bereits deshalb als „durchgeführt“ im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 anzusehen sei, weil die von den Zielgesellschaften einbehaltenen und abgeführten Steuerbeträge später an diese zurückgezahlt worden sei. Anders sei es aber dann, wenn und soweit Abzugspflichtige den betreffenden Betrag in der Folge an den Steuerschuldner weiterleiten und der Steuerschuldner dies als Auskehrung des Abzugsbetrages erkennt oder erkennen muss. Daher sei – so der Bundesfinanzhof im Urteil vom 20.10.2010 – für eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zugunsten der Klägerin kein Raum, soweit zum einen die Zielgesellschaften die zunächst einbehaltenen und abgeführten sowie später an diese erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge und Solidaritätszuschlagsbeträge in der Folge an die Klägerin weitergeleitet haben und zum anderen die Klägerin die betreffenden Vorgänge als Auskehrung von Kapitalertragsteuer erkannt hat oder erkennen musste (BFH-Urteil vom 20.10.2010, I R 54/09, BFH/NV 2011, 641).
97Offen gelassen hat der BFH in seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang, zu welchem Zeitpunkt eine Kenntnis bzw. ein Erkennen müssen der Klägerin von der Auskehrung von Kapitalertragsteuer spätestens vorgelegen haben muss, um den Anrechnungsanspruch der Klägerin entfallen zu lassen. Die Klägerin ist hier der Ansicht, dass diesbezüglich auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf ihrem Konto bei der Beigeladenen abzustellen sei, weil es andernfalls der Beklagte in der Hand hätte, die Klage durch eine entsprechende Information der Klägerin unbegründet werden zu lassen. Demgegenüber ist der Beklagte der Ansicht, dass eine zeitliche Grenze nicht bestehe, da der BFH eine solche im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) nicht aufgezeigt habe, so dass auch eine erst jetzt erlangte Kenntnis der Klägerin ihren Anrechnungsanspruch entfallen lasse.
98Nach Ansicht des Senates kann aus dem Schweigen des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) nicht der Schluss gezogen werden, dass eine zu einem beliebigen Zeitpunkt erlangte Kenntnis den Anspruch der Klägerin auf Anrechnung entfallen lässt. Dies ergibt sich schon daraus, dass der BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) formuliert hat, dass zu prüfen sei, ob die Klägerin die „Vorgänge als Auskehrung von Kapitalertragsteuer erkannt hat oder erkennen musste.“ Da der BFH hier die Vergangenheitsform gewählt hat, muss der Zeitpunkt der schädlichen Kenntnis jedenfalls vor dem 20.10.2010, dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem BFH im ersten Rechtsgang, liegen. Nach Ansicht des Senates ist jedoch ein engerer zeitlicher Zusammenhang zwischen Überweisung und dem Erkennen oder dem Erkennen müssen geboten. Denkbar wäre hier beispielsweise der Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder ein Zeitpunkt von zwei Wochen nach Erhalt der entsprechenden Kontoauszüge. In Ermangelung von anderen Anhaltspunkten geht der Senat davon aus, dass für den spätestens Zeitpunkt der für die Klägerin schädlichen Kenntnis in Anlehnung an § 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (AGB-Banken) auf einen Zeitraum von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses über das Kalenderquartal abzustellen ist. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken erteilt die Bank bei einem Kontokorrentkonto, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, jeweils zum Ende eines Kalenderquartals einen Rechnungsabschluss. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken hat der Kunde Einwendungen wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Rechnungsabschlusses spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach dessen Zugang zu erheben. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung (§ 7 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken). Bei § 7 AGB-Banken geht der Normgeber offensichtlich davon aus, dass diese Frist von sechs Wochen ab Zugang des Rechnungsabschlusses zur Prüfung der Kontenbewegungen des abgelaufenen Quartals ausreicht.
99Anhand dieser Maßstäbe ist der Senat der Auffassung, dass die elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften aus den sog. „Weiterleitungsfällen“ von der insoweit streitgegenständlichen Kapitalertragsteuer in Höhe von 108.108.872,57 € (211.442.576,25 DM) einen Teilbetrag in Höhe von 13.121.379,17 € (25.663.187,03 DM) und von dem streitgegenständlichen Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.945.988 € (11.629.341,71 DM) einen Teilbetrag in Höhe von 724.437,24 € (1.416.876,07 DM) an die Klägerin weitergeleitet haben und die Klägerin diese Weiterleitungen auch als Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer erkannt hat oder jedenfalls hätte erkennen müssen. Demgegenüber ist eine Weiterleitung von an die elf Zielgesellschaften der Weiterleitungsfälle erstatteter Kapitalertragsteuer in Höhe von 94.987.493,40 € (185.779.389,22 DM) und Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.221.550,77 € (10.212.465,64 DM) nicht erfolgt bzw. die Klägerin musste entsprechende Vorgänge nicht als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkennen. Insoweit ist die Klage begründet.
1001 Begründet ist die Klage in Bezug auf die nicht erkennbar erfolgte Weiterleitung von Kapitalertragsteuerbeträgen nebst Solidaritätszuschlag in Bezug auf die Zielgesellschaft A GmbH (Kapitalertragsteuer in Höhe von 16.224.953,27 € = 31.733.250,35 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 892.372,24 € = 1.745.328,40 DM), die Zielgesellschaft D GmbH (Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.494.506,17 € = 2.923.000,00 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 82.197,84 € = 160.765,00 DM), hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 50.000 € (97.791,50 DM) bezüglich der Zielgesellschaft F GmbH, hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 203,17 € (397,37 DM) bezüglich der Zielgesellschaft G GmbH, in Bezug auf die Zielgesellschaft I GmbH (Kapitalertragsteuer in Höhe von 5.636.992,99 € = 11.025.000,00 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 310.034,61 € = 606.374,99 DM) sowie schließlich in Bezug auf die Zielgesellschaft I Holding GmbH (Kapitalertragsteuer in Höhe von 71.580.837,80 € = 139.999.950,00 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 3.936.946,08 € = 7.699.997,25 DM), nicht begründet dagegen soweit in Bezug auf die Zielgesellschaft F GmbH um einen weiteren Betrag von 1.828.370,69 € und in Bezug auf die Zielgesellschaft G GmbH um einen weiteren Betrag von 3.053.481,77 € gestritten wird.
a) In Bezug auf die Zielgesellschaft A GmbH ist die Klage in voller Höhe begründet.
103Die A GmbH hat die ihr erstattete Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 17.117.325,51 € (31.733.25035 DM) versehentlich nicht auf das Konto der Klägerin, sondern auf das Konto der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG, bei der Beigeladenen mit der Kto-Nr. überwiesen. Diese Fehlüberweisung an die Schwestergesellschaft der Klägerin kann nicht als Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer an die Klägerin angesehen werden, denn trotz der Personenidentität im Gesellschafterkreis der Schwestergesellschaften handelt es sich bei den Schwestergesellschaften um selbstständige rechtsfähige Gesellschaften (vgl. § 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 124 Abs. 1 HGB). Eine Zahlung an die Schwestergesellschaft der Klägerin kann daher nicht zugleich als Zahlung an die Klägerin angesehen werden. Insbesondere sind die Schwestergesellschaften insoweit nicht Gesamtgläubiger gewesen.
104Erschwerend kommt bezüglich dieser Zielgesellschaft, der A GmbH, noch hinzu, dass die B mbH & Co. KG von dem Gesellschafter der A GmbH, Herrn A, nach Abtretung eines etwaigen Rückzahlungsanspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) vor dem Landgericht verklagt und mit Urteil vom 22.12.2010 zur Rückzahlung verurteilt worden ist. Im Anschluss an das Urteil hat die B mbH & Co. KG im September 2011 den streitgegenständlichen Betrag in Höhe von 17.117.325,51 € (31.733.250,35 DM) an den Gesellschafter der A GmbH (zurück-)gezahlt. Dabei hat der BFH in der Entscheidung vom 20.10.2010 (I R 54/09) ausgeführt, dass eine Anrechnung eines Steuerguthabens auch dann vorzunehmen ist, wenn die Klägerin einen erhaltenden Weiterleitungsbetrag nachfolgend an eine Zielgesellschaft (zurück-)gezahlt hat. Dies muss erst recht gelten, wenn die Weiterleitung versehentlich nicht an die Klägerin, sondern an ihre Schwestergesellschaft erfolgt ist und die Schwestergesellschaft den fehlerhaft erhaltenen Betrag zurückgezahlt hat. Unerheblich ist hier, dass das Berufungsgericht – nach Angaben der Beklagten – das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Kassel aufgehoben haben soll, denn jedenfalls ist eine (Rück-)Zahlung an die Klägerin in Folge des Berufungsurteils (noch) nicht erfolgt.
105b) In Bezug auf die Zielgesellschaft D GmbH ist die Klage ebenfalls in voller Höhe begründet.
106Die D GmbH hat die an sie erstatteten Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.494.506,17 € (2.923.000,00 DM) und den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag in Höhe von 82.197,84 € (160.765,00 DM) ebenfalls versehentlich auf das Konto der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG, mit der Nr. überwiesen. Zwar ist es nach Aktenlage insoweit nicht zu einem Rechtsstreit auf Rückzahlung gekommen. Eine Rückzahlung durch die Schwestergesellschaft der Klägerin ist nach Aktenlage auch nicht erfolgt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der vom Beklagten geleistete Erstattungsbetrag seitens der Zielgesellschaft nicht an die Klägerin, sondern an ihre Schwestergesellschaft weitergeleitet worden ist. Wie ausgeführt, kann die Zahlung an B mbH & Co. KG nicht als Zahlung an die Klägerin angesehen werden.
