Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Der geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der D X aus der Beteiligung an der T GmbH & Co. KG für 1999 vom 28.3.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.9.2011 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, ob eine bisher nicht passivierte Pensionsrückstellung, die auf einer sog. Altzusage beruht, zu bilanzieren ist.
3Die Klägerin ist eine Erbengemeinschaft nach der am ….2005 verstorbenen Frau D X. Deren bereits 1987 verstorbener Ehemann G X war bis 1971 persönlich haftender Gesellschafter der T GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG). Herr X hatte aufgrund eines Pensionsvertrages vom 1.1.1956 gegenüber der KG nach seinem Ausscheiden einen Anspruch auf Ruhegehalt in Höhe des jeweiligen Durchschnittsgehalts der drei bestbezahlten Prokuristen der KG, mindestens 18.000 DM pro Jahr. Bereits im Pensionsvertrag wurde der Witwe für Zeiträume nach dem Tod des Gesellschafters ein Ruhegehalt in Höhe von 60 % der Gesellschafterpension zugesagt. Eine Wertsicherungsklausel wurde durch einen Nachtragsvertrag im Jahr 1974 vereinbart.
4Die KG zahlte Frau X im Streitjahr 1999 eine Pension in Höhe von 76.122 DM aus. Im Jahr 2000 machte Frau X höhere Pensionsansprüche rückwirkend ab 1997 geltend. Hinsichtlich der Jahre 1998 und 1999 erkannte die KG höhere Ansprüche an und zahlte entsprechende Beträge einschließlich Zinsen im Jahr 2001 nach. Nach einem Vergleich im Rahmen eines Rechtsstreits kam es im Jahr 2002 zu weiteren Nachzahlungen für die Jahre 1997 und 2000 bis 2002. Wegen der Höhe der Nachzahlungsbeträge wird auf die Anlage 11 zum Betriebsprüfungsbericht vom 17.11.2010 Bezug genommen.
5Durch Verschmelzungsvertrag vom 28.8.2000 wurde die KG rückwirkend zum 1.1.2000 auf die S T GmbH (im Folgenden: GmbH) verschmolzen. Hierbei handelte es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft der S Vermögensverwaltungs GmbH , die zum Übertragungszeitpunkt alleinige Kommanditistin der KG war. Nach dem Vertrag, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 77 bis 82 der Gerichtsakte) erfolgte die Verschmelzung durch Aufnahme gemäß § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes. Steuerlich fand eine Buchwertfortführung statt.
6Die KG bildete in ihren Handelsbilanzen im Hinblick auf die Pensionsansprüche der Frau X Rückstellungen. Zum 31.12.1999 belief sich die Rückstellung auf 387.958 DM. Dieser Betrag wurde auf Grundlage einer Jahrespension von 76.122 DM ermittelt und entspricht dem versicherungsmathematischen Gutachten vom 13.1.2000, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bp-Ordner Bd. 10).
7In der Steuerbilanz wies die KG demgegenüber keine Pensionsrückstellung für Frau X aus. Vielmehr behandelte die KG die tatsächlich im Jahr 1999 an Frau X ausbezahlte Pension in Höhe von 76.122 DM im Gesamthandsbereich als Betriebsausgabe und in gleicher Höhe als Sonderbetriebseinnahme der Frau X.
8Der Beklagte übernahm im ursprünglichen Feststellungsbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, die von der KG in der im Jahr 2001 eingereichten Erklärung angegebenen Beträge.
9Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I ordnete gegenüber der GmbH als Rechtsnachfolgerin der KG mit Prüfungsanordnung vom 7.11.2005 die Durchführung einer Betriebsprüfung an, die unter anderem die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften der KG 1999 umfassen sollte. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn wurde der 14.11.2005 genannt. Aus in der Prüferhandakte (Bd. 4) befindlichen Unterlagen, die der Klägerseite bekannt sind und auf die Bezug genommen wird, ergibt sich, dass der Prüfer noch im Jahr 2005 Unterlagen angefordert und Besprechungen mit dem Leiter des Rechnungswesens der GmbH, Herrn C , durchgeführt hat.