107Unerheblich ist, dass die Klägerin gegen ihre Schwestergesellschaft in gleicher Höhe eine Forderung bilanziert hat und insoweit das Konto „Erträge aus Beteiligung“ angesprochen hat, denn allein die Aktivierung einer Forderung gegen die Schwestergesellschaft kann nicht mit einer tatsächlichen Weiterleitung des Erstattungsbetrages seitens der Zielgesellschaft gleichgesetzt werden. Eine Forderung und die vom Revisionsurteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) geforderte Weiterleitung eines Erstattungsbetrages werden schon begrifflich unterschieden, denn wird ein Geldbetrag aufgrund einer Forderung weitergeleitet und vereinnahmt, erlischt die Forderung (§ 362 BGB). Eine Zurechnung des Zahlungszuflusses bei der Schwestergesellschaft zu Lasten der Klägerin scheidet auch deshalb aus, weil die Schwestergesellschaft nicht als Zahlstelle der Klägerin eingeschaltet worden ist.
108c) In Bezug auf die Zielgesellschaft F GmbH ist eine Weiterleitung von an diese Zielgesellschaft erstatteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 1.878.370,69 € in Höhe von 50.000 € (97.791,50 DM) unterblieben. In Höhe dieser unterbliebenen Weiterleitung (50.000 € = 97.791,50 DM) ist die Klage ebenfalls begründet.
109Zwar hat die Zielgesellschaft F GmbH am 27.09.2002 einen Betrag in Höhe von 1.000.000,00 € mit dem Buchungstext „Rückzahlung Kapitalertragsteuer“ und am gleichen Tag einen Betrag in Höhe von 1.333.956,11 € mit dem Buchungstext „Rückzahlung Kapitalertragsteuer u. Aufgeld ./. Einbehalt 50.000 EUR“ an die Klägerin überwiesen. Eine Begründung für den Einbehalt in Höhe von 50.000,00 € ist indes seitens der Zielgesellschaft nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund war für die Klägerin nach Ansicht des Senates jedenfalls nicht erkennbar, ob der Einbehalt in Höhe von 50.000 € ein solcher ist, welcher sich auf die Kapitalertragsteuer oder auf das Aufgeld bezieht. Beides ist nach dem Buchungstext der Zielgesellschaft möglich. Da der BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) ausgeführt hat, dass Zweifel hinsichtlich der Weiterleitung und/oder hinsichtlich der Erkennbarkeit zu Lasten der Beklagten gehen müssen, ist zu Gunsten der Klägerin davon auszugehen, dass der Einbehalt die Kapitalertragsteuer betrifft. Damit ist die Klage in Bezug auf diese Zielgesellschaft in Höhe von 50.000,00 € begründet.
110Zugleich ist von einer Weiterleitung von Kapitalertragsteuer seitens der Zielgesellschaft E GmbH in Höhe von 1.730.446,15 € (1.780.446,15 € abzüglich 50.000,00 €) und von weitergeleitetem Solidaritätszuschlag in Höhe von 97.924,54 €, insgesamt also in Höhe von 1.828.370,69 € auszugehen. Insoweit – in Höhe der Weiterleitung (1.828.370,69 €) – ist die Klage bezüglich der Zielgesellschaft E GmbH unbegründet.
111(1) Zunächst ist es in Höhe von 1.828.370,69 € zu einer Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an die Klägerin gekommen.
112Der Klägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass eine Weiterleitung von Kapitalertragsteuer vor dem Hintergrund der Ausführungen des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) nur dann angenommen werden könnte, wenn die Erstattung auf Ebene der Zielgesellschaft durch echte Erstattung im Sinne einer Überweisung und nicht durch eine Verrechnung erfolgt ist. Eine Verrechnung, welche materiell eine Aufrechnung im Sinne von § 226 AO i.V.m. §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beinhaltet, führt ebenso zu einer Erfüllung einer Forderung der Zielgesellschaft wie eine Überweisung (vgl. § 47 AO). Gerade vor dem Hintergrund der vom BFH geforderten wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann eine (teilweise) Verrechnung daher nicht anders als eine Überweisung behandelt werden.
113Ferner lässt sich aus den Vorgaben des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) keine zeitliche Grenze für die Annahme einer Weiterleitung entnehmen. Im genannten Urteil ist lediglich von einer Weiterleitung „in der Folge“ der Erstattung die Rede. Wäre der BFH hier – wie die Klägerin – der Auffassung, dass eine Weiterleitung nur dann angenommen werden könne, wenn diese innerhalb von drei Bankarbeitstagen oder jedenfalls innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zur Erstattung erfolgt wäre, wäre davon auszugehen, dass der BFH dies im Urteil klargestellt hätte. Da dies nicht geschehen ist, ist davon auszugehen, dass eine zeitliche Grenze für die Weiterleitung nicht gegeben ist, denn nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Ausführungen des BFH wäre auch eine Überweisung seitens einer Zielgesellschaft, welche mehrere Monate nach der Erstattung seitens des Finanzamtes erfolgt wäre, eine Weiterleitung „in der Folge“ der Steuererstattung, denn sie erfolgt zeitlich nach der Erstattung und führt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einer „Erstattung“ von Kapitalertragsteuer im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997.
114Aus den Vorgaben des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2001, 641) lässt sich überdies nicht entnehmen, dass – wie die Klägerin meint – eine Weiterleitung der Steuererstattung dann nicht vorliege, wenn die Weiterleitung auf einer gesonderten Verpflichtung, wie etwa einem Rückabwicklungsvertrag, beruht. Denn auch dann ist es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einer Weiterleitung erstatteter Beträge gekommen.
115Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Weiterleitung nicht an die Klägerin, sondern an die Beigeladene erfolgt sei, weil die Beigeladene in dem Rückabwicklungsvertrag, welchen sie mit der Zielgesellschaft geschlossen hat, vereinbart hat, dass die weitergeleiteten Steuerbeträge zwingend auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen in gezahlt werden müssen. Dafür, dass dies einer Weiterleitung nicht entgegensteht, spricht bereits die ursprüngliche Kreditzusage über (zunächst) eine Milliarde DM, welche die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften mit der Beigeladenen am 14.08.2000 vereinbart haben. Denn bereits hier haben die Vertragsparteien aufgenommen, dass die Rückführung des Darlehns durch erwartete Gewinnausschüttungen und Steuererstattungen erfolgen soll, wobei die Klägerin die Anweisung erhielt die Zielgesellschaften dahingehend zu verpflichten, dass entsprechende Zahlungen ausschließlich auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen, Filiale , erfolgen dürfen. Eben jenes Konto ist hier für die Weiterleitung verwendet worden.
116Schließlich folgt auch nicht aus der Verpfändung des Guthabens auf dem Konto der Klägerin bei der Beigeladenen zu Gunsten der Beigeladenen, dass die Zahlung der Zielgesellschaft auf dieses Konto als eine solche an die Beigeladene zu verstehen ist, denn gerade das Erfordernis der Verpfändung des Guthabens macht deutlich, dass das Konto ein solches der Klägerin ist, auf deren Namen das Konto lief. Hinzu kommt, dass die Gutschriften auf dem Konto sehr wohl der Klägerin – trotz der Verpfändung – zu Gute kamen, denn hierdurch wurden letztlich die eigenen Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der Beigeladenen aus der Kreditzusage vom 14.08.2000 zurückgeführt.
117(2) In Höhe dieser tatsächlich weitergeleiteten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag (1.828.370,69 €) seitens der Zielgesellschaft F GmbH musste die Klägerin auch erkennen, dass es sich um die Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer bzw. hierauf entfallendem Solidaritätszuschlag gehandelt hat.
118Das Erkennenmüssen ergibt sich bereits aus dem Buchungstext der Überweisungen, denn die Zielgesellschaft F GmbH hat der Überweisung den Buchungstext „Rückzahlung Kapitalertragsteuer“ hinzugefügt.
119Ergänzend ergibt sich die Erkennbarkeit aus dem zeitlichen Verlauf der Geschehnisse, denn zuvor haben bereits andere Zielgesellschaften mit der Rückabwicklung des Rücklagenmanagements begonnen und die Klägerin hierüber informiert. So hat die Zielgesellschaft D GmbH mit Schreiben vom 10.01.2002 der Klägerin die von ihr abgeschlossene „tatsächliche Verständigung“ in Bezug auf die Darlehenslösung zur Kenntnisnahme übersandt und mitgeteilt, dass sie die sich hieraus ergebende Kapitalertragsteuererstattung unverzüglich nach Erhalt an die Klägerin weitereiten werde. Insofern konnte die Klägerin aus der zeitlich späteren Überweisung der F mit dem Buchungstext „Rückerstattung Kapitalertragsteuer“ erkennen, dass sich auch diese Zielgesellschaft der Darlehenslösung angeschlossen und Kapitalertragsteuer an die Klägerin weitergeleitet hat.
120Für die Erkennbarkeit spricht ferner, dass die Klägerin keinerlei anderweitige geschäftliche Beziehungen zu der Zielgesellschaft unterhielt und sie deshalb die beachtliche Überweisungsgutschrift nicht in einen anderen wirtschaftlichen Zusammenhang als zum Rücklagenmanagement einordnen konnte. Zudem sprechen die Höhe der Überweisung, die Tatsache, dass die Klägerin an die Zielgesellschaft keine Rückfrage zum Hintergrund der Überweisung gestellt hat, die Verbuchung auf dem Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“ und die geringe Anzahl der Geschäftsvorfälle auf dem Konto der Klägerin dafür, dass die Klägerin den Hintergrund der Überweisung erkennen konnte.
121Da für die (objektive) Weiterleitung der Steuererstattung unerheblich ist, in welchem zeitlichen Abstand diese nach der Erstattung erfolgt ist, ist für das Erkennenmüssen einer Weiterleitung auch unerheblich, dass die Klägerin keine Kenntnis davon hatte, wann genau die Erstattung an die Zielgesellschaft erfolgt ist.
122Schließlich ist für diese Zielgesellschaft nicht entscheidungserheblich, zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis bzw. das Erkennenkönnen einer Weiterleitung bei der Klägerin vorgelegen haben muss, denn die Erkennbarkeit ergab sich bereits allein aus dem Buchungstext zur Überweisung. Somit lag die Erkennbarkeit bereits zeitgleich mit der Weiterleitung vor.
123d) In Bezug auf die Zielgesellschaft G GmbH ist eine Weiterleitung von an diese Zielgesellschaft erstatteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 3.053.684,94 € in Höhe von 203,17 € (397,37 DM) unterblieben. In Höhe dieser unterbliebenen Weiterleitung (203,17 € = 397,37 DM) ist die Klage begründet und in Höhe der erfolgten Weiterleitung (3.053.481,77 €) unbegründet.
124(1) Zwar hat die Zielgesellschaft G GmbH am 09.09.2002 ein Betrag in Höhe von 3.053.481,77 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuererstattung Holte 2000“ an die Klägerin überwiesen. Die ursprünglich von der G GmbH zugunsten der Klägerin abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag betrug jedoch insgesamt 3.053.684,94 € (5.972.488,61 DM) und überstieg den Weiterleitungsbetrag somit um 203,17 € (397,37 DM). Dabei hat die G GmbH die Differenz zu der ursprünglich angemeldeten und zugunsten der Klägerin abgeführten Kapitalertragsteuer nicht erläutert. Der Einbehalt betrifft im Zweifel die Kapitalertragsteuer. Damit ist von einer Weiterleitung von Kapitalertragsteuer seitens der Zielgesellschaft G GmbH in Höhe von 2.894.284,92 € (2.894.488,09 € abzüglich Einbehalt in Höhe von 203,17 €) und von weitergeleitetem Solidaritätszuschlag in Höhe von 159.196,84 € auszugehen.
125(2) In Höhe dieser tatsächlich weitergeleiteten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 3.053.481,77 € musste die Klägerin wiederum erkennen, dass es sich um die Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer sowie hierauf entfallendem Solidaritätszuschlag gehandelt hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Buchungstext der Überweisungen, denn hier hat die Zielgesellschaft G GmbH den Buchungstext „Kapitalertragsteuererstattung Holte 2000“ hinzugefügt.
126Ferner sprechen auch bei dieser Zielgesellschaft ergänzend der zeitliche Verlauf, die geringe Anzahl der Buchungen, die fehlende sonstige Geschäftsbeziehung zur Zielgesellschaft und die unterbliebene Rückfrage an die Zielgesellschaft für die Erkennbarkeit.
127e) In Bezug auf die Zielgesellschaft I GmbH ist die Klage in voller Höhe begründet.
128Zwar hat die Zielgesellschaft bzw. für diese die I KG Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an die Klägerin weitergeleitet. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin die Überweisung der I KG vom 30.07.2004 in Höhe von 7.543.420,19 € als weitergeleitete Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag der Zielgesellschaft I GmbH in Höhe von insgesamt 5.947.027,60 € (11.631.374,99 DM) erkannt hat bzw. erkennen musste. Dabei gehen entsprechend den Ausführungen des BFH im Urteils vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011,641) Zweifel an der Erkennbarkeit der wirtschaftlichen Hintergründe der Zahlungen zu Lasten der Finanzverwaltung.
129(1) Die Zweifel an der Erkennbarkeit bzw. daran, dass die Klägerin die Weiterleitung nicht nur als Auskehrung von Kapitalertragsteuer erkennen konnte, sondern erkennen musste, ergeben sich daraus, dass die Überweisung nicht mit einem Buchungstext versehen war, der gutgeschriebene Betrag nicht der ursprünglich abgeführten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag entsprach, keine Kommunikation mit der Klägerin über die Überweisung stattgefunden hat und die Überweisung nicht von der Zielgesellschaft, sondern von einer Dritten Gesellschaft erfolgte.
130Die I KG hat auf Veranlassung der I GmbH am 30.07.2004 einen Betrag in Höhe von 7.543.420,19 € auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überwiesen. Die Überweisung erfolgte ohne einen auf die Kapitalertragsteuer hinweisenden Buchungstext. Zudem entsprach dieser Betrag nicht dem Betrag, welchen die Zielgesellschaft I GmbH ursprünglich zu Gunsten der Klägerin an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag angemeldet und bzgl. derer die Zielgesellschaft I GmbH der Klägerin eine Steuerbescheinigung ausgestellt hat, denn die abgeführte und bescheinigte Kapitalertragsteuer dieser Zielgesellschaft belief sich auf 5.636.992,99 € (11.025.000 DM) nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 310.034,61 € (606.374,99 DM) und somit insgesamt auf 5.947.027,60 € (11.631.374,99 DM). Aus dem Schreiben der Zielgesellschaft vom 09.03.2012 an das Gericht ergibt sich, dass sich der Überweisungsbetrag in Höhe von insgesamt 7.543.420,19 € zum einen aus der erstatteten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag (5.947.027,60 €) und zum anderen aus dem sogenannten Aufgeld in Höhe von 1.610.569,43 € abzüglich einbehaltener Rechtsberatungskosten in Höhe von 14.176,84 € (27.727,48 DM) zusammensetzte. Da der Weiterleitungsbetrag somit nicht dem ursprünglich abgeführten und bescheinigten Steuerbetrag entsprach, konnte die Klägerin jedenfalls nicht aus einer Betragsidentität schließen, dass es sich bei dem Überweisungsbetrag um die Weiterleitung der erstatteten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gehandelt hat. Auch unter Einbeziehung des Aufgeldes ist – wegen des Einbehaltens für Rechtsberatungskosten – eine Betragsidentität nicht gegeben.
131Nach Überzeugung des Senates hat die Zielgesellschaft die Klägerin auch nicht über die Hintergründe der Überweisung informiert. Schriftverkehr zwischen der Klägerin und der Zielgesellschaft gab es hierüber nach übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zielgesellschaft nicht. Aus der Antwort der Zielgesellschaft vom 09.03.2012 auf die Anfrage des Berichterstatters ergibt sich zugleich, dass es nicht nur keinen Schriftverkehr zwischen der Zielgesellschaft und der Klägerin gegeben hat, wie dies ausdrücklich in der Antwort der Zielgesellschaft vom 09.03.2012 ausgeführt wird, sondern dass auch keine telefonische oder sonstige Mitteilung über die Hintergründe der Überwiesung erfolgt ist, denn wenn es zu einer solchen Kontaktaufnahme gekommen wäre, könnte die Zielgesellschaft sehr wohl beurteilen, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Gutschrift um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt hat. Dabei hat die Zielgesellschaft in ihrem Schreiben vom 09.03.2012 ausgeführt, dass sie dies nicht beurteilen könne.
132Schließlich erfolgte die Überweisung nicht von der Zielgesellschaft, der I GmbH, sondern einer dritten Gesellschaft, der I KG.
133(2) Da der Überweisung kein Buchungstext beigefügt war und die Klägerin jedenfalls inzwischen aufgrund des finanzgerichtlichen Verfahrens die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkennen musste, ist für diese Zielgesellschaft entscheidungserheblich, zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis bzw. das Erkennen müssen bei der Klägerin vorgelegen haben muss.
134Wie oben ausgeführt, ist der Senat diesbezüglich der Ansicht, dass für den spätestens Zeitpunkt der für die Klägerin schädlichen Kenntnis in Anlehnung an § 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken auf einen Zeitpunkt von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses über das Kalenderquartal abzustellen ist, in welchem die Überweisung erfolgte. Dies bedeutet im Hinblick auf die Zielgesellschaft I GmbH, dass eine vor dem 12.11.2004 erlangte Kenntnis der Klägerin schädlich ist, da die Überweisung der I KG für diese Zielgesellschaft am 30.07.2004 – und damit im dritten Quartal des Jahres 2004 – erfolgte. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits wusste oder wissen musste, dass es sich bei der Zahlung der I KG um die Weiterleitung der Kapitalertragsteuer handelte, lässt sich nicht feststellen. Zweifel gehen – wie der BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) ausgeführt hat – zu Lasten des Beklagten.
135Schließlich ist der Senat der Auffassung, dass der Klägerin auch keine etwaige vorherige Kenntnis der Beigeladenen zugerechnet werden kann. Die Beigeladene war bei der Rückabwicklung des Rücklagenmanagements keine Erfüllungsgehilfin der Klägerin, denn die Beigeladene ist bei der Rückabwicklung ohne Wissen und Wollen der Klägerin aufgetreten. So sind die Geschäftsführer der Klägerin, welche ursprünglich bei der Beigeladenen beschäftigt waren, vor der Rückabwicklung von der Beigeladenen gekündigt und der Rückabwicklungsvertrag mit der Zielgesellschaft sodann ohne Einbeziehung der Klägerin geschlossen worden.