10Der Betriebsprüfer hat bis ins Jahr 2006 Maßnahmen zur Sachverhaltsermittlung bei der KG vorgenommen. Mit Schreiben vom 3.4.2006 stellte er eine Anfrage an die Oberfinanzdirektion (OFD) Münster zur rechtlichen Behandlung der Pension. Nachdem diese Anfrage bis März 2007 trotz mehrfacher Rücksprachen noch nicht beantwortet worden war, übersandte der Prüfer der Klägerin mit Schreiben vom 22.3.2007 die sie betreffenden Prüfungsfeststellungen und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Am selben Tag vermerkte der Prüfer in einem in der Prüferhandakte befindlichen „Laufzettel Prüfungsstatus“, auf den Bezug genommen wird, als Zeitpunkt der letzten Prüfungshandlung (Schlussbesprechungsreife) den 20.10.2006. Nachdem die OFD Münster die Anfrage des Prüfers mit Schreiben vom 31.5.2010 beantwortet hatte, fertigte der Prüfer am 17.11.2010 ohne vorherige Schlussbesprechung den Prüfungsbericht.
11Die Betriebsprüfung gelangte zu der Auffassung, dass für die Pensionsansprüche der Frau X in der Gesamthandsbilanz der KG zum 31.12.1999 eine Rückstellung zu bilden sei. In gleicher Höhe sei in die Sonderbilanz der Pensionsberechtigten ein Aktivposten gewinnerhöhend einzubuchen. Dieser Posten verliere trotz der Verschmelzung seinen Charakter als Sonderbetriebsvermögen nicht. Die Höhe der Rückstellung berechnete der Prüfer unter Berücksichtigung der Erhöhung für die Jahre ab 2000 zum 31.12.1999 mit 545.653 DM. Aus Billigkeitsgründen wurde die Gewinnerhöhung in der Sonderbilanz auf 15 Jahre verteilt, so dass sich für das Streitjahr 1999 hieraus ein Betrag von 36.377 DM ergab. Zusätzlich seien aber die Nachzahlungen für die Jahre 1997 bis 1999 (insgesamt 88.665 DM) im Jahr 1999 gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Daneben sei die bisher als Sonderbetriebseinnahme behandelte tatsächlich im Jahr 1999 gezahlte Pension (76.122 DM) weiterhin zu erfassen, so dass der Sondergewinn der Frau X für 1999 insgesamt 201.164 DM betrage.
12Der Beklagte erließ im Jahr 2011 einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid, der auch den Erben bekannt gegeben wurde. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
13Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass für das Jahr 1999 bereits Feststellungsverjährung eingetreten sei. Darüber hinaus liege zum 31.12.1999 keine passivierungspflichtige Rückstellung hinsichtlich der Pension vor. Es handele sich vielmehr um eine Altzusage, die vor dem 1.1.1987 gegeben wurde und für die ein Passivierungswahlrecht bestehe, das die KG dahingehend ausgeübt habe, dass ein Ausweis in der Steuerbilanz nicht erfolgte. Hieran habe sich durch die Verschmelzung nichts geändert. Falls dennoch Sonderbetriebseinnahmen zum Ausgleich der Pensionsrückstellung anfallen sollten, seien diese allein den verbliebenen Gesellschaftern zuzurechnen.
14Die Klägerin beantragt,
15den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der D X aus der Beteiligung an der T GmbH & Co. KG für 1999 vom 28.3.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.9.2011 aufzuheben,
16die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
17hilfsweise, die Revision zuzulassen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen,
20hilfsweise, die Revision zuzulassen.
21Er ist der Ansicht, dass der Ablauf der Feststellungsfrist durch den Beginn der Betriebsprüfung im Jahr 2005 gehemmt sei. Die Frist sei im Jahr 2011 noch nicht abgelaufen gewesen, weil der Prüfer noch im Jahr 2007 Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen habe. Nach Übersendung der vorläufigen Prüfungsergebnisse habe die Klägerin noch Angaben zum Sachverhalt machen können.
22In der Sonderbilanz habe ein aktiver Ausgleichsposten zwingend gebildet werden müssen. Zwar habe handelsrechtlich ein Wahlrecht bestanden, für die Pensionszusage eine Rückstellung zu bilden. Wegen § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) führe dies aber nicht zu einem Passivierungsverbot in der Steuerbilanz. Da die Rückstellung in der Handelsbilanz angesetzt wurde, liege vielmehr für die Steuerbilanz wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes eine Passivierungspflicht vor. Diese schon immer bestehende Pflicht sei in der ersten noch offenen Bilanz nachzuholen. Darüber hinaus habe die KG aufgrund der Umwandlung eine Rückstellung bilden müssen, weil die übernehmende Kapitalgesellschaft die Rückstellung zwingend zu passivieren habe (einbringungsgeborene Passivierungspflicht). Anderenfalls wären die Pensionszahlungen nicht mehr gewerbesteuerneutral.