136(3) Den Beweisanträgen der Beklagten der Ziffern 4. bis 8., welche die Zielgesellschaft I-GmbH betreffen, war nicht zu entsprechen. Teilweise handelt es sich um unzulässige Ausforschungsbeweise und teilweise ist das Beweisthema nicht entscheidungserheblich.
137Bei dem Beweisantrag Ziffer 4. handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Der Beklagte beantragt mit Beweisantrag zu Ziffer 4., Beweis darüber zu erheben, ob und wann im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung des Betrages in Höhe von 7.543.420,19 € für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine mündliche oder schriftliche Kommunikation durch Verantwortliche für die I KG, I Finanzierungs- und Beteiligungs GmbH (vormals I GmbH) handelnde Personen und der Klägerin und/oder den steuerlichen Beratern der Klägerin stattgefunden hat. Hierzu sollen die Herren und , welche für die Zielgesellschaft I Verwaltung GmbH die Überweisung angewiesen haben, sowie der Unterzeichner der Zahlungsanweisung als Zeugen gehört werden.
138Dieser Beweisantrag ist auf einen Ausforschungsbeweis gerichtet und wird daher abgelehnt. Ein Ausforschungsbeweis ist dann anzunehmen, wenn keine konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen, die Gegenstand der Beweisaufnahme sein können, vorgetragen werden oder anderweitig erkennbar sind (BFH-Beschlüsse vom 23.07.1996 X B 191/95, BFH/NV 1997, 50; vom 27.04.2010 X B 163/08, BFH/NV 2010, 1639). Denn in einem solchen Fall zielt die begehrte Beweiserhebung lediglich darauf ab, im Rahmen der Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen aufzudecken (BFH-Beschlüsse vom 06.09.2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166, vom 27.04.2010, X B 163/08, BFH/NV 2010, 1639). Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt insbesondere dann vor, wenn der Antragsteller nicht darlegen kann, was die Zeugen im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2005 IV B 137/03, BFH/NV 2005, 1482).
139Da der Beklagte nicht darlegt, dass es im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung seitens der I KG in Höhe von 7.543.420,19 € zu einer mündlichen oder schriftlichen Kommunikation zwischen der Klägerin und der Zielgesellschaft bzw. zwischen der Klägerin und der I KG gekommen ist und die Beklagte auch nicht darlegt, was die als Zeugen benannten Herren und sowie der Unterzeichner der Zahlungsanweisung im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten, handelt es sich bei dem Beweisantrag zu Ziffer 4. um einen solchen Ausforschungsbeweis.
140Ebenso verhält es sich mit dem Beweisantrag zu Ziffer 5. Hier beantragt der Beklagte, Beweis darüber zu erheben, wer mit der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin in Kontakt getreten ist oder welchen Inhalt das Gespräch hatte; sofern es hierzu eine schriftliche Notiz/Schriftstücke gibt, sollten diese vorgelegt werden. Auch hier handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Der Beklagte legt insbesondere nicht dar, was die Zeugen, die Herren und sowie der Unterzeichner der Zahlungsanweisung, im Falle einer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2005 IV B 137/03, BFH/NV 2005, 1482).
141In Bezug auf den Beweisantrag zu Ziffer 6., nach welchem Beweis über die Frage erhoben werden soll, welcher Rechtsgrund für die Einbehaltung der Rechtsberatungskosten maßgeblich war und ob und zwischen wem dieser Einbehalt kommuniziert worden ist, gilt das zuvor Gesagte entsprechend. Auch insofern handelt es sich zunächst um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, da der Beklagte nicht vorträgt, was die benannten Zeugen im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2005 IV B 137/03, BFH/NV 2005, 1482). Hinsichtlich dieses Beweisantrages kommt noch hinzu, dass die Beweisfrage nicht entscheidungserheblich ist. Dass die Rechtsberatungskosten in Höhe von 14.176,84 € (27.727,48 DM) einbehalten worden sind, ist unstreitig. Warum die Zielgesellschaft den Einbehalt vorgenommen hat, nicht entscheidungserheblich, denn jedenfalls führte der Einbehalt (mit) dazu, dass der Überweisungsbetrag nicht dem ursprünglich abgeführten Kapitalertragsteuerbetrag entsprach und deshalb keine Betragsidentität für eine Erkennbarkeit der Weiterleitung sprach.
142Auch die Beweisfrage zu Beweisantrag Ziffer 7., wonach Beweis darüber erhoben werden soll, welcher Grund für die Überweisung eines über die Kapitalertragsteuer hinausgehenden Betrages (5.947.027,60 geschuldet/gezahlt aber 7.543.420,19) existierte, ist nicht entscheidungserheblich, zumal die Zielgesellschaft diese Beweisfrage bereits mit Schreiben vom 09.03.2012 beantwortet hat. Danach setzt sich der Überweisungsbetrag in Höhe von 7.543.420,19 € aus der Kaptalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.947.027,60 €, dem Unterschiedsbetrag zwischen Einlage und Gewinnausschüttung (Aufgeld) in Höhe von 1.610.569,43 €, abzüglich der einbehaltenen Rechtsberatungskosten in Höhe von 14.176,84 € zusammen. Da auch der Beklagte diese Zusammensetzung des Überweisungsbetrages nicht bestreitet, besteht für den Senat keine Veranlassung, diese Zusammensetzung des Überweisungsbetrages weiter aufzuklären. Im Übrigen handelt es sich auch bei dem Beweisantrag zu Ziffer 7. um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, da der Beklagte nicht darlegen kann, was die benannten Zeugen im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2005 IV B 137/03, BFH/NV 2005, 1482).
143Schließlich ist auch das Beweisthema zum Beweisantrag zu Ziffer 8., wonach Beweis darüber erhoben werden soll, warum auf dem Kontoauszug der Klägerin vom 02.04.2002, (Kontoauszug Nr. 3) „I KG, Bielefeld“ aufgeführt ist, während die Zahlungsanweisung von der I-GmbH angewiesen wurde, auf Ausforschung gerichtet und nicht entscheidungserheblich. Insofern soll Beweis über einen Vorgang erhoben werden, welcher sich ausschließlich im Konzern der I Gesellschaften zugetragen hat und auf die Erkennbarkeit für die Klägerin keine Auswirkungen hat. Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass auf dem Kontoauszug der Klägerin die I KG als überweisende Gesellschaft vermerkt ist. Aus dieser Angabe auf dem Kontoauszug musste die Klägerin schließen, dass die Überweisung nicht von Seiten der Zielgesellschaft, sondern von Seiten der I KG erfolgt ist. Warum sich die Beteiligten auf Seiten der I Gesellschaften dazu entschieden haben, die Überweisung letztlich von Seiten der I KG und nicht von Seiten der Zielgesellschaft vornehmen zu lassen, hat auf das Erkennen müssen der Hintergründe der Zahlung für die Klägerin keinen Einfluss. Im Übrigen handelt es sich auch bei dem Beweisantrag zu Ziffer 7. um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, da der Beklagte nicht darlegen kann, was die benannten Zeugen im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2005 IV B 137/03, BFH/NV 2005, 1482).
144(4) Der Senat sieht sich schließlich nicht veranlasst, die Hintergründe der Überweisung im Wege der Amtsermittlung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO weiter aufzuklären.
145Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ist das Gericht gehalten, bis zur Grenze des Zumutbaren, d. h. unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel, den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich aufzuklären (BFH-Beschluss vom 28.10.2005 III B 107/05, BFH/NV 2006, 549; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 76 FGO Rn. 20, jeweils m. w. N.). Insofern hat das Gericht gegebenenfalls auch ohne entsprechende Beweisanträge der Beteiligten von sich aus Beweis zu erheben (BFH-Beschluss vom 28.10.2005 III B 107/05, BFH/NV 2006, 549). Das Gericht trifft jedoch keine Verpflichtung, einen Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen; zu Ermittlungen „ins Blaue hinein“ ist es nicht verpflichtet. Demgegenüber hat das Gericht solchen Zweifeln nachzugehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten oder aufgrund sonstiger Umstände aufdrängen (Thürmer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 76 FGO Rn. 74).
146Anhand dieser Kriterien ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung des Senates zu einer etwaigen Kommunikation der Beteiligten im Zusammenhang mit der Überweisung nicht geboten. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es – entgegen den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zielgesellschaft – zu einer Kommunikation mit der Klägerin und der I Verwaltungs GmbH und/oder der I KG über die die Überweisung der I KG vom 30.07.2004 über 7.543.420,19 € gekommen ist.
147Die Klägerin bestreitet, dass es zu einer solchen Kommunikation gekommen ist. Dies deckt sich mit der Antwort der Zielgesellschaft vom 09.03.2012 auf die Anfrage des Berichterstatters vom 21.02.2012. Der Berichterstatter hat die Zielgesellschaft u.a. gefragt, ob aus Sicht der Zielgesellschaft für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei dem weitergeleiteten Betrag um die vom Finanzamt an die Zielgesellschaft erstattete Kapitalertragsteuer gehandelt hat und um Übersendung von Abschriften etwaiger Überweisungsbelege oder die Überweisungen erläuternde Korrespondenz gebeten. Hierauf hat die Zielgesellschaft mit Schreiben vom 09.03.2012 mitgeteilt, dass ein Schriftwechsel zwischen der Zielgesellschaft und der Klägerin bezüglich der Erstattung der Kapitalertragsteuer nicht stattgefunden habe. Ferner könne die Zielgesellschaft nicht beurteilen, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Überweisung der I KG in Höhe von 7.543.420,19 € um die Weiterleitung der erstatteten Kapitalertragsteuer gehandelt hat.
148Damit steht für den Senat mit hinreichender Sicherheit fest, dass es zwischen der Klägerin und der Zielgesellschaft bzw. zwischen der Klägerin und der I KG – entsprechend dem Vortrag der Klägerin – keine schriftliche und auch keine mündliche Kommunikation über die Hintergründe der Zahlung gegeben hat. Nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin stammt die Antwort der Zielgesellschaft vom Leiter der Steuerabteilung der I KG. Wenn dieser angibt, dass hinsichtlich der Überweisung keine schriftliche Kommunikation seitens der Zielgesellschaft stattgefunden hat und das für die Zielgesellschaft auch nicht erkennbar war, ob die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkennen konnte, kann dies nur so verstanden werden, dass nicht nur keine schriftliche, sondern auch keine mündliche Kommunikation über die Überweisung stattgefunden hat, denn auch infolge einer mündlichen Kommunikation hätte die Zielgesellschaft beurteilen können, ob die Zahlung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer für die Klägerin erkennbar war. In diesem Zusammenhang gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Leiter der Steuerabteilung der I KG diese Angaben nur für die Zielgesellschaft und nicht zugleich für die I KG erklärt hat. Insofern behauptet der Beklagte auch nicht substantiiert, dass zwischen der I KG und der Klägerin eine schriftliche oder mündliche Kommunikation über die Überweisung stattgefunden hat. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte.
149Schließlich decken sich die übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zielgesellschaft, dass zwischen ihnen keine Kommunikation über die Überweisung stattgefunden hat, mit dem Rückabwicklungsvertrag, welchen die Zielgesellschaft am 28.07.2004 mit der Beigeladenen geschlossen hat. Hier hat sich die Zielgesellschaft gegenüber der Beigeladenen verpflichtet, mit der Klägerin und/oder mit den Geschäftsführern der Klägerin keinerlei Vereinbarungen zu treffen oder Erklärungen oder Handlungen mit oder gegenüber der Klägerin oder ihren Geschäftsführern ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen abzugeben oder vorzunehmen.
150Nach alledem gibt es keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zielgesellschaft zur unterbliebenen Kommunikation über die Überweisung unrichtig sind. Eine weitere Sachverhaltsermittlung würde „ins Blaue hinein“ erfolgen. Hierzu ist der Senat – wie ausgeführt – nicht verpflichtet.
151(5) Vor dem Hintergrund der unterbliebenen Kommunikation, der fehlenden Betragsidentität, dem fehlenden Buchungstext und der Überweisung von Seiten einer dritten Gesellschaft kann nach Ansicht des Senates nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Überweisung der I KG vom 30.07.2004 in Höhe von 7.543.420,19 € als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für 2000 in Höhe von insgesamt 5.947.024,60 € (11.631.374,99 DM) seitens der I GmbH erkennen musste.
152Insofern ist zwar möglich, dass die Klägerin vor dem Hintergrund des zeitlichen Verlaufs, der nicht erfolgten Rückfrage bei der Zielgesellschaft und/oder der überweisenden Gesellschaft sowie der ansonsten nicht bestehenden Geschäftsbeziehung zu diesen Gesellschaften erkennen konnte, dass es sich – jedenfalls teilweise – um die Weiterleitung erstatteter Steuerbeträge gehandelt hat. Nach den Ausführungen des BFH im ersten Rechtsgang ist ein Erkennen können aber nicht ausreichend. Vielmehr ist vom Finanzgericht festzustellen, ob die Klägerin die Überweisung als Auskehrung von Kapitalertragsteuer tatsächlich erkannt hat oder erkennen musste (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641). Dabei kann ein Erkennen können nicht mit einem Erkennen müssen gleichgesetzt werden. Für ein Erkennen müssen reichen die genannten Indizien nach Auffassung des Senates nicht aus, zumal nach den Ausführungen des BFH im ersten Rechtsgang verbleibende Zweifel zu Lasten des Beklagten gehen müssen (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641).
153f) Schließlich ist die Klage in Bezug auf die Zielgesellschaft I Holding GmbH ebenfalls in voller Höhe begründet. Es bestehen nach Ansicht des Senates Zweifel daran, dass die Klägerin die Überweisung der I KG vom 15.05.2002 in Höhe von 75.571.783,88 € als weitergeleitete Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag für 2000 der Zielgesellschaft I Holding GmbH erkannt hat bzw. erkennen musste. Dabei gehen, entsprechend den Ausführungen des BFH im Urteils vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011,641), Zweifel zu Lasten des Beklagten.
154(1) Zwar hat die I KG am 15.05.2002 einen Betrag in Höhe von 75.571.783,88 € auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überwiesen. Wie sich aus dem Schreiben der Zielgesellschaft vom 09.03.2012 auf Anfrage des Berichterstatters ergibt, erfolgte die Überwiesung der I KG auch auf Veranlassung der Zielgesellschaft I Holding GmbH. Die I KG hat die Überweisung jedoch nicht mit einem gesonderten Buchungstext versehen. Nach übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zielgesellschaft hat es zwischen der Klägerin und der Zielgesellschaft zum Hintergrund der Überweisung auch keinen Schriftverkehr gegeben. Dementsprechend hat die Zielgesellschaft im Schreiben vom 09.03.2012 mitgeteilt, dass sie nicht beurteilen könne, ob die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung vom Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag habe erkennen können. Aus dieser Antwort der Zielgesellschaft auf die Anfrage des Berichterstatters ergibt sich – wie oben ausgeführt – nach Auffassung des Senates zugleich, dass es nicht nur keinen Schriftverkehr zwischen der Zielgesellschaft und der Klägerin gegeben hat, wie dies ausdrücklich in der Antwort der Zielgesellschaft vom 09.03.2012 ausgeführt wird, sondern dass auch keine telefonische oder sonstige Mitteilung über die Hintergründe der Überweisung erfolgt ist, denn wenn es zu einer solchen Kontaktaufnahme gekommen wäre, könnte die Zielgesellschaft sehr wohl beurteilen, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Gutschrift um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt hat. Schließlich erfolgte auch hier die Überweisung nicht von der Zielgesellschaft, der I Holding GmbH, sondern der I KG.
155(2) Da die Überweisung seitens der I KG ohne einen gesonderten Buchungstext erfolgt ist und die Klägerin inzwischen die Hintergründe der Überweisung kennt, ist auch für diese Zielgesellschaft entscheidungserheblich, zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis bzw. das Erkennen können bei der Klägerin vorgelegen haben muss.
156Wie oben zur Zielgesellschaft I GmbH ausgeführt, ist der Senat der Ansicht, dass insoweit in Anlehnung an § 7 AGB-Banken auf einen Zeitpunkt von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses über das Kalenderquartal abzustellen ist, in welchem die Gutschrift auf dem Konto der Klägerin erfolgt ist. Damit ist im Hinblick auf die Zielgesellschaft I Holding GmbH eine vor dem 12.08.2002 erlangte Kenntnis schädlich, da die Überweisung der I KG für diese Zielgesellschaft am 15.05.2002 – und damit im zweiten Quartal des Jahres 2002 – erfolgte. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt – entgegen ihren Angaben – bereits wusste oder wissen musste, dass es sich bei der Zahlung der I KG um die Weiterleitung der Kapitalertragsteuer der I Holding GmbH für 2000 handelte, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen. Zweifel gehen – wie der BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) ausgeführt hat – zu Lasten des Beklagten.
157(3) Bezüglich der Beweisanträge zu Ziffer 1. bis 3., welche die Zielgesellschaft I Holding GmbH betreffen, gilt das oben zu den Beweisanträgen bezüglich der Zielgesellschaft I GmbH Gesagte entsprechend. Es handelt sich um unzulässige Ausforschungsbeweise bzw. um Beweisanträge zu nicht entscheidungserheblichen Beweisfragen.
158Hinsichtlich des Beweisantrages zu Ziffer 1., wonach Beweis darüber erhoben werden soll, ob und wann im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung des Betrages in Höhe von 75.517.783,88 € für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine mündliche oder schriftliche Kommunikation durch Verantwortliche der I KG und/oder der I Holding KG (vormals I Holding GmbH) handelnde Personen und der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin stattgefunden hat, ist wiederum darauf hinzuweisen, dass der Leiter der Steuerabteilung der I KG auf Anfrage des Berichterstatters mit Schreiben vom 09.03.2012 mitgeteilt hat, dass eine schriftliche Kommunikation zwischen der Klägerin und der Zielgesellschaft nicht stattgefunden hat und dass die Zielgesellschaft nicht beurteilen könne, inwiefern die Klägerin erkennen konnte, dass es sich bei der Überweisung in Höhe von 75.517.783,88 € um die Weiterleitung der Kapitalertragsteuer gehandelt hat. Wie oben ausgeführt, hätte er dies sehr wohl beurteilen können, wenn im Rahmen der Überweisung eine schriftliche oder mündliche Kommunikation hinsichtlich der Überweisung stattgefunden hätte. Dass es sich auch insoweit um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handelt, wird bereits daran deutlich, dass der Beklagte nicht darlegen kann, was die Zeugen im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2005 IV B 137/03, BFH/NV 2005, 1482). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die oben zur Zielgesellschaft I GmbH gemachten Ausführungen Bezug genommen.