23In der Sache haben am 8.11.2013 ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter und am 21.3.2014 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage ist zulässig und begründet.
26I. Das Gericht entscheidet ohne Beiladung der GmbH als Rechtsnachfolgerin der KG sowie ohne Beiladung der übrigen Gesellschafter. Insoweit liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor.
1. Bei Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist insbesondere derjenige notwendig beizuladen, der selbst klagebefugt ist (§ 60 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 FGO). Die GmbH ist aufgrund der Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der KG geworden. Grundsätzlich besteht zwar für die Gesellschaft, deren Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt werden, eine Klagebefugnis gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, denn sie nimmt als Prozessstandschafterin die Rechte ihrer Gesellschafter wahr. Nach ihrer Vollbeendigung kann die Gesellschaft jedoch nicht mehr Beteiligte eines finanzgerichtlichen Prozesses sein. Vielmehr sind nur noch die (ehemaligen) Gesellschafter klagebefugt. Da diese jedoch nicht die Klagebefugnis der Gesellschaft fortsetzen, gilt dies nur, wenn sie selbst von der angegriffenen Feststellung betroffen sind (BFH-Urteil vom 23.9.2008 I R 90/07, BFH/NV 2009, 588).
Die GmbH ist von der angegriffenen Entscheidung (Feststellung der Höhe des Sondergewinns der Frau D X ) nicht betroffen. Sie war bereits nicht Gesellschafterin der KG. Im Übrigen betrifft die Feststellung des Sondergewinns eines Feststellungsbeteiligten die anderen Feststellungsbeteiligten nicht, so dass insoweit keine Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne von § 40 Abs. 2 FGO besteht. Die Feststellung der Höhe des Gesamthandsgewinns ist nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Es handelt sich vielmehr um einen selbstständigen Bescheid, der einem eigenständigen prozessualen Schicksal unterliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 26.8.2013 IV B 62/13, BFH/NV 2013, 1940).
312. Die übrigen von der Feststellung der Einkünfte der KG betroffenen Gesellschafter sind von der Feststellung des Sondergewinns der Frau X ebenfalls nicht betroffen. Für sie können sich zwar aus einer Herabsetzung des Gewinnanteils Wechselwirkungen ergeben, wenn der Gesamthandsgewinn in entsprechendem Umfang durch Rückgängigmachung der Pensionsrückstellung heraufgesetzt würde. Da es sich bei der Feststellung des Gesamthandsgewinns um einen eigenständigen Bescheid handelt(s. o.), kann dieser nicht im vorliegenden Klageverfahren, sondern allein durch die Behörde in einem Verwaltungsverfahren nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) geändert werden. Die diesbezüglich ggf. zulässige Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO kann nur auf Antrag der Behörde erfolgen (BFH-Urteil vom 12.12.2013 VI R 47/12, DB 2014, 336). Der Beklagte hat mit Schreiben vom 9.1.2014 (Bl. 115 der Gerichtsakte) ausdrücklich auf eine solche Beiladung verzichtet.
II. Der geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der D X aus der Beteiligung an der T GmbH & Co. KG für 1999 vom 28.3.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.9.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Einer Änderung des Feststellungsbescheids stand im Jahr 2011 der Eintritt der Feststellungsverjährung entgegen.
a) Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass die Betriebsprüfung erst nach Ablauf der regulären Verjährungsfrist begonnen hat. Die gemäß §§ 181 Abs. 1, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2001 beginnende Verjährungsfrist wäre regulär bereits nach vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) mit Ablauf des Jahres 2005 abgelaufen. Da jedoch bereits im Jahr 2005 mit der Betriebsprüfung bei der KG begonnen wurde, war der Ablauf der Feststellungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide gehemmt.