159Erschwerend kommt bei dieser Zielgesellschaft noch hinzu, dass hier nicht erkennbar ist, dass die als Zeugen benannten Herren und überhaupt etwas zu der Überweisung sagen können, denn anders als bei der Zielgesellschaft I GmbH hat Herr seinem Schreiben vom 09.03.2012 zur Zielgesellschaft I Holding GmbH keine Zahlungsanweisung, sondern eine Kopie des Überweisungsauftrages der I KG beigefügt. Auf diesem Überweisungsauftrag sind die Herren und nicht erkennbar aufgeführt. Diesbezüglich hat der Beklagte nicht substantiiert dargelegt, warum dennoch auch bei dieser Zielgesellschaft die Herren und Angaben zu dieser Überweisung machen können sollen.
160Ebenso handelt es sich bei dem Beweisantrag zu Ziffer 2., wonach Beweis darüber erhoben werden soll, wer mit der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin in Kontakt getreten ist und welchen Inhalt das Gespräch oder das Schreiben hatte; sofern es hier zu einer schriftlichen Notiz/Schriftstück gibt, sollten diese vorgelegt werden, um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Für derartige Gespräche und Schriftstücke gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Zudem stünden sie im Widerspruch zu den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Zielgesellschaft. Ferner hat sich auch diese Zielgesellschaft in dem Rückabwicklungsbertrag mit der Beigeladenen vom 20.01.2001 gegenüber der Beigeladenen verpflichtet, mit der Klägerin und/oder ihren Geschäftsführern keinerlei Vereinbarungen zu treffen oder Erklärungen und Handlungen ohne vorherige Abstimmung mit der Beigeladenen abzugeben bzw. vorzunehmen. Dies deckt sich mit den Angaben der Klägerin, dass mit der Überweisung der Zielgesellschaft keine Kommunikation mit der Klägerin einher ging. Auch insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Beweisantrag zu Ziffer 5. zur Zielgesellschaft I GmbH verwiesen.
161Schließlich handelt es sich bei der Beweisfrage zum Beweisantrag zu Ziffer 3., wonach Beweis darüber erhoben werden soll, aus welchen Gründen die Überweisung nicht durch die Zielgesellschaft, sondern durch die I KG vorgenommen worden ist, um eine nicht entscheidungserhebliche Beweisfrage. Wie oben zum Beweisantrag zu Ziffer 8. zur Zielgesellschaft I GmbH ausgeführt, ist die Frage, warum sich die Beteiligten im I Konzern dazu entschieden haben, die Überweisung nicht von Seiten der Zielgesellschaft, sondern von Seiten der I KG vornehmen zu lassen, nicht entscheidungserheblich. Hierbei handelt es sich um eine rein interne Frage des I Konzerns. Unstreitig ist, dass die Überweisung von Seiten der I KG vorgenommen worden ist. Diese Gesellschaft erscheint auf dem Kontoauszug der Klägerin und dem vorliegenden Überweisungsauftrag der I KG. Für die Erkennbarkeit der Hintergründe der Zahlung für die Klägerin ist es unerheblich, warum die Zahlung von Seiten der I KG und nicht von der Zielgesellschaft vorgenommen worden ist.
162(4) Schließlich sieht der Senat auch bei dieser Zielgesellschaft keine Anhaltspunkte für eine weitere Sachaufklärung im Rahmen der Amtsermittlung. Insoweit gilt das oben zur Zielgesellschaft I Verwaltungs GmbH entsprechend.
163(5) Vor dem Hintergrund, dass eine Kommunikation der beteiligten I-Gesellschaften mit der Klägerin zur Überweisung vom 15.05.2002 nicht feststellbar ist, die Überweisung nicht mit einem Buchungstextes versehen war und die Überweisung von einer dritten Gesellschaft erfolgte, steht nicht zweifelsfrei fest, dass die Klägerin die Überwiesung auf ihr Konto vom 15.05.2002 seitens der I KG als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für 2000 in Höhe von insgesamt 75.571.783,88 € (147.699.947,25 DM) seitens der I Holding GmbH erkannt hat oder erkennen musste. Diese Zweifel müssen nach den Ausführungen des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) zu Lasten des Beklagten gehen.
164Es ist zwar naheliegend, dass die Klägerin vor dem Hintergrund des zeitlichen Verlaufs, der Betragsidentität, der nicht erfolgten Rückfrage bei der überweisenden Gesellschaft, I KG, und der ansonsten nicht bestehenden Geschäftsbeziehung zu dieser Gesellschaft zu irgendeinem Zeitpunkt erkannt hat oder erkennen konnte, dass es sich um die Weiterleitung erstatteter Steuerbeträge gehandelt hat. Die Klägerin bestreitet dies jedoch. Anhaltspunkte dafür, dass die vom BFH im Revisionsurteil vom 20.10.2010 verlangte positive Kenntnis oder ein „Erkennenmüssen“ innerhalb der vom Senat für richtig gehaltenen sechs Wochen nach Kalenderquartal , hier also bis zum 12.08.2002 anzunehmen ist, fehlen ebenfalls, so dass aufgrund der obigen Gründe jedenfalls Zweifel verbleiben. Dabei ist nochmals darauf hinzuweisen, dass ein „Erkennen können“ nicht mit einem „Erkennen müssen“, wie es der BFH im Urteil vom 20.10.2010 verlangt (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641), gleichgesetzt werden kann.
1652 Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Die weiteren streitgegenständlichen Zielgesellschaften der sogenannten Weiterleitungsfälle haben die an sie erstatteten Körperschaftsteuerbeträge an die Klägerin weitergeleitet und die Klägerin hat erkannt bzw. hat erkennen müssen, dass es sich hierbei um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gehandelt hat.
168a) Die Zielgesellschaft E GmbH hat erstattete Kapitalertragsteuer in Höhe von 171.538,43 € (335.500,00 DM) sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 9.434,61 € (18.452,49 DM) an die Klägerin weitergeleitet und die Klägerin musste dies als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkennen.
169(1) Zunächst handelt es sich bei den Überweisungen vom 06.08.2002 in Höhe von 171.538,43 € und in Höhe von 9.434,61 € – bei wirtschaftlicher Betrachtung – um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Wie oben ausgeführt, ist hierfür unerheblich, ob die Zielgesellschaft E GmbH diese Beträge zuvor durch Überweisung oder durch Verrechnung erstattet bekommen hat. Ferner ist für eine Weiterleitung unbeachtlich, wie lang der Zeitraum zwischen der Erstattung an die Zielgesellschaft und der Weiterleitung an die Klägerin war. Schließlich handelt es sich um eine Weiterleitung an die Klägerin und nicht um eine solche an die Beigeladene. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zu diesen Kriterien einer Weiterleitung auf die oben genannten Erläuterungen im Zusammenhang mit der Zielgesellschaft F GmbH verwiesen.
170(2) Die Klägerin musste die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer auch als solche erkennen.
171Dass die Klägerin die Überweisungen als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkennen musste, ergibt sich schon aus den Buchungstexten zu den Überweisungen. So hat die Zielgesellschaft der Überweisung über 171.538,43 € den Buchungstext „Kapitalertragsteuer“ und der Überweisung über 9.443,61 € den Buchungstext „Solidaritätszuschlag“ hinzugefügt.
172Die von der Zielgesellschaft E GmbH weitergeleiteten Beträge entsprechen zudem exakt jenen Beträgen, welche diese Zielgesellschaft ursprünglich im Rahmen des Rücklagenmanagement zu Gunsten der Klägerin abgeführt hat und bzgl. derer die E GmbH der Klägerin eine Steuerbescheinigung ausgestellt hat.
173Ferner hat die E GmbH die Klägerin mit Schreiben vom 20.11.2001 darauf hingewiesen, dass sie sich der sogenannten Darlehnslösung zur Rückabwicklung des Rücklagenmanagements angeschlossen habe und deshalb Kapitalertragsteuer und darauf entfallenden Solidaritätszuschlag – nach Erhalt von Seiten der Finanzverwaltung – an die Klägerin weiterleiten werde. Die Zielgesellschaft E GmbH hat die Klägerin damit eindeutig über die geplante Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag informiert.
174Der Klägerin kann auch nicht dahingehend gefolgt werden, dass sie wegen der Verzinsungspflicht aus § 233a AO mit einem höheren Weiterleitungsbetrag als der ursprünglich abgeführten Kapitalertragsteuer habe rechnen müssen, denn derartige Zinsen werden durch gesonderten Verwaltungsakt festgesetzt (vgl. Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233a AO Rn. 75).
175Schließlich gilt auch für diese Zielgesellschaft ergänzend, dass die Höhe der Überweisung, die unterbliebene Rückfrage bei der Zielgesellschaft zum Hintergrund der Überweisung, die fehlende sonstige geschäftliche Beziehung zur Zielgesellschaft und der zeitliche Verlauf mit früheren Mitteilung von Zielgesellschaften über die Rückabwicklung des Rücklagenmanagements dafür sprechen, dass die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkannt hat oder jedenfalls als solche erkennen musste. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zur Zielgesellschaft F GmbH verwiesen.