38Tatsächlich wurde bereits im Jahr 2005 mit der Prüfung begonnen. Nach ständiger Rechtsprechung reicht es aus, dass - wenn auch nur stichprobenweise - tatsächlich Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen werden. Hierfür muss der Prüfer nach Übergabe oder Übersendung der Prüfungsanordnung Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalles vornehmen. Als Prüfungshandlungen kommen das informative Gespräch, das Verlangen nach Belegen und Unterlagen oder Auskünften, ggf. auch von Dritten, in Betracht (BFH-Urteil vom 24.4.2003 VII R 3/02, BStBl II 2003, 739 m.w.N.). Aus der Prüferhandakte (Band 4) ergibt sich, dass solche Prüfungshandlungen bereits im Jahr 2005 durchgeführt wurden. Der Prüfer hat bei der GmbH als Rechtsnachfolgerin der KGdiverse Unterlagen angefordert. Zudem haben hierüber Besprechungen mit Herrn C (Leiter Rechnungswesen) stattgefunden. Darüber hinaus ergibt sich aus den handschriftlichen Vermerken auch, dass Unterlagen mündlich bei Herrn C angefordert wurden. Diese wurden zum Teil bereits im Jahr 2005 eingereicht.
39Für den Eintritt der Ablaufhemmung genügt es, dass gegenüber der Gesellschaft Prüfungshandlungen vorgenommen wurden. Konkrete Prüfungshandlungen in Bezug auf die Pension sind nicht erforderlich. Dies ergibt sich daraus, dass die Prüfungsanordnung die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte insgesamt umfasste. Hierzu gehören auch die streitigen Pensionseinkünfte, die unstreitig dem Grunde nach als Sonderbetriebsvermögen zu behandeln sind. Eine Begrenzung auf bestimmte Sachverhalte ergibt sich aus der Prüfungsanordnung gerade nicht. Im Zeitpunkt des Eintritts der Ablaufhemmung muss deren Umfang noch nicht zwingend feststehen (BFH-Urteil vom 17.6.1998 IX R 65/95, BStBl II 1999, 4).
40b) Der geänderte Feststellungsbescheid ist gegenüber der Klägerin jedoch erst im Jahr 2011 und damit nach Ablauf der in § 171 Abs. 4 Satz 3 AO genannten Frist erlassen worden. Nach dieser Vorschrift endet die Verjährungsfrist trotz Ablaufhemmung spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.
41Da im Streitfall keine Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlungen abzustellen. Letzte Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung setzen Maßnahmen des Prüfers oder des Finanzamts voraus, die darauf gerichtet sind, bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen, etwa indem der Prüfer Unterlagen anfordert, den Steuerpflichtigen in irgendeiner anderen Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichteUnterlagen auswertet (BFH-Urteile vom 18.2.2009 V R 82/07, BStBl II 2009, 876 und vom 28.6.2011 VIII R 6/09, BFH/NV 2011, 1830). Diese Auslegung ergibt sich zumeinen aus dem Wortsinn des Begriffs „Ermittlung“ bzw. „ermitteln“, wie er auch in anderen Vorschriften der AO (z.B. §§ 88 Abs. 1, 93 ff., 193 ff.) verwendet wird. Zum anderen ergibt sie sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO, der gerade deshalb eingeführt wurde, um der Behörde nicht unbegrenzt Zeit zur Auswertung von Prüfungsfeststellungen zu geben (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 10/1636, S. 43 f.). Die bloße Zusammenstellung der Prüfungsergebnisse stellt dementsprechend keine tatsächliche Ermittlung in diesem Sinne dar (BFH-Urteil vom 8.7.2009 XI R 64/07, BStBl II 2010, 4). Der Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlung ist notfalls vom Finanzamt nachzuweisen (BFH-Urteil vom 28.6.2011 VIII R 6/09, BFH/NV 2011, 1830).
42Nach den in den Betriebsprüfungsakten befindlichen Unterlagen hat der Prüfer nach Ablauf des Jahres 2006 keine Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhalts mehr durchgeführt. Dies ergibt sich zunächst aus dem von ihm angefertigten Vermerk vom 22.3.2007, wonach er ausdrücklich den 20.10.2006 als Tag der letzten Prüfungshandlung angegeben hat. Der Senat geht davon aus, dass die Angabe dieses Datums auch den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, zumal keine Anhaltspunkte für tatsächliche Ermittlungshandlungen zu einem späteren Zeitpunkt vorliegen. Weder die Übersendung des vorläufigen Prüfungsberichts zur Stellungnahme an die Klägerin noch die Anfrage an die OFD stellen solche Maßnahmen dar.
43Die Anfrage an die OFD war ersichtlich nicht auf die Ermittlung des Sachverhalts gerichtet, sondern auf Klärung rechtlicher Fragen, was sich bereits aus der Anfrage selbst ergibt. Zudem kann die OFD als übergeordnete Behörde zwangsläufig nichts zur Klärung eines ihr (bisher) nicht bekannten Sachverhalts beitragen.
44Die Übersendung des (auszugsweisen) Prüfungsberichts mit Schreiben vom 22.3.2007 war ebenfalls nicht auf die Ermittlung des Sachverhalts gerichtet. Dies ergibt sich aus der Formulierung, in der es heißt: „Der Auszug enthält die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu den Pensionszahlungen, welche Frau D X von der Firma erhalten hat.“ Hiermit sollte der Klägerin vielmehr rechtliches Gehör gewährt werden. Anforderungen zur Vorlage von Unterlagen oder zur Beantwortung ungeklärter Sachverhaltsfragen enthält das Schreiben gerade nicht.
45Selbst wenn (theoretisch) die Möglichkeit bestanden hätte, dass die Klägerin noch Angaben zum Sachverhalt gemacht hätte, war die Maßnahme nicht auf Klärung des Sachverhalts gerichtet. Der für die von der Betriebsprüfung vorgenommene rechtliche Würdigung erforderliche Sachverhalt stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest. Dieser erschöpft sich in den Vereinbarungen zur Pensionszahlung, den tatsächlich geleisteten Zahlungen und der bisherigen bilanziellen und steuerlichen Behandlung der Pensionsansprüche bzw. -zahlungen.
462. Der Bescheid ist darüber hinaus insoweit rechtswidrig, als der Beklagte eine Erhöhung des Gewinnanteils der Frau X als Ausgleich für eine in der Gesamthandsbilanz der KG zu passivierende Pensionsrückstellung vorgenommen hat. Ein Ausgleichsposten war in der Sonderbilanz der Frau X nicht zu bilden, da keine Passivierungspflicht in der Steuerbilanz der KG hinsichtlich der Pensionsrückstellung vorlag.
a) Bei den Pensionseinkünften der Frau X handelt es sich unstreitig um gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an der KG. Einkünfte, die die Witwe eines ehemaligen Gesellschafters einer Personengesellschaft aus einer dem Gesellschafter von der Gesellschaft erteilten Pensionszusage bezieht, stellen nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar (§§ 15 Abs. 1 Satz 2, 24 Nr. 2 EStG). Demgemäß ist die Witwenpension auch in die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für die Gesellschaft einzubeziehen (BFH-Urteil vom 2.12.1997 VIII R 42/96, BStBl II 2008, 177).
49b) Für die Pensionsansprüche der Frau X ist jedoch kein Posten in ihrer Sonderbilanz anzusetzen. Bildet die Gesellschaft für die Pensionszusage an einen Gesellschafter oder dessen Witwe eine Rückstellung in der Gesamthandsbilanz, ist der hieraus resultierende Aufwand durch Aktivierung in der Sonderbilanz des Begünstigten auszugleichen, um die Gleichbehandlung des Mitunternehmers mit dem Einzelunternehmer zu gewährleisten, der keine Verträge mit sich selbst schließen kann (BFH-Urteil vom 14.2.2006 VIII R 40/03, BStBl II 2008, 182). Ist die Bilanzierung des Ausgleichspostens in der Sonderbilanz entgegen dieser Grundsätze unterblieben, ist eine Korrektur in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (BFH-Urteil vom 30.3.2006 IV R 25/04, BStBl II 2008, 171).
50Diese Grundsätze können jedoch nicht gelten, wenn die Gesellschaft in ihrer Gesamthandsbilanz zulässigerweise keine Pensionsrückstellung gebildet hat. Denn in diesem Fall besteht kein Bedürfnis für einen Ausgleichsposten in der Sonderbilanz.
51Die KG hat in der Steuerbilanz in zulässiger Weise auf die Bildung einer Pensionsrückstellung im Hinblick auf die Pensionsansprüche der Frau X verzichtet. Eine Passivierungspflicht ergibt sich weder aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz noch aus der Verschmelzung auf die GmbH zum 1.1.2000.
52aa) Die Bildung der Rückstellung in der Handelsbilanz führt nicht zu einer Passivierungspflicht in der Steuerbilanz.