176b) Die Zielgesellschaft H GmbH hat erstattete Kapitalertragsteuer in Höhe von 920.581,03 € (1.800.499,99 DM) sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 50.631,96 € (99.027,51 DM) und somit insgesamt eine Steuererstattung in Höhe von 971.212,99 € (1.899.527,50 DM) an die Klägerin weitergeleitet und die Klägerin musste dies als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkennen.
177(1) Zunächst handelt es sich bei der Überweisung vom 13.02.2003 in Höhe von 971.212,99 € (1.899.527,50 DM) – bei wirtschaftlicher Betrachtung – um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Wie oben ausgeführt, ist hierfür unerheblich, ob die Zielgesellschaft H GmbH diesen Betrag zuvor durch Überweisung oder durch Verrechnung erstattet bekommen hat. Ferner ist für eine Weiterleitung unbeachtlich, wie lang der Zeitraum zwischen Erstattung an die Zielgesellschaft und Weiterleitung an die Klägerin war. Zudem handelte es sich um eine Weiterleitung an die Klägerin und nicht um eine solche an die Beigeladene. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zu diesen Kriterien einer Weiterleitung auf die oben genannten Erläuterungen im Zusammenhang mit der Zielgesellschaft F GmbH verwiesen.
178(2) Die Klägerin musste die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auch als solche erkennen.
179Aufgrund des Buchungstextes zur Überweisung musste die Klägerin erkennen, dass er sich hierbei um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag gehandelt hat. So hat die Zielgesellschaft der Überweisung den Buchungstext „Avisierte Zahlung Kapitalertragsteuer H“ hinzugefügt. Zudem hat die H GmbH der Klägerin zuvor mit Schreiben vom 02.10.2002 eine korrigierte Steuerbescheinigung in Form einer sogenannten Nullbescheinigung übersandt und zugleich um Rücksendung der zuvor ausgestellten Steuerbescheinigung gebeten. Hierdurch war für die Klägerin erkennbar, dass sich auch die Zielgesellschaft H GmbH der sogenannten Darlehnslösung der Finanzverwaltung angeschlossen hatte. Der von der Zielgesellschaft H GmbH weitergeleitete Betrag entspricht zudem exakt jenem Betrag, welchen die Zielgesellschaft ursprünglich im Rahmen des Rücklagenmanagements zu Gunsten der Klägerin abgeführt und bzgl. derer die H GmbH der Klägerin eine Steuerbescheinigung ausgestellt hat. Schließlich ergibt sich auch bei dieser Zielgesellschaft ergänzend, dass die Höhe der Überweisung, die unterbliebene Rückfrage bei der Zielgesellschaft zum Hintergrund der Überweisung, die fehlende sonstige geschäftliche Beziehung zur Zielgesellschaft und der zeitliche Verlauf dafür sprechen, dass die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkannt hat oder als solche erkennen musste. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zur Zielgesellschaft F GmbH verwiesen.
180c) Die Zielgesellschaft J GmbH hat erstattete Kapitalertragsteuer in Höhe von 587.090,90 € (1.148.249,99 DM) sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 32.290,00 € (63.153,75 DM), insgesamt somit 619.380,90 € (1.211.403,74 DM) an die Klägerin weitergeleitet und die Klägerin musste dies als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkennen.
181(1) Zunächst handelt es sich bei einem Teilbetrag in Höhe von 619.380,90 € (1.211.403,74 DM) der Überweisung vom 19.11.2004 in Höhe von 687.084,64 € (1.343.820,75 DM) – bei wirtschaftlicher Betrachtung – um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Wie oben ausgeführt, ist hierfür unerheblich, ob die Zielgesellschaft J GmbH diesen Betrag zuvor durch Überweisung oder durch Verrechnung erstattet bekommen hat und wie lang der Zeitraum zwischen der Erstattung an die Zielgesellschaft und der Weiterleitung an die Klägerin war. Zudem handelt es sich um eine Weiterleitung an die Klägerin und nicht um eine solche an die Beigeladene.
182(2) Die Klägerin musste die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 619.380,90 € (1.211.403,74 DM) auch als solche erkennen.
183Zwar hat die J GmbH am 19.11.2004 einen Betrag überwiesen, welcher über die ursprünglich angemeldete Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag hinausging, denn die Überweisung beläuft sich nicht auf 619.380,90 €, sondern auf 687.084,64 €. Die Zielgesellschaft J GmbH hat der Überweisung jedoch den Buchungstext „Rücklagenmanagem. GFR Parag. 1 619.380,90 KAP-ERTST. GFR Parag. 2 67.703,74“ hinzugefügt. Durch diesen Buchungstext musste die Klägerin erkennen, dass in der Überweisungsgutschrift – neben dem sogenannten Aufgeld – auch die Kapitalertragsteuer in Höhe von 619.380,90 € enthalten war, was exakt der ursprünglich zu Gunsten der Klägerin angemeldeten und bescheinigten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag entsprach. Die Klägerin musste daher anhand des Buchungstextes und der insoweit bestehenden Betragsidentität erkennen, dass es sich hier um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gehandelt hat.
184Ferner hat die Zielgesellschaft J GmbH die Klägerin mit Schreiben vom 28.01.2003 darauf hingewiesen, dass sie sich der sogenannten Darlehnslösung zur Rückabwicklung des Rücklagenmanagements angeschlossen habe und sie deshalb die ursprünglich ausgestellte Steuerbescheinigung zurückfordere. Da der Klägerin aufgrund des zeitlichen Verlaufs und dem Schriftverkehr mit anderen Zielgesellschaften bekannt war, was der Beitritt der Zielgesellschaft J GmbH zur sogenannten Darlehnslösung bedeutete, musste die Klägerin– jedenfalls in Kombination mit dem Buchungstext und der Betragsidentität – erkennen, dass es sich bei dem am 19.11.2004 auf ihrem Konto bei der Beigeladenen gutgeschriebenen Betrag in Höhe von 687.084,64 € teilweise– in Höhe von 619.380,90 € – um die weitergeleitete Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gehandelt hat.
185Schließlich ergibt sich auch bei dieser Zielgesellschaft ergänzend, dass die Höhe der Überweisung, die unterbliebene Rückfrage bei der Zielgesellschaft zum Hintergrund der Überweisung, die fehlende sonstige geschäftliche Beziehung zur Zielgesellschaft und der zeitliche Verlauf mit früheren Mitteilungen von Zielgesellschaften über die Rückabwicklung des Rücklagenmanagements dafür sprechen, dass die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkannt hat oder jedenfalls als solche erkennen musste.
186d) Die Zielgesellschaft K GmbH hat erstattete Kapitalertragsteuer in Höhe von 822.540,81 € (1.608.749,99 DM) sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 45.239,62 € (88.481,00 DM), insgesamt somit 867.780,43 € (1.697.230,99 DM) an die Klägerin weitergeleitet und die Klägerin konnte dies als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkennen.
187(1) Zunächst handelt es sich bei der Überweisung vom 28.07.2005 in Höhe von 867.780,55 € (1.697.230,99 DM) – bei wirtschaftlicher Betrachtung – um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Die geringfügige Überzahlung in Höhe von 0,12 € wird der Euroumstellung geschuldet sein.
188(2) Die Klägerin musste die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auch als solche erkennen.
189Die zwingende Erkennbarkeit für die Klägerin ergab sich bereits aus dem Buchungstext zur Überweisung. So hat die Zielgesellschaft K GmbH der Überweisung den Buchungstext „K GmbH Rückerstattung Kapitalertragsteuer und Soli“ hinzugefügt. Ferner entsprach der von der Zielgesellschaft K GmbH weitergeleitete Betrag – bis auf eine zu vernachlässigende Differenz von 0,12 € – jenem Betrag, welchen die Zielgesellschaft ursprünglich im Rahmen des Rücklagenmanagements zu Gunsten der Klägerin abgeführt und bzgl. derer die K GmbH der Klägerin eine Steuerbescheinigung ausgestellt hat. Aufgrund dessen musste die Klägerin auch ohne einen gesonderten Schriftverkehr erkennen, dass es sich bei dieser Gutschrift um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag gehandelt hat.
190Schließlich gilt auch für diese Zielgesellschaft ergänzend, dass die Höhe der Überweisung, die unterbliebene Rückfrage bei der Zielgesellschaft zum Hintergrund der Überweisung, die fehlende sonstige geschäftliche Beziehung zur Zielgesellschaft und der zeitliche Verlauf mit früheren Mitteilungen von Zielgesellschaften über die Rückabwicklung des Rücklagenmanagements dafür sprechen, dass die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkannt hat oder jedenfalls als solche erkennen musste.
191e) Die Zielgesellschaft L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH hat erstattete Kapitalertragsteuer in Höhe von 5.994.897,31 € (11.725.000,00 DM) sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 329.719,35 € (644.875,00 DM), insgesamt somit 6.324.616,66 € (12.369.875,00 DM) an die Klägerin weitergeleitet und die Klägerin musste dies als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkennen.
192(1) Zunächst handelt es sich bei der Überweisung vom 24.05.2006 in Höhe von 6.320.211,18 € – bei wirtschaftlicher Betrachtung – um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Zu den Kriterien einer Weiterleitung wird auf die obigen Erläuterungen im Zusammenhang mit der Zielgesellschaft F GmbH verwiesen.
193(2) Die Klägerin musste die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auch als solche erkennen.