53Handelsrechtlich bestand insoweit ein Passivierungswahlrecht. Zwar sind gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden, wozu auch Pensionsverbindlichkeiten gehören. Diese handelsrechtliche Passivierungspflicht gilt jedoch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) nicht, wenn der Pensionsberechtigte seinen Rechtsanspruch vor dem 1.1.1987 erworben hat oder sich ein vor diesem Zeitpunkt erworbener Rechtsanspruch nach dem 31.12.1986 erhöht. In diesem Fall braucht handelsrechtlich keine Rückstellung gebildet zu werden. Bei der dem Ehemann der Frau X erteilten Pensionszusage vom 1.1.1956 handelt es sich um eine Altzusage im Sinne dieser Vorschrift.
54Für die Steuerbilanz folgt zwar grundsätzlich aus einem handelsrechtlichen Passivierungswahlrecht ein Passivierungsverbot (vgl. BFH-Beschluss vom 3.2.1969 GrS 2/68, BStBl II 1969, 291). Dies gilt im Anwendungsbereich von § 6a EStG jedoch nicht. Vielmehr besteht für Altzusagen im Sinne von Art. 28 Abs. 1 EGHGB auch für die Steuerbilanz ein Passivierungswahlrecht (BFH-Urteile vom 7.4.1994 IV R 56/92, BStBl II 1994, 740 und vom 19.8.1998 I R 92/95, BStBl II 1999, 387). Hierbei handelt es sich um ein selbstständiges steuerliches Passivierungswahlrecht (Seeger in Schmidt, EStG, 19. Auflage 2000, § 6a Rn. 3). Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) folgt zwar, dass eine Pensionsrückstellung für Altzusagen der Steuerbilanz nur gebildet werden darf, wenn das Passivierungswahlrecht auch entsprechend in der Handelsbilanz ausgeübt wurde (Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6a EStG Anm. 16 m.w.N. aus dem Schrifttum). Umgekehrt darf aber in der Steuerbilanz auf die Bildung einer Pensionsrückstellung für Altzusagen auch dann verzichtet werden, wenn in der Handelsbilanz eine entsprechende Rückstellung gebildet wurde.
55bb) Eine Pflicht zur Bildung der Pensionsrückstellung folgt auch nicht aus der Verschmelzung der KG mit der GmbH. Die Verschmelzung erfolgte - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - unter Fortführung der Buchwerte (§ 20 des Umwandlungssteuergesetzes). Da die KG bisher in ihrer Steuerbilanz zulässigerweise auf die Bildung der Pensionsrückstellung verzichtet hatte (s. o.), führt auch die Verschmelzung nicht zu einem Passivierungszwang.
56Eine Passivierungspflicht kann auch nicht daraus gefolgert werden, dass für eine Kapitalgesellschaft eine solche Pflicht bestehe. Das Passivierungswahlrecht, das Art. 28 Abs. 1 EGHGB einräumt, besteht vielmehr auch für Kapitalgesellschaften. Dies folgt aus Art. 28 Abs. 2 EGHGB, wonach Kapitalgesellschaften bei Anwendung des Abs. 1 die in der Bilanz nicht ausgewiesenen Rückstellungen im Anhang und im Konzernanhang anzugeben haben. Diese Vorschrift wäre überflüssig, wenn das in Abs. 1 normierte Wahlrecht für Kapitalgesellschaften nicht gelten würde.
57Eine Passivierungspflicht kann auch nicht aus steuersystematischen Gründen wegen Auswirkungen auf die Gewerbesteuer angenommen werden. Dies folgt bereits daraus, dass der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte keinen Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid darstellt. Die Besteuerungsgrundlagen sind für die Gewerbesteuer vielmehr grundsätzlich selbständig und ohne Bindung an den Einkommensteuerbescheid zu ermitteln (BFH-Beschluss vom 5.7.2011 X B 222/10, BFH/NV 2011, 1843). Dementsprechend kann auch ein Feststellungsbescheid keine Bindungswirkung für die Gewerbesteuer entfalten.
58III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist mangels Revisionsgrundes (§ 115 Abs. 2 FGO) nicht zuzulassen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage, was unter „letzten Ermittlungen“ im Sinne von § 171 Abs. 4 Satz 3 AO zu verstehen ist, bereits höchstrichterlich geklärt ist und die Sachfrage auslaufendes Recht (Behandlung von sog. Altzusagen) betrifft.