194Die Zielgesellschaft L Gesellschaft für Industriebeteiligungen GmbH hat der Überweisung vom 24.05.2006 den Buchungstext „Kapitalertragsteuer-Erstattung für Dezember 2000 lt. Schreiben vom 22.05.2006“ hinzugefügt. Mit Schreiben vom 22.05.2006 hat die L & Cie KG die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie Kapitalertragsteuer für Dezember 2000 in Höhe von 6.324.616,66 € unter Abzug eines Betrages von 4.405,48 € und somit einen Betrag in Höhe von insgesamt 6.320.211,18 € auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überweisen werde. Dabei hat die L & Cie KG darauf hingewiesen, dass der Einbehalt in Höhe von 4.405,48 € aus einer am 01.06.2002 ausgeschütteten Dividende in Höhe von 22.175,00 € resultiere. Dort sei versehentlich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag lediglich in Höhe von 273,45 € statt in Höhe von 4.678,93 € einbehalten worden. Dies werde nunmehr korrigiert. Damit hat die L & Cie KG die Klägerin mit Schreiben vom 22.05.2006 eindeutig über die Hintergründe der Überweisung vom 24.05.2006 informiert, sodass die Klägerin erkennen musste, dass es sich bei der Gutschrift auf ihrem Konto um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag gehandelt hat. Da der Einbehalt von 4.405,48 € als Aufrechnung zu bewerten ist, gilt auch dieser Betrag als weitergeleitet.
195Schließlich ergibt sich auch bei dieser Zielgesellschaft ergänzend, dass die Höhe der Überweisung, die unterbliebene Rückfrage bei der Zielgesellschaft zum Hintergrund der Überweisung, die fehlende sonstige geschäftliche Beziehung zur Zielgesellschaft und der zeitliche Verlauf dafür sprechen, dass die Klägerin die Überweisung als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erkannt hat oder jedenfalls als solche erkennen musste.
1963 Zusammenfassend sind daher – neben den unstreitigen und bereits erfolgten Anrechnungen von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in den Beteiligungsfällen (Kapitalertragsteuer in Höhe von 7.686.071,90 € = 15.032.650,00 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 422.733,95 € = 826.795,75 DM) und den Erstattungsfällen (Kapitalertragsteuer in Höhe von 12.381.529,45 € = 24.216.166,42 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 680.984,37 € = 1.331.889,67 DM) – folgende (weitere) Steuerbeträge aus den elf sogenannten Weiterleitungsfällen bei der Abrechnung der Körperschaftsteuer 2000 der Klägerin anzurechnen:
Kapitalertragsteuer | Solidaritätszuschlag | |
A GmbH | 16.224.953,27 € 31.733.250,35 DM | 892.372,24 € 1.745.328,40 DM |
D GmbH | 1.494.506,17 € 2.923.000,00 DM | 82.197,84 € 160.765,00 DM |
F GmbH | 50.000,00 € 97.791,50 DM | 0,00 € 0,00 DM |
G GmbH | 203,17 € 397,37 DM | 0,00 € 0,00 DM |
I Verw. GmbH | 5.636.992,99 € 11.025.000,00 DM | 310.034,61 € 606.374,99 DM |
I GmbH | 71.580.837,80 € 139.999.950,00 DM | 3.936.946,08 € 7.699.997,25 DM |
Summe: | 94.987.493,40 € 185.779.389,22 DM | 5.221.550,77 € 10.212.465,64 DM |
Demgegenüber sind von den streitigen Steuerbeträgen der Weiterleitungsfälle (Kapitalertragsteuer in Höhe von 108.108.872,57 € = 211.442.576,25 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.945.988,00 € = 11.629.341,71 DM) Kapitalertragsteuer in Höhe von 13.121.379,17 € (25.663.187,03 DM) und Solidaritätszuschlag in Höhe von 724.437,24 € (1.416.876,07 DM) nicht anrechenbar.
200II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
201Die im Tenor genannte Quote entspricht (allein) dem Anteil des Obsiegens der Klägerin in Bezug auf die begehrte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Im Anschluss an die Ausführungen des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) ist eine weitere Kostenbelastung der Klägerin wegen der inzwischen unstreitig wirksamen Abtretung von Steuererstattungsansprüchen aus der Körperschaftsteuerveranlagung 2000 der Klägerin an die Beigeladene unterblieben, weil – so der BFH im genannten Urteil – die Frage der Weiterleitung von Steuerguthaben an die Beigeladene nicht Gegenstand des Rechtsstreites um die Höhe der Anrechnungsbeträge ist.
202III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 155 FGO i.V.m. §§ 709, 711 ZPO.
203IV. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
204V. Die Revision war zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nochmals zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).
205Der I. Senat des BFH hat im ersten Rechtsgang dieses Rechtsstreits im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) ausgeführt, dass die Frage, ob im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 eine Erstattung durchgeführt worden ist, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beantworten sei. Deshalb sei, so der I. Senat, eine Erstattung (an die Klägerin) im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 auch dann gegeben, wenn das Finanzamt Kapitalertragsteuer an die jeweilige Zielgesellschaft erstattet hat und die Zielgesellschaft diese Erstattung an die Klägerin weitergeleitet hat, soweit die Klägerin die Weiterleitung als solche erkannt hat oder hätte erkennen müssen.
206Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise könnte im Widerspruch zur Rechtsprechung des VII. Senats des BFH zu § 37 Abs. 2 AO stehen. So hat der VII. Senat des BFH entschieden, dass die Finanzverwaltung ein Kreditinstitut wegen einer Fehlüberweisung an einen Steuerpflichtigen, welcher ursprünglich bei dem Kreditinstitut ein Konto unterhielt, auch dann nicht gemäß § 37 Abs. 2 AO in Anspruch nehmen kann, wenn das Kreditinstitut den Überweisungsbetrag mit einer eigenen Forderung gegen den Steuerpflichtigen verrechnet hat (BGH- Urteile vom 22.11.2011 VII R 27/11, BFHE 235, 133, BStBl II 2012, 167; vom 01.12.2011 VII R 23/11, BFH/NV 2012, 689). Zur Begründung führt der VII. Senat des BFH aus, dass das Finanzamt mit einer Überweisung auf ein vom Steuerpflichtigen angegebenes Konto nicht zu Gunsten des Kreditinstituts, sondern mit befreiender Wirkung gegenüber dem Anspruchsberechtigten leisten will, der das Konto angegeben hat. Das Kreditinstitut sei nicht Leistungsempfänger der Zahlung, sondern lediglich die vom Steuerpflichtigen bezeichnet Zahlstelle, und zwar selbst dann, wenn das Konto bereits vor der Überweisung gekündigt worden sei (BFH, Urteil vom 01.12.2011 VII R 23/11, BFH/NV 2012, 689). Damit vertritt der VII. Senat jedenfalls bei § 37 Abs. 2 AO keine wirtschaftliche, sondern eine formale Betrachtungsweise in Bezug auf Erstattungen und verneint einen Rückzahlungsanspruch des Finanzamtes gegen das Kreditinstitut auch dann, wenn diesem die Fehlüberweisung letztlich aufgrund der Verrechnung wirtschaftlich zugute gekommen ist.
207Ähnlich verhält es sich bei der Weiterleitung von Kindergeld. Auch dort wird ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung selbst dann nicht Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde aufgrund einer Zahlungsanweisung des Berechtigten an den Dritten gezahlt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 13.06.2012 III B 60/11, juris). Auch hier ist bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Berechtigte, sondern der Dritte bereichert.
208Dabei hat die Finanzverwaltung im Streitfall in den tatsächlichen Verständigungen mit den Zielgesellschaften vereinbart, dass die zu erstattende Kapitalertragsteuer zwingend an die Zielgesellschaften und nicht an die Klägerin zu zahlen ist. Damit wollte die Finanzverwaltung mit den Erstattungen an die Zielgesellschaften jeweils eine eigene Verbindlichkeit gegenüber den Zielgesellschaften und nicht eine solche gegenüber der Klägerin erfüllen.
209Überträgt man diese Rechtsprechungsgrundsätze zu Erstattungsfällen nach § 37 Abs. 2 AO auf den Streitfall, müsste dem Klagebegehren in vollem Umfang entsprochen werden, weil den tatsächlichen Verständigungen zu entnehmen ist, dass der Beklagte einer von ihm angenommenen Erstattungspflicht nach § 44b Abs. 5 EStG entsprechen wollte, die allein gegenüber den Zielgesellschaften bestünde. Die Klägerin ist in diesen Fällen weder Leistungsempfängerin noch können die Zielgesellschaften als Zahlstelle der Klägerin angesehen werden. Die teilweise Weiterleitung von Erstattungsbeträgen ist gerade nicht Gegenstand der tatsächlichen Verständigungen mit den Zielgesellschaften gewesen. Sie beruht allein auf Vereinbarungen der Zielgesellschaften mit der Beigeladenen, in die die Klägerin wiederum bewusst und gewollt nicht einbezogen wurde.
210In einem möglichen Revisionsverfahren wäre daher auch zu klären, ob trotz gleicher Begrifflichkeit „Erstattung“ in den jeweiligen gesetzlichen Regelungen (§ 37 Abs. 2 AO, § 36 Abs. 2 EStG, § 44b EStG) eine unterschiedliche Auslegung möglich ist, wie sie einerseits in der ständigen Rechtsprechung des VII. Senats und andererseits im Revisionsurteil des I. Senats vorgenommen wird.